DVMathematik06_TaylorpolynomeUndTaylorreihe_Marc Widmer

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Taylorpolynom und Taylorreihe

DV-Projektarbeit im Fach Mathematik Studiengang Sekundarstufe I Fachhochschule Nordwestschweiz P채dagogische Hochschule

Eingereicht von: Marc Widmer Judengasse 5 4500 Solothurn

Eingereicht am: 02. Oktober 2006 bei Prof. Dr. Helmut Linneweber-Lammerskitten


Inhaltsverzeichnis 1

Einleitung ...............................................................................................................4 1.1

Bedeutung der Thematik ........................................................................................... 4

1.2

Vorgehen .................................................................................................................. 4

2

Historisches ...........................................................................................................5

3

Polynome...............................................................................................................6 3.3 Begriff des Polynoms ................................................................................................... 6 3.2 Addition von Polynomen .............................................................................................. 8 3.3 Subtraktion von Polynomen ......................................................................................... 8 3.4 Multiplikation von Polynomen ....................................................................................... 9 3.5 Division von Polynomen ............................................................................................... 9

4

Ganzrationale und gebrochenrationale Funktionen .............................................10

5

Folgen und Reihen...............................................................................................11

6

Konvergenz..........................................................................................................12

7

Potenzreihe..........................................................................................................13

8

Grundgedanke der Approximation .......................................................................13 8.1 Grundgedanke der Approximation...............................................................................13 8.2 Approximation durch eine Konstante...........................................................................14 8.3 Die Tangente als Approximationsfunktion ...................................................................15

9

Taylorformel, Taylorpolynom und Taylorreihe......................................................15 9.1 Taylor-Polynome .........................................................................................................15 9.2 Satz von Taylor ...........................................................................................................22 9.3 Taylorreihe ..................................................................................................................23 9.4 MacLaurin-Reihe.........................................................................................................23 9.5 Restglieder..................................................................................................................24

10

Anwendungen der Taylorreihe...........................................................................26

11

Reflexion............................................................................................................29

11.1 Einordnung in systematischer Hinsicht......................................................................29 11.2 Bezug zum Mathematikunterricht auf der Sekundarstufe I ........................................29 11.3 Erkenntnisse .............................................................................................................30 11.4 Weiterf端hrende Ideen................................................................................................31

12

Quellen ..............................................................................................................32

13

Anhang ..............................................................................................................33

-2-


"In Wirklichkeit ist sie (die Mathematik) aber eine Wissenschaft, die die grÜsste Phantasie verlangt." - Sofja Kowalewskaja (1850 – 1891, russische Mathematikerin und Schriftstellerin)

1

1

Nach Wikiquote.org, in: http://de.wikiquote.org/wiki/Sofja_Kowalewskaja [Stand: 22.9.2006]

-3-


1 Einleitung 1.1 Bedeutung der Thematik Die Approximation durch einfacher handhabbare Terme ist in der Mathematik und im speziellen auch in der Physik ein beliebtes Instrument um komplexe mathematische Gebilde ansatzweise zu bestimmen oder mit ihnen weiterzuarbeiten. Der Satz von Taylor und die daraus folgenden Möglichkeiten Taylorreihen und Taylorpolynome von solch komplizierten Funktionen zu bilden und mit ihnen diese Funktionen auf einfache Weise darzustellen, stellt ein „fundamentales Instrument der Analysis“2 dar. Trotz ihrer Wichtigkeit wurde die Potenzreihenentwicklung3 einer differenzierbaren Funktion zur Zeit ihrer Entdeckung durch Brook Taylor von den Mathematikern der Zeit nicht richtig wahrgenommen. Erst Lagrange konnte 1772 die volle Bedeutung des Satzes für die Differenzialrechnung richtig einordnen. Bis in Mittelalter arbeitete die Mathematik nämlich fast ausschliesslich mit Polynomen. Erst mit Taylor, Leibniz und Newton gelang der Vorstoss in die „neue Mathematik“ von heute, mit Differential- und Integralrechnung. In diesem Kontext kann Taylors Entdeckung als Bindeglied zwischen „alter“ und „neuer“ Mathematik bezeichnet werden, er zeigte damit, dass auch die neuen Funktionen durch Altbekanntes beschrieben oder zumindest angenähert werden können.

1.2 Vorgehen Nach der kurzen Vorbemerkung zum historischen Hintergrund so wie der Bedeutung dieser Entdeckung und zur Person Brook Taylors, werde ich grundlegende Begriffe wie Folge, Reihe oder Polynom so wie die Grundoperationen mit Polynomen erläutern. Danach werde ich auf, für das weitere Verständnis wichtige Begriffe, wie Konvergenz, gebrochenrationale und ganzrationale Funktionen oder Potenzreihe eingehen.

2

Nach WALZ (2003) Stichwort: Taylor und Wikipedia.de,, http://de.wikipedia.org/wiki/Brook_Taylor

[Stand: 16.9.2006] 3

Siehe Kapitel 6 Potenzreihen

-4-


Vor der eigentlichen Taylorreihenentwicklung und deren Bedeutung werde ich in einem Kapitel auf den Grundgedanken der Approximation und die Annäherung durch eine Konstante oder eine Tangente eingehen. Der Schwerpunkt dieser Arbeit liegt beim Satz von Taylor, den Taylor-Polynomen und der Taylorreihe sowie deren Herleitung und Darstellung. Auch einem Spezialfall, der MacLaurinReihe werde ich ein Unterkapitel widmen. Als Abschluss des Hauptteiles werde ich noch die verschiedenen Formen von Restgliedern der Taylorreihe erläutern. In einem weiteren Kapitel werde ich einige Anwendungsbereiche der Taylorreihen aufzeigen, und versuchen zu kommentieren, einige werde ich aber einfach als gegeben annehmen da dies meine Kenntnisse und auch den Umfang dieser Arbeit übersteigen. Zum Schluss werde ich versuchen die Thematik einzuordnen und Bezüge zum Mathematikunterricht auf der Sekundarstufe I herzustellen. Abschliessen werde ich dann mit einigen Ideen zur Weiterarbeit oder Vertiefung des behandelten.

2 Historisches4 Brook Taylor, wurde 1685 in Edmonton, in der Nähe von London geboren. Trotz seiner Immatrikulation an einer rechtswissenschaftlichen Fakultät begann er sich früh für Mathematik und Naturwissenschaften so wie Musik zu interessieren und auf diesen Gebieten zu forschen. Im Jahre

1714

erlangte

Rechtswissenschaften.

er Bereits

den zwei

Doktortitel Jahre

der zuvor

veröffentlichte er seine allgemeine Reihenentwicklung. Während seiner Zeit als Mitglied der Royal Society5 war er Vorsitzender

eines

Komitees,

welches

bei

den

Plagiatsstreitigkeiten zwischen seinem Lehrer, Newton und

Abb.1: Brook Taylor

dessen Konkurrenten Leibnitz vermittelte. Sein Hauptwerk Methodus incrementorum directa et inversa (Methode der direkten und indirekten Inkrementierung) erschien 1715. Darin befasst er sich unter anderem auch mit dem Beweis seiner seit 1712 bekannten Potenzreihenentwicklung einer differenzierbaren

4

Nach Wikipedia.de, http://de.wikipedia.org/wiki/Brook_Taylor [Stand: 16.9.2006]

5

„Angelsächsische Gelehrtengesellschaft zur Wissenschaftspflege“, nach Wikipedia.de, in

http://de.wikipedia.org/wiki/Royal_Society [Stand: 14.9.2006]

-5-


Funktion6. Er heiratete zwei Mal, doch beide Ehefrauen verstarben schon früh. Taylor veröffentlichte bis zu seinem Tod im Dezember 1731 weiter Bücher zu mathematischen, physikalischen (Schwingungslehre), wie auch philosophisch-religiösen Themen.

3 Polynome 3.3 Begriff des Polynoms7 Als Polynom bezeichnet man in der elementaren Algebra einen mehrgliedrigen Term der Art,

an x n + an!1 x n!1 +L+ a2 x 2 + a1 x + a0

wobei

die

Koeffizienten an Element der reellen Zahlen sein müssen und jener Koeffizient mit dem höchsten Index von null verschieden sein muss. Häufig wird aber in der Literatur auch eine Funktion

der

Form

P(x) = an x n + an !1 x n !1 + L + a2 x 2 + a1 x + a0 ,

als

Polynom

an

bezeichnet.

Alle

Koeffizienten

Abb.2: Polynomfunktion 5. Grades

stammen aus dem Definitionsbereich  der Funktion.

Der Grad des Polynoms wird durch den Leitkoeffizienten, den

höchsten

Exponenten n des Ausdruckes an x n , für welchen der Koeffizient an nicht null ist, bestimmt. Da sich alle Polynome durch die drei Grundrechenarten (Addition, Subtraktion und Multiplikation) aus den reellen Zahlen aufbauen lassen, stellen sie elementarste mathematische Objekten dar. Dieser Tatsache ist die grosse Bedeutung und Beliebtheit der Polynome in der Mathematik zuzuschreiben; sie bedeutet, dass Polynome eine einfache Familie von Funktionen bilden, welche verhältnismässig leicht und ohne viel Vorwissen differenzier- und integrierbar sind. Andererseits decken Sie ein grosses Verhaltensspektrum ab8, was die

Möglichkeiten

eröffnet, komplexe Funktionen auf eine einfache Art anzunähern.

