Abschlussbroschuere mentoring

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Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie

Mentoring

f체r politische Nachwuchssekret채rinnen und Nachwuchssekret채re der IG BCE

Abschlussbericht des Pilotprogramms 2012-2013

Programm in der ig bce


Inhalt

Programm in der ig bce

Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Mentoring in der IG BCE . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4

Idee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4

Auftrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5

Ziele und Ausrichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6

Das Konzept im Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 Rückblick auf das Pilotprojekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8

Herausgeberin

IG BCE – Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie Königsworther Platz 6 30167 Hannover www.igbce.de

Auswahlverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8

Beteiligte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10

Bausteine des Mentorings . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12

Herausforderungen und Erfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16

Anfängliche Skepsis und Befürchtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16

M atching – ein sensibler Prozess mit versteckten Chancen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17

E rfahrungen der Mentees – Gewinne und Nutzen der individuellen Förderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19

E rfahrungen der Mentor(inn)en – ein Gewinn auch für die Förderer? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21

Petra-Johanna Regner (Rubicon GmbH)

Und was ist danach? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23

Fotos

Resümee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24

Verantwortlich

VB 1 – Abt. Grundsatz und Organisationsentwicklung, Bereich Personalentwicklung Autorin

Liesa Holterhoff Evaluation

germanskydive110 –Fotolia.com (Titel), Helge Krückeberg, IG BCE-Archiv Gestaltung

Mattes Kleyboldt Datengrundlage

Die aufgeführten Daten und Zitate basieren auf der Programmevaluation (Eingangs- und Abschlussbefragung sowie Interviews). Rückläufe der Fragebögen bei Mentees: 93 % bei der Abschlussbefragung und 80% bei der Eingangsbefragung. Rückläufe der Mentor(inn)en: 86 % bei der Abschlussbefragung, 80% bei der Eingangsbefragung. Februar 2014

Positionen und Empfehlungen der Projektgruppe . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25

Abschließend . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27


Voneinander lernen Mit dem Zukunftsprozess 2020 haben wir uns vorgenommen, unsere Arbeit zu optimieren und unsere Organisation zu modernisieren, um dauerhaft handlungsstark und gestaltungsfähig zu bleiben. Ein zentrales Feld der Aktivitäten in diesem Kontext ist die Investition in unsere Mannschaft. Es geht darum, die Kompetenzen unserer Beschäftigten weiterzuent­wickeln und Poten­ziale, die wir haben, mit geeigneten Maßnahmen zu fördern und zu unterstützen. Mentoring ist in diesem Zusammenhang ein Konzept zur individuellen Nachwuchsförderung und setzt auf den informellen Erfahrungs- und Wissenstransfer von erfahrenen Führungskräften an Nachwuchskräfte. Das Programm soll junge Beschäftigte bei der Ausgestaltung ihrer beruflichen Rolle als politische Sekretär(inn)e(n) in der IG BCE unterstützen und den Einstieg in die Organisation, ihre Kultur und ihre informellen Strukturen zielgerichtet begleiten. Es ist ein neues Format, das die Rolle der Führungskräfte wertschätzt und in sie investiert, indem es Raum für Entwicklung, Reflexion und Perspektivwechsel bietet. Mentor(inn)en und Mentees haben hier die Möglichkeit, vertrauensvolle und tragende Beziehungen aufzubauen und neue Erkenntnisse zu gewinnen. Das Programm ermöglicht damit nicht nur individuelle Förderung unserer Nachwuchskräfte, sondern unterstützt durch Vernetzung und intensiven Diskurs gleichermaßen auch die Weiterentwicklung unserer Organisation – es gestaltet Kommunikationskultur und organisiert internes Wissensmanagement. Mit dem Pilotprogramm 2012/2013 haben wir wertvolle Erfahrungen gesammelt, die uns in der Absicht bestätigen, Mentoring fest in die Personalentwicklung zu integrieren und die dazu beitragen, das Konzept noch besser auf die Belange und Anforderungen unserer Organisation zuzuschneiden. Mein Dank gilt allen Beteiligten des Pilotprogramms für ihre Bereitschaft, sich auf etwas Neues einzulassen und unsere Organisation aktiv mitzugestalten.

Michael Vassiliadis, Vorsitzender der IG BCE

Vorwort


Mentoring in der IG BCE Idee Was ist Mentoring und warum Mentoring in der IG BCE? Wenn es darum geht, den Nachwuchs zu fördern, setzt eine steigende Anzahl an Unternehmen auf Mentoring als Instrument der Personalentwicklung. Die Funktion des Mentorings liegt bei der Förderung von Nachwuchskräften im eher informellen Bereich und beinhaltet im Wesentlichen den gezielten Aufbau einer Beratungs- und Unterstützungsbeziehung zwischen einer (betriebs-) erfahrenen Führungskraft (Mentor/-in) und einer Nachwuchskraft (Mentee). Auf Unterstützung und Dialog ausgerichtet findet die Mentoring-Beziehung bewusst außerhalb des Führungsprozesses statt und bildet somit einen geschützten Raum, in dem sich Fähigkeiten und Kompetenzen zeigen und entwickeln können. Zu Beginn des Programms definierten die Initiator(inn)en das Mentoring für die IG BCE als einen »organisationsinternen Beratungsprozess im Rahmen einer hierarchiefreien und vertrauensvollen Lernpartnerschaft auf Basis klarer Absprachen und begleitender Qualifizierung«. Für die Einführung eines Mentoring-Programms gab es für die IG BCE im Wesentlichen drei Impulse. Der erste ist der grundsätzliche Gedanke, im Rahmen von kontinuierlicher Kompetenzentwicklung die Qualifizierung für Beschäftigte auszubauen, sie stärker zu individualisieren und auf die aktuelle Situation und Anforderungen der Beschäftigten zuzuschneiden.

