Angedacht 2017

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Cybernetics Lab - Aachen 2016 Cybernetics Lab - Aachen 2016

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angedacht angedacht Cybernetics Lab - Aachen 2017 Cybernetics Lab - Aachen 2017


Betriebsausflug zum Alpincenter in Bottrop im Sommer 2017.

Liebe Leserinnen, liebe Leser, zunächst in eigener Sache - Sie haben es vermutlich längst gehört: Zum 10. November 2017 hat mich (also mich, Sabina Jeschke) die Deutsche Bahn als Vorstand für Digitalisierung und Technik für die kommenden drei Jahre bestellt. Auch wenn ich der RWTH und insbesondere unserem Sabina Jeschke Cybernetics Lab mit einer apl.-Professur und damit verbunden vor allem für Dissertationsbetreuungen erhalten bleibe, ist dieser Schritt auch für mich unerwartet – und riesengroß: Nach rund 25 Jahren in und für die Wissenschaft, davon 13 Jahre als Professorin, verlasse ich diese, um einen „Praxistest“ in einem der größten Ingrid Isenhardt und gleichzeitig wahrscheinlich komplexesten Unternehmen Deutschlands zu wagen. Komplex – in sehr verschiedenen Dimensionen, technologisch, organisatorisch, kulturell. Klar ist: Inhaltlich war der Auf- und Ausbau der Kompetenz in den Feldern Künstliche Intelligenz, Internet of Things, Big Data, Frank Hees Automatisierung und Robotik in den verschiedenen Anwendungsdomänen, darunter besonders im Feld Mobilität und Verkehr, entscheidend für die Benennung. Und ebenso klar ist gleichzeitig, dass eine solche Aufgabe „Digitalisierungs-/ Technikvorstand Bahn“ eben nicht im Wesentlichen durch Fachkompetenz gelöst werden wird, sondern nur durch eine konsequente „ganzheitliche Ausbildung“ des Denkens und dem Leben und Lernen in heterogenen Teams angegangen werden kann - heterogen im Sinn von Fachkulturen, Nationalkulturen, Gender, Age, youname-it. Kurz: in einer großen Heterogenität von Mindsets. 2

Vorwort

Diese Kombination ist genau das, was das Lernen und Arbeiten am Cybernetics Lab auszeichnet und es einzigartig macht. Ich blicke auf mehr als acht hochspannende, kreative, fröhliche, engagierte und bewegende Jahre in Aachen am Cybernetics Lab begeistert und dankbar zurück. Von dem turbulenten Wechsel in der Institutsleitung abgesehen schauen wir auf ein Jahr mit einer sehr guten und kontinuierlichen Weiterentwicklung: Insgesamt haben wir rund 20 wissenschaftliche Mitarbeiter/innen eingestellt und im Laufe des Jahres eine International Class mit den ersten drei Promovenden aus Vietnam, der Türkei und aus China aufgebaut. Nach einer regelrechten Promotionswelle mit acht Dissertationen hat sich am Cybernetics Lab in den Leitungen der Forschungsgruppen einiges verschoben: Da im IMA aufgrund des Wachstums der Produktionsgruppe eine „Zellteilung“ anstand, leitet Dr. Max Hoffmann seit Sommer die neue Forschungsgruppe „Industrial Big Data.“ Auch das IfU wird durch zwei äußerst kompetente Experten und zudem frisch Promovierte verstärkt: Dr. Stephan Printz hat die Leitung der Technischen Kybernetik, Dr. Daniela Janssen die Forschungsgruppe Wirtschafts- und Sozialkybernetik übernommen. Und auch am ZLW - wie könnte es anders sein - kommt es zu Bewegungen: Prof. Dr. Anja Richert, unter deren Leitung das ZLW in den letzten Jahren beachtlich florieren konnte und völlig neue Gebiete erschlossen hat, wurde im Oktober 2017 durch Dr. Max Haberstroh als ZLW-Geschäftsführer ergänzt, gemeinsam leiten sie das ZLW bis auf Weiteres. Mit dem Wechsel von Max Haberstroh steht eine neue Leitung seiner Forschungsgruppe Mobilität und Logistik aus, die Alexia Fenollar Solvay übernommen hat. Auf den folgenden 72 Seiten stellen wir in unseren sechs Forschungslinien vor, was uns und unsere Projektund Kooperationspartner in aktuell mehr als 50 Forschungs-


vorhaben umtreibt: Robotik und Automatisierung, Künstliche Intelligenz, Mensch-Maschine-Interaktion, Internet der Dinge, Agile Entwicklung und Wissensmanagement. Dazu haben wir diesmal fünf Autoren gebeten, ein Essay über ihr Forschungsgebiet zu schreiben – um die Themen einmal mit größerer Perspektive und außerhalb der Projektgrenzen vorzustellen. In unseren Highlight-Interviews lassen wir drei Alumni zu Wort kommen, deren neue Arbeitgeber, allesamt international agierende Konzerne, große Transformationsprogramme/Programme zur Digitalisierung fahren. Und wir sprechen mit Dieter M. Begaß, dem Leiter der Wirtschaftsförderung der Stadt Aachen, über die Herausforderungen einer modernen Verwaltung und die Attraktivität von

Standorten mit kreativem und technologischem Potential in Zeiten der Digitalisierung. Last but not least: Zum vierten Mal in Folge hat unser Team „Carologistics“ den Weltmeistertitel 2017 beim Robocup, diesmal in Japan, gewonnen! In diesem Sinne: Auf das Jahr 2018! Sabina Jeschke, Ingrid Isenhardt, Frank Hees

Völlig losgelöst: Die IMA/ZLW&IfU-Galaxie mit unseren Forschungslinien, entstanden in Teamwork während unserer Institutstagung im Februar 2017.

Vorwort

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Inhaltsverzeichnis Highlights 2017 Aachen hat Standortvorteile durch kreatives und technologisches Potential Alumni im Interview: Von Postbots, digitalen Disponenten und Zwillingen Cognitive Enterprises

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Neues aus dem Lab International Class auf neuen Forschungspfaden Kybernetik reloaded

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Robotik & Automatisierung Humanoider Roboter lernt für sein künstliches Leben in Aachen Autonome Navigation im ewigen Eis Die Leichtigkeit von faserverstärkten Kunststoffen Arbeit 4.0: Ein hybrides System Gewaltenteilung für Multi-Agenten-Systeme

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Künstliche Intelligenz Künstliches Bewusstsein KI-Plattform für die Produktion Künstliche Intelligenz in der Medizin Tieferes Prozessverständnis durch Daten Data Lakes für die Automobilindustrie Intelligente Maschinen zur Fehlervermeidung Das Zeitalter hybrider Intelligenz beginnt Mensch - Maschine - Interaktion Die digitale Transformation in der Automobilindustrie Real Lernen im virtuellen Raum Augmented Reality als rehabilitative Maßnahme

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Inhaltsverzeichnis

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34 37 38

Internet der Dinge Intelligente Städte Lebensmittelhandel im digitalen Wandel Urbane Produktion in Aachen

39 41 42

Agile Entwicklung Schlüsseltrends der Transportlogistik Industrie 4.0: Transformation managen Digitale und virtuelle Lernkulturen im Produktionssektor

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Wissensmanagement Management und Transfer von Wissen in Zeiten von „Everything 4.0“ Virtual Reality und Entrepreneurship in der Ingenieurlehre 4.0 Auf dem Karriereweg zur CHEFIN

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Veranstaltungen

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Auszeichnungen

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Dissertationen

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Neue Mitarbeiter International Class Nachruf Buchvorstellungen

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Bildnachweise 71 Impressum 72

Inhaltsverzeichnis

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„Aachen hat Standortvorteile durch kreatives und technologisches Potential“ Interview mit Dieter M. Begaß, Leiter der Wirtschaftsförderung der Stadt Aachen

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ie elektronische Bauakte einführen, den Reisepass über das Onlineportal der Gemeinde beantragen, Dienstleistungen in der Cloud ablegen – das sind heutzutage technische Standards für eine Stadtverwaltung. Darüber hinaus ist sie auch für Lebensfelder wie Mobilität, Freizeit Nicole Nelißen und Kultur zuständig und bringt das, was über die Hochschulen in diesen Bereichen entwickelt und erforscht wird, stärker in die Lebenswelten der Aachener. Unter anderem für diese Aufgabe ist Dieter M. Begaß, Leiter des Fachbereichs Wirtschaft, Wissenschaft und Europa, verantwortlich. Die angedacht-Redaktion sprach mit dem Standortentwickler über Aachens Zukunftsfähigkeit, Digitalisierung und Schnittstellen mit dem Cybernetics Lab.

Aachen 2025, Digital Hub Aachen, Innodigicraft - Aachen präsentiert sich als digitaler Hotspot. Ist es das auch? Das ist es, Ihre Beispiele und viele andere digitale Ansätze zeigen das. Basis für den Hotspot sind die Hochschulen, die starke ITWirtschaft und die Vielzahl kreativer, talentierter junger Menschen. Weder Wirtschaft, Bürger noch Verwaltung haben das bislang so richtig wahrgenommen. Welches Potenzial gerade Aachen für die Digitalisierung hat, müssen wir stärker kommunizieren. Ein Zeitungsartikel zur Gründerszene titelte mit „Vergesst Berlin, geht nach Aachen.“ Was ist dran? Berlin steht für Kreativität, Aachen steht in besonderer Weise für Technologie. Doch bei Gründungen ist es zunehmend erforderlich, die Digitalisierung stark technologiebasiert voranzutreiben. Man braucht die Technik, die Ansatzpunkte in der Logistik, in der Produktion, in der Lasertechnik, um letzten Endes die Digitalisierung und neue Geschäftsmodelle weiterzuentwickeln. Daher: Berlin ist der Schwerpunkt für die Gründerszene, aber in Aachen ist die technologische Basis, und daraus kommen in Zukunft verstärkt die Gründungen, auch die digitalen Geschäftsmodelle. Es ist also genau passend, den Blick stark nach Aachen zu richten. „Aachen muss sichtbar sein“, werden Sie in einem Interview zitiert. Wie steht Aachen im Vergleich zu Köln oder Düsseldorf da? Wir vergleichen uns eher mit Technologiestandorten, wie etwa Karlsruhe oder Darmstadt. Düsseldorf ist Landeshauptstadt, Köln expliziter Medienstandort. Beide Städte versprechen Größe und einiges mehr. Keiner der beiden Standorte verfügt aber über das Technologie- und Wissenspotenzial von Aachen. Kein Wunder also, dass die Wirtschaftsförderungen der Rheinmetropolen gerne mit den Aachener Hochschulen werben. Und die Bedeutung von Aachen wächst, weil die nächste Digitalisierungswelle Technologiethemen wie Industrie 4.0, IoT, autonomes Fahren etc., betreffen wird. Diese Stärken können wir noch sichtbarer machen. Aber im Vergleich zu Düsseldorf und Köln steht Aachen schon heute sehr gut da. Womit kann Aachen Einzigartigkeit erreichen?

In Laufweite zum Cybernetics Lab hat der Digital Hub mit der Digital Church am Blücherplatz seinen Standort in Aachen im Sommer 2017 bezogen. 6

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Aachen steht für technologische Innovation, ist dank der Hochschulen und zahlreicher IT-Firmen ein Hotspot für Digitalisierung und verfügt über fast 58.000 junge, kreative Talente allein an den Hochschulen. Diese Kombination ist einzigartig.


„Die Potentiale, die Unternehmen heben können, liegen nicht mehr im Maschinenbau oder in einer App-Entwicklung. Das muss miteinander vernetzt werden. Deshalb haben große Unternehmen für sich identifiziert, dass sie neue Denkmodelle brauchen.“ Stichwort eMobility: Erst der elektrische Transporter Streetscooter, jetzt das batteriebetriebene Stadtauto e.Go Life: Aachener Ingenieure mischen fernab der großen deutschen Autofabriken die etablierte Autoindustrie ja gewaltig auf.

Wie sieht´s denn bei Ihnen zu Hause aus, haben Sie noch einen herkömmlichen Rasenmäher und Staubsauger? Leben Sie in einem Smart Home? Ich bin noch sehr analog unterwegs, auch beim Rasenmähen. Allerdings planen wir den Umbau unseres Hauses zeitgemäß, wie etwa mit einer Vorrüstung für eine Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge und mit Smart-Home-Anwendungen.

Wir Aachener zeigen mit Streetscooter und e.GO wie Produktionsarbeitsplätze in einem Hochlohnland neu entstehen können und gewissermaßen gerade erst gegründete Firmen erfolgreich neue Märkte besetzen. Manche sprechen von der eMobilitätshochburg oder der New Mobility City Aachen, und tatsächlich müssen wir uns ernsthaft mit diesem Potenzial beschäftigen. Wir haben mit dem Digital Hub nun ein Ökosystem aufgebaut, in dem etablierte Unternehmen mit kreativen Startups kooperieren können. Das zieht! Sogar bei Großunternehmen, die bisher Komponenten produziert haben und sich nun zum Komplettlieferanten bzw. Systemanbieter verwandeln müssen. Dank Hub, e.GO und Streetscooter werden diese vermehrt auf Aachen aufmerksam. Wie profitiert die Kommune als Verwaltung von der Digitalisierung? Die Stadt Aachen hat unmittelbar verschiedene Mehrwerte: Einerseits profitieren Bürger und Verwaltung von einem Ausbau der Onlinedienstleistungen im städtischen Serviceportal. Andererseits kann Aachen Demonstrationslabor für digitale Entwicklungen sein und sich so noch stärker als Wissenschaftsstadt etablieren. Beispielsweise richten wir jetzt – gemeinsam mit dem Cybernetics Lab – ein ShoppingLab in der Innenstadt ein, in dem wir digitale Technologien für den Einzelhandel physisch zeigen und mit Veranstaltungen und Kursen verknüpfen wollen. Ein weiterer Punkt ist, dass die Verwaltung direkt monetär und auch hinsichtlich der Schnelligkeit von der Digitalisierung profitiert. Da will ich ein weiteres Projekt-Beispiel nennen: Mit Scannern ausgerüstete Streetscooter der Post können Fahrbahnoberflächendaten kontinuierlich und in Echtzeit liefern und die bisher sehr aufwändigen Inventuren, bzw. Straßenbegehungen entfallen. Und natürlich möchten wir den elektrisch angetriebenen, autonom fahrenden Kleinbus e.GO Mover baldmöglichst in Aachen einsetzen, um endlich auch wieder eine Buslinie über den Markt vorbei am historischen Rathaus zu haben. Stichwort autonomes Fahren. Da sind auch Schnittstellen zum Cybernetics Lab… Die Kooperation mit dem Lab ist wirklich gut und zuletzt zunehmend dichter geworden. Gleich, ob es dabei um autonomes Fahren, Smart City oder etwa das Forum InnoDigicraft geht.

Digitalisierung im Schatten des Domes: Dieter M. Begaß betrachtet die „digitale Landkarte“ von Aachen und der Städteregion.

Dieter M. Begaß studierte Verwaltungswirtschaft und startete seine berufliche Laufbahn 1992 als Verwaltungswirt in verschiedenen Funktionen in Umwelt- und Bezirksverwaltung der Stadt Aachen. 1998 wechselte er in den Fachbereich Wirtschaftsförderung und leitet seit 2009 den Fachbereich Wirtschaft, Wissenschaft und Europa der Stadt Aachen. http://www.aachen.de/DE/wirtschaft_technologie/ exzellenter_standort/aachen_digital/index.html

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Von Postbots, digitalen Disponenten und Zwillingen Drei Alumni berichten aus ihrem neuen Arbeitsalltag im Großkonzern

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ie haben mit Daten zu tun, sehr vielen Daten. Nicht nur während ihrer Zeit am Cybernetics Lab waren künstliche Intelligenz, Datenanalyse, maschinelles Lernen und Co. die zentralen Themen. Auch mitten im Arbeitsleben, bei nationalen als auch global agierenNicole Nelißen den Konzernen, beschäftigen sich unsere Alumni damit. Was das genau bedeutet, erklärten uns Dr. Christian Büscher, Dr. Katharina Schuster und Dr. Christian Tummel im Interview. Ihre Essenz: Am Institut haben sie das Rüstzeug gelernt, an das sich nun anknüpfen lässt. Wie würdet Ihr Eure aktuellen beruflichen Aufgaben beschreiben? Womit beschäftigt Ihr Euch am meisten? Christian Tummel: Ich betreue vorwiegend Datenanalytik- und Optimierungsprojekte. Unser Team besteht zurzeit aus acht Data Scientists, drei Business Consultants und zwei Optimierungsexperten - fast alle sind durchweg promoviert. Ähnlich wie am Cybernetics Lab ist es ein junges exploratives Team – eigentlich sehr untypisch für einen Großkonzern. Wir schauen in die Datenschätze von DB Schenker und „schürfen das digitale Gold“. Ich selbst arbeite auf der Schnittstelle zum Business und identifiziere, pilotiere und leite die jeweiligen Projekte. Welche neuen digitalen Geschäftsmodelle lassen sich entwickeln? Wie können wir eigene und die Prozesse unserer Kunden optimieren? Wie gehen wir aus strategischer Sicht mit unseren eigenen Daten um? Diese und weitere Fragen versuchen wir zu beantworten. Christian Büscher: In unserer Abteilung „Forschung und Entwicklung“ sitzt das Kompetenzcenter 4.0 für den gesamten St.GobainKonzern. Wir entwickeln ein Product-Lifecycle-Management (PLM) - Softwaretool, also ein Konzept zur nahtlosen Integration sämtlicher Daten, die im Verlauf des Lebenszyklus eines Produktes anfallen. Mit diesen Prozessdaten lässt sich ein digitaler Zwilling bauen, die virtuelle Abbildung eines realen Produktes, um diesen für virtuelle Produktionsabläufe zu nutzen. Wir machen - gemeinsam mit dem WZL - den Auftakt mit einer lokalen Vorstudie auf technologischer Basis für ein internationales Management. Das Projekt geht dann an ein internationales Team, das es konzernweit umsetzt. Katharina Schuster: Ich bin im Innovationsbereich in Projekten zu den Themen „Human Interface“ und „Augmented Reality“ tätig. Im Fokus stehen Datenbrillen (sog. „Smart Glasses“), bei denen der Träger zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort genau die Informationen eingeblendet bekommt, die er gerade braucht. Anhand verschiedener „Use Cases“ wird der Einsatz dieser Datenbrillen 8

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analysiert und bewertet. Eingesetzt werden „Smart Glasses“ beispielsweise in Lagerhäusern beim „Picking“ in der Kommissionierung: In welchem Gang findet man die gesuchte Ware, wo muss sie hin usw. Die Datenbrille zeigt ihrem Träger sofort an, wo die Ware einsortiert werden muss. Das geht wesentlich schneller als auf herkömmliche Weise. Ihr arbeitet in Großkonzernen, was sind die größten Unterschiede zum Cybernetics Lab? Christian Tummel: Das Institut ist wie ein großer Sandkasten, in dem Fehler passieren dürfen und auch verziehen werden. Bei meinem neuen Arbeitgeber können Fehler direkt Millionenschäden für das Unternehmen bedeuten. Da wir auch strategische Entscheidungen treffen und beeinflussen, trägt man ein gutes Stück mehr Verantwortung. Christian Büscher: Ich beschäftige mich immer noch mit Forschung und Entwicklung, nun aber nicht mehr mit öffentlich geförderten, sondern industriellen Projekten. Wir experimentieren noch sehr viel, aber haben monatliche Präsenztermine, bei denen wir Fortschritte zeigen müssen. Katharina Schuster: Der größte Unterschied ist, dass es für unsere Konzepte immer einen direkten Anwendungsfall innerhalb des Konzerns gibt. Wir können kurzfristig neue Ideen mit ersten Prototypen auf ihre Umsetzbarkeit prüfen, und das mit echten Nutzern im realen Umfeld. Das macht die Arbeit sehr spannend. Darüber hinaus ist ein weiterer wichtiger Aspekt, dass etwa ein Drittel meiner Arbeitszeit mit Kommunikation zu tun hat, das heißt unsere Projekte präsent zu machen und alle Beteiligten einzubinden. Dies beschleunigt die internen Prozesse – die soziale Komponente ist enorm wichtig. Hier gibt es also auch eine große Gemeinsamkeit zur Arbeit am „Cybernetics Lab“. Am Cybernetics Lab beschäftigen wir uns beispielsweise auch mit autonom fahrenden Autos oder virtueller Realtität.Wie ist es, im neuen Job auf alte Themen zu treffen? Christian Tummel: Autonom fahrende Lkw – insbesondere das Platooning – sind auch bei Schenker Thema. Es ist aber nicht meine Kernaufgabe, ich bin nur am Rande involviert. Mit der Optimierung von Teilladungsverkehren und der automatisierten Disposition trifft mein Promotionsthema eine Kerntätigkeit in meinem aktuellen Aufgabenfeld. Christian Büscher: Meine letzten zwei Jahre am IMA mit Projekten in der Automobilindustrie waren die perfekte Vorbereitung.


Meine Dissertation beschäftigte sich mit semantischen Technologien, davon ist man aber in der Anwendung noch weit weg. Doch die Ausbildung am IMA als Informatiker mit dem Verständnis für neue Technologien, dem Wissen zu Datenanalyse und Big Data-Technologien plus dem Vorwissen um ein Produktionsumfeld, ist enorm wertvoll. Katharina Schuster: Vom ersten Arbeitstag an fühlte ich mich mit den Themen, die auf der Agenda standen, vertraut. Auch wenn der Fokus der Projekte auf „Augmented Reality“ und Datenbrillen liegt, ist „Virtual Reality“, was das Thema meiner Doktorarbeit ist, ein weiterer Schwerpunkt unseres Teams. Das Thema habe ich quasi mitgebracht und so haben wir unser Handlungsspektrum ein wenig erweitert. Es gefällt mir sehr gut, dass ich diesen Gestaltungsspielraum habe. Auch am Thema „Robotik“ wird hier gearbeitet, aktuell testet unser Bereich in einem Feldversuch zum Beispiel den ersten Prototypen eines Begleitroboters – den „PostBOT“. Dieser soll Briefzusteller bei ihrer körperlich anstrengenden Arbeit unterstützen, indem er ihnen automatisch folgt und die Sendungen eigenständig transportiert. Gibt es noch Schnittstellen zum Cybernetics Lab? Christian Büscher: Ich habe zwei Projekte, in denen wir mit der „alten IMA-Truppe“ zusammen arbeiten, initiiert; eins davon geht in die Verlängerung. Datenanalyse ist genau das Thema und an dieser Stelle ist das Cybernetics Lab einfach eine Top-Adresse. Wieso soll ich nach Süddeutschland fahren, wenn die Experten vor der Haustür sitzen?! Christian Tummel: Auch wir haben eine kleine Kooperation mit dem IMA. Es unterstützt uns bei der Optimierung des Seefrachtverkehrs. Dabei geht es um den Landvorlauf, also den Lkw-Verkehr zu den Häfen. Ebenso wurde bereits ein kleines Projekt zur Optimierung von Zustellgebieten gemeinsam erfolgreich abgeschlossen.

Katharina Schuster: Es wird spannend zu sehen, wie wir Ideen vom Prototypen bis zur Marktreife weiterentwickeln. Bei „Smart Glasses“ verbessern sich Leistung und Usability aktuell enorm, was viele neue Einsatzmöglichkeiten eröffnet.

Dr.-Ing. Christian Büscher seit seinem Abschied 2016 vom Cybernetics Lab arbeitet er als Projektleiter „Datenanalyse 4.0“ bei St. Gobain in Herzogenrath.

Dr.-Ing. Christian Tummel befasst sich seit seiner Zeit am Cybernetics Lab mit Datenanalytik- und Optimierungsprojekten bei DB Schenker im Head Office Essen.

Dr. phil. Katharina Schuster promovierte 2014 am Cybernetics Lab und arbeitet nun im Bereich „Innovationen“ des Unternehmensbereiches „Post - eCommerce - Parcel“ der „Deutsche Post DHLGroup“ in Bonn.

Welche Themen beschäftigen Euch in naher Zukunft? Christian Büscher: Die smarte Windschutzscheibe mit laminierten Kameras. Das ist zwar schon als Prototyp möglich, aber nicht in der Serienproduktion. Vom dummen Scheibenwischer zum Systemlieferanten - dahinter steckt viel mehr als nur eine Scheibe, die Kamera muss in die gesamte Fahrzeugelektronik eingebaut werden. Christian Tummel: Vergleicht man Realität und Vision, so kann man sich kaum vorstellen, dass in wenigen Jahren der Disponent durch ein IT System ersetzt wird und die Lkw-Flotte vollautonom fährt. Wir haben ein sehr heterogenes Kundensegment von sehr kleinen Kunden, die via Mail oder Fax kommunizieren, bis zu Weltkonzernen wie BMW, die ihre Produktion immer mehr auf JustIn-Time umstellen. Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, müssen wir den Spagat hinbekommen, sehr kleine evolutionäre Schritte zu vollziehen und gleichzeitig revolutionär zu denken.

Kontakt: Nicole Nelißen, M.A. nicole.nelissen@ima-zlw-ifu.rwth-aachen.de

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Cognitive Enterprises Biologische Intelligenz als Blueprint für Unternehmen der Zukunft

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utonomes Fahren, Roboterteams in Logistik und Produktion, intelligente Medizinanalytik, „smarte“ Häuser und selbstlernende Go-Profis wie Alpha Go – Digitalisierung und künstliche Intelligenz (KI) setzen neue Maßstäbe in allen Bereichen von Wirtschaft, Wissenschaft und Sabina Jeschke Gesellschaft. Und sie weisen darauf hin, dass die paradigmatischen Wechsel der vierten industriellen Revolution gerade erst begonnen haben: War in den vergangenen Jahren das 4.0-Thema noch stark vom Motiv der weltumspannenden Konnektivität der Systemkomponenten geprägt („everything connected to everything“), einer eher „nachrichtentechnischen Perspektive“ also, lenkt inzwischen die umfassende Leistungssteigerung künstlicher Intelligenzen das Interesse etablierter Industrien immer stärker auf dieses Gebiet, auf die „kognitive, neurowissenschaftliche Perspektive“. Von der Insellösung zum Gesamtentwurf Dabei gibt es – branchenübergreifend – noch ein großes Missverständnis, oder zumindest eine massive Beschränktheit der Vorstellungskraft: KI ist nicht nur der Weg, um etwa autonome Fahrzeuge zu bauen oder eine Abstimmung von Industrierobotern in einer Produktionsstraße zu optimieren. Diese eher isolierten Produkt- und Prozessverbesserungen sind richtig und wichtig, insbesondere für ein „getting started“ etablierter, traditioneller Player in dem für sie neuen Feld. KI ist jedoch auch der Weg, um ein in Gänze intelligenteres Unternehmen zu bauen. Wie dieser Übergang zu gestalten ist, lässt sich leicht durch eine biologische Parallele verstehen: Die Konzeption dessen was Intelligenz ist – oder was sie nicht ist – füllt Bücher. Im Großen und Ganzen besteht heute eine gewisse Übereinstimmung in der wissenschaftlichen Community darüber, 10

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dass ein „intelligenter Agent“ typischerweise durch drei zentrale Komponenten gekennzeichnet ist: 1. die Fähigkeit zur Wahrnehmung der Umgebung und ihrer Veränderungen, also der Besitz sensorischer Komponenten zur Wahrnehmung externer Stimuli – SENSORIK, 2. die Fähigkeit zur Prozessverarbeitung, also das Prozessieren externer Daten, deren Analyse und schließlich die Anpassung des eigenen Verhaltens an die Umwelt – KOGNITION, 3. die Fähigkeit zur Reaktion, also die Möglichkeit zur unmittelbaren physikalischen Interaktion mit der Umgebung – AKTUATORIK. Die intelligente Organisation Fragt man nun, ob und wie ein solcher „Dreisprung“ der Intelligenz auf ein Unternehmen als Ganzes übertragen werden könnte, fallen sofort (mindestens) zwei zentrale Unterschiede zwischen den biologischen Organismen, die für den Ansatz Pate standen, und Organisationen auf. Der Leser möge sich dabei nicht an einer gewissen „Simplifizierung“ stören, es geht im Folgenden nicht darum, den


state-of-the-art der Gehirnforschung zu reflektieren, sondern um die Übertragung sehr grundlegender Prinzipien ohne ihre Details: Zum einen stehen Informationen, die ein biologischer Organismus gewinnt, sofort dem Gesamtsystem zur Verfügung: Wenn die rechte Hand ein Objekt als kalt und hart identifiziert hat, ist es nicht mehr nötig, dass der linke Fuß diese Erfahrung selbständig tätigt. Durchgängiges Informationsmanagement ist also eine zentrale Komponente biologischer Intelligenz. Ganz offensichtlich trifft das auf Unternehmen keinesfalls zu; Erkenntnisse, die etwa ein Mitarbeiter oder ein Roboter gewonnen haben, sind deshalb noch lange nicht „common sense“ der Organisation. (Dabei wäre genau das wünschenswert – die Transparenz und Weitergabe der an einer Stelle generierter Informationen, auch wenn sich aufgrund der Heterogenität der beteiligten Akteure die Erkenntnisse nicht überall gleichartig darstellen und verwenden lassen.) Zum zweiten speichern biologische Intelligenzen ständig Informationen, ohne genau zu wissen, warum und wofür. So können wir uns tagelang an die Kleidung eines Vortragenden oder Spezifika seiner Stimmlage erinnern. Viele dieser Informationen zeigen ihre Bedeutung erst viel später – wenn wir beispielsweise denselben Sprecher am Telefon identifizieren sollen und dazu unsere Erinnerung seiner Stimme abrufen. Die – jedenfalls scheinbare – „without purpose“Speicherung von Informationen zur nachträglichen Verwendung ist also ein weiteres starkes Prinzip biologischer Intelligenz. Etwas strikter müsste man formulieren, dass nach den klassischen und auch neueren Gedächtnistheorien biologische Gehirne alles speichern, weil sie genau darin einen „purpose“ zur allgemeinen Überlebensstrategie sehen, Wissen vorhalten für Eventualitäten also. Jedenfalls findet sich auch das kaum in Organisationen: Hier werden Daten tendenziell dann und dort gespeichert, wenn eine klare

Vorstellung dazu besteht, wo sie nützlich sein können und wie sie verwendet werden sollen. Wie anders sollte man seinem Chef auch den mit dem Aufbau von Datenstrukturen einhergehenden Invest erklären, „ich weiß nicht wozu wir das brauchen, aber wir sollten es einfach mal machen…?“ Ein meist eher nicht von Erfolg gekröntes Unterfangen – aber daraus resultiert ein „Befangenheitsproblem“, ein vorurteilsbehafteter Auswahleffekt, denn in vielen Fällen erschließt sich der Zweck von Informationen eben erst viel später und aufgrund veränderter Rahmenbedingungen.