6

Nach Wikipedia.de, http://de.wikipedia.org/wiki/Brook_Taylor [Stand: 16.9.2006]

7

Nach Wikipedia.de, http://de.wikipedia.org/wiki/Polynom [Stand: 12.9.2006] mit eigenen Gedanken

ergänzt 8

Nach mathe-online.at, http://www.mathe-online.at/mathint/lexikon/p.html [Stand: 23.9.2006]

-6-


Für Polynomfunktionen gelten die bekannten Ableitungsregeln (Siehe dazu Anhang S. 33 oder http//www.mathe-online.at) Demzufolge entspricht die erste Ableitung eines Polynoms

p(x) = a0 + a1 x + a2 x 2 + a3 x 3 + a4 x 4 +L+ an x n der Ableitungsfunktion p!(x) = a1 + 2 " a2 x + 3 " a3 x 2 + 4 " a4 x 3 +L+ n " an x n#1 Bei der Kurvendiskussion von Polynomfunktionen gilt es einiges zu beachten. Bei diesen Untersuchungen der Polynomfunktionen können einige mathematische Sätze helfen. Zum Beispiel werden Nullstellen, Wendepunkte und Pole der Funktion berechnet. Allgemein ist zu sagen, dass ein Polynom n-ten Grades höchstens n Nullstellen hat, das heisst die x-Achse n Mal schneidet. Für weiterführende Vertiefungen im Bereich Polynome seien Wikipedia.de9 oder mathe-online.at 10 empfohlen, ich werde hier nicht mehr weiter auf die einzelnen Aspekte der Kurvendiskussion eingehen, weil diese für die folgende Arbeit zur Taylorentwicklung nicht von Bedeutung sind. Stattdessen wenden wir uns dem Grad einer Polynomfunktion zu - man spricht auch von deren Ordnung. Eine konstante Funktion P(x) = a0 ist ein Polynom mit dem Grad null. Sie besteht lediglich aus einem unveränderlichen Glied. Der Graph einer solchen Funktion ist eine zur x-Achse parallele Gerade durch den y-Achsenabschnitt mit dem Wert der Konstanten. Eine quadratische Polynomfunktion besteht aus drei Gliedern, einer Konstanten a0 , einem linearen Glied a1 x und dem quadratischen Glied a2 x 2 mit dem Koeffizienten und der zweiten Potenz der Variable x . Durch hinzufügen von Gliedern mit dem Koeffizienten an und der nten Potenz der Variable, kann eine Polynomfunktion beliebiger Ordnung gebildet werden.

Grad

Allgemein

Beispiel

Bezeichnung

0

P(x) = a0

P(x) = !3

konstante Funktion

1

P(x) = a1 x + a0

P(x) = 2x + 9

lineare Funktion

2

P(x) = a2 x 2 + a1 x + a0

P(x) = 4x 2 + 3x + 1

quadratische Funktion

3

P(x) = a3 x 3 + a2 x 2 + a1 x + a0

P(x) = 3x 3 + 7x 2 + 2x + 8

kubische Funktion

9

http://de.wikipedia.org/wiki/Polynom [Stand: 21.9.2006]

10

http://www.mathe-online.de [Stand: 21.9.2006]

-7-


P(x) = an x n +L+ a3 x 3 + a2 x 2 + a1 x + a0

n

Funktion n-ter Ordnung

3.2 Addition von Polynomen Gegeben seien p(x) und q(x) , zwei Polynome mit der Ordnung m und n und m ≤ n. Um die Summe dieser Polynome zu bilden, addiert man die Koeffizienten der ersten m Glieder gleicher Ordnung und multipliziert diese mit der Potenz der Variablen x. Dazu addiert man die restlichen m+1 bis n Glieder und erhält so das Polynom p(x) + q(x) . n

In der Summenschreibweise geschrieben wird aus p(x) =

i=0

m

p(x) + q(x) = ! (ai + bi )x + i=0

sind

zwei

i=0

n i

Es

m

! ai x i und q(x) = ! bi x i somit

! ax

i

i

i = m +1

p(x) = x 5 + x 4 + 3x 3 + 7x 2 + 2x + 8

Polynome

q(x) = 5x 4 + 5x 3 + 3x 2 + x + 4

und

gegeben. Durch addieren wie oben beschrieben erhalten

wir ein neues Polynom mit dem Grad n des höheren Polynoms.

4 4 3 3 2 2 p(x) +q(x) = x 5 + 1 x4 + + 5x +4 3x + x + 8{ +4 { 25x 4 3 + 3x 142 4 3 + 7x 142 3 + 2x (1+5)x 4

(3+5)x 3

(7+3)x 2

(2+1)x

12

Da Polynome aus einer endlichen Menge reeller Zahlen und den vier Grundoperationen zusammengesetzt werden, gelten für die Addition von Polynomen die aus der Menge der reellen Zahlen bekannten Distributiv-, Kommutativ- und Assoziativgesetze.

3.3 Subtraktion von Polynomen Gegeben seien dieselben zwei Polynome p(x) und q(x) mit der Ordnung m und n und m ≤ n. Um die Differenz dieser Polynome zu bilden, subtrahiert man die Koeffizienten der ersten m Glieder derselben Ordnung und multipliziert diese mit der Potenz der Variable x. Diese werden anschliessend zu den restlichen m+1 bis n Gliedern addiert (die Subtraktion wird als Addition von Gliedern mit negativen Vorzeichen angewendet). So erhält man das Polynom 4 4 3 3 2 2 p(x) !q(x) = x 5 + 1 x4 ! ! 5x !4 3x !3x + 8{ !4. 25x 4 3 + 3x 142 4 3 + 7x 142 3 + 2x 12 (1!5)x 4

(3!5)x 3

(7!3)x 2

(2!1)x

12

Für die Subtraktion von Polynomen gelten das Assoziativ- und das Distributivgesetz.

-8-


3.4 Multiplikation von Polynomen Polynome werden multipliziert in dem man jedes Glied des ersten Polynoms mit jedem Glied des zweiten Polynoms multipliziert. Die so entstandenen Produkte werden zusammengefasst und addiert. Verwenden wir wieder die zwei uns bekannten Polynome p(x) und q(x) .

p(x) ! q(x) = 7x 2 !!x 2 + 7x 2 !!5x + 7x 2 ! 2 + 2x !!x 2 + 2x !!5x + 2x ! 2 +L = (7x 2 + 2x + 8)!!!(x 2 + 5x + 2) = 7x 4 + 35x 3 +14x 2 +L+16

Polynome können auch mit einzelnen Variabeln oder Zahlen multipliziert werden. Da eine Zahl auch als Polynom vom Grad 0 und eine Variable als Polynom n-ten Grades mit dem Koeffizienten 1 dargestellt werden kann, ist das Vorgehen analog zur Multiplikation zweier Polynome. Die Zahl oder Variable wird mit jedem Glied des Polynoms multipliziert, die so neu entstandenen Glieder werden dann addiert. Für die Multiplikation von Polynomen gelten die von den Reellen Zahlen bekannten Distributiv-, Kommutativ- und Assoziativgesetze.

3.5 Division von Polynomen Bei der Division von Polynomen geht man ähnlich vor wie bei der Division von ganzen Zahlen. Vorzugsweise werden die Glieder nach ihren Graden geordnet. Wir beginnen mit jenem Glied von p(x) , mit dem höchsten Grad und suchen jenen Faktor, mit welchem der Divisor q(x) multipliziert werden muss, um das höchste Glied des Dividend-Polynoms zu erhalten. Dieser Faktor ist die Lösung für den ersten Teilschritt. Durch zurückmultiplizieren des eben bestimmten Lösungsfaktors mit dem Dividenden erhalten wir ein neues Polynom, dessen erstes Glied mit dem ersten Glied (jenes mit dem höchsten Grad) des Dividend-Polynoms übereinstimmt. Nun subtrahieren wir die beiden Polynome voneinander und das so entstandene „neue“ Dividend-Polynom ist nun die Voraussetzung für den zweiten Eliminationsschritt.

-9-


So wird nun jeweils der Reihe nach die höchste Potenz eliminiert bis ein Rest entsteht, welcher nicht mehr eliminiert werden kann, weil der Grad des Divisor-Polynoms grösser ist, als der Grad des Rests. Bei der Division von Polynomen muss darauf geachtet werden, dass der Dividend nicht null ist, da die Division bekannterweise für den Divisor null nicht definiert ist. Dies wird bei Kurvendiskussionen durch das Bestimmen der Nullstellen gelöst. Auch bei der Division gelten die von den reellen Zahlen bekannten Assoziativ- und Distributivgesetze. Je nach Grad des Dividend- und des Divisor-Polynoms entsteht durch die Polynomdivision wiederum ein Polynom oder eine gebrochenrationale Funktion.

4 Ganzrationale und gebrochenrationale Funktionen Wie wir in den vorigen Kapiteln gesehen haben, entstehen durch Addition11 oder Multiplikation von Polynomen neue Polynome. Bei der Division ist dies nicht

immer

so.

