55 | INSIDER | Nachgefragt
«WÜNSCHE ALLEN VIEL MUT UND KRAFT» Tradition seit 157 Jahren und trotzdem offen und modern. Das ist die Spahni Metzgerei AG, im Jahr 1863 von Christian Spahni gegründet, von den Familien Spahni und Haldimann geführt und noch immer in Familienhand. Heute ist Fritz Haldimann Chef des Unternehmens, dessen Erfolgsgeschichte auch im dritten Jahrhundert anhält und noch lange nicht zu Ende ist. Fritz Haldimann Inhaber / Geschäftsführer SPAHNI Metzgerei AG
Fritz Haldimann, wie lebt es sich in Corona-Zeiten als Unternehmer in der Metzgerbranche?
In 30-jähriger Geschäftstätigkeit ist das auch für mich etwas ganz Neues. Wir müssen umsetzen, was der Bundesrat sagt und verlangt. Ich denke, er hat das gut gemacht, sachlich, ruhig und alles darangesetzt, eine Panik zu verhindern. Mühe bekunde ich, wenn ich Leute sehe, die Hamstereinkäufe tätigen, weil dazu überhaupt kein Anlass besteht Bei uns ist der Umsatz von einer Stunde auf die andere um 80 Prozent eingebrochen. Was unternehmen Sie jetzt?
Das Personal muss Überzeit kompensieren, Ferien vorbeziehen und möglicherweise auch Kurzarbeit leisten. 157 Jahre sind eine lange Zeit. Wissen Sie aus Erzählungen ihrer Grossväter, wie es damals, im Jahr 1863, in einer Metzgerei zu und her ging?
Ja klar, ich erinnere mich, als wir dem Konsum (heute coop) in grossen Körben Speck und Kochspeck lieferten, einem Grossisten Tausende von Landjägern. Nicht vergessen darf man auch, dass wir bis ins Jahr 1980 in Ostermundigen selbst Rinder, Kälber und Schweine geschlachtet haben und auf dem Bärner Fleischmärit präsent waren. Wir machten in der Umgebung auch den ‹Chehr›, bezahlten die gekauften Tiere bar. Die Bauern kauften uns dann auch Wurst und Fleisch ab.
Ihr Vater Fritz Haldimann senior und Ihr Onkel Ernst Spahni haben Sie in die Geheimnisse des Metzgerberufs eingeweiht. Welche Erinnerungen sind aus dieser Zeit in Ihrem Gedächtnis haften geblieben?
Dass mir geraten wurde, eine Ausbildung als Metzger und als Koch zu machen, weil wir auf die Gastronomie setzten und ich so lernte, welches die Bedürfnisse eines Gastronomen sind. Ich machte sämtliche notwendigen Abschlüsse und lernte auch, wie wichtig es ist, in- und ausserhalb des Hauses über gute Mitarbeiter zu verfügen. Heute beschäftigt die Spahni Metzgerei AG über 50 Mitarbeiter, dies in einem hart umstrittenen Markt. Wo liegen Ihre Stärken, worauf haben Sie sich mit Ihrer Firma spezialisiert?
Auf Individualität. Unsere Stärken liegen in der Geschwindigkeit, in den kurzen Entscheidungswegen. Wir erledigen auch Spezialwünsche der Kunden nach ihrer eigenen Rezeptur und verfügen über ein einzigartiges Wurst- und Schinkensortiment, wobei fast 100 Prozent Schweizer Fleisch ist. Und nicht zu vergessen sind die Spezialitäten vom Biersäuli, Frischfleisch und Salami.
Pro Tag produzieren Sie normalerweise gegen zehn Tonnen Produkte wie Frischfleisch- und Fleischwaren. Wie erreichen sie die Kundschaft?
Wir haben elf ausgebildete Chauffeure, die mit 3,5-Tonnen-Lastwagen das Fleisch bis ins Haus liefern. Die Lastwagen verfügen über gekühlte 0-Grad- und minus 15 GradFach-Abteile.
Sie sind mit dem SCB eng verbunden, der Matchbesucher kann in der PostFinance-Arena auch Fleischwaren aus der Spahni Metzgerei geniessen. Verfolgen Sie die Spiele im Stadion, fiebern Sie mit dem SCB mit oder darf man Sie sogar als SCB-Fan bezeichnen?
Ich bin, in guten und weniger guten Zeiten, ein absoluter SCB-Fan. Jetzt gilt es in jeder Hinsicht vorwärts zu schauen, es kommen sportlich und wirtschaftlich wieder bessere Zeiten auf uns zu. Meine Hoffnung liegt darin, dass wir alle, und damit meine ich wirklich alle, gut, zuversichtlich und gestärkt aus der jetzigen Situation herausfinden und wünsche allen viel Mut und Kraft. (be)