Das Konzept des Cognitive Enterprises In ihren Arbeiten in 2015 haben Bob Lewis und Scott Lee Lösungsansätze zu diesem „Gap“ unter dem Titel „The Cognitive Enterprise“ (Meghan-Kiffer Press, 6/11/2015) vorgestellt. Sie zeigen auf, dass die großen Erfolge der „born digital Unternehmen“ wie Google, Amazon, Airbnb, Facebook usw. im Kern gerade darauf beruhen, datenspeichertechnisch Neuland beschritten zu haben. Ihre Organisationen folgen einem veränderten Paradigma, indem sie Konzepte biologischer Systeme – jedenfalls in gewissen Komponenten – auf ihr Unternehmen anwenden und es selbst zu einem kognitiven System werden lassen: “Business needs to operate like organisms, rather than mindless ecosystems. They must be coherent entities with a purpose, a unifying understanding by all employees about how that purpose is turned into profits, and a ‘central nervous system’ built on IT which is itself cognitive.” Ihre Organisationen begründen sich rund um „Datenpools“, den sogenannten Data Lakes, auf deren ihre bestehenden Geschäftsmodelle beruhen, und es sind gleichzeitig diese Datenpools, auf deren Basis Mitarbeiter ständig neue und vielfach auch völlig unerwartete Geschäftsideen hervorbringen. Wie z.B. in 2012 „GoogleFlu“ – ein Algorithmus, der Ausbreitungsrichtung und -geschwindigkeit beliebiger weltweiter Grippewellen vorhersagen konnte, ohne je die Hand eines Mediziners gesehen zu haben: Die gesammelten Daten der Benutzer, ihrer Suchen und ihres Verhaltens, ließen diese Analytik einfach zu, obwohl die Datenbestände und -strukturen niemals für diese Anwendung ausgelegt worden waren. Dass mit einem solchen Wandel zu einem „informationstransparenten, intelligenten“ Unternehmen eine Vielzahl von Veränderungen auf die Mitarbeiter, die Organisation und ihre Kultur zukommen, ist offensichtlich. Im Fokus stehen dabei insbesondere die Veränderung der bestehenden Arbeitswelt (Wegfall oder Veränderung bestehender Jobprofile sowie wie die Entstehung neuer) ebenso wie Vertrauensfragen und Fehlerkultur, wenn sich Kausalitäten von Aktionen und Entscheidungen zu Geschäftserfolgen und -misserfolgen immer eindeutiger nachweisen lassen. Nicht umsonst formulierten Lee und Lewis „Analytics are the new metrics, they are replacing traditional benchmarks, capable not only to answer to ‘How did we…’ but to ‘Why …’“. Neue Fragen stellen sich gerade auch für Mitarbeiter in leitenden Positionen, deren Tätigkeiten sich ja gerade auch durch Entscheidungsgewalt definieren: Was tritt an dessen Stelle, wenn Computer „die besseren Entscheidungen“ fällen können, und wie ist mit der resultierenden Verantwortungsdiffusion umzugehen? Das „Brain“ der Organisation Auf der technischen Seite liegt ein zentrales Element des Wandels in einer veränderten Form des Datenmanagements, von den „Datenbanken und Data Warehouses“ hin zu „Data Lakes“. Data Lakes unterscheiden sich von traditionellen Datenspeichermodellen in drei zentralen Punkten: Sie können beliebige Daten aufnehmen (und nicht nur spezifische, „erwartete“), sie verwalten diese Highlights 2017

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Bring information together

Allow access for all substructures

als „Rohdaten“ in ihrem Ursprungsformat (anstelle von Konvertierungen in vorgegebene Standards), und sie realisieren all das in einer „flachen Architektur“ (statt einer hierarchischen, die Struktur vorgebenden). Die Daten werden also zunächst „without purpose“ verwaltet und „symmetrisch“ behandelt, und erst durch die Nutzung der Daten für spezifischen Zwecke entstehen lokale, temporäre und nutzerspezifische Strukturen. Auf diesen generischen Datenspeichern bauen intelligente Analytiken auf, die ihrerseits auf alten und neuen KI-Verfahren (super- und unsupervised, reinforcement learning) basieren. Sie machen dabei vielfach Gebrauch von großen neuronalen Netzen („Deep learning“), die mehr und mehr in der Lage sind, nicht nur bestehendes Wissen anzuwenden und zu verallgemeinern, sondern längst die Mauer zur Kreativität durchbrochen zu haben. Das konnte insbesondere der jüngste Spross der Google-Family, die Go-Engine „AlphaGo Zero“, im Oktober eindrücklich beweisen: Im Gegensatz zu seinen „Bruder“ AlphaGo, der noch supervised-Verfahren mit reinforcement learning kombinierte und damit von Menschen geschaffenes Erfahrungswissen als Grundlage seiner Lernverfahren einsetzte, kam AlphaGo Zero völlig ohne strategische Anleitung zu neuen, völlig unerwarteten - und gleichsam hocherfolgreichen Spielzügen. Zusammenfassung Als Fazit ergibt sich, dass das Konzept der Cognitive Enterprises ein hohes Potential hat, Unternehmen den Schritt in eine 4.0-Welt zu ebnen. Der Entwurf – hier nur in aller Kürze dargestellt – bleibt nicht bei einem Metamodell, sondern liefert konkrete Modelle für die Umsetzung – ohne sich dabei der Gefahr auszusetzen, ein „one-serves-it-all“ Modell zu proklamieren. Data Lakes als zentralen Daten- und Wissenspool eines Unternehmens aufzubauen, ist eine entscheidende Grundlage; sie bilden den Ausgangspunkt eines „organisationalen brain“. Sie präjudizieren nicht die Gestaltung der individuellen Geschäftsmodelle, die erst durch die Nutzung des brain entstehen und dementsprechend überaus variabel und flexibel sind, und die in vielen Faktoren – Ziele und Motivation der 12

Highlights 2017

Geschäftsleitung, persönliche Ansprüche der Mitarbeiter, Organisationskultur und -herkunft, äußeren Rahmenbedingungen usw. – begründet und gestaltet werden. Die tatsächlichen Anwendungen und resultierenden Geschäftsmodelle bleiben – mindestens vorläufig – noch den menschlichen Akteuren vorbehalten.

Dieser Text entstand als Retrospektive meines Sabbatical in Göteborg/Schweden bei der Volvo Cars Company. Dass ein im Kern traditionelles Automobilunternehmen gezielt eine Wissenschaftlerin mit Forschungsschwerpunkten aus der „starken künstlichen Intelligenz“ einlädt, um ihre Kernprozesse komplett zu überdenken, steht exemplarisch für den notwendigen Aufbruch etablierter Industrieunternehmen in der vierten Industriellen Revolution. Gemeinsam haben wir das Konzept von Cognitive Enterprises für das Unternehmen weiterentwickelt. Ich bedanke mich bei meinen Kollegen und Kolleginnen in Göteborg sehr für die herzliche Aufnahme, ihre Offenheit, ihre Spontanität und ihr Vertrauen. Kontakt: Prof. Dr. rer. nat. Sabina Jeschke sabina.jeschke@ima-zlw-ifu.rwth-aachen.de


Stipendiaten starten ihre Promotionen am Cybernetics Lab Mit der International Class auf neuen Forschungspfaden

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tudierende, die aus dem Ausland für eine Promotion an das Cybernetics Lab kommen möchten, haben seit diesem Jahr eine neue Option: die International Class. Hintergrund: wir möchten uns international verstärken und unsere „cultural Katja Schneider diversity“ erhöhen. Ohne Deutschkenntnisse jedoch ist eine „normale“ Einstellung und die damit verbundene sofortige Mitarbeit in Projekten mit deutschen Partnern und in der Lehre oft kaum möglich. Das neue Angebot richtet sich daher an ausländische Kandidaten, die sich über ein Stipendium Pia Bresenitz selbst finanzieren können, das Cybernetics Lab übernimmt die Overheads (Räume, Ausstattung, Publikationskosten, Konferenzbesuche, ect.). Die Promotion an einer renommierten deutschen Universität wie der RWTH ist für die internationalen Kandidaten eine einmalige Karrierechance. Ebenso profitiert aber auch das Cybernetics Lab von diesem neuen Modell: Die Projektunabhängigkeit der Stipendiaten ermöglicht, auch Themen „abseits der festgelegten Wege“ zu untersuchen und steigert damit die Breite unserer Forschungsfragen. Der große Bewerberpool erlaubt die Auswahl der am besten passenden – hochmotivierten – Kandidaten. Neben herausragenden Noten und interessanten thematischen Vorstellungen entscheiden fundierte

Englischkenntnisse und solide Kommunikationsfähigkeit, die bei aussichtsreichen Kandidaten vorab in mehreren „Kennenlern-Runden“ per Skype geprüft werden, über die Aufnahme. Die Organisation als International Class ermöglicht die Unterstützung solcher Promotionen durch „Class-Angebote“, etwa zur Forschung am Cybernetics Lab, der Forschungssituation in Deutschland oder der persönlichen Integration. Dazu gehört auch die Teilnahme an Deutschkursen. Zusätzlich werden unsere Doktoranden durch das Welcome Center der RWTH Aachen University betreut. Nach der ersten Bewerbungsphase zu Jahresanfang formt sich langsam eine „Class“ aus drei Doktoranden: Im April startete Quang Ha Ngo aus Vietnam seine Promotion am Cybernetics Lab, seit dem Herbst verstärken uns Feifei Li. aus China und Erman Gözü aus der Türkei. Etwa drei bis fünf Bewerber sollen jährlich aufgenommen werden.Wir freuen uns über diese internationale Verstärkung unserer Forschungsarbeit und sind gespannt auf die weitere Entwicklung!

Kontakt: Dr. rer. nat. Katja Schneider katja.schneider@ima-zlw-ifu.rwth-aachen.de

Neues aus dem Lab

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Kybernetik reloaded „Kybernetikvorlesungen für Ingenieure I und II“

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in freudiges Déjà-vu wäre Ihnen gewiss, den technischen Kybernetikern der ersten Stunde – und eine große Ehrung ebenso, wenn sie es denn noch erleben könnten. Begegnet Ihnen doch aktuell die damals beforschte und unterstellte Fähigkeit (technischer) SysteNicole Nelißen me zur Selbstorganisation und -regulation oder das Prinzip der Autopoesis nun unter dem Begriff der künstlichen-, hybriden- oder Schwarmintelligenz wieder. In der IT-Forschung sind die Vertreter von Themen wie Machine Learning, Data Science oder Organic Computing zu Nachfahren der kybernetischen Spurensucher der 1950er und Frank Hees 70er Jahre geworden! Die Kybernetische Wissenschaft selbst erklärt, wie es dazu kommen konnte: durch die Selbstregulation – und vermaschte Systeme von Regelkreisen. Voraussetzung und Basis für die hohe Aktualität kybernetischer Verfahren – gerade in den Ingenieurwissenschaften – sind die technologischen Durchbrüche der verganRené Vossen genen nur! 10-15 Jahre: • die geradezu explodierte Bandbreite und Rechnerleistung moderner Computer- und Netzgenerationen, • bei gleichzeitiger Miniaturisierung (embedded systems) der Hardware und • der biokybernetischen Weiterentwicklung von Softwaresystemen und -architekturen (semantic technologies, Deep Learning, genetische Algorithmen u.a.).

Technologischer Fortschritt zum Anfassen - der Futurliner von General Motors aus der Hochzeit der Kybernetik. 14

Neues aus dem Lab

Als essentieller Bestandteil des Cybernetics Lab sind kybernetische Forschungsansätze aus unserer Überzeugung prädestiniert zur nachhaltigen Lösung komplexer Probleme. Daher haben wir die Kybernetik und insbesondere ihre technischen Ausprägungen mit zwei Veranstaltungen „neu gedacht“: Die „Kybernetik für Ingenieure I und II“ vermitteln den Wissenschaftsansatz der allgemeinen sowie der biologischen und technischen Kybernetik als auch die wichtigsten Methoden und Prinzipien an Anwendungsbeispielen im Bereich der Ingenieurwissenschaften. Während Dr. Frank Hees in der „Kybernetik für Ingenieure I“ (Bachelorstudiengang Maschinenbau) jeweils im Sommersemester den Schwerpunkt auf allgemeine und biologische Kybernetik legt, steht bei Dr. René Vossen der Wissenschaftsansatz der technischen Kybernetik in der darauffolgenden Veranstaltung im Wintersemester im Fokus. Die Studierenden erlernen jeweils im Sommersemester die kybernetischen Grundlagen in den wissenschaftlichen Fachgebieten der Bionik, Neurowissenschaften, Robotik, Organic Computing und Multiagentensysteme und stellen diese im Sinne der Ingenieurwissenschaften in einen kybernetischen Zusammenhang. Im Wintersemester nehmen sie dann in der „Kybernetik für Ingenieure II“ die Grundlagen in den wissenschaftlichen Fachgebieten der Künstlichen Intelligenz, der Computational Intelligence, dem Maschinellen Lernen sowie der Schwarmintelligenz durch. Durch die Referate und Hausarbeiten in Teamarbeit werden die Studierenden befähigt, kybernetische Problemstellungen zu analysieren, Lösungsvorschläge zu erarbeiten sowie die erlernten Methoden und Verfahren auf typische aktuelle ingenieurwissenschaftliche und betriebliche Fragestellungen anzuwenden.

Kontakt: Nicole Nelißen, M.A. nicole.nelissen@ima-zlw-ifu.rwth-aachen.de


„Gestatten, Pepper“ Humanoider Roboter lernt für sein künstliches Leben in Aachen

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René Vossen

ie erste Kontaktaufnahme mit Pepper will nicht so recht gelingen. Mit seinen dunkelblauen Augen fixiert er zwar sein Gegenüber ganz genau, doch auch nach mehrmaliger Ansprache lautet seine Antwort immer: „Ich kann ihre Frage nicht verstehen.“ Ein Betreuer bittet um Nachsicht. Man müsse Verständnis haben, das vielfältige Stimmengewirr irritiere. Eigentlich könne Pepper Smalltalk, und so schaut er mit seinem freundlichkindlichen Gesicht die Schaulustigen im Aachener Technologiezentrum an und tanzt während der Dreharbeiten fürs ZDF.

Quang Ha Ngo

Zwölf-Stunden-Arbeitstage Pepper, ein humanoider Roboter, ist eine der neuesten Errungenschaften des Cybernetics Lab. Er kommt im Format eines Kleinkindes daher, wiegt 28 kg und kann Arbeitstage von zwölf Stunden bewältigen. So lange halten die Batterien durch, dann rollt er mit seiner Höchstgeschwindigkeit von 3 km/h automatisch mit seinen drei Rädern zur nächsten Ladestation. Pepper ist ein Vorbote. Er wird als erster serienreifer humanoider Roboter auf dem deutschen Markt bezeichnet. Emotionale Stimmungen verstehen Entwickelt wurde der 120 Zentimeter kleine Plastikkerl zunächst in Frankreich. Anschließend wurde er nach Japan verkauft und auf den Massenmarkt gebracht. In Aachen lernt Pepper nun, was er für sein künstliches Leben in Deutschland können muss.

„Schau‘ mir in die Augen, kleiner Robo!“

Aufgrund seiner humanoiden Erscheinung bietet er die Möglichkeit, zukünftige Mensch-Maschine-Szenarien zu erforschen und eine Symbiose zwischen Mensch und Roboter im Alltag herzustellen. Neben dem Einsatz in industriellen Applikationen, wie der Produktion, sind ebenfalls Aufgaben in der stationären Altenpflege zur Kommunikation und Informationsdarstellung möglich. Erste Ansätze dazu existieren bereits, in denen beispielsweise Roboter pflegebedürftigen Menschen als sozialer Interaktionspartner zur Seite gestellt werden. Pepper reagiert, wenn man ihn anspricht. Er mag Smalltalk. Sein Kopf besteht aus zwei 2D-Kameras und einer 3D-Kamera, vier Mikrofonen, und 19 Sensoren, die es ihm ermöglichen, seine Umwelt wahrzunehmen. Für seine Beweglichkeit sorgen 20 Motoren und 17 Gelenke. Damit kann Pepper seinen Kopf bewegen, ebenso die Schultern, Handgelenke und die dazugehörigen fünffingrigen Hände, sowie Kniebereich und Hüfte. Er kann hören, sehen, sprechen und sogar Gesichter, Stimmlagen und mittels einer Analyse von Mimik, Gestik, Wortwahl sowie Lautstärke der Stimme die emotionale Grundstimmungen seines Gegenübers erkennen. Vor der Brust trägt er einen Tablet, so ist er auch jederzeit mit dem Internet verbunden. Am Cybernetics Lab steht neben der technischen Implementierung des humanoiden Roboters auch die User Experience im Fokus der wissenschaftlichen Untersuchung, insbesondere die Zufriedenheit und die Erfahrungen des Nutzers während der Interaktion mit Pepper.

Kontakt: Dr. rer. nat. René Vossen rene.vossen@ima-zlw-ifu.rwth-aachen.de Pepper, der Freund und Helfer im Alltag, wird seit 2015 in Japan verkauft. Robotik & Automatisierung

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Autonome Navigation im ewigen Eis Aachener Forscher beim Gletschertest in den Alpen

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Sebastian Schönitz

Stephan Printz

achdem im Jahr 2005 die CassiniHuygens Mission Kryovulkane auf dem Saturnmond Enceladus entdeckte, wird der Mond als einer der aussichtsreichsten Kandidaten für extraterrestrisches mikrobielles Leben gehandelt. So wurden in den Gas- und Eiswolken der Kryovulkane Wasser und komplexe organische Moleküle gefunden, die in Verbindung mit dem unterirdischen Ozean ein vielversprechender Indikator für mikrobielles Leben sind. Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) hat zur Entwicklung der benötigten Technologien die Enceladus Explorer (EnEx)-Initiative ins Leben gerufen.

um ihre Position im Eis zu bestimmen und so den IceMole zu orten und sicher zu seinem Bestimmungsort zu begleiten. Gesamtsystemtest in den Ortler-Alpen Die Feldtests zur Untersuchung der Schallausbreitung im Gletschereis wurden auf dem Langenferner in den Ortler-Alpen durchgeführt. Während des Feldtests in Zusammenarbeit mit dem Physikalischen Institut der RWTH Aachen University wurden wertvolle Daten über Frequenzbänder und Eigenfrequenzen von Gletschern gewonnen. Diese Daten werden nun ausgewertet, um die Hardware für den zweiten Gletschertest im kommenden Sommer zu verbessern. Beim nächsten Gletschertest steht dann das Agentensystem im Vordergrund, das derzeit am Cybernetics Lab entwickelt wird. Es ermöglicht dem Gesamtnetzwerk, sich autonom selbst zu konfigurieren und sich von möglichen Fehlfunktionen zu erholen.

In Kurven wird sich zum Ziel geschmolzen Zuerst wurde der sogenannte IceMole entwickelt; eine differenziell beheizbare Schmelzsonde mit einer Eisschraube an der Spitze, mit der sich der IceMole sogar bis zur Mondoberfläche hin schmelzen kann. Er soll in Zukunft kontaminationsfrei Proben an einem der Kryovulkane entnehmen. Da der IceMole, wie sein irdisches Vorbild – der Maulwurf – , weitestgehend blind ist, wurden im weiteren Verlauf der EnEx-Initiative akustische Schmelzsonden entwickelt. Diese spannen mittels Ultraschall ein akustisches Netzwerk auf,

Expedition geglückt: Gruppenfoto der EnEx-Teammitglieder auf dem Langenferner Gletscher.

RANGE - Robuste autonome akustische Navigation im Gletschereis für die Suche nach außerirdischem Leben auf dem Saturnmond Enceladus Förderinstitution: BMWi Projektträger: DLR Raumfahrtmanagement Laufzeit: Februar.2015 – November 2018 Kontakt: Sebastian Schönitz, M.Sc. Sebastian.schoenitz@ima-zlw-ifu.rwth-aachen.de http://enex.rwth-aachen.de/ Der IceMole schmilzt durch das Sensornetzwerk. 16

Robotik & Automatisierung


Die Leichtigkeit von faserverstärkten Kunststoffen Neue Anforderungen an die Serienproduktion

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n Zeiten zunehmend strenger EU-Verordnungen muss die Automobilindustrie die Schadstoffemission ihrer Fahrzeuge drastisch reduzieren. Experten sehen hier großes Potential für faserverstärkte Kunststoffe (FVK). Die Rechnung ist einfach: je weniger Gewicht, desto weniger Verbrauch Stephan Printz und damit weniger Emissionen. Während FVK in anderen Bereichen, beispielsweise der Luft- und Raumfahrt oder dem Motorsport bereits nicht mehr wegzudenken sind, scheitert die Verarbeitung in der automobilen Serienproduktion vor allem am mangelnden Automatisierungsgrad in Christoph Henke Herstellung und Weiterverarbeitung. Grund hierfür ist die Komplexität des Drapierprozesses, bei dem die Fasern in verschiedenen Richtungen und Lagen ausgerichtet werden. Die Drapierung der Fasern bzw. Fasermatten ist ein wesentlicher Faktor für die physikalischen Eigenschaften und die Funktionalität des finalen Bauteils. Treten Fehler auf, benötigt es nach wie vor Experten, die mit René Vossen ihrem Wissen und langjähriger Erfahrung die zugrundeliegenden Ursachen finden und den Prozess manuell korrigieren. Das wiederum führt zu sehr langen Prozesszeiten und geringer Reproduzierbarkeit der Bauteilqualität. Genau hier setzt das von der AiF geförderte Projekt „Automatisiertes Handhaben und Drapieren von Verstärkungstextilien für mehrachsig gekrümmte Faserverbundstrukturen – AutoHD“ an. Unter der Leitung des Instituts für Unternehmenskybernetik e.V. arbeiten das Institut für Textiltechnik, das Werkzeugmaschinenlabor sowie das Institut für Getriebetechnik und Maschinendynamik der RWTH Aachen University zusammen.

Ziel des Projektes war die Entwicklung einer Technologie zur automatisierten Handhabung und Drapierung biegeschlaffer Halbzeuge. Bevor die Fasern bzw. Fasermatten mit Harz getränkt werden, befinden sich diese in einem nicht-formstabilen Zustand. Mittels echtzeitfähiger Fehlererfassung wurde eine Regelungslogik zur mehraxialen Drapierung der Halbzeuge realisiert. Durch den Einsatz eines modernen Industrieroboters in Kombination mit dem entsprechenden Greiferwerkzeug berücksichtigt das AutoHD-System die nicht-formstabilen Eigenschaften der textilen Halbzeuge. Zur Untersuchung des Einflusses von Roboterbewegungen auf den Transport dieser Halbzeuge, wurde das Systemverhalten innerhalb der Simulationsumgebung „Gazebo“ getestet. Die Lauffähigkeit der AutoHD-Technologie demonstrieren Neben dem Gesamtsystem wurde ebenfalls die kinematische Beschreibung des Robotersystems und die Führungsschiene in die Simulationsumgebung integriert. Auf Grundlage der Simulationsergebnisse wurde die Bahnplanung für den entwickelten Greifer des textilen Halbzeugs durchgeführt und die Lauffähigkeit der gesamten AutoHD-Technologie demonstriert. Neben der Automatisierung des Drapierprozesses verfügt das System über die Fähigkeit einer OnlineQualitätserfassung über optische Messverfahren. Das entwickelte Gesamtsystem, bestehend aus Kamerasystem zur Fehlererkennung, dem entwickelten Greifer sowie dessen agile Bahnplanung, stellt somit die Grundlage für eine wirtschaftliche Serienproduktion dar.

AutoHD - Automatisiertes Handhaben und Drapieren von Verstärkungstextilien für mehrachsig gekrümmte Faserverbundstrukturen Förderinstitution: AIF Projektpartner: Institut für Textiltechnik, Werkzeugmaschinenlabor (WZL), Institut für Getriebetechnik und Maschinendynamik (alle RWTH Aachen University) Laufzeit: Juni 2014 – Dezember 2016 Kontakt: Christoph Henke, M. Sc. christoph.henke@ima-zlw-ifu.rwth-aachen.de Dr. rer. nat. René Vossen rene.vossen@ima-zlw-ifu.rwth-aachen.de Der AutoHD Demonstrator inklusive des Demonstratorbauteils. Robotik & Automatisierung

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Platzhalter


Arbeit 4.0: Ein hybrides System ARIZ: Die Arbeitswelt von morgen beginnt heute

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eit nunmehr einem Jahr entwickelt ein interdisziplinäres Team um den Konsortialführer IMA/ZLW & IfU im Projekt „Arbeit in der Industrie der Zukunft (ARIZ)“ prototypische Szenarien im Bereich der Mensch-Roboter-Kooperation (MRK). Der klassische Arbeitsplatz in der industriStefan Schröder ellen Produktion verändert sich durch den Einsatz zunehmend intelligenter Roboter grundlegend. Diese Veränderungen werden aus verschiedenen Perspektiven, wie auf der unteren Abbildung sichtbar, analysiert und deren Auswirkungen sowohl auf individueller als auch auf organisationaler und gesellschaftlicher Ebene untersucht. Aus Frank Hees den Ergebnissen werden dann Handlungsempfehlungen, Schulungs- und Forschungsbedarf abgeleitet. Dabei werden insel- und flussbasierte Produktionsszenarien simuliert und unter Einsatz flexibler Robotik sowie KI-basierter Planung und Steuerung der Produktionsprozesse prototypisch realisiert. In diesen Demonstratoren werden Interaktionsstrategien des Menschen, einerseits mit einem Informationssystem, andererseits mit robotischen Systemen untersucht. Der Mensch in der Produktion der Zukunft bleibt zentrales Element und übernimmt verstärkt dirigierende Aufgaben. Es entstehen dadurch neue Rollen wie z.B. die eines „Trainers“ intelligenter Systeme.

Basisszenario wissenschaftlicher Demonstrator

Im Rahmen der ersten Implementierungsphase wurde die MRKZelle (vgl. Abbildung 1) am Cybernetics Lab realisiert. Als Leichtbauroboter kollaboriert ein Universal Robot mit einem Werker. Montageanweisungen werden über eine grafische Benutzeroberfläche angezeigt und so die Produktion eines Getriebes auch durch Ungelernte ermöglicht. Ab November 2017 werden Probanden

Ariz macht Mensch und Roboter zum Team.

diese MRK-Zelle durchlaufen. Ziel ist es, Implikationen hinsichtlich GUI-Design, Akzeptanz in der Zusammenarbeit mit dem Roboter und die Reaktionen auf Fehler und Führung zu untersuchen. Konkrete Aspekte sind Reliabilität – was passiert, wenn der Roboter Fehler macht? – und die Funktionsweise verschiedener Hierarchien – was passiert, wenn der Mensch oder der Roboter den Takt angibt? Anschließend ist die Weiterentwicklung des Demonstrators geplant, sowie der Transfer der Ergebnisse zum industriellen Demonstrator der Firma Festo bzw. in die Industrie. Hier sollen u.a. die Rolle des Wanderarbeiters technisch und arbeitswissenschaftlich untersucht, aber auch Konzepte für die Visualisierung von Daten oder das Produktionsmanagement erarbeitet und getestet werden. Die Erfolgsfaktoren und Herausforderungen werden gemeinsam mit verschiedenen Interessenvertretern identifiziert.

ARIZ – Arbeit in der Industrie der Zukunft Förderinstitution: BMBF Projektträger: PTKA Kooperationspartner: Festo AG & Co. KG, Festo Didactic SE, robomotion GmbH, HCIC der RWTH Aachen University, Institut für Unternehmenskybernetik (IfU) e.V. Valuepartner: IFA der DGUV Laufzeit: August 2016 – August 2020 Kontakt: Dr. rer.nat. Stefan Schröder stefan.schroeder@ima-zlw-ifu.rwth-aachen.de www.arbeit-industrie-zukunft.de

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Gewaltenteilung für Multi-Agenten-Systeme Stabilität verteilter agentenbasierter Steuerungstechnik durch das politische Modell der Gewaltenteilung und -verschränkung

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Bahoz Abbas

Sabina Jeschke

ie Nachahmung von biologischen Strukturen und Prozessabläufen, wie sie beispielsweise im menschlichen Gehirn vorzufinden sind, hat zu erstaunlichen Fortschritten u.a. in der Informationstechnik geführt. So haben künstliche neuronale Netze die Grundlage für den Durchbruch der Künstlichen Intelligenz gelegt. Dieses Vorgehen wird in der Informatik als „Organic Computing“ oder „Biologically-inspired Computing“ bezeichnet und kann in diesem Sinne auch auf die Automatisierungs- und Steuerungstechnik übertragen werden, um bspw. eine erhöhtet Flexibilität und Ausfallsicherheit zu gewährleisten. Grenzen der biologischen Vorbilder

Allerdings stößt diese Vorgehensweise bei der verteilten Automatisierung und Steuerung bspw. für eine vernetzte und intelligenKlaus Henning te Produktion im Sinne der Industrie 4.0, die softwaretechnisch durch die Verteilte Künstliche Intelligenz in Form von Multi-Agenten-Systemen (MAS) umgesetzt wird, an ihre Grenzen. Der Grund liegt darin, dass verteilte agentenbasierende Steuerung von Produktionsprozessen und -maschinen zu komplexen Konzepten und Organisationsarchitekturen der MAS führt und dadurch die MAS Defizite bzgl. der Vorhersagbarkeit und Zuverlässigkeit aufweisen. Neben dem hohen Programmieraufwand sind zudem detaillierte Kommunikations- und Koordinationsprozesse zwischen den Agenten zu modellieren, um den Anforderungen an ein Steuerungssystem für die Produktion gerecht zu werden. Um den beschriebenen Schwächen und Defiziten entgegenzuwirken, kommen nun das Prinzip der Gewaltenteilung und -verschränkung zum Einsatz.

wechselseitige Kontrolle der drei Staatsgewalten, um eine Machtkonzentration und Machtmissbrauch zu verhindern bzw. dem entgegenzuwirken. Durch das Prinzip der Gewaltenteilung und -verschränkung wird die Berechenbarkeit, Kontrollierbarkeit und Verantwortlichkeit der Staatsgewalt gewährleistet. Zudem führt dies nachweislich zur einer Effektivitätssteigerung, Sicherheit, Stabilität und Zuverlässigkeit sowohl des gesamten Staatsgebildes als auch seiner Institutionen. In Staaten mit einer föderalen Staatsform, wie der Bundesrepublik Deutschland, wird die horizontale Gewaltenteilung und -verschränkung um eine vertikale Gewaltenteilung und -verschränkung zwischen den unterschiedlichen staatlichen Ebenen (Bund, Länder und Kommunen) erweitert. Diese ist als föderale Unterteilung zu verstehen, die die Zuständigkeits- und Aufgabenbereiche der Exekutive, Legislative und Judikative auf den unterschiedlichen Ebenen regelt. Potentiale der Gewaltenteilung für verteilte agentenbasierte Steuerungssysteme Nach dem Prinzip der vertikalen Gewaltenteilung wird die Problemstellung – hier die verteilte agentenbasierte Steuerung von Produktionsprozessen und maschinen – mithilfe von Funktionsebenen soweit zerlegt, bis sie durch einzelne Agenten bearbeitet werden können.