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Der zweite Impuls resultierte aus der Diskussion über die Ergebnisse der Auswertung der IG BCE-internen Befragung zum Gute Arbeit-Index (durchgeführt im November 2009). Hier identifizierten die Gewerkschaftssekretär(inn)e(n) die Bereiche Leistungsverdichtung, Arbeitszeitgestaltung und Gestaltung


Gruppenfoto bei der

Abschlussveranstaltung,

18. Juli 2013, Landhaus am See in Garbsen

Programm in der ig bce

der Arbeitsanforderungen als wichtigste Handlungsfelder – insbesondere die Gruppe der Beschäftigten im Alter von 20 bis 30 Jahren gab hier eine besonders hohe Belastung an. Der dritte zentrale Impuls lag in der demografischen Analyse der Beschäftigtenstruktur der Organisation – angesichts der Fluktuationszahlen bis 2020 rückte der Bedarf an systematischem Wissensmanagement und -transfer in den Fokus. Mit Mentoring als einem vertrauensvollen Beratungsprozess, der Vernetzung fördert, Wissenstransfer organisiert und junge Gewerkschaftssekretär(inn)e(n) in ihrer beruflichen Anfangssituation individuell begleitet und unterstützt, sollten diese Impulse aufgegriffen werden.

Auftrag Am 5. September 2011 erteilte der gHV der Abteilung Personal den Auftrag für das Projekt »Einführung eines Mentoring-Programms in der IG BCE«. Mentoring sollte in einer Pilotphase erprobt und seine Eignung als Personalentwicklungsinstrument in der Organisation überprüft werden. Es wurde eine Projektgruppe aus IG BCE internen Vertreter(inne)n gebildet, die den Auftrag erhielt, Kriterien für die Einführung und Umsetzung eines Mentoring-Programms für politische Nachwuchskräfte in der IG BCE zu entwickeln, es zu begleiten und zu evaluieren. Ergänzt wurde die Projektgruppe durch eine externe Programmbegleitung (RubiCon GmbH). Das Programm startete im Juni 2012 mit 15 Tandems und endete mit einer Abschlussveranstaltung im Juli 2013. Die Ergebnisse des Programms wurden in der Projektgruppe ausgewertet und diskutiert. Im vorliegenden Bericht werden die Ergebnisse, Erfahrungen und Empfehlungen vorgestellt.

Projektgruppe Liesa Holterhoff (Abteilung Personal) Petra Reinbold-Knape (Landesbezirksleitung) Rolf Erler (Bezirksleitung) Peter Winkelmann (Bezirksleitung) Anne Weinschenk (Gewerkschaftssekretärin) Robert Spiller (Gewerkschaftssekretär) Matthias Hille (Vertretung des GBR)

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Tandems bei der

­Abschlussbilanzierung ihres gemeinsamen

Mentoring-Prozesses

Programm in der ig bce

Ziele und Ausrichtung Das Mentoring-Pilotprogramm in der IG BCE war auf die Zielgruppe der politischen Nachwuchskräfte ausgerichtet und sollte sie primär dabei unterstützen, sich in den informellen Strukturen der Organisation zu orientieren und ihre berufliche Rolle zu reflektieren und zu gestalten. Mentoring grenzte sich dabei klar von Personalplanungsfragen oder internen Auswahlprozessen ab. Die Projektgruppe konkretisierte folgende Punkte im Hinblick auf die Zielsetzungen und den Nutzen für die Beteiligten und die Organisation: Personalentwicklung - Aufbau qualifizierten Nachwuchses und seine zielgerichtete Förderung - F ührungskräfteentwicklung durch den Einsatz und die Qualifizierung als Mentor(in) Entfaltung, Erhaltung und Bindung von Nachwuchskräften in der IG BCE Nutzung und Stärkung innerbetrieblicher Ressourcen S ystematisches Wissensmanagement durch intensiven Diskurs in den Tandems - Etablierung tragfähiger Netzwerke – hierarchien- und generationenübergreifend F örderung einer Kultur des voneinander Lernens durch offene Kommunikation und konstruktives Feedback

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Aus Sicht der Projektgruppe waren darüber hinaus Freiwilligkeit und Engagement der Beteiligten sowie Vertraulichkeit und Transparenz im Prozess entscheidende Erfolgsfaktoren.


Das Konzept im Überblick Mentoring ist ein individuelles Förderinstrument, das sehr von der Initiative und Eigenverantwortung der Beteiligten lebt. Wird durch die Organisation der zeitliche Gesamtrahmen mit Zwischenangeboten gesetzt und parallel zum Prozess Raum für Austausch und Anregungen zur Gestaltung gegeben, sind die Beteiligten gefordert, die Zusammenarbeit in der Mentoringpartnerschaft überwiegend selbst zu gestalten. Im Hinblick auf ein gemeinsames Verständnis von Mentoring und dessen Qualitätssicherung ist eine begleitende, verbindliche Struktur daher von hoher Bedeutung. Dazu gehören die Vorbereitung der Beteiligten auf ihre Rollen, Netzwerktreffen, bedarfsgerechte Qualifizierungsangebote sowie Bilanzen, die eine Reflexion des Prozesses sowie den Austausch von Lernerfahrungen der Tandems ermöglichen. Das Grobkonzept des Pilotprogramms beinhaltete folgende Bausteine:

Beratungskompetenz und systematische F­ allberatung für Mentor(inn)en

Auftaktveranstaltung

Beratungskompetenz und systematische F­ allberatung für Mentor(inn)en

Zwischenbilanz

Abschlussveranstaltung

TandemGespräche

Einführung in die Idee und Systematik von Mentoring Rollen und Anforderungen klären Einstieg der Tandems in die gemeinsame Arbeit

Qualifizierung für Mentees

rozessreflexion und P Bilanzierung der ersten Programmhälfte ustausch über Erfahrungen A (Nutzen, Erfolge, kritische Punkte) eichenstellung für den W weiteren Weg

Qualifizierung für Mentees

bschlussreflexion und A Bilanz Transfer und Nachhaltigkeit Abschied« aus der » Tandembeziehung

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Rückblick auf das Pilotprojekt WAS ist gelaufen?

Die Pilotphase dauerte dreizehn Monate und startete mit einer Auftaktveranstaltung im Juni 2012. Es haben sich 21 Führungskräfte und 17 Nachwuchskräfte für die Teilnahme am Mentoring-Pilotprogramm beworben, woraufhin die Teilnehmergrenze von 24 auf 30 angehoben wurde, um maximal 15 Tandems eine Beteiligung zu ermöglichen. 14 Tandems1, also 28 Führungs- und Nachwuchskräfte, arbeiteten bis zum Ende des Programms im Juli 2013 zusammen und nahmen an den begleitenden Veranstaltungen teil.

