Angedacht 2018

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angedacht Cybernetics Lab − Aachen 2018


Das Team in Zouteland im Sommer 2018

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

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as Jahr 2018 war wieder ein ausgesprochen spannendes Jahr für die Forschung: In Zeiten globaler Herausforderungen auf allen Wissensgebieten, der rasanten Digitalisierung und KI, dem Wandel der Arbeit im Wissenschaftsjahr „Arbeitswelten der Zukunft“ in unseIngrid Isenhardt rer Wirtschaft und Gesellschaft gehen uns im Cybernetics Lab die Forschungsfragen noch weniger aus denn je. Als konsequente Anpassung daran hat sich das Cybernetics Lab neu erfunden, und das im maximalen Sinne: Aus dem Lehrstuhl für Informationsmanagement im Maschinenbau (IMA) wird zukünftig „Data Science Frank Hees im Maschinenbau.“ Die Einzigartigkeit der neu gestalteten Professur besteht dabei in dem holistischen Ansatz und der Umsetzung von Data Science-Technologien in MenschMaschine-Umgebungen, sprich soziotechnischen Systemen, die für produzierende Unternehmen zukünftig verstärkt domänenübergreifend erforscht, entwickelt und implementiert werden müssen. Die daraus resultierenden interdisziplinären Herausforderungen werden seit inzwischen mehr als 30 Jahren vom Lehrstuhl Informationsmanagement im Maschinenbau (IMA) und dem An-Institut für Unternehmenskybernetik (IfU) – kurz „Cybernetics Lab IMA & IfU“ gemeinsam erforscht und entwickelt. Die anstehende Neubesetzung des Lehrstuhls und die Konzentration bisheriger Lehrdienstleistungen des Zentrums für Lern- und Wissensmanagement (ZLW) in die zentrale Hochschulverwaltung der RWTH Aachen University (seit 1.04.2018) zog für das Cybernetics Lab organisatorische und inhaltliche Veränderungen mit sich. Mit der Integration des Informations- und des Wissensmanagements in der IMA stellen wir die Interdisziplinarität und den ein2|

Vorwort

hergehenden Anspruch, die gesamte Bandbreite von Daten über Informationen bis hin zu Wissen und Handeln abzudecken, noch konsequenter in den Fokus unserer Forschung. In Folge dessen erreichen wir so nun das nächste Level: Wir weiten unseren interdisziplinären und agilen Mindset sukzessiv auf alle Projekte aus, bilden noch breiter aufgestellte Teams, setzen noch agilere Methoden in iterativen Schritten um und vernetzen unser Wissen. Insgesamt schauen wir auf ein Jahr mit vielen sehr erfolgreichen Kooperationen und einer sehr guten und kontinuierlichen Weiterentwicklung, die wir bewusst wieder einmal zum Jahresende auch analog präsentieren wollen. Machen Sie sich selbst auf den nächsten 64 Seiten einen Eindruck, was uns aktuell durch unsere Forschungsthemen umtreibt. Hocherfreut sind wir besonders über die Verlängerung unseres Engagements in den beiden Exzellenzclustern „The Fuel Science Center – Adaptive Systeme zur Umwandlung von erneuerbarer Energie und Kohlenstoffquellen“ und „Internet of Production“ um weitere sieben Jahre. Wir haben nicht nur generell unseren Fokus geschärft, wir sind auch in den sozialen Kanälen vertreten. Durch den Relaunch unserer Website als auch unserer neuen Social-Media-Präsenzen auf Facebook und Instagram haben wir unser Profil für unsere Zielgruppen optimiert und bieten mit neuen Formaten andere Einblicke in unseren Forschungsalltag. Für unsere Highlight-Interviews haben wir Prof. Christian Hopmann, unseren kommissarischen Direktor, mit dessen Institut wir seit langem im Exzellenzcluster zusammen forschen, besucht, und uns die verschiedenen Kunststoffeatures erklären lassen. Wir lassen Simona Popisti und Christo Papanouskas zu Wort kommen, die wortwörtlich Raum für Ideen geschaffen haben und mit denen wir im „Innolab“ der Daimler AG in Bremen an der Arbeit der Zukunft forschen.


Und über den Karrieresprung unserer Juniorprofessoren Tobias Meisen und Anja Richert zu regulären Professoren lesen Sie ebenfalls in unseren Highlight-Interviews. Stolz sind wir auch auf zahlreiche Preise, stellvertretend genannt sei hier die Verleihung des Titels „Ausgezeichneter Ort 2018“ bei der Initiative „Deutschland − Land der Ideen.“

Wir hoffen, dass die vorgestellten Forschungsthemen Ihr Interesse wecken und die aktuelle angedacht-Ausgabe wieder zu vielseitigen Denkanstößen anregt. Wir wünschen eine spannende Lektüre. Bitte fühlen Sie sich herzlich eingeladen, uns bei Interesse direkt anzusprechen. Ingrid Isenhardt und Frank Hees

Das Board of Management in den Forschungshallen (von links): Dr. rer. nat. René Vossen, Dr. phil. Max Haberstroh, Dipl.-Inform. Christian Kohlschein, Dr. rer. nat. Frank Hees und Prof. Dr. phil. Ingrid Isenhardt.

Vorwort | 3


Inhaltsverzeichnis Highlights 2018 Kunststofffasten ist keine Option 6 If you want to be different, do different 9 Das Innolab ist ein Experimentierplatz 11 Alumni-Interview: Vom Junior-Professor zum Professor 12 Essay: Wissen ist Macht - Nichtwissen macht auch nichts? 14 Neues aus dem Lab Das Cybernetics Lab im Social Web Rechnerpool Modernisierung

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Robotik & Automatisierung Expedition in die Ortler Alpen Dateneffizientes Reinforcement Learning Baustelle von morgen

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Künstliche Intelligenz Qualität im Güterverkehr Künstliche Intelligenz in der Automobilindustrie Mensch - Maschine - Interaktion Virtueller Hörsaal: Der Student wird zum Minen-Explorateur Augmented Reality in der kollaborativen Montage Mixed Reality Books Mit Onlinetool akademisches Englisch lernen

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Inhaltsverzeichnis

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Internet der Dinge Die smarte Antwort auf den Online-Handel: das Shopping Lab Aachen [STRG] + [A] + [C] Die Entwicklung eines Datenmarktplatzes

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Agile Entwicklung Autonomer Personenluftverkehr: Im Flugtaxi durch Deutschland? Industrial Big Data goes Asia Qualitätsmanagement 4.0

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Wissensmanagement Production goes Urban IfU-Potenzialanalyse: Große Rettungsaktion im Regenwald Erfolgreich in der Exzellenzstrategie Erneuerbare Energien weiterdenken KMI-Module: Analog die digitale Arbeitswelt 4.0 meistern Mixed-Reality Stimmtraining

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Veranstaltungen

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Auszeichnungen

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Ausblick 2019

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Dissertationen

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Neue Mitarbeiter Buchvorstellungen

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Bildnachweise

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Impressum

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Inhaltsverzeichnis | 5


„Kunststofffasten ist keine Option“ Interview mit Prof. Dr.-Ing. Christian Hopmann, Leiter des Instituts für Kunststoffverarbeitung (IKV) und kommissarischer Direktor des Cybernetics Lab.

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n einem ganz einfachen Objekt wie dem Überraschungsei lässt sich studieren, was mit Kunststoff möglich ist — verarbeitungs- als auch gestaltungstechnisch. Darüber sprach Nicole Nelißen aus unserer Redaktion mit Prof. Dr.Ing. Christian Hopmann, dem Inhaber des Nicole Nelißen Lehrstuhls für Kunststoffverarbeitung der Fakultät für Maschinenwesen sowie Leiter des Instituts für Kunststoffverarbeitung (IKV) in Industrie und Handwerk an der RWTH Aachen University, dem größten Forschungs- und Ausbildungsinstitut auf dem Gebiet der Kunststofftechnik in Europa.

Sehr geehrter Professor Hopmann, wir haben gehört, dass in Ihren Vorlesungen Überraschungseier rege im Einsatz sind. Was erklären Sie denn damit Ihren Studierenden? In einem Überraschungsei sind typische Kunststoff-Konstruktionsfeatures wie ein Schnapphaken oder ein Filmscharnier verbaut. Der Schnapphaken besteht aus Rille und Nut, die beim Schließen ineinandergreifen und einen sicheren Verschluss ermöglichen. Das Filmscharnier verbindet die beiden Hälften zu einer gelben Kapsel, ohne mechanische Teile. So etwas ist mit keinem anderen Werkstoff als mit Kunststoff möglich. Eine beliebte Frage an die Studierenden: Wieso besteht das Ei heute nur aus einem Teil und nicht mehr wie früher aus zwei Hälften? Nicht etwa wegen der Verschluckungsgefahr, sondern es ist fertigungstechnisch viel einfacher! Es ist nur eine Form notwendig, in die der heiße Kunststoff gespritzt wird – ich brauche nicht mehrere Montageprozesse, sondern habe in nur einem Fertigungsschritt das gesamte Bauteil. Die Fertigung ist rationell, die Logistik einfach und ich mache mir die Biegefreundlichkeit des Kunststoffs zunutze. Dieses Feature findet man auch in zahlreichen technischen Anwendungen wie in der Automobilindustrie und so arbeiten wir uns dann rein in `s Kunststoffthema. Es gibt ja viele neue Einsatzbereiche für Kunststoffe, wie wirkt sich das im IKV aus? Kunststoff ist ein sehr junger, wandlungsfähiger Werkstoff. Mit dem industriellen Kunststoffverbrauch ging es erst nach dem Zweiten Weltkrieg richtig los. 1950 wurden weltweit zwei Millionen Tonnen Kunststoffe hergestellt, inzwischen sind wir bei ca. 380 Millionen Tonnen Plastik. Die Kurve hat sich in den Achtziger und Neunziger Jahren des letzten Jahrhunderts steil entwickelt. Die Kernthemen Leichtbau und Additive Fertigung bewegen uns ganz massiv. Es geht darum, nicht nur in Formen zu arbeiten, sondern auch werkzeuglos. Millionen Stück immer gleicher Gestalt lassen sich im Spritzgießverfahren fertigen, aber für ein Einzelteil ist das unwirtschaftlich, daher setzen wir dafür additive Fertigungsverfahren ein. Ein großer Nachteil: Wir kennen etwa Hunderttausend verschiedene Kunststofftypen, aber in den additiven Fertigungsverfahren können wir nur etwa 100 verschiedene Typen einsetzen. Die Vielfalt des Kunststoffs können wir also gar nicht nutzen, daher entwickeln wir neuartige Fertigungsverfahren um die gesamte Werkstoffpalette auch additiv verarbeiten zu können.

Zunächst wird das Objekt präpariert und die Kunststoffteile werden freigelegt, dann erklärt Prof. Hopmann die Vielfalt des Kunststoffs an einem Überraschungsei.

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Highlights 2018


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Und der Leichtbau? Kunststoff ist ja ein extrem leichter Werkstoff, seine Dichte beträgt je nach Kunststoff zwischen 0,8 und vielleicht 2, die Dichte von Stahl liegt grob bei Faktor 7. Für Leichtbauanwendungen, um Gewicht aus Auto, Flugzeug oder Bahn herauszunehmen, ist Kunststoff prädestiniert. Wir arbeiten intensiv daran, bei möglichst guten mechanischen Eigenschaften möglichst wenig Material zu verbrauchen. Gewicht wird auch durch das Schäumen von Kunststoff reduziert, aber auch durch Faserverbundkunststoffe, sogenannte Komposits, oder Carbon. Damit betreiben wir Hochleistungsleichtbau, etwa wenn es um höchste Festigkeiten bei geringstem Gewicht wie etwa im Flugzeugbau und in sehr teuren Fahrzeugen geht. KI wie Kunststoffindustrie oder Künstliche Intelligenz? Wie intelligent ist denn die Kunststoffindustrie? Wir haben schon Mitte der Neunziger Jahre mit neuronalen Netzen gearbeitet, es ist also eine gewisse Renaissance zur Steuerung unseres Fertigungsprozesses der einzelnen Maschinen, aber auch der verketteten Prozesse. Beim Kunststoff gibt es typischerweise relativ kurze Prozessketten, im Unterschied zur klassischen Fertigungstechnik. Wenn wir nun Prozessschritte miteinander verknüpfen und diese über Künstliche Intelligenz einer Regelung zugänglich machen, können wir wesentlich effizienter werden. Wir könnten sogar, als Vision, in nachgelagerten Schritten so reagieren, dass geänderte Werkstoffeigenschaften berücksichtigt würden. Dafür brauchen wir Künstliche Intelligenz und die Kooperation mit dem IMA. Wir sind ja schon seit vielen Jahren gemeinsam mit dem „Brain“-Projekt im Exzellenzcluster unterwegs. Aus leerstehenden Geschäften werden in Aachen Pop-up Stores. Das IKV hat sich im Frühjahr an einem Pop-up Science-Store im Dahmengraben beteiligt – worum ging es und wie sind Ihre Erfahrungen? Wir haben bewusst diese ungeordnete Szenerie genutzt, um dem zufällig oder geplant vorbeikommenden Bürger Wissenschaft zu präsentieren. Ich habe einen Vortrag über „Kunststoff und Nachhaltigkeit“ gehalten. Kunststoffe stehen ja massiv in der Kritik, Stichwort Vermüllung der Meere. Es gibt viele sehr sinnvolle Anwendungen von Kunststoff, es gibt aber auch Problemfelder. Ungefähr 30% unseres Kunststoffverbrauchs gehen in Verpackungen, weitere 30% in den Baubereich, etwa in Kunststofffenster, Fassaden- und Dachisolierung oder Rohre. Für die Wasserversorgung wären Rohre ohne Kunststoff undenkbar! Ohne Kunststoff kein Strom, keine Signalleitungen. Wir können Kunststoff nicht aus unserem Leben verbannen, Kunststofffasten ist keine Option. Das ist mittlerweile auch die Haltung der EU-Kommission, insofern ist es absolut hilfreich, wenn mutige Schritte seitens der Politik getan werden.

Prof. Hopmann interessiert mehr die goldene Kunststoffverpackung als die Haselnusspralinées: Mit dem Wiedererwärmen der Näpfchen in der Verpackung kann man molekulare Orientierungen erfahrbar und das Rückstellverhalten sichtbar machen.

Welchen Beitrag kann die Kunststoffforschung dazu leisten? Technologien zu entwickeln und anzubieten, die die nachhaltige Nutzung des Werkstoffs ermöglichen. Polymere wieder zu depolymerisieren und die ganzen Verunreinigungen im Prozess abzuziehen, um den Werkstoff 100% wiederzuverwerten. Das ist momentan noch energetisch ziemlich aufwändig, aber das sind typische Forschungsprojekte. Es geht nicht darum, den Kunststoff schön zu reden, sondern auch seine Problemseiten zu sehen, denn die stellen ja für uns Wissenschaftler die gesellschaftliche Herausforderung dar, etwas Besseres anzubieten. Es geht darum, diesen Werkstoff wirklich gut zu nutzen.

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Stichwort Nachhaltigkeit, wo geht´s denn da hin? Weniger Plastikmüll zu produzieren, effektiver zu sammeln und zu recyceln oder eher über die nachhaltige Nutzung von Kunststoffen nachzudenken? Es geht dahin, die Kunststoffprodukte so zu gestalten, dass man ein End-of-life-Szenario mit integriert. Es reicht nicht, dass man ein Produkt in den Markt bringt und dann nichts mehr damit zu tun hat. Wir werden uns zunehmend schon bei der Entwicklung viel stärker überlegen müssen, was nach der primären Nutzung mit dem Kunststoff passiert. Grundvoraussetzung ist, dass der Kunststoff zumindest wieder ausschmelzbar ist. Wie komme ich an den Werkstoff wieder ran, wie kann er weiterverwendet werden? Da gibt´s viele Fragen, wie man den Werkstoff so gestaltet, dass das auch funktioniert, von der Logistik und vom Aufbau von Sammelsystemen bis hin zur Ermutigung der Verbraucher, den Werkstoff wieder zurückzubringen. Wir sind übrigens ziemlich gut in Deutschland: 99% der Kunststoffe, die in den Verkehr gebracht werden, werden auch wieder eingesammelt. Das funktioniert in anderen Ländern überhaupt nicht. Bei uns gibt´s ein Deponieverbot, in anderen Ländern nicht. Es ist also nicht nur eine technisch-wissenschaftliche, sondern auch politischregulatorische Fragestellung, an der die EU arbeitet. Laut cradle-to-cradle-Bewegung ließen sich die meisten Produkte bei ihrer Herstellung so gestalten, dass sie komplett wiederverwertet werden können - und dabei nicht den geringsten Müll hinterlassen. PET-Flaschen sind ein gutes Beispiel: Sie gehen weitestgehend über Rücknahmesysteme zurück, werden klein geschreddert und stofflich wiederverwertet. Der Werkstoff wird bspw. für Polyesterfasern verwendet, die wir dann in unseren Fleecejacken oder Rucksäcken wiederfinden. Die Recyclingware funktioniert auch kostenmäßig gut, es gibt einen echten Markt. Was tun Sie ganz konkret, um Plastikmüll zu vermeiden? Im Institut als auch Zuhause haben wir Wasserspender. Mitarbeiter gehen morgens mit ihrer Wasserkaraffe dorthin und zapfen je nach Bedarf gefiltertes, kaltes oder gesprudeltes Wasser aus der Leitung. Worauf könnte der Verbraucher leicht verzichten? Drei Scheiben Käse in einer aufwändigen Verpackung sind reine Bequemlichkeit. Wir müssen uns darum kümmern, dass vor allem

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Highlights 2018

diese sehr kurzlebigen Verpackungen so wenig wie möglich eingesetzt werden. Wir könnten alle ein wenig mithelfen unsere Marktmacht zu nutzen, wie bei Coffee-to-go-Bechern. Die werden nur 1x genutzt und wandern dann in den Müll. Wenn ich diese Becher herstelle und die Leute reißen sie mir aus der Hand, würde ich das Produkt doch auch nicht einstellen. Wenn es aber keiner mehr kauft, denke ich über Alternativen nach. Herr Prof. Hopmann, wir bedanken uns herzlich für das Interview und im Namen des gesamten IMA und IfU für Ihre Bereitschaft, die kommissarische Leitung bis zur Neubesetzung des Lehrstuhls zu übernehmen.

Prof. Dr.-Ing. Christian Hopmann ist seit 2011 gleichzeitig Inhaber des Lehrstuhls für Kunststoffverarbeitung der Fakultät für Maschinenwesen und Leiter des Instituts für Kunststoffverarbeitung (IKV) in Industrie und Handwerk an der RWTH Aachen University. Zusammen mit Prof. Dr.-Ing. Christian Brecher, dem Inhaber des Lehrstuhls für Werkzeugmaschinen am Werkzeugmaschinenlabor (WZL) der RWTH Aachen University, gründete er 2012 das Aachener Zentrum für integrativen Leichtbau (AZL). Seit November 2017 ist er zudem kommissarischer Direktor des Cybernetics Lab. Der gebürtige Essener studierte von 1989 bis 1996 Maschinenbau mit Vertiefungsrichtung Kunststofftechnik an der RWTH Aachen University. Daraufhin war er als Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Kunststoffverarbeitung tätig. Er promovierte im Jahr 2000 bei Walter Michaeli mit einer Arbeit über das Keramikspritzgießen und wurde noch im gleichen Jahr Abteilungsleiter für Formteilauslegung/Werkstofftechnik am Institut für Kunststoffverarbeitung (IKV) in Industrie und Handwerk an der RWTH Aachen University. Von 2001 bis 2004 leitete er als Oberingenieur das Institut stellvertretend bis er 2005 in die Industrie wechselte und Leiter des Quality Managements und im Folgejahr Leiter der Produktion bei der Rheinischen Kunststoffwerke AG in Petersaurach, der heutigen RKW SE wurde. Später arbeitete er dann am Standort Helsingborg als Managing Director bei der schwedischen Tochtergesellschaft RKW Sweden AB.


If you want to be different, do different Interview mit Simona Popisti, Initiatorin des Daimler Innolab in Bremen

I  Nicole Nelißen

Ingrid Isenhardt

n der Organisationsentwicklung für Mercedes-Benz Cars begleitete Simona Popisti bisher Veränderungen im Unternehmen. Seit anderthalb Jahren befindet sie sich auf einer außergewöhnlichen Expedition: Mit einer interdisziplinären Doktoranden-Crew startete sie ein Innolab im Bremer Überseehafen, in dem sie einerseits zur Organisationsentwicklung und Arbeitswelt der Zukunft forscht und neue Arbeitsmethoden und -umfelder andererseits erprobt. Unser Cybernetics Lab IMA & IfU mit Prof. Dr. phil. Ingrid Isenhardt und Dr. rer. nat. René Vossen forscht mit an den Megatrends und deren Auswirkungen auf die Zukunft von Organisationen. Unsere angedacht Redakteurin Nicole Nelißen interviewte die Zukunftsforscherin.

Teams und auch aus exekutiven, effizienten, produzierenden Teams bestehen. Das ist das Muster für die Zukunft, das wir schon heute erleben. Sehr wichtig ist auch die Sinngebung, denn die Individuen haben heute deutlich höhere Ansprüche: Nur wenn der private Anspruch mit dem unternehmerischen zusammenpasst, ist man am richtigen Arbeitsplatz. Der eigene Gänsehautfaktor muss groß genug sein, sonst geht man bei den ersten Schwierigkeiten.

Sehr geehrte Frau Popisti, bitte stellen Sie sich doch einmal kurz vor. Ich bin eine wilde europäische Mischung mit einem rumänischen Vater und einer deutschen Mutter. Seit meinem 14. Lebensjahr lebe ich in Deutschland, habe Psychologie studiert und war dann in internationalen Einsätzen im Personalbereich bei Daimler unterwegs. Seit 2014 in der Organisationsentwicklung bei Mercedes Benz Cars, bis uns dann 2017 aufgefallen ist, dass sich die Fragen der Zukunft bei den Vorständen weltweit häufen. Wir haben uns hinterfragt, ob wir die Expertise an Bord haben, unsere Kunden beraten zu können. Uns geht’s wie vielen − wir haben eine Ahnung, aber nicht fundiert genug, um Fachbereiche zu beraten. Wie werden Unternehmen über einen Zeitraum der nächsten fünf Jahre agieren und was macht die Digitalisierung dabei? Wir brauchen eine Transformation. Dieses Wissen gibt´s nicht zu kaufen, deshalb wollen wir es selbst erforschen und an unsere Kunden zurückfließen lassen. René Vossen

Suchte das beste Team für das Bremer Innolab: Simona Popisti

Elevator Pitch. Was macht das Innolab so besonders? Wir wollten ein Labor für zwei oder drei Jahre aufsetzen und uns aus dem Dienstalltag rausnehmen, und fragen, wie wir die Organisationsentwicklung neu gestalten müssen und was in der Arbeit der Zukunft passiert. Wir wollen forschen, trendscouting, mit einer vielfältigen Gruppe, und Dinge aus ganz unterschiedlichen Perspektiven ausleuchten: Wie gehen Geschäftsmodelle? Was müssen Individuen neu lernen oder verlernen? Und schließlich unsere Übersetzungsleistung, daraus Beratungsformate für unser Unternehmen zu entwickeln. Die Erkenntnis, dass dieser Auftrag sehr diffus und amorph ist, führte dazu, Menschen anders auszuwählen. If you want to be different, do different.

Wie werden sich denn Menschen in Zukunft organisieren und arbeiten?

Welche Skills mussten die Bewerber „mitbringen“?

Mit mehr Multirationalität und Sinngebung. Organisationen werden nicht mehr so einheitlich wie bisher, sondern deutlich asynchroner laufen. Es gibt Schwärme, agile Teams, Innolabs, das alles wird parallel zueinander stattfinden. Es gibt nicht mehr nur eine Logik und eine Sprache, sondern ganz verschiedene Logiken. Meine Funktion ist es, zwischen diesen verschiedenen Logiken zu vermitteln, etwa wie Lieutenant Uhura bei Star Trek. Wir werden aus agilen

Wir haben uns Astronautenprofile angeschaut und eine Crew zusammengestellt, die zum Mars fliegt: für alle Eventualitäten gerüstet, bestehend aus ganz vielen Disziplinen, neugierig, unerschrocken, mit Improvisationstalent und hoher emotionaler Belastbarkeit, die ihr Fach extrem gut beherrschen, und großer Selbstsicherheit. Zu unserem dreitägigen Design-Thinking-Prozess haben wir 30 Menschen aus aller Herren Länder eingeladen. Sie sollten uns ein Highlights 2018 | 9


Produkt mitbringen, von dem sie glauben, dass es uns auf dieser Mission helfen könnte. Wir haben nicht glorreiche Individuen gesucht, sondern diejenigen, die im Team am besten zusammenpassen.