Vorteile des politischen Modells der Gewaltenteilung und -verschränkung Das Prinzip der Gewaltenteilung, bei der die Staatsgewalten mit ihren Funktionen auf verschiedene Staatsorgane verteilt werden, bildet die Grundlage jeder modernen Demokratie. Hierbei wird zwischen der gesetzgebenden (Legislative), der vollziehenden (Exekutive) und der rechtsprechenden Gewalt (Judikative) unterschieden. Zudem erfolgt durch das Prinzip der Gewaltenverschränkung die 20

Robotik & Automatisierung

Auf Gewaltenteilung und -verschränkung basierende Vorgehensweise zur Entwicklung verteilter agentenbasierter Steuerungssysteme für die Produktion.


Eine Funktionsebene umfasst dabei ein abgrenzbares Teilproblem, aus dem Bündelungen von logisch-zusammengehörigen Aufgaben in Zuständigkeiten abgeleitet und anschließend auf die drei Gewalten entsprechend der horizontalen Gewaltenteilung verteilt werden. Der Vorteil der auf Gewaltenteilung basierenden Dekomposition liegt darin, dass gleichzeitig zum Dekompositionsprozess der Problemstellung der strukturelle Aufbau des MAS festgelegt wird und dabei die Zuständigkeitsverteilung durch die drei Gewalten eindeutig geregelt ist. Aus den Zuständigkeiten lassen sich dann in einem weiteren Schritt Rollen für Agenten ableiten. Damit dient das Prinzip der horizontalen und vertikalen Gewaltenteilung als das zentrale Dekompositions- und Strukturierungsinstrument bei der Entwicklung der Organisationsarchitektur des MAS. Nach dem Prinzip der Gewaltenverschränkung konzeptionierte Kontroll-, Wahl-, Zuteilungs- und Reorganisationsmechanismen bilden die innere Struktur des MAS. Durch die Formulierung von Gesetzen und Richtlinien (sog. Constraints) sind den Agenten zusätzliche Freiheitsgerade bzw. abgegrenzte Aktionsräume innerhalb des MAS zuzuordnen. Dadurch sind die Agenten in der Lage, auf verändernde Umweltbedingungen durch Reorganisationsmaßnahmen innerhalb des MAS zu reagieren, ohne das Prinzip der Gewaltenteilung zu verletzen. Steigerung der Zuverlässigkeit und Beschleunigung von Reaktionszeiten

Vernetzung und Steuerung von Produktionseinheiten durch Agenten.

in der Lage, die Gesamtproduktion zu planen und zu steuern. Als Ausgangsmodell wurde – wegen seines föderalen Ansatzes – die Gewaltenteilung nach dem Vorbild der Bundesrepublik Deutschland zugrunde gelegt. Erste Variationen des Modells weisen jedoch darauf hin, dass auch alternative Formen der Gewaltenteilung zur Stabilisierung und Vorhersagbarkeit von Systemen verteilter Intelligenz beitragen. Im Umkehrschluss belegt die erfolgreiche Übertragung des Gewaltenteilungsprinzips auf technologische Systeme dessen Bedeutung für Systemstabilität auch auf der sozialen und politischen Ebene.

Die eindeutige Trennung der Aufgaben- und Zuständigkeitsbereiche innerhalb des MAS durch die drei Gewalten führt zu einer Beschleunigung von kollektiven Entscheidungsprozessen der Agenten. Zudem werden langandauernde bzw. zeitraubende Kommunikations- und Koordinationsprozesse zwischen den Agenten vermieden und Reaktionszeiten im Steuerungssystem beschleunigt. Die Stabilität und Zuverlässigkeit eines nach dem Prinzip der Gewaltenteilung und -verschränkung entwickelten agentenbasierten Steuerungssystems spiegelt sich u.a. in der Konfliktvermeidung zwischen Agenten, der Kontrollmechanismen, der erhöhten Ausfallsicherheit sowie in der erleichterten Fehleridentifizierung und -behebung wieder. Praktischer Einsatz auf der Feldebene Dieser Ansatz wurde im Rahmen eines Forschungsprojektes an einer Produktionsmaschine in Form eines verteilten agentenbasierten Steuerungssystems zu Versuchszwecken erfolgreich getestet. Unter Verzicht auf speicherprogrammierbare Steuerungen wurden ca. 200 Agenten auf leistungsstarke Single-board Computern, die mit der Aktorik und Sensorik der Produktionsmaschine vernetzt sind, implementiert. Der Ausfall einzelner Agenten wurde dabei bei 200 Versuchen innerhalb von durchschnittlich 0,5 Sekunden von anderen Agenten kompensiert. Das Netzwerk der Agenten erzeugt dabei ohne manuelle Eingriffe die erwartete Zielqualität des Produkts. Mithilfe der Agenten können zudem verschiedene Produktionseinheiten zu einem Produktionsnetzwerk vernetzt werden. Dadurch sind die Agenten innerhalb des Produktionsnetzwerkes

Kontakt: Dr.-Ing. Bahoz Abbas bahoz.abbas@ima-zlw-ifu.rwth-aachen.de Prof. Dr.-Ing. em. Klaus Henning klaus.henning@ima-zlw-ifu.rwth-aachen.de

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Künstliches Bewusstsein Eine Basis für sichere Systeme

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eim Stichwort „künstliches Bewusstsein“ stellen sich vielen Menschen die Nackenhaare auf. Müssen wir tatsächlich technische Systeme bauen, die „so weit gehen“? Elon Musk und Stephen Hawking warnen, sie warnen vor Sabina Jeschke den möglichen Gefahren solcher Systeme, und beide sind sicher nicht eines grundsätzlichen Technikskeptizismus verdächtig. Diese emotionale Reaktion übersieht jedoch einen wichtigen Punkt: Bewusstsein ist keine „an- oder abwählbare Option“, sondern muss vermutlich als eine Art „by-product“ in der evolutionären Entwicklung hochentwickelter Intelligenzen betrachtet werden. Bewusstsein ist keineswegs ein dem Menschen vorbehaltenes Phänomen, sondern kann in der Tierwelt in unterschiedlichen Formen und Intensitäten nachgewiesen werden. Und dabei kann man formulieren, dass umso „mehr“ Bewusstseinszustände existieren, je intelligenter die betrachtete biologische Spezies ist (Holland 2003). Wollen wir also künstlich-intelligente Systeme bauen, die sicher, zuverlässig und robust in unserer Umwelt agieren – „künstliche Deppen“ können wir ja eher weniger gebrauchen, denn die sind wirklich gefährlich –, dann kommen wir um das Verständnis des Phänomens Bewusstsein, seiner Kopplung zur Intelligenz und auch Fragen des Nachbaus nicht herum.

3. das “ich-Bewußtsein” (von einigen Autoren auch als Teil von A-consciousness begriffen): Die Fähigkeit zur Abgrenzung des „ich“ vom „anderen“, das Hinterfragen der eigenen Rolle und der eigenen Gedanken. Dabei gibt das P-Consciousness die größten Rätsel auf, weil, wie David Chalmers 1995 argumentierte, A-Consciousness “jedenfalls im Prinzip auch ‘mechanistisch’ verstanden werden könne, P-consciousness jedoch kaum“. Er nannte deshalb die Erklärung von P-Consciousness „the hard problem of consciousness“, in der Literatur wird es häufig auch als das sogenannte „Qualia-Problem“ bezeichnet. Warum gerade das P-Consciousness?

Von A-, P- und anderen „Bewusstseins“ Also von vorne, was eigentlich ist Bewusstsein? Für diese scheinbar harmlose Frage geben verschiedene Disziplinen – und deren verschiedene „Schulen“ – einen Dschungel von Antworten, wie auch bei anderen „Umbrella-Words“ wie „Intelligenz“ oder „Empfindung“ oder „Kognition“. Und wie bei diesen auch liegt eine Problematik der Definition darin, dass unter einem Begriff sehr vielfältige Phänomene zusammengefasst werden, die möglicherweise aber in ihrer Entstehung und Wirkung ganz unterschiedlich funktionieren, wie etwa Aaron Sloman 1996 aufzeigte. Der Philosoph Ned Block jedenfalls schlug bereits 1998 eine bis heute vielzitierte Beschreibung vor, nach der mindestens drei zentrale Komponenten zu unterscheiden sind – wohlwissend, dass es sich dabei zunächst einmal um einen Klassifikationsansatz handelte, der dem besseren Verständnis dienen soll, und nicht notwendigerweise um ganz strikte Abgrenzungen: 1. das phänomenologische Bewußtsein (P-Consciousness): Das Bewußtsein für subjektive, sensuelle Erfahrungen wie Farben, Töne, Gerüche, Temperaturen, Schmerzen etc. 2. das gedankliche Bewusstsein (A-Consciousness, von “access consciousness“): Die Fähigkeit, zu denken, zu reflektieren, die Kontrollfähigkeit der Gedanken; 22

Künstliche Intelligenz

Noch klarer wird dies am konkreten Beispiel: Wenn wir ein rotes Objekt sehen, dann treffen physikalisch einfach eine Vielzahl von Wellen etwa im Bereich von 650-750 nm unsere Netzhaut. Das ist aber nicht der „Sinneseindruck“, den wir erleben – wir erleben ein „Rot-Gefühl“, ein „Farberlebnis“, das auf einer bis heute noch unklaren Art der Aggregation und Informationsverdichtung beruht, die wir nicht bewusst steuern können: „The sensation of color cannot be accounted for by the physicist‘s objective picture of light-waves“ (Erwin Schrödinger, 1944, begründer der Quantenmechanik). Ebenso verhält es sich etwa mit dem Berühren eines warmen Gegenstandes – tatsächlich werden viele Hundert Nervenzellen in einer bestimmten Weise stimuliert, in unserem Gehirn entsteht jedoch der aggregierte Sinneseindruck „warm“. Und in der Regel können wir nicht nur solche Zustände erleben, sondern auch zwischen ihren Kategorien abgrenzen: Niemand verwechselt einen Farb- mit einem Temperaturzustand (auch wenn wir assoziative Verbindungen ziehen, wie etwa „rot“ mit „warm“, was aber eher erfahrungsgetrieben abläuft). Warum ist gerade diese Komponente so entscheidend für die Untersuchung künstlich-intelligenter Systeme? Das liegt in dem berühmten Paradoxon von Hans Moravec (1988) begründet, wonach in der künstlichen Intelligenz „komplizierte Dinge leicht,


leichte Dinge aber kompliziert sind“: So kann man vergleichsweise leicht einen Schachcomputer bauen, der die kompliziertesten Schachspiele gewinnt – was nur wenige von uns können. Viel schwieriger aber ist es, einen elektronischen Butler zu bauen, der die Küche sinnvoll aufräumt – was nun wiederum jeder von uns kann (wenn er will). Bei diesen scheinbar einfachen Aufgaben werden komplexe Objekt- und Strukturerkennungen eingesetzt, die stark an unsere Sinneseindrücke gekoppelt sind und damit am P-Consciousness hängen (Moravec 1988). Lösungshypothesen durch Bewusstsein in verteilten Systemen Was sind nun die neuen Ansätze, um diese seltsame Aggregation von vielen kleinen physikalischen Phänomenen zu einem aggregierten Zustand zu erklären? In zwei Journal-Publikationen haben mein MIT-Kollege Riccardo Manzotti und ich darauf hingewiesen, dass ein Erklärungsansatz des P-Consciousness gerade in der Untersuchung verteilter System liegen könnte, wie sie dem Modell von Industrie 4.0, dem Internet of Things oder dem Konzept von Cyber Physical Systems zugrunde liegen. Der Sprung ist gewagt (und kann sich genau deshalb auch als falsch herausstellen), basiert aber auf folgendem Gedanken: Solche 4.0-artigen Systeme werden abstrakt als Multi-Agenten-Systeme mit dezentralen Steuerungsparadigmen gefasst. Tatsächlich basiert aber auch unsere eigene Intelligenz (ebenso wie jede andere hochentwickelte biologische) auf einer verteilten Struktur – was wir gerne übersehen, wir reduzieren sie gerne auf ein homogenes Kompaktum namens „Hirn“ irgendwo unter unserer Schädeldecke. Das ist jedoch nicht korrekt – der „Sitz“ der Intelligenz ist nicht ausschließlich das Gehirn selbst. Intelligente Vorverarbeitungen finden in „biologischen Sensoren“, den Sinnesorganen, statt. Entsprechendes gilt für „biologische Aktuatoren“, Muskeln, die durch zuständige Bereiche im Rückenmark gesteuert werden – erst diese Vorverarbeitun-

gen ermöglichen „echtzeitfähige“ Reaktionen. Und „homogen“ ist unser Gehirn auch nicht, sondern es besteht aus einer Vielzahl sehr unterschiedlicher Subzentren, die wiederum heterogene Architekturen haben und die zudem komplex miteinander verwoben sind. Das verteilte Gehirn Wenn also unsere verteilten Strukturen das P-Consciousness hervorbringen – können wir es dann verstehen, indem wir nach Bewusstseinszuständen in verteilten Systemen suchen, von denen es täglich mehr gibt und an denen wir ja experimentieren können – was wir bei künstlichen Systemen auch dürfen? Diese Experimente können sowohl hardwaregetrieben (Ein-/Ausbau bzw. Variation von Komponenten) oder software- bzw. netzwerkgetrieben (Variation der Kopplungen und der gegenseitigen Wechselwirkungen) sein. Insbesondere für Letzteres bietet sich das Konzept der „Neuroevolution“ an, das in jüngster Zeit für Furore gesorgt hat, weil sich die hier entstehende Intelligenz vollständig eigenständig entwickelt – „das System braucht seinen Schöpfer nicht mehr“. Bei der Neuroevolution wird ein neuronales Netz durch genetische Algorithmen im trial-and-error-Verfahren solange variiert, bis es die gestellte Aufgabe erfolgreich erfüllen kann. Das neuronale Netz – eine light-Version eines Gehirns – entwickelt sich also selber. Analog kann man nicht eine einzelne Entität, sondern eine gesamte Gruppe, ein Multi-Agenten-System also, einer solchen Evolution unterziehen – man spricht hier von „genetischen Konferenzen“. Es steht nun an, geeignete Simulations-Testbeds zu bauen, in denen solche Entwicklungen untersucht werden können, an deren Ende unter Umständen Antworten auch auf Fragen stehen werden können wie: Hat Google ein Bewusstsein? Und wenn ja, was für eines?

Kontakt: Prof. Dr. rer. nat. Sabina Jeschke sabina.jeschke@ima-zlw-ifu.rwth-aachen.de

Künstliche Intelligenz

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KI-Plattform für die Produktion Lernfähige Regelung von Produktionssystemen

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roduzierende Unternehmen in Deutschland sehen sich einem turbulenter werdenden Umfeld gegenüber. Zunehmende Produktkomplexität und schrumpfende Produktlebenszyklen erfordern robuste Produktionsprozesse. Hierzu gehört auch die Koordination von Chadi Bejjani Fertigung und Montage im Hinblick auf ungeplante Abweichungen. Im Rahmen des NRW.EFRE Forschungsprojektes iProd forscht das Cybernetics Lab an der Entwicklung eines Industrie 4.0-tauglichen Lösungskonzepts zur intelligenten und selbstlernenden Produktionssteuerung auf Basis von Algorithmen der künstlichen IntelRichard Meyes ligenz. Digitale Abbildungen von Produktionsprozessen bieten die Grundlage für eine ganzheitliche Analyse und Auswertung von automatisiert erfassten Daten während der Produktion. Auf dieser Basis lassen sich exakte Vorhersagen des zukünftigen Systemverhaltens unter Berücksichtigung von Störfaktoren und damit einhergehenThomas Thiele den Abweichungen treffen. Auf diese Weise werden wichtige Bewertungsfaktoren der Produktionssteuerung wie Planungssicherheit und Termintreue analysiert und verbessert. Eine im Rahmen des Projekts entstehende Online-Plattform zur Überwachung und Steuerung der Produktionsszenarien wird gemeinsam mit Praxispartnern im Raum NRW in verschiedenen Anwendungsfällen untersucht. Sowohl die Herstellung von Schlauchfolie für die Lebensmittelindustrie als auch die Herstellung von Wellrohren für Kühlsysteme oder Geldautomaten sind Teil der Anwendungsfälle des Projektes. 24

Künstliche Intelligenz

Vision des KI basierten Lösungskonzeptes in iProd.

Das Cybernetics Lab bringt seine Expertise im Informationsmanagement und der künstlichen Intelligenz in verschiedene Bereiche des Projektvorhabens ein, darunter die grundlegende Informationsfluss- und Datenmodellierung der Plattform. Ein Schwerpunkt liegt auf der Entwicklung und Evaluation der Algorithmen des maschinellen Lernens sowie deren Umsetzung und Integration in die OnlinePlattform.

iProd - Lernfähige Regelung von Produktionssystemen auf Basis von Algorithmen der künstlichen Intelligenz Förderinstitution: EFRE.NRW - IKT.NRW Projektträger: Projektträger Jülich (PTJ) Laufzeit: Mai 2017 – April 2020 Kontakt: Chadi Bejjani, M. Sc. chadi.bejjani@ima-zlw-ifu.rwth-aachen.de www.ima-zlw-ifu.rwth-aachen.de/forschung/aktuelle_ projekte/projektansicht/projekt/iprod.html


Künstliche Intelligenz in der Medizin Maschinelle Halbgötter in Null und Eins?

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achen, 12. Dezember 2027. Ein sonniger Tag. Meine neue Hausärztin ist kompetent und schnell, nur mit der Empathie hat sie es nicht so. Nach einer Genomsequenzierung, einem Ganzkörper-MRT und verschiedenen Labor untersuchungen bittet sie mich noch einen Christian Kohlschein Moment zu warten – 8 Sekunden später bekomme ich tonlos das Ergebnis mitgeteilt: „Ihre Untersuchung hat ergeben, dass Sie mit 98-prozentiger Wahrscheinlichkeit im Alter von 57 Jahren an einem Myokardinfarkt sterben werden. Basierend auf Ihrer aktuellen Datenlage, insbesondere einer Mutation der Gene GUCY1A3 und CCT7 Tobias Meisen sowie einer Veröffentlichung von Chao et al. in der letzten Ausgabe des „New England Journal of Medicine“ können Sie Ihr Todesrisiko auf 46 Prozent bzw. 45,5 Prozent senken, wenn Sie eine der zwei folgenden Behandlungsoptionen wählen...“. Geschockt blicke ich nach unten, mein im Handgelenk implantierter Fitnesstracker piepst aufgeregt. Der Name meiner Hausärztin? Keine Ahnung, aber sie hat weder Medizin studiert geschweige denn promoviert. Sie ist das Produkt eines KI-Startups aus dem Silicon Valley, das jüngst für einen zweistelligen Milliardenbetrag von Google übernommen wurde.

Dr. Algorithmus im Einsatz Die obige fiktive Anekdote illustriert, wie sich die Medizin unter dem Einfluss der künstlichen Intelligenz in den nächsten Jahren verändern könnte. Zukunftsmusik? Klar. Doch wann wird unsere Gesellschaft früher einen komplett autonomen Straßenverkehr oder den „Digitalen Doc“ umgesetzt haben? Unklar. Um ein wenig Licht ins Dunkel zu bringen, zeigen wir nachfolgend auf, was heute bereits Realität ist, was sich in Erforschung befindet und was wir am Cybernetics Lab zum Thema „KI in der Medizin“ beitragen. Einer Accenture-Studie zufolge wird der heutige Markt für KITechnologien in der Medizin auf ca. 600 Millionen Dollar geschätzt, mit einem projizierten Volumen von 6,6 Milliarden bis 2021. Aktuelle Anwendungsfelder sind unter anderem die Robotik-Assistenz in der Chirurgie, die automatische Auswertung von PET-Hirnaufnahmen zur Tumorerkennung oder auch die Analyse von Genom-Sequenzen. Während sich, einer Untersuchung von CB Insights nach, über hundert KI Medizin Startups in obigen und weiteren Bereichen engagieren, erfahren vor allem die einschlägigen Konzerne hohe mediale Aufmerksamkeit. Insbesondere IBM mit Watson und Google mit DeepMind vermelden zumindest gefühlt täglich neue Erfolge und investieren umfangreich in Forschung und Entwicklung. Während IBM über die nächsten 10 Jahre 240 Millionen Dollar in den Aufbau einer Watson Kollaboration mit dem Massachusetts Institute of Technology (MIT) investieren möchte, um u.a. die ErforKünstliche Intelligenz

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schung von KI-Methoden für die Medizin voranzutreiben, vermeldet Google die Entwicklung des KI-basierten Augenarztes und seine begonnene Integration in indische Augenkliniken. Durch den Einsatz von Deep Learning-Methoden kann Googles künstliche Intelligenz aus Retinaaufnahmen automatisch Anzeichen für eine diabetische Retinopathie identifizieren – einer Veröffentlichung im „Journal of the American Medical Association“ zufolge mit einer Genauigkeit, die an menschliche Augenärzte heranreicht. Aber auch viele kleinere Unternehmen akquirieren zurzeit massiv Kapital und demonstrieren damit, dass der Markt ihren Technologien ein hohes Potential zuschreibt. So wurde das englische Startup Babylon Health jüngst von Investoren mit 60 Millionen Dollar gestützt. Die Produktpalette von Babylon Health umfasst u.a. einen KI Chatbot, der Patienten, basierend auf ihren Symptomen, dabei unterstützt, passende Ärzte zu identifizieren. Kern des Systems ist ein KI Algorithmus, der Symptome klassifizieren kann und, laut Babylon Health, schon von 250.000 Leuten genutzt wurde. Andere Firmen hingegen operieren eher unter dem Radar. Ein Beispiel hierfür ist Verb Surgical. Während die genauen Nutzerzahlen sowie das Investment, das Google in das Unternehmen getätigt hat, unbekannt sind, ist davon auszugehen, dass die Erfahrung des Investors mit künstlicher Intelligenz eine große Rolle spielt. Angestrebtes Firmenziel ist die Entwicklung von KI-gestützter Robotik für die Chirurgie. Und welche KI-Medizin-Forschungsthemen treiben wir momentan am Cybernetics Lab voran? Unter anderem beschäftigen wir uns mit der Integration von KI-Algorithmen zur Bilderkennung in der Notfallmedizin (BMBF-Projekt Audime, siehe „angedacht 2016“, gefördert mit 1,4 Millionen Euro), der Machine Learning gestützten Erkennung von Erkrankungen aus mehrstündigen Sprachdaten (in Kooperation mit dem Universitätsklinikum Aachen, siehe Kohlschein et al., Healthcom 2017), sowie der automatischen Zeitreihenanalyse zur Prädiktion von Schlafstörungen und mit einem Einsatz von neuartigen Visual Analytics-Verfahren für die Darstellung und Analyse medizinischer Fachliteratur (siehe Kohlschein et al., ebendar). Den Gesundheitssektor revolutionieren Der Einsatz der künstlichen Intelligenz in der Medizin hat nicht nur begonnen, sondern ist bereits heute durch Forschung und Entwicklung von Firmen und universitären Einrichtungen wie dem Cybernetics Lab dabei, eine Revolution im Gesundheitssektor auszulösen. Wo vormals jahrzehntelange Erfahrung von medizinischem Fachpersonal erforderlich war, treten KI-gestützte Systeme auf den Plan, die durch Technologien wie Deep Learning in der Lage sind, zu assistieren, zu diagnostizieren und zu behandeln. In Sekundenschnelle, mit hoher Präzision. Also alles besser? Keine Wartezeiten mehr, keine Behandlungsfehler? Ist die medizinische Profession auf Dauer durch die KI genauso bedroht wie der Beruf des Taxifahrers durch das autonome Fahren? Stopp. Medizinische Forschung und Kreativität in der Behandlung bleiben derzeit von unseren KIAusführungen ebenso wenig berührt, wie Herausforderungen im Bereich der Legislative und nicht zuletzt der Ethik und Empathie. Wahrscheinlich können wir zukünftig durch KI-Einsatz eine Krebserkrankung früher erkennen und die Heilungschancen erhöhen. 26

Künstliche Intelligenz

Gesundheitswesen 4.0 auf Knopfdruck.

Wollen wir aber die Vermittlung einer lebensbedrohlichen Erkrankung oder die Entscheidung darüber, ob lebenserhaltene Systeme abgeschaltet werden, einer Maschine überlassen? Unwahrscheinlich. Ich bekomme zwei Wochen nach meiner Diagnose eine E-Mail des Herstellers meiner Hausärztin. Ein Fehler in der Implementierung der Deep Learning-Pipeline, sowie eine durch einen Hackerangriff korrumpierte Datenbasis hätten unglücklicherweise dazu geführt, dass mein Infarktrisiko zu hoch eingeschätzt wurde. Nach Einspielung eines Updates und Neuevaluierung freue man sich mir mitzuteilen, dass es auf 86 Prozent gesunken ist. Herzlichen Dank für die guten Nachrichten, schreibe ich zurück. Und rufe meinen alten Hausarzt an. Der hat zwar keine Ahnung von KI, ist aber dafür ein echter studierter Weißkittel aus Fleisch und Blut. Mit allen Vor- und Nachteilen.

Kontakt: Dipl.-Inform. Christian Kohlschein christian.kohlschein@ima-zlw-ifu.rwth-aachen.de Prof. Dr.-Ing. Tobias Meisen tobias.meisen@ima-zlw-ifu.rwth-aachen.de


Tieferes Prozessverständnis durch Daten Industrial Big Data: Modernes Informationsmanagement in der Produktion

DI

Max Hoffmann

Thomas Thiele

ie Digitale Transformation der industriellen Produktion wird immer offenbarer. Technologien, die bis-lang internationalen IT-Konzernen wie Google & Co. vorbehalten waren, tauchen immer mehr in der durch eine „Industrie 4.0“ geprägten Produktion auf. Begriffe wie Cyberphysische Systeme (CPS), das Internet der Dinge oder Big Data bestimmen von nun an die Diskussion. Als logische Konsequenz dieser Entwicklungen hat sich im vergangenen Jahr am Lehrstuhl für Informationsmanagement im Maschinenbau die Gründung der Gruppe „Industrial Big Data“ herauskristallisiert, deren Ziel es ist, die datengetriebenen Technologien innerhalb der industriellen Fertigung zu bündeln sowie eine Abgrenzung zum klassischen „Big Data“-Begriff für den industriellen Kontext zu schaffen. Datenintegration als Schlüsselfaktor

Tobias Meisen

Die Digitale Transformation betrifft nicht nur das industrielle Umfeld, sondern ist ein gesellschaftliches Phänomen. So sind viele Lebensbereiche bereits durch ausgeprägte Digitalisierung und Vernetzung gekennzeichnet. Dies zeigt sich schon heute, bspw. in der omnipräsenten Nutzung von Smartphones zur Navigation, privatem Videokanal oder als Rechercheinstrument. Die umfangreichen und verschiedenartigen Daten, die auf Basis digitaler Medien gesammelt und verarbeitet werden, lassen sich unter dem „Big Data“-Begriff zusammenfassen. So beschreibt der Fachterminus einerseits den Charakter von Daten (Volumen, Geschwindigkeit und Variabilität), andererseits jedoch auch die Methoden, die für eine effiziente Verarbeitung der vielfältigen Informationen erforderlich sind. Auch die Industrie generiert bereits heute – befähigt durch vorangegangene Digitalisierungsbestrebungen – eine große Menge vielfältiger Daten. Eine Adaption der genannten Big-Data-Methoden für den industriellen Kontext ist daher die logische Folge. Denn eine zuverlässige Erschließung und Nutzbarmachung dieser Daten für die Optimierung laufender Produktionsprozesse birgt immense Potentiale in der Produktion. Treffend charakterisierte Peter Sondergaard, Senior Vice President bei Gartner, den Wert von Informationen einmal mit dem prägnanten Statement: „Information is the oil of the 21st century, and analytics is the combustion engine“. Daten als „Rohstoff des 21. Jahrhunderts“ werden auch in Zukunft weiter an Bedeutung gewinnen. So auch die Technologien rund um die Datennutzung. Big Data im Kontext der industriellen Fertigung

– also „Industrial Big Data“ – weisen jedoch einige grundlegende Unterschiede zu traditionellen Big Data auf, denn sie sind stark korrelierend, zeitabhängig und liegen in einer einheitlichen Struktur vor. Zum Verständnis von Industrial Big Data sind die Produktionsdaten in einem ersten Schritt zu integrieren. Eine zielführende Integration impliziert die Einbringung von Expertenwissen. Spezifische Daten sowie deren Bedeutung werden in der Praxis durch sogenannte Meta-Daten – „Daten über Daten“ – beschrieben und wandeln Rohdaten durch die Einbettung in einen Kontext in nutzbare Information um. Der Prozess der Integration erfordert daher ein Verständnis der Datenquellen und ihrer Bedeutung, bspw. ist die physikalische Interpretation von Sensordaten ohne spezifische Fachkenntnisse nicht möglich. Die Herausforderungen, die sich hieraus ergeben, sind vielseitig und unterscheiden sich von den Anforderungen der in den vergangenen 30 Jahren gewachsenen Systeme der Informations- und Kommunikationsinfrastruktur sowie Visualisierungs- und Entscheidungsunterstützungssysteme in der Produktion bedeutend. So sind neben technischen Herausforderungen insbesondere auch Fragen der Akzeptanz zu adressieren, da der Mensch in den digitalen Transformationsprozess aktiv einbezogen wird. Denn im Gegensatz zu vorangegangenen Anwendungen der Digitalisierung beschäftigt sich die laufende Informationsrevolution mit Methoden der ganzheitlichen Optimierung, und beschränkt sich nicht nur auf Einzelprozesse, sog. Insellösungen. Der Mensch als Experte und Entscheider ist daher ein integraler Bestandteil dieses ganzheitlichen Prozesses. Erweitert werden seine Kenntnisse durch Methoden des Erkenntnisgewinns mittels Machine Learning Analysen und Künstlicher Intelligenz. Erkenntnisgewinn durch Analyse und Künstliche Intelligenz Der durch die Datenintegration und Metadatenanreicherung gewonnene Datenbestand stellt jedoch nur einen Zwischenschritt dar, um ein ganzheitliches Verständnis der dahinterliegenden Prozesse zu erlangen. An diesen Schritt schließen sich Verfahren aus dem Bereich der (kontinuierlichen) Datenanalyse an, die dazu verwendet werden, Erkenntnisse über Produkte und Produktionsprozesse abzuleiten. In der Datenanalyse wird, je nach Zielsetzung und Fokus, zwischen deskriptiver, inferenzieller, explorativer und konfirmatorischer Datenanalyse unterschieden. Weiterhin werden diese Methoden durch das Machine Learning sowie Verfahren der Künstlichen Intelligenz erweitert. Der zugrundeliegende Wandel in den Verfahren basiert im Sinne der Big-Data-Bewegung vor allem auf dem massiven Zuwachs von Rechenleistung an unterschiedlichen Stellen in der Organisation. Mittels einer Verarbeitung der Daten in Echtzeit, d.h. aus dem Daten-Stream, lassen sich so Analysen und ErkenntnisgewinKünstliche Intellligenz

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ne noch während des Produktionsablaufs generieren und hierauf basierende Maßnahmen zur Optimierung gewinnbringend in den Prozess zurückspielen. Die angewandten Verfahren erlauben sowohl eine explorative Analyse großer Datenmengen, um verborgene Strukturen und Erkenntnisse innerhalb der Daten abzuleiten (sog. unsupervised learning), als auch die gezielte Vorhersage von Ereignissen und Zuständen des Untersuchungsgegenstands durch trainierte Modelle (supervised learning). Bei Letzterem können die Daten mittels geeigneter Strukturen, beispielsweise durch künstliche neuronale Netze, gezielt gelernt und zur Prädiktion genutzt werden. Schließlich lassen sich verschiedene Verfahrenskategorien zumeist auch in Kombination anwenden. So werden z.B. in großen Datenmengen durch explorative Verfahren Cluster ermittelt, die dann durch den Menschen annotiert und in einem überwachten Ansatz als Trainingsdaten für die Ausprägung von Modellen gelernt und zur Entscheidungsunterstützung genutzt werden. Fallbeispiel: Analyse von Laserschneidprozessen In der realen Anwendung finden sich Beispiele insbesondere im Kontext der Vorhersage von Prozess- und Produktqualität. Der Vorhersage geht eine explorative Analyse der Produktionsdaten voran, die die Zusammenhänge zwischen den eigentlichen Produktionsparametern und den Qualitätskriterien erfasst. So kann beispielsweise dieser hybride Ansatz zur Analyse eines simulierten Laserschneidprozesses angewendet werden. Als Qualitätskriterium dient die Rauigkeit der Kanten im Schnittbild. Als Produktionsparameter werden die Strahlqualität, Strahlversatz und optische Fehler verwendet. Der explorative Teil des hybriden Vorgehensmodells sieht zunächst die Clusterung der Produktionsparameter vor, um die Kollektive herauszufiltern, die eine ausreichend geringe Rauigkeit im Schnittbild aufweisen. Eine Ergebnisvisualisierung in Polarkoordinaten zeigt, dass die Prozessparameter im blauen Kollektiv ein vielversprechendes Schnittbild erzeugen. Die verwendeten Produktionsparameter werden dann mittels eines Klassifikationsverfahrens in einer Baumstruktur dargestellt, um so für den Nutzer die relevanten Bereiche visualisieren zu können.