Deshalb

werden

zwei

Fälle

unterschieden: eine ganzrationale Funktion entspricht einer Polynomfunktion. Eine gebrochenrationale Funktion, nennt man eine Funktion, bei welcher sowohl im Zähler, als auch im Nenner ein Polynom unbestimmten Grades steht. Man

unterscheidet

dabei

zwischen

einer

Abb.3: Graphen von gebrochen rationalen

echten Funktionen

gebrochenrationalen Funktion, wenn der Grad des Zählers kleiner ist als der Grad des Nenners und einer unechten gebrochenrationalen Funktion wenn genau das Gegenteil der Fall ist. Im zweiten Fall, wenn das Zählerpolynom eine höhere Ordnung als das Nennerpolynom hat, so kann die Funktion durch Polynomdivision dargestellt werden. Eine Ausnahme bildet die Situation wenn im Nenner ein Polynom mit dem Grad 0 steht (also eine Konstante), so ist der Quotient wiederum ein Polynom. Rationale Funktionen entsprechen genau jenen Termen, welche sich aus einer Variablen und einem endlichen Satz reeller Zahlen durch die Grundrechnungsarten aufbauen lassen.

11

Die Subtraktion ist hier eingeschlossen, da jede Subtraktion auch als Addition von negativen

Polynomen dargestellt werden kann.

- 10 -


An jener Stelle, an der das Nennerpolynom den Wert null hat (Nullstellen des Nennerpolynoms), ist es nicht möglich, ein Taylorpolynom zu bilden, die Funktion hat dort eine Definitionslücke.

5 Folgen und Reihen Eine Menge von Zahlen an wird dann als Folge bezeichnet, wenn die einzelnen Glieder in einer festgelegten Abfolge angeordnet sind und durch eine vorhandene Regel ein beliebiges Glied aus dieser Zahlenfolge bestimmt werden kann. 12 Folgen können explizit, das heisst mit einer Formel angegeben werden, mit Hilfe welcher durch den Index n jedes x-beliebige Glied direkt berechnet werden kann, ohne die vorhergehenden (oder nachfolgenden) Glieder kennen zu müssen.

an =!2n! für!n = 13!!!a13 = 2 "13 = 26 (2er-Zahlen) Eine zweite Möglichkeit besteht durch die rekursive Definition. In diesem Fall muss aber mindestens ein vorangehendes Folgenglied bekannt sein, der Index eines Gliedes allein reicht nicht.

an =!an ! 2 + an !1 ! für!n = 3!"!a1 = 1!"!a2 = 1 # a 3 = 2 (Fibonacci-Folge) Folgen können der Einfachheit halber auch als Funktionen dargestellt werden, ihre Glieder

an entsprechen dann den Funktionswerten f (x) für x ∈  . Wächst der Funktionswert f (x) mit dem Argument x, oder bleibt er gleich, so spricht man von einer streng monoton steigenden Folge. Nimmt der Funktionswert dagegen mit jedem xi > x0 ab (oder bleibt gleich), so nennt man die Folge streng monoton fallend13. Nimmt eine Funktion keinen Funktionswert zweimal an, so spricht man von streng monoton fallend/steigend. Eine Reihe ist mathematisch gesehen eng verwandt mit einer Zahlenfolge. Wikipedia.de definiert die Reihe wie folgt: „In der Mathematik ist eine (unendliche) Reihe eine Folge, deren Glieder als Summe der ersten n Glieder einer andern Folge gegeben sind (der

12

Frei nach Wikipedia.de in: http://de.wikipedia.org/wiki/Reihe(Mathematik) [Stand: 21.9.2006]

13

ROLLES (Hrsg.) (2001), S. 150

- 11 -


Teilsumme).“ Ist eine Folge für unendlich viele Glieder definiert und somit auch die Reihe als Summe unendlich vieler Glieder dieser Folge, so spricht man von einer unendlichen Reihe. Reihen können konvergieren oder divergieren, das heisst die Glieder und somit auch die Summe der Glieder nähern sich einem Grenzwert a an (dazu mehr im folgenden Kapitel). Bei der Divergenz ist genau das Gegenteil der Fall, die Folge tendiert nicht gegen einen Wert. n

Summenschreibweise für eine mathematische Folge: sn =

!a

i

i=0

6 Konvergenz Konvergenz bedeutet anschaulich erklärt, dass sich die Glieder an einer Folge mit wachsendem Index n beliebig nah an einen Grenzwert a

Abb.4: Annäherung an einen Grenzwert a der Folge an

annähern. Etwas mathematischer ausgedrückt bedeutet dies, dass eine Folge an in einer εUmgebung von a (a ± ε) gegen den Grenzwert a strebt, wenn nur der Index n genug gross gewählt wird. Nicht nur Folgen, sondern auch Reihen (oder Funktionen) können konvergieren, wir schreiben für Folgen lim (an ) = a! und für Reihen n!"

$n ' lim(sn ) = lim &# ak ) = s , was soviel n!" n!" % k =1 (

bedeutet wie „Je grösser der Index n gewählt wird, desto kleiner wird die Differenz zwischen dem Grenzwert s und der Summe der ersten n Glieder der Reihe sn. Für die konvergente Folge an =

1 für n → ! bedeutet dies, der Grenzwert ist null. n

1 1 1 1 1 1 1 1 an = , , , , , ,..., ,..., 1 2 3 4 5 6 100 1

1 lim(an ) = a!!!!lim( ) = 0 n!" n!" n

Damit eine Reihe konvergieren kann, muss die Folge, deren Glieder Teilsummanden der Reihe sind, gegen null konvergieren. Die Taylorapproximation basiert auf dem Konvergenzkriterium, da sie ja gegen den Ursprünglichen Funktionswert an der Stelle x konvergieren soll. - 12 -


7 Potenzreihe „Potenzreihen sind unendliche Reihen, in denen Potenzen einer unabhängigen Variable vorkommen.“14 Dabei spricht man von der unabhängigen Variablen x, den Koeffizienten an und dem Entwicklungspunkt x0, wobei sowohl der Entwicklungspunkt als auch die Koeffizienten Konstanten sind. An der Entwicklungsstelle x0 = 0 geht der Ausdruck an (x ! x0 )n in an x n über. Die Taylorreihe, welche in Kapitel 9 besprochen wird, ist eine Potenzreihe. Schreibweisen von Potenzreihen... ... am Entwicklungspunkt x0 = 0: !

a0 + a1 x + a2 x 2 + a3 x 3 + a4 x 4 +L+ an x n =" an x n n=0

... und an einem beliebigen Entwicklungspunkt x0: "

a0 + a1 (x ! x0 ) + a2 (x ! x0 )2 + a3 (x ! x0 )3 +L+ an (x ! x0 )n =# an (x ! x0 )n n=0

8 Grundgedanke der Approximation 8.1 Grundgedanke der Approximation15 Das Wort „Approximation“ stammt aus dem lateinischen proximus, was soviel wie „das Nächste“ bedeutet. Es steht in der Mathematik für eine Näherung. Der Grundgedanke einer Approximation liegt darin, dass ein kompliziertes mathematisches Gebilde durch ein einfacheres Gebilde beschrieben wird, welches sich möglichst wenig vom komplizierten unterscheidet. Ist zum Beispiel die Lösung (zum Beispiel einer Gleichung), welche uns interessiert, schwer zu finden oder zu berechen, gibt es ein Objekt, welches mathematisch schwer zu handhaben ist oder existiert keine Lösung für eine Gleichung, so versuchen wir eine Näherung aus einfacheren Gebilden zu finden um mit diesem einfach zu handhabenden Objekt weiterrechnen zu können. Insbesondere bei komplexen Funktionen, führt man gerne eine Näherung durch die von Brook Taylor entdeckten, und nach ihm benannten, Taylorpolynomen, wie wir sie in Kapitel 9 14

Nach http://de.wikipedia.org/wiki/Reihe(Mathematik) [Stand: 14.9.2006]

15

Nach http://de.wikipedia.org/wiki/Approximation [Stand: 14.9.2006] ergänzt mit eigenen Gedanken

- 13 -


kennen lernen werden, durch. Diese Polynomfunktionen sind einfacher abzuleiten, zu integrieren

und

auszurechnen

und

nehmen

beliebig

ähnliche

Werte

wie

die

Ursprungsfunktion an. Die Grundlage für solche Approximationen durch Polynome schuf Weierstrass 16 mit seinem Approximationssatz,

der

besagt,

dass

jede

stetige

Funktion

gleichmässig

mit

trigonometrischen Polynomen approximiert werden kann. In der Regel wird die Approximation umso genauer, je höher der Grad der Polynomfunktion

p(x) gewählt wird, mit welcher wir die Ursprungsfunktion annähern. Eine solche Näherung ist in den seltensten Fällen mit der Ursprungsfunktion äquivalent, aus diesem Grund ist es auch immer sinnvoll, den Fehler f (x) ! p(x) an einer betrachteten Stelle abschätzen zu können.