Wir haben Co-Working-Schreibtische und eine Clean-Desk-Policy, jeder räumt abends seinen Tisch leer. Morgens setzt man sich so, wie man kommt; es gibt Menschen, die sich bewegen, und solche, die immer ihren Stammplatz ansteuern, daraus ergibt sich sowieso eine Dynamik. Spannend war vor allem der psychosoziale Bauprozess. Wir hatten uns gegen einen Chef entschieden, der ja an manchen Stellen eine sehr strukturierende Rolle einnimmt. Wir haben agil losgelegt. Nach 4,5 Wochen gab es eine sensible Phase, denn der Chefstuhl war auf einmal nicht mehr leer. Instanz war die Gruppe, die entscheidet. Ein großer Teil meiner Rolle war, diesen Prozess zu beobachten. Wieviel Wahrheit und Kompromisse vertrage ich, damit es harmonisch bleibt? Ist es das, was Forscher machen? Führt es noch zu richtigen Erkenntnissen, unter der Prämisse der Harmonie etwas zu tun, wovon ich nicht überzeugt bin? Ist es das wert, wenn ich mich dann einenge?

Teambuilding wortwörtlich: Durch den gemeinsamen Innenausbau und das Einrichten des Büros entstehen Identitätsanker.

Veränderungen entstehen durch neue Wege und Sichtweisen. Woher nehmen Sie die Ideen?

Was genau ist Ihre Rolle im Innolab, wo liegt Ihre Expertise? Bisher habe ich mit dem lösungsorientierten Ansatz gearbeitet, Lösungen zu finden auf Fragen und Probleme. Jetzt ist es ein primär erkenntnisorientierter Betrieb, um sich auf den Weg zur Lösung zu machen. Gestaltungsfreiheit, Offenheit, Kreativität sind Begriffe, die mit Innolabs verknüpft sind. Scheitern ist ein wesentlich notwendiger Teil des Erkenntnisprozesses. Es ist ein Experiment, wir hinterfragen alles, solange es hilft, dass Entscheider in einer völlig neuen Zukunft handlungsfähig bleiben. Wir experimentieren, bevor Ideen im großen Stil umgesetzt und in Formate gegossen werden.

Ich bin ein Wissensgourmet und eine universalneugierige Person. Mich interessieren Dinge, die ich nicht verstehe, mit der Grundannahme, dass ich mich damit noch nicht beschäftigt habe. Mein Wunsch war immer, mich mit einem Kreis von Menschen einzuschließen und die großen Fragen zu beantworten. Das ist nun mit dem Innolab passiert. Die Gelegenheit kam zum persönlichen Grund, das ist meine Strategie. Frau Popisti, herzlichen Dank für das inspirierende Interview.

Die Arbeitsumgebung eines InnoLabs soll Denkanstöße geben. Am ersten Arbeitstag mussten die Wissenschaftler erst einmal ihr Büro selbst bauen – ganz bewusst. Wir sind am 4. Oktober 2017 in einem leeren Loft gestartet und hatten acht Wochen Zeit zum „Innenausbau der Rakete.“ Dabei haben sich Teams gebildet, wir haben ein Raumkonzept geschaffen, das war die beste Teambuilding-Entwicklung für mich selbst. Nach 18 Jahren im Konzern, davon 14 in der Personalführung, habe ich mich ständig selbst hinterfragt, denn auch ich habe meine Muster. Veränderungen entstehen durch neue Wege und Sichtweisen. Was macht das Innolab anders oder gar besser im Vergleich zur Büro-Standardeinrichtung? Ein Raum ist ein psychischer Ausdruck eines Teams und das Innolab versteht sich über diese Bauprozesse. Es gibt Identitätsanker, ein Stück bin das „Ich“, es entstehen Teammythen à la „Weißt Du noch, wie wir das gebaut haben?“ Diese Identitätsanker gehen über das normale Arbeiten hinaus.

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Dipl. Psych. Simona Popisti leitet die beiden Bereiche Innolab Daimler AG und Organisationsentwicklung Mercedes Benz Cars. Ihre „Mission“: Den Hin- und Rückfluss von Veränderungsbedarfen zu verbessern und das InnoLab in der Welt mit ähnlich denkenden Einheiten zu verzahnen, um Zukunfts-Ökosysteme zu kreieren. Das Innolab möchte sie in solchen Ökosystemen und Netzwerken etablieren. Als Diplom-Psychologin und Master of Business Administration mit wissenschaftlichem Schwerpunkt in System- /Handlungstheorie sowie kybernetischer Psychologie, ist sie vom Zusammenspiel von Menschen und bzw. in Organisationen fasziniert. Nach Stationen und Projekten in und rund um HR & HRD übernahm Popisti Anfang 2014 den Bereich Organisationsentwicklung für Mercedes Benz Cars. Seit 2017 begleitet sie das „Innolab“ für Organisationsentwicklung.


Das Innolab ist Forschungsort, Experimentierplatz und Weiterbildungsstätte Auch Christo Papanouskas, Agenturinhaber aus Hamburg

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ie Kooperation mit Daimler entstand auf einem StartUp-Event in Bremen, das Christos Papanouskas moderierte. Der Konzern suchte jemanden, der sich mit New Work auskannte und Papanouskas war angetan von der Idee, einen Experimentierplatz zu bauen. „Unsere Denkweise ändert sich je nach Raum, in dem wir uns aufhalten. Wir müssen weg vom Schreibtisch, wenn wir kreativ sein wollen!“ sagt der Inhaber der Agentur „Assassin Design“ aus Hamburg. Herr Papanouskas, ich hätte gerne ein Innolab? Wenden sich Ihre Kunden so an Sie? Diejenigen, die mit dieser Frage kommen, sind meist noch gar nicht so weit. Für innerbetriebliche Innovationen muss sich der Mindset ändern. Das beginnt mit einer Analysephase. Der Schmerz wird allumfassend sein und führt dazu, dass die Kunden zunächst zurückschrecken. Wer dran bleibt, ist glücklich, wenn die Veränderung sichtbar wird, dass er so weit gegangen ist.

Kuschelecke oder Coworking Space? Das Büro der Zukunft hat keine Standardeinrichtung, sondern wurde von den Forschern selbst gebaut.

Wie werden wir in Zukunft arbeiten? Es wird eine deutlich organischere Art sein, mit Teams umzugehen, weniger hierarchisch. Während der industriellen Revolution ging es um Effizienz. Heute geht es bspw. um ein Auto, das es so noch nie gab. Im ersten Schritt sind kreativer und struktureller Input auf einmal zu viel. Die Teams strukturieren sich neu, und weil sich die Projekte verändern, verändern sich auch die Teams. Der Mensch rückt in den Fokus, nicht mehr die Technik und die Organisation. Dazwischen liegen noch einige Welten, die wir langsam etablieren müssen. Das Innolab ist das beste Beispiel, dass es nicht mit der Hammermethode funktioniert.

Christo Papanouskas ist Inhaber der Agentur „Assassin Design“, einer Ideenschmiede für Kommunikation in Hamburg. Mit ihr berät er Start-Ups und mittelständische Unternehmen zu Innovation, Change Management, Strategien und Geschäftsmodellen und begleitet auch das Projekt „Innolab“. Seine 21 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter genießen viele Freiheiten in ihrer Arbeitsgestaltung, er führt sein Unternehmen kooperativ: Alle entscheiden gemeinsam, wo es hingeht.

Wie stoßen Sie Veränderungen an? Indem ich einen offenen Austausch und ein kooperatives Miteinander schaffe: Was wollen die Teilnehmer und wo wollen sie damit hin? Was möchte der Einzelne? Es ist eine Kunst, Feedback zu geben, nicht zu meckern, sondern konstruktiv zu sagen, was nicht stimmig ist. Wenn diese Ebene geschaffen ist, kann man einen Weg suchen, sich umzustrukturieren.

Kontakt: Prof. Dr. phil Ingrid Isenhardt ingrid.isenhardt@ima-ifu.rwth-aachen.de Dr. rer. nat. René Vossen rene.vossen@ima-ifu.rwth-aachen.de

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Vom Juniorprofessor zum Professor Alumni-Interview mit Prof. Dr. phil. Anja Richert und Prof. Dr.-Ing. Tobias Meisen

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ie ermöglicht, frühzeitig Aufgaben eines Professors zu übernehmen: Die Juniorprofessur. Anja Richert, ehemalige Geschäftsführerin des Zentrums für Lern- und Wissensmanagement (ZLW), und Tobias Meisen, bis zum 1. Oktober Geschäftsführer des Lehrstuhls für InformaNicole Nelißen tionsmanagement im Maschinenbau (IMA), wurden schon während ihrer Juniorprofessur auf reguläre Professuren berufen. Nicole Nelißen hat darüber mit den frischgebackenen Professoren an ihren neuen Lehrstühlen gesprochen. Herzlichen Glückwunsch, Ihr habt den Sprung vom „Juniorprof“ zum Professor geschafft! Was genau ist Eure neue Rolle in Köln bzw. Wuppertal, wo liegt Eure Expertise und Superpower? Anja Richert: Ich habe die Professur für Innovationsmanagement am Institut für Produktentwicklung und Konstruktionstechnik an der Fakultät für Anlagen, Energie- und Maschinensysteme der TH Köln übernommen. Ich bin also nach wie vor bei den Ingenieuren, es ist eine Forschungsprofessur mit den Schwerpunkten „Datengetriebene Innovationsprozesse“, „Digitale Lern- und Arbeitswelten“ und „Soziale Robotik.“ Das sind meine Herzensthemen, die prima auf meine Forschung am Cybernetics Lab der RWTH aufbauen. Meine Superpower? Das inter- und transdisziplinäre Arbeiten und systemisches Management − in diesen Bereichen konnte ich unendlich viel am Cybernetics Lab lernen! Tobias Meisen: Vielen Dank für die Glückwünsche. Ich habe in Wuppertal die Leitung des Lehrstuhls für Technologien und Management der Digitalen Transformation übernommen. Dabei handelt es sich um eine Stiftungsprofessur, die vom Familienunternehmen Vorwerk mit 1,5 Millionen Euro gefördert wird. Als interdisziplinär ausgelegtes Thema fühle ich mich in der Beforschung der Digitalen Transformation pudelwohl, da es sehr gut an die von mir beforschten Themen im Cybernetics Labs anknüpft. Was ist der Kern Eurer neuen Lehrveranstaltungen und Forschungsziele? Anja Richert: Kern meiner Lehrveranstaltungen ist die methodische Ausbildung in den Ingenieurwissenschaften. Es sind Arbeitstechniken, Projektmanagement (klassisch und agil), Innovationsmanagement & Data Science (neues Format zu Data driven Innovation Management, gemeinsam mit der Ingenieurmathematik),

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die Vermittlung von Soft Skills wie Kommunikationsfähigkeit und Teamskills etc. Zu meinen Forschungszielen zählt u.a. die Umsetzung robotischer Lösungen im Sinne sozialer Innovationen sowie die Nutzung des Potenzials von VR/AR Technologien für die Ingenieurwissenschaften. Hierzu haben ich etwas mehr als 1 Mio. Euro Anschubfinanzierung zur Verfügung um das Cologne Cobots Lab für soziale Robotik und das Cologne TrainING Center als AR/VR Trainingscenter für die Ingenieurwissenschaften aufzubauen. Tobias Meisen: In diesem Semester halte ich die Vorlesungen „Digitale Transformation“ und „Big Data Technologien.“ Der jeweilige Name ist Programm. Im nächsten Semester kommen noch die Veranstaltungen „Grundlagen der technischen Informatik“ und „Digitalisierung und informationstechnische Netzwerke“ hinzu. Alle Veranstaltungen sind sowohl in der Informatik als auch der Informationstechnik verankert. Außerdem stehen sie teilweise den Wirtschaftswissenschaftlern offen. Hinsichtlich der Forschungsziele geht es jetzt erstmal darum, den Lehrstuhl aufzubauen. Kleinere Forschungsvorhaben mit der Industrie sind bereits in der Planung. An der Universität Wuppertal gibt es interne Förderprogramme für DFG-Vorhaben, ein derartiges zu akquirieren ist der nächste Schritt. Welche Themen beschäftigen Euch in naher Zukunft? Anja Richert: Neben dem Aufbau des Cobots Labs und TrainINGCenters setze ich gemeinsam mit meinem Team ein Mixed-Reality Planspiel für 800 Ingenieur/innen (Erstsemester) um, in denen sie die Transformation der Arbeitswelt erleben und ihren Umgang damit trainieren können. Tobias Meisen: Die Digitale Transformation bietet vielfältige Themen. Die Künstliche Intelligenz, genauer Machine Learning und Machine Data Mining sind Themen, mit denen ich mich in Zukunft weiterhin intensiv auseinandersetzen werde. Gleichzeitig fasziniert mich die erfolgreiche Umsetzung der Digitalen Transformation, also ein absolut nicht technisches Thema, in dem ich sehr gerne forschen möchte. Es ist zwar alles noch sehr frisch, aber was hat Euch bei Eurem Hochschulwechsel bisher am meisten überrascht? Was sind die augenfälligsten Unterschiede zu Aachen? Anja Richert: Das Cybernetics Lab ist ein Institut, das neue Wege geht und gelegentlich Überzeugungsarbeit an der Hochschule leisten muss. In Köln ist diese Cybernetics-Lab-Kultur bereits


auf Hochschulebene etabliert. Die Hochschule und die Fakultäten gehen neue Wege. Das tut unheimlich gut, macht Lust auf Zukunft und darauf etwas voranzutreiben. An den richtigen Positionen sitzen absolut innovative und zukunftsorientierte Leute. Ich habe auch nochmal ganz neue Facetten des Maschinenbaus kennengelernt: Kollegen unseres Instituts haben mit einer ausgeklügelten Konstruktion die Petersglocke vom Kölner Dom endlich wieder zum Läuten gebracht! Das ist eine ganz neue Facette von Projekten, die ich sehr spannend und beeindruckend finde! Tobias Meisen: Wuppertal gilt als Universität der kurzen Wege. Und das gilt in der Tat nicht nur für die Wegstrecke, sondern auch für das gemeinsame Miteinander. Die Fakultät hat sehr große Investitionen durchgeführt, um mehrere neue Professuren zu schaffen und sich dem Thema Digitalisierung aus einer Vielzahl von Perspektiven zu nähern. Ich finde es großartig, dass ein Themenfeld, das mich seit sehr langer Zeit begleitet, eine derartige Aufmerksamkeit erhält. Diese Neuausrichtung und Bereitschaft, sich dieser Thematik mit neuen Gesichtern zu widmen, wäre an der Fakultät 4 schwerer durchsetzbar. Insofern sind derartige Veränderungen und die Möglichkeit, Neues auszuprobieren hier einfacher – zumindest nach dem ersten Eindruck. Seht Ihr Schnittstellen zum Cybernetics Lab? Anja Richert: Logisch! Mit den Themen und Menschen bin ich eng verbunden, es war viel mehr als nur Arbeit. Daraus ergeben sich Projekte, die wir als Team akquirieren. Gemeinsame Beutezüge finden bereits statt :-) Tobias Meisen: Natürlich gibt es eine Vielzahl möglicher thematischer Kooperationen. Das Cybernetics Lab als interdisziplinärer Vorreiter bietet mit seiner Vielfalt viele spannende Anknüpfungspunkte zur Digitalen Transformation. Ich würde es sehr begrüßen, wenn hieraus gemeinsame neue Projekte entstehen. Also, wenn wer Lust hat: Bitte einfach melden. Was sind Eure Empfehlungen für künftige Juniorprofessoren und deren Karrieren? Anja Richert: Durchhalten und einen Plan B in petto haben. Im Grundsatz ist es eine gute Idee und wer die Chance bekommt, sollte sie ergreifen! Es gibt auf den Postdoc-Stellen viele richtig gute Wissenschaftler, aber eben nicht viele Professuren. Obwohl ich also in meinem Fach sehr gut bin, kann ich mangels Stellen trotzdem scheitern. Der Weg zur Professur ist ein Stück Persönlichkeitsentwicklung, das gehört zum Prozess dazu. Am Ende des Tages ist es definitv der schönste Job! Tobias Meisen: Ich glaube, das Wesentliche ist, seinen Weg zu gehen und nicht zu versuchen, den eines anderen nachzugehen. Zumindest glaube ich nicht, dass das zum Ziel führt. Daher ist es vielleicht falsch, allgemeine Empfehlungen zu geben, die in meinen Augen funktionieren. Eines der schwierigeren Dinge ist sicherlich

erstmal die Chance auf die Juniorprofessur. Dabei spielen ja viele Faktoren eine Rolle, auf die Du selbst teilweise wenig Einfluss hast. Ich glaube auch, dass es zukünftige Juniorprofessoren am Cybernetics Lab schwieriger haben werden, als die ersten oder zweiten Generationen. Das Cybernetics Lab hat sich in den letzten Jahren in vielen Bereichen großartig weiterentwickelt, was die Erwartungen erhöht. Durch die Geschäftsführerposition hatten wir den Raum und auch die Möglichkeiten, sehr viel auszuprobieren und kennenzulernen. Diese Freiräume werden natürlich kleiner, wenn die Projektlage und die Teamgröße zunehmen. Hierdurch resultieren andere Herausforderungen, denen sich ein Nachfolger stellen und an denen er wachsen muss. Wenn das gelingt, gelingt auch der nächste Schritt. Wir bedanken uns bei Euch an dieser Stelle nochmals herzlichst für die immer hochengagierte Zusammenarbeit und für die Einblicke in Euer neues Arbeitsleben. Weiterhin viel Erfolg, wir freuen uns auf neue Querverbindungen zwischen Aachen, Köln und Wuppertal.

Prof. Dr. phil. Anja Richert folgte nach 14 Jahren am Cybernetics Lab im April 2018 einem Ruf der TH Köln als Professorin für Innovationsmanagement. Ihre wissenschaftliche Karriere startete sie mit dem Studium der Kommunikationswissenschaften 1999 an der RWTH Aachen University und kam 2004 ans Zentrum für Lern- und Wissensmanagement (ZLW), das sie seit 2011 als Geschäftsführerin leitete. Zudem forschte sie als Juniorprofessorin für Agiles Management in Technologie und Organisation an der Fakultät für Maschinenwesen.

Prof. Dr.-Ing. Tobias Meisen wechselte nach über 15 Jahren am Cybernetics Lab als Professor für Digitale Transformation nach Wuppertal. Zuvor war er Geschäftsführer des Lehrstuhls Informationsmanagement im Maschinenbau (IMA) an der RWTH Aachen University. Er studierte Informatik mit Nebenfach BWL an der RWTH Aachen University. Seit 2011 leitete er am IMA die Forschungsgruppe „Produktionstechnik“. Seit August 2015 forschte er als Juniorprofessur über die „Interoperabilität von Simulation“. Im Rahmen seiner Lehrtätigkeiten ist Tobias Meisen als Dozent der Lehrveranstaltung „Informatik im Maschinenbau I“ des Cybernetics Lab tätig.

Kontakt: Prof. Dr. phil. Anja Richert anja.richert@th-koeln.de Prof. Dr.-Ing. Tobias Meisen meisen@uni-wuppertal.de

Highlights 2018 | 13


Wissen ist Macht - Nichtwissen macht auch nichts? Was uns Künstliche Intelligenz über uns lehrt

O  Laura Platte

Kathrin Schönefeld

b wir Krankheiten heilen oder Produktionsprozesse optimieren wollen – um die Welt um uns herum zu verstehen und zu gestalten, brauchen wir Wissen als ein System von gemeinsamen, gesicherten Annahmen über uns und unsere Umwelt. Wissen macht die Welt für uns begreifbar und beherrschbar. Wenn Wissen Macht ist, dann bedeutet Nichtwissen für uns Machtlosigkeit. Unser Mittel gegen das Nichtwissen ist die wissenschaftliche Forschung: Ihr Ziel muss unserer Vorstellung nach sein, unser Wissen zu vergrößern und unser Nichtwissen zu verkleinern. Doch ist es wirklich so einfach?

Vier Kränkungen des Menschen Der Blick zurück auf die vergangenen Jahrhunderte verdeutlicht, wie veränderlich das, was wir zu wissen glauben, tatsächlich ist und wie sehr unser Welt- und Menschenbild von unserem Wissen abhängt. Außerdem wird schnell deutlich, dass neues Wissen nicht notwendigerweise nur mehr Klarheit und Kontrolle schafft, sondern es uns auch zutiefst verunsichern kann. Sigmund Freud beschrieb drei wissenschaftliche Entdeckungen, die große Einschnitte in unser Welt- und Menschenbild bedeutet und unserem eitlen Selbstverständnis widersprochen haben, als Kränkungen des Menschen. Die erste, sogenannte kosmologische Kränkung kam in Form der kopernikanischen Wende: Das helio-zentrische Weltbild brachte die Einsicht, dass wir nicht der Mittelpunkt des Universums sind. Etwa

300 Jahre später formulierte Charles Darwin in seiner Evolutionstheorie die Annahme, dass der Mensch nicht die Krone der Schöpfung, sondern ein Tier unter Tieren ist. Nach dieser biologischen Kränkung folgte der nächste Einschnitt laut Freud keine sechzig Jahre später: Etwas unbescheiden, doch aus heutiger Sicht wohl zurecht, reihte sich der Vater der Psychoanalyse selbst in diese Folge großer Namen ein. Er erklärte das von ihm beschriebene Konzept des Unbewussten zur dritten, psychologischen Kränkung des Menschen. In den 1950er Jahren formulierte eine Gruppe von Wissenschaftlern einen Ansatz, der bis heute immer wieder für Schlagzeilen sorgt: Die Idee der Künstlichen Intelligenz. Ihr liegt die Annahme zugrunde, dass sich die menschlichen kognitiven Fähigkeiten durch ein technisches System imitieren lassen. Diese Vorstellung des „Computermodell[s] des Geistes“ beschreibt die US-amerikanische Techniksoziologin Sherry Turkle 1977 in Anlehnung an Freud als die vierte Kränkung des Menschen. Das Paradoxon des Nichtwissens Künstliche Intelligenz erlebte in den letzten Jahren, insbesondere durch die Verfügbarkeit von immer leistungsstärkeren Computern, ihre Miniaturisierung und besseren großen Entwicklungsschritten und wird, etwa in Form von Chatbots und Go-spielenden Algorithmen, für eine große Masse von Menschen sichtbar. Unser Wissen über Künstliche Intelligenz wächst also, ebenso wie unsere Unsicherheit. Das „Kränkende“ der in Wissenschaft und Industrie diskutierten Potentiale Künstlicher Intelligenz, ist womöglich gar nicht nur die Annahme, dass das menschliche Denkvermögen durch Technik imitierbar sei, wie Turkle meint. Vielmehr führt uns diese Technologie

Neuer Vorstoß durch wissenschaftliche Aktivitäten

Je größer das Wissen, desto kleiner das Nichtwissen? Eine zu einfache Vorstellung. (Quelle: Laura Platte)

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Künstliche Intelligenz − Spiegelbild des Menschen. Quelle: eigene Zeichnung Laura Platte.

wie kaum eine andere das große Paradoxon des Nichtwissens vor Augen: Neues Wissen erschafft immer auch neues Nichtwissen. Aus dem Versuch, die Welt durch Wissenschaft und Technik erklärund beherrschbar zu machen, könnten wir etwas erschaffen, das wir selbst nicht mehr verstehen können. Wir werden mit lernenden Algorithmen konfrontiert sein, die auch für Experten auf dem Gebiet der Künstlichen-Intelligenz-Forschung zum Teil eine „Blackbox“ bleiben. Die Frage, ob wir diese Entwicklung verhindern sollten oder können, soll an dieser Stelle der Technikphilosophie überlassen werden. Eine andere wichtige Frage ist: Wären wir grundsätzlich in der Lage zu lernen mit Systemen umzugehen, über die unser Nichtwissen größer ist als unser Wissen? Mit Systemen, die hochkomplexe Informationsverarbeitung leisten und uns Vorschläge zu medizinischen Behandlungen oder Produktionsprozessoptimierungen machen, deren Grundlage wir nicht exakt nachvollziehen können? Die Antwort auf diese Frage ist: Ja. Denn auch unsere Ärzte und Ingenieure, die diese Aufgaben bisher erfüllen, sind hochkomplexe „Expertensysteme“, in die nicht jeder einfach „hineinschauen“ kann. Gerade in der Eigenschaft, die uns am meisten verunsichert, kommt Künstliche Intelligenz dem Menschlichen vielleicht am nächsten.

will. Die Technik wird in Zukunft vielleicht immer weniger nur unser stummes Werkzeug, sondern immer mehr unser Interaktionspartner sein. Kulturwissenschaften helfen uns, (zwischen-)menschliche Phänomene besser zu verstehen. Roboter-Psychologen, wie sie in manchen Science-Fiction-Werken zu finden sind, mögen noch in etwas weiterer Ferne liegen. Forschung im Bereich der Mensch-Maschine-Interaktion ist jedoch schon jetzt unverzichtbar, wenn es darum geht, dem Menschen im Alltag und in der Arbeitswelt in Zukunft immer intelligentere technische Systeme an die Seite zu stellen. Ansätze, die keine harte Trennung zwischen dem Menschlichen und dem Technischen machen, sondern Mensch-Technik-Systeme ganzheitlich betrachten, werden unverzichtbar sein – zu erwähnen ist hier, nicht zufällig, die Kybernetik. Die Forschung am Cybernetics Lab versucht diesen Themen nachzuspüren und dabei den Puls der Zeit zu fühlen. Mit dem kybernetischen Ansatz arbeiten wir täglich daran, die digitale Transformation von Mensch und Technik zu untersuchen. Dieser Beitrag ist im Rahmen des Exzellenzclusters Produktionstechnik entstanden, in dem wir u.a. diese Fragen über Künstliche Intelligenz, Nichtwissen, aber auch das Ingenieurbild beforschen.

