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DIE AUsspRAchE

DIE AUSSPRACHE, Sarah Polleys Adaption von Miriam Toews Roman, ist ein eigenwilliger Film. Die Kinobilder der ländlichen Mennoniten-Gemeinde in „Jahrhundertwende-Grau-Blau“ sind eingängig und irgendwie vertraut aus zahllosen Filmerzählungen. Die theaterhafte, fragmentarische Inszenierung ist gewöhnungsbedürftig. Die Dialoge sind gewollt didaktisch und scheinen mal im Jetzt, mal in einer vor-industriellen Vergangenheit verortet. Das Ganze irritiert, entfaltet aber doch auch einen Sog. Wesentlicher Ort der Handlung ist ein Heuboden. Hier beraten die Frauen einer tiefreligiösen Gemeinde über ihr weiteres Schicksal. Wie es zu dieser Situation kam, handelt der Film kurz im Vorspann ab: Männer der Gemeinde haben jahrelang Frauen und Mädchen ver gewaltigt und ihnen eingeredet, die Angriffe würden von Dämo nen begangen. Als die Frauen einen der Männer erwischen, wer den die Täter verhaftet. Die Gemeinde hat Kaution gezahlt, und die Frauen haben nun zwei Tage, um zu überlegen, was sie tun sollen: Nichts tun, bleiben und kämpfen oder gehen. Acht Frauen, darunter die strenge Janz (Frances McDormand), die kluge Ona (Rooney Mara) und die wütende Agata (Claire Foy), sollen die Entscheidung für alle treffen, und der sanfte Lehrer August – der einzige Mann mit Sprechrolle – schreibt Protokoll. Der Film folgt der mäandernden Diskussion und verflicht sie mit kurzen, schockierenden Rückblenden und kleinen Ausblicken – ins Feld, in eine leere Küche oder in die Schule, in der nur die Jungen lernen. Auf dem Heuboden geht es um Schuld (Sind einzelne Männer oder das System verantwortlich?), um Widerstand (Bedeutet Gehen Fliehen?) um Erziehung (Sind die Knaben noch rettbar?) und um Gott (Was wäre der gottgefällige Weg?). Dazwischen streiten die Frauen, sie weinen und trösten einander und singen „Nearer, my God, to Thee“. D Hendrike Bake ¢ Start am 9.2.2023

After the men of a Mennonite community get convicted of multiple rapes, the women have to decide what they are going to do. Sarah Polley’s unconventional adaptation of Miriam Toew’s novel follows the womens’ discussion.

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