Hörnerdörfer Magazin August 2012

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Thema des Monats

tion wird aktiv gelebt. „Ist man zu einem Geburts­ tag eingeladen, ist es selbstverständlich, im Dirndl zu kommen. Eine gute Allgäuer Fehl trägt auch an Weihnachten und anderen Festtagen ihre Tracht“, so Juliane Vachenauer. Dass sie sich einst bewusst für die Trachten­ schneiderei entschied, kommt nicht von unge­ fähr, die heute 39-Jährige erzählt: „Als Oberst­ dorferin bin ich mit der historischen Tracht groß geworden.“ Wie viele Trachten sie allein für sich und ihre Töchter schon genäht hat, kann sie nicht sagen – zumal sich Mieder, Blusen, Röcke und Schürzen unterschiedlich kombinieren lassen. In jedem einzelnen Stück stecken jede Menge Arbeit, viel handwerkliches Geschick, Detailver­ liebtheit und kreative Ideen. Mit mindestens 30 Stunden Arbeitszeit rechnet die Trachtenschnei­ derin bei einer schlichteren Tracht – sprich Schür­ ze, Bluse, Rock und Mieder – aufwändigere ­Stücke zum Beispiel mit Stickereien, brauchten entsprechend mehr Zeit. Vier Mal kommen Kun­ den pro Auftrag in Langenwang vorbei – zum Beratungsgespräch, zwei Anproben und um schließlich die fertige Tracht abzuholen. „Trachtenschneiderin ist ein Luxusberuf – ent­ sprechend intensiv muss ich auf Privatkunden eingehen“, so die Oberallgäuerin. Deshalb achte sie gezielt auf die Augenfarbe der Kundin, deren Typ und ihre Kleidung, wenn sie im ersten Gespräch Farbe, Form und Stil bespricht. „Ich muss schließlich wissen: Will sie etwas Schlich­ tes, Pikantes im Detail oder gleich etwas Aufwän­ digeres“, so die Trachtenschneidermeisterin. Denn: Jede einzelne Tracht ist individuell. Oft brächten Kunden zudem ein Erbstück oder ein beim Trachtenbazar erworbenes Kleidungsteil vorbei – ein Mieder oder einen Rock etwa – das dann ergänzt werden soll. Besonders freut sich die 39-Jährige, wenn sie ab und an eine Hoch­ zeitstracht nähen darf. Auch sind Plisseeröcke für sie jedes Mal etwas ganz besonderes – jene schlichten schwarzen Röcke mit farbenfrohen Bändern im linken unteren Bereich, die erst beim Tanzen sichtbar werden. Der Kreativität strenge Grenzen gesetzt sind indes, wenn Juliane Vache­ nauer historische Trachten oder Plattlerhäs für

Vereine arbeitet. „Die Vereine haben genau nie­ dergeschrieben, wie die Trachten der Mitglieder auszusehen haben. Die Stoffe bekomme ich gestellt, an Maßangaben habe ich mich genau zu halten“, erzählt sie. Dabei beauftragt im Allgäu nicht jeder Trachtler eine professionelle Schneiderin mit den edlen Kleidungsstücken. „Viele Familien bei uns nähen selbst und geben das Wissen an die nächste Generation weiter“, sagt Juliane Vachenauer – und macht’s in der eigenen Familie nicht anders. „Meine Mädels dürfen meine Nähmaschine benutzen und sich Stoffe aus meinem Fundus aussuchen. Sie sind unheimlich kreativ“, zeigt sich die dreifache Mutter stolz. Und so nähen ihre Töchter – wie sie selbst als Teenager – bereits eigene Kleider und Taschen. Und auch für die Mutter selbst ist Trachtenschneiderei bis heute Berufung: Sie liebe die farbenfrohen Stoffe und die Arbeit mit den eigenen Händen. Sie freue sich auch mit ihren jüngsten Kunden, wenn deren Augen beim Anblick des neuen Kleids strahlten. Und sie sei stolz, wenn sie auf Waldfesten in der Umgebung Kunden treffe, die nach Jahren immer noch ihr Dirndl tragen. Jetzt im August wird Julia­ ne Vachenauer wie jedes Jahr mit der Familie in die Ferien starten und die Schneiderei einen Monat lang schließen. Doch wie jedes Jahr werde sie sich in dieser Zeit jede Menge Gedan­ ken über neue, kreative Ideen und deren Umset­ zung machen, kündigt sie an.

Presse + Kommunikation Saremba Fischen-Langenwang

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