Technik als Interaktionspartner Von uns verlangt diese Entwicklung, wie schon so viele andere in unserer Geschichte, die Offenheit dafür, unsere bestehenden Annahmen zu überprüfen und anzupassen. Die Erde dreht sich um die Sonne, der Mensch ist auch nur ein Affe und in uns gibt es mehr unerhörte Wünsche und Triebe, als sich unser Über-Ich eingestehen

Kontakt: Laura Platte, M.Sc. laura.platte@ima-ifu.rwth-aachen.de

Highlights 2018 | 15


Follow us: Cybernetics Lab goes Social Media Unsere Präsenz in den sozialen Netzwerken − Facebook, Instagram und Website

II

n den letzten Monaten haben wir mit viel Energie und Kreativität an unserer neuen Außendarstellung gearbeitet – vom Facelift der neuen Website, die seit April online ist, über ein Facelift unseres YoutubeKanals bis zu neuen Präsenzen in den SociNicole Nelißen al-Media-Kanälen Facebook und Instagram haben wir nun ein digitales, einheitliches Erscheinungsbild. Sie können also die Fortschritte im Cybernetics Lab direkt mitverfolgen und Einblicke in unsere Forschung, Teamarbeit und den Alltag gewinnen. Social Media ist eine eigene Kommunikationsdisziplin, und hierfür sammeln wir vor Maike Diesburg allem eins: Inhalte. Denn Externe verstehen uns nur über starke Stories. Wo sind also die spannenden Stories, wo die Workshops, wo gibt´s in den Forschungshallen etwas zu sehen? Dabei steht für uns im Fokus, wissenschaftliche Themen und das Leben, Lernen und Lehren am Cybernetics Lab und der Hochschule lebensecht und Nele Kistner-Bahr praxisorientiert darzustellen. Im Optimalfall planen wir mit zeitlichem Vorlauf und stimmen sämtliche Posts auf den verschiedenen Kanälen miteinander ab. Zwecks Optimierung und auch um zu sensibilisieren, wen wir letztendlich erreicht haben, bemühen wir uns um ein anschließendes Monitoring. Ob Schnappschüsse der Mitarbeiter von Konferenzen oder Messen, Live-Stories von Events, Projektvorstellungen, Infos zu Lehrveranstaltungen oder Einblicke „hinter die Kulissen“ wie bei unseren Feiern zu den bestandenen Doktorprüfungen – durch die neuen Online-Präsenzen des Cybernetics Lab sind Sie nun näher dran am Lab als je zuvor! Wir freuen uns, Sie ab jetzt auch auf unseren Social-Media-Präsenzen begrüßen zu dürfen! #cyberneticslab #wirfreuenunsaufsie

Social-Media-Redaktion Ausgewählte News, Fotos und frischen Content posten wir gerne – teilt Eure Forschung mit uns − am besten über socialmedia@ima-ifu.rwth-aachen.de. The „Making of“: Neben textsicherer Kommunikation ist die Visualisierung d a s Thema für die Social-Media-Präsenz.

16 | Neues aus dem Lab


Rechnerpool-Modernisierung im ZuseLab Neue Hard- und Software: 316 Rechnerarbeitsplätze mit neuer Ausstattung

S

Iechs Jahre nach Umzug des ZuseLab aus dem in die Jahre gekommenen Audimax in das moderne Hörsaalgebäude an der Prof. Pirlet Straße, wurden in diesem Jahr alle 316 Rechnerarbeitsplätze mit neuer Hardware Kurt Capellmann und auch mit neuer Software ausgestattet. Die Computerarbeitsplätze in einem der größten Rechnerpools Europas bieten somit optimale Bedingungen für rechnergestützte Lehrveranstaltungen, hochschulweite e-Prüfungen (auch on demand) und Praktika. So findet beispielsweise die Klausur zur „KOE“ in digitaler Form statt. Frank Hees Für Kurt Capellmann und sein Team war die Rechnerpool-Modernisierung vor allem eine „Mission“ in einem bestimmten Zeitfenster, da solch ein gewaltiger Austausch nur in der vorlesungs- und klausurfreien Zeit wie in der Pfingst-Exkursionswoche möglich war. Innerhalb von nur vier Tagen wurde die alte, auf die neuen Softwarebedürfnisse zugeschnittene Hardware, mit leistungsstarker Grafikkarte und mehr Arbeitsspeicher getauscht und neu verkabelt. Die Softwareinstallationen auf der neuen Hardware, darunter viele CAD- und Simulationssoftware, bedurfte einer ca. vierwöchigen Vorbereitung.

Mittendrin in der Aachener Hochschullandschaft auf dem „Königshügel“: das ZuseLab.

Das ZuseLab ist für Studierende und Mitarbeiter der Fakultät für Maschinenwesen von 8 bis 22 Uhr geöffnet. Die jeweiligen Veranstaltungen werden auf jeder Etage, nach Räumen aufgeteilt, auf großen Displays angezeigt. Während der veranstaltungsfreien Zeit können die Räume als Lernräume genutzt werden. Betrieben wird das ZuseLab im Auftrag der Fakultät Maschinenwesen durch das Cybernetics Lab. In der vorlesungsfreien Zeit werden darüber hinaus mit „Medien für die Lehre (MfL)“ hochschulweite Klausuren aus allen Fakultäten durchgeführt. Als Grundlage dient das durch das MfL entwickelte Prüfungssystem Dynexite.

ZuseLab Prof. Pirlet Str. 12, 52074 Aachen Kontakt: Kurt Capellmann, Leiter des ZuseLab kurt.capellmann@ima-ifu.rwth-aachen.de www.cybernetics-lab.de/zuselab Aufgeteilt auf sechs Rechnerarbeitsräume stehen 316 Rechnerarbeitsplätze zur Verfügung.

Neues aus dem Lab | 17


18 | Robotik & Automatisierung


Expedition in die Ortler Alpen Autonom navigierende Sonde für die Suche nach außerirdischem Leben

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eben dem Mars ist der Saturnmond Enceladus der vielversprechendste Himmelskörper in unserem Sonnensystem bei der Suche nach extraterrestrischem Leben. Im Jahr 2005 entdeckte die Cassini-Huygens MisSebastian Schönitz sion Kryovulkane auf dem Enceladus, die Gas- und Eiswolken in den Weltraum entsenden und komplexe organische Moleküle enthalten. In Verbindung mit einem unterirdischen Ozean sind dies vielversprechende Indikatoren für mikrobielles Leben. Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) hat die Enceladus Explorer (EnEx)Pia Bresenitz Initiative ins Leben gerufen, um Technologien zu entwickeln, die es erlauben im ewigen Eis des Saturnmonds nach Leben zu suchen. In 3000 Metern Höhe forschen Das Projekt RANGE, als Kooperation des III. Physikalischen Institut B der RWTH Aachen University mit dem Cybernetics Lab, hatte auch in diesem Jahr den Lead beim Test des Gesamtsystems der EnEx-Initiative auf dem Langenferner Gletscher in den italienischen Hochalpen übernommen. Diesem Unterfangen schlossen sich Mitarbeiter der Fachhochschule Aachen (EnEx-nExT), der TU Braunschweig (EnEx-Mie), der Universität Bremen (EnEx-Cause) und der Aachener Firma GSI Systementwicklung und Instrumentierung GmbH an. Neben der Planung der Testszenarien hat sich das RANGE-Team auch um die Logistik gekümmert, die in sich schon komplex ist, da der Langenferner Gletscher Teil eines auf 3200 m gelegenen Naturschutzgebiets ohne Straßenanbindung ist. Im diesjährigen Feldtest wurde - neben der Weiterentwicklung der Schmelzsonden - das am Cybernetics Lab entwickelte Agentensystem getestet. Es ermöglicht die Navigation der Schmelzsonden über ein sich selbst organisierendes Kommunikationsnetzwerk.

Dieses autonome Multi-Agenten-System soll die an der FH Aachen entwickelte Schmelzsonde IceMole in einer zukünftigen Raumfahrtmission auf ihrem Weg zur Probenentnahme an einer mit Wasser gefüllten Spalte begleiten, lokalisieren und navigieren. Mit dem IceMole kommunizieren Hinsichtlich der im Jahr 2040 geplanten Enceladus-Mission wurden in den italienischen Ortler-Alpen mehrere Szenarien durchgeführt, in denen sich jeweils bis zu 13 Netzwerksonden in das Gletschereis einschmolzen und akustisch untereinander als auch mit dem IceMole, der sich durch das Netzwerk bewegte, kommunizierten. Über die Laufzeit der akustischen Signale und sogenannter Trilateration konnten die Positionen der Sonden bestimmt werden. Trotz teils widriger Witterung führten die Forscher ihre Tests erfolgreich durch und kehrten nach rund drei Wochen Expedition auf dem Gletscher wohlbehalten zurück. Die gesammelten Daten geben wertvolle Informationen, auf deren Basis das System nun weiter optimiert wird. Mit der im Projekt entwickelten Technologie müssen außerirdische Lebensformen sich anstrengen, im Jahr 2040 nicht entdeckt zu werden.

Robuste autonome akustische Navigation im Gletschereis (RANGE) Projektträger: DLR Raumfahrtmanagement/ BMWi Laufzeit: Januar 2015 – Mai 2019 Kontakt: Sebastian Schönitz, M.Sc. Sebastian.schoenitz@ima-ifu.rwth-aachen.de www.enex.rwth-aachen.de

Robotik & Automatisierung | 19


Dateneffizientes Reinforcement Learning Oder was ein Roboterarm und ein Schüttgutförderer gemeinsam haben

R  Philipp Ennen

Pia Bresenitz

einforcement Learning (RL) gehört zu den vielversprechendsten Ansätzen im Bereich des maschinellen Lernens. Ein Agent erkundet seine Umwelt und probiert sich – innerhalb vorgegebener Grenzen – nach der Versuch-und-IrrtumMethode aus. Nach einer ausgeführten Aktion erhält er direktes Feedback, ob das gezeigte Verhalten zielführend war oder nicht, eine sogenannte Belohnungsfunktion. Dabei ist er bestrebt, in einem definierten Zeitfenster möglichst viele Belohnungen zu sammeln. Der letzte Aspekt ist wichtig, damit der Agent sich nicht beim ersten Lernerfolg „auf seinen Lorbeeren ausruht“, sondern weiterlernt. Im Prinzip lernt der Agent damit so wie wir Menschen − besonders in frühen Entwicklungsstadien. Der Versuchsaufbau: Vollvernetzter pneumatischer Schüttgutförderer über zwei Etagen.

RL-Ansätze nicht ausreichend dateneffizient Gerade unter komplexen und dynamischen Bedingungen ist Reinforcement Learning René Vossen vielversprechend und dennoch wird es im industriellen Bereich kaum eingesetzt. Der Grund: Die bislang entwickelten Algorithmen gelten meist als nicht dateneffizient genug. Der Agent braucht sehr große Trainingsdaten-

sätze, auf denen er sein Wissen antrainieren bzw. anlernen kann. Alle bisherigen Anwendungen basieren auf Simulationsmodellen. Dass es auch anders gehen kann, zeigt das Projekt „Intelligente Produktionsprozesse und lernfähige Systeme in KMUs“ (InPulS). Es untersucht einen neuen RL-Ansatz in zwei Anwendungsszenarien und entwickelt daraus einen Handlungsleitfaden für

Teamarbeit im Technikum: Von der intensiven Zusammenarbeit zwischen Industrie und Forschung profitierte das Projekt.

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Unternehmen. Das erste Szenario ist eine sogenannte „peg-inhole“-Aufgabe, in der ein Roboter lernen soll, einen passgenauen Stift in ein Loch zu fügen. Die zweite Aufgabe ist die Förderung von Schüttgut, wie Sand, Mehl oder Kunststoffgranulat, in einem pneumatischen Schüttgutförderer. Dieser befördert das Schüttgut durch Ansaugdruck durch Rohre. Beide Szenarien zeichnen sich dadurch aus, dass die Rahmenbedingungen hochkomplex und damit schwer automatisierbar sind, auch wenn es auf den ersten Blick recht simpel erscheinen mag. Modellbasiertes Reinforcement Learning Schon nach der Hälfte der Projektlaufzeit konnten wir beweisen, dass Reinforcement Learning für den industriellen Einsatz dateneffizient genug sein kann. Der Schlüssel zum Erfolg sind „modellbasierte Reinforcement Learning Verfahren“. Sie erlauben, durch interne lokale Simulationen (die simultan zur Strategie gelernt werden) mit deutlich weniger Trainingseinheiten an der realen Anlage auszukommen. Gleichzeitig konnte in einem Testszenario die Effizienz der Anlage bei stabilerem Prozessverhalten im Vergleich zur Expertenoptimierung erheblich gesteigert werden. Dies ist ein komplett anderer Ansatz, als die derzeitigen von großen Unternehmen beworbenen. Der Transfer dieses und anderer intelligenter Verfahren von der Forschung in bestehende Produktionsprozesse – insbesondere in kleinen und mittleren Unternehmen – ist eine weitere große Herausforderung. Daher wird nun auf Basis der im Projekt erlangten Erkenntnisse ein Handlungsleitfaden erarbeitet. Dieser soll Unternehmen dabei unterstützen, intelligente, lernfähige Systeme in bestehende Produktionsumgebungen zu integrieren. Damit trifft das Projekt den Nerv der Zeit und bietet insbesondere kleinen und mittleren Unternehmen Chancen, sich im Bereich Machine Learning für die Zukunft zu rüsten. Das Interesse ist bereits immens gestiegen: In weniger als einem Jahr ist der begleitende Industriearbeitskreis von anfänglichen neun auf rund 60 interessierte Unternehmen gewachsen.

Zufriedenheit auf beiden Seiten − sowohl Projektpartner als auch Mitarbeiter des Cybernetics Labs IMA & IfU freuen sich über die hervorragenden Ergebnisse.

Intelligente Produktionsprozesse und lernfähige Systeme in KMUs (InPulS) Förderinstitution: Forschungskuratorium Maschinenbau (FKM) e.V. Projektträger: Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbauer (VDMA) Kontakt: Dr. rer. nat. Pia Bresenitz Pia.Bresenitz@ima-ifu.rwth-aachen.de Philipp Ennen, M.Sc. philipp.ennen@ima-ifu.rwth-aachen.de

Robotik & Automatisierung | 21


Die Baustelle von morgen Vernetzung und Automatisierung am neuen FutureSite Testcenter

„D  Alexia Fenollar Solvay

Christian Kohlschein

Iie Kranplätze müssen verdichtet sein“ – so wie sich viele Bauarbeiter an verschiedensten Baustellen diesen Spruch anhören mussten, so sollen zukünftig die Baumaschinen selbstständig untereinander kommunizieren und lernen. Um dieses Ziel zu erreichen, haben sich das Cybernetics Lab und das Institut für Maschinenelemente und Systementwicklung unter der Leitung von Prof. Dr.-Ing. Georg Jacobs die Entwicklung einer herstellerunabhängigen Referenzbaustelle vorgenommen. Bauprozesse effizienter gestalten

Die Zahlen sprechen für sich: Während die gesamte deutsche Wirtschaft im Zeitraum von 2000 bis 2011 ein Produktivitätswachstum von 11% aufwies, stieg die Produktivität der Baubranche im gleichen Zeitraum lediglich um 4,1%. Ein Grund hierfür sind Fortschritte der Digitalisierung und AutoMax Haberstroh matisierung in anderen Industriezweigen, die im Bereich der Bauwirtschaft bislang sehr zögerlich umgesetzt wurden. Aktuell existiert eine geringe Verknüpfung von Maschinen-, Umgebungs- und Prozessdaten. Denn eine Vielzahl von Baumaschinen unterschiedlicher Hersteller und unterschiedlichen Alters arbeiten gemeinsam mit Menschen in stark verschmutzten, sich kontinuierlich verändernden Umgebungen. Mangelnde Internetabdeckung sowie fehlende Schnittstellenstandards kommen erschwerend hinzu und erlauben keine direkte Übertragung bekannter Technologien aus anderen Bereichen. Einzigartige Testanlage für die Baubranche FutureSite verfolgt daher das Ziel, eine definierte und realitätsnahe Referenzumgebung zur Verfügung zu stellen, um die Technologien für die Baustelle der Zukunft zu entwickeln. Diese Referenzumgebung besteht aus einer europaweit einzigartigen, digitalisierten und vernetzten Infrastruktur-Modellbaustelle mit einer herstellerunabhängigen, modularen Kommunikationsarchitektur und -hardware sowie einer Prozessplattform zur Datenanalyse und Datenvisualisierung vor Ort. Das FutureSite Testcenter bezieht seinen Platz auf dem Gelände des Aldenhoven Testing Centers (ATC), das durch sechs terrestri-

22 | Robotik & Automatisierung

Die Abbildung zeigt eine Referenzbaustelle mit herstellerunabhängiger Kommunikationsinfrastruktur.

sche Sendeantennen mit einem simulierten Signal des im Aufbau befindlichen Galileo-Systems abgedeckt ist. Darüber hinaus stehen neueste Mobilfunktechnologien (4G, 5G) zur Verfügung. Auf der Testbaustelle werden realtypische Abläufe im Erdbau untersucht. Sowohl die Kooperation von mehreren Maschinen und Fahrzeugen als auch die Sicherheit von Menschen auf autonomen Baustellen sind wichtige Punkte, die mit FutureSite erforscht werden. Dank lückenloser Digitalisierung der Baustelle können Produktivität und Effizienz gesteigert und Belastungen für den Menschen und die Umwelt gesenkt werden. FutureSite schafft so die Kommunikationsinfrastruktur zur herstellerübergreifenden Digitalisierung und Vernetzung der Baustelle und damit die Voraussetzungen für zukünftige Automatisierungsprojekte.

FutureSite Förderinstitution: EFRE.NRW Projektträger: Bezirksregierung Köln Projektpartner: Institut für Maschinenelemente und Systementwicklung (iMSE) der RWTH Aachen University Laufzeit: Juni 2018 – Mai 2021 Kontakt: Ing. Industrial Alexia Fenollar Solvay alexia.fenollar@ima-ifu.rwth-aachen.de www.future-site.de


Qualität im Güterverkehr Datengetriebene Erkennung von Schadmustern im Schienenverkehr

A

ls größte Güterbahn in Europa müssen wir eine Vorreiterrolle in der Digitalisierung einnehmen. Nur so bleiben wir auch in Zukunft ein verlässlicher Partner für unsere Kunden“, sagte schon der frühere DB Cargo Marc Haßler Chef Dr. Jürgen Wilder bei der Einweihung des neuen „Asset & Maintenance Digital Lab 2017“ in Frankfurt am Main. Damit die Kunden zukünftig von zuverlässigeren und effizienteren Schienentransporten profitieren, ist die Digitalisierung der Planungs- und Steuerungsprozesse im Fahrzeug-Management und der InstandhalAlexia Fenollar Solvay tung erforderlich. Hierzu wurde von der DB Cargo AG bereits in Vorprojekten begonnen, ihre Schienenfahrzeugflotte mit entsprechender Sensorik und moderner Informationstechnik auszustatten. Das Gesamtziel des im

Für intelligente Loks und Güterwagen sollen Fahrzeuge mittels Diagnosedaten überwacht werden.

August 2018 gestarteten Projekts namens „QUISS“ ist die Optimierung und Unterstützung der Disposition von Schienenfahrzeugen mittels moderner Methoden wie Künstliche Intelligenz (KI) und Data Science. Datengrundlage und Anwendungsfälle Rund 75.000 Güterwagen und 33.380 Kilometer Streckennetz bieten großes Potenzial zur datengetriebenen Erkenntnisgenerie-

rung. Sei es Ähnlichkeiten in Instandhaltungsintervallen, einzelnen Wartungsvorgängen, der Nachverfolgung von Güterwaggons oder einzelner Bauteile zu erforschen. Dabei sollen unter anderem verschiedene Anwendungsszenarien im Bereich des Güterzugverkehrs identifiziert und diese wiederum mit der vorhandenen bzw. zukünftig geplanten Datenlage verbessert werden. Im nachfolgenden Schritt werden mittels Verfahren der Mustererkennung Besonderheiten in den entsprechenden Daten ermittelt. Predictive maintenance im Güterverkehr Diese Muster werden zur Erkenntnisgenerierung beitragen und dienen darüber hinaus als Grundlage für Prädiktionsmodelle zur Zustandsvorhersage. Die wesentliche Herausforderung des Verbundprojektes ist es, eine Prädiktion innerhalb der Instandhaltung und einhergehend eine Verbesserung der Fahrzeugdistribution zu erreichen. Dadurch wird eine Qualitätssteigerung im gesamten Schienennetz angestrebt. Vorhersagen im Bereich des Instandhaltungsbedarfs, so wie in diesem Zusammenhang entstehender Bedarf werkstattzuführungsbedingter Distribution im Güterverkehr, sind ein hoch komplexes, spannendes zukünftiges Forschungsfeld.

QUISS - Qualitätssteigerung durch intelligente, datenbasierte Schadmustererkennung bei Schienenfahrzeugen Förderinstitution: Gefördert wird „Quiss“ innerhalb des Moderitätsfonds (mFund) vom Bundministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) Projektträger: VDI / VDE Innovation + Technik GmbH Kooperationspartner: DB Cargo AG, Inspirient GmbH, Lehrstuhl für Informationsmanagement in Maschinenbau (IMA) Laufzeit: August 2018 – Januar 2021 Kontakt: Marc Haßler M. Sc. marc.hassler@ima-ifu.rwth-aachen.de

Künstliche Intelligenz | 23


Künstliche Intelligenz in der Automobilindustrie Wie Daten und Algorithmen moderne Entwicklungsprozesse durchdringen

K  Hasan Tercan

Richard Meyes

ünstliche Intelligenz (KI) ist in aller Munde. Neben den Bereichen der natürlichen Sprachverarbeitung oder der Bilderkennung, findet KI vermehrt Anwendung in vielen weiteren Bereichen, nicht zuletzt in der traditionellen deutschen Automobilindustrie. Vom Tagesgeschäft der Zulieferer bis hin zur Endmontage durch die Erstausrüster unterstützt KI die Prototypenentwicklung entlang des gesamten Produktentwicklungsprozesses. Das Cybernetics Lab entwickelt gemeinsam mit seinem Netzwerk aus Automobilbauern und Zulieferern KI-basierte Lösungen entlang dieser Prozesskette, unter anderem für Herstellungsprozesse von Glasbauteilen, für die Nachverfolgbarkeit von Bauteilen in der Vorserienfertigung, für die Bestimmung von Bauzuständen von Testfahrzeugen sowie der Erprobung von virtuellen Sensoren in der Serienproduktion.