Auswahlverfahren Im Zuge der Konzeption des Pilotprogramms erarbeitete die Projektgruppe verbindliche Kriterien für die Teilnahme am Programm und für das Matching (Zuordnungsverfahren Führungs- und Nachwuchskraft). Im Hinblick auf die Zielsetzungen des Programms war die Organisationszugehörigkeit für Mentees ein wesentliches Kriterium: Zum Zeitpunkt der Bewerbung sollte das Traineeprogramm in den nächsten max. 6 Monaten bzw. bereits seit max. 2 Jahren beendet sein. Weitere Kriterien waren die Terminrealisierung und die Bereitschaft und Motivation, Mentoring aktiv zu gestalten und für sich zu nutzen. Unter Bezugnahme auf das Positionspapier des gHV zur Förderung von Gewerkschaftssekretärinnen2 wurde darüber hinaus festgelegt, dass bei ausreichend geschlechtergemischten

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1 Zu Beginn des Programms starteten 15 Tandems. Aufgrund der Beendigung des Arbietsverhältnisses eines ­Mentees stellte ein Tandem die Arbeit zum Ende des Jahres 2012 ein. 2 Positionspapier des gHV, Oktober 2011, S. 10ff: »Im Zuge des Zukunftsprozesses 2020 setzt der gHV auf eine strategische, individuelle und nachhaltige Personalentwicklung. Diese wird als ein zentrales Handlungsfeld bei der Förderung von Gewerkschaftssekretärinnen und (…) als wichtiger Baustein zur Realisierung der personalpolitischen Zielsetzungen definiert. Politische Sekretärinnen haben im Hinblick auf ihre Entwicklung in der Organisation und in Führungsfunktionen einen besonderen Bedarf. Daher wird ein Fokus auf diese Zielgruppe und geschlechterspezifische Aspekte im Prozess der Neuaufstellung und -justierung der Personalentwicklung innerhalb der nächsten neun Jahre gelegt. Dies betrifft zum einen auf der inhaltlichen Ebene die Ausrichtung der Personalentwicklung auf die Bedarfe und Entwicklungsziele der Frauen und zum anderen die verstärkte zahlenmäßige Berücksichtigung von Frauen bei der Einführung und Umsetzung von Personalentwicklungs­instrumenten.«


Koch-Event bei der ­Zwischenbilanz, 31. Januar 2012,

La Cocina – Hannover

Programm in der ig bce

Bewerberzahlen 50 % der beteiligten Mentees weiblich sein sollen.Mentor(inn)en sollten Führungserfahrung haben und über eine langjährige Organisationserfahrung (mind. 10 Jahre, darunter auch mehrjährige Erfahrungen auf Bezirks­ ebene) verfügen. Außerdem stand auch hier eine hohe Motivation und die Bereitschaft, eigene Erfahrungen und Wissen weiterzugeben, im Fokus. Dazu gehörte ebenfalls die verbindliche Teilnahme an den festen Terminen des Programms. Die Beteiligten waren aufgefordert, ihre Daten zu beruflichen Hintergründen, ihre Motivation und ihre Anforderungen und Erwartungen an das Mentoring-Programm in Profilbögen festzuhalten. Anhand dieser Profilbögen erfolgte nach o.g. Kriterien dann durch Vertreter(innen) aus der Projektgruppe und dem Leiter der Abt. Personal (Auswahlgremium) eine Vorauswahl, die dem gHV zur Beschlussfassung vorgelegt wurde.

Matching Das Matching erfolgte im Wesentlichen anhand der Profilbögen und sollte vordergründig die Wünsche der Mentees berücksichtigen. In einigen Fällen haben die Mentees einen Mentor bzw. eine Mentorin direkt angesprochen und für das Programm gewonnen. Darüber hinaus ordnete das Auswahlgremium unter Berücksichtigung der Regionalität und der »inhaltlichen« Interessen und Vorstellungen bis zu drei mögliche Mentor(inn)en einem/einer Mentee zu. Nach Freigabe durch den Mentor/die Mentorin erhielten die Mentees diese Vorschläge zur Auswahl und gaben eine Priorisierung ab. Die letztendliche Zuordnung erfolgte dann durch das Auswahlgremium.

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Beteiligte Mentorinnen und Mentoren Eine wichtige Funktion von Mentor(inn)en – die auch die Mentees in der Eingangsbefragung mit ihren Erwartungen und Wünschen an ihren Tandempartner/ihre Tandempartnerin bekräftigten – ist es, die Mentees an den eigenen Fachkompetenzen und Erfahrungen teilhaben zu lassen und ihnen mit wertschätzendem Feedback und kritischer Analyse Impulse und Unterstützung bei der Verfolgung ihrer eigenen Ziele zu geben. Das fordert eine ausgeprägte Beratungskompetenz und setzt ein hohes Maß an Selbstreflexion ebenso wie Offenheit und Verlässlichkeit voraus. Diesen »Aufgaben« haben sich nachstehende Führungskräfte gestellt.

Mentorinnen und Mentoren im Pilotprogramm 2012/2013

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Petra Adolph

Detlef Lüke

Karlheinz Auerhahn

Thomas Meiers

Wolfgang Blossey

Peter Obramski

Catharina Clay

Petra Reinbold-Knape

Friedhelm Hundertmark

Peter Winkelmann

Erhard Koppitz

Holger Zimmermann

Seppel Kraus

Sabine Süpke


Programm in der ig bce

Mentees Im Mentoringprogramm sind die Eigeninitiative und die Entwicklungsbereitschaft der Mentees entscheidend für die Intensität und den Nutzen, den sie aus der Tandempartnerschaft ziehen. Auch hier gilt es, offen zu sein für Feedback und neue Perspektiven, aber auch Verantwortung für die eigene Entwicklung und die eigenen Entscheidungen zu übernehmen. Die wesentlichen Gründe für eine Teilnahme der nachstehenden Mentees im Pilotprogramm, waren der Wunsch nach konstruktivem Feedback und danach, von der Kompetenz und den Erfahrungen des Mentors/der Mentorin zu lernen.