8.2 Approximation durch eine Konstante Die einfachste zugleich aber auch die rudimentärste Möglichkeit, einen Funktionswert anzunähern bietet sich durch eine Konstante c. Wie in Abbildung 5 (→Applet AP2) gezeigt, stimmt deren Funktionswert an der gewählten Stelle (x 0 = -1.5) mit dem Funktionswert der Ursprungsfunktion f (x) überein. Vor und nach diesem Punkt

unterscheiden

Konstanten

g(x) = c

sich

die

Funktionswerte

und

der

Funktion f (x)

der aber

erheblich auch wenn der Abstand zwischen x0 und x 1

Abb.5: Approximation durch eine Konstante

noch so klein ist. Auch das Verhalten der Funktion an der Stelle x0 kann durch die Konstante nicht beschrieben werden. Daraus schliessen wir, dass eine solche Näherungsfunktion g(x) nur exakt im Punkt x0 genau ist, jedoch in keinster Weise stellvertretend für die ganze Funktion oder zumindest den Abschnitt einer Funktion stehen kann. Zusätzlich zur Konstanten c muss sie also noch mehr Gemeinsamkeiten mit der Ursprungsfunktion aufweisen, um deren Verhalten an einem Entwicklungspunkt x0 in einem gegebenen Intervall möglichst genau darstellen zu können.

16

Weierstrass, K. T (* 1815 ✝ 1897) deutscher Mathematiker

- 14 -


8.3 Die Tangente als Approximationsfunktion Als bekannteste Form einer Tangente kennen wir eine Gerade, welche genau einen Punkt mit einem Kreis gemeinsam hat und an diesem Punkt senkrecht auf den Radius des Kreises steht. Eine Tangente kann jedoch an jede krumme Linie als auch an einen Funktionsgraphen wie in Abbildung 6 (→Applet AP1) gelegt werden. Wie in der Abbildung ersichtlich stimmen auch hier die Funktionswerte der Ursprungsfunktion f (x) = cos(x) und der Funktion t(x) = 0.7x +1.26 der Tangente an der Stelle x0

Abb.6: Tangente an Graphen der cos-Funktion

überein. Dazu kommt aber noch die Steigung der Tangente

t(x) , welche mit 0.7 angegeben wird. Sie entspricht exakt der Steigung der Funktion f (x) an der Stelle x0 und beschreibt so eine weitere Annäherung an die Ursprungsfunktion an der Stelle x0. Also kann man sagen, die Tangente stellt eine erste Näherungsfunktion am Entwicklungspunkt dar, welche nicht nur den Funktionswert, sondern auch das Verhalten der Ursprungsfunktion einigermassen wiedergibt. Es gilt also f (x) ! t(x) = a " x + c .

9 Taylorformel, Taylorpolynom und Taylorreihe 9.1 Taylor-Polynome Taylorpolynome sind wohl eines der bekanntesten – wenn nicht gar das bekannteste Verfahren um komplexe Funktionen wie zum Beispiel f (x) =

x ! sin(x) durch eine einfacher "x% log10 $ ' # 3&

beschreib- und vor allem ableitbare und als Folge daraus auch einfach differenzierbare Funktion anzunähern. Sei eine Funktion f (x) an einer Stelle x 0 n-mal differenzierbar, so spricht man vom Taylorpolynom n-ten Grades am Entwicklungspunkt x0 wobei gelten muss x0 ∈ [a,b].17 Ansorg beschreibt damit die einzige Bedingung zur Taylorentwicklung, nämlich dass eine Funktion in einer Umgebung des Entwicklungspunktes x0 genügend oft stetig differenzierbar sein muss. Mit genügend oft meint man, dass die Näherungswerte umso genauer werden, je öfter die Funktion abgeleitet werden kann.

17

ANSORG (2002)

- 15 -


Für all jene, welche nicht mehr genau wissen, was „stetig differenzierbar“ bedeutet, sei an dieser Stelle kurz erklärt: Stetigkeit auf einem Intervall besagt, dass der Graph einer Funktion (in der Umgebung eines Entwicklungspunktes) ohne abzusetzen, das heisst in einem Zug, gezeichnet werden kann - die Funktion darf also keine Sprungstellen haben18. Etwas mathematischer ausgedrückt nach Wikipedia: Eine Funktion heisst stetig differenzierbar, wenn verschwindend kleine Änderungen der Argumente nur zu verschwindend kleinen Änderungen des Funktionswertes führen19. Differenzierbar ist eine Funktion, wenn an jeder Stelle x eine Ableitung existiert. 20 Alle elementaren Funktionen wie z.B. rationale Funktionen, Potenzen, Logarithmus- oder Exponential- und auch Polynomfunktionen sind in ihren Definitionsbereichen stetig. Wie im vorangehenden Kapitel beschrieben, kennen wir die Möglichkeit, durch lineare Funktionen wie

Konstanten oder Tangenten einen an exakt dieser Stelle mit dem

Funktionswert übereinstimmenden Näherungswert einer Ursprungsfunktion zu erzielen. Greifen wir diese Idee nochmals auf und entwickeln sie weiter. Links und rechts vom Entwicklungspunk, ist die Differenz zwischen dem Funktionswert

f (x0 ) und dem Wert der Näherungsfunktion t(x0 ) je nach Funktion schon ziemlich gross. Betrachten wir zum Beispiel die Tangente am Entwicklungspunkt x0 = -1.5 in Abbildung AB4 (im Anhang). Die Näherung ist hier recht gut, auch in der Umgebung des Punktes x0. Dies ist so, weil sich die Steigung in dieser Umgebung nur langsam ändert. Betrachten wir dagegen die Situation am Punkt x0 = 0, (Abbildung AB5) so stellen wir fest, dass sich die Steigung mit kleinsten Veränderungen an x0 massiv ändert. Hier ist die Tangente eine eher schlechte Approximationsfunktion. Taylorpolynome bieten nun in solchen Situationen eine elegante Lösung, in einem bestimmten Intervall die Ursprungsfunktion durch ein Polynom beliebig genau zu approximieren. Betrachten wir nochmals die Funktionsgleichung f (x) ! t(x) = a " x + c der Tangente, so fällt uns auf, dass einerseits die Konstante c (y-Achsenabschnitt für x=0) und andererseits die Steigung a, der Tangente, angegeben werden und die Gleichung auch in der Form

f (x) ! t(x) = a1 " x + a0 geschrieben werden könnte.

18

Nach http://de.wikipedia.org/wiki/Stetigkeit [Stand: 20.9.2006]

19

Nach http://de.wikipedia.org/wiki/Stetigkeit [Stand: 20.9.2006]

20

Für weitere Informationen zu Stetigkeit und Differenzierbarkeit empfehle ich die Internetseiten

wikipedia.de oder mathe-online.at

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Es handelt sich dabei also um eine Polynomfunktion 1. Grades, wie wir sie in Kapitel 3 kennen gelernt haben. Wir haben eine ursprünglich komplizierte Funktion durch ein Polynom vom Grad null angenähert. Wie muss also eine Polynomfunktion beliebigen Grades aussehen, um eine möglichst hohe Ähnlichkeit mit der Ursprungsfunktion zu erzielen? Welche Bedingungen muss sie erfüllen? Die Tangente, so haben wir herausgefunden, hat an der betrachteten Stelle den selben Funktionswert

t(x) = f (x) ,

also

den

selben

y-Achsenabschnitt

(Konstante c = a0 ), und die selbe Steigung a1

wie

unsere Ursprungsfunktion f (x) . Wie wir aus der Differenzialrechnung wissen, steht die erste

Ableitung21

für

die

Steigung

der

Ursprungsfunktion in einem beliebigen Punkt22. In unserer

Tangentengleichung

entspricht

sie

Abb.7: Taylorpolynome Grad 1 bis 5 der

dem Sinusfunktion

Koeffizienten a1 . Die zweite Ableitung – eigentlich die Ableitung der Ableitungsfunktion -

beschreibt das

Krümmungsverhalten der Ursprungsfunktion an einer Stelle. Wir haben also ein weiteres Kriterium, welches zwei Funktionen etwas ähnlicher macht. An diesem Punkt ergibt sich die Vermutung, dass die Ähnlichkeit der beiden Funktionen zunimmt, wenn sie nun auch die dritte, vierte oder n-te Ableitung gemeinsam haben?

Dazu untersuchen wir einmal die Funktion f (x) = a0 + a1 x + a2 x 2 + a3 x 3 + a4 x 4 und ihre ersten vier Ableitungen an der Stelle x = 0 und bilden daraus ein Taylorpolynom 4. Grades. Folgende Ableitungen werden nach den Ableitungsregeln gebildet:

f (x) =!a4 x 4 + a3 x 3 + a2 x 2 + a1 x + a0 f !(x) =!4a4 x 3 + 3a3 x 2 + 2a2 x +1a1 f !!(x) =!3 " 4a4 x 2 + 2 " 3a3 x + 2a2 f !!!(x) =!2 " 3 " 4a4 x + 2 " 3a3 f (4 ) (x) =!2 " 3 " 4a4 21

Der Rahmen dieser Arbeit erlaubt es mir nicht, auf Ableitungen im speziellen einzugehen, für

Zusatzinformationen, wie der Bedeutung und den Ableitungsregeln empfehle ich die Internetseite mathe-online.de → http://www.mathe-online.at/mathint/diff1/i_ableitungen.html [Stand: 23.9.2006] 22

Eine Übersicht der Ableitungsregeln findet sich im Anhang S. 33 dieser Arbeit.