Die deutsche Automobilindustrie steht für die hohe Qualität ihrer Produkte. Hierbei unterliegen vor allem die Automobilzulieferer stetig steigenden Anforderungen. Dies gilt auch für die Fertigung von Glasbauteilen für Automobile: neueste Lösungen wie Head-UpDisplays (HUD) werden zukünftig sowohl höhere Scheibenqualitäten als auch engere Fertigungstoleranzen erfordern. Herstellungsprozesse bei den Zulieferern Um diesen Herausforderungen gerecht zu werden, bedarf es modernster Lösungen zur ganzheitlichen Betrachtung und automatisierten Steuerung des Herstellungsprozesses. Das Cybernetics Lab forscht daher in enger Zusammenarbeit mit der Industrie an einer KI-basierten Lösungen zur Schaffung eines intelligenten Glasformungsprozesses. Auf Basis moderner Informationstechnologie sowie hochentwickelter Sensorik, die auch im Hochtemperaturbereich operiert, kommen ausgefeilte KI-Verfahren zum Einsatz, die Zusammenhänge zwischen Prozessgrößen identifizieren und Vorhersagen verschiedener Qualitätsgrößen vornehmen können. Durch die automatisierte Ableitung geeigneter Reaktionsstrategien und ihre visuelle Rückführung an den Prozessexperten lassen sich

Daniel Lütticke Künstliche Intelligenz durchdringt die gesamte Produktentwicklungsprozesskette in der Automobilindustrie.

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Künstliche Intelligenz


Schwankungen von Fertigungstoleranzen zielgerichtet kompensieren und eine gleichbleibende Prozessstabilität wird gewährleistet. Produktnachverfolgung in der Vorserienfertigung Im Bereich der Vorserienfertigung von Fahrzeugprototypen besteht die größte Herausforderung in der Zusammenstellung einer Stückliste, die den Bauzustand des Prototyps beschreibt. Diese Liste entsteht auf Basis einer funktionalen Beschreibung des zu entwickelnden Prototyps und wird durch eine Vielzahl verschiedener Akteure zusammengestellt. Die Aggregierung dieser Stücklisten läuft aufgrund der Komplexität des Prozesses nicht immer fehlerfrei ab: Kommt es beispielsweise bei der finalen Montage des Prototyps zu Fehlteilen, kann diese nicht mehr durchgeführt werden. Zur Unterstützung arbeitet das Cybernetics Lab an einer KI-basierten Lösung, zu der einzelne Akteure beim Stücklistenerstellungsprozess insbesondere um Fehlteile und Montagestandzeiten, zu reduzieren. Bestimmung der Bauzustände von Testfahrzeugen Neben der Erstellung von Stücklisten zur Beschreibung des Aufbaus eines Fahrzeugs ist es während der Erprobungsphase darüber hinaus notwendig, auch den aktuellen tatsächlichen Bauzustand eines Fahrzeuges zu erfassen. Fahrzeugprototypen werden während der Erprobung zum Test neuer Teile mehrfach umgebaut. Im Alltag gelingt es nicht immer, diese Umbaumaßnahmen zu verschriftlichen. Um jederzeit den aktuellen Zustand des Fahrzeugs im

RFID (eng. radio frequency identification, Identifizierung mit Hilfe elektromagnetischer Wellen) bezeichnet eine Technologie für Sender-Empfänger-Systeme zum automatischen, berührungslosen identifizieren und lokalisieren von Objekten und Lebewesen mit Radiowellen.

Hinblick auf die verbauten Entwicklungsstände von Komponenten ermitteln zu können, werden, gemäß der VDA Richtlinie 5509 zum Einsatz von RFID zur Verfolgung von Bauteilen und Komponenten in der Fahrzeugentwicklung, alle Bauteile mit sogenannten RFID-Tags versehen, die im späteren Fahrzeug berührungslos ausgelesen werden können. Fahrzeuge bestehen im Wesentlichen aus Metall, dass

das Eindringen von RFID-Funkwellen verhindert. Um dennoch einen Großteil der verbauten Komponenten zuverlässig zu erkennen, ist es notwendig, die Parameter der RFID-Lesegeräte sowie die Position der Antennen optimal zu wählen. Um aus der Vielzahl möglicher Einstellungsparameter und Positionen das Optimum zu wählen, hat das IMA einen Messeaufbau mit beweglichen Antennen entwickelt, der einen systematischen Scan eines Fahrzeuges ermöglicht. Im Zusammenspiel mit einer für diesen Anwendungsfall speziell entwickelten Analysesoftware und unter Einsatz von Methoden der künstlichen Intelligenz können nicht nur die optimalen Parameter leicht bestimmt werden. Vielmehr lassen sich auch Aussagen dazu treffen, ob ein Bauteil tatsächlich fehlt oder ob dessen RFID-Tag nicht durch die Antennen erfasst werden konnte. Somit kann eine fundierte Aussage über den Bauzustand eines montierten Fahrzeugprototyps abgeleitet werden. Erprobung virtueller Sensoren für die Serie Fahrzeugprototypen sind während der Entwicklungsphase in der Regel mit einer Vielzahl von Sensoren ausgestattet, um Informationen über das Betriebsverhalten der Fahrzeuge und die Belastung einzelner Bauteile zu sammeln. Aus Kostengründen stehen diese Sensoren in der Serie allerdings nicht zur Verfügung, sodass wertvolle Informationen über die Belastung der Fahrzeuge während des täglichen Realbetriebs eingeholt werden können. Das Cybernetics Lab erprobt KI-basierte Ansätze zur Rekonstruktion der Sensordaten auf Basis der Signale interner Steuergeräte. Der große Vorteil dieser sogenannten virtuellen Sensoren ist, dass sie in Serienfahrzeugen die gleichen Informationen über die Belastung liefern wie reale Sensoren in den Testfahrzeugen. Darüber hinaus entfallen die üblichen Nachteile zusätzlicher Elektronik im Auto, wie beispielsweise weitere Produktions- und Wartungskosten.

Kontakt: Hasan Tercan, M.Sc. hasan.tercan@ima-ifu.rwth-aachen.de Richard Meyes, M.Sc. richard.meyes@ima-ifu.rwth-aachen.de Dipl.-Inform. Daniel Lütticke daniel.luetticke@ima-ifu.rwth-aachen.de

Künstliche Intelligenz | 25


Stück für Stück gräbt sich der gewaltige Bohrer ähnlich wie ein Schlagbohrer immer tiefer in die Wolframmine.

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Virtueller Hörsaal: Der Student wird zum Minen-Explorateur Die Integration der virtuellen Realität in die europäische Bergbauausbildung

B

rille auf, Mine an: Der Studierende im Hörsaal setzt sich eine VirtualReality-Brille, kurz VR-Brille, auf und bewegt sich in der virtuellen Umgebung, konkret in einer Wolfram-Mine im österreichischen Mittersill. Ein neuartiges Frank Hees Erlebnis, die erlernte Theorie mit praktischen Szenarien zu validieren, entweder mit Hilfe immersiver Hardware wie VR-Sets oder über Computer und Smartphones. Mit dem „VR Mine“-Projekt kommt die futuristische Brille nun auch in die Hörsäle der TalTech University Tallinn in Estland und der RWTH Aachen University. Anas Abdelrazeq Zur Bergbautechnik gehört die Gewinnung von Bodenmineralien, die Planung von Bergwerken mit unzähligen untertägigen Vortrieben und Schächten sowie der Umgang mit schweren Maschinen in künstlich belüfteter Atmosphäre. Diese Bedingungen sind von Bergwerk zu Bergwerk sehr unterschiedlich, aufwändig und kostenintensiv. Daher entwickeln nun die Division of Mining der TalTech University in Tallinn, das global agierende Bergbauunternehmen Wolfram Bergbau und Hütten AG aus Mittersill in Österreich, das Institute of Mineral Resources Engineering der RWTH Aachen University und das Cybernetics Lab eine hochinformative und interaktive virtuelle Mine.

Der Eingang zur Wolframmine im österreichischen Mittersyl....

und in der virtuellen Darstellung.

Bildmaterial erzeugt maximale Emphatie Diese virtuelle Mine wird auf Grundlage der realen Untertageumgebung der Wolframmine in Mittersill entwickelt. Daher wurde in den letzten Monaten umfangreiches digitales Bild- und Videomaterial vor Ort aufgenommen, um originalgetreu Nähe und maximale Empathie in einer virtuellen Mine zu erzeugen. Nutzer ziehen eine VR-Brille auf, das Display verschwindet und sie stehen in ihrer Wahrnehmung mitten im „Lerninhalt“ sprich mitten in der Mine. Die Zuschauer werden zu Augenzeugen einer Handlung, die sie in 360 Grad umgibt. Den Bildausschnitt sucht man sich dabei selbst aus, indem man einfach den Kopf bewegt wie in der wirklichen Realität. Im Inneren der Mine können also alle Aspekte ähnlich einer realen Mine erforscht werden. Hierbei stehen besonders drei Szenarien im Fokus: Arbeitssicherheit und Arbeitsschutz, typische Minentätigkeiten wie Bohren oder Sprengen sowie die kollaborative Minenplanung.

Täuschend echt: 360º Grad-Erlebnis für den VR-Nutzer.

VR-Mine Förderinstitution: EIT/EU Projektträger: EIT Raw Materials Laufzeit: Mai 2018 - Oktober 2019 Kontakt: Ing. Anas Abdelrazeq, M.Sc. anas.abdelrazeq@ima-ifu.rwth-aachen.de

Mensch-Maschine-Interaktion | 27


Augmented Reality in der kollaborativen Montage Digitale Lösungen für die Mitarbeiterqualifizierung in Industrie 4.0

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Iie fortschreitenden Marktentwicklungen innerhalb der vierten industriellen Revolution sind mit dem Ziel einer maximalen Individualisierung und Flexibilisierung des Produktionssektors verbunden. In diesem Zusammenhang ist es Lea Daling unerlässlich, sowohl Angestellte wie auch Zeitarbeiter durch Trainings- und Anlernprozesse adäquat auf die neuen Herausforderungen vorzubereiten. Die Entwicklung schneller und effizienter Trainingsprozesse in Verbindung mit neuen Technologien und Methoden digitalen Lernens stellen hierfür einen vielversprechenden Lösungsansatz Anas Abdelrazeq dar. Besonders das arbeitsplatznahe Lernen kann durch Technologien unterstützt werden, die die Bereitstellung von Informationen in Echtzeit ermöglichen. So wird beispielsweise Augmented Reality (AR) verwendet, um Echtzeitinformationen zu einer realen (Arbeits-) Umgebung hinzuzufügen. Dabei werden virtuelle Objekte wie AnimaSarah Müller-Abdelrazeq tionen oder Hinweise in das reale Sichtfeld des Nutzers eingeblendet. Für die Nutzung von Augmented Reality (AR) werden verschiedene Medien eingesetzt. Die Microsoft HoloLens ermöglicht es, eine ARgestützte Instruktion von Arbeitsschritten anzubieten, ohne dabei etwas in den Händen halten zu müssen. Weitere Medien wie z.B. Tablets oder Smartphones erweitern das Sichtfeld durch den jeweiligen Bildschirm, müssen jedoch entweder festgehalten oder an einer Halterung montiert werden. Prozesse effizienter gestalten Im Rahmen des Projektes Arbeit in der Industrie der Zukunft (ARIZ) wird untersucht, inwieweit Augmented Reality dazu beitragen kann, das Anlernen für z.B. kollaborative Montageprozesse effizienter zu gestalten. Neben Faktoren wie Benutzerfreundlichkeit und Akzeptanz werden auch Performanzkennzahlen wie Zeit oder Fehlerrate untersucht.

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Augmented Reality ermöglicht es, einzelne Montageschritte mit Hilfe von virtuellen Objekten und Animationen step by step anzuleiten.

ARIZ - Arbeit in der Industrie der Zukunft Förderinstitution: BMBF Projektträger: BMBF Laufzeit: Oktober 2016 - Dezember 2019 Kontakt: Lea Daling, M.Sc. lea.daling@ima-ifu.rwth-aachen.de Sarah Müller-Abdelrazeq sarah.abdelrazeq@ima-ifu.rwth-aachen.de http://ariz-ac.de


Das arbeitsplatznahe Lernen wird im Zuge von Mensch-Roboter-Interaktionen zunehmend relevant.

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Mixed Reality Books Der digitale Wandel für das Bergbaustudium in Europa

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Iixed Reality books, kurz MiReBooks, steht für ein interaktives Handbuch, das durch die Integration von neuen, digitalen Visualisierungselementen, wie z.B. Virtual und Augmented Reality, die Hochschulbildung im Lea Daling Bereich Bergbau revolutionieren soll. Ziel ist es, zukünftig in ganz Europa Lehr- und Lernmaterialien für das Bergbaustudium zur Verfügung zu stellen, die als neue internationale Standards die traditionelle Wissensvermittlung um erfahr- und erlebbare Komponenten zu erweitern. Die Herausforderungen im Bergbaustudium sind breit gefächert. Dabei stellen besonAnas Abdelraszeq ders die fehlende Übertragbarkeit der theoretischen Wissensinhalte in die praktische Tätigkeit und somit auch ein fließender Übergang vom Studium in das Berufsleben ein bisher nicht ausreichend gelöstes Problem dar. Die Verfügbarkeit von Minen als Lernorte ist äußerst beschränkt − und somit auch das praxisnahe Erleben der Studieninhalte. Hinzu kommt, dass Literatur aus vergangenen Jahrzehnten immer noch als Grundlagenwerke und Lehrmaterialien genutzt wird, während digitalisierte Materialien kaum zur Verfügung stehen. Lehrmaterial 4.0 MiReBooks verändert als neue, digitale Lernerfahrung die Art und Weise, wie innerhalb der Bergbauausbildung gelehrt, gelernt und Wissen erfahrbar gemacht wird: Klassische papierbasierte Lehrmaterialien werden mit Mixed Reality (MR)-Materialien kombiniert und in pädagogisch und didaktisch aufbereitete MR-Handbücher für die integrative Nutzung im Unterricht umgesetzt. Dadurch können Lernende im Hörsaal Szenarien erleben, die in der Regel schwer oder aufgrund riskanter Sicherheitsbedingungen überhaupt nicht zugänglich sind. Die Möglichkeit, sich frei in einem virtuellen Industriebergwerk zu bewegen, gehört genauso zu einem zukünftigen Lernszenario dazu wie auch die detaillierte Betrachtung von Bauteilen oder Maschinen durch Augmented Reality. MiRebooks wird es ermöglichen, dass Lernende ihr Studium oder ihre Berufsausbildung mit einem vertieften Verständnis ihrer Disziplin abschließen und sie optimal auf den digitalen Wandel im Bergbau vorbereiten.

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Auf dem Laufband ins Bergwerk: Der Virtualizer verspricht die komplette Immersion.

MiReBooks Förderinstitution: EIT/EU Projektträger: EIT Raw Materials Laufzeit: Oktober 2018 - Dezember 2021 Kontakt: Lea Daling lea.daling@ima-ifu.rwth-aachen.de Anas Abdelrazeq, Ing. / M.Sc anas.abdelrazeq@ima-ifu.rwth-aachen.de


Mit Onlinetool akademisches Englisch lernen Wissenschaftliche Publikationen verstehen und schreiben

A

lltagsenglisch wird heutzutage schon ab dem Kindergarten oder sogar früher gefördert und ist in Form von Büchern, TV-Serien oder Games allgegenwärtig. Diese Art des englischen Sprachgebrauchs ist den allermeisten Andreas Burgdorf Studierenden daher vertraut. Dahingegen bereiten akademische, englischsprachige Publikationen Studierende beim Lesen und vor allem beim ersten Verfassen häufig Schwierigkeiten. Der Hauptgrund hierfür ist, dass in dem sogenannten „akademischen Englisch“ Vokabeln und Phrasen wie „recent evidence suggests“ oder „major André Pomp objective of the study“,... stark verbreitet sind, die in der Alltagsliteratur und dem in der Schule behandelten Stoff nur wenig oder bislang gar nicht auftauchen. Das Vokabular der Neu-Akademiker ist also noch nicht ausgereift genug, um alle Begriffe in wissenschaftlichen Arbeiten zu umfassen. Das Ziel des Exploratory Research Space (ERS) geförderten Projektes AISLE ist es, Studierende beim Erlernen eben dieser Vokabeln und Phrasen zu unterstützen und ihren Wortschatz mit Hilfe eines Onlinetools, das auf intelligenten Algorithmen basiert, zu vergrößern. Lernalgorithmus für individuelles Lerntempo Zu Projektbeginn galt es zu identifizieren, was genau akademisches Vokabular überhaupt ausmacht. Um hier ein zukunftssicheres System zu erhalten, das kontinuierlich lernt und stetig neue Quellen und neues Vokabular – wie in den letzten Jahren viele Begriffe zum Thema Machine Learning – einbeziehen kann, wurde ein automatisiertes Verfahren entwickelt, das wissenschaftliche und nicht wissenschaftliche Textsammlungen analysiert. Hierfür wurden Methoden des Natural Language Processings (NLP) angewandt um die Texte aufzubereiten, zu analysieren und um schließlich akademisches Englisch von nicht-akademischem Englisch zu unterscheiden. Für alle vorkommenden Vokabeln und Phrasen wurden Statistiken über ihre Häufigkeiten und deren Informationsgehalt bestimmt. Das implementierte Verfahren erlaubt es weiterhin, domänenspezifisches akademisches Vokabular zu identifizieren um das Tool zielgruppengerichtet zu gestalten. Parallel zum Aufbau der Datenbasis wurde ein Onlinetool entwickelt und evaluiert, mit dem Studierende über einen längeren Zeitraum nach Belieben interagieren können und das sie individuell und an ihre bisherigen Fähigkeiten angepasst unterstützt, ihr Vokabu-

lar zu erweitern. Hierfür wird der aktuelle Wortschatz des Nutzers bestimmt. Seinem Sprachlevel angemessen werden neue Vokabeln und Phrasen präsentiert, bis er diese in seinen Wortschatz integriert. Für ein optimales Lerntempo des jeweiligen Nutzers wird individuell zu Beginn mit Hilfe verschiedener kognitiver Tests (Geschwindigkeit, Gedächtnis, …) ein Profil erstellt. Mit dessen Hilfe kann der hinter dem System liegende Lernalgorithmus bestimmen, in welcher Häufigkeit und mit welcher Wiederholrate neue akademische Begriffe präsentiert werden. Lernfortschritte evaluieren Seit Oktober befindet sich das Onlinetool in einer Evaluierungsphase und wird aktiv von unterschiedlichen Kursen in Studiengängen der Anglistik benutzt. Der tatsächliche Erfolg wird gemessen, indem zufällig ausgewählte Journalbeiträge, die ein ähnlich großes Vokabular benötigen, sowohl zu Beginn als auch nach einigen Sitzungen präsentiert werden. So kann überprüft werden, ob der für den Beitrag benötigte Wortschatz sich über die Sitzungen verbessern konnte. Während der Evaluierung werden verschiedene Statistiken über den individuellen Lernfortschritt der Studierenden anonymisiert erhoben, um das Tool und die dahinterliegenden Algorithmen stetig nutzergerecht weiterzuentwickeln. Zukünftig könnte das entwickelte Tool um weitere Sprachen und Schwierigkeitsgrade erweitert werden um beispielsweise ein themenbasiertes Lernen von Begriffen zu ermöglichen. Hierfür gilt es mit Hilfe der aktuell erhobenen Daten zu erforschen, welche Faktoren zu einem geeigneten persönlichen Lerntempo führen und wie diese genutzt werden können um eine künstliche Intelligenz zu trainieren, die den Lernalgorithmus weiter optimiert.

AISLE: Adaptive Statistical Language Learning Förderinstitution: ERS gefördertes Projekt (Seed-Fund) Projektträger: Lehrstuhl für anglistische Sprachwissenschaften (PD Dr. Elma Kerz) Laufzeit: Januar 2018 - Dezember 2018 Kontakt: Andreas Burgdorf andreas.burgdorf@ima-ifu.rwth-aachen.de André Pomp andre.pomp@ima-ifu.rwth-aachen.de

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Die smarte Antwort auf den Online-Handel: das Shopping Lab Aachen Das Zukunftsforum für den lokalen Einzelhandel in einem Pop-Up Reallabor

D  Sarah Güsken

Daniela Janßen

er regionale Einzelhandel blickt einer dynamischen und digitalen Zukunft entgegen. Besonders für den traditionellen Einzelhandel bietet das neben Herausforderungen auch Chancen und Möglichkeiten für den Einsatz neuer Technologien. Wie wird der Einzelhandel der Zukunft aussehen, welche Technologien erwarten uns und wie kann der Einzelhandel sich schon jetzt darauf vorbereiten? Die fünf Projektpartner, Stadt Aachen, AIXhibit, das An-Institut für Unternehmenskybernetik (IfU) e.V. der RWTH Aachen University, das Institut für Werkzeuglose Fertigung GmbH und die FH Aachen, treibt diese Fragen um.

Das Shopping Lab Aachen im ehemaligen Kneipenambiente des „Café Alex.“

Einkaufen selbst gestalten Sensibilisieren, Anfassen, Gestalten war das Motto des im Rahmen des Shopping Lab Aachen realisierten Pop-Up Reallabors. Ein Treffpunkt für Einzelhändler und Konsumenten, ein begehbares Geschäft, ausgestattet René Vossen mit verschiedenen Exponaten. Mit dabei beispielsweise 3D Drucker, eine Bezahl-App, organische Leuchtdioden (OLEDs) oder eine Indoor-Navigation für Kunden. Alles zum Ausprobieren und Mitmachen. Das Shopping Lab Aachen zog von Mitte Mai bis Mitte Oktober 2018 ins ehemalige „Café Alex“ in der Komphausbadstraße in Aachen ein. Einzelhändler und interessierte Bürger konnten sich dort in zahlreichen Workshops und Veranstaltungen sowie Forschungsprojekten in die Gestaltung der Zukunft des Einzelhandels in Aachen einbringen. Das Lab wurde rege besucht, was sich besonders in den steigenden Teilnehmerzahlen für die Veranstaltungen zeigte. Das Cybernetics Lab ist an dem Vorhaben, den regionalen Einzelhandel zukunftsfähig zu gestalten, mit zwei Maßnahmen beteiligt: mit der Durchführung von drei Idea Camps im Frühjahr 2018 und der Entwicklung der Shopping Lab App. Die Idea Camps fokussierten die Bedürfnisse, Anforderungen und korrespondierenden Bedürfnisstiller für den Einzelhandel der Zukunft aus der jeweiligen Perspektive der Händler oder Konsumenten. Der Einstieg in die Materie wurde vor allem durch den institutseigenen, fast menschlich wirkenden Roboter „Pepper“ aufgelockert, zum anderen konnten sich die Besucher einen kleinen Eindruck über das Bezahlen der Zukunft per Argumented Reality Anwendung machen.

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Pepper moderiert im Shopping Lab.

So geht´s: Mit der Digitalisierung per AR-Anwendung ins Geschäft kommen.


Mit einer am Lehrstuhl für Informationsmanagement im Maschinenbau (IMA) entwickelten App konnten die Teilnehmer simultan und gemeinsam ein Wohnzimmer per Tablet einrichten. Pepper und die VR-Anwendung dienten im Vorfeld als Anstoß für potenzielle Zukunftsvisionen im Einzelhandel. Um unterbewusste Bedürfnisse bewusst formulieren zu können, wurde die Bewextra-Methode (Bedürfniswissenextraktion) vorgestellt und angewandt. Sie hilft Zukunftsvisionen aufzuzeigen und zu reflektieren. Schlange stehen war gestern Die Ergebnisse dieser Idea Camps zeigen: Die Anforderungen an das Einkaufserlebnis im Einzelhandel haben sich enorm gewandelt. Während sich Konsumenten an den Ständen der Lebensmittelmärkte den Austausch - im Sinne von Rezeptideen, Produkt- und ernährungsspezifischen Hinweisen - mit dem Händler wünschen, soll sich der Bezahlprozess nicht nur zu einem kontakt- und bargeldlosen Prozess entwickeln, generell soll das „in-der-Schlangestehen“ nicht mehr notwendig sein.

branchenübergreifende Vernetzung sowie lokale Plattformen für alle Händler attraktiv. Eine App als digitale Händler-Visitenkarte Im Rahmen von Anforderungsworkshops mit Aachener Einzelhändler und Einzelhandelsexperten wurden relevante Funktionen für die Shopping Lab App erhoben und entsprechend umgesetzt. Die interaktive App unterstützt den Konsumenten bei der Händler-, Produkt-, Angebots- und Aktionensuche und verweist dabei auch auf spezielle Wochenangebote. Eine Social Media-Anbindung ermöglicht es den Händlern, ihre Produkte und ihren Laden über Bilder für Kunden zu emotionalisieren. Die App wurde in Kooperation mit dem Aachener Shopping-Portal „Einkaufen in Aachen“ entwickelt und stellt eine effektive, mobile Ergänzung zum Portal dar. Die Veröffentlichung der Android Shopping Lab App über den Google Playstore ist bis Ende 2018 geplant. Um auch nach Laufzeitende des Projekts Shopping Lab den Betrieb der App sicherzustellen, wird gemeinsam mit der Stadt Aachen ein Betreiber der Shopping Lab App gesucht.