Mentees im Pilotprogramm 2012/2013 Christian Egner

Oliver Langkau

Anna Engfer

Natalie Mühlenfeld

Norman Friske

Michael Porschen

Verena Gärtner

Dörte Schall

Jeannette Härtling

Sven Schnigge

Moritz Hautmann

Robert Spiller

Malte Landt

Norbert Winter

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Bausteine des Mentoring-Pilotprogramms Persönliche Treffen in den Tandems Die Tandemgespräche sind das Herzstück eines Mentoring-Programms. Der persönliche Erfahrungsaustausch und das Lernen am Vorbild kann eine wichtige Ressource und Unterstützung für beide Seiten darstellen. Bei gegenseitigem Respekt beruht es darauf, Unterschiede anzuerkennen und produktiv zu nutzen. Über die festgelegten Treffen des Rahmenprogramms hinaus haben die Mentoringtandems die Häufigkeit, die Art und die Dauer der Mentoringgespräche jeweils individuell vereinbart. Abhängig von Entfernung und Gestaltung der Treffen war ihre Anzahl breit gefächert.

10-15 Treffen 31 % Die persönlichen Treffen wurden meist ergänzt

seltener 31 %

durch Email-Kontakt, bei 67 % der Tandems oder

auch durch telefonische

Kontakte (83 %).

5-8 Treffen 15 %

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8-10 Treffen 31 %


1= trifft nicht zu bis 5 = trifft voll und ganz zu

Programm in der ig bce

Themen im Mentoring Mit dem Start in die gemeinsame Arbeit, waren die Tandems aufgefordert, Themen für ihre persönlichen Gespräche abzustimmen. Einige legten schon zu Beginn eine zeitliche und thematische Agenda fest, bei anderen entwickelten sich die Themen nach und nach. Insgesamt wurde die Zusammenarbeit in den Tandems überwiegend sehr aktiv gestaltet und Ziele für die gemeinsame Zeit vereinbart. In einigen Tandems gab es «Hausaufgaben«, d.h. hilfreiche Impulse für die Umsetzung von bestimmten Vorhaben bis zum nächsten Treffen oder es wurde an konkrete Situationen aus dem Arbeitsalltag der Mentees und auch der Mentor(inn)en gearbeitet. In der Auswertung zeigten sich dann im Wesentlichen drei unterschiedliche Themenkomplexe: Strategie, Fachlichkeit und Persönlichkeit, die in jedem Tandem einen individuellen Stellenwert haben konnten. Dies zeigen auch folgende Rückmeldungen zweier Mentees: »Wir waren uns schnell einig nicht den Fokus auf informelle Wege zu legen, sondern an meinen fachlichen Kompetenzlücken zu arbeiten.« – »Uns war wichtig, dass (sich unsere Arbeit) nicht nur auf den Beruf, sondern auch auf private Themen (bezieht).« Darüber hinaus benannten die Beteiligten Mentees folgende Themen, mit denen sie sich in ihrer Tandempartnerschaft beschäftigt haben: Konfliktlösung Umgang mit Presse und Medien Prioritäten und Zeitplanung Strategie bei Betriebsratswahlen Kulturen der Organisation - Hierarchien in der Organisation Zurechtfinden in unterschiedlichen Netzwerken Die eigene Rolle

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»  M ir hat bei den Veranstaltungen ins­ besondere der Austausch mit den a ­ nderen Tandems gefallen – die gegenseitigen Einblicke, wie die Anderen vorgegangen sind.« (Mentorin)

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Auftakt

zwischenbilanz

Abschluss

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Der Dreiklang Auftakt – Zwischenbilanz – Abschluss. Der rote Faden im Prozess Gleich zu Beginn fand eine mehrtägige Auftaktveranstaltung statt, die über das Programm und seine Bausteine informieren, offene Fragen klären und Raum zum Kennenlernen der Mentoringpartner/-innen ermöglichen sollte. Für Mentees stand darüber hinaus die Auseinandersetzung mit den eigenen beruflichen und inhaltlichen Zielen, die für das Mentoring relevant und durch den Prozess unterstützt werden könnten im Vordergrund. Die Mentor(inn)en bereiteten sich in einem separaten Workshop ihrerseits auf ihre Rolle im Mentoringtandem vor, definierten Aufgaben und Grenzen und bekamen Inputs zu Methoden für die Gestaltung der Beratungsbeziehung. Zur Halbzeit des Programms – im Januar 2013 – wurde eine Zwischenbilanz gezogen. Anlässlich des Pilots standen hier die ersten Rückmeldungen zum Programm und zur Tandemarbeit besonders im Fokus. Die Beteiligten definierten ihre persönlichen Erfolgsfaktoren und teilten Methoden, Schwierigkeiten und besonders nützliche Elemente miteinander. Im gegenseitigen Interview beschäftigten sich die Tandems darüber hinaus mit ihrer ganz persönlichen Zwischenbilanz und ihren weiteren Erwartungen und Zielen für die zweite Hälfte. Den Abschluss bildete ein gemeinsames Koch-Event, das den Beteiligten ein Kennenlernen und »miteinander Arbeiten« auf einer ganz neuen Ebene ermöglichte und Raum für intensive Gespräche bot. Bei der Abschlussveranstaltung im Juli galt es dann, eine abschließende Bilanz zu ziehen. Die Tandems warfen einen gemeinsam Blick auf ihren Prozess, ihre Fortschritte und Schwierigkeiten und gaben gegenseitig Rückmeldungen. Die Mentees waren überdies aufgefordert, ihren Weg im Mentoring nachzuvollziehen und die wichtigsten Etappen vor der Gruppe zu präsentieren. Als gemeinsamen Programmabschluss gestaltete die Gruppe mit dem hannoverschen Künstler Guido Kratz ein gemeinsames Netzwerkbild, das heute im Wilhelm-Gefeller-Bildungszentrum ausgestellt ist. Am Ende der Veranstaltung und des Mentoring-Pilotprogramms stand die feierliche Aushändigung der Zertifikate für Mentor(inn)en und Mentees durch die stellvertretende Vorsitzende, Edeltraud Glänzer.