Fazit und Ausblick Der Beitrag zeigt auf Basis einer durchgehenden Datenintegrations-Systematik die Bedeutung von Big-Data-basierten Technologien im Kontext der Digitalisierung in der industriellen Produktion auf. Insbesondere der Korrelation heterogener Daten aus bestehenden Informationssystemen kommt hierbei eine hohe Bedeutung für spätere Analysetätigkeiten zu. Neben der Datenintegration und der darauf aufbauenden Analyse der aggregierten Informationen besteht ein weiterer Gesichtspunkt in der erfolgreichen Rückführung von Daten und Analyseergebnissen zum Menschen bzw. Entscheider. Der Erfolg hierauf basierender Big-Data-Projekte reicht von einem reinen tieferen Prozessverständnis bis hin zu Konzepten der adaptiven Anlagenregelung, die Grenzen der Verfahren sind dabei noch bei weitem nicht ausgeschöpft. Insbesondere aufstrebende Verfahren wie bspw. Machine Learning und Deep Learning Verfahren erweisen sich in vielen Bereichen zunehmend als vielversprechender Ansatz, da vor allem Analyseergebnisse aus komplexen hochdimensionalen Daten von hoher Relevanz für industrielle Anwendungsfälle sind. Beispiele aus Anwendungsbereichen wie der Bild- und Spracherkennung geben Anlass zu hohen Erwartungen auch für den industriellen Bereich. Die vorgestellten Fallbeispiele basieren auf realen Daten. Somit wird die Bedeutung einer engen Zusammenarbeit von Forschung und Industrie deutlich. Während in der Forschung die Kompetenzen zur Konzeption von Industrial Big-Data-Verfahren bereits vorliegen, kann nur eine aktive Anwendung dieser Verfahren in der Industrie die erforderlichen Szenarien und im Besonderen reale Prozessdaten generieren. Somit erfordert die digitale Transformation die Neuausrichtung von Kooperationen hin zu einem synergetischen Zusammenwachsen der Forschungsbestrebungen und industrieller Anwendung.

Kontakt: Dr.-Ing. Max Hoffmann, MBA max.hoffmann@ima-zlw-ifu.rwth-aachen.de

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Künstliche Intellligenz


Data Lakes für die Automobilindustrie Etablierung innovativer Integrationskonzepte für moderne Produktionsunternehmen

Max Hoffmann

Thomas Thiele

Im Zuge der Digitalisierung moderner Produktionsunternehmen erlangen datengetrieben Verfahren eine immer größer werdende Bedeutung. Insbesondere im Kontext der Industrial Big Data werden Analysen oftmals erst durch das Vorhandensein großer Datenmengen möglich. Die Integration der Produktionsdaten aus verschiedensten Quellen und Systemen gestaltet sich aufgrund deren Heterogenität jedoch oftmals als schwierig. Ein vielversprechender Ansatz zur Lösung dieser Problematik sind moderne Konzepte zur dynamischen Strukturierung dieser Produktionsdaten mittels Data-Lake-Konzepten.

Der Schatz im Datensee: Per Datenanalyse lässt sich neues, wertvolles Wissen über komplexe Systeme extrahieren.

Flexible Datenintegration mittels dynamischer Speicherkonzepte Die Methoden der Industrial Big Data beginnen dabei an der Stelle, an der klassische Datenbank- und Data-Warehousing-Technologien enden. Statische Extract-TransTobias Meisen form-Load (ETL) Prozesse gemäß dem Schema-on-Write-Ansatz (Die Struktur der Datensenke ist bereits vor Persistierung der Daten festgelegt) zur batchweisen Integration und Analyse von Daten werden zunehmend durch flexible Ansätze, z.B. Schema-on-Read, ersetzt. Diese Ansätze tragen dem Umstand Rechnung, dass die genaue Struktur der Daten im Vorhinein aufgrund ihrer Komplexität nicht bekannt ist. Die Folge sind sogenannte „Data Lake“-Strukturen, die dadurch charakterisiert sind, dass die exakte Struktur der Daten erst beim Auslesen selbiger definiert wird, und so dem Anwendungszweck dynamisch angepasst werden kann. Fallbeispiel: Data Lake-Umsetzungen in der Automobilindustrie Die Erschließung der Potenziale hinsichtlich Prozessverständnis, Automatisierung und Optimierung, die mit Industrial Big Data einhergehen, stellen zentrale Ziele dar, an deren Erreichung die deutsche Automobilindustrie als Vorreiter bereits aktiv arbeitet. Innerhalb mehrerer Projektvorhaben haben wir uns daher bereits der Frage angenommen, wie eine erfolgreiche Einführung und flächendeckende Nutzung von Data-Lake-Architekturen erfolgen kann. Dabei hat sich in allen Vorhaben gezeigt, dass die Umsetzung des sogenannten Distribution Layer, also derjenigen Schicht, die für die durchgängige Versorgung des Data Lake mit Daten aus den Quellsystemen verantwortlich ist, aufgrund ihrer ausgeprägten Heterogenität eine

der entscheidenden Herausforderungen darstellt. Aufgrund der Vielfältigkeit der Quellsysteme sowie fehlender Standards bei deren initialer Einführung sind individuelle Lösungen (Konnektoren für die Datenintegration) derzeit noch unumgänglich. Dabei zeigt sich jedoch, dass sich wiederkehrende Muster für den Datenabgriff identifizieren und nutzen lassen. Diese Muster lassen sich in Form konfigurierbarer Konnektoren generisch abbilden. Hierdurch wiederum ist es möglich, die Anbindung unterschiedlicher Datenquellen auf wenige Konnektor-Ansätze zu generalisieren, z. B. unter Berücksichtigung der Charakteristika standardisierter Datenbanksysteme (z. B. Oracle, IBM oder SAP). Dabei unterstützen die Konnektoren sowohl stream- wie auch batchbasierte (also Anlagen sowie Datenbank- und Dateisystem-orientierte) Datenquellen. Der derzeitig zum Einsatz kommende Technologie-Stack ist so ausgelegt, dass eventuell auftretende Netzausfälle, Überlastungssituationen oder allgemeine Probleme innerhalb der Big-Data-Infrastruktur flexibel ausgleichbar sind. Zentral innerhalb unseres Ansatzes ist die automatisierte Erstellung von Metadaten und hierauf basierend deren Nutzung zur Anreichung sämtlicher integrierter Informationen. Aufgrund der generischen Ausgestaltung der zum Einsatz kommenden Konnektoren und der Ableitung von Integrationsmustern war es in der Folge möglich, auf Basis der bestehenden Infrastruktur den Zeitaufwand für die Anbindung neuer Datenquellen systematisch auf wenige Stunden zu reduzieren.

Kontakt: Dr.-Ing. Max Hoffmann, MBA max.hoffmann@ima-zlw-ifu.rwth-aachen.de

Künstliche Intelligenz

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Intelligente Maschinen zur Fehlervermeidung Was Maschinen wahrnehmen und wie sie lernen, Probleme zu lösen

WI

ie würde die Welt wohl durch die Augen einer Maschine aussehen? Was nimmt sie wahr und wie entscheidet sie, wie sie sich zu verhalten hat? Mit diesen und vielen ähnlich spannenden Fragen beschäftigt sich die aktuelle Forschung im Bereich Künstlicher IntelliRichard Meyes genz (KI). Das Cybernetics Lab erforscht sowohl im Rahmen des Forschungsprojektes Cognition Enhanced Self-Optimization (CENSE 2.0) als auch zusammen mit seinen Partnern im Forschungsprojekt Biological Inspired Learning Processes for Machines in Production (BRAIN) des RWTH Exzellenzclusters für „Integrative ProduktionstechHasan Tercan nik für Hochlohnländer“ die Potentiale von sogenannten kognitiven Erweiterungen für Maschinen. Diese Erweiterungen ermöglichen es den Maschinen, eine Wahrnehmung ihrer Umgebung zu generieren, auf deren Basis sie eigene Entscheidungen treffen können. Intelligente Roboter im Projekt CENSE 2.0 Im Projekt CENSE 2.0 haucht das Cybernetics Lab einem SechsAchs-Industrieroboter Leben ein. Ausgestattet mit einem Kameraaufsatz und gesteuert durch KI-Algorithmen spielt der Roboter „Heißer Draht“. Er umfährt mit einem Ringaufsatz einen beliebig gebogenen Metalldraht von Anfang bis Ende ohne diesen zu berühren und benötigt für das Erlernen der korrekten Bahnkurve nur wenige Minuten. Die Methodik, mit der der Roboter sein Verhalten erlernt, Reinforcement Learning, ist inspiriert durch die Verhaltenspsychologie von Menschen und Tieren und basiert auf dem Trialand-Error Prinzip. Durch Interaktion mit der Umgebung werden Erfahrungen als unmittelbare Folge der ausgeführten Bewegungen gesammelt und bewertet. Auf diese Weise entsteht ein Erfahrungsschatz, der der Maschine erlaubt, ihr eigenes Verhalten zu bewerten und äußeren Umständen anzupassen. Dieser Erfahrungsschatz ist in einem neuronalen Netz gespeichert, das den zentralen Bestandteil der kognitiven Erweiterung des Roboters darstellt und für die Entscheidungsfindung seines Verhaltes verantwortlich ist. Das Netz verarbeitet sowohl die Eindrücke der Umgebung, die durch die Kamera geliefert werden, und bestimmt abhängig vom aktuellen Umgebungszustand, welche Aktion der Roboter ausführt. Das im neuronalen Netz entstandene Wissen erlaubt es dem Roboter, beliebig gebogene Drähte zu meistern, ohne diese explizit erlernt zu haben. Derartige kognitive Erweiterungen bieten eine hoch robuste Lösung für eine Vielzahl vergleichbarer Probleme im 30

Künstliche Intellligenz

Der CENSE 2.0 Demonstrator. Ein Sechs-Achs-Industrieroboter spielt „Heißer Draht“.

produktionstechnischen Kontext, wie beispielsweise das Planen von Schweißbahnen, das Auftragen von Kleberaupen oder das Fügen von biegeschlaffen Bauteilen. Intelligente Produktionsmaschinen im BRAIN Projekt Intelligente Maschinen, die selbstständig zukünftige Fehler vorhersagen oder eine fehlerhafte Planung des Produktionsprozesses erkennen, sind längst keine Utopien mehr, sondern Gegenstand der aktuellen Forschung im Projekt BRAIN. Die Notwendigkeit solcher Systeme lässt sich nicht von der Hand weisen, da die heutige Produktionswelt von stetig komplexer werdenden soziotechnischen und physikalischen Prozessen gekennzeichnet ist. Daher stellt sich die Frage, ob das Verständnis über diese Prozesse nicht von künstlicher Intelligenz geliefert werden kann, und das in kürzester Zeit. Neue Zusammenhänge lernen Im Gegensatz zum interaktionsbasierten Ansatz des Reinforcement Learnings, wie im Projekt CENSE 2.0, handelt es sich hierbei um datengetriebene KI-Algorithmen: sie lernen neue Zusammenhänge auf Basis von Beobachtungen, die aus den verschiedensten Quel-


len „wahrgenommen“ werden – beispielsweise mit Sensorik erfasster Realdaten im Prozess oder Simulationsdaten. Die gewonnenen Erkenntnisse der KI werden schließlich dem Nutzer zur Verfügung gestellt, damit dieser seine Prozesse verbessern oder zielgerichteter planen kann. Die finale Entscheidungsgewalt liegt daher stets beim Menschen. Vielfältige Anwendungsbereiche für Algorithmen der KI Seien es Prozesse zur Verarbeitung von Kunststoff oder zur Herstellung von Karosserieteilen eines Automobils - die Einsatzmöglichkeiten datengetriebener KI sind extrem vielfältig. Daher werden sie im Rahmen des Projekts in vier unterschiedlichen Anwendungsfällen sowohl mit Partnern aus dem Forschungsumfeld der RWTH Aachen University sowie mit zwei Partnern aus der Automobilindustrie unter Beweis gestellt. In einem dieser Anwendungsfälle wird beispielsweise das Warmwalzen von Stahl behandelt – ein von höchst unterschiedlichen Einflussfaktoren und Wechselwirkungen wie etwa Geschwindigkeit oder Material des Walzguts geprägter Prozess. Zur Identifikation dieser Zusammenhänge wird nun ein KI-gestütztes System eingesetzt. Mit dessen Hilfe wird es dem Ingenieur möglich sein, einzelne Walzdurchläufe so zu planen, dass er schließlich ein Stahlblech in der gewünschten Form energie- und kosteneffizient produziert.

Datenaufnahme Prozessüberwachung

BRAIN - Biological Inspired Learning Processes for Machines in Production Projektförderer: DFG Projektpartner BRAIN: Institut für Bildsame Formgebung (IBF), Lehrstuhl für Kunststoffverarbeitung (IKV), Lehr- und Forschungsgebiet für wissensbasierte Systeme (KBSG) (alle RWTH Aachen University) Opel AG, Audi AG Laufzeit: August 2016 - September 2017 Cense 2.0 - Cognition Enhanced Self-Optimization Laufzeit: Dezember 2017 - Dezember 2018 Kontakt: Richard Meyes, M.Sc. richard.meyes@ima-zlw-ifu.rwth-aachen.de Hasan Tercan, M.Sc. hasan.tercan@ima-zlw.ifu.rwth-aachen.de

Datenanalyse Vorhersage

Erkenntnis Handlung

Von realweltlichen Prozessdaten über prädiktive Datenanalyse zu neuen Erkenntnissen und Handlungsableitungen für die Prozessoptimierung.

Künstliche Intelligenz

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Gutenbergs revolutionäre Innovation: In 10 Jahren vom Reliquienspiegel zum Buchdruck.

Das Zeitalter hybrider Intelligenz beginnt Ein historischer Vergleich zwischen Gutenbergs Buchdruck und KI-Revolution

J

ohannes Gutenberg hat im Jahr 1450 angefangen, seine Vision zum Buchdruck umzusetzen. Er brauchte nur 10 Jahre, um von ersten „Buchstaben“, einem sogenannten Reliquienspiegel, zum Massenbuchdruck zu kommen. Weitere 10 Jahre später war Gesamteuropa übersät Klaus Henning mit Druckereien. Zuvor gab es weder den Papierdruck noch die Rotationsdruckmaschine. Man kannte den beweglichen Buchstaben noch nicht. Und nur 10 Jahre Entwicklungsdauer zum Massenbuchdruck muss für die damalige Zeit ein regelrechter Innovationsschock gewesen sein. Disruptive Innovationen sind also nichts Neues. Was waren die Erfolgsfaktoren von Gutenberg? Er war ein Mensch, der gegen den Zeitgeist gelebt hat. Er war ein richtiger Dickschädel und hat unglaublich viel Kapital in die Hand genommen, um seine Ziele zu verwirklichen. Dabei hat er auch viel riskiert: Er hat fast alles verpfändet, wie z.B. seine eigenen Lebensversicherungen. Die Idee war ihm wichtiger als sein eigener Profit. Und schließlich war Gutenberg verliebt in Skalierungen. Er war ein richtiger Produktionsingenieur. Außerdem hat er es verstanden, die Basisinnovation – den reproduzierbaren Buchstaben – zu erfinden, und für seine eigenen Zwecke, nutzbar zu machen. Das tragische – und das sollte uns eine Warnung sein: Seine eigene Heimatstadt Mainz wurde 20 Jahre später durch einen Krieg zerstört, bei dem zum ersten Mal massenhaft gedruckte Flugblätter verteilt wurden.

miteinander vernetzt. Die Entwicklung in diese Richtung ist schon länger angelaufen, aber mit dem Einzug von menschen-unabhängiger Intelligenz in diese vernetzten Systeme kommen wir in eine neue Dimension. Die Gegenstände und Objekte des täglichen Lebens, aber auch die Fahrzeuge und Gebäude bekommen auf der Basis riesiger sogenannter „Big Data Lakes“ ein eigenes Bewusstsein. Eine neue Dimension dabei ist, dass wir umgeben sind mit digitalen Agenten, Digital Twins und digitalen Schatten. Das fängt mit den zukünftigen Smartphones an, die zu intelligenten „persönlichen Agenten“ werden. Die neuesten Entwicklungen rund um das künstliche Bewusstsein haben schon in den letzten Jahrzehnten zu einem neuen Menschentyp geführt, den der holländische Wissenschaftler Win Veen den „Homo Zappiens“ nennt. Es entsteht ein neues Verständnis für Beziehungen zwischen Menschen und zu Maschinen. Es ist bereits Alltag, dass wir neue Formen von Networking haben und tagtägliche Routinen über große Distanzen hinweg, teilweise rund um diesen Globus, organisiert

Neue Dimension der Vernetzung Heute stehen wir vor einer ähnlich fundamentalen disruptiven technischen und gesellschaftlichen Innovation: Alles und jedes wird 32

Künstliche Intellligenz

Der Homo Zappiens lernt hochparallel und nichtlinear.


werden. Es ist bereits normal geworden, dass wir uns in weltweit verteilten virtuellen Arbeits- und Lebensumgebungen aufhalten. Die Systeme der künstlichen Intelligenz ermöglichen aber eine völlig neue Dimension der Kooperation zwischen Mensch und intelligenten Objekten. Das Zeitalter hybrider Intelligenz zwischen Menschen, Maschinen und den jeweiligen digitalen Schatten hat begonnen. Die Zeit der Vorherrschaft des Menschen über die von ihm geschaffenen Objekte geht zu Ende. Natürlich hat die Mensch-zu-MenschInteraktion auch in Zukunft eine ganz fundamentale Bedeutung – vielleicht noch eine größere als heute. Wir setzen uns zum Beispiel immer häufiger viel zu spät zusammen, um miteinander über die wichtigen Dinge zu reden. Und es ist sicher eine der größten „Unkulturen“ der letzten 20 Jahre, zu glauben, Mensch-zu-Mensch-Interaktion über E-Mails bewerkstelligen zu können. Vielmehr sollte man doch so manchen E-MailVerkehr verbieten und Menschen dazu zwingen, sich von Angesicht zu Angesicht – oder wenigstens per Skype – zu treffen, um einen Disput zu lösen. Alle technischen Objekte der realen Welt werden intelligent Die digitalen Schatten, die „digitale Haut“ wird ein dominanter Part von Technologie und menschlicher Identität werden und zwar sowohl in der Kommunikation zwischen Maschinen und Maschinen, zwischen Menschen und Menschen und zwischen Maschinen und Menschen. Es entsteht eine „Dynamik der digitalen Schatten“, die parallel abläuft und eine zunehmend hohe Intelligenz entwickeln kann. Das ist der eigentliche „Blitz“, der eingeschlagen hat: Langfristig gesehen werden alle technischen Objekte der realen Welt intelligent werden und Selbstbewusstsein sowie Selbstwahrnehmung entwickeln. Es wird einen lebenslangen Lernprozess dieser Objekte geben, die untereinander mit ihren technischen Partnern lernen, aber auch

mit den Menschen. Auch werden z.B. Fahrschulen für technische Objekte selbstverständlich werden. Diese allgegenwärtige und unauffällige Interaktion zwischen den digitalen Schatten von Technologie und Menschen wird alle Aspekte von Kommunikation dominieren. Erfolgsfaktoren menschlichen Handelns: Agilität, Vertrauen und Achtsamkeit Was sind die Erfolgsfaktoren für so eine nachhaltige digitale Transformation, die unter dem dominanten Faktor der künstlichen Intelligenz stattfindet? Es sind unter solch turbulenten Bedingungen die Faktoren Agilität, Vertrauen und Achtsamkeit. Jeder Faktor für sich ist notwendig für das Gelingen dieses Wandels. Agilität meint nicht nur die Anwendung von Scrum oder einer Methode der Software-Entwicklung, sondern dass die gesamte Struktur einer Organisation von der Entwicklung von Produkten und Dienstleistungen bis hin zu Verwaltungsstrukturen nach den Prinzipien der Agilität durchgeführt werden. Es braucht als zweites eine Kultur des Vertrauens – vertikal über Hierarchien und horizontal über Abteilungsgrenzen hinweg. Und es braucht Achtsamkeit – die Kunst, die ganze Komplexität und Dynamik (Dynaxity) wahrzunehmen und nicht zu verdrängen. Achtsamkeit ist aber dann erst eine Kunst, wenn man gelernt hat, diese Wahrnehmungen auszuhalten und nicht gleich in den Reflex zu verfallen, überstürzt etwas anzugehen.

Kontakt: Prof. Dr.-Ing. em. Klaus Henning klaus.henning@ima-zlw-ifu.rwth-aachen.de

Erfolgsfaktoren bei steigender Dynamik und Komplexität Künstliche Intelligenz

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Die digitale Transformation in der Automobilindustrie Ein Blick hinter die Kulissen

B

ereits 2015 sagte Dieter Kempf, ehemaliger Bitkom-Präsident, zum Auftakt der CeBIT in Hannover:

Tobias Meisen

Thomas Thiele

„Die Bewältigung des digitalen Wandels ist die wichtigste Managementaufgabe unserer Zeit. Verändert sich das Geschäftsmodell infolge der Digitalisierung, muss sich das Unternehmen anpassen oder es verschwindet früher oder später vom Markt.“

Ähnlich drückt sich Karl-Heinz Streibich, CEO der Software AG, aus: „Es werden nur noch digitale Unternehmen überleben – die analogen Unternehmen sterben alle aus!“ und fügt hinzu: „Die digitale Gesellschaft ist Fakt, wir sind mittendrin! – Der digitale Consumer ist heute Realität“. Einen Hinweis für den Wahrheitsgrad dieser Hypothesen liefert beispielsweise die Musikindustrie, die bereits 1999 mit dem AufMax Hoffmann

kommen von File-Sharing-Plattformen die schmerzliche Erfahrung machen musste, welche Auswirkungen die Digitalisierung von Medien und die Möglichkeit eines digitalen Austauschs über das Internet via Peer-to-Peer-Netzwerken, auf ihre Geschäftsmodelle hatte. Eine bekannte Softwarelösung der damaligen Zeit war Napster. Im Februar 2001 nutzten das Portal einem Artikel der „USA Today“ zufolge 80 Millionen Menschen. Das Ergebnis für die Musikindustrie: Umsatzrückgänge von 40% zwischen 2000 und 2010 und die Aufgabe, sich notwendigen Anpassungen ihrer Geschäftsmodelle aufgrund der Digitalisierung zu stellen. Seither ist die digitale Transformation in unserem alltäglichen Leben in nahezu sämtliche Bereiche vorgedrungen: Immer mehr Produkte und Dienstleistungen machen sich die fortschreitende digitale Vernetzung zunutze und sorgen für vielfältige Innovationen, insbesondere zum Nutzen der Endkonsumenten. Damit einhergehend entstehen zahlreiche Herausforderungen auf unterschiedlichsten Ebenen und in einer Vielzahl von Disziplinen: Soziologie und Psychologie sehen sich veränderten Gesellschaftsstrukturen und einem neuen sozialen Miteinander gegenüber. Die politische Kommunikation erfährt einen fundamentalen Wandel hin zu einem direkten Austausch zwischen Politikern und Bürgern. Die Integration der digitalen Medien in den politischen Alltag ist nicht zuletzt aufgrund ihrer immer augenfälligeren Relevanz und Schnelllebigkeit mittlerweile unumgänglich. Nicht zuletzt verändert die Digitalisierung auch die Art und Weise, wie Produkte entstehen und produziert werden, z.B. nach dem Prinzip „Losgröße 1“ – das Schlagwort hierfür: Industrie 4.0.