Ökologisch, nachhaltig und fair Durch technologische Anwendungen soll es möglich werden, mit seinen Einkäufen einfach den Laden zu verlassen – die Abrechnung erfolgt dann automatisch. Weiter erkennen die Konsumenten die Vorteile der Digitalisierung vor allem in der Organisation der Einkäufe. Verkürzte Wege, ein Aufbewahrungs- und Lieferservice per Fahrrad für den Einkauf – so könnte sich der Lebensmittelkonsum ökologischer, nachhaltiger und fairer gestalten lassen. Auch die Händler wünschen sich ein für den Kunden schönes, nachhaltiges Einkaufserlebnis, was ein stimmiges und attraktives Stadtbild voraussetzt. Trotz Konkurrenzgedanken erscheint eine

Shopping Lab Aachen Förderinstitution: Das Land Nordrhein-Westfalen Projektpartner: Stadt Aachen, AIXhibit, IfU e.V., Institut für Werkzeuglose Fertigung GmbH, FH Aachen Laufzeit: 10/2017 – 06/2019 Kontakt: Sarah Güsken, M.Sc. sarah.guesken@ima-ifu.rwth-aachen.de www.shopping-lab-aachen.de

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[Strg]+[A]+[C] Die digitale Qualifizierungsoffensive der Stadt Aachen

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Iie Digitalisierung ist längst keine Zukunftsvision mehr. Unternehmen aller Branchen befinden sich entweder bereits in einer digitalen Transformation oder stehen kurz davor. Gleichermaßen ergeben sich durch die Verschmelzung Jan Bitter der analogen und digitalen Welt, beispielsweise durch neue, datengetriebene Geschäftsmodelle, künstliche Intelligenz, Mensch-Roboter-Kollaboration und digitale Kommunikations- und Managementwerkzeuge, unterschiedlichste Herausforderungen aber auch Chancen für Unternehmen. Entscheidend für deren individuelle Nutzung und Bewältigung sind die Mitarbeiter sowie Daniela Janßen die Führungskräfte. Diese müssen qualifiziert und befähigt werden, einerseits mit den organisatorischen, technologischen und prozessualen Veränderungen durch die Digitalisierung umzugehen, und andererseits darin liegende Chancen zu identifizieren und gewinnbringend zu nutzen. Dies gilt besonders für vorhandene Fachkräfte, die René Vossen sich mithilfe ihrer fachlichen Expertise und der Kenntnis interner Strukturen und Abläufe aktiv an der digitalen Transformation des eigenen Unternehmens beteiligen können.

So geht´s: Mit der Digitalisierung per AR-Anwendung ins Geschäft kommen.

Mit „[Strg]+[A]+[C] – digitale Qualifizierungsoffensive“ setzt die Stadt Aachen gemeinsam mit ihren Partnern genau an dieser Stelle an. Mit dem Projekt machten das Konsortium Unternehmen aus der Region und deren Fachkräfte mithilfe unterschiedlicher Formate, wie individueller Bedarfsanalysen, Workshops und Netzwerkveranstaltungen fit für die Digitalisierung. Hierdurch werden Mitarbeiter und Führungskräfte für die Herausforderungen und Chancen der 34 | Internet der Dinge

Digitalisierung sensibilisiert und befähigt, diesen im eigenen Unternehmen gewinnbringend voranzubringen. Der Fachbereich FB02 „Wirtschaft, Wissenschaft und Europa“ der Stadt Aachen übernimmt dabei die Gesamtkoordination und Federführung des durch den Europäischen Sozialfonds für Deutschland und das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen geförderten Projektes. Die Digitalisierungsbotschafter, darunter auch das Institut für Unternehmenskybernetik (IfU) e.V. an der RWTH Aachen University, verantworten insbesondere die Qualifizierungsworkshops und -veranstaltungen. Als wissenschaftlicher „Digitalisierungsbotschafter“ bietet das IfU innerhalb des Projektes insgesamt drei Workshops zu „Industrie 4.0 – The Big Picture“ (Juni 2018), „Digital Corporate Cultures“ (November 2018) und „Demographic Change“ (Februar 2019) an. Im ersten Workshop wurden den Teilnehmenden die Bedeutung und Relevanz von Industrie 4.0 in der Praxis für Unternehmen aufgezeigt und Lösungsansätze für eine erfolgreiche digitale Transformation präsentiert, diskutiert und in Kleingruppen erarbeitet. Während eines kreativen Gruppenprozesses wurden gemeinsam Ideen und Lösungen entwickelt, digitale Technologien, Strategien und Geschäftsmodelle im eigenen Unternehmen umzusetzen. Im zweiten Workshop lag der Fokus darauf, mithilfe unterschiedlicher, praxisorientierter Formate (wie etwa Impulse durch Start-UpGründer, kreative Gruppenarbeit, Real-Demonstration an Laborzelle) Voraussetzungen, Potenziale und Herausforderungen einer digitalen Unternehmenskultur aufzudecken und für das eigene Unternehmen zu nutzen. In einem dritten Workshop sollen abschließend Strategien aufgezeigt und erarbeitet werden, um die Herausforderungen des demografischen Wandels vor dem Hintergrund der Digitalisierung positiv zu meistern.

[Strg]+[A]+[C] Förderinstitution/Projektträger: Europäischer Sozialfonds für Deutschland (ESF) / Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen (MAGS.NRW) Laufzeit: September 2017 – August 2019 Kontakt: Jan Bitter, M.Sc. jan.bitter@ima-ifu.rthw-aachen.de www.aachen.de/DE/wirtschaft_technologie/arbeit_ fachkraefte/aus_weiter_fortbildung/strg_a_c


Entwicklung eines Datenmarktplatzes Bereitstellen und Verarbeiten von heterogenen Datenquellen im Unternehmen

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ie jüngsten Trends in den Smart Factories, dem Internet of Production und den damit verbundenen Forschungsbestrebungen bedingen nicht nur eine schnell zunehmende Vernetzung von Geräten, Maschinen und Personen. Sie André Pomp führen auch zu einer enormen Menge an erzeugten Daten, die aus einer Vielzahl von verschiedenen verfügbaren Datenquellen erzeugt werden. Insbesondere für Unternehmen bietet die Zusammenführung von Daten aus solchen unterschiedlichen Quellen (z.B. Sensoren, Anlagendaten, historische Bestandsdaten) ein enormes Potential Andreas Kirmse – sei es um Prozesse zu optimieren oder Analysen zu ermöglichen. Um die hohen technischen Herausforderungen zu adressieren, die mit der Zusammenführung der Datenquellen einhergehen (Quantität, Heterogenität, Geschwindigkeit), setzen viele Unternehmen momentan auf Ansätze wie Data Lakes. Nutzer dieser Systeme stehen jedoch vor der Herausforderung, die in diesem verwendeten Ansatz abgelegten Daten zu finden und zu verstehen. Mit einer steigenden Zahl an Datenquellen, sinkt die Übersichtlichkeit und Transparenz, da immer mehr unterschiedliche Quellen mit verschiedenen Formaten und Informationen im Data Lake abgelegt werden. Dies führt immer häufiger dazu, dass die Nutzer, wie z.B. Datenanalysten, nicht mehr in der Lage sind, diejenigen Datenquellen zu identifizieren, die zu ihrer Analyse beitragen können. Datensätze verstehen Um die Herausforderungen der Zusammenführung anfallender großer heterogener Datenmengen in Data Lake Architekturen anzugehen, wird in dem Forschungsprojekt „Enterprise and Research Data Marketplace“ ein Datenmarktplatz für Unternehmen und Forschung entwickelt. Diese Plattform ermöglicht es, Daten auf einer informationsorientierten Ebene mit Hilfe künstlicher Intelligenz zu finden, zu verstehen, zu verarbeiten und zu visualisieren. Hierbei unterstützt die entwickelte Plattform den Nutzer bei der Etablierung eines gemeinsamen Verständnisses, so dass die Datenquellen unternehmensweit indiziert, integriert, gefunden und verarbeitet werden können. Die bisher verwendete herkömmliche Ontologie-basierten Ansätze erfordern das unternehmensweite Wissen vor der Verwendung zu formalisieren und spezifizieren bzw. es kontinuierlich zu erweitern und anzupassen. Verglichen mit diesen Ansätzen ist der Enterprise

Wetterstationen aus dem Smart City-Kontext sind ein Beispiel für eine heterogene Datenquelle.

and Research Data Marketplace in der Lage, eine einheitliche Sicht auf die angeschlossenen Datenquellen auf Basis des von den Nutzern eingebrachten Expertenwissens aufzubauen und mittels künstlicher Intelligenz zu verwalten. Dies ermöglicht es Datenanalysten genau die Datensätze zu identifizieren, die für ihre Analysen benötigt werden und so die oben genannten Herausforderungen in Übersichtlichkeit bzw. Transparenz geeignet zu adressieren. Ein vereinfachtes Anwendungsbeispiel findet sich im Produktionsprozess von Fahrrädern: Ein Unternehmen mit zwei Produktionsstandorten stellt Fahrräder her, die verformt und lackiert werden müssen. Am Produktionsstandort werden verschiedene Versionen des Produkts in mehreren Schritten unter Verwendung unterschiedlicher Produktionslinien und Maschinen hergestellt. Während des Produktionsprozesses erzeugen verschiedene Bereiche des Systems unterschiedliche Arten von Daten. Beispielsweise erzeugen Teile der Prozesse Live Temperaturdaten eines Ofens, die von Sensoren erfasst werden, während andere Daten zur Qualität des produzierten Fahrrads manuell von Mitarbeitern aufgezeichnet und in einem Excel-Blatt gespeichert werden, das auf einen Webserver hochgeladen wird. Ein Datenanalyst möchte nun untersuchen, ob die Temperatur des Ofens die Qualität des Fahrrads beeinflusst. Während er in einem herkömmlichen Szenario entweder im Unternehmen nach den Daten, deren Verständnis und dem möglichen Zugriff darauf suchen muss, kann er mit Hilfe des Enterprise and Research Data Marketplace die Daten direkt finden, verstehen und darauf zugreifen. Dies reduziert die Zeit, die er benötigt, um Ergebnisse zu erzeugen um ein Vielfaches. Enterprise and Research Data Marketplace André Pomp, M.Sc. andre.pomp@ima-ifu.rwth-aachen.de

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Autonomer Personenluftverkehr: Im Flugtaxi durch Deutschland? Eine zukunftsfähige Ergänzung zum Mobilitätsangebot?

W

ie werden wir uns in Zukunft in und zwischen urbanen Ballungsräumen fortbewegen? Diese Kernfrage steht hinter dem interdisziplinären, vom BMBF geförderten Forschungsprojekt zum individuellen LuftThomas Otte verkehr (IndiLuV), welches das Cybernetics Lab gemeinsam mit drei Forschungsinstituten der RWTH Aachen University bearbeiten. Im Besonderen befassen wir uns dabei mit einer möglichen Ergänzung des bestehenden Mobilitätsangebots durch autonome Kleinflugzeuge zum Transport von KleinJohanna Werz gruppen und Einzelpersonen. Im Straßenverkehr erleben wir, dass die bodengebundene Verkehrsinfrastruktur natürlichen Grenzen unterliegt – so führte NRW im Jahr 2017 mit ca. 450.000 km Stau die nationale Statistik des ADAC an. Bayern folgte mit Abstand auf Platz zwei mit ca. 283.000 Staukilometer. Dies macht die systemischen Kapazitätsgrenzen der bundesweiten Infrastruktur offensichtlich, deren Ausbau sowohl zeit- als auch kostenintensiv ist und das Problem aller Voraussicht nach lediglich verschiebt. Ein Lösungsansatz könnte die Erschließung einer dritten Dimension für den individuellen Personentransport sein – des Luftraums. Derzeit besteht ein hohes politisches Moment, luftgestützte, individuelle Mobilitätsangebote in Deutschland verfügbar zu machen. Die Stadt Aachen strebt als Teilnehmer des Modellprojekts „Urban Air Mobility“ eine Erprobungsumgebung für die städtische Mobilität der Zukunft an und ist damit Teil einer von der Europäischen Kommission unterstützten Initiative. In München stellte die CSU-Fraktion einen Antrag beim Stadtrat, beim Ausbau des Münchener Hauptbahnhofs eine Start-/Landefläche für „Flugtaxis“ einzuplanen. Aus diesen politischen Initiativen folgen eine hohe mediale Präsenz und damit öffentliche Sichtbarkeit der Thematik. Zudem ist das Thema auch bei diversen Unternehmen angekommen – so gaben neben den Fluggeräte-Unternehmungen Volocopter, Lilium oder Airbus ebenfalls diverse Automobilisten wie Audi oder Aston Martin ihre Beteiligungen am Themengebiet bekannt. Die Einführung eines flächendeckenden, autonomen Personenluftverkehrs trägt zur Erschließung neuer Direktverbindungen

36 | Agile Entwicklung

bei, wodurch für Nutzer sowohl eine Zeitersparnis als auch ein Komfortzugewinn erzielt würde – insbesondere, wenn es gleichzeitig gelingt, effiziente und innovative Prozesse zur Passagierabfertigung, beispielsweise bei der Sicherheitsüberprüfung, zu entwickeln. Die Entlastung der bestehenden Infrastruktur, wie beispielsweise durch einen besseren Verkehrsfluss und ein geringeres Stauaufkommen, wäre ebenfalls ein Mehrwert für das gesamte Verkehrssystem. Darüber hinaus könnte der Einsatz hybridelektrischer Flugzeuge die städtische Luftschadstoffbelastung reduzieren. Technologie, Mensch und Gesellschaft Im Bereich der autonomen Fahrzeuge auf der Straße lässt sich seit längerem beobachten, dass die flächendeckende Einführung einer Technologie mehr als das Klären rein technischer Fragestellungen ist. Daher schließt unser interdisziplinärer Forschungsansatz auch Fragen nach der gesellschaftlichen Akzeptanz sowie der rechtlichen und flugbetrieblichen Rahmenbedingungen mit ein. Im Mittelpunkt der Arbeiten stehen neben der Integration eines derartigen Mobilitätsangebots in das bestehende Transportnetz insbesondere die Untersuchung der nutzerzentrierten MenschTechnik-Interaktion in autonomen Flugzeugen.

Individueller Luftverkehr (IndiLuV) Förderinstitution: Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) Projektträger: VDI/VDE Innovation + Technik GmbH Kooperationspartner: Institut für Flugsystemdynamik (FSD), Institut für Luft- und Raumfahrtsysteme (ILR), Verkehrswissenschaftliches Institut s.o., Cybernetics Lab IMA & IfU Laufzeit: Dezember 2017 – November 2018 (Phase 1)

Kontakt: Thomas Otte, M.Sc. thomas.otte@ima-ifu.rwth-aachen.de Johanna Werz, M.Sc. johanna.werz@ima-ifu.rwth-aachen.de


Wissenschaftler aus dem Cybernetics Lab IMA & IfU bei der Schulung eines lokalen Unternehmens in Malaysia.

Industrial Big Data goes Asia Digitale Transformation internationaler Unternehmen in Fernost

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ie Industrie 4.0 und ihre Implikationen für die Forschung, für die Gesellschaft und insbesondere für die Produktion entwickelt sich immer mehr zu einem globalen Megatrend. Damit beschränkt sich die digitale Transformation nicht mehr nur auf die inländischen Betriebe Max Hoffmann und Unternehmungen, sondern findet auch bei weltweit agierenden Firmen, die sich die Vorteile einer allumfassenden Verfügbarkeit und Integration von Informationen zunutze machen wollen, immer größeren Zuspruch. Insbesondere die aufstrebenden Nationen im asiatischen Raum beobachten den digiChristian Kohlschein talen Wandel hierzulande äußerst aufmerksam. Deutsche Konzerne nehmen dabei eine Art Vorbildfunktion ein. Durch ihre prototypischen Umsetzungen und Demonstratoren im Kontext der digitalen Transformation tragen Sie immer mehr zu einer Akzeptanz der Industrie 4.0 durch weltweite Unternehmen bei. Weiterbildung 4.0 – Seminare für die digitale Transformation Dieser Trend ist mittlerweile auch in der Forschung angelangt. Im Rahmen von Schulungs- und Weiterbildungsprogrammen werden die Aspekte des digitalen Wandels immer stärker auch von einer akademischen Perspektive beleuchtet, um anderen Forschungseinrichtungen oder Unternehmen in Sachen Industrie 4.0 auf die

Sprünge zu helfen bzw. ihnen die neuesten Trends und technologischen Errungenschaften näherzubringen. So existiert zwischen dem Cybernetics Lab und der International Academy der RWTH Aachen University bereits seit geraumer Zeit eine Kooperation, um internationale Beziehungen zwischen der RWTH und anderen Universitäten sowie Forschungseinrichtungen bzw. der Industrie im Rahmen internationaler Geschäftsbeziehungen zu verstetigen. Einen wichtigen Baustein im Zentrum dieser Vorhaben stellen die sogenannten Zertifikationskurse dar, die es ausländischen Universitäten und Unternehmen ermöglichen, im Rahmen von Teilnahmen an Schulungen und Seminaren von der exzellenten Lehre der RWTH zu profitieren und gleichzeitig international anerkannte Credits bzw. ECTS zu erwerben. Neben den genannten Zertifikationskursen, die größtenteils vom Cybernetics Lab IMA & IfU durchgeführt werden, wurde eine ganze Reihe zusätzlicher Seminare mit dem vorrangigen Ziel konzipiert, die Grundlagen von Technologien, die mit der Industrie 4.0 in Zusammenhang gebracht werden, kompakt an weltweite Kunden aus der Industrie zu vermitteln. Diese Seminare konzentrieren sich vor allem auf die Grundlagen der technischen Kommunikation, z.B. mit dem Ziel der Datenintegration oder der Automatisierung von robotischen Anwendungen, sowie auf datengetriebene Verfahren, die für die Anwendung von Big Data Technologien und das Machine Learning vorrangig bedeutend sind. Insbesondere Technologien rund um das Thema „Industrial Big Data“ stehen innerhalb von Unternehmungen aus Fernost, wie Malaysia, China, und Singapur hoch im Kurs.

Agile Entwicklung | 37


Big Data für globale Unternehmen aus Malaysia Ein Markt, der momentan besonders hervorsticht, ist der Tigerstaat Malaysia, der es durch Förderprogramm lokalen Unternehmen ermöglicht, Schulungen rund um das Thema Big Data als sogenannte Enabler-Technologie für die Industrie 4.0 in Anspruch zu nehmen. Neueste Aktivitäten konzentrieren sich dabei auf die Industrieregion Penang im Nord-Westen Malaysias, die auf Grund der Ansiedlung globaler Player und internationaler Großkonzerne wie Intel, HP, Siemens, Osram, Bosch, Panasonic, Western Digital und vielen weiteren momentan boomt. Experten des Cybernetics Lab bieten dort in Kooperation mit lokalen Universitäten und Forschungseinrichtungen Fortbildungen an, in denen Mitarbeiter von Unternehmen vor Ort theoretische Einblicke und praktische Erfahrungen mit Technologien der „Industrie 4.0“ sammeln können. Die Seminare fokussieren in diesem Zusammenhang die Themenfelder Cyberphysische Systems (CPS), intelligente Robotik, die Nutzung von Industrial Big-Data-Technologien und Cloud Computing sowie die Anwendung von maschinellen Lernverfahren (das sogenannte Machine Learning) in der industriellen Produktion. Bei den Seminaren stehen neben der Vermittlung theoretischer Kenntnisse vor allem Hands-On Tätigkeiten im Vordergrund, bei denen die Teilnehmer unter Anleitung der Trainer den Umgang mit den gängigen Tools und Programmiersprachen eines „Data Scientist“ erlernen. Globaler Zuspruch für „German Industry 4.0“ Keynote bei Hewlett Packard: Dr.- Ing. Max Hoffmann referiert zu den neuesten Trends und

Neben dem genannten Forschungsprogramm in Malaysia wird das globale Lehrprogramm zu den Grundlagen der Industrie 4.0 auch im Rahmen weiterer Kooperationen angefragt, nicht zuletzt aus China und Singapur. Einer Ausweitung des Programms in Fernost steht somit nichts entgegen und wird im Rahmen weiterer strategischer Kooperationen des Cybernetics Lab mit Institutionen aus dem universitären Umfeld aktiv angestrebt. Die Industrial Big Data Traininsprogramme entwickeln sich neben der klassischen Hochschullehre damit am Cybernetics Lab zu einem immer wichtigeren strategischen Baustein. Ergänzend zu den Schulungen und Seminarkonzepten befindet sich das Programm auch inhaltlich in einer stetigen Weiterentwicklung. So könnten in Zukunft die bestehenden Programme durch Online-

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Agile Entwicklung

Technologien, zuletzt vorwiegend in Malaysia.

Kurse und MOOCs erweitert werden. Damit ist es möglich, eine größere Zahl von Teilnehmern zu erreichen sowie die gemeinsamen Aktivitäten mit den Forschungseinrichtungen vor Ort zu professionalisieren.

Industrial Big Data Science goes Asia Kontakt: Dr.- Ing. Max Hoffmann, MBA max.hoffmann@ima-ifu.rwth-aachen.de


Qualitätsmanagement 4.0 Digitale Produktionsüberwachung im Automobilbau von Morgen

D  Max Hoffmann

ie digitale Transformation schreitet voran – immer mehr Industriezweige, Produktionsstandorte und Fabriken modernisieren ihre Fertigung hinsichtlich der Technologien der Industrie 4.0. Insbesondere die Automobilbranche nimmt im Zuge dieser Bemühungen eine Vorreiterstellung ein. So werden bei den Autobauern bereits in weiten Teilen der Produktion datengetriebene Verfahren zur Optimierung sowie zur Qualitätsüberwachung eingesetzt.

Datengetriebene Verfahren stellen hierbei das vorrangige Ziel derzeitiger BemüChristian Kohlschein hungen im Rahmen der Industrie 4.0 dar und bezeichnen diejenigen Verfahren, die durch eine allgegenwärtige Verfügbarkeit von Informationen ermöglicht werden, wie z.B. die Produktverfolgung (Tracking) oder das Machine Learning zum automatisierten Lernen aus Daten. Die Verfahren werden durch die zunehmende Vernetzung von Maschinen, Anlagen und Produktionsprozessen möglich sowie durch die automatisierte Sammlung, Aufzeichnung und Integration von Daten aus den unterschiedlichsten Prozessen der industriellen Fertigung. Eines der Hauptanwen-

dungsgebiete der eingesetzten Modelle fokussiert sich dabei auf die Einhaltung von geforderten Produktqualitäten sowie zur automatisierten Detektion von Produkt- oder Bauteildefekten. Dem Fehler auf der Spur – Qualitätsmanagement 4.0 Das Qualitätsmanagement der Zukunft nutzt dabei beide der genannten Aspekte, um eine Steigerung der Produktionsqualität einerseits sowie die Zurückverfolgung möglicher Produktionsprobleme andererseits zu ermöglichen. Erstgenanntes Ziel wird dabei durch den Einsatz von selbstlernenden Algorithmen realisiert, die auf Basis von Mess- und Qualitätsdaten eine Prädiktion von Produktqualitäten ermöglichen. Das zweitgenannte Ziel – die Produkt(rück)verfolgung – wird vor allem im Service sowie im AfterSales-Management genutzt, um zu einer größeren Kundenzufriedenheit beizutragen sowie Qualitätsprobleme zielsicher auf eine Ursache zurückführen und beheben zu können. Das Cybernetics Lab arbeitet bereits in einer Reihe von Projekten gemeinsam mit seinen Partnern aus der Industrie an Lösungen, die ein Qualitätsmanagement der Zukunft ermöglichen sollen. Einer der initialen OEMs, die eine ernsthafte Etablierung der beschriebenen Lösungen betreiben, ist die Porsche Leipzig GmbH innerhalb ihres zukunftssicher ausgerichteten Produktionsstandorts.