Begleitende Angebote für Mentees Während des Mentorings wurden zwei Begleitseminare durchgeführt. Im ersten Seminar zur »Theorie und Praxis der politischen Strategie« (Referent Jörg Sommer) beschäftigten sich die Mentees anhand historischer und moderner Strategiekonzepte mit Methoden professioneller Strategiefindung und strategischen Planungsprozessen. Dabei standen auch ihre eigenen Fallbeispiele und die Frage nach der Implementierung strategischer Analyse in die gewerkschaftliche Alltagsarbeit im Fokus. Die weiblichen Mentees nahmen darüber hinaus an einem Wochenendworkshop zur strategischen Kommunikation (Referentin Nicole Stange) teil. Anhand von individuellen Trainingseinheiten und Rollenspielen erlernten die Teilnehmerinnen »Werkzeuge« für eine zielgerichtete und konfliktfreie Kommunikation und trainierten erfolgreiches Netzwerken ebenso wie den überzeugenden Auftritt.

Begleitende Angebote für Mentor(inn)en Im Mentoringverlauf waren die Tandems überwiegend auf sich gestellt. Was einerseits das Besondere dieser Förderung ist, andererseits aber auch den Bedarf begründet, hin und wieder die Rückkopplung zu den Erfahrungen der anderen Mentor(inn)en sowie weitere Anregungen und Feedback für die eigene Beratungspraxis zu erhalten. Zur Unterstützung ihrer Aufgabe wurde für die Mentor(inn)en im November 2012 und im April 2013 die Möglichkeit geschaffen, sich im Prozessverlauf zu treffen, Erfahrungen auszutauschen und ihre Beratungskompetenzen zu erweitern. Supervision als eine Form der Reflexion der professionellen Beziehungsarbeit, in diesem Fall der Mentoringbeziehung, setzt auf kollegiale Beratung untereinander und nahm die Interaktion zwischen Mentee und Mentor(in), beispielsweise in Form von Fallbeispielen oder der Vermittlung von analytischen ­Coachingtools, in den Blick.

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Herausforderung und Erfolge WIE ist es gelaufen?

Anfängliche Skepsis und Befürchtungen Transparenz und Erfahrung als »Gegenmittel« – Zeitliche Anforderung bleibt eine Herausforderung 80 % der Mentees und 42 % der Mentor(inn)en gingen mit einer gewissen Skepsis in das Programm. Die Mentees waren sich unsicher, wie mit ihren Daten umgegangen wird, wie die Führungsebene die Teilnahme bewertet bzw. wie die Erwartungshaltung seitens der Personalabteilung ist. Bei den Mentor(inn)en waren es eher Fragen nach dem zeitlichen Aufwand und nach den Anforderungen, die auf sie zukommen. Zum einen ist eine zurückhaltende Einstellung und Skepsis in Pilotprogrammen nicht ungewöhnlich, sind die Beteiligten schließlich Pionierinnen und Pioniere, die auf keinerlei Erfahrungswerte zurückgreifen können. Im weiteren Prozessverlauf wurde aber auch deutlich, dass den Beteiligten zum Auswahl- und Matchingverfahren sowie hinsichtlich des Umfangs der Angaben zum Programm Informationen und Transparenz gefehlt haben. Die Abschlussbefragung zeigte, dass sich am Ende insbesondere eine Anfangsbefürchtung zum Teil im Prozess bestätigte: die zeitlichen Anforderungen. 67 % der Mentor(inn)en sowie 62 % der Mentees sahen ihre Zusammenarbeit durch die zeitlichen Anforderungen beeinträchtigt bzw. erschwert. Drei Viertel von ihnen teilweise, ein Viertel sehr. Auch wenn es den Beteiligten wichtig war, bestand die Gefahr, dass »Alltagsprioritäten« das Mentoring verdrängen, somit blieb die Prioritätensetzung eine kontinuierliche Herausforderung.

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So merkten die Mentees an: »Selbst wenn man es Ernst nimmt, was wir auch haben, ist es dennoch schwierig, diese zusätzlichen Termine in den Alltag einzubringen.«


»  A nfangs war ich skeptisch, weil ich aus den Betrieben unterschiedliche Erfahrung habe. Im Verlauf hat sich meine Haltung in ein positives Bild verändert.« (Mentee)

Programm in der ig bce

Die Mentor(inn)en wiesen darauf hin, dass »die zeitliche Einbindung in die tägliche Arbeit, (…) gewollt sein (muss), sonst passiert es nicht. Selbstdisziplin ist bei beiden Partner(inne)n notwendig.« Einige Mentor(inn)en merkten an, dass Sie »gern mehr getan« und sich auch »gerne mehr Zeit genommen« hätten. Vielen Tandems gelang eine Verbindlichkeit durch frühzeitige Planung: »Wir haben uns einmal pro Monat getroffen. Die Termine wurden gleich zu Beginn des Prozesses vereinbart und in fast allen Fällen auch eingehalten.« (Mentor) »Komplett für ein Jahr die Termine festzulegen, das war außerordentlich hilfreich für mich. (…) Es ist wichtig, weil man sonst die Kontinuität in dem Prozess völlig verliert.« Nachlässigkeit bei der inhaltlichen und auch zeitlichen Strukturierung der Gespräche, wenn also Termine »auf Zuruf«, oder wenn »es mal wieder Zeit war« stattfinden sollten, führte nach den Erfahrungen eines Tandems zum Einschlafen des Prozesses.

