Unternehmerinnen in Bayern

Acikgöz, Y.; Auer, J.; Eckstaller, C.; Richter, St.; Rosenkränzer, S.; Seifert, J.; Siber, St.; Warz, C.

Unternehmerinnen in Bayern Projektstudie Master Personalmanagement Hrsg. v. Hochschule München, FK BWL; Prof. Dr. C. Eckstaller Stand: 01. Juni 2016

Unternehmerinnen im Dialog Frauen geben Einblicke in die Selbstständigkeit

Handlungsfeld Bedarf der Datenerhebung zu Unternehmerinnen in Bayern

Die Zukunft ist weiblich Wirtschaftspotenzial: Bayerische Unternehmerinnen wird bisher wenig Bedeutung beigemessen

Inhaltsverzeichnis

1

Inhaltsverzeichnis

Inhalt 1

Einleitung............................................................................................................. 3

2

Projektdesign ....................................................................................................... 4

3

Statements von Institutionen ............................................................................... 6

4

3.1

Interview BayStMAS - Frau Nischler-Leibl ................................................... 11

3.2

Interview IHK – Frau Kerschl ....................................................................... 13

3.3

Interview Hanns-Seidel-Stiftung – Frau Dr. Schlembach............................. 16

3.4

Interview Stiftung Familienunternehmen – Frau Krenek .............................. 19

3.5

Interview Projekt guide – Frau Dr. Wenzel .................................................. 23

3.6

VDU ............................................................................................................. 27

3.7

Interview mit Frau Spinner – König.............................................................. 27

Analyse von Berufsgruppen .............................................................................. 30 4.1

Gewerbliche Kammerberufe ........................................................................ 30

4.1.1

Industrie- und Handelskammer (IHK) .................................................... 30

4.1.2

Handwerkskammer (HWK) ................................................................... 31

4.1.3

Deutsches Handwerksinstitut (DHI) ...................................................... 34

4.1.4

Verband bayerischer Wirtschaft (vbw) .................................................. 36

4.1.5

Ausbildungssituation in Deutschland & Bayern ..................................... 36

Drogerie – Interview mit Frau Lang ................................................................... 42 Bäckerei – Interview mit Frau Schön ................................................................. 47 Goldschmiede – Interview mit Frau Amersdorffer ............................................. 51 Fotostudio – Interview mit Frau Vetter ............................................................... 56 Schneiderei – Interview mit Frau Schneider ...................................................... 61 Modeatelier – Interview mit Frau von Morozowicz ............................................. 65 4.2

Ausgewählte freie Berufe ............................................................................ 70

4.2.1

Steuerberater ........................................................................................ 71

Steuerberatung – Interview mit Frau Bachmaier ............................................... 73 Steuerberatung – Interview mit Frau Goldstein ................................................. 78 4.2.2

Wirtschaftsprüfer ................................................................................... 84

4.2.3

Ingenieurinnen ...................................................................................... 88

4.2.4

Unternehmensberater ........................................................................... 90

Personalberatung – Interview mit Frau Bauernfeind.......................................... 91

Inhaltsverzeichnis

2

Marketingberatung – Interview mit Frau Huber ................................................. 94 4.2.5

Anwälte / Patentanwälte / Notare .......................................................... 99

Anwaltskanzlei – Interview mit Frau Riedmayr ................................................ 102 4.2.6

Künstlerische Berufe und Kulturberufe ............................................... 105

Schriftsteller, Redaktion – Interview mit Frau K. .............................................. 108 Wissenschaftsjournalismus – Interview mit Frau Haas.................................... 119 Modejournalismus – Interview mit Frau Schwab ............................................. 124 Wirtschaftsjournalismus – Interview mit Frau Ernst ......................................... 130 4.2.7

Freie Berufe in der Gesundheitsbranche ............................................ 133

Medizin – Interview mit Frau Dr. Mikorey-Lechner .......................................... 136 Pharmazie – Interview mit Frau Colombo-Egerer ............................................ 147 Pharmazie – Interview mit Frau Simmler ......................................................... 151 Psychotherapie - Interview mit Frau Goldstein ................................................ 159 5

Zentrale Aussagen aus der Studie .................................................................. 170

6

Zukunftsprognose: „Female shift“ .................................................................... 175

7

Studienprojektteam.......................................................................................... 177

8

Abbildungsverzeichnis ..................................................................................... 185

9

Tabellenverzeichnis ......................................................................................... 187

10

Literaturverzeichnis ....................................................................................... 188