Digitale Technologien Internet und MP3-Verfahren, Peer-to-peer Technik

Reichweite 80 Millionen Menschen

Umsatzrückgang von 40% zwischen 2000 und 2010

Die Veränderung der Musikindustrie durch Napster. 34

Mensch-Maschine-Interaktion


Treiber der Digitalisierung

Zentrale Instanz als Treiber

Die Automobilindustrie stellt dabei einen entscheidenden Treiber der Digitalisierung innerhalb der deutschen Industrie dar. Nicht nur das Produkt verändert sich, z.B. aufgrund von Elektroantrieben und der voranschreitenden Einführung von Assistenzsystemen hin zum autonomen Fahren, auch die Produktion unterliegt einem grundlegenden Wandel. Diese Veränderungen sind vielfältig und adressieren nicht nur einzelne Prozessschritte, sondern betrachten ebenso

Die Automobilindustrie sieht sich bei der Umsetzung vielen Baustellen gegenüber, zumeist fehlt es jedoch an Strategien, die den richtigen Weg weisen. Ebenso fehlt es häufig an Experten im Konzern, die eine derartig revolutionäre Umstellung vorantreiben, fachlich begleiten und die unterschiedlichen Interessensgruppen hinter sich vereinen können. So verfolgen beispielsweise das strategische Management, die Arbeiterschaft und Betriebsräte oftmals gegenläu-

Von der Automatisierungspyramide zu einem flexiblen Netzwerk von Diensten.

den gesamten Prozess von der Teilefertigung über die Montage bis zur finalen Qualitätssicherung. Ein zentrales Ziel ist die Auflösung von Insellösungen, die im Rahmen der ersten Digitalisierungsphase in den Siebziger Jahren geschaffen wurden. Lag der Fokus hierbei auf der dezidierten Optimierung und Digitalisierung einzelner Prozessschritte und innerhalb von Abteilungsgrenzen, besteht das Ziel im Rahmen der jetzigen zweiten Phase der Digitalisierung hingegen in einer durchgängigen Vernetzung, insbesondere über die Grenzen einzelner Prozesse sowie Abteilungen hinaus. Die bestehenden hierarchischen Informations- und Kontrollflüsse müssen zu diesem Zweck aufgebrochen und durch ein flexibles, sich ständig veränderndes Netzwerk von Hardware- und Softwarediensten ersetzt werden. Durch eine derartige Umstrukturierung gelingt es, die gewünschte und notwendige Flexibilität von Produktionssystemen zu erreichen, um beispielsweise zukünftigen Anforderungen hinsichtlich Wandelbarkeit sowie einer individualisierten und adaptiven Produktion gerecht zu werden. Weiterführende Ziele dieses Vorhabens bestehen in einer Verschiebung der Grenzen derartiger Netzwerke hin zu einer werkübergreifenden Anbindung von Systemen der Planung und Steuerung, wie Enterprise Ressource Planning-(ERP-) oder Product Lifecycle-Management- (PLM-) Systeme. Gerade die Automobilfertigung ist durch derartig große Strukturen geprägt. Diese umfassen nicht nur ein Produktionssystem, sondern vielmehr mehrere Werke und beinhalten oftmals sogar mehrere Unternehmen. Eine durchgängige Informationserfassung fängt daher nicht erst beim Automobilhersteller an, sondern bei deren Zulieferern und erstreckt sich über den gesamten Lebenszyklus des Fahrzeugs.

fige Interessen, da sich der direkte Nutzen den einzelnen Gruppen nicht unbedingt direkt erschließt. Daher verwundert es wenig, dass bei den Herangehensweisen unterschiedlichste Ansätze zu beobachten sind. Eine Strategie liegt in der konsequenten Einführung digitaler Technologien und der folgerichtigen Vernetzung, wobei häufig an vielen Stellen gleichzeitig Veränderungen angestoßen werden, ohne eine Gesamtstrategie zu verfolgen. Infolgedessen werden nur weitere, zwar digitalisierte, aber nicht vernetzte Insellösungen geschaffen. An diesem Punkt knüpft eine zweite Strategie an, bei der eine zentrale Instanz eingesetzt wird, die für die Digitalisierungsbemühungen im Unternehmen und gegebenenfalls zusammen mit den Zulieferern zuständig ist: ein Arbeitskreis „Digitalisierung“ oder beispielsweise eine eigene, quer liegende Abteilung. Aufgrund der wahrgenommenen Bedeutung der Thematik durch die Mitarbeiter und des damit verbundenen hohen Renommees, das es innerhalb des Konzerns zu verdienen gilt, ist die Akzeptanz und der Wille zur Zusammenarbeit mit einer derartigen Abteilung jedoch selten gegeben. Enge Vernetzung durch Changemanagement Es bedarf daher mehr als weiterhin in alten Strukturen und Lösungsansätzen zu denken und sich auf die reine Einführung digitaler Technologien und einer durchgängigen Vernetzung zu forcieren. Ein entsprechendes, angepasstes Changemanagement, das Organisationskultur und -struktur berücksichtigt, ist parallel einzusetzen und zu etablieren, denn eine technologische Vernetzung von Insellösungen bedarf auch einer engen Vernetzung und Zusammen-

Mensch-Maschine-Interaktion

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arbeit der Abteilungen, um Prozesse, Dienste und Anforderungen zu verstehen und zu berücksichtigen. Der zu etablierende Veränderungsprozess macht auch vor den ITAbteilungen der Automobiler nicht halt. Lange Zeit als reiner Dienstleister verstanden, der für die Zuarbeit und die Arbeitssicherung kritischer Fachabteilungen zuständig ist und sich selbst sehr stark über den Einkauf von externen Dienstleistungen definiert, rückt die Informationstechnik in der digitalen Transformation immer stärker in den Fokus der Betrachtung. Dementsprechend wird es notwendig, die eigene IT als integrale Fachabteilung neu zu definieren und deren Vernetzung mit den produktionsnäheren Fachabteilungen auszubauen. Entsprechende Kompetenzen müssen innerhalb der Konzerne aufgebaut und in den Fachabteilungen etabliert werden. Eine derartige Aufstellung, nach innen wie nach außen, führt zu einer Generierung schnellerer Innovationen in der Produktion und dem Produkt bezüglich dem Einsatz der digitalen Technologien.

Eine Vielzahl von Projekten unterschiedlichen Umfangs wurden bereits initiiert und zeigen die Potentiale auf. Dabei versteht sich das Cybernetics Lab nicht als einfacher Dienstleister. Gemeinsam mit seinen Partnern ist es das Ziel, die Potentiale der zweiten Digitalisierungsphase zu erschließen, aufzubauen und Mitarbeiter zu qualifizieren. Trotz erster Erfolge zeigen sich immer noch Zurückhaltung und Skepsis hinsichtlich der anstehenden Veränderungen. Eine durchdringende Revolution innerhalb der Konzerne bleibt bisher aus, dabei wäre es längst an der Zeit, von einer evolutionären Herangehensweise zu einer revolutionären und umwälzenden Denkweise zu wechseln. So bleibt die Tür für Marktteilnehmer offen, mittels revolutionärer Herangehensweisen und Ideen die bestehenden Strukturen nachhaltig zu verändern und neue Wege zu gehen.

Revolutionäre Denkweise Die Automobilindustrie befindet sich – gewollt oder ungewollt – inmitten der digitalen Transformation ihrer Produkte und ihrer Produktion. Dabei haben die Konzerne begriffen, dass sie sich durch eine zurückhaltende, abwartende Strategie in Bezug auf die zweite Phase der Digitalisierung der Produktion in eine ungünstige Position rücken. Nach dem anfänglichen Zögern wurde die Notwendigkeit zur Veränderung und zur Akzeptanz der digitalen Transformation erkannt.

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Mensch-Maschine-Interaktion

Kontakt: Prof. Dr.-Ing. Tobias Meisen tobias.meisen@ima-zlw-ifu.rwth-aachen.de Dipl.-Ing. Thomas Thiele thomas.thiele@ima-zlw-ifu.rwth-aachen.de Dr.-Ing. Max Hoffmann max.hoffmann@ima-zlw-ifu.rwth-aachen.de


Real Lernen im virtuellen Raum Praxisnahe Gestaltung von produktionstechnischer Hochschullehre

DI

Valerie Stehling

Esther Borowski

er wirtschaftliche Strukturwandel im Zeitalter voranschreitender Digitalisierung und Automatisierung der Wertschöpfungskette erfordert zunehmend hoch qualifizierte Fachkräfte mit abgeschlossener Hochschulausbildung. Aufgrund der Dynamik des technologischen Fortschritts in der Produktionstechnik erwartet die produzierende Industrie von Hochschulabsolventen neben analytischen Fähigkeiten auch die sofortige Einsatzbereitschaft und Fähigkeit zur Beherrschung innerbetrieblicher Prozesse. Derzeit machen sich diese Entwicklungen besonders im deutschen Werkzeugbau bemerkbar. Dieser stellt einen Grundpfeiler der produzierenden Industrie dar, der die für die Serienproduktion notwendigen Werkzeuge und Formen herstellt. Die Branche ist sehr wissensintensiv und vom Ausbildungsgrad der Mitarbeiter abhängig, da die Werkzeuge in aller Regel Unikate sind.

immersiven Produktionsraum ermöglicht den Studierenden, neben den im ingenieurwissenschaftlichen Studium vermittelten theoretischen Grundlagen die praxisnahe Umsetzung zu erfahren. Dabei geht es der Produktionsraum auf die individuellen Lernziele der Studierenden ein und bildet den aktuellen Wissensstand abzubilden. Ein kontinuierlicher Lernprozess wird gewährleistet, da der Lernfortschritt gespeichert wird und jederzeit wieder aufrufbar ist. Die Studierenden erhalten an jeder Lernstation ein unmittelbares Lernfeedback und eine Beurteilung Ihrer Leistung sowohl in der realen als auch virtuellen Lernumgebung. Reale Werkzeugfertigung verknüpft mit virtueller Lernumgebung Zur zielgruppenadaptiven Gestaltung des Produktionsraums hat das ZLW über einen Mixed-Methods-Ansatz von qualitativen Interviews und einer quantitativen Studie Persona ermittelt. Diese Prototypen einer Gruppe von Nutzern bilden die Basis für die aktuelle Entwicklung der immersiven Lernumgebung. Gemeinsam mit den Konsortialpartnern wurde der immersive Produktionsraum konzipiert und wird ab 2019 den Studenten als Demonstrator zur Verfügung stehen.

Ingrid Isenhardt

Mixed-Reality im immersiven Produktions- raum

Um diesen Herausforderungen in der Hochschullehre zu begegnen, entwickelt das BMBF-geförderte Projekt „ImmPro“ einen modular gestaltbaren immersiven Produktionsraum, der die Prozesskette des Werkzeugbaus abbildet. Dieser immersive Produktionsraum ist ein physisch existierender Raum, der zusätzlich eine Mixed-Reality-Umgebung nutzt, um den Studierenden die theoretisch erlernten Inhalte sowohl virtuell als auch real erfahrbar zu machen. Unter Mixed-Reality-Umgebungen werden Systeme zusammengefasst, die die natürliche Wahrnehmung eines Nutzers mit einer künstlichen (computererzeugten) Wahrnehmung vermischen. Das Lernen im

ImmPro - Immersiver Produktionsraum Förderinstitution: BMBF Projektträger: VDI/VDE Innovation + Technik GmbH Konsortialpartner: WZL, DFA Demonstrationsfabrik Aachen GmbH, Meissner AG, i2solutions GmbH Laufzeit: Mai 2016 – April 2019 Kontakt: Dr. phil. Valerie Stehling valerie.stehling@ima-zlw-ifu.rwth-aachen.de Dr. rer. nat. Esther Borowski esther.borowski@ima-zlw-ifu.rwth-aachen.de

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Augmented Reality als rehabilitative Maßnahme Therapy Lens: Kognitive Fähigkeiten mit spezieller Datenbrille trainieren

KI

ognitive Störungen sind die häufigsten Folgen, unter denen Hirntrauma- oder Neurodegenerationspatienten leiden. Bisher können diese Funktionsstörungen nicht wirksam genug behandelt werden und hindern den Patienten, wieder ein eigenständiges Leben zu Anas Abdelrazeq führen. Das Projekt TherapyLens ermöglicht es Patienten, Alltagssituationen mit virtuellen Objekten, die in ihre reale Umgebung projiziert werden, zu simulieren. So können Betroffene schon früh mit therapeutischen Übungen beginnen, um ganz nach individuellem Schwierigkeitsgrad eine Rückkehr Mohammad Shehadeh in ihr Alltagsleben voranzutreiben. Durch das Microsoft HoloLens Augmented Reality (AR)-System werden Patienten in die Lage versetzt, mit virtueller Unterstützung alltägliche Aktivitäten im realen Leben durchzuführen. Diese Unterstützung wird durch Hologramme ermöglicht, die im Sichtfeld des Nutzers eingeblendet werden. Stefan Schröder Bei Unklarheiten können Patienten nachfragen, und erhalten durch die HoloLens visuelle Tipps zur Durchführung der Aufgabe. Eine Steuerung ist mittels Gesten und Sprachbefehlen möglich. In der aktuellen Phase des TherapyLens-

Ein Blick in die Teeküche: Ein Patient bereitet mit Hilfe der HoloLens Tee zu.

Projektes liegt der Fokus auf der Entwicklung eines Szenarios zur Teezubereitung. Das Szenario ist auf ältere Demenzpatienten ausgerichtet. Dies wird Patienten ermöglichen, durch eine flexible und virtuelle Hilfe ihrem Therapieplan besser zu folgen. Gleichzeitig wird die sonst notwendige vor-Ort-Überwachung durch medizinisches Fachpersonal reduziert, da ein klinisches Dashboard die von der Anwendung gesammelten Informationen im Zuge eines Remoteüberwachungssystems visuell darstellt.

Therapy Lens Förderinstitution: EIT/EU Projektträger: EIT Health Laufzeit: Januar 2017 - Dezember 2017 Kontakt: Anas Abdelrazeq, M.Sc. anas.abdelrazeq@ima-zlw-ifu.rwth-aachen.de www.therapylens.com Die virtuellen Objekte sind nur durch die HoloLens sichtbar. 38

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Intelligente Städte Von Smart Mobility bis zu Smart Living

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m Jahr 2008 lebten erstmals weltweit mehr Menschen in Städten als auf dem Land. Besonders hoch ist der Anteil der städtischen Bevölkerung in den Industriestaaten. So lebten 2010 in Westeuropa bereits 77 Prozent, in Nordamerika sogar 82,1 Prozent der Bevölkerung in Städten. Max Haberstroh Aber auch in anderen Regionen der Welt gehört die Urbanisierung zu den Megatrends des 21. Jahrhunderts. Nach Schätzungen von UN-HABITAT (United Nations Human Settlements Programme) wird der Anteil der urbanen Bevölkerung bis 2050 auf 70 Prozent steigen. Als zentraler Lebensraum des 21. JahrhunIngrid Isenhardt derts nehmen Städte eine herausragende Stellung in der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung der Staaten ein. Damit einher gehen eine ganze Reihe Herausforderungen und Chancen, denen immer mehr durch eine kontinuierliche technische, soziale und organisatorische Weiterentwicklung begegnet wird. Zentral ist dabei der Trend Städte Frank Hees „smart“ zu machen. Der Begriff Smart City ist dabei sehr lose definiert. Zentrales Element der meisten Definitionen sind moderne Informations- und Kommunikationstechnologien und das Bestreben die Lebensqualität der Bürger, die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit und die ökologische Nachhaltigkeit in den Städten zu steigern. Betroffen sind davon alle Bereiche des urbanen Miteinanders, also z.B. Smart Economy, Smart People, Smart Governance, Smart Mobility, Smart Environment, Smart Living etc.

Die Umsetzung einer Smart City ist dabei regional sehr unterschiedlich. Während insbesondere in Asien Großprojekte existieren, die sich mit dem kompletten Neubau intelligenter Städte beschäftigen, wie es z.B. in Fujisawa Sustainable Smart Town in Japan, New Songdo City in Südkorea oder Masdar City in den Vereinten Arabischen Emiraten der Fall ist, konzentriert man sich in den Ballungsräumen Europas und der USA auf die Ergänzung und den Ausbau der bestehenden, über Jahrhunderte gewachsenen, Infrastruktur. Getragen wird die Entwicklung von Smart Cities in beiden Fällen von technischen Entwicklungen wie dem Internet der Dinge und dem damit einhergehenden Aufkommen von Big Data, also der automatisierten Verarbeitung von großen, komplexen, schnelllebigen und häufig schwach strukturierten Datenmengen, sowie der nutzergerechten Informationsvisualisierung. Für letztere kommen zunehmend Technologien aus dem Bereich der Augmented bzw. Virtual Reality zum Einsatz. Neue Smart City Projekte am Cybernetics Lab Auch am Cybernetics Lab IMA/ZLW & IfU laufen derzeit zahlreiche Projekte, die sich unter dem Oberbegriff Smart City zusammenfassen lassen. Die Anwendungsgebiete sind dabei vielfältig und betreffen u.a. Mobilität und Logistik, (Urbane) Produktion, eHealth, die Zukunft von Arbeit, Aus- und Weiterbildung sowie die intelligentere Gestaltung des Einzelhandels. Im Projekt „Individueller Luftverkehr zwischen Ballungsräumen“ (IndiLuV) steht beispielsweise die Entwicklung eines tragfähigen Gesamtkonzepts für eine automatisierte, individuelle und bedarfsgerechte Personenluftfahrt im Fokus. Gemeinsam mit weiteren Partnern aus der RWTH Aachen University wird in dem Projekt die sozio-technologische Umsetzung von automatisierten, elektrisch Internet der Dinge

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angetriebenen Kleinflugzeugen für den individuellen Personentransport untersucht. Im Rahmen des ebenfalls neu gestarteten Projekts „Shopping Lab“ beteiligt sich das Cybernetics Lab daran, den Einzelhandel in Aachen fit für die Digitalisierung zu machen. Gemeinsam mit der Wirtschaftsförderung der Stadt Aachen, dem M2C Lab der Fachhochschule Aachen, dem Institut für Werkzeuglose Fertigung GmbH (IwF GmbH) und der AixHibit GmbH wird dem Aachener Einzelhandel neben der Möglichkeit zur Erprobung neuer Technologien Unterstützung bei der Entwicklung digitaler Geschäftsmodelle geboten. Zusätzlich entsteht eine App, die auch kleineren Geschäften die Möglichkeit bieten wird, ihre Ware digital anzubieten. Inter- und Transdisziplinarität als Erfolgsschlüssel Diese Beispiele verdeutlichen, dass die Lösungen genauso vielfältig ausfallen wie die Herausforderungen und Chancen, die die Urbanisierung und Digitalisierung mit sich bringen. Da die Heraus-

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Internet der Dinge

forderungen nicht nur auf technischer, sondern auch auf sozialer und organisatorischer Ebene liegen, muss an die Entwicklung von Lösungen interdisziplinär herangegangen werden. Neben der Zusammenarbeit unterschiedlicher Disziplinen gehört dazu auch die Integration von Akteuren aus Wirtschaft und öffentlicher Hand sowie natürlich der eigentlichen Nutzer. Gerade da die Anforderungen in der Regel die Möglichkeiten einzelner Städte, sowohl im Hinblick auf das technische Know-How als auch auf die finanziellen, rechtlichen und organisatorischen Rahmenbedingungen übersteigt, ist die Entwicklung intelligenter Städte auf eine Kooperation zwischen Verwaltung, Wirtschaft und Wissenschaft angewiesen.

Kontakt: Dr. phil. Max Haberstroh max.haberstroh@ima-zlw-ifu.rwth-aachen.de


Lebensmittelhandel im digitalen Wandel Lokaler eCommerce: Bei „smart emma“ per Mausklick einkaufen

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er Anteil der Lebensmittel beim Onlinehandel beträgt bisher lediglich ein Prozent – ein Markt mit enormen Wachstumspotenzial. Der Bundesverband des Deutschen Lebensmittelhandels (BVLH) rechnet bis 2025 mit einem Sarah Güsken Marktanteil von fünf Prozent. Damit steht der lokale Einzelhandel nicht nur durch die Konkurrenz der Discounter, sondern zunehmend auch durch den Onlinehandel unter Druck. Gleichzeitig muss er sich im demographischen Wandel positionieren. Dort setzt das regionale Forschungsprojekt „smart emma“ an. ZenAnas Abdelrazeq trales Konzept des Projekts ist der Aufbau einer regionalen Lebensmittel-Online-Shopping-Plattform. Verbraucher sollen aus einem Pool von Lebensmittelangeboten unterschiedlicher Händler ihren individuellen Warenkorb zusammenstellen und die Ware per umweltfreundlichem Lastenfahrrad zum gewünschten Lieferort zu einer Stephan Printz gewünschten Uhrzeit bestellen können. Seit Entstehung dieser Idee mit zunächst fünf Lebensmitteleinzelhändlern, hat sich der Pool der „smart emma“-Händler auf mittlerweile 23 erweitert. Damit bietet sich die Möglichkeit, die Vernetzung und Auslieferung sowie die Lebensmittelauswahl für den Konsumenten über die Plattform realistisch zu simulieren. Produktfrische und Benutzerfreundlichkeit Um sowohl für Konsumenten als auch für Händler eine Plattform zu gestalten, wurden Anforderungen der Nutzergruppen erfasst. Bei einem User-Workshop wurden Konsumentenbedürfnisse erfasst, ebenso wurden leitfadengestützte Interviews mit den am Projekt teilnehmenden Händlern geführt. Während potentiellen Konsumenten besonders die Produktfrische, das Vertrauen in den Händler und die unkomplizierte Bezahlung beim Online-Einkauf wichtig sind, wünschen sich Händler insbesondere, dass neben dem Erhalt der Qualität Ihrer Waren, Feedback und Reklamationen kundenfreundlich online abgewickelt werden können. Gleichzeitig schreitet auch die technische Umsetzung voran: Die automatisierte Auftragsübermittlung von der Plattform zur Logistik wurde erfolgreich defniert. Bei einem Bestellvorgang kann nun die Lieferung automatisch in Auftrag gegeben werden. Der nächste Schritt besteht in der Definition der Schnittstelle zwischen Business Intelligence und Shopping-Modul.

Sarah Güsken präsentiert „smart emma“ auf der CeBit 2017.

Im nächsten Jahr folgen erste Testläufe, bei denen Test-Kunden simulierte Bestellungen aufgeben und über Handhabung und Komfort des Prototypen Feedback geben. „smart emma“ auf der CeBIT „smart emma“ ist gefragt: Im letzten Jahr hat das Team das Projekt bei mehr als zehn externen Veranstaltungen in und außerhalb Aachens vorgestellt. Besonders die Digitalisierung kleiner Einzelhändler und die klimaneutrale Lieferung per Lastenfahrrad begeistern. „smart emma“ ist ein Beispiel für eine faire, werteorientierte Gestaltung des digitalen Wandels. So stellte Sarah Güsken das Projekt beim 3. Dialogforum des Bistums Aachen vor. Auch bei der diesjährigen CeBIT, der weltweit größten Messe für Informationstechnik in Hannover, war smart emma im Rahmen der Vortragsreihe „Fresh Ideas from NRW“ des CPS.Hubs NRW vertreten.

smart emma Förderinstitution: OP EFRE.NRW & EU Projektträger: Jülich Kooperationspartner: neomesh GmbH, TeleRetail GmbH Laufzeit: Juli 2016 – Juni 2019 Kontakt: Sarah Güsken, M.Sc. sarah.guesken@ima-zlw-ifu.rwth-aachen.de Anas Abdelrazeq, M.Sc. anas.abdelrazeq@ima-zlw-ifu.rwth-aachen.de Dr. Ing. Stephan Printz stephan.printz@ima-zlw-ifu.rwth-aachen.de www.smartemma.de

Internet der Dinge

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Urbane Produktion in Aachen In MIA-Zukunftswerkstätten neue Konzepte entwickeln

PI Sebastian Stiehm

Leonard Simons

roduktionshallen in der Stadt – was zunächst nach einem Widerspruch klingt, entpuppt sich bei näherer Betrachtung als ein Trend, dem immer mehr Unternehmen Bedeutung beimessen. Doch welche Chancen und Herausforderungen birgt eigentlich urbane Produktion? Dieser und anderen Fragestellungen widmeten sich die Teilnehmer der Zukunftswerkstätten, die im Rahmen des Forschungsprojekts „Made in Aachen“, kurz MIA, stattgefunden haben. Zu den folgenden Themenschwerpunkten wurden zusammen mit den Verbundpartnern insgesamt drei Veranstaltungen ausgerichtet.

Die urbane Fabrik In passender Atmosphäre fand die erste Veranstaltung zum Thema „urbane Fabrik“ im ehemaligen Stadtbad von Aachen statt. Angelehnt an die Leitfrage „Wie sieht die Produktionsstätte der Zukunft aus?“ wurden verschiedene Prototypen urbaner Fabriken erarbeitet und vorgestellt. Ein direkter Bezug der Entwürfe zu verschiedenen Kriterien wurde dabei vorausgesetzt. Dazu gehörten beispielsweise die Integration des Produktionsgebäudes in das Stadtbild. Gleichzeitig wurden vor allem Prozess- und Fertigungsstrukturen sowie geeignete Produkte und Geschäftsmodelle betrachtet. Produktion und Nachbarschaft In einer zweiten Zukunftswerkstatt im Depot Aachen zum Thema „Produktion & Nachbarschaft“ wurde der Fokus von der Fabrik selbst auf die nähere Umgebung erweitert. Zur zentralen Fragestellung „Welche Synergien und Mischungen sind denkbar?“ wurden Ansätze der Integration von Produktion in das direkte Umfeld diskutiert. Verträglichkeit bezüglich Emissionen wurden genauso thematisiert wie das Verhältnis zu Nachbarschaft, Wohnen, Freizeitaktivitäten und Kultur. In einem Planspiel wurden die Ansätze und Ideen auf die Referenzräume Aachen-Nord und Campus West übertragen. Infrastruktur und Mobilität Abgeschlossen wird die Veranstaltungsreihe mit der dritten Zukunftswerkstatt zum Thema „Infrastruktur & Mobilität“. Unter der Leitfrage „Welche Ansprüche stellen urbane Produktion und Stadt aneinander?“ wird die Rolle urbaner Produktion nun im Kontext einer Smart City beleuchtet. Neben der Entwicklung innovativer 42

Internet der Dinge

Intensive Arbeitsphase während einer Zukunftswerkstatt im Depot Aachen.

Logistikkonzepte stand vor allem das Thema Mobilität im Fokus der Diskussionen. Detailliertere Ergebnisse der Zukunftswerkstätten sind nach Abschluss des Arbeitspakets im zweiten Quartal 2018 auf der Projektwebseite als Expertise abrufbar. MIA – Made in Aachen Förderinstitution: BMBF Projektträger: DLR Projektträger Projektpartner: Fachbereich Wirtschaft, Wissenschaft und Europa der Stadt Aachen, WZL, Lehrstuhl für Wirtschaftsgeographie und Lehrstuhl für Planungstheorie und Stadtentwicklung (alle 3 RWTH Aachen University) Laufzeit: August 2016 – Juli 2019 Kontakt: Dr. rer. nat. Sebastian Stiehm sebastian.stiehm@ima-zlw-ifu.rwth-aachen.de www.urbaneproduktion.de


Schlüsseltrends der Transportlogistik Marktanalyse: Die Branche nutzt nur 37% ihres Digitalisierungspotentials

„J Alexia Fenollar Solvay

eder und alles ist vernetzt, immer und überall – das ist 4.0,“ charakterisiert Prof. Sabina Jeschke mit einem knackigen Satz die vierte industrielle Revolution. Ob diese Revolution in der Transportlogistikbranche angekommen ist, haben wir uns vor zwei Jahren gefragt und beantworten dies nun mit der kürzlich erschienenen Studie „Alles 4.0 oder doch nur Hype? Schlüsseltrends der Transportlogistik“. Relevante Begriffe für die Logistik 4.0.

Umfangreiche qualitative und quantitative Marktanalyse Max Hoffmann

Die erfolgreiche Zusammenarbeit von der Transporeon Group und dem Cybernetics Lab trägt neue Früchte. Die Studie ist im Oktober 2017 veröffentlich worden und analysiert den Einzug der 4.0-Entwicklungen in die Transportlogistikbranche unter Beachtung aktueller Megatrends und Handlungsfelder. Die Studie präsentiert die Ergebnisse der internationalen Kampagne zur Bewertung des aktuellen digitalen Status der Transportlogistikbranche. Über 1.300 Teilnehmer, vorwiegend Verlader und Logistikdienstleister aus mehr als 10 europäischen Ländern, haben mit dem „Logistics 4.0 Maturity Benchmark Tool“ ihre Transportlogistikprozesse auf den Prüfstand gestellt. Die Analysen orientieren sich an den erforderlichen Kompetenzen einer zukunftsorientierten Logistik: Digitalisierung, Netzwerkkollaboration, Service-Level-Erweiterung, Grüne Logistik und nachhaltiger Transport sowie Automatisierung. Lediglich 9 % aller teilnehmenden Unternehmen wickeln transportrelevante Dokumente bereits heute vollständig digital ab.

Die Ergebnisse sprechen für sich, aber wie lässt sich für Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt eine zukunftsweisende Transportlogistik nachhaltig realisieren? Wer ist dabei alles gefragt? Die wenigsten arbeiten vollständig digital Darüber gibt die Studie detailliert und praxisorientiert Auskunft, indem die Dimensionen einer Logistik 4.0 ausführlich beschrieben werden. Der Digitalisierungsgrad der befragten deutschen Unternehmen liegt durchschnittlich bei 37,5%. Das bildet die Grundlage für eine moderne Transportlogistik, zusammen mit einer verstärkten Vernetzung zwischen Unternehmen über die gesamte Logistikkette hinweg. In Zukunft werden Transportvorgänge über die Nutzung von cloudbasierten intelligenten Netzwerken oder Lösungen hinsichtlich mehr Transparenz der Daten und Informationen in Echtzeit analysiert und können so analog zu einer Industrie 4.0-Fertigung in Echtzeit adaptiert und optimiert werden. Ein weiteres eindeutiges Ergebnis der Studie: Logistik 4.0 muss ein Hauptanliegen der Entscheider in Industrie und Wirtschaft werden. Nur wer die hiermit verbundenen Herausforderungen über die industriellen Produktionen hinaus über die gesamte digitalisierte Wertschöpfungskette annimmt, kann die Chancen neuer, vielversprechender technologischer Trends in vollem Umfang nutzen und ökonomisch materialisieren.

Logistics 4.0 Maturity Benchmark Tool Kooperationspartner: Transporeon Group Laufzeit: November 2015 – Oktober 2017

Im Durchschnitt führen nur 18% der befragten Unternehmen ihre strategische Transportplanung automatisert durch. Dabei setzen 54% auf das erfahrungsbasierte Wissen einzelner Mitarbeiter.

Kontakt: Alexia Fenollar Solvay, Ing. Industrial alexia.fenollar@ima-zlw-ifu.rwth-aachen.de www.smarte-logistik.de

Agile Entwicklung

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Industrie 4.0: Transformation managen Die Mitarbeiter zu digitalen Performern entwickeln

I

ndustrie 4.0 ist in aller Munde: Ein staatlich initiiertes Zukunftskonzept, das die Konzerne wie auch KMUs fordert und fördert. Gedacht wird es von vielen Praktikern als technische Realisierung einer vernetzten, vollautomatisierten und intelligenten Produktion. Verraten sei: „Technisch René Vossen werden wir alles lösen und realisieren, der blinde Fleck ist das Nachziehen der Menschen und der gesamten Organisation!“ In Anlehnung an Dan Arielys Tweet zum Thema Big Data könnte man die heutigen Digitalisierungsbestrebungen vieler Unternehmen mit einem kleinen Schmunzeln folgendermaßen beschreiben: „[It] is like Stefan Pillen teenage sex: everyone talks about it, nobody really knows how to do it, everyone thinks everyone else is doing it, so everyone claims they are doing it.“ Doch wo steht Deutschland mit seiner „Jahrhundertchance“ und dem revolutionären Veränderungsprozess hin zur vollvernetzten, intelligenten Industrie? Das Bundesministerium für Bildung und Forschung titelt auf seiner Website zum Projekt „Industrie 4.0“ mit „Die Wirtschaft steht an der Schwelle zur vierten industriellen Revolution.“ Auf der Website der Plattform Industrie 4.0 sind wir laut Wirtschaftsministerin Zypries „das Industrie 4.0-Land Nr. 1 in der Welt“ und in einer Pressemitteilung zur Hannover Messe vom 25. April 2017 ist dort zu lesen: „Industrie 4.0 ist in vielen deutschen Unternehmen und gerade auch im produzierenden Mittelstand angekommen.“ Doch ist sie das?

ment, modernste Automatisierungsszenarien und autonome MultiAgenten-Systeme wurden nicht zuletzt durch unser Haus weiter mit vorangetrieben. Die Entwicklungsbestrebungen zu den benötigten Technologien und Standards für eine vernetzte Produktion laufen also auf Hochtouren und tragen bereits Früchte. Eine Revolution, als ein grundlegender, oft abrupter, manchmal gewaltvoller Akt der Veränderung, hat immer auch eine menschliche, emotionale Seite. Und auf dieser steht ein Produktionsfaktor, um den es in den Statements zu den aktuellen Errungenschaften bisher eher still blieb. Dieser Faktor, der zum einen Teil durch hocheffizient vernetzte Produktionssysteme ersetzt werden wird und gleichzeitig eben diese Systeme begreifen, bedienen und beherrschen soll, ist der Mensch.