M atching – ein sensibler Prozess mit ­versteckten Chancen Die Form der Zusammenarbeit, wie sie im Mentoring angelegt ist, war für jedes Tandem im Pilotprogramm eine neue Erfahrung. Sie setzt Vertrauen voraus ebenso wie ein aufeinander Einlassen. Dies gelang nicht immer und nicht immer gleich gut, unabhängig davon, ob sich Mentor/-in und Mentee vorher kannten und »auf Wunsch« ein Tandem gebildet oder sich ganz neu gefunden haben. So bekräftigte ein Mentee sein Zufallsmatching mit den Worten: »Ruhig auch eine/n Mentor/in wählen, die man nicht kennt: Ich hatte jemanden, den ich vorher noch nicht kannte. Und im Nachhinein würde ich sagen, das war wirklich gut so, man kann ganz andere Erfahrungen sammeln.« (Mentee)

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» Wir haben beim Mentoring-Gespräch nach und nach herausgefunden was funktio­ niert. Man muss viele Dinge raus­f inden, weil man sich aufeinander einstellen muss.« (Mentee)

Da der »Pool« der Mentor(inn)en begrenzt war, konnten nicht alle Wünsche einhundertprozentig erfüllt werden. Bis auf wenige Ausnahmen wurde das Machting jedoch von allen Seiten als erfolgreich und anregend empfunden (82 % der Mentor(inn)en, 72 % der Mentees). Im Prozess zeigten aber auch einige Tandems eine eher zurückhaltende Nutzung des Mentorings. Gründe waren »fehlende Chemie«, »wenig konkrete Vorstellungen und Ziele des Mentees«, so ein/e Mentor/in, oder »die räumliche Entfernung«. Letztlich überwogen die positiven Erfahrungen, die sich durch beiderseitige Offenheit und großes Vertrauen auszeichneten: »Es kommt auf die Persönlichkeiten an, bei mir hat es gepasst wie der Deckel auf den Topf (…). Eine wirklich sehr gute Zusammenarbeit und (…) auch sehr vertraut.« (Mentor) »Was unsere Beziehung von Anfang an gekennzeichnet hat, war die hohe Vertrautheit und der sehr offene Austausch ...« (Mentorin) Andere Beteiligte beschrieben das Zusammenwirken mit ihrer/ihrem Tandempartner/-in als Prozess, der von beiden Seiten gestaltet werden muss: »Mentoring kannte ich vorher nicht, es war für mich ein Sprung ins kalte Wasser. Ich habe aber langsam Vertrauen gefasst und mein Mentor und ich haben eine sehr persönliche und positive Ebene entwickelt.« (Mentee) »Wir hatten beide zu Beginn die Schwierigkeiten, was jetzt von uns erwartet wird. (…) (Wir) haben (es) uns das dann gemeinsam erarbeitet. Das hat uns ein Stück zusammengebracht (…).« (Mentee)

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1= trifft nicht zu bis 5 = trifft voll und ganz zu

Programm in der ig bce

Erfahrungen der Mentees – Gewinn und ­Nutzen der individuellen Förderung In der Eingangsbefragung formulierten die Mentees ihre Wünsche und Erwartungen an das Mentoring bzw. auch ganz konkret an ihre/ihren Tandempartner/-in. Der Abgleich mit der Abschlussbefragung zeigt, dass diese Erwartung überwiegend und in einem hohen Maße erfüllt werden konnten. Das lag vor allem daran, dass die Tandems ihre Partnerschaft aktiv und konstruktiv gestaltet haben. »Beide haben das Programm bzw. die Mentoring-Beziehung ernst genommen« (Mentee). »Wir hatten intensive Gespräche ohne Stress (beide haben sich Zeit genommen); es gab eine gegenseitige Aufgeschlossenheit und Neugier« (Mentee). An einigen Stellen ist auch eine leichte Verschiebung zwischen Anfangserwartungen und dem letztendlichen »Ergebnis« festzustellen. Die Unterstützung im beruflichen Alltag und bei konkreten Vorhaben sowie der Wunsch nach einem offenen Austausch war im Rückblick beispielsweise relevanter als anfangs eingeschätzt. Neben ihren Wünschen an den Mentor/die Mentorin beschrieben die Mentees zu Beginn des Prozesses auch ihre Erwartungen an die Art der Zusammenarbeit und den Umgang miteinander. Konkret ging es um die Dimensionen: Diskretion, sich Zeit nehmen, gegenseitige Loyalität, wertschätzendes Feedback, Toleranz, ein partnerschaftliches Verhältnis und Offenheit. Die hohen Erwartungen wurden im Schnitt bei allen Mentees auf ebenso hohem Niveau erfüllt bzw. beim Thema Diskretion, Toleranz und der zeitlichen Investition in die Tandempartnerschaft übertroffen. Deutlich wurde, dass eine gute Beziehung und damit auch Vertrauen zwischen den Beteiligten oft auch erst im Laufe der Zeit wuchs oder sich konsolidierte. »Ich finde, es braucht eine gewisse Zeit, ich habe für mich das Gefühl, dass ich

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jetzt gerade, wo das Programm offiziell vorbei ist, eine richtig gute Beziehung zu meinem Mentor aufgebaut habe (…) es (ist) jetzt lockerer und offener.« Was haben die Mentees nun aber konkret gewonnen? Die Motive für eine Bewerbung zum Mentoring-Programm lagen insbesondere in der fachlichen, methodischen und strategischen Unterstützung für die berufliche Praxis. Genau hier sahen die Beteiligten Mentees im Rückblick auch ihren Nutzen, den sie für sich persönlich aus dem Jahr Tandempartnerschaft ziehen konnten. Hinzu kam die Dimension: Von den Erfahrungen des Mentors/der Mentorin lernen. Ein Gewinn, der offenbar erst durch die tatsächliche Erfahrung der Teilnahme am Programm greifbar wurde. Konkreter beschrieben einige Mentees ihren Gewinn und die positiven Aspekte ihrer Mentoringpartnerschaft mit den Worten: »Ich habe viel über Netzwerken in Gewerkschaften gelernt. Für mich war es wichtig, darin die eigene Rolle zu finden.« oder »(Ich habe) den nachhaltigen Gewinn einer Vertrauensperson in der IG BCE.« Auch ein Zugewinn an »Orientierung«, »praktischen Tipps« und die »Stärkung des Selbstbewusstseins« wurden genannt. Die Wechselseitigkeit und die Vertrauensbasis in einer Mentoringbeziehung drückten zwei Mentees wie folgt aus: »Mein Mentor hat mich nicht nur an seinen Erfahrungen teilhaben lassen, sondern es war auch so, dass er mich gefragt hat (…). Er hat im Austausch auch von mir etwas gelernt.«, »Ich konnte in der Mentoringpartnerschaft alles ansprechen, auch Sachen, die ich woanders nicht besprechen würde.« Den Gewinn geschmälert haben dagegen »zu unterschiedliche Aufgabenfelder«, »zu wenig Kontakt« und »die räumliche Distanz«.