- 17 -


Berechnen wir f (0) werden alle Glieder an bis a1 mit null multipliziert, daraus ergibt sich die Gleichung f (0) = a0 . Aus dieser Gleichung leiten wir den Wert des Koeffizienten a0 ab, er ist gleich dem Funktionswert an der Stelle x = 0. Nun machen wir genau dasselbe noch einmal mit der ersten Ableitung umformen der Gleichung f !(0) = 1" a1 ergibt sich a1 =

f !(x) . Durch

f !(0) , die Eins im Nenner schreiben 1

wir hin, um später allfällige Gesetzmässigkeiten zu erkennen. Mit der zweiten, dritten und vierten Ableitung gehen wir analog vor. Wie unten abgebildet ergeben sich daraus folgende Koeffizienten: für die zweite Ableitung a2 =

f !!(0) , für die 2!

f (4 ) (0) f !!!(0) dritte a3 = und für die vierte a4 = . 4! 3! Spätestens durch das Untereinanderschreiben in einer Tabelle, stellen wir ein gewisses Muster bei der Bildung der Koeffizienten für das Taylorpolynom fest. Daraus entwickeln wir eine allgemein gültige Formel für an . Ableitungen

Wert für x = 0

Koeffizienten

f (x) =!L + a4 x 4 + a3 x 3 + a2 x 2 + a1 x + a0

f (0) = 1! a0

a0 = f (0)

f !(x) =!L + 4a4 x 3 + 3a3 x 2 + 2a2 x + a1

f !(0) = 1" a1

a1 =

f !(0) 1

f !!(x) =!L + 3 " 4a4 x 2 + 2 " 3a3 x + 2a2

f !!(0) = 1" 2 " a2

a2 =

f !!(0) 2!

f !!!(x) =!L + 3 " 4 " 5a5 x 2 + 2 " 3 " 4a4 x + 2 " 3a3

f !!!(0) = 1" 2 " 3 " a3

a3 =

f !!!(0) 3!

f (4 ) (x) = L + 2 ! 3 ! 4 ! 5a5 x +!2 ! 3 ! 4a4

f (4 ) (0) = 1! 2 ! 3 ! 4 ! a4

a4 =

f (4 ) (0) 4!

daraus lässt sich folgende allgemeine Form für den n-ten Koeffizienten ableiten

f

(n)

= (n + 1) ! nL3 ! 2 !1! an +1 x + nL3 ! 2 !1! an

f

(n)

(0) = 1! 2 ! 3Ln ! an = n!an

f (n) (0) an = n!

Setzen wir nun die einzelnen Teilglieder zusammen, so erhalten wir folgendes Polynom nten Grades für den Entwicklungspunkt x = 0: - 18 -


f !(0) f !!(0) 2 f !!!(0) 3 f (4 ) (0) 4 f (n) (0) n Tn (x) = f (0) + "x+ "x + "x + " x +L+ "x 1! 2! 3! 4! n! Dieses Polynom Tn (x) vom Grad n hat den Entwicklungspunkt x0 = 0 und nähert sich der Ursprungsfunktion f (x) beliebig nah an, je grösser n gewählt wird.

Wie in der Mathematik üblich, versuchen wir das ganze noch ein wenig mehr zu verallgemeinern und anstatt x0 = 0 irgendeinen beliebigen Entwicklungspunkt zuzulassen. Daraus ergibt sich folgendes Polynom:

f !(x0 ) f !!(x0 ) f !!!(x0 ) f (n) (x0 ) 2 3 Tn (x) = f (x0 ) + " (x # x0 ) + " (x # x0 ) + " (x # x0 ) +L+ " (x # x0 )n 1! 2! 3! n! n

=# k =0

f (k ) (x0 ) ! (x " x0 )k k!

An dieser Stelle nehmen wir uns einmal die Zeit solche Taylorpolynome zu berechnen und zu zeichnen (Abbildungen im Anhang). Precht nennt die Kurve eines Taylorpolynoms Schmiegeparabel n-ten Grades 23, da sie sich – je nach Grad des Taylorpolynoms mehr oder weniger – an die Ursprungsfunktion anschmiegen. Als Beispielfunktion wähle ich f (x) = sin(x) (Abbildung A1) der Einfachheit halber wieder am Entwicklungspunkt x0 = 0:

23

f (x) = sin(x)

f (0) = 0

f !(x) = cos(x)

f !(0) = 1

f !!(x) = "sin(x)

f !!(0) = 0

f !!!(x) = "cos(x)

f !!!(0) = "1

f (4 ) (x) = sin(x)

f (4 ) (0) = 0

PRECHT (1994), S.200

- 19 -


Dabei fallen uns drei Dinge auf: 1. Die vierte Ableitung entspricht der Ursprungsfunktion

f (x) = sin(x) , nach einer

Überprüfung der 5. und 6. Ableitung stellen wir fest, dass sich die Werte der Ableitungen zu wiederholen beginnen. 2. Die Werte der geraden Ableitungen ergeben immer 0. Auch dies konnten wir durch eine Überprüfung von weiteren Ableitungen überprüfen. 3. Jene Funktionswerte, welche nicht null ergeben, wechseln zwischen +1 und -1. Aus diesen Beobachtungen und den Resultaten für die Koeffizienten a0 bis an können wir ein Taylorpolynom beliebigen Grades zur Funktion f (x) = sin(x) konstruieren.

Durch einsetzen der errechneten Koeffizienten in die allgemeinen Formel

f !(0) f !!(0) 2 f !!!(0) 3 f (4 ) (0) 4 f (n) (0) n Tn (x) = f (0) + "x+ "x + "x + " x +L+ "x 1! 2! 3! 4! n! ergibt sich am Entwicklungspunkt x0 = 0 folgendes Taylorpolynom für die Sinusfunktion:

1 0 "1 0 1 0 "1 ! x + ! x 2 + ! x 3 + ! x 4 + ! x 5 + ! x 6 + ! x 7 +L 1! 2! 3! 4! 5! 6! 7! 3 5 7 9 x x x x Tn (x) = x " + " + ±L 3! 5! 7! 9! Tn (x) = 0 +

Für die Exponentialfunktion f (x) = e x möchten wir das Taylorpolynom 4. Grades bilden. Die Ableitungen sind noch einfacher zu bestimmen, es gilt f (n) (x) = e x . Für die Koeffizienten

a0 bis a4 errechnen wir jeweils den Wert 1.

f (x) = e x

f (0) = 1

f !(x) = e x

f !(0) = 1

f !!(x) = e x

f !!(0) = 1

f !!!(x) = e x

f !!!(0) = 1

f (4 ) (x) = e x

f (4 ) (0) = 1

- 20 -


Durch einsetzen der Koeffizienten in

Tn (x) = f (0) +

f !(0) f !!(0) 2 f !!!(0) 3 f (4 ) (0) 4 f (n) (0) n "x+ "x + "x + " x +L+ "x 1! 2! 3! 4! n!

erhalten wir

T4 (x) = 1+

1 1 1 1 x2 x3 x4 ! x + ! x 2 + ! x 3 + ! x 4 oder T4 (x) = 1+ x + + + 1! 2! 3! 4! 2! 3! 4!

Mit dem Vorwissen zu Taylorpolynomen fällt es jetzt nicht schwer, auch eine allgemeine

x2 x3 x4 xn Formel Tn (x) = 1+ x + herzuleiten (Abbildung A2). + + +L+ 2! 3! 4! n!

Als letztes Beispiel wähle ich die Wurzelfunktion Entwicklungspunkt x0 = 0, da

f (x) = x . Diesmal aber nicht am

x für x = 0 nicht definiert ist, sondern am Entwicklungspunkt

x0 = 1. Daraus ergeben sich Folgende Ableitungen und das entsprechende Taylorpolynom 4. Grades.

f (x) = x

f !(x) =

1 2 x

f !!(x) = "

f !!!(x) =

1 4x x 3

8x

f (4 ) (x) = !

T4,1 (x) = 1+

2

x

15 16x 3 x

f (1) = 1

f !(1) =

f !!(1) = "

f !!!(1) =

f (4 ) (1) = !

1 2 1 4

3 8 15 16

1 1 1 5 ! (x "1) " ! (x "1)2 + ! (x "1)3 " ! (x "1)4 2 8 16 128

- 21 -


Taylorpolynome sind, wie der Name schon sagt, Polynome. Das bedeutet für uns, die in Kapitel 3.2 bis 3.5 besprochenen Rechenregeln gelten auch für Taylorpolynome. Passende 24 Glieder können addiert multipliziert und dividiert werden. Auch eine Substitution25 wie auch die Differentiation der einzelnen Glieder ist möglich.

9.2 Satz von Taylor Satz von Taylor26: Sei I ein reelles Intervall und f : I a  eine (n+1)-mal stetig differenzierbare Funktion, dann gilt für alle x0 und x aus I f (x) = Tn (x) + Rn (x) mit dem n-ten Taylorpolynom an der Entwicklungsstelle x0 n

Tn (x) = " k =0

f (k ) (x0 ) (x ! x0 )k k!

und dem n-ten Restglied

Rn (x) Das Ziel der Taylorentwicklung ist, ein Polynom zu finden, dessen Graph am Entwicklungspunkt, aber auch in einer ε-Umgebung von x0 möglichst gut mit der Funktion

f (x) übereinstimmt. Der Taylor’sche Satz definiert nun ein Taylorpolynom beliebigen Grades so, dass die Differenz zwischen der Ursprungsfunktion f (x) und der Polynomfunktion Tn (x) durch ein Restglied Rn beschrieben werden kann. Dies liefert uns eine Aussage, wie genau unsere Annäherung durch das Polynom ist (vgl. Kapitel 9.5). Den Beweis werde ich an dieser Stelle nicht führen, da dies den Rahmen einer solchen Arbeit sprengen würde.