„Wenn der Fortschritt zu schnell ist und der Mensch nicht in dem Prozess eingebunden wird, hängen wir ihn ab, dann wird die Revolution keine Akzeptanz bei den Mitarbeitern finden.“ Professor ten Hompel, TU Dortmund

Transformationsmanagement 4.0 Planung

Erste Realisierungen und Erfolge In der Tat wurden auf dem Weg in eine Industrie 4.0 schon etliche Hürden genommen. So wurde beispielsweise das von der Plattform Industrie 4.0 mitentwickelte Referenzarchitekturmodell RAMI 4.0 bereits durch internationale Standardisierungsorganisationen als Vornorm anerkannt. Dies ebnet den Weg für standardisierte Schnittstellen, welche eine reibungslose Maschine-Maschine Kommunikation auch zwischen Maschinen verschiedener Hersteller gewährleisten. Auch beim Schlüsselthema Datensicherheit wurden in einer Kooperation internationaler Digitalisierungsinitiativen gemeinsam mit dem Industrial Internet Consortium IIC bereits Ergebnisse erzielt. Auf der Hannover Messe wurde die „Interoperable Trustworthy Security Solution“ im Rahmen des „Industrial Internet Security Framework“ vorgestellt, welche aufzeigt, wie trotz unterschiedlichster internationaler Sicherheitsumfelder ein sicherer Datentransfer auch über Unternehmens- und Landesgrenzen hinweg funktionieren kann. Auch innovatives Informationsmanage44

Agile Entwicklung

Kommunikation

Vision Umwelt Input

Evaluation

Realisierung

Strategie Ziele

Screening

Motivation Qualifizierung

Analyse

Interpretation

Kontinuierlicher Abgleich

Kontinuierliche Mitarbeiterbeteiligung

Top-down Bottom-up Change Management

Organisationsentwicklung

Prozessschaubild für Transformationsmanagement.

System Output


Während eine Revolution mit der Akzeptanz und dem Enthusiasmus derer steht und fällt, die daran beteiligt sind, wird bisher der größte Teil der Mittel in die Entwicklung technischer Systeme investiert.

„Akzeptanz wächst vor allem aus Kenntnis. Wenn der Mensch soweit qualifiziert ist, dass er das versteht, was in seiner Fabrik vorgeht, dann akzeptiert er das auch.“ Dr. Klaus Mittelbach, Geschäftsführer des Zentralverbandes Elektrotechnik- und Elektronikindustrie.

Um eine digitale Transformation weiter voranzutreiben und eine nachhaltige Durchdringung in der Wirtschaft zu erzielen, ist neben den technischen Voraussetzungen gleichsam eine disruptive Transformation der Organisation vonnöten. Im Spektrum des Themenkomplexes Industrie 4.0 eröffnet sich damit ein weites und gleichzeitig hochaktuelles Forschungsfeld, dessen Thematik prägnant folgende Fragestellung adressiert: Wie schaffen wir es, Mitarbeitende möglichst frühzeitig so in die Digitalisierungsbestrebungen einzubinden, dass sie die Notwendigkeit zur Veränderung verstehen, akzeptieren und schließlich die Transformation mittragen und aktiv mitgestalten? Hierzu ist es essenziell, auf diejenigen Menschen zu fokussieren, deren tägliche Arbeit sich durch die Digitalisierungsmaßnahmen in erheblichem Maße verändern wird und diese im Rahmen der Transformation abzuholen und zu „digitalen Performern“ zu entwickeln. Ein zielgerichtetes Transformationsmanagement initiiert hierbei einen Changemanagement-Prozess, der die organisationale Wandlung auf allen soziotechnischen Ebenen (Mensch, Organisation und Technik) miteinbezieht. Hierbei ist eine parallele, oft auch rekursive Erarbeitung nur mit Hilfe von initialen top-down hin zu kooperativen bottom-up Prozessen notwendig. Das Ziel ist die kontinuierliche Beteiligung aller Mitarbeitenden um die Durchdringung zu gewährleisten. Die im folgenden beschriebenen Phasen sollten daher nicht als ein stringent verlaufender Vorgang betrachtet werden, da es immer wieder zu Rückkopplungen untereinander kommt. Letztlich stellt der gesamte Transformationsprozess einen sich iterativ optimierenden rekursiven Regelkreis dar.

„Wer nicht weiß, wo er hin will, darf sich nicht wundern, wenn er woanders ankommt.“ Mark Twain

Die Planungsphase, die den initialen Schritt der Transformation darstellt, ist besonders durch strategische Fragestellungen geprägt. Eine detaillierte Auseinandersetzung mit dem Status Quo im direk-

ten Vergleich zu den digitalen Zielen der Organisation deckt Veränderungsbedarfe auf. Diese stellen den Ausgangspunkt für die Entwicklung einer Zukunftsvision auf Top-Management-Ebene und auf Unternehmensebene dar. Ihre volle Wirkung erzielt die Vision dann, wenn sie neben einer nachvollziehbaren Beschreibung der Beweggründe allen Mitarbeitenden effektiv vermittelt wird. Sie dient so zur Identifikation und Motivation und gleichzeitig als Orientierungshilfe für jeden Mitarbeitenden. Auch wenn die konkreten Auswirkungen auf die Abläufe und Strukturen noch nicht absehbar sind, agieren Führungskräfte als Multiplikatoren zum Transport der Vision, um Rückfragen aufzufangen und die Belegschaft auch in dieser frühen Phase einzubeziehen. Auf Grundlage der Vision wird eine valide Strategie erarbeitet, an der sich die Gestaltung einer Roadmap mit Meilensteinen und konkreten Zielen ableitet. Ebene für Ebene werden die Gesamtziele top-down bis in fachliche Individualziele heruntergebrochen und auf die Personen aufgeteilt. Diese Individualziele summieren sich zum Gesamtziel des Unternehmens auf, sodass alle Mitarbeitenden aktiv zur Erreichung der Vision beitragen.

„Nichts in der Geschichte des Lebens ist beständiger als der Wandel.“ Charles Darwin

Grundlage für Erfolge in der Realisierungsphase ist die Etablierung einer offenen Kommunikationspolitik nach innen und außen, welche einen multidirektionalen Informationsfluss über alle Hierarchieebenen hinweg ermöglicht. Durch eine transparente, nachvollziehbare Darstellung der Ergebnisse aus der Planungsphase lässt sich die Notwendigkeit eines Wandels leicht nachvollziehen und die Zukunftsvision als Leitbild manifestieren. Je besser die Mitarbeitenden informiert sind, desto weniger verbreiten sich Zweifel und Unsicherheiten, desto greifbarer ist das Motiv des Wandels und desto eher werden Betroffene zu Beteiligten. Die Motivation und der Leistungswille dieser Menschen stellt die Grundlage für eine fruchtbare Arbeit dar. Um die Motivation der eigenen Belegschaft richtig Agile Entwicklung

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einschätzen und entsprechend fördern zu können, ist es essenziell zu wissen, welche Bedürfnisse und Ängste diese haben. Grundsätzlich brauchen Menschen daher Ziele, die diese Bedürfnisse ansprechen und Ängste nehmen. Werden neben den fachlichen Zielen, die während der Planungsphase festgelegt wurden, auch individuelle Ziele vereinbart, die die persönliche Entwicklung der Mitarbeitenden berücksichtigen, kann dies eine nachhaltige Motivation bewirken. Dies gelingt allerdings nur dann, wenn die Ziele im Einklang mit dem Wertesystem und der Unternehmenskultur der Organisation stehen und von den obersten Hierarchieebenen an aktiv vorgelebt und gefördert werden. Zur erfolgreichen Umsetzung der Vision kann es also nötig sein, bestehende Wertvorstellungen und Strukturen aufzubrechen oder umzuformen. Zur Unterstützung eines Wertewandels bedarf es eines ständigen Abgleichs der gelebten und der gewünschten Leitbilder, Regularien, Führungswerkzeuge und gegebenenfalls auch lang etablierter Hierarchiestrukturen. Im Hinblick auf die Digitalisierung besteht kein Zweifel, dass Skepsis gegenüber Veränderungen, Verunsicherung über die Zukunft des eigenen Arbeitsplatzes oder die Angst vor der Redundanz der eigenen Arbeitskraft echte Motivationskiller sind. Dabei erleichtert die Digitalisierung aber oft Prozesse der Mitarbeitenden: schwere, komplexe Tätigkeiten können vielfach vereinfacht und beschleunigt werden. Letztlich funktioniert all dies nicht ohne nachhaltige, zum Teil disruptive Veränderung. Und dies ist den Menschen als „Gewohnheitstieren“ in ihrem tiefsten Innern zuwider. Die Angst vor Veränderungen hemmt, demotiviert und wiegt meist stärker als die positiven Aussichten, die mit diesen einhergehen. Hier ist der größte Handlungsbedarf in einer strategischen Unternehmenstransformation. Zur Erreichung einer nachhaltigen Veränderung stellt schließlich die adaptive Qualifizierung der Mitarbeitenden den letzten Baustein der Realisierungsphase dar. Die individuelle Ermittlung von Qualifizierungsbedarfen durch Vergleich von Ist- und Soll-Kompetenzen fußt auf der abgeschlossenen Allokation fachlicher Ziele. Denn erst wenn die genauen Anforderungen an die Mitarbeitenden erschlossen sind, kann eine zielgerichtete und bedarfsgerechte Qualifizierung erfolgen. Es bedarf sowohl einer Analyse der konkreten Anforderungen als auch einer Priorisierung dieser in Bezug auf die Bedeutung für die Umsetzung des gesamten Veränderungsprozesses. Mittels kognitiver, emotionaler und verhaltensbezogener Lernmethoden gilt es dann, erforderliche Kompetenzen zu entwickeln. Die Qualifizierung stellt hierbei einen kontinuierlichen Prozess des

Wissens- und Fähigkeitenerwerbs dar und kein einmaliges Ereignis. Zusammenfassend bedarf es also eines wohlgeplanten Konzeptes, um die Belegschaft durch Kommunikation, Motivation und Qualifizierung nachhaltig 4.0-tauglich zu machen.

„Der Weg ist das Ziel.“ Konfuzius

Den letzten Baustein der Transformation bildet die Evaluation des Veränderungsprozesses. Sie begleitet kontinuierlich alle Phasen des Prozesses. Von der Mitarbeitendenebene bis ins Management werden relevante Faktoren gemessen und durch Soll/ Ist-Vergleiche überwacht. So können beispielsweise Vorbehalte oder Demotivationsfaktoren einzelner Mitarbeiter genau so frühzeitig erkannt und diskutiert werden, wie Zielabweichungen von Abteilungen oder die Stimmung der gesamten Organisation. Das ständige Screening, die Analyse und die Interpretation aller Vorgänge der Transformation stellt einen integralen Bestandteil der Methodik dar und sichert die Zielerreichung durch ständiges Feedback ab. Mit einem Transformationsmanagement auf technischer, sozialer und organisationaler Ebene solle die Umsetzung der Industrie 4.0 zu einem ganzheitlichen Erfolg führen. Das Cybernetics Lab behandelt neben zahlreichen informatisch technischen Fragestellungen zum Thema 4.0 auch die Gestaltung effektiver Veränderungsprozesse unter Berücksichtigung neuester Erkenntnisse des Changemanagements und der Organisationsentwicklung und trägt so interdisziplinär zum Übergang in eine Industrie 4.0 bei.

Kontakt: Dr. rer. nat. René Vossen rene.vossen@ima-zlw-ifu.rwth-aachen.de

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Agile Entwicklung


Digitale und virtuelle Lernkulturen im Produktionssektor Startschuss für die Kompetenzentwicklung 4.0

U

Lana Plumanns

Nina Schiffeler

m mit den fortlaufenden technologischen Innovationen der Industrie 4.0 Schritt halten zu können, investieren produzierende Unternehmen seit Jahren zunehmend in die Mitarbeiterentwicklung. Digitale Kompetenzentwicklung ist diesbezüglich der Hoffnungsträger der Personalentwicklung der Zukunft. Nicht der Lehrer, das Medium oder etwa das Curriculum stehen im Mittelpunkt neuer Lernkulturen, sondern der Lerner selbst steht im Fokus der digitalen Kompetenzentwicklung. Eine ganzheitliche strategische Neuausrichtung der Mitarbeiterentwicklung kann somit die Wettbewerbsfähigkeit im Kontext der Industrie 4.0 nachhaltig sichern. Mit arbeitsbezogenen Kompetenzen zum Erfolg

Durch die Kooperation zwischen dem Institut für Unternehmenskybernetik (IfU) mit dem Zentrum für Lern-und WissensRené Vossen management (ZLW) der RWTH Aachen University werden neue Vorgehensmodelle entwickelt, um die Förderung einer digitalen Lernkultur und größere Stärkung von Medienkompetenz der Unternehmen Daimler, Garlock und 3win voranzutreiben. Am 29. Juni fand mit dem Kick-Off des BMBF geförderten Projekts „Digitale und virtuelle Ingrid Isenhardt Lernkulturen in Organisationen des Produktionssektors“, kurz d:v:lop, der Startschuss in eine neue Ära der arbeitsbezogenen Kompetenzentwicklung durch den Aufbau neuer Lernkulturen statt. Ausgehend von einer konkreten Bedarfsanalyse bei den beteiligten Partnern wurden die ersten Komponenten einer modernen digitalen Lernkultur erhoben, um basierend auf unterschiedlichen Ziel-, Alters- und Berufsgruppen im Folgenden individuelle Lernumgebungskonzepte zu entwickeln, implementieren und evaluieren. Eigene Lernkulturen herausfiltern Durch die engagierte Mitarbeit der Projektpartner konnten erste individuelle Ausprägungen der unternehmenseigenen Lernkulturen identifiziert werden. Trotz der unterschiedlichen Ausgangslage der

Theorie trifft Praxis: Die Projektpartner beim Kick-Off.

Erprobungspartner zeigte sich so beispielsweise, dass die aktuellen Handlungsfelder auf dem Weg zur Digitalisierung der Personalentwicklungsmodelle ähnliche Komponenten aufweisen. Um diese Komponenten näher zu untersuchen werden in den nächsten Monaten qualitative sowie quantitative Studien in den Unternehmen durchgeführt und die Zusammenhänge dieser näher analysiert um nachhaltig strategische Veränderungen in den Unternehmen zu bewirken. Um digitale Lernkulturen erfolgreich im Unternehmen zu implementieren, ist die fortlaufende Weiterentwicklung bestehender Prozesse und Strukturen notwendig. Zentraler Bestandteil des Projekts ist dementsprechend die kontinuierliche Zusammenarbeit sowie der stetige Informationsaustausch mit den beteiligten Unternehmen. Die Dokumentation und Publikation der Ergebnisse in praxisorientierten Leitfäden sowie das im Laufe des Projekts entwickelte Selbstevaluationstool, gewährleisten mit Hilfe von Handlungsempfehlungen den branchenübergreifenden Transfer in weitere betriebliche Handlungsfelder. Der Start in Richtung Kompetenzentwicklung 4.0 ist damit geglückt.

D:v:lop - Digitale und virtuelle Lernkulturen in Organisationen des Produktionssektors Förderinstitution: BMBF Projektträger: DLR Laufzeit: März 2017 – Februar 2020 Kontakt: Lana Plumanns, M.Sc lana.plumanns@ima-zlw-ifu.rwth-aachen.de www.dvlop.info

Agile Entwicklung

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Management und Transfer von Wissen in Zeiten von „Everything 4.0“ Von klassischen zu modernen Ansätzen

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ie letzten beiden Dekaden haben den Übergang der Industrie- in eine Wissensgesellschaft mit sich gebracht. Rasanter technologischer Fortschritt und die umfassende Digitalisierung der Arbeits- und Lebenswelt führen dazu, dass wir uns aktuell inmitten der vierten Anja Richert Industriellen Revolution befinden – diese Revolution der Digitalisierung und Vernetzung macht aber nicht auf dem industriellen Hallenboden halt, sondern greift weit in unsere Lebenswelt ein. Unsere Umwelt und unser Alltag sind somit von einem „Everything 4.0“ geprägt. Die damit einhergehenden Dynamiken und die steigende Komplexität der Lebens- und Arbeitswelt führen dazu, dass zunehmend mehr wissenschaftlich Qualifizierte in großen Bereichen der wirtschaftlichen Produktion wirken. Damit geht auch eine Veränderung des Verständnisses von Wissensmanagement und -transfer zwischen Hochschulen und außerhochschulischen Forschungseinrichtungen einerseits und wirtschaftlichen Unternehmungen sowie auch anderen gesellschaftlichen Akteuren andererseits einher. Die umfassende Vernetzung wirkt sich auf die FuE-Prozesse aus, die – um der Komplexität der aktuellen Problemlagen gerecht zu werden – zunehmend inter- und transdisziplinär durchgeführt werden. Wissenschaftliche Forschung und ihre Ergebnisse werden damit sehr viel direkter als früher zur Lösung gesellschaftlicher Probleme und zur Nutzung in wirtschaftlichen Kontexten in Anspruch genommen. Innovationszyklen und damit verbunden die Halbwertszeit von Wissen verkürzen sich zunehmend.

Steuerungscockpit des Exzellenzsclusters TMFB.

Inter- und Transdisziplinarität beschäftigt auch uns im Cybernetics Lab IMA/ZLW & IfU. Zur Gestaltung und Wirksamkeit von inter- und transdisziplinären Kooperationen identifizierte beispielsweise Claudia Jooß in ihren Forschungen bereits 2014 kritische Faktoren zur interdisziplinären Zusammenarbeit aus Perspektive der beteiligten Akteure. Betrachtungsschwerpunkt dieser empirischen Studie sind Kollaborationsprozesse in Exzellenzclustern der RWTH Aachen University und Förderschwerpunkten des BMBF, die wir seit mehr als zehn Jahren begleiten. Ein 19 Key Performance Indikatoren (KPI) umfassendes Cockpit zum Management integrativer FuE Prozesse sowie zahlreiche Microtrainingseinheiten, die dem Bedarf nach Formaten im Stile einer Weiterbildung 4.0 nachkommen, sind dabei nur einige von vielen feldgetesteten Ergebnissen dieser Forschungslinie.

Vom klassischen zu modernen Ansätzen: Ideen-, Wissens- und Technologietransfer

Agile Co-Kreationsprozesse für integratives Innovations- und Transfergeschehen

Bis in die 1990er Jahre war der Wissens- und Technologietransfer durch ein Verständnis geprägt, bei dem die Hochschule Wissen und Technologien kreiert und den Unternehmen diese Erfindungen für die wirtschaftliche Nutzung zur Verfügung stellt, z.B. zum Entwickeln neuer Produkte oder neuer Verfahrensprozesse. Zwar wird ein so geprägtes klassisches und sequentielles Verständnis des Transferprozesses gelegentlich noch in der wissenschaftlichen Debatte verwendet, doch hat sich in jüngerer Zeit die Erkenntnis durchgesetzt, dass sich diese klassische Dualität von Wissenschafts- und Wirtschaftssystem auflöst und einer systematischen Kopplung weicht. Dementsprechend ist die gegenwärtige Popularität der Inter- und Transdisziplinarität nicht verwunderlich und spiegelt sich sowohl in der nationalen als auch der internationalen Forschungsund Förderlandschaft wider. Die Erforschung und Umsetzung von

Die zahlreichen Lehrforschungs-Verbundprojekte des Cybernetics Labs wie die des Bund-Länder Programms für Exzellente Lehre (Exzellentes Lehren und Lernen in den Ingenieurwissenschaften sowie das Center for Excellence in Academic Teaching) verdeutlichen, dass den Entwicklungen zu „Everything 4.0“ auch im exzellenten Wissenstransfer der Hochschulbildung Rechnung getragen werden müssen. Wir befinden uns am Übergang von Paradigmen: Es vollzieht sich ein Shift von Teaching zu Learning, von Pro-sumern zu Co-Kreateuren, von wissensbasierter zu forschungsorientierter Lehre. Die systematische, empirische Aufarbeitung von gemeinsam gestalteten Co-Kreationsprozessen, die partizipativ Studierende einbindet wird in den kommenden Jahren immer mehr Einzug im wissenschaftlichen Diskurs erhalten.

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Wissensmanagement


Design Thinking im Exzellenzcluster „Integrative Produktionstechnik für Hochlohnländer.“

wie Frauen auf ihrem Karriereweg an die Spitze von Unternehmen und öffentlichen Einrichtungen unterstützt werden können. Mittels qualitativen Vorstudien, statistischen Auswertungen von OnlineBefragungen und Big Data-Analysen werden Präsentationen auf Karriereportalen und berufsbezogenen Netzwerken auf Erfolgsfaktoren und Wirkzusammenhänge hin untersucht und in ein Empfehlungssystem für passgenaue, individualisierte Karriereentwicklung überführt. Neben diesen aktuellen Projektbeispielen ist das interdisziplinäre Team des IMA/ZLW & IfU noch in vielen weiteren Projekten Vorreiter im Einsatz soziotechnischer Untersuchungsmethodiken, die Data Science und klassische empirische Sozialforschung mit ingenieurwissenschaftlichen Forschungsmethoden verbinden und damit Enabler für Wissens- und Innovationsprozesse unter dem Einfluss von „Everything 4.0“ sind.

Aktuell liegen bereits sehr positive Erfahrungen und empirische Ergebnisse auf der Ebene einzelner Methoden wie z.B. der zunehmenden Etablierung von Methoden wie Design Thinking und Flipped Classrooms in der Lehre vor. In BMBF-Großprojekten wie Exzellentes Lehren und Lernen in den Ingenieurwissenschaften (ELLI) werden beispielsweise seit nun mehr 6 Jahren innovative Methoden in der Ingenieurwissenschaftlichen Lehre wie z.B. Remote Labs erprobt und an den Hochschulen RWTH Aachen, TU Dortmund und Ruhr Universität Bochum eingeführt. Data Science-gestützte Wissens- und Innovationsprozesse Das immense Anwachsen von Daten und Informationen führt darüber hinaus zu einer Erweiterung der Möglichkeiten, Wissensbausteine zu nutzen und neues Wissen und Innovationen zu generieren. Die computergestützte Analyse und Interpretation großer Datenbestände ermöglicht die Aufdeckung neuer Wirkzusammenhänge und innovationsförderlichen Wissens. Im BMBF-Projekt CHEFIN (Chancengerechte Entwicklung von Frauenkarrieren im MINT-Bereich) beispielsweise widmet sich das Cybernetics Lab der Fragestellung,

Soziotechnische Untersuchungsdesigns komplexer Systeme.

Kontakt: Prof. Dr. phil. Anja Richert anja.richert@ima-zlw-ifu.rwth-aachen.de

Wissensmanagement

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Virtual Reality und Entrepreneurship in der Ingenieurlehre 4.0 Weiterförderung von ELLI 2 richtet sich vor allem an potentielle Gründer

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n Zeiten von Industrie 4.0 wird von Arbeitnehmern deutlich mehr verlangt als noch vor 10 Jahren: Trends wie die Produktion ab Losgröße 1 führen dazu, dass Arbeitnehmer mit ständig wechselnden Anforderungen konfrontiert werden. Das lebenslange Lernen sowie der Erwerb von Freya Willicks überfachlichen Skills wie kritisches Denken, schnelle Anpassungsfähigkeit, abstraktes Vorstellungsvermögen, Teamarbeit, Kommunikationsvermögen und Kreativität, sind wichtige Bereiche und Kompetenzen, die frühzeitig adressiert und geschult werden müssen. Das Forschungsprojekt Exzellentes Lehren und Lernen in den IngenieurwissenThorsten Sommer schaften (ELLI 2) beschäftigt sich auch in der zweiten Förderphase mit Fragestellungen und Herausforderungen im Kontext der Digitalisierung, Globalisierung und Industrie 4.0. Hierzu arbeiten Wissenschaftler der Ruhr-Universität Bochum, der Technischen Universität Dortmund sowie der RWTH Aachen University interdisziplinär in vier Valerie Stehling Kernbereichen zusammen: Remote Labore und Virtuelle Lernwelten, Globalisierung und die Übergänge im Studienverlauf (Student Lifecycle) bis hin zum Thema Entrepreneurship. Insbesondere Entrepreneurship ist in den letzten Jahren im Rahmen der Hochschulbildung immer wichtiger geworden: Potenzielle Gründer sollen früh lernen, sich in einem komplexen Umfeld jenseits ihres Studiums zu orientieren. Sie müssen den Markt analysieren, Anforderungen von potenziellen Kunden erheben, die komplexen Sachverhalte des eigenen Produkts simpel und auf den Punkt gebracht, potenziellen Investoren kommunizieren. Auf diese Weise werden fachliche und überfachliche Kompetenzen geschult. Die Ergebnisse finden durch die beteiligten Lehrstühle direkte Einbindung in die ingenieurwissenschaftliche Lehre. Im Rahmen der Hochschulbildung kommen beispielsweise immer häufiger Virtual Reality-Technologien zum Einsatz, mittels derer Studierende bereits während ihres Studiums praxisnahe Anwendungen erproben und komplexe Prozesse nachvollziehen können, mit denen sie sonst erst nach dem Studium in Kontakt kämen. Nicht nur Studierende, sondern auch Lehrende profitieren auf unterschiedlichste Weise von diesen Entwicklungen: So fließen die in der ersten Förderphase gewonnenen Erkenntnisse zum Lernen mit Virtual Reality beispielsweise in Seminarangebote für Lehrende wie das „Mixed Reality-Stimmtraining“ ein. 50

Wissensmanagement

Besuch an der Hong Kong University of Science and Technology.: Paul Varney (links) und Dr. Valerie Stehling (rechts) vom ELLI Team der RWTH Aachen University, etablieren mit Dr. Winnie Leung (Mitte), Ingenieurin am Departement of Electronic and Computer Engineering an der HKUST, einen dualen Studiengang.

Obwohl die Stimme eines der wichtigsten Arbeitsinstrumente zur Informationsvermittlung an Hochschulen darstellt, fehlt vielen Lehrenden das Wissen über den korrekten und wirkungsvollen Einsatz ihrer eigenen Stimme. Ein dauerhaft falscher Stimmgebrauch, insbesondere bei großen Hörerzahlen, kann außerdem zu Problemen wie chronischen Halsschmerzen, dauerhafter Heiserkeit bis hin zur Berufsunfähigkeit führen. Klassische Stimmtrainings und Seminare zum richtigen Einsatz der Stimme finden jedoch nur in kleinem Rahmen mit maximal 10-12 Teilnehmenden statt und bieten so keine realistischen Bedingungen. Damit wird ein Transfer des Gelernten erheblich erschwert. Den Stimmeinsatz trainieren Im Mixed Reality-Stimmtraining haben Lehrende nun die Möglichkeit, entlang ihrer individuellen Bedürfnisse und Rahmenbedingungen den richtigen Stimmeinsatz vor unterschiedlich großem Publikum zu trainieren. Durch die Integration visueller und akustischer Daten realer Hörsäle in ein eigens entwickeltes Mixed RealitySzenario wird den Teilnehmenden mit Hilfe einer Virtual Reality-Brille und einer Audio-Simulation per Kopfhörer die Immersion, also das Eintauchen in eine virtuelle Lernumgebung, ermöglicht. In dieser innovativen Lernumgebung kann der angemessene Stimmeinsatz in einer sowohl akustisch als auch visuell realitätsnahen, virtuellen Umgebung mit Hilfe eines professionellen Stimmtrainers geschult


Virtuelle Simulation eines Hörsaals am ZuseLab der RWTH Aachen University.

werden. Unterstützt wird das Projekt dabei vom Institut für Technische Akustik der RWTH Aachen University, das die dort entwickelte Software „RAVEN“ zur Verfügung stellt und damit eine realitätsgetreue Raumakustiksimulation der virtuellen Umgebungen ermöglicht. Insgesamt drei Angebote von ELLI 2 zielen auf die Unterstützung der Studierenden im Bereich Entrepreneurship am Standort Aachen ab. Im Rahmen der „Ingenieure ohne Grenzen-Challenge“ können Studierende ihre Kreativität und ihre fachlichen Kenntnisse für die Lösung realer Problemstellungen aus Entwicklungsländern unter Beweis stellen. Mit Scheitern und Misserfolgen umgehen Im Workshop „How to become an Entrepreneur“ werden ab 2018 wichtige überfachliche Kompetenzen wie der Umgang mit Scheitern und Misserfolgen anhand von Praxisbeispielen erfahrener Entrepreneure vermittelt. Darüber hinaus laufen die Arbeiten zum Aufbau eines gemeinsamen Master-Studiengangs „International Entrepreneurship“ zusammen mit der Hong Kong University of Science and Technology (HKUST) auf Hochtouren. Nach einem Besuch der ELLI-Verantwortlichen vor Ort im Juni 2017 wird gemeinsam mit den Kollegen der HKUST an der Einführung des dualen Studiengangs gearbeitet. Ergänzt um das Thema Internationalisierung bietet der an der HKUST existierende Studiengang

„Technology Leadership und Entrepreneurship“ (TLE) die Basis für die gemeinsamen Entwicklungen und vereint so die Bereiche Technologie und Entrepreneurship. Unterstützt wird das Projekt außerdem durch Prof. Malte Brettel vom WIN-Lehrstuhl (Wirtschaftswissenschaften für Ingenieure und Naturwissenschaftler) der RWTH Aachen University.