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1= trifft nicht zu bis 5 = trifft voll und ganz zu

Programm in der ig bce

Erfahrungen der Mentorinnen und Mentoren – ein Gewinn auch für die Förderer? Zu Beginn hatten die Mentoren und Mentorinnen ihre Erwartungen an das Programm in acht Dimensionen bewertet. Tatsächlich konnten die damit verbundenen Wünsche an die eigene Lernpartnerschaft erfüllt werden. Vertraulichkeit, als Grundvoraussetzung und hohes Gut im Mentoring, ist im Nachhinein von den Beteiligten gesondert benannt und bewertet worden - die Ergebnisse zeigen, dass die hohen Erwartungen an eine vertrauensvolle Zusammenarbeit in besonderem Maße erfüllt werden konnten. Mentoring lebt von der Aktivität der Mentees. Eine engagierte Gestaltung der Mentoringpartnerschaft wurde ihnen von den Mentor(inn)en in der Abschlussbewertung bestätigt – allerdings blieb dieses Engagement knapp unter den Erwartungen. Auch bei der Frage, ob die Mentees konkrete Fragestellungen und Unterstützungsbedarfe in die Partnerschaft eingebracht haben zeigen sich eine etwas zurückhaltende Einschätzung der Mentor(inn)en und ein Unterschied zur Selbstwahrnehmung der Mentees. So schätzten die Mentor(inn)en das Engagement der Mentees um 0,6 Punkte niedriger ein als die Mentees selbst.1 Die Motive der Mentor(inn)en lagen im Wesentlichen darin, dass sie die Nachwuchsgeneration fördern und mit ihnen in Austausch stehen wollten. Ferner standen noch die Weitergabe von Erfahrungen und das Kennenlernen des Konzepts im Fokus. In der Retrospektive fällt auf, dass der Gewinn etwas weniger in der Rolle als Förderer selbst gesehen wurde, wohingegen die eigene Weiterqualifizierung und die Reflexion der eigenen Arbeitspraxis sich mehr als erwartet im Prozess als Gewinn herausstellte. Auch das Kennenlernen der Rolle, also die Erfahrung Mentor/-in zu sein, sahen die Beteiligten als eine Bereicherung. 1 Zur Frage nach dem konkreten Engagement der Mentees lagen die Werte der Mentees bei 4,4, die der Mentor(innen) bei 3,8. (1 = trifft nicht zu bis 5 = trifft voll und ganz zu)

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Die Ergebnisse zeigen am Ende deutlich, dass Mentees wie auch Mentor(inn)en eine gleichwertige Beziehung und ein partnerschaftliches, von wechselseitiger Anerkennung geprägtes, Verhältnis wichtig war. So sagten zwei Mentoren: »Ich habe eine Person erlebt, die so ganz anders an diesen Job bzw. diese Aufgabe rangeht, als ich es getan habe. Das fand ich bereichernd (…)!« »Ich konnte einen anderen Blick auf meine Tätigkeit und die Organisation erlangen«, und so half »die eigene Erfahrung und Sichtweise aus Sicht einer neuen Kollegin zu betrachten (…) gegen Betriebsblindheit. Wir können daraus auch für unsere Kultur lernen; und einen bewussten Umgang mit (unseren) jungen Sekretären (…).«

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Und was ist danach? Über die Hälfte der Beteiligten (62 % der Mentees und 58 % der Mentor(inn)en) wollen das Mentoring auch nach Ablauf des formalen Mentoringprozesses fortführen. »Ich denke, dass es kein Abschluss im eigentlichen Sinn ist … ich habe für mich das Gefühl, dass ich jetzt gerade, wo es offiziell vorbei ist, so eine richtig gute Beziehung zu meinem Mentor aufgebaut habe (…), so dass (…) wir in Kontakt bleiben und die Gespräche weiter führen (wollen).« (Interview weibl. Mentee) »Man hat fast eine persönliche Freundschaft aufgebaut, das ist einfach eine Erfahrung.« Allerdings ist die Fortsetzung der Mentoringbeziehung kein Qualitätskriterium. Es ist durchaus legitim, trotz guter Zusammenarbeit, die offizielle Partnerschaft zu beenden und sich stattdessen in einem normalen kollegialen Umgang immer wieder einmal zu treffen. So sind 83 % der Mentor(inn)en bereit, ihre Mentees auch weiterhin beruflich zu unterstützen. Und 100 % der Mentees und der Mentor(inn)en wollen in einem kollegialen Austausch miteinander stehen.

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Resümee Nach erfolgreichem Programmabschluss im Juli 2013 und Auswertung der Evaluationsergebnisse ist klar: Mentoring ist ein »passendes« Personalentwicklungskonzept für die Organisation. Das Pilotprogramm war für den Großteil der Teilnehmenden mit wertvollen Erfahrungen und einem hohem Nutzen verbunden und kann als Erfolg verbucht werden. Nach ersten Startschwierigkeiten beim Auftakt erreichten die Veranstaltungen im Programm hohe Zufriedenheitswerte (zwischen 87 % und 95 %) eine hohe Teilnahmeverbindlichkeit (70 % bis 80 % bei den Mentor(inn)en und zwischen 93 % und 100 % bei den Mentees). 85 % der Mentees und 83 % der Mentor(inn)en sagen im Rückblick, dass sich das Programm für sie sehr gelohnt hat. In der Auswertung zeigte sich besonders, dass Mentoring ein Win-Win-Modell ist. Beide Beteiligten können von Mentoring profitieren. 92 % der Mentees und 100 % der Mentor(inn)en werden das Mentoring weiterempfehlen. Ein hoher Zustimmungswert für ein Pilotprogramm, also ein Testlauf eines bislang in der Organisation unbekannten Modells und Ansatzes der Personalentwicklung.

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Dennoch gilt: Piloten sind zum Lernen da und Schwierigkeiten geben Hinweise auf notwendige Nachsteuerungen. Es wurde beispielsweise deutlich, wie wichtig Informationen und Transparenz über das Verfahren sind, um Vertrauen und Akzeptanz aufzubauen. Ein Nachfolgeprogramm sollte Auswahl- und Matchingverfahren sowie die entsprechenden Entscheidungskriterien vorab stärker und transparent kommunizieren. Die Projektgruppe hat im Hinblick auf eine Etablierung des Konzepts in die Personalentwicklung weitere Empfehlungen erarbeitet, die aus ihrer Sicht einen langfristigen Erfolg und einen erhöhten Nutzen für die Teilnehmenden und die Gesamtorganisation sicher stellen.