24

Insofern passend, als dass die Potenzen der Variablen übereinstimmen.

25

Ersetzen durch eine andere Variable, z.B. kann in f (x) = log(sin x 2 ) sin x 2 durch z ersetzt (substituiert)

werden. So können die Ableitungen separat berechnet und anschliessend die Terme wieder zusammengefügt werden. 26

Nach Wikipedia.de, in http://de.wikipedia.org/wiki/Taylor-Formel [Stand: 23.9.2006]

- 22 -


9.3 Taylorreihe Analog zu 9.2 spricht man bei einer Funktion, welche am Entwicklungspunkt beliebig oft differenzierbar ist, also n gegen ! strebt, von der Taylorreihe der Funktion f um dem Entwicklungspunkt x0. Wie in den vorigen Abschnitten besprochen ist bei der Taylorapproximation das Ziel, eine Funktion durch ein Polynom beliebigen Grades anzunähern. Bisher haben wir Polynome mit den Graden n für endliche n betrachtet, nun gibt es aber die Möglichkeit ein Taylorpolynom n-ten Grades zu bilden, für welches gilt n → ! . In diesem Fall entsteht eine unendliche Taylorreihe, die in der Summenschreibweise folgendermassen dargestellt wird.

#

Tn (x) = $ n=0

f (n) (x0 ) ! (x " x0 )n n!

Mit Hilfe dieser Taylorreihen können Funktionen beliebig genau in einem Intervall angenähert werden, man sagt dann, die Taylorreihe konvergiert gegen f (x) . Dies ist sicher am Entwicklungspunkt x0 = x der Fall weil dann gilt (x ! x0 )n = 0 und somit Tn (x) = f (x0 ) ist.

Tn (x) = f (x0 ) +

f !(x0 ) f !!(x0 ) f !!!(x0 ) f (n) (x0 ) 2 3 n " (x # x0 ) + " (x # x0 ) + " (x # x0 ) +L+ " (x # x0 ) 4 4 3 4 4 3 12 4 4 3 12 4 4 3 1! 12 2! 12 3! n! 0 0 0 0

Aber auch wenn das Restglied Rn (mehr dazu in Kapitel 9.5) gegen null konvergiert, das heisst wenn die Differenz zwischen Tn (x) und f (x0 ) immer unbedeutender wird (vgl. Kapitel 9.2), konvergiert die Taylorreihe gegen f (x) .

9.4 MacLaurin-Reihe Die MacLaurin-Reihe ist ein Spezialfall der Taylorreihe mit dem Entwicklungspunkt x0 = 0. Sie wird wie folgt angegeben:

f !(0) f !!(0) 2 f !!!(0) 3 f (4 ) (0) 4 f (n) (0) n Tn (x) = f (0) + "x+ "x + "x + " x +L+ "x 1! 2! 3! 4! n!

- 23 -


Für gebrochenrationale Funktionen wie z.B. f (x) =

1 oder die Funktion f (x) = log(x) , x

welche für x = 0 nicht definiert sind, gibt es keine MacLaurin’sche Reihe.

9.5 Restglieder Sind unsere Ursprungsfunktionen keine ganzrationalen Funktionen, können sie, im Gegensatz zu Polynomfunktionen beliebiger Ordnung, nie ganz genau durch ein Taylorpolynom angenähert werden und doch hoffen wir auch an beliebigen Punkten links und rechts vom Entwicklungspunkt einigermassen genaue Werte zu erzielen. Diese Bedingung würde die Taylorreihe erfüllen, da es aber einfacher ist, mit endlichen Polynomen anstatt unendlicher Reihen zu rechnen, begnügen wir uns damit, Taylorpolynome n-ten Grades zu berechnen und stattdessen uns bewusst zu machen, wie gross der Fehler

f (x) ! Tn (x) unserer Berechnung ist. Dieser Fehler wird durch die Restglieder, von welchen es mehrere Ausdrucksformen gibt, beschrieben. Die Idee, welche dahinter steckt, ist folgende: Wir haben eine unendliche Taylorreihe, die gegen null konvergiert, deren Fehler also auch gegen null konvergiert. Nun schauen wir uns davon die ersten n Glieder – also ein Taylorpolynom n-ten Grades – an. Der Rest ist eben diese angesprochene Ungenauigkeit und wird durch das Restglied Rn angegeben. Dieses könnte selbst wieder als Taylorpolynom oder unendliche Taylorreihe mit den Indizes n+1 bis v und v → ! betrachtet werden. Das bedeutet, auch das Restglied ist im weitesten Sinn nur eine Annäherung.

f !(x0 ) f (n) (x0 ) f (x) = f (x0 ) + " (x # x0 ) +L+ " (x # x0 )n + Rn 1! n! 144444444 42444444444 3 Taylorpolynom!mit!n-ter!Ordnung

f !(x0 ) f (n) (x0 ) f (n+1) (x0 ) f (v) (x0 ) f (x) = f (x0 ) + " (x # x0 ) +L+ " (x # x0 )n + " (x # x0 )n+1 +L+ " (x # x0 )v +L 1! n! +1)! (v)! 144444444 42444444444 3 1(n44444444 42444444444 3 Taylorpolynom!mit!n-ter!Ordnung

Restglied

- 24 -


Restglied nach Lagrange27:

Rn (x) =

f (n+1) (! ) (x " x0 )n+1 (n +1)!

Zur Berechnung dieses Restgliedes nach Lagrange muss die Funktion (n+1)-mal differenzierbar sein.

! steht in der Formel für eine beliebige Zahl zwischen x und x0, das heisst je näher ! am Entwicklungspunkt x0 liegt, desto kleiner wird auch das Restglied werden. Precht28 beschreibt folgendes Beispiel, welches das Lagrange Restglied verwendet,

das die

Idee des Restgliedes meiner Ansicht nach gut darstellt. Die Funktion f (x) =

x soll in einem Intervall

[3,5] durch ein Taylorpolynom zweiten Grades

T2 (x) im Entwicklungspunkt x0 = 4 angenähert werden. Dabei bestimmt er das Taylorpolynom, den effektiven

Funktionswert,

die

Differenz Abb.8: Taylorpolynom2 von f (x) = x für x0=1

zwischen dem Funktionswert der Ursprungsfunktion und dem des Taylorpolynoms, so wie das Restglied R2 an den Stellen 3, 3.5, 3.9, 3.99, 4, 4.01, 4.3 und vergleicht die Ergebnisse miteinander. Beim Entwicklungspunkt, wo gilt x = x0 = 4 stimmen das Taylorpolynom und die Ursprungsfunktion exakt überein. In untenstehender Tabelle können wir gut erkennen, dass das Restglied gegen null konvergiert, wenn die Zahl ! sich dem Entwicklungspunkt annähert.

Die Differenz zwischen dem tatsächlichen Restglied und

f (x) ! T2 (x)

zeigt, dass es

sinnvoll ist das Restglied n-ten Grades zu berechnen, um eine genaue Aussage über den Fehler machen zu können.

27

PRECHT (1994), S. 202

28

PRECHT (1994); S. 203f.

- 25 -


x

T2 (x)

x

R2 (x) =

f (x) ! T2 (x)

1 3 ! x"4 144 ! 3

3.00

1.734375

1.732051

2.32419 · 10 -3

4.00937 · 10 -4

3.50

1.871094

1.870829

2.65057 · 10 -4

5.01172 · 10 -4

3.90

1.974844

1.974842

1.98419 · 10 -6

4.00938 · 10 -6

3.99

1.997498

1.997498

1.95618 · 10 -9

4.00938 · 10 -9

4.00

2.000000

2.000000

0

0

4.01

2.002498

2.002498

1.95008 · 10 -9

4.00938 · 10 -9

4.30

2.073594

2.073644

5.03853 · 10 -5

1.08253 · 10 -4

Weiter existieren

ein

Restglied in Integralform29 Rn =

x

1

! n!(x " t)

n

f (n+1) (t)dt und ein

x0

Restglied nach Cauchy 30 Rn (x) =

f (n+1) (! ) (x " ! )n (x " x0 ) , welchen die selbe Idee zu Grunde n!

liegt, nämlich dass eine Zahl ! (in Gauchy) oder t (im Integralrestglied) existiert und je kleiner diese gewählt wird, umso kleiner wird auch das Restglied. Die Formeln dieser Restglieder werde ich jedoch nicht näher besprechen.