ELLI 2 - Exzellentes Lehren und Lernen in den Ingenieurwissenschaften Förderinstitution: BMBF Projektträger: DLR Laufzeit: Oktober 2016 – Dezember 2020 Kontakt: Thorsten Sommer, M.Eng. thorsten.sommer@ima-zlw-ifu.rwth-aachen.de Freya Willicks, M.A. freya.willicks@ima-zlw-ifu.rwth-aachen.de www.elli-online.net

Wissensmanagement

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Auf dem Karriereweg zur CHEFIN Onlinetool analysiert Lebensläufe und unterstützt bei Karriereplanung

I Freya Willicks

Valerie Stehling

Ingrid Isenhardt

n den oberen Chefetagen sitzen zwar inzwischen mehr Frauen, doch trotz vieler Bemühungen und gesetzlicher Frauenquote sind sie dort nach wie vor unterrepräsentiert. Mangelnde Chancengleichheit ist immer noch Fakt. Das trifft besonders auf Frauen in den MINT-Berufen zu. Ist der weibliche Anteil hier ohnehin sehr gering, sinkt er im weiteren Karriereverlauf stärker als in jedem anderen Fachbereich. Der Grundstein hierfür wird natürlich schon zuvor gelegt: Die Zahl der MINT-Studentinnen ist in den letzten Jahren zwar gestiegen, der Anteil an Absolventinnen liegt jedoch immer noch stark unter dem ihrer männlichen Kollegen. Zudem sind MINT-Absolventinnen häufiger arbeitslos als männliche – und das trotz des häufig zitierten Fachkräftemangels in technisch-naturwissenschaftlichen Berufen. Empfehlungssystem zur Karriereentwicklung

An dieser Ausgangslage setzt das Projektvorhaben „CHEFIN – CHancengerechte Entwicklung von Frauenkarrieren im MINTBereich“ an. CHEFIN macht es sich zum Ziel, aufstiegsmotivierte Frauen aus dem MINT-Bereich bei ihrer Karriereplanung zu unterstützen. Dazu werden in einem Mixed Method-Ansatz qualitative und quantitative Methoden miteinander vereint, mittels derer aktuelle Erfolgs- und Hemmfaktoren für die Karrierewege von Frauen im MINT-Bereich erforscht und analysiert werden. Den Kern des Projektes stellt der „Competence Development Recommender (CDR)“ dar, ein kostenloses Online-Tool, in dem Nutzerinnen ihren elektronischen Lebenslauf verlinken können. Als Ergebnis erhalten sie Vergleichswerte und Verbesserungsempfehlungen hinsichtlich ihrer bisher erbrachten Leistungen und Qualifikationen. Die Datengrundlage dafür bilden im Projekt mittels Big Data-Verfahren gesammelte und analysierte elektronische Lebensläufe von Karriereplattformen wie XING und LinkedIn. Durch alle dem CDR zur Verfügung gestellten Lebensläufe wird die Datenbasis im weiteren Projektverlauf kontinuierlich erweitert. TU Dortmund erneuter Projektpartner Verbundpartner ist das Zentrum für HochschulBildung (zhb) der TU Dortmund, das mit dem Cybernetics Lab bereits seit mehreren Jah52

ren erfolgreich unter anderem im Projekt Exzellentes Lehren und Lernen in den Ingenieurwissenschaften (ELLI ) zusammenarbeitet. Während das zhb im Projekt CHEFIN hauptsächlich für die qualitative Analyse aktueller Erfolgs- und Hemmfaktoren für die Karrierewege von Frauen im MINT-Bereich verantwortlich ist, übernimmt das Cybernetics Lab die inhaltliche sowie technische Entwicklung des Empfehlungssystems CDR. An mehreren Schnittstellen wie beispielsweise einem aufzubauenden Wissenschafts- und Praxisbeirat fließt die Expertise beider Partner kontinuierlich zusammen. Zusätzlich zu der Unterstützung aufstiegsmotivierter Frauen auf ihrem Karriereweg in MINTBerufen, verspricht der erfolgreiche Projektstart im Oktober eine gewinnbringende Intensivierung der bisherigen Zusammenarbeit mit der TU Dortmund.

Wissensmanagement

CHEFIN - Chancengerechte Entwicklung von Frauen karrieren im MINT-Bereich Förderinstitution: BMBF Projektträger: DLR Kooperationspartner: Zentrum für HochschulBildung (zhb) der TU Dortmund Laufzeit: Oktober 2017 – September 2020 Kontakt: Freya Willicks, M.A. freya.willicks@ima-zlw-ifu.rwth-aachen.de


Wenn smarte Maschinen Muster suchen Keynote beim AWK 2017 „Künstliche Intelligenz im Internet of Production“

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rfahrene Mitarbeiter können oft Abweichungen in den Fertigungsprozessen während der laufenden Produktion wahrnehmen. Was aber, wenn die Maschinen untereinander kommunizieren und sich gegenseitig kontrollieren? In einer vernetzten Produktion, dem „InterSabina Jeschke net of Production“ soll diese Expertise von digitalen Kontrollinstanzen und letztlich von künstlicher Intelligenz (KI) übernommen werden: die KI muss eigenständig Fehler „bemerken“ und die Produktion anpassen oder sogar stoppen. Hierfür lernt die KI anhand von Trainingsdaten den Normalzustand – dies ermöglicht die zeitnahe Katja Schneider Reaktion auf veränderte, auch unbekannte, Muster von Messdaten während des Betriebs. Die Erfassung und Verarbeitung aggregierter Informationen in Echtzeit durch smarte Maschinen und künstliche Intelligenz im Internet of Production sind für einen Wettbewerbsvorteil des Hochlohnlandes Deutschland unentbehrlich. Prof. Sabina Jeschke, Direktorin des Cybernetics Lab IMA/ZLW & IfU, brachte in einer Keynote „Künstliche Intelligenz im Internet of Production“ ihre Expertise zu künstlicher Intelligenz, Deep Learning und hypothesenfreiem Lernen als essentielle Voraussetzungen für eine erfolgreiche Vernetzung in der Produktion auf einer Konferenz in Aachen zu diesem Thema ein. Mehr als 1.000 internationa-

le Experten aus Industrie und Wissenschaft tauschten sich am 18. und 19. Mai 2017 beim Aachener Werkzeugmaschinen Kolloquium AWK unter dem Leitthema „Internet of Production für agile Unternehmen“ zur Umsetzung konkreter Lösungen für die Produktion der Zukunft aus. Der Kongress unter Leitung des Werkzeugmaschinenlabors der RWTH Aachen University (WZL) sowie die begleitende Industrieausstellung zeigten neue Dimensionen von Adaption und Agilität in der Produktion. Zusammen mit Dr. Stefan Hartung, Robert Bosch GmbH, und Dr. Jan Mrosik, Siemens AG, diskutierte Prof. Jeschke mit dem Plenum unter der Moderation von Prof. Fritz Klocke, Direktor des WZL, zum Thema „Industrie 4.0 & Smart Service Welt, Chancen für die Produktionstechnik“. Als ein Beispiel für hypothesenfreies Lernen präsentierte das Cybernetics Lab auf der AWK das Projekt „CENSE“ (siehe Seite 30 ff.), in dem ein Roboterarm mit Hilfe von KI Schlüsse aus seiner sensorischen Wahrnehmung und einem Belohnungssystem zieht, um die beste Strategie für die Aufgabe „heißer Draht“ zu erlernen.

Kontakt: Prof. Dr. rer. nat. Sabina Jeschke sabina.jeschke@ima-zlw-ifu.rwth-aachen.de Dr. rer. nat. Katja Schneider katja.schneider@ima-zlw-ifu.rwth-aachen.de

Veranstaltungen

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Vernetzen ist das Ziel InnoDigicraft: Neue Plattform für Ideen zum Smart Living

„WI

Sarah Güsken

René Vossen

enn sich mehrere Kooperationspartner zusammenfinden und alle ihren Teil beitragen, kann man etwas Schönes, Neues schaffen“, so Nina Walkenbach von der AGIT mbH, und Gewinnerin des InnoDigicraft Ideenwettbewerbs. Gemäß diesem Motto etablierte das Innovationsforum InnoDigicraft als Leitbranche in Aachen. Dabei bot sich für verschiedene Akteure aus Wissenschaft, Handwerk und Technologieunternehmen die Möglichkeit, zusammen neue Ideen und Geschäftsmodelle für die digitale und vernetzte Welt von morgen zu entwickeln. InnoDigicraft hat von November 2016 bis Juli 2017 mit Workshops, einer Konferenz und einem Wettbewerb eine Plattform für Ideen zum Themenschwerpunkt Smart Living geschaffen, über die sich Unternehmen, Akteure und Interessenten branchenübergreifend vernetzen können.

Frank Hees

Die Module des Innovationsforums Um sich der Komplexität des Themas „Smart Living“ zu nähern, wurden Workshops zu den Themenbereichen „Smart Home“, „eHealth & Pflege“, „Energie & Versorgung“, „Sicherheit & Datenschutz“ sowie „Flexibles Arbeiten“ veranstaltet. In diesen entwickelten die Teilnehmer in interdisziplinären Teams im Format eines Design Thinking Workshops gemeinsame Produkt- und Projektideen. Auch außerhalb der Camps fanden sich über das InnoDigicraftNetzwerk neue Teams zusammen und reichten ihre Ideen zum InnoDigicraft Ideenwettbewerb ein.

Teilnehmende des InnoDigicamps „Flexibles Arbeiten“ diskutieren über Kooperationsmöglichkeiten.

ler und Pendler bei Unternehmen kurzfristig Arbeitsplätze mieten können. Andersherum können Unternehmen auf einer digitalen Plattform ungenutzte Arbeitsplätze durch Leer- oder Krankenstand anbieten. Den dritten Platz belegte das Team der Kooperationsidee „Heizungssteuerung nach Wettervorhersage“. Mittels historischer Daten und Predictive Analytics sollen künftig Heizungsanlagen autonom gesteuert und für eine konstante Raumtemperatur sorgen. Während der Abschlusskonferenz wurden die drei Gewinnerteams durch die Jury und Thomas Rachel, den parlamentarischen Staatssekretär des BMBF, prämiert. Die rege Teilnahme an den verschiedenen Modulen spiegelt das Interesse der Region am vielfältigen Themenbereich des „smarten Lebens“ wider. Zur Verstetigung des Innovationsforums soll nun ein Anschlussprojekt initiiert werden. Darüber hinaus ist neben der Vernetzung mit anderen regionalen Smart Living Initiativen, wie dem DigitalHub Aachen, ein Anschlussprojekt angedacht.

Paketzustellung am Arbeitsplatz Mit „Mach aus deiner Mücke einen Elefanten“ wurde der Ideenwettbewerb ausgerufen und zeichnete Kooperationen mit innovativem Potential im Sinne der gemeinschaftlichen Zusammenarbeit im Themenbereich „Smart Living“ aus. „Paketzustellung im Technologiezentrum am Europaplatz (TZA)“ dieses Konzept überzeugte die Jury sofort. Auf Initiative von Nina Walkenbach von der Aachener AGIT mbH wird ein intelligentes Paketterminal im TZA installiert. Es wird die Zustellung von privaten Paketen an Mitarbeiter ermöglichen und damit erhebliche Erleichterungen beim Online-Einkauf erwirken. Den zweiten Platz belegte die Kooperation „MoFleWo – More Flexible Work“, über die Freiberuf54

Veranstaltungen

InnoDigicraft - Smart Living Innovationsforum Aachen Förderinstitution: BMBF Projektträger: DLR Laufzeit: November 2016 – Juli 2017 Kontakt: Sarah Güsken, M. Sc. sarah.guesken@ima-zlw-ifu.rwth-aachen.de


Meet RWTH zu Gast im Cybernetics Lab Förderer des Bildungsfonds treffen auf „Mensch und Maschine“

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edes Jahr im November findet die Stipendienvergabefeier statt, bei der Stipendiatin, Förderer und Angehörige der RWTH Aachen University den Abschluss des erfolgreichen Auswahlverfahrens feiern. Für die Förderer des Bildungsfonds wird exklusiv im Vorfeld Daniela Janssen der Stipendienvergabe die Veranstaltung ‚Meet RWTH‘ organisiert, zu der Prof. Ernst Schmachtenberg, Rektor der RWTH Aachen University, einlädt. Der Name ist Programm: „Meet RWTH“ soll den Austausch und die Vernetzung zwischen den Förderern unterstützen und gleichzeitig spannende und zukunftsfähige René Vossen Forschungsfelder und Institute präsentieren. Unter dem Motto „Mensch und Maschine“ lernten die Vertreter aus Unternehmen und Stiftungen 2016 die Forschung am Cybernetics Lab kennen. Während des Get-together am IMA/ZLW & IfU konnten sich Vertreterinnen und Vertreter nationaler und regionaler Unternehmen austauschen. Anschließend stellte das Cybernetics Lab mit Vorträgen zu den Themen „Robotik und Automatisierung“ sowie „Komplexe IT-Systeme“ zwei aktuelle Forschungsfelder vor. Schließlich eröffnete Prof. Ernst Schmachtenberg offiziell die Veranstaltung mit einem Überblick über die aktuellen Entwicklungen an der RWTH Aachen University. In ihrem Vortrag „KI in 30 Minuten“ gab Prof. Sabina

Jeschke spannende Einblicke in das Themenfeld ‚Künstliche Intelligenz‘ mit dem Fokus auf Anwendungen im produktionstechnischen Umfeld und in Anbindung an die Forschungsaktivitäten im DFGExzellenzcluster Produktion. Ein Blick in die Forschungshallen Anschließend referierten Diplom-Informatiker Christian Kohlschein und Dr.-Ing. Sebastian Reuter zu den Themen „Emotionserkennung durch Maschinen“ sowie „Intelligente Transportroboter in der RoboCup Logistics League“. Im Anschluss an die Vortragsreihe erhielten die Gäste bei einer Führung durch das Cybernetics Lab Einblicke in die Welt der Robotik und künstlichen Intelligenz: Sie tauchten in virtuelle Realitäten auf dem Holodeck ein, machten Bekanntschaft mit dem tanzenden humanoiden Roboter Nao, den komplett autonomen Servicerobotern OSCAR und den Weltmeister-Robotern der Festo-Logistics-League.

Meet RWTH Kontakt: Dr. phil. Daniela Janssen daniela.janssen@ima-zlw-ifu.rwth-aachen.de

Veranstaltungen

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Quo Vadis künstliche Intelligenz? Jeschke trifft Al-Ani bei Karlspreisgesprächen

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elches Europa möchten wir den kommenden Generationen übergeben? Unter diesem Motto stand im Mai das Rahmenprogramm zur Verleihung des Internationalen Karlspreises zu Aachen, denn der diesjährige Preisträger Prof. Timothy Garton Ash Kathrin Schönefeld stellt die Frage nach dem Funktionieren der zukünftigen Gesellschaft besonders im Kontext von Brexit und erstarkendem Rechtspopulismus. Der britische Historiker „tritt dafür ein, dass die Demokratie und ihre Prinzipien, eine liberale und offene Debattenkultur sowie die Verteidigung der Wahrheit gegenüber der Lüge in der Kommunikation erhalten bleiben“, heißt es in der Begründung des Karlspreisdirektoriums. „Garton Ash bietet den Populisten und Vereinfachern unserer Zeit die Stirn und entwickelt Ideen, wie wir uns in der globalisierten Welt verhalten sollten.“ Als einen Punkt hebt Ash die digitale Revolution hervor, durch die große gesellschaftliche Umwälzungen angestoßen werden und in deren Rahmen vertraute Ordnungen überwunden werden müssen. Diese Veränderungen dürfen nicht nur aufgrund tagespolitischer Ereignisse bewertet werden, sondern müssen langfristig und im Hinblick auf komplexe Zusammenhänge betrachtet werden.

Prof. Sabina Jeschke in der Disskussion mit Leonardo-Studierenden.

an der TU Berlin, mit den Herausforderungen und Chancen der Digitalisierung auseinander. Unter dem Titel „Quo Vadis künstliche Intelligenz?“ präsentierten die beiden Professoren 70 Minuten lang abwechselnd ihre Forschungserkenntnisse zu diversen Bereichen der KI. Während Sabina Jeschke mehr aus der technischen Sicht auf Themen wie Industrie sowie Technologien 4.0 und Kreatives Bewusstsein einging, betrachtete Ayad Al-Ani, der zu internetbasierten Innovationen forscht, Arbeiten, Lernen und Politik 4.0. Anschließend an den Vortrag diskutierten die beiden Professoren die Forschungsansätze mit ausgewählten Studierenden aus dem interdisziplinären RWTH-Projekt Leonardo, Studierenden und Mitarbeitenden der RWTH Aachen sowie zahlreichen Aachenern.

Prof. Ayad Al-Ani berichtet voller Begeisterung über seine KI-Forschung.

Neueste wissenschaftliche Erkenntnisse aufbereitet Seitens der Hochschule setzten sich innerhalb des Rahmenprogramms für den Karlspreis auch Prof. Sabina Jeschke, vom Cybernetics Lab an der RWTH Aachen, und Prof. Ayad Al-Ani, vom Alexander von Humboldt Institut für Internet und Gesellschaft (HIIG)

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Veranstaltungen

Kontakt: Dr. phil. Kathrin Schönefeld kathrin.schoenefeld@ima-zlw-ifu.rwth-aachen.de


Ein Theaterabend mit Science und Science Fiction Von der Herausforderung, Roboter zu kontrollieren

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n einer lockeren Mischung aus wissenschaftlichem Gedankenaustausch, Science-Fiction-Performance und speziell produzierter „Zukunftsmusik“, ging es an diesem Oktoberabend im Mörgens-Theater um nicht weniger als um die Zukunft des Menschen in einer technikdurchdrungeNicole Nelißen nen Welt. Pepper, der humanoide Roboter des Cybernetics Labs, war Star des Abends. Schon allein durch seine Erscheinung ist der niedliche Plastikkerl ein Hingucker. Dabei konnte man beobachten, dass Kinder offen und neugierig auf Pepper zugingen, während die meisten Erwachsenen eher distanziert reagierten. „Wie alt bist Du? Wer hat Dich erschaffen?“ riefen sie von ihren Plätzen. Pepper antwortete stets charmant und blinkte dabei. Pepper hatte an diesem Abend „zwei seiner Erziehungsberechtigten“ mitgebracht, wie Thorsten Karbach, Pressesprecher der RWTH Aachen University, die beiden Forschungsgruppenleiter Dr. Stephan Printz und Thomas Thiele vorstellte. Die beiden Wissenschaftler gingen in ihren Impulsvorträgen grundlegenden Fragen nach: Wie sieht Pepper die Welt? Nach welchem Funktionsprinzip agiert der Roboter? Was ist notwendig, um ein System intelligent zu machen? „Alles, was Pepper kann, haben wir ihm beigebracht. Es ist kein selbstlernender Roboter, seine Intelligenz ist begrenzt“, erklärte Dr. Stephan Printz. Pepper lässt ihn dabei nicht aus den Augen. Felix Sommer, Inge Zeppenfeld, Chefdramaturgin des Theater Aachens und Thorsten Karbach, Pressesprecher der Hochschule, hatten sich dieses Experiment einfallen lassen: Eine vierteilige Veranstaltungsreihe, initiiert von dem Theater Aachen und der Aachener Hochschule, bei der es immer mehr um Menschen und Maschinen geht, einmal mehr um Androide, dann um Cyborgs, mit allen Facetten. Ihr Ziel: Eine wichtige Thematik der Exzellenz-Uni

Wissenschaftler und Schauspieler bringen das Thema Robotik auf die Bühne und zu den Aachener Bürgern.

Pepper im Scheinwerferlicht: Niedlich, aber „eine nackte Plattform, die mit Inhalten befüllt wird.“

aus dem Elfenbeinturm mitten ins Kulturleben der Stadt zu bringen. An diesem Abend ist es ihnen gelungen. Im Grunde sei Pepper eine „nackte Plattform, die wir mit Inhalten befüllen“, ergänzt Thomas Thiele. Während der Mensch als größten Sensor über die Haut verfüge, müsse der Humanoide erst mit Sensoren ausgestattet werden, wie etwa mit 2- und 3D-Kameras am Kopf. „Algorithmen und maschinelles Lernen sind die Antwort darauf, wie Pepper mit den Daten aus seiner Umwelt umzugehen hat“, erklärt Printz dem höchst interessierten Auditorium aus Aachener Bürgern. Den Roboter kontrollieren „Asimovs Robotergesetze“ kurbelten die Diskussion im Auditorium dann richtig an: Wenn der Roboter den Menschen keinen Schaden zufügen darf, erklärt das, weshalb noch keine autonom fahrenden Autos zugelassen sind? Eine hitzige Debatte um ethische Fragen entbrannte: Wann ist der Moment, selbstfahrende Autos selbst entscheiden zu lassen? Was ist erlaubt, was ist akzeptiert, und was kann man den Menschen zumuten? Roboter als Briefträger, Fensterputzer oder Rasenmäher – diese zukünftigen Anwendungen seien akzeptiert. Aber auch mehr? Beispielsweise Kellner oder Ärzte? „Der Mensch steht vor der Herausforderung, den Roboter zu kontrollieren“, erklärten die beiden Wissenschaftler. Zeppenfelds Schlusswort: Die Entwicklung ist rasant schnell, aber es müssen immer noch Menschen die Maschinen bedienen.

Kontakt: Nicole Nelißen, M.A. nicole.nelissen@ima-zlw-ifu.rwth-aachen.de

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Die Meisterschaft der Maschinen Robocup: Die Carologistics feiern in Japan ihren vierten Weltmeistertitel

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ame procedure as the last years: Zum vierten Mal in Folge konnte sich das Team der Carologistics der RWTH Aachen University und FH Aachen in einem sehr rasanten Finale in der RoboCup Logistics League gegen das Grazer Team GRIPS durchsetzen. Damit errang die Sebastian Schönitz seit fünf Jahren bestehende Mannschaft beim internationalen Robocup den vierten Weltmeistertitel in der Logistics League. Die Carologistics setzen sich aus Wissenschaftlern und Studierenden des Cybernetics Lab IMA/ZLW & IfU (RWTH Aachen University, Maschinenwesen, Prof. Sabina Jeschke), des Lehr- und Forschungsgebiets Wissensbasierte Systeme (RWTH Aachen, Informatik, Prof. Gerhard Lakemeyer) und des MASCOR Instituts (FH Aachen, Elektrotechnik und Informationstechnologie, Prof. Alexander Ferrein) zusammen. Technik- und sprachaffin Das Team Carologistics räumt mit seinen Robotern den vierten WM-Titel ab.

Dieses Jahr war ein sehr besonderer RoboCup: Exakt 20 Jahre nach dem ersten RoboCup im japanischen Nagoya kehrte dieser wieder in seiner Geburtsstadt zurück. Dabei konnten die Carologistics die technikaffinen Zuschauer nicht nur durch ihre Roboter begeistern, sie moderierten ihre Spiele sogar teilweise auf japanisch. Doch nicht nur sprachlich war das Aachener Team für den internationalen RoboCup präpariert, sondern auch technisch haben sich die Carologistics enorm weiterentwickelt. In dem auf einer “Smart Factory” basierenden Intralogistikszenario, bei dem es um das Erkennen von Maschinen und der Produktion verschiedener komplexer Produkte geht, wurden Maschinen bisher mit speziellen Erkennungsmerkmalen (AR-Tags) ausgestattet. Den Carologistics ist nun ein Durchbruch in der Detektion der verschiedenen Maschinen ohne AR-Tags gelungen. So gelang es dem Team, Maschinen nur anhand eines Bildes zu erkennen und das zum Teil auch bei voller Fahrt und damit verbundenen unscharfen Bildern. Mit dieser Entwicklung gewann das Team zusätzlich noch den ersten Preis in der Kategorie Technical Challenge. Für den internationalen Wettbewerb 2018 in Montreal wird sich das Team verstärkt um das Greifsystem kümmern, um auch sicher Produkte der größten Komplexitätsstufe fertigen zu können.

Roboter handeln selbständig in der Fabrik der Zukunft Die internationale RoboCup Community hat das Ziel, die Entwicklung intelligenter Roboter durch Wettbewerbe zu fördern, die Wissenschaftlern sowie Studierenden aus aller Welt als attraktives Testfeld zur Demonstration ihrer Roboter dienen. Es gibt die fünf Ligen RoboCup Soccer, RoboCupRescue, RoboCup@Home, RoboCup Industrial und RoboCupJunior. Die Logistics League ist wiederum eine Unterdisziplin der RoboCup Industrial-Liga, die einen gemeinsamen Rahmen für die industrienahen Anwendungsligen des RoboCup darstellt. Die Roboter planen, realisieren und optimieren den Materialfluss und liefern Produkte gemäß dynamischer Aufträge in der industriellen Produktionsanlage. Dabei sind vorab weder die verfügbaren Fertigungsanlagen noch das Produkt oder die Lieferzeit bekannt und die Fertigung muss online von den Robotern geplant werden.

Kontakt: Sebastian Schönitz M.Sc. sebastian.schoenitz@ima-zlw-ifu.rwth-aachen.de

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Auszeichnungen


Mobile Robotik in der Industrie Ausgezeichnet: Fahrerloses Transportsystem TORsten gewinnt IFOY Award 2017

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ur Erschließung neuer Marktsegmente und Ausweitung des fördertechnischen Portfolios entwickelte die Torwegge GmbH & Co. KG, ein etabliertes Unternehmen im Bereich der Fördertechnik aus Bielefeld, die teleoperierte Plattform TORsten. Mitte 2016 wurde das CyberneStephan Printz tics Lab beauftragt, das Fahrzeug zu einem Fahrerlosen Transportsystem weiter zu entwickeln, das auf Basis der Freiraumnavigation durch eine Laserkontur basierten Lokalisierung in Produktions- und Logistikumgebungen Materialflussaufträge durchführt. Der erste Prototyp konnte im Oktober 2016 auf der Fachmesse Motek in Stuttgart Christoph Henke präsentiert werden. Die Idee hinter diesem Robotersystem: Eine möglichst flache Plattform, die individuelle Werkstückträgerplattformen unterfährt und diese mit den beladenen Werkstücken an ihren Bestimmungsort bringt. TORsten plant selbsttätig eine optimale Route hinsichtlich Fahrtzeit und Wegstrecke und umfährt Hindernisse René Vossen automatisch. Daneben ist das System in der Lage, sowohl visuelle Signale in Form von umlaufenden LEDStreifen auszusenden als auch akustische Signale mittels Soundmodul abzugeben. Hierdurch können Personen im Umfeld des Roboters auf den derzeitigen Zustand und die ausgeführte Aktion

Das fahrerlose Transportsystems TORsten navigiert autonom im Raum und plant seine Routen selbstständig.

des Roboters hingewiesen werden, wie durch die Sprachausgabe „Vorsicht, ich fahre los!“ vor dem Anfahren des Roboters. Das System zeichnet sich steuerungsarchitektonisch durch eine Low-LevelEchtzeitsteuerung und eine Top-Level Navigationssteuerung aus. Das Echtzeitsystem wird durch eine Steuerung aus dem Hause SEW-EURODRIVE GmbH & Co KG gekoppelt mit Sicherheitstech-

Preisverleihung des IFOY Awards 2017 in der BMW Welt in München.

nik der Firma Sick AG, bereitgestellt. In dieser Steuerung wird die Kinematik des Systems auf drei Freiheitsgrade (transversal, lateral und rotatorische Bewegung) abgebildet. Diese drei Freiheitsgrade ergeben sich durch einen Mecanum-Radantrieb, wodurch es der Plattform möglich ist, auf der Stelle zu drehen oder auch seitwärts zu verfahren. Die Top-Level Steuerung befasst sich mit komplexeren Berechnungen, wie u.a. der Sensorfusion, der Bahnplanung und der Kollisionsvermeidung. Diese Architektur ermöglicht die Betrachtung des fahrerlosen Transportsystems als Roboter. Dadurch ist das System erweiterbar, z.B. mit einem Sechs-Achsroboter auf neun Freiheitsgrade zu einem mobilen Manipulator. Beste Neuentwicklung in der Intralogistik Im Januar 2017 wurde die Plattform zu den Finalisten des IFOY Awards 2017 in der Kategorie „Automated Guided Vehicle“ nominiert. Diese internationale Auszeichnung kürt jährlich die besten Neuentwicklungen im Bereich Intralogistik. Die nominierten Systeme werden dazu in einem einwöchigen Test durch eine wissenschaftliche (u.a. besetzt durch Prof. Dr.-Ing. Rainer Bruns, HSU Hamburg und Dipl.-Ing. Guido Follert, Fraunhofer IML Dortmund) und eine Fachjury bewertet. Im Mai 2017 wurde der Preis schließlich in der Münchener BMW Welt verliehen, nachdem sich die Plattform TORsten gegen den Konkurrenten SSI Schäfer im Finale durchgesetzt hatte.

TORsten Kooperationspartner: Torwegge GmbH & Co.KG, SEWEURODRIVE GmbH & Co.KG, Sick AG Kontakt: Christoph Henke, M.Sc. christoph.henke@ima-zlw-ifu.rwth-aachen.de

Auszeichnungen

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Dissertationen am Cybernetics Lab Dissertation von Bahoz Abbas Verteilte Multi-Agenten zur Planung und Steuerung von Produktionsumgebungen auf Basis der Gewaltenteilung und Gewaltenverschränkung

Z

unehmende Produktindividualisierung in Verbindung mit einer stetig steigenden Produktkomplexität, Bahoz Abbas stellt auch deutsche Unternehmen vor die Herausforderung, ihre Produktionsprozesse und -systeme hochgradig flexibel und anpassungsfähig zu gestalten. Das von der Bundesregierung im Rahmen ihrer Hightech-Strategie initiierte Zukunftsprogramm „Industrie 4.0“ begegnet dieser Herausforderung mit der Leitidee der vernetzten und intelligenten

Produktion in Form von Produktionsnetzwerken. Die hierfür notwendige Weiterentwicklung der klassischen Planungs- und Steuerungssysteme erfolgt dabei auf Basis der verteilten künstlichen Intelligenz in Form von Multi-Agenten-Systemen. Die Fähigkeit von Agenten, autonom zu handeln und sich selbst zu organisieren, führt bisher zu Defiziten bei der Kontrollierbarkeit, Zuverlässigkeit und den Reaktionszeiten agentenbasierter Steuerungssysteme und damit auch zu einer geringen Akzeptanz in der praktischen Anwendung. Um diese Defizite zu beheben, wurde im Rahmen der Dissertation ein verteiltes agentenbasiertes Planungs- und Steue-

rungssystem (P&S-System) nach dem Vorbild des politischen Modells der Gewaltenteilung und -verschränkung entwickelt und an einer Produktionsmaschine erfolgreich getestet. Neben der Steuerung einer Produktionsmaschine auf der Feldebene, ist das P&S-System zudem in der Lage, verschiedene Produktionseinheiten für eine intelligente Gesamtproduktion zu vernetzen.