Endkontrolle im Lacktunnel der Porsche Leipzig GmbH (Abbildung 1).

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Digitale Revolution in der Lackiererei – Body Paint 4.0 So fokussiert sich Porsche Leipzig in dem Produktionsschritt, in dem der Lack auf die Sportwagen-Karosserien aufgetragen wird, auf neuartige Verfahren und technische Möglichkeiten, die durch die Industrie 4.0 geboten werden (siehe Abbildung 1). Bei Porsche spricht man übrigens von der Porsche Produktion 4.0

zuzuordnen. Dies ermöglicht nicht nur die einfachere Benutzbarkeit der Anwendung, sondern schafft gleichzeitig eine Erhöhung der User Experience (UX), indem beispielsweise „Bestenlisten“ oder häufig an einer bestimmten Stelle auftretende Fehler hervorgehoben werden. Der Mitarbeiter in der Endkontrolle wird somit durch die Dokumentation des Fehlerbildes hindurchgeleitet. Das Internet of Production für den Automobilbau von Morgen

In einem gemeinsamen Projekt mit dem Cybernetics Lab IMA & IfU arbeitet Porsche dabei an einer technischen Lösung, zur Erfassung von Lackdefekten, die auf einer modernen, interoperablen Web-Applikation beruht. In einem ersten gemeinsamen Projekt hat sich der Lehrstuhl für Informationsmanagement im Maschinenbau dabei der Problemstellung angenommen, eine Dokumentation von Fehlern auf eine möglichst einfache Weise möglich zu machen. Diese neuartige Form der Dokumentation beruht hierbei auf einer 3D-Ansicht, welche die Betrachtung des aktuell durchlaufenden Fahrzeugs von allen Seiten sowie aus beliebigen Perspektiven ermöglicht (siehe Abbildung 2).

Möglich macht die Nutzung einer Web-Applikation – wie beispielsweise die bei Porsche Leipzig eingesetzte Lösung – die dezentrale Nutzbarkeit von Informationen aus der Produktion. Immer mehr Datenquellen können auf einfache Weise an Server-Systeme oder Cloud-Anwendungen angebunden werden und ermöglichen so eine allgegenwärtige Verfügbarkeit von Informationen aus dem Feld. Erst dadurch wird es möglich, ehemals auf fixe Produktionsterminals beschränkte Funktionen innerhalb von Web-Anwendungen direkt im Internet-Browser zu verwenden. Dies ermöglicht nicht nur die Nutzung beliebiger Endgeräte zur Anzeige und Nutzung der WebAnwendung, zum Beispiels Tablets oder Smartphones, sondern schafft auch eine umfassende Synchronisation der dargestellten Inhalte, sodass auf sämtlichen Endgeräten stets der aktuelle Stand sowie up-to-date Daten angezeigt werden. Neben der Web-Applikation, die sich momentan im Rollout befindet, strebt das Cybernetics Lab in der weiteren Zusammenarbeit mit der Porsche Leipzig GmbH eine noch stärkere Einbindung der Datenquellen mit den bereits zur Verfügung stehenden Informationssystemen an. So werden in naher Zukunft neben prototypischen Anbindungen zu Qualitätsmanagement (QM) Systemen ebenso eine Integration mit Manufacturing Execution Systems (MES) und Enterprise Ressource Planning (ERP) Systemen angestrebt. Basierend auf den Erfahrungen aus dem Lack wird es damit möglich, eine umfassende informationstechnologische Integration sämtlicher Datenquellen in der Fertigung zu erreichen.

CAD-Modell zur dreidimensionalen Ansicht eines Fahrzeugs in der LackEndkontrolle (Abbildung 2).

In der dargestellten Ansicht ist es dem Nutzer möglich, festgestellte Defekte auf der Oberfläche des Fahrzeugs direkt auf dem Modell der Karosserie zu markieren und diesem Punkt anschließend eine entsprechende Fehlerbeschreibung zuzuweisen. Neben einzelnen Punkten lassen sich auf diesem Wege ebenso mehrere Fehler gleichzeitig markieren, um diese einer gemeinsamen Fehlerfamilie

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Agile Entwicklung

Qualitätsmanagement 4.0 Projektpartner: Porsche Leipzig GmbH Laufzeit: seit Januar 2018 fortlaufend Kontakt: Dr.-Ing. Max Hoffmann, MBA max.hoffmann@ima-ifu.rwth-aachen.de


Production goes Urban Neue Trends der Stadtentwicklung

V  Gesa Horn

orbei die Zeit, in der sich produzierende Betriebe nahezu ausschließlich auf der grünen Wiese in Gewerbegebieten ansiedelten? Ermöglichen neuartige digitale und emissionsarme Fertigungstechnologien und die kundenindividuelle Losgröße 1 einen Trend urbaner Industrieansiedlungen? Nah am Markt, mit kurzen Wegen zum Arbeitsplatz, aber neuen Konfliktpotentialen? Diese und weitere Fragen stehen im Mittelpunkt des BMBFProjekts „Made in Aachen (MIA).“ Faktoren für einen urbanen Standort

Kathrin Schönefeld

Das Wechselspiel zwischen Kommune, Unternehmen und Bürgern wird am Beispiel der Stadt Aachen aus einer transdisziplinären Perspektive analysiert und mit Blick auf die Potentiale bewertet. Dabei stellt sich die Frage, welche Anforderungen für die einzelnen Akteure im Fokus stehen, welche Frank Hees Konflikte sich abzeichnen und wie tragfähige Kompromisse zwischen den Akteuren ausgehandelt werden. Aus Unternehmenssicht stellen ein spezifischer Flächenbedarf, Sichtbarkeit und Nähe für Kunden, Mitarbeiter, Logistiker und ungestörte Produktionsabläufe wichtige Kriterien für einen Standort im urbanen Raum dar. Wie im Forschungsprojekt festgestellt wurde, liegen zu diesen Parametern selten ausreichend Daten vor, was eine Auswertung erschwert. Dennoch kann man davon ausgehen, dass die Konflikte, die aus den Anliegen der Unternehmen hervorgehen, eine ausgewogene Mischung aus verschiedenen Unternehmen und Bürgern nicht behindern. Wichtig für die Attraktivität der Stadt ist die Anzahl der Gebäude, deren Nutzung und die Existenz von Freiflächen wie Parkanlagen oder Spielplätze. Setzen sich Kommune, Unternehmen und Bürger gemeinsam diese und andere Ziele, wirkt sich die urbane Produktion positiv auf die Stadtentwicklung aus. Dazu bedarf es eines systematischen Ansatzes bei der nachhaltigen Stadtplanung und Wirtschaftsförderung, der alle Akteure miteinbezieht.

Stadtplanung interdisziplinär.

befragten Personen sich nicht durch die Existenz der Unternehmen in ihrem direkten Wohnumfeld gestört fühlen. Dies ist eine gute Voraussetzung für die Entwicklung von weiteren urbanen Produktionsräumen. Dennoch sind das Emissionsverhalten der Produktionsbetriebe und das Verkehrsaufkommen wesentliche hemmende Faktoren für eine Ansiedlung von Produktion im urbanen Raum. Für die Stadtentwicklung müssen deshalb vor allem diese Faktoren behandelt und aufgearbeitet werden, um den Bürgern diesbezüglich Lösungsansätze zu zeigen. Zwei Demonstratoren - virtuell als Online-Lösungen und real bei einem Aachener Unternehmen -, die derartige Erkenntnisse für die Aachener Bürger erlebbar machen, werden im Sommer 2019 das Ergebnisse des interdisziplinären Forschungsprojekts MIA repräsentieren.

MIA – Made in Aachen Förderinstitution: BMBF Projektträger: DLR Projektträger Projektpartner: Fachbereich Wirtschaft, Wissenschaft und Europa der Stadt Aachen, Werkzeugmaschinenlabor, Lehrstuhl für Wirtschaftsgeographie und Lehrstuhl für Planungstheorie und Stadtentwicklung der RWTH Aachen University Laufzeit: August 2016-Juli 2019

Die Anwohner im Fokus Die Haushaltsbefragung der Anwohner, die im Rahmen von MIA in den Referenzräumen Aachen West und Aachen Nord durchgeführt wurde, zeigte die Erwartungen und Vorbehalte der Aachener Bürger, bezogen auf die Rückkehr von produzierenden Unternehmen in ihr Wohnumfeld. Erste Erkenntnisse zeigen, dass die meisten der

Kontakt: Gesa Horn, M. Sc. gesa.horn@ima-ifu.rwth-aachen.de www.urbaneproduktion.de

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Große Rettungsaktion im Regenwald Dauerbrenner: Die IfU Potenzialanalyse ermittelt die Stärken der Achtklässler

W

as zunächst als freiwillige Veranstaltung für Schulen begann, hat sich inzwischen zu einem festen Standardelement entwickelt: Vor fünf Jahren fanden in unserem Institut die ersten Potenzialanalysen mit Schülern aus Kathrin Hohlbaum den 8. Jahrgangsstufen statt. Seit dem Schuljahr 2016/17 wird sie im Rahmen des Landesvorhabens „Kein Abschluss ohne Anschluss – Übergang Schule-Beruf NRW“ durchgeführt. Seitdem nehmen alle achten Jahrgangsstufen in NRW an der Potenzialanalyse teil. Sie ist somit ein systematischer erster Schritt im Prozess der Berufs- und Studienorientierung, Die Städteregion koorValerie Stehling diniert seitdem die Potenzialanalyse, das IfU setzt es um. In den letzten drei Schuljahren beteiligten sich rund 1.200 Achtklässler des Kaiser-Karl-, des St. Leonhard- und des St. Ursula-Gymnasiums sowie der vierten Aachener Gesamtschule. Auf die Berufswahl vorbereiten Die Potenzialanalyse ist eine handlungsorientierte Auseinandersetzung mit Stärken und Potenzialen. Jugendliche entdecken dabei unabhängig von geschlechtsspezifischen Rollenerwartungen ihre sozialen, personalen und methodischen Kompetenzen im Hinblick auf die Lebens- und Arbeitswelt. Vor dem Hintergrund der gewonnenen Selbst- und Fremdeinschätzung in berufsbezogenen Handlungssituationen fördert sie die Selbstreflexion und Selbstorgnisation auch mit Blick auf Entscheidungs- und Handlungskompe42 |

Wissensmanagement

tenzen für ihre berufliche Zukunft. Konkret durchlaufen die Schüler vier verschiedene Aufgaben. Eingebettet in die Rahmenstory „Lost in Paradise – Große Rettungsaktion im Regenwald!“ schlüpfen sie in die Rolle von Forschern in einem Team. Dieses Forscherteam verläuft sich bei der Suche nach unbekannten Tieren und Pflanzen im undurchdringlichen Dschungel. Um nun wieder zurück in die Zivilisation zu finden, sind die Teammitglieder mal alleine, zu zweit oder als Team gefragt, ihre persönlichen, sozialen, methodischen und fachlichen Kompetenzen zu zeigen. Während der Bearbeitung der verschiedenen Aufgaben werden die Jugendlichen von geschulten Assessoren beobachtet. Nach jeder Aufgabe findet ein 1:1 Reflexionsgespräch zwischen dem Jugendlichen und seinem Assessor statt. So werden die Selbstreflexion und die Auseinandersetzung mit den eigenen Interessen, Neigungen und Möglichkeiten der Jugendlichen gefördert. Nach ihrer Potenzialanalyse erhalten alle Teilnehmer während eines Feedback- und Reflexionsgesprächs ein Zertifikat, in dem die Ergebnisse des Tages noch einmal schriftlich festgehalten sind. Die Potenzialanalyse bietet damit den Jugendlichen einen spannenden ersten Schritt in Richtung Berufswahl.

IfU-Potenzialanalyse Kontakt: Kathrin Hohlbaum, M.Sc. kathrin.hohlbaum@ima-ifu.rwth-aachen.de www.cybernetics-lab.de/projekte/potenzialanalyse


Die Welt wird zum Labor Exzellenzcluster Produktionstechnik um weitere sieben Jahre verlängert

H

ocherfreut ist das Cybernetics Lab IMA & IfU über die Verlängerung seines Engagements um weitere sieben Jahre im Exzellenzcluster Produktionstechnik. Das seit zwölf Jahren bestehende Exzellenzcluster „Integrative Produktionstechnik für Hochlohnländer“ wird somit ab 1. Januar 2019 unter dem Sarah Müller-Abdelrazeq Namen „Internet of Production“ (IoP) fortgesetzt. Das Ziel des neuen Exzellenzclusters ist die Schaffung neuer anwendungsorientierter und innovativer Lösungen im Bereich der Produktionstechnik. Den Kern bildet hierbei die echtzeitfähige Informationsverfügbarkeit Hasan Tercan aller relevanten Daten der Produktion – von der Produktentwicklung über die Produktion bis zur Produktnutzung. Durch Verfahren der Datenanalyse und des maschinellen Lernens in Kombination mit Prozess- und Expertenwissen können somit neue Nutzenpotenziale erschlossen und zukunftsträchtige Lösungen für die gesamte Produktion entwickelt werden.

Die Umsetzung dieser visionären Ziele erfordert ein hohes Maß an Interdisziplinarität und adressiert die Schnittmenge zwischen Maschinenbau und Informatik. Das Cybernetics Lab IMA & IfU bringt dabei seine langjährigen Erfahrungen aus dem Exzellenzcluster sowie aus zahlreichen Forschungs- und Industrieprojekten ein. Einerseits handelt es sich um die technischen Aspekte des IoP, wie die Themen der Datenintegration, der Modellierung von Informationen und Wissen und der Datenanalyse. Andererseits forscht das Cybernetics Lab IMA & IfU auch im neuen Exzellenzcluster an Querschnittsthemen rund um Kooperationsförderung und interdisziplinärer Zusammenarbeit. Infrastruktur und Datenintegration Im zukünftigen IoP wird es möglich sein, unterschiedlichste Daten der Produktion aus verschiedensten Quellen zu sammeln, sie mit wertvollen Informationen zu beschreiben, über Netzwerke zu übermitteln und in eine gesamtheitliche Datenbasis zu speichern. Mittels automatisierter Verfahren der semantischen Suche wird es dem Prozessexperten und Nutzer möglich sein, genau die von ihm gewünschten Informationen in kürzester Zeit zu erhalten. Das Cybernetics Lab IMA & IfU ist maßgeblich an der Erforschung dieser Themen und der Schaffung der technischen Infrastruktur des

Die Planungen für die nächste Förderphase laufen bei unseren Clustermitarbeitern Kathrin Schönefeld, Sarah Müller-Abdelrazeq und Sebastian Zachow.

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Die Vision des Exzellenzclusters „Internet of Production“ (IoP): Die Welt wird zum Labor. IoP maßgeblich beteiligt. Dabei profitiert es vor allem durch seine Erfahrungen aus – z.T. mehrjährigen – Projektvorhaben, in denen es gemeinsam mit Partnern aus der Industrie nachhaltige Lösungen zur Maschinenvernetzung und Datenintegration entwickelt. Maschinelles Lernen in der Produktion Sei es in den Teilprojekten B1 (Virtual Production Intelligence) und D3 (Self-optimizing Assembly Systems) oder in Transfer-Projekten wie BRAIN (Biological Inspired Learning Processes for Machines in Production) und CENSE (Cognition Enhanced Self-Optimization) – das Cybernetics Lab IMA & IfU blickt auf umfangreiche Forschungsarbeiten im aktuellen Exzellenzcluster zu Themen des maschinellen Lernens und der künstlichen Intelligenz zurück. Im neuen IoP sind die Themen relevanter und komplexer denn je, denn zukünftige Forschungen werden über die reine Anwendung von künstlicher Intelligenz für einen einzelnen Anwendungsfall hinausgehen. Im Fokus stehen intelligente Systeme, die ihr Wissen eigenständig aus verschiedensten Produktionsprozessen ziehen können, oder datengetriebene KI-Verfahren, die in Kombination mit expertengetriebenen Modellen agieren. Querschnittsprojekt beforscht und fördert Kooperationen Um die interdisziplinäre Zusammenarbeit innerhalb des Exzellenzclusters verstehen, fördern und steuern zu können, wurde im ehemaligen Exzellenzcluster das Querschnittsprojekt „Scientific Cooperation Engineering“ (CSP1) als integraler Bestandteil neben den produktionstechnischen Teilprojekten ins Leben gerufen. Im Fokus steht zum einen die Kooperationsforschung, aber auch die konkrete Kooperationsförderung. Hierzu wurden neben eher klassischen physischen Maßnahmen, wie regelmäßigen Netzwerkveran44 |

Wissensmanagement

staltungen und Schulungen, auch virtuelle Maßnahmen, wie Apps zum Wissens- und Projektmanagement, entwickelt. Darüber hinaus unterstützte CSP1 das Clustermanagement durch clusterspezifische Evaluierungsinstrumente und Workshops zur kontinuierlichen Verbesserung der Zusammenarbeit, des Wissensaustauschs und der Transparenz. Trotz aller interdisziplinären Herausforderungen zeigen die Ergebnisse einer jährlichen Mitarbeiterbefragung eine konstante, positive Entwicklung bezüglich der Zusammenarbeit im Exzellenzcluster. Darüber hinaus zeigt sich, dass nicht nur die Menge der jährlichen Publikationen mit der Zeit zunahm, sondern vor allem die instituts-, disziplin- und teilprojektübergreifenden Veröffentlichungen. Dies ist ein Zeichen für die erfolgreiche übergreifende Kooperation, die durch die Arbeit im CSP1 maßgeblich geprägt war. CSP1 wird in den Strukturteil des IoP übergehen, der direkt an das Clustermanagement angeschlossen ist. Das Cybernetics Lab IMA & IfU wird dabei weiterhin eine führende Rolle übernehmen.

Exzellenzcluster „Integrative Produktionstechnik für Hochlohnländer“ Förderinstitution: DFG Projektträger: DFG Laufzeit: November 2006 – Dezember 2025 Kontakt: Sarah Müller-Abdelrazeq sarah.abdelrazeq@ima-ifu.rwth-aachen.de www.produktionstechnik.rwth-aachen.de


Erneuerbare Energien weiter denken Exzellenzcluster TMFB geht als „Fuel Science Center“ in die nächste Förderphase

B  Laura Platte

esonders vor dem Hintergrund der Diesel-Affäre ist es notwendiger denn je, die Erforschung nachhaltiger Energiesysteme voranzutreiben. Das hat auch die Deutsche Forschungsgesellschaft erkannt und den Exzellenzcluster „Tailor-Made Fuels from Biomass“ (TMFB) um weitere sieben Jahre verlängert. Neuer Kraftstoff-Design-Prozess

Ingrid Isenhardt

Kathrin Schönefeld

Unter dem neuen Namen „Fuel Science Center“ (FSC) werden in dem Exzellenzcluster adaptive Systeme zur Umwandlung von erneuerbaren Energien und Kohlenstoffquellen beforscht. Ziel ist es, die motorische Verbrennung fossiler Kraftstoffe durch adaptive Produktions- und Antriebssysteme auf Basis regenerativer Energie- und alternativer Kohlenstoffquellen unter dynamischen Randbedingungen zu ersetzen. In TMFB wurde in den vergangenen Jahren der „Fuel Design Process“ entwickelt und

Suplementary Cluster Activities im Exzellenzcluster TMFB. (Autor Laura Platte)

etabliert, um die Optimierung energie- und ressourcenschonender Synthesewege zur zielgerichteten Umwandlung von Pflanzenmaterial in Kombination mit wirkungsgradoptimaler und schadstoffarmer Energiewandlung im Verbrennungsmotor zu nutzen. In Zukunft arbeiten interdisziplinäre Teams aus den Bereichen Chemie, Biologie, Verfahrenstechnik und Maschinenbau weiter daran, erneuerbare Energie mit biomassebasierten Rohstoffen und Kohlenstoffdioxid in flüssige Energieträger mit hoher Energiedichte, die „Biohybrid Fuels“, umzuwandeln und für den Mobilitätssektor nutzbar zu machen. Im Bereich der Suplementary Cluster Activities unterstützt das IMA seit 2006 die Kooperationen innerhalb des Clusters. Dazu gehören neben der jährlichen Mitarbeiterbefragung (Balanced-Scorecardbased evaluation) auch die Online Kooperationsplattform „TMFB

Motiviert in die nächste Förderphase – Impression vom Mitarbeiterkolloquium.

insight“, die in der nächsten Förderphase einer grundlegenden Erneuerung und Erweiterung unterzogen wird. Damit unterstützen wir die Geschäftsführung des Clusters, die nach intensiver und erfolgreicher Antragsphase im September von Benedikt Heuser an Bastian Lehrheuer übergeben wurde. TMFB in Transition Um einen möglichst reibungslosen Übergang von TMFB zu FSC zu ermöglichen, fand ein Mitarbeiterkolloquium statt. Unter dem Motto „TMFB in Transition - Wir packen unseren Koffer und nehmen mit…“ wurde die vergangene Zusammenarbeit reflektiert und konkrete Maßnahmen diskutiert zur Umsetzung der Vision des FSCs diskutiert. Es steht eine spannende nächste Förderphase mit vielen interessanten, interdisziplinären Forschungsfragen im Bereich des Wissensmanagements an. Exzellenzcluster „Tailor-Made Fuels from Biomass“ Förderinstitution: DFG Projektträger: DFG Laufzeit: November 2006 – Dezember 2018 Kontakt: Laura Platte, M.A. Laura.Platte@ima-ifu.rwth-aachen.de Website: www.fuelcenter.rwth-aachen.de

Wissensmanagement | 45


Kurz, maßgeschneidert und originell Analog die digitale Arbeitswelt 4.0 meistern

D

igitale, agile Ansätze und Methoden halten zunehmend Einzug in die Arbeitswelt 4.0. Agile Strukturen fördern aber nicht nur die Innovationskraft von Unternehmen. Sie stellen vor allem den Menschen ins Zentrum der Transformation: Sie schaffen mehr Raum für KreativiEsther Borowski tät, Flexibilität und soziale Interaktion. Und zeichnen sich weniger durch Hierarchien als durch fließende Autoritäten aus. Sie fördern Experimente und unternehmerisches Denken und geben Handlungsfreiheit auf allen Ebenen. Eine agile Arbeitswelt wird zu einer Kompetenzwelt, in der Werte als Handlungsanker für selbstorganisierte Prozesse Johanna Werz mit digitalisierten Systemen dienen. Neben konkreten 4.0-Arbeitsweisen, etwa Design Thinking oder agilen Methoden, wie Scrum, liegt der Fokus auf der Ausbildung von Kollaborations- und Reflexionskompetenzen: Kommunikationsfähigkeit und -bereitschaft, konstruktives Feedback oder stetiger Anpassungs- und VerbesserungsIngrid Isenhardt wille, werden unverzichtbar. Ein neues Verständnis von Weiterbildung ist notwendig, um diese Art von Lernen zu ermöglichen, die in der Digitalisierung mit ihrem schnellen Wandel notwendig ist. Diesen Herausforderungen stellt sich die Prosoz Herten GmbH gemeinsam mit dem Cybernetics Lab und der Nets‘n’Clouds GmbH seit 2016: Im Rahmen der Knowledge Management-Initiative (KMI) werden Module entwickelt, die innerhalb kurzer Lerneinheiten Wissen erlebbar machen.

In der praktischen Umsetzung wurden bei der Prosoz GmbH in der Zwischenzeit zehn Module entwickelt, die einerseits fachspezifische (bspw. DomainDrivenDesign, Verteilte Systeme) und andererseits überfachliche Kompetenzen (bspw. Kultur im Meeting, Aktivierendes Feedback) adressieren. Die Module haben je nach Themenfeld eine Dauer von zwei bis drei Stunden und sind auf vier bis acht Teilnehmer ausgelegt. Durchgeführt werden sie von je einem Moderator und Experten. Der Moderator übernimmt die Steuerung des Modulablaufs und der Diskussionsprozesse sowie die Visualisierung und organisatorische Vor- und Nachbereitung. Der Experte ist maßgeblich an der inhaltlichen Ausgestaltung beteiligt und vermittelt die spezifische Prosoz Perspektive auf das Thema. Diese Verteilung auf zwei Person ermöglicht gegenseitige Motivation, Austausch und anhaltende Qualitätskontrolle. Gleichzeitig werden die Module voneinander unabhängig und modular entwickelt, so dass Interessierte entsprechend ihrer aktuellen Bedarfe unabhängig von Vorwissen oder KMI-Erfahrung teilnehmen können. Auch dies gewährleistet eine breite Streuung der relevanten Themen und ein zunehmendes Bewusstsein für die Inhalte unter den Mitarbeitern. Die strikt nicht-digitale Natur der Module durch den Einsatz von z.B. Flipcharts oder Lego steht einerseits für die hands-on Mentalität der Module. Zum anderen gewährt sie zusammen mit ihrer kurzen Dauer eine unkomplizierte, schnelle Durchführung im Arbeitsalltag, ohne vorher oder währenddessen allzu viele Ressourcen zu binden.