10 Anwendungen der Taylorreihe Linder zeigt auf seiner Internetseite31 zwei einleuchtende Beispiele zur Approximation eines Wertes mittels eines Taylorpolynoms, welche ich so übernommen habe. Die Formel für die Abhängigkeit der Schallgeschwindigkeit von der Temperatur lässt sich durch ein Taylorpolynom vereinfachen, um damit weiterrechnen zu können. Mit der Näherungsformel (Taylorpolynom 1. Grades) lässt sich die Formel

29

Nach BRETSCHNEIDER (2002), S. 9

30

Nach Wikipedia.de; in http://de.wikipedia.org/wiki/Taylor-Formel [Stand: 27.9.2006]

31

LINDER (2006?), in Mathematik und mehr ..., http://teacher.eduhi.at/alindner/geonext/fubb/taylor/index.htm [Stand: 22.9.2006]

- 26 -


f (x) = 1+ x ! auch als !T1 (x) = f (x) +

f !(x) x darstellen und bietet so gute " (x # x0 ) = 1+ 1! 2

Möglichkeit den Ausdruck c zu vereinfachen. So wird

c = 331, 6 ! 1 +

" m zu 273°C s

" m # &m c = 331, 6 ! % 1 + = 331, 6 + 0, 6 ! " ( $ 2 ! 273°C ' s s

Berechnung der Näherungswert für sin(1,2) Wie wir aus Kapitel 9.1 wissen, gilt für die Sinusfunktion folgende Reihenentwicklung:

sin(x) = x !

x3 x5 x7 + ! +L 3! 5! 7!

als Näherungswerte für sin(1,2) entstehen somit die

folgenden Werte:

1, 2 3 1, 2 5 1, 2 7 1, 2 9 f (1, 2) = sin(x)!!!!!sin(1, 2) = 1, 2 ! + ! + !L 3! 5! 7! 9! 1424 3 10,912000 442443 0,932736 1444 424444 3 0,932025 144444 2444443 0,932039

Schon mit dem Taylorpolynom 9. Grades erzielen wir also dieselbe Lösung, welche uns auch das Mathematikprogramm Mathematica errechnet, nämlich 0.932039. Des Weiteren habe ich in zwei Newsgroups32 zu den Themen Mathematik und Physik folgende Anwendungsgebiete von Taylorpolynomen oder Taylorreihen gefunden. Ich zitiere Bretschneider33: In der Mathematik: •

Beim Lösen von Differentialgleichungen

32

Aus den Newsgroups de.sci.mathematik und de.sci.physik [Stand: 20.9.2006]

33

BRETSCHNEIDER (2002) S.14

Diese Auszüge wurden von mir übernommen. Der Umfang der Arbeit (und mein Fachwissen) erlauben es mir nicht, diese an dieser Stelle zu kommentieren oder gar zu überprüfen und doch möchte ich sie dem Leser nicht vorenthalten, da es meiner Ansicht nach wichtig ist, auch Anwendungsbereiche aufzuzeigen.

- 27 -


Beim Vereinfachen von komplizierten Gleichungen, so dass Aussagen über diese gemacht werden können

Beim Entwickeln von Näherungsformeln für schwierige mathematische Probleme, wie zum Beispiel der Berechnung von Bogenlängen der Sinusfunktion

Bei der Entwicklung von Statistiken, zum Beispiel bei der statistischen Verteilung

Als ein vor einigen Jahren verwandter Lösungsalgorithmus in Taschenrechnern zur Berechnung der Funktionswerte elementarer Funktionen wie sin(x), cos(x) oder ex .

In der Physik:

In der Multipolentwicklung, in der es um die Entwicklung einer Reihe geht, die die Verteilung von Feldquellen, zum Beispiel Elektronen als Ladungsträger im elektrischen Feld, beschreibt

Beim Übergang von der relativistischen Mechanik, die sich mit der Relativitätstheorie beschäftigt, in die als Grenzfall zwischen dieser und der Quantenmechanik gesehenen klassischen Mechanik

Beim Berechnen von Eigenwertaufgaben, bei denen es um Charakteristika von Elementarteilchen geht, welche besonders in der Quantentheorie Anwendung finden

Beim Lösen von Differentialgleichungen wie Feld-, Schwingungs- und Kraftgleichungen

Beim Lösen von komplizierten Gleichungen, wobei dem bei der Annäherung gemachte Fehler keine grosse Bedeutung zukommt, da dieser im Vergleich zu zum Beispiel gemessenen und damit mit Messfehlern behafteten Grössen gering ausfällt

Beim Arbeiten mit dem physikalischen Pendel, was durch die Taylorreihe erst ermöglicht wird

Bei der Bahnbestimmung geostationärer Satelliten durch die Taylorreihenintegration

Auch bestimmte Integrale, die in der (Quanten-)Statistik oft vorkommen, haben keine exakte Lösung und können durch eine Taylorentwicklung angenähert werden. Eine Funktion, welche nicht integrierbar ist, wäre zum Beispiel f (x) = e x

34

Aus Uniprotokoll.de; Beitrag: Das Geheimnis der Taylorreihen..., in

http://www.uni-protokolle.de/foren/viewt/43414,15.html [Stand: 27.9.2006]

- 28 -

2

34

.


11 Reflexion 11.1 Einordnung in systematischer Hinsicht Wie eingangs erwähnt, handelt es sich beim Satz von Taylor und der daraus folgenden Taylorapproximation um ein grundlegendes Instrument, welches in der heutigen Zeit in der Mathematik vor allem aber auch in der Physik35 verwendet wird, um vergleichsweise einfache Annäherungen an komplizierte Funktionen zu erzielen. Dadurch, dass die Genauigkeit der Approximation beliebig gewählt werden kann, sind sie sehr flexibel in der Handhabung. Walz beschreibt die von Taylor entwickelte Potenzreihenentwicklung einer differenzierbaren Funktion als „fundamentales Instrument der Analysis“36.

11.2 Bezug zum Mathematikunterricht auf der Sekundarstufe I Die Taylorapproximation findet sich in keinem Lehrplan der Sekundarstufe I und auch nicht in den Lehrplänen der Grundlagenfächer der Sekundarstufe II. Im Lehrplan für das Schwerpunktfach Physik und Anwendungen der Mathematik der EDK 37 bin ich aber auf Themen wie z.B. „die Messgenauigkeit experimenteller Methoden abschätzen” oder auch „Reihen und Folgen“ gestossen. Hier liesse sich eventuell eine Taylorreihe mit Restglied behandeln. Diese Schüler und Schülerinnen verfügen über ein Basiswissen zu Folgen, Funktionen oder Fehlerrechnungen. Die Thematik Reihen und Folgen ist jedoch kein Thema das den Gymnasien vorbehalten ist. Schon im ersten Schuljahr treffen die Kinder auf Zahlenfolgen. Das erste Mal wohl, wenn sie das Zählen lernen. Später dann beim Lernen der Reihen (2er, 3er ... Reihen)38. Die Annäherung als Prinzip, spielt im Mathematikunterricht auf der Sekundarstufe I eine grosse Rolle: Die Lernenden sollen überschlagen, runden, Ergebnisse durch Abschätzen kontrollieren oder Näherungswerte wie z.B. die Kreisannäherung durch ein n-Eck berechnen. Exemplarisch erwähne ich hier die Lernumgebung 14 „Etwa“ im mathbu.ch 8 in welcher es um schätzen, überschlagen, und vorstellen geht – eine Annäherung oder Approximation an eine zu bestimmende Lösung. Bei der Division mit Rest lernen die Schüler und Schülerinnen damit umzugehen, dass es auch „etwas“ gibt, das nicht „verteilt“ werden kann – einen Rest.

35

Siehe dazu auch Kapitel 11, Anwendungen der Taylorreihe

36

Nach WALZ (2003) Stichwort: Taylor

37

http://www.mathematik.ch/lehrplaene/lehrplan.sf_psam.php [Stand 21.9.2006]

38

und wieder in z.B. mathbu.ch 8, Lernumgebung 31 „Zahl folgt auf Zahl“

- 29 -


Eventuell stellt sich einmal die Frage wie Taschenrechner oder Computer früher komplizierte Funktionen wie z.B. exp(p), sin(1/3), arctan(1/7), cosh(0.7), etc. berechneten Wie wir in Kapitel 10 gesehen haben, würde bereits die Annäherung an sin(x) durch ein Taylorpolynom 9-ten Grades eine akzeptable Lösung liefern. Zu dieser Thematik empfehle ich dem Interessierten Leser den interessante Artikel von T. Risse39 zum Thema Computer und Taylor-Approximation, in welchem sich der Autor gegen die Berechnungen durch Taylor-Approximation ausspricht. Aber auch wenn keine Taylorreihen (mehr) zur Berechnung verwendet werden, geht es in der Computerwelt immer um Annäherungen, seien das nun Berechnungen von Zahlen oder von zum Beispiel Daten bei der Bildbearbeitung.

An einer Bezirksabschlussklasse könnte man eventuell auch einmal

2 berechnen und mit

der Taylorformel – als Verfahren – überprüfen. Da die Lernenden nur über ein rudimentäres Wissen zu Funktionen verfügen, sollte nicht weiter auf die Formel eingegangen werden, sondern diese als gegebenes Verfahren angeschaut werden. Dabei fände ich es wichtig, dass der Vorgang auch visualisiert wird, damit die Lernenden ein Verständnis bekommen, was genau geschieht. Die Grundfragen „Wann ist es wichtig, dass eine Grösse exakt angegeben wird, wann ist es sinnvoller, eine Näherung zu verwenden, und wie genau sollte eine solche Näherung sein?“ Beschäftigt sowohl Oberstufenschüler und Oberstufenschülerinnen, als auch Mathematiker und Mathematikerinnen.