Zertifikatsverleihung bei

der Abschlussveranstaltung durch Edeltraud Glänzer,

19. Juli 2013, Landhaus am See in Garbsen

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P ositionen und Empfehlungen der Projektgruppe Aus Sicht der Projektgruppe kann Mentoring einen wesentlichen Beitrag zur Sicherung der Zukunftsfähigkeit der Organisation leisten indem es Wissenstransfer organisiert, generationsübergreifende Netzwerke fördert und in die Professionalisierung und Bindung des Nachwuchses wie auch in Führungskräfteentwicklung investiert. Ausrichtung des Programms in der IG BCE (Zielgruppe) Mentoring ist als Konzept auch für andere Zielgruppen denkbar und sinnvoll (z.B. Führungsnachwuchs). Klarheit in Zielsetzung und Ausrichtung sind allerdings für den Erfolg und für die Effektivität von zentraler Bedeutung. Mentoring ist keine »eierlegende Wollmilchsau« im Hinblick auf die Problemstellungen der Organisation oder des Nachwuchses. Es ist ein Konzept unter mehreren im Rahmen der Investitionen in Personal. Mentoring in der IG BCE sollte die Fokussierung auf die Zielgruppe der politischen Nachwuchskräfte beibehalten und damit am Pilotkonzept und -erfolg anknüpfen. Matching Das Matching von Tandems ist ein sensibles Thema, da es im Kern um gegenseitiges Vertrauen geht. Transparenz über den Prozess und Mitbestimmungsmöglichkeiten der Beteiligten sind daher wichtig. »Den perfekten Prozess«, der allen Interessen gerecht wird, gibt es jedoch nicht. Mentoring heißt auch, sich auf etwas Neues einzulassen. Chancen liegen insbesondere in unbekannten Beziehungen. Ein Auswahlverfahren muss beides berücksichtigen.

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Akzeptanz des Programms in der IG BCE Vorstandscommitment und -beteiligung ist für die Akzeptanz in der Organisation entscheidend. Die Führungskräfte müssen das Mentoring-Konzept kennen, mittragen und befürworten. Der Vorstand sollte sowohl in die Auswahl von Mentor(inn)en eingebunden sein, ebenso wie in den Auftakt und Abschluss eines Jahrgangs. Transparenz für die Organisation und für Beteiligte Klarheit und Transparenz ermöglicht und erhöht Vertrauen aller Beschäftigten in Instrumente der Personalentwicklung. Transparenz über das Mentoring ist sowohl wichtig für »Beteiligte« und »Nicht-Beteiligte«, um für eine Teilnahme zu motivieren und um Skepsis oder Befürchtungen vorzubeugen. Im Mentoring ist die vertrauliche Arbeit und Beziehung der Tandempartner der entscheidende Faktor. Personalentwicklung über die Grenzen von Organisationseinheiten hinaus ist ein sensibles und kulturrelevantes Thema, das sorgsam und offen gemanagt werden muss. Insbesondere Vorgesetzte sollten dabei stets informiert gehalten sein, gleichzeitig aber die Vertraulichkeit wahren und Mentoring als bereichernde Ergänzung im Hinblick auf die Entwicklungsförderung Ihrer Nachwuchskraft verstehen (können). In diesem Kontext ist auch eine gezielte und professionelle (interne) Öffentlichkeitsarbeit wichtig. Standards im Programm

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Individualität in der Gestaltung der Tandemarbeit ist für eine ergiebige und passgenaue Zusammenarbeit wichtig. Gleichermaßen ist aber ein Commitment der Programmleitung und der Beteiligten über zentrale Qualitätsstandards (z.B. Häufigkeit der Treffen) erfolgskritisch. Mentoring muss als verbindlicher Prozess verstanden werden. Treffen und Maßnahmen für Beteiligte (kollegiale Beratung, Qualifizierungen, gemeinsame Events) unterstützen und fördern die Qualität und Intensität der Tandemarbeit, sowie Vernetzung und Austausch der


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Beteiligten. Entsprechende Maßnahmen sollten von vorne herein fest verankert sein, um eine hohe Qualität sicher zu stellen. Anforderungen und Nutzen für Mentees Mentoring ist ein PE-Konzept für den Nachwuchs, das darauf setzt, die Selbstorganisationsfähigkeit der Mentees zu stärken und zu fördern. Im Mentoringprogramm selbst ist daher die Eigeninitiative, die Selbstreflexion und die Entwicklungsbereitschaft und -motivation der Mentees entscheidend. Dies muss im Auswahlverfahren für die Teilnahme am Programm sowie im Programm selbst berücksichtigt und begleitet werden.

AbschlieSSend Wenn Personalentwicklungsinstrumente in Unternehmen und Organisationen mit Leben gefüllt werden, spiegeln sich die Organisation selbst und ihre Kultur im Umgang mit diesen Instrumenten stets ein Stück wider. Gleichzeitig beinhalten sie Chancen, langfristig Muster und Festgefahrenheiten aufzubrechen und Kultur zu gestalten. Mentoring ermöglicht Entwicklung und Wertschätzung, Kritik, die ermutigt, und wertvolle Einblicke in Arbeits- und Lebenswirklichkeit einer anderen Generation. Mentoring »passiert« in größeren Organisationen oft auch informell und ungeplant. Eine Chance liegt in der Systematik: Das »Zufällige« zu institutionalisieren und gezielt zu nutzen. Eine verantwortungsvoll und engagiert gestaltete Beziehung – so zeigen es die Erfahrungen dieses Pilotprogramms – ermöglicht am Ende Wachstum für alle Beteiligten.

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Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie

Informationen und Kontakt Liesa Holterhoff Personalentwicklung IG BCE Hauptverwaltung Kรถnigsworther Platz 6 30167 Hannover Tel. 0511 7631-137 liesa.holterhoff@igbce.de

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