Neuordnung von Denkmustern Die KMI-Module bieten kurze, gefilterte und kontextbezogene Lernhilfen, die sich der Herausforderung stellen, die Lernenden nicht nur wissensbezogen, sondern auch emotional zu fordern. Die Lernarchitekturen der Module abstrahieren die zu vermittelnden Themen und setzen in den ausgewählten Methoden nicht bei der Verhaltensausprägung, sondern im Denkmodell an. Ziel ist es, dadurch eine Neuordnung von Denkmustern eine nachhaltige Veränderung des Verhaltens zu erreichen. Dies geschieht insbesondere über eine anschauliche, kompetenzorientierte Vermittlung: die Teilnehmer erarbeiten sich die Inhalte selbst. Darüber hinaus entstehen durch die konsequente Visualisierung in Form von Denkmustern und Metaphern Bilder in den Köpfen der Teilnehmenden, so dass Inhalte besser verankert werden können. 46 |

Wissensmanagement

Alleinstellungsmerkmale der KMI-Module


Einblick ins KMI-Modul Version 0.2 Im KMI Modul Version 0.2 erlebten die Teilnehmer zur Einstimmung Dynaxity live. Sie wurden mit den Herausforderungen des Zusammenspiels von Komplexität und Dynamik während einer Übung mit Bällen konfrontiert. Die Übung startete mit den Worten: „Dieser Ball repräsentiert ein Produkt, das in Ihrem Unternehmen unter Beteiligung aller Organisationseinheiten gefertigt wird….“. Nach der Übung waren sich die Teilnehmer einig: „Es wird zunehmend chaotischer!“ Und: „Mit steigender Dynaxity geht Qualität und Kreativität verloren, dafür müssen wir bewusst Raum schaffen!“ Spannende Erkenntnisse, die den Grundstein für die weiteren Erlebnisse im Modul bilden.

Iterative Entwicklung der Module Die Entwicklung der KMI-Module erfolgt in einem iterativen Prozess gemeinsam mit Experten der Prosoz GmbH. Nachdem die Themen Top-Down festgelegt wurden, erfolgt der Startschuss zur Konzeption des Moduls. Das Team des Cybernetics Lab identifiziert gemeinsam mit einem Experten pro Thema die Herausforderungen und Leitplanken und erarbeitet die Lernziele des Moduls. Dies gewährleistet die Passung von Inhalten und individuellen Anforderungen des Unternehmens. Auf dieser Grundlage entwirft das Team des Cybernetics Lab Lernarchitekturen mit dem Ziel, Wissen erlebbar zu machen und nachhaltige Lernprozesse anzustoßen. Eine erste Erprobung der Module erfolgt mit den Experten von Prosoz und Mitarbeitern des Cybernetics Lab, um die Konzeption des Moduls hinsichtlich der Lernziele zu prüfen. Überarbeitungen erfolgen in einem nächsten Schritt, um dann in einem weiteren Probelauf bei der Prosoz GmbH die Passung der Methoden auf die Organisation zu prüfen. Dieser iterative Prozess wird abgeschlossen durch die Übergabe des Modulkoffers, der sämtliche zur Durchführung notwendige Unterlagen beinhaltet. Auf dieser Grundlage führen die Experten zusammen mit verantwortlichen Moderatoren die KMIModule im Unternehmen durch, gewinnen so Mitstreiter unter den

Mitarbeitern und verankern neue Themen auf allen Ebenen des Unternehmens, um schrittweise aber nachhaltig eine agile Arbeitsstruktur zu festigen.

Gemeinsam mit der Aixo Software GmbH und der Nets`n`Clouds GmbH berät das Cybernetics Lab IMA & IfU die Firma Prosoz Herten GmbH zu Themen wie Changemanagement, Datenanalyse, Agilität in Organisationen, Softwareentwicklung und Wissensmanagement. Kontakt: Dr. rer. nat. Esther Borowski esther.borowski@ima-ifu.rwth-aachen.de Johanna Werz, M.Sc. johanna.werz@ima-ifu.rwth-aachen.de Prof. Dr. phil. Ingrid Isenhardt ingrid.isenhardt@ima-ifu.rwth-aachen.de

Prototypischer Ablauf der Entwicklung eines KMI-Moduls

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Mixed-reality Stimmtraining Lehrkräfte können den Stimmgebrauch in virtuellen Hörsälen testen

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bwohl sie eines ihrer wichtigsten Arbeitsinstrumente ist, fehlt vielen Lehrenden das Wissen über den korrekten und wirkungsvollen Einsatz ihrer Stimme. Vor diesem Hintergrund und angesichts immer noch wachsender Hörerzahlen Kathrin Hohlbaum werden an vielen Universitäten Stimmtrainings für Lehrende angeboten. In diesen Trainings ist es jedoch oft nicht möglich, die erlernten Methoden realitätsnah in den alltäglichen Lehrumgebungen der Teilnehmenden zu erproben. Insbesondere für Lehrende, die in ihren Veranstaltungen häufig vor hunderten von Studierenden sprechen, gestaltet sich somit ein realitätsnahes Valerie Stehling oder durch Technik unterstütztes Üben schwierig, wenn nicht gar unmöglich. Innerhalb des Projektes ELLI 2, angesiedelt im Handlungsfeld Virtuelle Labore, wird daher im Rahmen der Maßnahme zum Mixed Reality-Stimmtraining ein virtueller Simulator für ein von professionellen StimmIngrid Isenhardt trainern geleitetes, technikunterstütztes Stimmtraining entwickelt. Mittels des Simulators wird es Lehrkräften im Rahmen eines Stimmseminars ermöglicht, zuvor erlernte Methoden in virtuellen Umgebungen realitätsnah umzusetzen und zu trainieren. VR-Brille an, Stimmtraining starten Um verschiedene Hörsäle in der Mixed Reality-Umgebung akustisch repräsentieren zu können, werden mit der Unterstützung des Instituts für Technische Akustik der RWTH Aachen University (ITA) durch die Bereitstellung der Software „RAVEN“ im Laufe des Projekts nach und nach verschiedene Hörsäle anhand ihrer originalen Baupläne akustisch nachgezeichnet. Eine optische Repräsentation wird anhand von 360°-Aufnahmen derselben Hörsäle realisiert. Durch die Integration visueller und akustischer Daten realer Hörsäle in ein eigens entwickeltes Mixed Reality-Szenario wird den Teilnehmenden dann mit Hilfe einer VR-Brille – zum Beispiel der Oculus Rift oder der HTC Vive – und einer akustischen Simulation per Kopfhörer visuell und akustisch der Eindruck vermittelt, dass sie sich in einem der virtuellen Räume befinden. Als Trainingsumgebungen stehen Räume unterschiedlicher Größe zur Verfügung, so dass diverse Höreranzahlen sowie visuelle und akustische Eindrücke je nach individuellen Anforderungen aus48 |

Wissensmanagement

Die Hörsäle werden akustisch nachgezeichnet und schon kann das virtuelle Stimmtraining beginnen.

gewählt werden können. Hierdurch können die Lehrenden ihre Stimme in einem geschützten Rahmen und in einer Umgebung trainieren, die eine realistische visuelle und akustische Simulation ihrer individuellen Lehrumgebung darstellt. Die fortlaufende Weiterentwicklung des Prototyps ermöglicht es den Lehrenden zukünftig, ein ortsunabhängiges, passgenaues, ihrer individuellen Lehrsituation entsprechendes Szenario für das Training auszuwählen. Hierdurch wird der Transfer des Gelernten in den Berufsalltag der Teilnehmenden erleichtert. Preisgekröntes Stimmtraining Die Trainings kommen nicht nur bei den Lehrenden selbst gut an. Im Januar wurde das Cybernetics Lab für das Mixed Reality Stimmtraining mit dem delina Innovationspreis für digitale Bildung in der Kategorie Hochschule ausgezeichnet. Und auch bei Vertretern aus der Industrie findet der Simulator großen Anklang, denn nicht nur große Hörsäle, sondern auch hohe Lärmpegel in großen Produktionshallen stellen die Mitarbeiter stimmlich vor große Herausforderungen.

Mixed-reality Stimmtraining (ELLI 2) Kontakt: Kathrin Hohlbaum, M.Sc. kathrin.hohlbaum@ima-ifu.rwth-aachen.de Dr. phil. Valerie Stehling valerie.stehling@ima-ifu.rwth-aachen.de


Wie werden Montageroboter unsere Arbeit in Zukunft unterstützen? Einblicke gab Tristan Langer bei einer Hallenführung.

Greifbare Zukunft bei Aachen 2025 Im „digitalen Epizentrum“ im Aachener Norden den Fortschritt kennenlernen

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n fünf Standorten in Aachen drehte sich beim digitalen Festwochenende am 28. und 29. September 2018 alles um den digitalen Wandel. Nach der Premiere im September 2016 ging Aachen 2025 in die zweite Runde – schon Ingrid Isenhardt vor zwei Jahren beschäftigten sich zahlreiche Menschen in Aachen mit der Zukunft und ihrer digitalen Entwicklung. Wie werden wir demnächst einkaufen, lernen, Auto fahren, wie werden wir wohnen, arbeiten und produzieren? Nun wurden diese Gedanken ein Wochenende lang weitergesponnen. Diesmal nicht an 40 verschiedeKathrin Schönefeld nen Schauplätzen, sondern gebündelt im „digitalen Epizentrum“ der Stadt zwischen dem Technologiezentrum am Europaplatz, der Digital Church alias St. Elisabeth, dem Ludwig Forum an der Jülicher Straße und dem ehemaligen Straßenbahndepot in der Talstraße. Das Cybernetics Lab zeigte im Technologiezentrum seinen Besuchern mit Nicole Nelißen den beiden Projekten „Made in Aachen (MIA)“ und „ARIZ“, was urbane Produktion in der Zukunft für eine Stadt bedeuten bzw. wie die Arbeitswelt von morgen aussehen könnte.

Kontakt: Prod. Dr. phil. Ingrid Isenhardt ingrid.isenhardt@ima-ifu.rwth-aachen.de Dr. phil. Kathrin Schönefeld kathrin.schoenefeld@ima-ifu.rwth-aachen.de Nicole Nelißen, M.A. presse@ima-ifu.rwth-aachen.de

Veranstaltungen | 49


Das Cybernetics Lab als Messegast in Hannover, Stuttgart und München Die Trends heißen Künstliche Intelligenz und digitale Transformation

O  Haoming Zhang

Hasan Tercan

b Mensch-Maschine-Kollaboration oder Machine Learning: Der Einsatz von künstlicher Intelligenz spielt in der Industrie eine immer wichtigere Rolle. Entsprechend war es das Topthema im Frühjahr auf der Hannover Messe, auf der auch das Cybernetics Lab gemeinsam mit seinen Kooperationspartnern einen Ausblick in das Zusammenspiel zwischen Mensch und Maschine beispielsweise bei selbstlernenden Arbeitsplätzen gab. Zusammen mit dem Visual Computing Institute und dem Exzellenzcluster „Integrative Produktionstechnik für Hochlohnländer“ der RWTH Aachen University stellte das Cybernetics Lab seine aktuelle Forschung rund um die Anwendung der künstlichen Intelligenz in Produktionssystemen vor:

• den „Cense 2.0“ Demonstrator, ein Sechs-Achs-Industrieroboter, der mittels künstlicher Intelligenz das Geschicklichkeitsspiel „Heißer Draht“ eigenständig Sarah Güsken erlernt und spielt, • ein autonom navigierender Robotino, der gemeinsam mit dem Projektpartner Festo AG im Rahmen des Projektes „ARIZ“ präsentiert wurde. Der mobile Roboter verfügt über einen Laserscanner und eine monokulare Kamera um einen autonomen Materialfluss für den Festo Bionic Workplace Christoph Henke umzusetzen, und • die mobile Roboterplattform TORsten, entstanden aus einer Forschungskooperation des Instituts für Unternehmenskybernetik (IfU) e.V. mit der Torwegge Intralogistics GmbH & Co. KG. Das fahrerlose Transportsystem navigiert autonom im Raum und plant selbständig seine Routen (wie auf dem Gemeinschaftsstand des Branchennetzwerkes Maschinenbau der Region Ostwestfalen-Lippe (OWL) gezeigt wurde). Die Erweiterung der mobilen Plattform um einen Roboterarm zu einem mobilen Manipulator hatte schließlich auf der Logimat in Stuttgart Premiere. Dieser mobile Manipulator ist in der Lage, durch den Einsatz zusätzlicher Kamerasysteme zur Umfeldwahrnehmung, Kleinteileträger (KLTs) aus einem Regal selbsttätig zu greifen. Das Fahrzeug steht über ein IOT-Protokoll mit anderen Fahrzeugen in Verbindung. Weiterhin erfolgte die Integration des mobilen Systems in das Messeszenario des Back50 |

Veranstaltungen

maschinenherstellers DIOSNA auf der iba in München, in der das Fahrzeug abwechselnd zwei Teigbehälter zwischen einer Rührstation und einem Hebekipper transportierte. Mit gleich drei anwendungsbezogenen Projekten zur digitalen Transformation präsentierte sich das Institut für Unternehmenskybernetik (IfU e.V.) im Juni auf der Cebit in Hannover. Im Rahmen der Veranstaltung „Innovative Digitalisierungsprojekte: Fresh Ideas from NRW“ des „CPS:HUB NRW“ stellte Projektleiterin Sarah Güsken die Online-Shopping Plattform „Smart Emma“ und das lokale Einzelhandelsprojekt „Shopping Lab Aachen“ vor. Tristan Langer und Phillip Ennen diskutierten zur Vorstellung des „Arbeit in der Zukunft (ARIZ)“-Projekts die Lernfähigkeit von Roboter-Systemen und deren Auswirkungen auf Arbeitswelt und Arbeitsplätze. Dies veranschaulichten sie mittels eines intelligenten, lernfähigen Assistenzsystems – einem KINOVA Service-Roboter, der sowohl in der häuslichen Umgebung als auch in Fabriken unterstützen kann.

Fahrerlos ans Ziel: Das Transportsystem navigiert autonom und plant selbstständig seine Routen

Kontakt: „ARIZ“: Haoming Zhang, M.Sc. hamoing.zhang@ima-ifu.rwth-aachen.de „Cense 2.0“: Hasan Tercan M.Sc. hasan.tercan@ima-ifu.rwth-aachen.de „Smart Emma“, „Shopping Lab Aachen“: Sarah Güsken M.Sc. sarah.güsken@ima-ifu.rwth-aachen.de Mobile Robotik: Christoph Henke, M.Sc. christoph.henke@ima-ifu.rwth-aachen.de


Noch ist der Bewegungsablauf der Künstlichen Intelligenz beim Spiel „heißer Draht“ geschmeidiger als beim Mensch.

Veranstaltungen | 51


30 Jahre Regelkreise Jubiläumsfeier des Instituts für Unternehmenskybernetik e.V.

I  Frank Hees

IfU at its best: Seit 30 Jahren werden kybernetische Prinzipien gedacht, beforscht und weiterentwickelt. Das Institut für Unternehmenskybernetik e.V. gab während seiner Jahrestagung eine Retrospektive zur Entwicklung der Kybernetik und holte sich Impulse externer und interner kybernetischer Denker. Science Slam und Retrospektive

An nur einem Tag traf man sich im Juni zu gleich drei Gremiensitzungen – mit dem IfU-Vorstand, dem Kuratorium und der anschließenden Mitgliederversammlung René Vossen mündete alles in der Jubiläumsfeier zum 30. Geburtstag des IfU e.V.. Während Dr. René Vossen, IfU-Geschäftsführer, und die ehemaligen Forschungsgruppenleiter Dr. Kristina Lahl und Dr. Daniel Ewert die Retrospektiven der Wirtschafts- und Sozialkybernetik sowie der technischen Kybernetik beleuchteten, berichteten die kybernetischen Steuermänner Jan Bitter und Sebastian Schönitz in einem Science Slam von den kybernetischen Altmeistern und aus dem kybernetischen Forschungsalltag. Enormer Handlungsdruck IfU-Vorstandsmitglied Prof. Dr. Klaus Henning sieht eine dritte Kybernetikwelle, angetriggert durch die Cyber-Physical Systems – sprich die Wechselwirkung der Systeme innerhalb der technologischen Systeme. Wie sieht das Zusammenspiel von Mensch - Maschine mit eigenem Selbstbewusstsein und deren digitalen Schatten aus, wenn diese drei Entitäten intelligente Dialoge miteinander führen? Sein äußerst konstruktiver Impuls zum Tagungsabschluss: Diesen Diskurs, um die Balance der verschiedenen Systeme im kybernetischen Denken, nun mit enormen Handlungsdruck und globalen Konkurrenten im Blickfeld, zu führen. Wir werden in zehn Jahren zum 40ten Jubiläum dann vielleicht wissen, ob es sich wirklich um eine Industrielle Revolution handelt: mit paradigmatisch neuen industriellen Produktionsprozessen und entsprechenden Verwerfungen in der ethischen Diskussion zu Künstlicher Intelligenz, neuartigen Qualifizierungsformen und Sicherheitskonzepten von Mensch UND Maschine in der kollaborativen Robotik, radikal oder nur punktuell veränderten Berufsbildern und dem Management heterogener Daten in Wirtschaftzusammenhängen und der Privatsphäre. Sicher scheint: Auch in zehn Jahren werden uns die brennenden (Unternehmens-)kybernetischen Forschungsfragen nicht ausgegangen sein.

52 | Veranstaltungen

Er sieht eine dritte Kybernetikwelle anrollen: Prof. Dr. Klaus Henning, IfU-Vorstandsvorsitzender, im Gespräch mit Pepper.

Kontakt: Dr. rer. nat. René Vossen rene.vossen@ifu.rwth-aachen.de.


Familientag am Cybernetics Lab

Schnupperkurs Robotik und Lego-Mindstorms für Kollegen und Kinder

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euchtende Augen beim Familientag an einem Sonntag im Mai für unsere Mitarbeiter und deren Familien im „Roboterland“: Die Kleineren tanzten und sangen mit NAO und Pepper, die Größeren waren in die Konstruktion eines Lego-Mindstorms vertieft und riesigen Spaß gabs bei einer Spritztour im DLR-Fahrsimulator. Für unsere Mitarbeiter öffneten wir unsere Forschungshallen − während die Kinder wie in einer anderen Erdatmosphäre humanoide Roboter bestaunten, wie beim Synchronschwimmen schnell deren Bewegungen adaptierten oder sich in den Schnupperkurs Robotik vertieften, gabs für ihre Eltern ganz entspannt Kaffee, Kuchen und Waffeln. Einmal Gas geben ohne Führerschein - das gibt´s nur virtuell im Fahrsimulator.

Delegationen aus Spanien, Thailand und China besuchen unsere Forschungshallen Produktion im urbanen Raum, Data Science und Robotik hoch im Kurs

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Beim Rundgang durch die Forschungshallen: Dr. phil. Max Haberstroh erklärt aktuelle Projekte an Demonstratoren.

usätzlich zu den Besuchen unserer Kooperations- und Projektpartner freuten wir uns auch in diesem Jahr wieder über zahlreiche Besuche aus aller Welt, die Kontakte zu Lehrstühlen im Bereich Künstliche Intelligenz, Data Science und Robotik knüpfen wollten. So begrüßten wir zusammen mit dem Wissenschaftsbüro der Stadt Aachen im Frühjahr Besucher aus der nordspanischen Provinz Álava. Es gab einen intensiven Austausch zwischen den Aachenern und den spanischen Vertretern des Rates, der Industrie- und Handelskammer sowie verschiedenen Bildungseinrichtungen aus Álava über die konstruktive Zusammenarbeit zwischen Stadt und Hochschule. Themen wie Industrie 4.0 und Innovationsmanagement, die Produktion im urbanen Raum, Entwicklungsmöglichkeiten für Unternehmen im Rahmen der Digitalisierung und logistische

Lösungswege für Produzenten lieferten ausgiebigen Gesprächsstoff. Desweiteren empfingen wir eine Delegation der Chulalongkorn University aus Bangkok, die auf Einladung des Rektorats und des International Offices der RWTH Aachen University ein „datengetriebenes“ 24- Stunden-Programm in Aachen absolvierte. Im Rahmen dieser Reise besuchten sie auch das Cybernetics Lab IMA & IfU und erörterten nach einem Rundgang durch die Forschungslabore die Möglichkeiten von Kooperationen mit dem – so die Besucher – „Data Science Lab“. Ebenfalls hoch interessiert an Künstlicher Intelligenz und Data Science zeigten sich die Besucher der aufstrebenden Guangdong University of Technology und der Chinese-German Young Scholars Association aus Südchina und wenig später der Shougang Corporation, einem chinesischen Stahlhersteller.

Veranstaltungen | 53


Kinder erleben fantastische Reise ins Weltlall Völlig losgelöst: Mit der DLR-Raumfahrtshow abheben

R  Lana Plumanns

aketenwissenschaften in Aachen: Das Deutsche Zentrum für Luftund Raumfahrt (DLR) und das Cybernetics Lab brachten Schulkindern während einer Raumfahrtshow am 12. Oktober 2018 die Arbeit der Astronauten näher.

In 90 Minuten um die Welt: Was Alexander Gerst täglich auf seiner Horizon-Mission bei einer Geschwindigkeit von 28.000 Kilometern pro Stunde etwa 16 Mal erlebt, erlebten nun über 1.000 Aachener Schulkinder einmalig während der Raumfahrtshow in Daniela Janßen der altehrwürdigen Aula des RWTH-Hauptgebäudes. Die Moderatoren Richard Bräucker und Jan Bechert vom DLR brachten den Dritt- bis Sechstklässlern mit einer rasanten Mischung aus Experimenten und Filmausschnitten eine Raumfahrtmission vom Start über das Andocken der Sojus-Kapsel an der ISS bis zur Rückkehr zur Erde näher. Mal betankten die Schüler eine Rakete mit Druckluft und schossen sie an die Decke der RWTHAula, dann wiederum stellten sie das Sonnensystem mit leuchten-

Fantastische Blicke ins und aus dem Weltall faszinierten kleine und große Besucher.

den Ballons nach oder die Schwerelosigkeit anhand eines rohen Eis in einer Fallkapsel. Videogrüße aus dem All Absolute Stille herrschte, als Raumfahrer Alexander Gerst per Videobotschaft von der ISS-Station grüßte. Und völlig losgelöst folgten die Besucher Physikerin Sina Kürtz mit ihrer Virtual-Reality-Brille bei ihrem Rundgang auf der ISS, etwa durchs Columbus-Modul, den schwerelosen Arbeitsplatz von Alexander Gerst, oder zu einem Weltraumpaziergang mit fantastischen Bildern vom blauen Planeten. Beim Wiedereintritt in die Erdatmosphäre bebte die Aula vor lauter Begeisterungsrufen, Applaus und unter einer Papierflieger-Lawine.

DLR School Lab Kontakt: Lana Plumanns, M.Sc. lana.plumanns@ima-ifu.rwth-aachen.de www.dlr.de/schoollab Daumen hoch für die Raumfahrtshow bei Lana Plumanns (Mitte) und der DLR-Showcrew.

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Lehrkonzept als Ort der Ideen ausgezeichnet Junge Ingenieure gestalten nachhaltige Technik für bundesweiten Wettbewerb

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Kathrin Schönefeld

nter dem Motto „Welten verbinden – Zusammenhalt stärken“ fördert die Initiative der Bundesregierung „Deutschland – Land der Ideen“ beim Wettbewerb „Ausgezeichnete Orte im Land der Ideen“ jährlich 100 Projekte mit Leuchtturmcharakter für Deutschland. Unser Lehrkonzept „Ingenieure ohne Grenzen Challenge“ (IoGC) konnte sich im Wettbewerb mit 1.500 anderen Bewerbungen durchsetzen und wurde als ein solcher Ort ernannt.