Kontakt: Dr.-Ing. Bahoz Abbas bahoz.abbas@ima-zlw-ifu.rwth-aachen.de

Dissertation von Alexander an Haack Qualitätskulturen in cyber-physischen Produktionssystemen

QI

ualitätskulturen gelten als zentral Schlüssel für erfolgreiches Qualitätsmanagement in produzierenAlexander an Haack den Unternehmen. Bestehenden Untersuchungen zu Qualitätskulturen mangelt es gerade aus Sicht deutscher Unternehmen jedoch an realistischen Entwicklungszielen für Organisationskulturen sowie an konkreten Bezügen zu Qualitätspraktiken. Auch liegen bisher keine Untersuchungen vor, die diskutieren, wie sich Qualitätskulturen in den zunehmend digitalisierten, sogenannten cyberphysischen Produktionssysteme der Zukunft

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Dissertationen

entwickeln. In einer deutschlandweiten Studie wurden Daten über die Organisationskulturen und das Qualitätsmanagement von fast 500 produzierenden Unternehmen erhoben. In deren Analyse konnten besonders die nur indirekt messbaren, stark positiven Effekte sogenannter Klan-Kulturen aufgedeckt werden. Klan-Kulturen, die unter anderem für eine hohe Mitarbeiterverantwortung sowie flexible Problemlösung stehen, sind in der Stichprobe zu etwa 40% dafür verantwortlich, dass Qualitätspraktiken ihre volle Wirkung entfalten. In cyber-physischen Produktionssystemen werden Klan-Kulturen zudem notwendig sein, um die wachsende, technisch induzierte Komplexität zu beherrschen. Die Arbeit bietet zum ersten Mal einen nicht

idealisierten, empirisch fundierten Zugang zur Gestalt von Qualitätskulturen im deutschsprachigen Raum sowie zu deren Entwicklung im Zeitalter der Digitalisierung. In der Praxis heutiger, produzierender Unternehmen ermöglicht sie die kulturgerechte Gestaltung von Qualitätsmanagementsystemen.

Kontakt: Dr.-Ing. Alexander Haack alexander.an.haack@me.com


Dissertation von Max Hoffmann Agenten für die Industrie 4.0 – OPC UA und Multi-Agenten-Systeme für die Fabrik der Zukunft

AI

ufgrund zunehmender Forderungen nach stärkerer Digitalisierung und Flexibilisierung in Max Hoffmann der Produktion wachsen die Anforderungen an moderne Fabriken hinsichtlich der Implementierung zukunftsorientierter Lösungen für die Produktionsplanung und -steuerung. Diese Arbeit zielt insbesondere auf die Anforderungen an Altsysteme und laufende Produktionssysteme in der Fertigung ab, welche durch Technologien der Industrie 4.0 oder getrieben durch Begriffe wie cyberpyhsische Systeme modernisiert werden sollen. Für diesen Übergang findet ein zweistufiger Prozess Anwendung – zunächst erfolgt die Einführung von skalierbaren Kommunikationslösungen, in einem zweiten Schritt die Etablierung autonomer Systeme in der Fabrikumgebung. Die Implementierung von Kommunikations- und Interoperabilitätslösungen geschieht durch Integration von

Schnittstellentechnologien, die sowohl eng gekoppelte Architekturen als auch service-orientierte Ansätze flexibel gekoppelter Systeme für einen netzübergreifenden Informationsaustausch ermöglichen. Hinsichtlich dieser Anforderungen findet eine Anwendung des OPC UA Standards zur Metamodellierung statt, da dieser sowohl Kompatibilität zu deterministischen Bussystemen aufweist wie auch eine Integration in flexible Netzwerkumgebungen unterstützt. Durch die Nutzung der objektorientierten Modellierungsfähigkeiten von OPC UA ist es möglich, ein digitales Abbild komplexer Fabrikumgebungen zu realisieren. Diese digitale Repräsentation einer Produktion dient als Ausgangspunkt für die Implementierung sogenannter smarter Agenten. Diese können unter Verwendung von Techniken der Informationsmodellierung dazu genutzt werden, virtuelle Repräsentationen physischer Maschinen sowie weiterer Komponenten aus der Produktion darzustellen und ermöglichen so die Etablierung cyberphysischer Systeme in den Produktionsverbund. Intelligente Agenten, die somit

sowohl in der realen Welt wie auch im Cyberspace koexistieren, werden somit in die Lage versetzt, autonom zu kommunizieren sowie die Produktion auf Basis von Algorithmen und dezidierter Softwaremodule selbständig zu organisieren sowie zu optimieren. Die Realisierung dieser intelligenten Lösungen zur Produktionsoptimierung wird weiterhin durch eine Anwendung auf industrielle Use-Cases evaluiert, welche die Anforderungen realer Produktionen widerspiegeln. Ein Software-Demonstrator, der auf der Hannover-Messe 2016 vorgestellt wurde, sowie Validierungsszenarien zeigen die Anwendbarkeit der vorgestellten Ansätze auf reale Anwendungsfälle in der Fertigung auf.

Kontakt: Dr.-Ing. Max Hoffmann, MBA max.hoffmann@ima-zlw-ifu.rwth-aachen.de

Dissertation von Daniela Janssen Einfluss von Persönlichkeitseigenschaften und immersiven Benutzerschnittstellen auf User Experience und Leistung

DI

er Einsatz innovativer Technologien wie Virtual Reality gewinnen im Bildungssektor als Vorbereitung Daniela Janssen auf einen digitalisierten und globalen Arbeitsmarkt zunehmend an Bedeutung. Im Zuge einer stärker individualisierten Gestaltung der Hochschullehre stellt sich die Frage, welche Rolle die persönlichen Eigenschaften der Lernenden auf die Nutzung immersiver Technologien haben. In der vorliegenden Arbeit wurden anhand eines medienpsychologischen Forschungsansatzes die Einflussfaktoren der Persönlichkeit und die Wirkung der

immersiven Benutzerschnittstelle auf die User Experience, die emotionale Aktivierung und die Leistung von Lernenden erforscht. Der positive Einfluss immersiver Benutzerschnittstellen auf das Präsenzerleben, das heißt auf das Gefühl des Lernenden, in der virtuellen Umgebung anwesend zu sein, konnte mithilfe der empirischen Studie bestätigt werden. Die Ergebnisse zeigen außerdem, dass die räumlichen Fähigkeiten des Lernenden einen bedeutenden Einflussfaktor auf die Leistung darstellen. Räumlichkeit ist folglich ein Gestaltungsparameter virtueller Umgebungen und das unabhängig von der eigentlichen Aufgabenstellung. In Hinblick auf die Leistungen der Lernenden zeigen sich Unterschiede in Bezug auf die Eingewöhnungszeit. Für den

Einsatz im Bildungssektor lässt sich daher ableiten, dass es ergänzend zu einer Einarbeitungszeit für Lernende Schulungsangebote zum Umgang mit diesen Technologien sowie zur didaktisch sinnvollen Integration in den Lehr- und Lernprozess für Lehrende geben muss. Die Arbeit versteht sich als ein Beitrag zum nutzerorientierten und individualisierten Einsatz immersiver-Technologien im Lehr- und Lernprozess, die bereits eine frühzeitig Verankerung im Bildungssektor erfahren sollten.

Kontakt: Dr. phil. Daniela Janssen daniela.janssen@ima-zlw-ifu.rwth-aachen.de

Dissertationen

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Dissertation von Stephan Printz Risikomanagement von Supply Chains mittels probabilistischer BDI-Agenten

ZI

um aktuellen Zeitpunkt ist das Risikomanagement von Supply Chains (SCs) durch Informationsdefizite Stephan Printz entlang der gesamten Wertschöpfungskette von der Expertise der Risikomanager abhängig. Im Zuge der stetig wachsenden Digitalisierung sowie verstärkten Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologien, werden vermehrt Datenmengen generiert. Durch diese Daten und Methoden aus dem Forschungsbereich der künstlichen Intelligenz, besteht

die Möglichkeit die Prozessschritte der Risikobeurteilung und -behandlung zu operationalisieren. Zentrales Ergebnis dieser Arbeit ist ein System zum Risikomanagement von SCs mittels intelligenter Software-Agenten. Im Fokus steht dabei die Verwendung eines probabilistischen Algorithmus zur Berücksichtigung von Unsicherheiten während der Entscheidungsfindung, die den Risikomanager unterstützt. Beginnend mit einer Ist-Analyse, besteht das System aus verschiedenen Komponenten, die über eine graphische Benutzeroberfläche vom Risikomanager an den BDI-Agenten übergeben werden. In einem

zweiten Schritt definiert der Benutzer, abhängig von der Risikostrategie, einen Wunschzustand. Zuletzt bewertet der Nutzer die in einem Wissenspool hinterlegten Maßnahmen und übergibt diese den BDI-Agenten (BDI steht für die Architektur „Belief-Desire-Intention“). Dieser priorisiert die Maßnahmen anhand der Risikostrategie und zeigt ein mögliches Vorgehen zum Erreichen des Wunschzustandes.

Kontakt: Dr.-Ing. Stephan Printz stephan.printz@ima-zlw-ifu.rwth-aachen.de

Dissertation von Stefan Schröder Modellentwicklung zum Benchmarking von Exzellenzclustern mittels Data Science

DI

as rapide Wachstum von Textdokumenten, die derweil vermehrt online, freizugänglich verfügbar sind, Stefan Schröder macht den Einsatz von modernen Techniken der Text- und Datenverarbeitung notwendig. Über die letzten Jahre sind daher Wissenschaftsbereiche entstanden, wie z.B. die eHumanities, die neue Methoden zur Analyse entwickeln oder einen Mix aus Bestehendem und Neuem anstoßen. Insbesondere die Verwendung von Data Mining Verfahren auf Texten, das NLP, IR und Maschinenlernen stehen in einem breitenwirksamen Diskurs und werden im Rahmen dieser Arbeit erprobt. Benchmarking hingegen wirkt zum jetzigen Zeitpunkt, im Vergleich zu den Data

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Dissertationen

Sciences, leicht antiquiert und weniger innovativ. Zwar ist dessen Implementierung in Wirtschaft und Wissenschaft ebenso prominent wie förderpolitisch diskutiert, und ebenso fordern die DFG und der WR die Bereitschaft der Exzellenzcluster, sich selbst und die eigenen Methoden zu hinterfragen, doch basieren die Planungsstrategien vornehmlich auf Evaluationen, gestützt durch Fragebögen und Expertenintegration (Peer Reviews). Besonders in Unternehmen spielen Daten eine große Rolle. Lagen diese Daten bislang häufig strukturiert in sogenannten Data Warehouses oder DMS vor, werden diese zunehmend unstrukturiert archiviert. Als Grundlage für Planung, Organisation und Steuerung von Managemententscheidungen müssen diese in den Analyseprozess integriert werden, was schließlich mit Hilfe von Text Mining Verfahren zu Wettbewerbsvorteilen führen kann.

Ziel der Arbeit ist es, sowohl der Strategieentwicklung der DFG und des WR ein unterstützendes Werkzeug zur Selbstreflexion, Trendentwicklung und Synergieidentifikation zu bieten, welches gleichzeitig sowohl den Methodenfokus auf moderne Verfahren der Data Science legt, als auch das klassische Konzept des Network Benchmarkings um einen weiteren Aspekt der Analyse ergänzt. Von den erzielten Erkenntnissen können sowohl das Wissenschaftssystem, speziell Forschungscluster, als auch die Wirtschaft profitieren.

Kontakt: Dr. rer. nat. Stefan Schröder stefan.schroeder@ima-zlw-ifu.rwth-aachen.de


Dissertation von Valerie Stehling Mentoring als strategisches Instrument „Lernender Hochschulen“ am Beispiel des Aachener Mentoring Modells

MI

entoring ist seit einigen Jahren ein an vielen Hochschulen eingesetztes Instrument zur Begleitung und Valerie Stehling Betreuung von Studierenden im Studienverlauf. Für Förderer solcher Angebote sowie Hochschulen stellt sich insbesondere die Frage nach der Wirksamkeit der eingesetzten Maßnahmen. An der RWTH Aachen University wurde 2011 ein solches Mentoringsystem eingerichtet. Mit dem Aachener Mentoring Modell verfolgt die Hochschule seither gleich zwei Ziele: Einerseits die direkte Unterstützung für die Studierenden, andererseits die Ein-

richtung von systematischen Feedbackmechanismen, die dazu verhelfen sollen, einen direkten Einblick in die studentische Realität zu erhalten. Auf diese Weise sollen im Sinne einer „Lernenden Hochschule“ mögliche strukturelle Schwachstellen identifiziert und durch gezielte Gegenmaßnahmen behoben werden können. Im Rahmen der Dissertation wurde daher am Beispiel des Aachener Mentoring Modells untersucht, inwieweit Mentoring als ein strategisches Instrument „Lernender Hochschulen“ eingesetzt werden kann. Durch die Anwendung einer wissenssoziologischen Diskursanalyse verknüpfte der Forschungsansatz dabei Methoden der linguistischen Forschung mit soziologischen Konzepten. Ob es sich für Förderer, Hoch-

schulen oder auch Unternehmen lohnt, in Mentoring zu investieren, hängt letztlich von den Erwartungen an das Angebot ab. Die Ergebnisse der Analyse zeigen, dass das Aachener Mentoring Modell sich als Baustein der „Lernenden Hochschule“ eignet.

Kontakt: Dr. phil. Valerie Stehling valerie.stehling@ima-zlw-ifu.rwth-aachen.de

Dissertation von Sebastian Stiehm Gestaltungsparameter für die (Re-) Integration von Produktion in den urbanen Raum im Kontext von Industrie 4.0

PI

roduktion ist heute durch ganz andere Merkmale geprägt als vor 100 Jahren, vor allem in der Stadt. Dies Sebastian Stiehm zeugt von einer bewegten Industriegeschichte: Wurde in den vorangegangenen industriellen Revolutionen noch städtisch produziert, so fand sich die Fertigung nicht zuletzt aufgrund störender Emissionen zunehmend in der Peripherie wieder und Funktionen wie Wohnen und Arbeiten wurden getrennt. Neue Entwicklungen und Technologien der Industrie 4.0 heben diesen Trend auf und ermöglichen (wieder) die Integration der Fabrik in die Stadt. So verspricht die Smart Factory eine kundennahe, individuelle Herstellung von Produkten in neuen Wertschöpfungsmodellen bei gleichzeitig geringerem Flächenbedarf und weniger Emissionen.

Die vorliegende Arbeit nähert sich dem Paradigma der (Re-) Integration urbaner Produktion iterativ an. Aufgrund des noch jungen Forschungsfeldes besteht daher der Anspruch, urbane Produktion möglichst ganzheitlich abzubilden. Sie wird zunächst als interdisziplinärer Forschungsgegenstand verstanden und in einer industriellen sowie raumwirksamen Perspektive diskutiert. Zur ganzheitlichen Erfassung urbaner Produktion werden in insgesamt drei qualitativen und quantitativen Iterationen Gestaltungsparameter des Paradigmas erfasst. Schließlich beschreiben 20 Parameter urbane Produktion multiskalar auf vier Maßstabsebenen. Es werden Wirkungsgefüge zwischen den Parametern analysiert, und diese Analyse ergibt wiederum laut dem Systemforscher Frederic Vester dezidierte Aussagen über die verschiedenen Gestaltungsparameter: Deutlich lässt sich herauskristallisieren, dass die Parameter „Individuelle Produktion unter hohem Kun-

deneinbezug“ sowie „Neue Wertschöpfungsmodelle und Produktionsnetzwerke“ im aktuellen Diskurs urbaner Produktion eine besondere Rolle einnehmen. Die Gestaltungsparameter werden anhand von fünf Szenarien inhaltlich weiter veranschaulicht. Diese Szenarien werden eng an dreizehn Handlungsfelder geknüpft, die vorrangig Kommunen und Unternehmen erste Ansatzpunkte zur (Re-) Integration urbaner Produktion geben. Dabei zeigt die vorliegende Arbeit grundsätzliche räumliche Wirkungen von Industrie 4.0 auf und inwiefern Potentiale zur Ausgestaltung urbaner Produktion genutzt werden können.

Kontakt: Dr. rer. nat. Sebastian Stiehm sebastian.stiehm@ima-zlw-ifu.rwth-aachen.de

Dissertationen

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Neue Mitarbeiter

Seit September 2017

2014 – 2017

Jan Bierotte

Albert Pierre Bou Sleiman

MATSE

M.Sc. Mathematik & Informatik, M.B.A.

Auszubildender als Mathematisch-technischer Soft-

Seit Juni 2017

wareentwickler am IMA/ZLW & IfU

Hildegardis-Schule Hagen, Fachoberschulreife

Wissenschaftlicher Mitarbeiter am IMA/ZLW & IfU in der Forschungsgruppe „Innovations- und Arbeitsforschung“

2008 – 2016

IT Berater, Schwerpunkt Data Analysis und BI, im Bereich Finance and Operations

2012 – 2014

Masters of Business Administration, American University of Beirut

Lea Marleen Daling M.Sc. Psychologie

2003 – 2008

Studium – Meng. Lebanese University, Libanon. Masterstudium MMI, Telecom Bretagne, Frankreich

Marion Funken Seit November

Wissenschaftliche Mitarbeiterin am IMA/ZLW & IfU in der

2017

Forschungsgruppe „Innovations- und Arbeitsforschung“

2016 – 2017

Organisationsentwicklung, systemisches Coaching und

M.Sc. Physik

Beratung bei der beyond university GmbH

2015 – 2017

Masterstudium Sozial-, Organisations- und Wirtschafts-

Seit Mai 2017

psychologie an der FU Berlin

2012 – 2015

Bachelorstudium Psychologie an der Medical School

Wissenschaftliche Mitarbeiterin am IMA/ZLW & IfU in der Forschungsgruppe „Technische Kybernetik“

2016 – 2017

Hamburg

Studentische Hilfskraft in der „Experimentellen Teilchenphysik“

2011 – 2017

Studium der Physik an der RWTH Aachen University mit Vertiefungsrichtung „Experimentelle Teilchenphysik“

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Neue Mitarbeiter


Seit April 2017

Marc Haßler

Moritz Hellebrandt

M.Sc. Mathematik

MATSE

Wissenschaftlicher Mitarbeiter am IMA/ZLW & IfU in der

Seit Augst 2017

Forschungsgruppe „Cognitive Computing & E-Health“

2011 – 2017

Masterstudium Mathematik an der RWTH Aachen

Auszubildender als Fachinformatiker für Systemintegration am IMA/ZLW & IfU

2014 – 2017

Abitur am Gymnasium Zitadelle Jülich

University

2008 – 2017

Studentischer Mitarbeiter am IMA/ZLW & IfU

2007 – 2011

Bachelorstudium Mathematik an der RWTH Aachen

Gesa Horn

University

M.Sc. Psychologie

Kathrin Hohlbaum M.Sc. Lehr- und Forschungslogopädie Seit Dezember 2016

Wissenschaftliche Mitarbeiterin am IMA/ZLW & IfU in der Forschungsgruppe „Knowledge Engineering“

2016

Seit Juni 2017

Wissenschaftliche Mitarbeiterin am IMA/ZLW & IfU in

2014 – 2015

2015

Zweitstudium: Empirische Bildungsforschung an der

2010 – 2014

Studentische Mitarbeiterin am IMA/ZLW & IfU

2007 – 2015

Ausbildung, Studium und Berufstätigkeit im Bereich

Bachelorstudium Psychology, Maastricht University, Niederlande und Lund University, Schweden

RWTH Aachen University

2015 – 2017

Masterstudium Work and Organisational Psychology, Maastricht University, Niederlande

der Forschungsgruppe „Digital Learning Environments“

Seit Oktober

Studentische Mitarbeiterin am IMA/ZLW & IfU

Christina Jansen

Logopädie mit dem Schwerpunkt Neurologie

Office Management

Seit August 2017

Auszubildende zur Kauffrau für Büromanagement im Bereich Office Management

2008 – 2016

Abitur am St. Michael Gymnasium Monschau

Neue Mitarbeiter

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Seit September 2017

Alexander Kesler

Thomas Otte

MATSE

M.Sc. Maschinenbau

Auszubildender als Mathematisch-technischer-Soft-

Seit März 2017

wareentwickler am IMA/ZLW & IfU

Wissenschaftlicher Mitarbeiter am IMA/ZLW & IfU in der Forschungsgruppe „Mobilität und Logistik“

2015 – 2016

Abitur am Berufskolleg für Wirtschaft und Verwaltung,

2013 – 2016

Masterstudium Maschinenbau an der TU Hamburg

2009 – 2017

Freiberuflicher Berater & Dienstleister

2009 – 2013

Bachelorstudium des Maschinenbaus an der TU

Aachen

2013 – 2015

Fachabitur am Berufskolleg für Wirtschaft und Verwaltung, Aachen

Hamburg

Laura Platte Pepper

M.A. Digitale Medienkommunikation

Seit September 2017

Wissenschaftliche Mitarbeiterin am IMA/ZLW & IfU in der Forschungsgruppe „Knowledge Engineering“

2017

Pepper zieht ins Cybernetics Lab nach Aachen

2015 – 2017

Studentische Mitarbeiterin am IMA/ZLW & IfU

2016

Pepper kommt in Europa auf den Markt

2014 – 2017

Masterstudium Digitale Medienkommunikation an der

2015

Marketing-Experte für Kaffeeautomaten bei Nestlé

2014

Erwachen von Pepper in Urayasu, Tokio

RWTH Aachen University

2011 – 2014

Bachelorstudium Sprach- und Kommunikationswissenschaft, Betriebspädagogik und Wissenspsychologie an der RWTH Aachen University

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Neue Mitarbeiter


Seit Juli 2017

2016 – 2017

Vladimir Samsonov

Jan Schneider

M.Sc. Wirtschaftsingenieurwesen

MATSE

Wissenschaftlicher Mitarbeiter am IMA/ZLW & IfU in der

Seit September

Auszubildender zum Mathematisch-technischen Soft-

Forschungsgruppe „Produktionstechnik“

2016

wareentwickler am IMA/ZLW & IfU

Manufacturing Engineering Graduate Development

2016

Abitur am Maximilian-Kolbe-Gymnasium, Wegberg

Programme bei Rolls-Royce Deutschland

2013 – 2015

Masterstudium Wirtschaftsingenieurwesen an der TU

Haoming Zhang

Hamburg

M.Sc. Mechatronik 2013

Management Trainee Program in Lieferung- und Bedarfsplanung bei L‘Oréal Russland

2007 – 2013

Diplomstudium Maschinenbau an der Staatlichen Technischen Universität Moskau „Baumann“ Seit Mai 2017

Wissenschaftlicher Mitarbeiter am IMA/ZLW & IfU in der Forschungsgruppe „Technische Kybernetik“

Christian Scheiderer

2016 – 2017

M.Sc. Automatisierungstechnik

Studentischer Mitarbeiter am Lehrstuhl Steuerung, Regelung und Systemdynamik an der Universität Duisburg-Essen

2012 – 2016

Bachelor- und Masterstudium Mechatronik an der Universität Duisburg-Essen

Seit Oktober 2017

2015 – 2017

Wissenschaftlicher Mitarbeiter am IMA/ZLW & IfU in der

2010 – 2012

Bachelorstudium Maschinenbau an der CUMT, China

Forschungsgruppe „Produktionstechnik“

Masterstudium Automatisierungstechnik an der RWTH Aachen University mit den Schwerpunkten Machine

Yun Zheng

Learning und Robotik

M.Sc. Elektrotechnik 2012 – 2015

Bachelorstudium Mechatronik an der TU Darmstadt

Seit Juli 2017

Wissenschaftliche Mitarbeiterin am IMA/ZLW & IfU in der Forschungsgruppe „Technische Kybernetik“

2016 – 2017

Wissenschaftliche Mitarbeiterin im Bereich Bildverarbeitung am Fraunhofer-Institut IZFP, Saarbrücken

2012 – 2015

Masterstudium Elektrotechnik an der RWTH Aachen University

2016 – 2010

Bachelorstudium Automatisierungstechnik an der Nanjing University of Science and Technology, China

Neue Mitarbeiter

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International Class Erman Gözü

Feifei Li

M.Sc. Wirtschaftsingenieurwesen

M.Sc. Wirtschaftsingenieurwesen & M.Ing Fahrzeugtechnik

Seit Oktober 2017

Mitglied der International Class am IMA/ZLW & IfU in der Forschungsgruppe „Produktionstechnik“

2014 – 2017

Masterstudium Wirtschaftsingenieurwesen, Wissen-

Seit September 2017

Mitglied der International Class am IMA/ZLW & IfU in der Forschungsgruppe „Produktionstechnik“

2014 – 2015

Layout-Ingenieur in FAW, China

2013 – 2014

Wirtschaftsingenieur, eHealth System, Veteran Affairs

schaftlicher Mitarbeiter am Micro System Design and Manufacturing Center, Bilkent University, Ankara, Türkei

Health Center, Pittsburgh, USA 2010– 2014

Bachelorstudium Wirtschaftsingenieurwesen, Bilkent

Masterstudium Wirtschaftsingenierwesen, University of

University, Ankara, Türkei

Pittsburgh, USA

2010 – 2013

Masterstudium Fahrzeugtechnik, Tongji University, Shanghai, China

Ngo Quang Ha M.Sc. Automatisierung und Regelung

2005 – 2010

Bachelorstudium Fahrzeugtechnik, Tsinghua University, Beijing, China

Seit April 2017

Mitglied der International Class am IMA/ZLW & IfU in der Forschungsgruppe „Technische Kybernetik“

2012 – 2016

Mitarbeiter am DCSE Lab, Vietnam National University, Ho-Chi-Minh City

2004 – 2011

Bachelor- und Masterstudium der Automatisierung und Regelung an der Tomsk Polytechnische Universität, Russland

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International Class


† Jürgen Heinl Völlig unerwartet und viel zu früh ist unser langjähriger, hochgeschätzter ITMitarbeiter Jürgen Heinl am 24. März 2017 verstorben. Das Institut verliert einen integralen Bestandteil, einen Charakter und einen Mann der ersten Stunde. Unsere Gedanken sind bei seiner Familie und seinen Freunden.

Nachruf

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Buchvorstellung: Security and Privacy in Cyber-Physical Systems Foundations, Principles and Applications Geschrieben von einem Autorenteam aus Experten der vordersten Front der Cyber-Physical-Systems (CPS)-Revolution bietet dieses Buch einen eingehenden Blick auf das Thema Sicherheit und Privatsphäre; zwei der kritischsten Herausforderungen, vor denen sowohl die CPS-Forschung und Entwicklung, als auch ICT-Profis stehen. Es erforscht in der Tiefe die wichtigsten technischen, sozialen und rechtlichen Fragen und bietet den Lesern die Informationen, die sie benötigen, um Forschung und Entwicklung in diesem spannenden Bereich voranzutreiben. Cyber-Physical-Systems (CPS) sind Systeme, die aus der nahtlosen Integration von Berechnungsalgorithmen und physikalischen Komponenten bestehen. Fortschritte in CPS ermöglichen Anpassungsfähigkeit, Skalierbarkeit, Robustheit, Sicherheit, Schutz und Benutzerfreundlichkeit weit über die derzeitigen Möglichkeiten einfacher eingebetteter Systeme. So wie das Internet die Art und Weise, wie wir mit Informationen interagieren revolutioniert hat, hat die CPS-Technologie bereits damit begonnen, die Art und Weise, wie Menschen mit konstruierten Systemen interagieren, zu verändern. Dieses Buch unterstützt Forscher, Experten und Studenten, die sich mit Themen an den Grenzflächen von Sicherheit, Privatsphäre und CPS beschäftigen. Herausgeber: Houbing Song, Glenn A. Fink, Sabina Jeschke ISBN: 978-1-119-22604-8 Verlag: John Wiley & Sons, Inc. Veröffentlichung: November 2017

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Buchvorstellungen


Buchvorstellung: Smart Cities Foundations, Principles and Applications

Das Buch gibt einen Einblick in Grundlagen und Strategien um intelligente Städte (Smart Cities) zu entwickeln. Die Forschung und Entwicklung intelligenter Städte sind weltweit von zunehmender Bedeutung. Sie eröffnen neue Möglichkeiten in verschiedensten Bereichen, wie Wirtschaftswachstum, Gesundheit, Wellness, Energieeffizienz und Transport, um eine nachhaltige Entwicklung der Städte zu fördern. Dieses Buch enthält Grundlagen und Strategien für eine solche Entwicklung und nimmt neue Technologien und Forschungstrends unter die Lupe. Smart Cities: Foundations, Principles, and Applications bietet eine systemwissenschaftliche Perspektive auf die Grundlagen und Prinzipien, die sich über mehrere Disziplinen für die Entwicklung von smarten Städten erstrecken. Es enthält u.a. intelligente Stadttheorie, Modellierung und Simulation, sowie die Analyse von Fallstudien intelligenter Städte aus der ganzen Welt. Herausgeber: Houbing Song, Ravi Srinivasan, Tamim Sookoor, Sabina Jeschke ISBN: 978-1-119-22639-0 Verlag: John Wiley & Sons, Inc. Veröffentlichung: September 2017

Kontakt für beide Publikationen: Dr. rer. nat. Pia Bresenitz pia.bresenitz@ima-zlw-ifu.rwth-aachen.de

Bildnachweise Titelbild, S. 15: © Harald Steinkamp S.6 © digitalHUB Aachen e.V. S.17 : © Peter Linder/ Markus Bobbe S.19 : © Festo AG S. 25, 26 : © Maren Baur S. 30 : © solutionsreview.com S. 32 : © Wim Veen S. 39 : © Jonas Pfeiffer S. 56 : © Sven Wamig Bilder, soweit keine anderen Quellen angegeben: © Cybernetics Lab IMA/ZLW & IfU Buchvorstellungen / Bildnachweise

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Herausgeber Cybernetics Lab, IMA/ZLW & IfU der RWTH Aachen University Direktorin: Prof. Dr. rer. nat. Sabina Jeschke 1. Stellvertreterin: apl.-Prof. Dr. habil. Ingrid Isenhardt 2. Stellvertreter: Dr. rer. nat. Frank Hees Senior Advisor: Prof. Dr.-Ing. em. Klaus Henning DennewartstraĂ&#x;e 27 D-52068 Aachen Telefon + 49 (0) 2 41 - 80 911 00 Telefax + 49 (0) 2 41 - 80 911 22 E-Mail: presse@ima-zlw-ifu.rwth-aachen.de Internet: www.ima-zlw-ifu.rwth-aachen.de Redaktion Nicole NeliĂ&#x;en, M.A. Dr. rer. nat. Pia Bresenitz Layout Maren Baur Ausgabe Dezember 2017 Bundesrepublik Deutschland ISSN: 2191-1924 72

Impressum


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