11.3 Erkenntnisse Im Hauptteil wurde die Idee der Approximation aufgebaut, indem zuerst mit einer Konstanten, dann mit einer Tangente und schliesslich mit einem Polynom n-ten Grades eine Funktion angenähert wurde. Mit dem Satz von Taylor wurde ein grundlegendes Instrument der Analysis diskutiert und gezeigt, dass mit einem Taylorpolynom beliebigen Grades, eine Funktion beliebig genau approximiert werden kann. Es wurde die allgemeine Taylorreihe entwickelt und Taylorpolynome für trigonometrische und andere Funktionen von Hand und mit Hilfe von Mathematica40 berechnet, dokumentiert und graphisch dargestellt. 39

Risse, T. [2004]: CORDIC-Algorithmen verbinden Mathematik, Computer-Architektur und An-

wendungen,http://www.eng.monash.edu.au/uicee/gjee/vol8no3/Risse.pdf [Stand: 22.9.2006] 40

Mathematica 5.2, Wolfram Research Inc. 2006, http://wolfram.com/

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Mancher Leser wird sich nun fragen, ob es auch Situationen gibt, wo die Taylorentwicklung nicht funktioniert? Ja, die gibt es. Unter welchen Voraussetzungen dies der Fall ist, wäre eine Aufgabe, mit der gleich nach dem Lesen dieser Arbeit begonnen werden könnte, damit bin ich bei den ...

11.4 Weiterführende Ideen Die Arbeit konnte in diesem Umfang nicht alle Gebiete vollständig abdecken, nachfolgend einige Ideen für eine Weiterarbeit. Da wäre zum Beispiel der Beweis für die Restglieder, den bin ich in dieser Arbeit schuldig geblieben. Im Weiteren habe ich in Kapitel 10 einige Anwendungsgebiete von Taylorreihen erwähnt, es hätte

aber

den

Umfang

dieser

Arbeit

überstiegen,

diese

zu

erklären,

diese

Anwendungsgebiete wären sicher auch eine vertiefte Auseinandersetzung wert. Bei meinen Recherchen bin ich auf weitere Näherungsverfahren gestossen, welche ich aber in der vorliegenden Arbeit nicht näher beschrieben habe. Persönlich würde mich noch genauer interessieren, wie verschiedene Näherungsverfahren auch in Computern (Bildbearbeitung) funktionieren.

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12 Quellen Affolter,Walter [2003]: mathbu.ch 8 – Mathematik im 8 Schuljahr für die Sekundarstufe I, 1. Aufl. Zug (Klett und Balmer AG) ISBN 3-264-83389-1 Ansorg, Matthias [2002]: Studentische Mitschrift zur Vorlesung Praktische Mathematik bei Prof. Dr. L. Eichinger. Giessen-Friedberg (Studiengang Informatik Fachhochschule Giessen) Bretschneider, Martin [2000]: Facharbeit im Leistungskurs Mathematik: Taylorreihenentwicklung – Herleitung und Anwendungsbeispiele. Springe (Otto-Hahn-Gymnasium) Hohenwarter, Markus [2005]: Geogebra 2.7pr und 2.6b inklusive Handbuch und Forum, in: http://www.geogebra.at (April 2005) Karcher, H. [2002]: Analysis mit gleichmässigen Fehlerschranken, Ausarbeitung der Vorlesung Mathematik I. Bonn Linder, Andreas [2006?]: Mathematik und mehr ..., Taylorreihe und Taylorpolynome, in: http://teacher.eduhi.at/alindner/geonext/fubb/taylor/index.htm (11. September 2006) Ministerium für Wirtschaft, Forschung und Kunst, [2004]: Mathematik Online, Stichworte: Taylorreihe, Taylorpolynom, in: http://mo.mathematik.uni-stuttgart.de (16. September 2006) Pohlig, Michael [2003]: edu-online-pohlig:Talorpolynom und Taylorreihe, in: http://www.pohlig.de/Mathematik/Taylor/taylor.htm (11. September 2006) Precht, Manfred u.a. [1994]: Mathematik für Nichtmathematiker 2, Funktionen - Folgen und Reihen – Differential- und Integralrechnung – Differentialgleichungen – Ordnung und Chaos, 5. Aufl. München (Oldenbourg Wissenschaftsverlag) (S. 199 – 208) ISBN 3-486-22855-2 Rolles, Günther; Unger, Michael (Hrsg.) [2001]: Duden - Basiswissen Schule: Mathematik. Berlin (Paetec Verlag für Bildungsmedien), ISBN 3-411-71501-4 Skoruppa, N.-P. [2000]: Analysis I, Vorlesungsskript. Siegen (Universität Siegen) Stoffel, Alexander [2006]: Analysis, Mathematik 1A und 2A. Köln (Inst. f. Nachrichtentechnik Fachhochschule Köln) Walser, Hans [2006]: Geschichte der Mathematik, Eulersche Zahl e; Auszüge aus einem Skript zu zur Vorlesung zum Thema Geschichte der Mathematik. Basel (Mathematisches Institut Uni Basel) Walz, Guido (Red.) [2003]: Lexikon der Mathematik (CD-ROM-Ausgabe). Heidelberg (SPEKTRUM Akademischer Verlag) ISBN 3-8274-0439-8 Weiss, Max u.a. []: math4u2 – Taylorentwicklung, in http://www.math4u2.de/downloadIssue.php?href=xml_2_1/taylor_entwicklung_V2.xml (11. September 2006) Wikimedia Foundation Inc.[]: Wikipedia.de, Stichworte: Brook Taylor, Differentialrechnung, Folgen, Taylorpolynom, Taylorreihe, Potenzreihe, Stetigkeit, Lagrange, Reihen, Polynome, in http://www.wikipedia.de (11. September 2006)

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13 Anhang Gängigste Ableitungsregeln:

f (x) = k

f !(x) = 0

f (x) = x n

f !(x) = n " x n#1

f (x) = k ! g(x)

f !(x) = k " g!(x)

f (x) = u(x) Âą v(x)

f !(x) = u!(x) Âą v!(x)

f (x) = g(h(x))

f !(x) = g!(h(x)) " h!(x)

f (x) = u(x) ! v(x)

f !(x) = u!(x) " v(x) + u(x) " v!(x)

f (x) =

u(x) v(x)

f !(x) =

u!(x) " v(x) + u(x) " v!(x)

[v(x)]

f (x) = a x

f !(x) = e x

f (x) = e x

f !(x) = a x ln a

f (x) = ln x

f !(x) =

1 x

f !(x) =

1 x ln a

f (x) = log a x =

ln x !!!!!!!!!(a > 0, a ! 1) ln a

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2


Abbildung A1: Taylorpolynome 1. bis 5. Grades der Sinusfunktion am Entwicklungspunkt 0

x

Abbildung A2: Taylorpolynome 1. bis 4. Grades der Exponentailfunktion e am Entwicklungspunkt 0

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Abbildung A3: Taylorpolynome 1. bis 4. Grad der Wurzel-Funktion am Entwicklungspunkt 1

Abbildung A4: Tangente an Cosinusfunktion x0= -1.5

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Abbildung AB5: Tangente an Cosinusfunktion x0=0

VergrĂśsserte Abbildung 8: Taylorpolynom2 von f (x) = x fĂźr x0=1 - 36 -


Ganzrationale Funktionen und ihre Graphen

Gebrochenrationale Funktionen und ihre Graphen - 37 -


Alle Geogebra-Applets so wie auch die Dokumentation und zwei elektronische Fassungen im Word und PDF-Format liegen auf der beigelegten CD-ROM.

Applets: AP0_TaylorappletVariabel

AP1_Tangente_Steigung AP2_Konstante AP3_GebrochenrationaleF AP5_TP5Sinus AP6_TaylorapproximationMitSpur

AP7_Taylorpolynom1-5_n AP8_Exponential AP9_Wurzelfunktion sinTaylor

Stellt beliebige Funktionen und deren Taylorpolynom n-ten Grades dar. Zudem berechnet es den Fehler (und Restglied) und stellt diesen ebenfalls graphisch dar. Es wird eine ε-Umgebung angezeigt, in welcher der Fehler einen flexibel einstellbaren Toleranzwert nicht überschreitet. Dieses Applet wird in Kapitel 8: Grundgedanke der Approximation verwendet Dieses Applet wird in Kapitel 8: Grundgedanke der Approximation verwendet. Dieses Applet stellt eine gebrochenrationale Funktion dar (die auch umdefiniert werden kann) und deren Taylorpolynome. Stellt die Sinusfunktion und die Taylorpolynome dar. Kap 9.1 Stellt die Taylorapproximation der Sinusfunktion (kann umdefiniert werden) dar. Durch Verschieben eines Reglers werden die Taylorpolynome gezeichnet und können so verlgichen werden. Stellt Taylorpolynom 1-5 und n der Funktion f(x)=x * sin(x) dar (Kann umdefiniert werden) Stellt Taylorpolynome von f(x)=ex dar. Kapitel 9.1 Stellt Taylorpolynome der Wurzelfunktion dar. Kapitel 9.1 Erster Versuch mit dynamik → AP0

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Redlichkeitserklärung zur DV Projektarbeit Mathematik

Ich bestätige hiermit, dass ich diese Arbeit redlich verfasst habe. Ich habe insbesondere keine unzulässigen Hilfen beansprucht und habe übernommene Textpassagen (aus Artikeln, Büchern und Internet) ausgewiesen.

Name, Vorname:

Marc Widmer

Unterschrift:

Ort/ Datum:

Solothurn, 2. Oktober 2006

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