Die Geschichte hinter dem Wettbewerb Hervorgegangen ist der Wettbewerb aus der 2006 begonnenen Veranstaltungsreihe „365 Orte im Land der Ideen“, die seit 2013 jährlich zu wechselnden Themen Projekte auszeichnet. Es ist eine gemeinsame Initiative der Bundesregierung, der deutschen Wirtschaft, vertreten durch den Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), und der Deutschen Bank AG.

Gesellschaftliche Verantwortung annehmen Ingrid Isenhardt

Im Rahmen der IoGC bearbeiten Studierende reale Problemstellungen aus Entwicklungsregionen. Zusammen mit dem „Ingenieure ohne Grenzen e.V.“ wird die Challenge seit 2013 in verschiedenen interdisziplinären Lehrveranstaltungen des Cybernetics Labs durchgeführt. Im WinterFrank Hees semester 2017/18 fand sie erstmalig auch an der TU Dortmund statt. Eine gemeinsame Abschlussveranstaltung mit allen Studierenden war ein voller Erfolg. Das Lehrformat ist eine Maßnahme im BMBF geförderten Verbundprojekt ELLI 2. Wie in den letzten Jahren nachgewiesen, werden sich die jungen Ingenieure durch die „Ingenieure ohne Grenzen Challenge“ für die gesellschaftliche Verantwortung ihres Berufs bewusst. Feierstunde in Berlin Die Preisträger im Bereich „Global und fair-bunden“ bei der Feierstunde in Berlin.

Während einer Feierstunde am 4. Juni in Berlin wurde der Preis an Dr. Kathrin Schönefeld, die Projektverantwortliche, und ihre Dortmunder Kollegin Silke Frye verliehen. Wir freuen uns sehr, dass die IoGC als ein zukunftsfähiger Ort für Ideen und Innovationen benannt wurde, an dem mit hoher Qualität und Kreativität Antworten auf drängende gesellschaftliche Fragen geliefert werden. Der Juryvorsitzende Prof. Dr. Michael Hüther betonte dabei, dass die ausgewählten Projekte eine hohe Signalwirkung für die deutsche Gesellschaft haben und maßgebliche Trends für die Zukunftsfähigkeit lieferten.

Ingenieure ohne Grenzen Challenge Kontakt: Dr. phil. Kathrin Schönefeld kathrin.schoenefeld@ima-ifu.rwth-aachen.de www.elli-online.net/iogc

Auszeichnungen | 55


Bronze für die Carologistics beim RoboCup Die viermaligen Weltmeister waren diesmal von Technikschwierigkeiten geplagt

D  Sebastian Schönitz

as Aachener Team Carologistics der RWTH Aachen University und FH Aachen belegte im „kleinen Finale“ beim internationalen RoboCup in Montreal den dritten Platz in der Logistics League – einer Liga, die jedes Jahr große technische Sprünge vollzieht und immer mehr zeigt, was in den sogenannten “Smart Factories” der Zukunft möglich sein wird.

Die RoboCup Logistics League zeichnet sich besonders dadurch aus, dass auf einem 14 mal acht Meter großen Spielfeld im Kleinen gezeigt wird, was in den Pia Bresenitz nächsten Jahren in sogenannten „Smart Factories“ im Industrie 4.0 Kontext aus intralogistischer Sicht möglich ist. So erkunden die Roboter der einzelnen Teams autonom das Spielfeld und melden zurück, an welcher Position welche Maschine steht und suchen somit die besten Verbindungen zwischen einzelnen Maschinen. Nach dieser Explorationsphase planen, realisieren und optimieren die Roboter den Materialfluss und liefern Produkte gemäß dynamischer Aufträge in der industriellen Produktionsanlage. Daraus ergeben sich Aufgaben mit zeitlichen Abhängigkeiten, die die Roboter untereinander aufteilen müssen. Keine Kommunikation mangels WlLAN Dass es diesmal für die erfolgsverwöhnten, viermaligen Weltmeister nicht zur Titelverteidigung reichte, ist vor allem WLAN-Problemen geschuldet: Nachdem sich die Roboter mangels Kommunikation

Das Team Carologistics: Hundertprozentiger Einsatz vom Spielfeldrand aus.

nicht bewegten, wurden alle WLAN-Komponenten ausgetauscht. Die neue Hardware verzögerte den Spielverlauf und die Roboter erkannten erst nach mehreren Minuten, dass das Spiel bereits begonnen hatte. Trotz der Widrigkeiten gab das Team Carologistics alles und konnte sich im Turnier nach vorne arbeiten, bis es sich dem neuen Weltmeister aus Graz geschlagen geben musste, den sie im Jahr zuvor noch im Finale besiegt hatten.

Carologistics Die Carologistics setzen sich aus Wissenschaftlern und Studierenden des Cybernetics Lab IMA & IfU, dem Lehr- und Forschungsgebiets Wissensbasierte Systeme (beide RWTH Aachen University) und des MASCOR Instituts (FH Aachen, University of Applied Sciences) zusammen. Kontakt: Sebastian Schönitz, M.Sc. sebastian.schönitz@ima-ifu.rwth-aachen.de Dynamik auf dem Spielfeld: Die Roboter erschließen autonom das Feld, optimieren den Materialfluss und liefern Produkte.

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www.carologistics.org


What comes next... Ausblick 2019

Ingenieure ohne Grenzen Challenge goes international

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lobalisierung und Nachhaltigkeit sind die zentralen Herausforderungen, mit denen sich die Hochschulbildung auseinandersetzen muss, um das gesellschaftliche Bewusstsein der Studierenden, z.B. für die Sustainable Development Goals der Vereinten Nationen (UN) zu schärfen. Das Lehrkonzept „Ingenieure ohne Grenzen Challenge“ tut dies bereits seit einigen Jahren (siehe Beitrag Seite xy): Nach erfolgreicher Durchführung an der RWTH Aachen University und TU Dortmund nehmen in diesem Jahr auch die HAW Hamburg, Hochschule Ruhr West, Ruhr Universität Bochum und Technische Hochschule Mittelhessen teil. Und der Wettbewerb wird sogar international: Teams aus Aachen und von der University of Georgia arbeiten zusammen an Problemstellungen, die sie am 5. Februar 2019 bei der großen Abschlusskonferenz mit über 100 Teilnehmenden präsentieren.

Save the Date: VDI-Tagung am 14.05.2019

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emeinsam mit dem VDI-Fachbeirat Ingenieurausbildung und dem Projekt VDI EnablING richtet das Cybernetics Lab die Tagung „Engineering Diversity – Vielfalt als Mehrwert gestalten“ aus. Die Veranstaltung zum Thema Diversity in den Ingenieurwissenschaften findet am 14. Mai 2019 im SuperC der RWTH Aachen statt. Die Teilnahme ist kostenfrei. Zielgruppe sind Lehrende, Forschende, Studierende und Absolventen aus ingenieur- und naturwissenschaftlichen Fakultäten sowie Funktionsträger der Hochschulen.

Kontakt: Dipl. Inform. Daniel Lütticke daniel.luetticke@ima-ifu.rwthaachen.de

MBZIRC 2020

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as Cybernetics Lab der RWTH Aachen ist nach Abschluss der Bewerbungsphase zur „Mohamed Bin Zayed International Robotics Challenge“ (MBZIRC) als ausgewähltes Team in den Wettbewerb aufgenommen worden. Innerhalb der MBZIRC2020 Challenge treten internationale Teams im Bereich der Robotik gegeneinander in drei unterschiedlichen Challenges an. Hierbei kommen sowohl „Unmanned Ground Vehicle“ (UGV) als auch „Unmanned Aerial Vehicle“ (UAV) zum Einsatz. Die autonomen mobilen Robotersysteme müssen dabei unter anderem einen Gebäudebrand löschen und in Kooperation eine Mauer bauen. Die Teams haben bis zum eigentlichen Wettbewerb mehrere Fortschrittsreporte zu liefern. Der erste Fortschrittsreport erfolgt im Februar 2019 und zeigt in einem kurzen Video den derzeitigen Entwicklungsstand der Systeme. Das Video wird dann auf dem YoutubeKanal des Cybernetics Labs veröffentlicht.

Kontakt: Christoph Henke M.Sc. christoph.henke@ima-ifu.rwthaachen.de

Zusammenführung von Augmented Reality und Neurostimulation

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owohl der Einsatz nicht-invasiver Methoden der Neurostimulation (bspw. HDtDCS) als auch die Umsetzung innovativer Ansätze, die beispielsweise Augmented Reality (AR) nutzen, nehmen im Bereich der Rehabilitation stetig zu. Durch eine Kombination dieser beiden Ansätze wird im EIT Health Projekt „MARNIE“ eine neue Therapieart für die visuo-motorische Rehabilitation nach Hirnschädigung entwickelt. Insgesamt sollen dadurch die Akzeptanz und die Motivation der Patienten gesteigert und gleichzeitig die Kosten und die Dauer der Therapie gesenkt werden. MARNIE ist ein Verbundprojekt zwischen der RWTH Aachen University, der Universidad de Navarra, der Fondation Asile des aveugles in Lausanne und der Dropslab Technologies GmbH aus Aachen. Die Partner arbeiten im Zeitraum von Januar 2019 bis Juni 2020 an diesem Projekt. Kontakt: Anas Abdelrazeq, Ing. M.Sc. anas.abdelrazeq@ima-ifu.rwthaachen.de

Ausblick 2019 | 57


Ein COSMOnautisches Virtual Reality Märchen Vorbereitung von Kindern auf MRT-Untersuchungen

U

m erfolgreiche Magnetresonanztomographie (MRT)-Untersuchungen mit Kindern ohne Kurznarkose durchführen zu können, wurde die neue Vorgehensweise COSMO entwickelt. COSMO ist darauf ausgelegt, die MRTUntersuchung wachen Kindern ab vier Jahren zeit- und ressourceneffizient, sprich ohne langwierige Vorbereitungen oder wiederholte Krankenhausbesuche, durchzuführen. COSMO bereitet die Kinder auf die bevorstehende Untersuchung vor, indem ihnen eine fantasievolle, kinderfreundliche Geschichte von einem ausgebildeten Mitarbeitenden des Krankenhauses erzählt wird, der ihnen die Angst vor der MRT-Untersuchung nehmen soll. Ziel des Projektes COSMO@Home ist es, die bereits sehr erfolgreiche Vorgehensweise COSMO durch die Erstellung einer Virtual Reality (VR)-App zu erweitern. So können

Eltern ihre Kinder dann bereits zu Hause auf die bevorstehende MRT-Untersuchung vorbereiten. Eine solche VR-App umgeht oder begrenzt den Bedarf an engagierten Mitarbeitenden und ist damit weitaus skalierbarer und kostengünstiger als der vorhandene Ansatz. In diesem Projekt wird die App auf Grundlage der Vorkenntnisse aller Partner konzipiert und implementiert, um eine maximale Anzahl an MRT-Untersuchungen ohne örtliche Betäubung durchzuführen. Die App wird in drei verschiedenen Krankenhäusern getestet, um ihre Wirksamkeit, Effizienz und klinische Wirkung zu bewerten.

How2MultiWind Neues Forschungsprojekt zu nachhaltigen Druckbehältern

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m 1. Januar 2019 startet das Forschungsprojekt How2MultiWind. Dabei entwickelt das Institut für Unternehmenskybernetik (IfU) e.V. gemeinsam mit dem Institut für Textiltechnik (ITA) der RWTH Aachen University ein technisch-wirtschaftliches Auslegungswerkzeug für nachhaltige, multifilamentgewickelte Faserverbund-Druckbehälter, die z. B. zur Hochdruck-Speicherung von Wasserstoff in Brennstoffzellenautos zum Einsatz kommen. Die junge, bislang jedoch kaum untersuchte Technologie des Multifilamentwickelns verspricht gegenüber den „traditionellen“ Fertigungsverfahren deutlich kürzere Taktzeiten und dadurch enorme Kostenvorteile. Das in How2MultiWind entwickelte Werkzeug, flankiert von KMU-spezifischen Geschäftsmodellen, befähigt Unternehmen

58 | Ausblick 2019

entlang der betrachteten Wertschöpfungskette, das Multifilamentwickeln wirtschaftlich und nachhaltig einzusetzen und damit zur Energiewende im Verkehrssektor beizutragen. Das Projekt wird über zwei Jahre im Rahmen der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) aus Mitteln der Energieforschung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) gefördert.

Kontakt: Jan Bitter, M.Sc. jan.bitter@ima-ifu.rwth-aachen.de

COSMO@Home Förderinstitution: EIT/EU Projektträger: EIT Health Laufzeit: Januar 2019 Dezember 2021 Kontakt: Anas Abdelrazeq, Ing. M.Sc. anas.abdelrazeq@ima-ifu.rwth-aachen.de


Dissertationen am Cybernetics Lab Dissertation von Larissa Elsman Multiperspektivische Beratung zur Weiterbildung von Lehrpersonen im Rahmen ihrer beruflichen Sozialisation am Beispiel des ExAcT Programms

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ie heutige Hochschullehre steht in Abhängigkeit ständiger Veränderung und KomplexiLarissa Elsman tätszuwachs ihrer Umwelt. Zentrale Aufgabe der Bildungsinstitutionen wird die Befähigung der Studierenden, angemessen mit dem Wandel umzugehen. Lehrqualität ist dabei unter deutschen Hochschulen zum Wettbewerbsfaktor avanciert. Eine Strategie zu deren Verbesserung ist der Ausbau von Weiterbildungsangeboten für das Lehrpersonal, wobei die zielgruppenspezifische Qualifikationsberatung eine große Heraus-

forderung darstellt. In der hochschuldidaktischen Weiterbildungsberatung existierte bis dato kein Beratungskonzept, das einen Umweltperspektiven-variablen Blick auf die Lehrperson und ihre Entwicklungsziele ermöglicht. Im Rahmen der Dissertation wurde ein multiperspektivisches Beratungsformat entwickelt, das in Wolfgang Lemperts interaktionistischem Kausalmodell der beruflichen Sozialisation verortet ist. Auf Grundlage des Multi-Rater-Feedback-Ansatzes erfolgte die Erprobung und Erfassung verschiedener, aus den Umweltanforderungen identifizierter Perspektiven für eine multiperspektivische Beratung. Die Erprobungsergebnisse zeigen deutlich, der Perspektiveneinbezug arbeitet unterschiedliche Kompetenzanforderungen heraus und

schafft damit individuelle Beratungsgrundlagen. Der entwickelte Konzeptansatz ermöglicht den Einbezug von Umweltanforderungen in die Beratung und leistet einen Beitrag zur Weiterentwicklung von Beratungsprozessen in der beruflichen Weiterbildung.

Kontakt: Dr. phil. Larissa Elsmann larissa.elsmann@exact.rwthaachen.de

Unter einem Hut: Drei Doktorprüfungen am Cybernetics Lab Alexia Fenollar Solvay, Christian Kohlschein und Thomas Thiele von Kollegen gefeiert

O

ffiziell dürfen sie den Doktortitel erst nach Veröffentlichung ihrer Arbeiten und Urkundenübergabe tragen, aber wir dürfen den drei Promovenden Alexia Solvay Fenollar, Christian Kohlschein und Thomas Thiele schon heute zur bestandenen „Diss-Prüfung“ am 16. November 2018 gratulieren. Christian Kohlschein beschäftigte sich in seiner Dissertation mit der „Automatischen Verarbeitung von Spontansprachinterviews des Aachener Aphasie Tests mittels Verfahren des maschinellen Lernens,“ Thomas Thiele setzte sich mit der „Modellierung thematischer Nähe in Organisationen durch Machine Learning“ und Alexia Fenollar Solvay mit „Synchromodalen Güterverkehrsmodellen für eine kooperative Transportplanung“ auseinander. Nach ihren Vorträgen und mündlichen Prüfungen wurden die Drei von den Institutskollegen mit den obligatorischen selbstgebastelten Doktorhüten gefeiert.

Dissertationen | 59


Danial Talebi Dangchi

Neue Mitarbeiter

M.Sc. Rechtspsychologie

Seit September 2018

Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Cybernetics Lab IMA & IfU in der Forschungsgruppe „Digitale Lernwelten“

Marco Becker

2017 - 2018

M.Sc. Wirtschaftsingenieurwesen

Stationspsychologe JVA Butzbach 2015 – 2017 Masterstudium Rechtspsychologie an der Hochschule Heidelberg 2003 – 2008

Seit Juli 2018

Wissenschaftlicher Mitarbeiter amCybernetoics Lab

B.Sc. Gesundheitspsychologie SRH Heidelberg

IMA & IfU in der Forschungsgruppe „Industrial Big Data“

2017 - 2018 Masterand am Fraunhofer IPA, Stuttgart, in der For-

Marco Kemmerling

schungsgruppe für Autonome Produktionsoptimierung

M.Sc. Data Science

2011 – 2018 Studium des Wirtschaftsingenieurwesens Fachrichtung Maschinenbau an der RWTH Aachen (B. Sc. & M. Sc.) 2016 – 2017 Zweisemestriges Auslandsstudium an der IÉSEG School of Management, Paris

Seit Oktober

in der Forschungsgruppe „Mobilität und Logistik“

2016 – 2018

Masterstudium Data Science an der

Carla Luisa Di Pumpo M.Sc. Architektur

Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Cybernetics Lab IMA & IfU

2018

Universität Maastricht

2013 – 2016

Bachelorstudium Knowledge Engineering an der Universität Maastricht

Seit Oktober 2018

Wissenschafltiche Hilfskraft am Cybernetics Lab

Kai Lagemann

IMA & ifU in der Forschungsgruppe „Innovations- und

M.Sc. Automatisierungstechnik

Arbeitsforschung“

2016 – 2017

Masterstudium Architektur an der Roma Tre University

2015 – 2017

Studentische Mitarbeiterin am Cybernetics Lab IMA & IfU

2012 – 2015

Bachelorstudium Architektur an der Roma Tre Uni-

Seit Oktober 2018

2016 - 2018

versity

Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Cybernetics Lab IMA & IfU in der Forschungsgruppe Mobile Robotics

Masterstudium Automatisierungstechnik an der RWTH Aachen University

2015 – 2016

Special Engineering: Optimierung von numerischen Strömungssimulationen bei Bombardier Transportation

2011 – 2014

Studium Maschinenbau mit Vertiefung Luft- und Raumfahrttechnik an der RWTH Aachen University

60 | Neue Mitarbeiter


Jannik Peters M.Sc. Allgemeiner Maschinenbau

Seit Januar 2018

Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Cybernetics Lab IMA & IfU in der Forschungsgruppe „Cognitive Computing & E-Health“

Johannes Lipp

2017

Research Assistant am MIT Media Lab

M.Sc. Informatik 2016 – 2017

Masterstudium Allgemeiner Maschinenbau an der RWTH Aachen University mit Vertiefungsrichtungen „Simulationstechnik“ und „Mikrosystemtechnik“

Seit Januar

Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Cybernetics Lab

2018

IMA & IfU in der Forschungsgruppe „Mobilität und

2011 – 2014

Bachelorstudium Maschinenbau an der RWTH Aachen University mit Vertiefungsrichtung „Produktionstechnik“

Logistik“ 2017 - 2018 Masterarbeit über selbstständig wachsende

Andrés Felipe Posada Moreno

Wissensgraphen am Cybernetics Lab IMA & IfU

M.Sc. Maschinenbau

2014 – 2017 Masterstudium Informatik an der RWTH Aachen University 2011 – 2014 Bachelorstudium Informatik an der RWTH Aachen University mit Anwendung Betriebswirtschaftslehre

Seit Juli 2018

Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Cybernetics Lab IMA & IfU in der Forschungsgruppe „Mobilität und Logistik“

2017 - 2018 Technologie-Analyst, Premex S.A & Asimetrix

Andreas Neubauer

2011 – 2018

MATSE

Kolumbien

2016 – 2017

Seit September 2018

2013 - 2017

Lehrer für mechatronisches Design, Universität EIA in

Master of Engineering, Universität ENSAM in Frankreich

Auszubildender als Mathematisch-technischer Softwareentwickler am IMA & IfU

Bachelorstudium Politikwissenschaften & Philosophie an der Universität Rostock

Neue Mitarbeiter | 61


Sebastian Zachow M.Sc. Wirt.-Ing. Maschinenbau

Felix Szimtenings

MATSE

Seit Dezember 2017 Seit September 2018

Wissenschaftlicher Mitarbeiter am IMA & IfU in der Forschungsgruppe „Knowledge Engineering“

Auszubildender als Mathematisch-technischer Softwareentwickler am Cybernetics Lab IMA & IfU

2009 - 2017

Studium des Wirtschaftsingenieurwesen Maschinenbau an der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg

2017 – 2018

Bachelorstudium der Elektrotechnik, Informationstechnik und Technischen Informatik an der RWTH Aachen

2014 – 2015

University

2008 – 2017

Städtisches Gymnasium Herzogenrath, Allgemeine

Auslandsstudium an der Universidade Federal de Itajubá in Brasilien

2005 – 2014

Hochschulreife

Vor und während des Studiums diverse Tätigkeiten im Umfeld der Informationstechnologie und Produktionsorganisation ausgübt bei: T-Systems, Bosch Sicherheitssysteme, Volkswagen AG und Fraunhofer IFF

Johanna Werz M.Sc. Psychologie

Seit Dezember

Wissenschaftliche Mitarbeiterin am IMA & IfU in der

2017

Forschungsgruppe „Digitale Lernwelten“

2016

Forschungsaufenthalt an der Kellogg School of Management, Northwestern University, Illinois, USA

2014 – 2017

Masterstudium forschungsorientierte Psychologie an der Universität Köln

2013 – 2014

Innovation Research und Service Design bei SI Labs GmbH, Berlin

2010 -2013

Bachelorstudium Psychologie an der Ruprecht-KarlsUniversität Heidelberg

62 | Neue Mitarbeiter

2002 - 2005

Ausbildung zum Fachinformatiker Systemintegration bei der Deutschen Telekom AG in Magdeburg


Buchvorstellung: Beratung und Mentoring im Studienverlauf Handbuch als wissenschaftliche Grundlage zum Studienverlaufsmentoring

S

tudienverlaufsmentoring eröffnet die Möglichkeit Studierende individuell zu unterstützen und deren Studienerfolg gezielt zu fördern. Das Buch spricht sowohl die Anliegen einer Fachhochschule als auch einer Universität an und berücksichtigt die Besonderheiten von Hochschulen verschiedener Größen und mit unterschiedlichen Zielgruppen. Das Handbuch ist eine Hilfestellung bei der Einrichtung eines studienbegleitenden Beratungsangebotes und formuliert eine wissenschaftliche Grundlage für das neue Format Studienverlaufsmentoring. Es richtet sich an Berater und Beratungseinrichtungen sowie an die Führungsebene in Hochschulen, die ein Studienverlaufsmentoring aufbauen wollen oder Impulse für bestehende Beratungsangebote suchen. Die Herausgeberinnen arbeiten als interdisziplinäres Team aus Erziehungs-, Kommunikations- und Sprachwissenschaftlerinnen und Soziologinnen. Sie verfügen über langjährige Erfahrung in der Konzeption und Organisation eines Studienverlaufsmentorings sowie in der Beratung im Studienverlauf. Herausgeber: Nina Westerholt, Laura Lenz, Valerie Stehling, Ingrid Isenhardt ISBN: 978-3-8309-3775-3 Verlag: Waxmann Veröffentlichung: August 2018

Kontakt: Dr. phil. Valerie Stehling valerie.stehling@ima-ifu.rwth-aachen.de

Bildnachweise S. 9, 10, 11: © Innolab Daimler AG/Assassin Design S.14, 15, 4: © Laura Platte S. 34: © Stadt Aachen S.40, 41 : © Porsche Leipzig GmbH S.45 : © Dr. Martin Riedel

Bilder, soweit keine anderen Quellen angegeben: © Cybernetics Lab IMA & IfU Buchvorstellungen / Bildnachweise | 63


Herausgeber Cybernetics Lab, IMA & IfU der RWTH Aachen University Kommissarischer Direktor: Prof. Dr. Ing. Christian Hopmann 1. Stellvertreterin: Prof. Dr. phil. Ingrid Isenhardt 2. Stellvertreter: Dr. rer. nat. Frank Hees DennewartstraĂ&#x;e 27 D-52068 Aachen Telefon + 49 (0) 2 41 - 80 911 00 Telefax + 49 (0) 2 41 - 80 911 22 E-Mail: presse@ima-ifu.rwth-aachen.de Internet: www.cyberneticslab.de Redaktion Nicole NeliĂ&#x;en, M.A. Layout Nele Kistner-Bahr Ausgabe Dezember 2018 Bundesrepublik Deutschland ISSN: 2191-1924

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