3

Einleitung

1 Einleitung „Female Shift: Die Zukunft ist weiblich“, so betitelt das ‘Zukunftsinstitut‘ in seinen Veröffentlichungen zu globalen Megatrends aktuelle gesellschaftspolitische Entwicklungen (vgl. Zukunftsinstitut 2015a). In den letzten Jahren kam es, nicht nur in Deutschland, in der Rolle des Unternehmerbildes zu einem Umbruch: „Frauen gründen so häufig Unternehmen wie nie zuvor“, heißt es in einem Artikel aus der Welt (Pabst 2014). Wirft man einen Blick in die deutsche Gründer-Vergangenheit, so waren es bis vor kurzem überwiegend Männer, die den Schritt in die Selbstständigkeit wagten. Dies hat sich in den vergangenen zwölf Jahren verändert (vgl. bga 2015). Hinter zahlreichen Unternehmensgründungen und innovativen Ideen stehen heute oftmals Frauen (vgl. Pabst 2014). Diese positive Entwicklung hält weiter an: Frauen sind in verschiedensten Lebensbereichen von Wirtschaft, Politik und Gesellschaft auf dem Vormarsch und erreichen zunehmend einen höheren Status als ihre Vorgängerinnen in einer (noch) von Männern dominierten Welt. Allerdings ist die Kluft zwischen Frauen und Männern in einigen Wirtschaftsfeldern, wie z.B. in Führungspositionen, bei der Vergütung vergleichbarer beruflicher Positionen oder generell bezüglich Karrierechancen noch immer allgegenwärtig (vgl. Zukunftsinstitut 2015a).

Es ist jedoch politisch erklärtes Ziel in Deutschland, mit der Einführung der Frauenquote oder auch dem Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen u.v.m., wichtige Impulse in Bezug auf die Geschlechtergleichstellung zu setzen.

Betrachtet man die Einstellung und das Selbstbewusstsein der Frauen von heute, so haben sich diese im Vergleich zu den vorherigen Generationen deutlich gewandelt: Frauen sind heute emanzipierter; sie möchten durch ihren Beruf Unabhängigkeit erlangen und dabei trotzdem ein Gleichgewicht von familiären und beruflichen Anforderungen herstellen (vgl. Zukunftsinstitut 2015a). Neue Werte führen in der herrschenden dynamischen Geschäftswelt auch zu veränderten Familienformen und Lebensweisen, was eine Flexibilität vom „weiblichen Geschlecht“ erfordert. Auf diese Weise wird die Wirtschaft gemäß dem Motto „Womanomics“ weiblicher.

Allgemein kann in der „westlichen Welt“ wie auch in den Entwicklungsländern festgestellt werden, dass sich Bildungs- und Berufsmöglichkeiten für Frauen in den vergangenen Jahren deutlich verbessert haben. Gemäß dem Gender Gap Report 2012 des World Economic Forums konnte insbesondere in den Bereichen Bildung und Gesundheit annähernd eine Angleichung der Geschlechter erzielt werden (vgl.

Zukunftsinstitut 2015a). Doch nicht nur der ‚Female Shift‘ verändert die westliche Arbeitswelt massiv (vgl. Zukunftsinstitut 2015b): Auf dem Weg der Transformation von einer Industrie- zur Wissensgesellschaft etablieren sich zunehmend neue Unternehmens- und Arbeitsstrukturen. Dieser Trend zum ‚New Work‘ schafft durch seine zeitlichen und räumlichen Flexibilisierungen Chancen für Unternehmerinnen; birgt jedoch auch nicht zu unterschätzende Risiken. Mit der nachfolgenden Projektstudie sollen vielfältige Rahmenbedingungen und Aspekte, aber auch quantitative und qualitative Fakten zur Selbstständigkeit von Frauen aufgezeigt und diskutierte werden.

4

Projektdesign

2 Projektdesign Im Rahmen des Masterstudienganges „Personalmanagement“ der Hochschulen München, Augsburg und Landshut hat ein kleines Projektteam von sieben Studentinnen (Yasemin Acikgöz, Julia Auer, Stefanie Richter, Sandrina Rosenkränzer, Jacqueline Seifert, Stefanie Siber, Carolin Warz) im Wintersemester 2015/16 unter der Leitung von Prof. Dr. Claudia Eckstaller die vorliegende Projektstudie „Unternehmerinnen in Bayern“ erarbeitet.

Ziel der Studie war es, die Bedeutung und Präsenz von Unternehmerinnen in Bayern, ursprünglich insbesondere auch quantitativ, darzulegen. Hierbei sollte auch die Brisanz der Thematik „Frauen in der Selbstständigkeit“ herausgestellt und unterstrichen werden.

Im Rahmen der Vorrecherchen der Studiengruppe konnte bereits festgestellt werden, dass bisher vielerorts wenig verlässliches und fundiertes Zahlenmaterial zum Wirtschaftspotential von Bayrischen Unternehmerinnen vorhanden ist. Es konnte trotz intensiver Bemühungen keine konkrete Anzahl an Unternehmerinnen und Gründerinnen in Bayern ermittelt werden. Zudem war es der Projektgruppe nicht möglich, detailliertere Datenmaterialien für einzelne Berufsgruppen in öffentlich zugänglichen Quellen zu erheben.

Aufgrund der beschriebenen Ausgangssituation mit unzureichendem Datenmaterial, wollte die Studiengruppe mit Hilfe einer eigenen quantitativen Ermittlung Daten und Fakten sammeln sowie konsolidieren, um einen umfassenden Informationsüberblick zur aktuellen Situation von Gründerinnen und Unternehmerinnen in Bayern erstellen zu können. Zunächst wurden einzelne Branchen identifiziert und spezifischen Berufsgruppen zugeteilt, um eine möglichst breite Erfassung der Daten sicherzustellen. In einer standardisierten Datentabelle, welche aus dem Anhang zu entnehmen ist, wurden folgende, relevante Kriterien zur Generierung der Informationen zusammengefasst: 1.

2.

3.

4.

5.

6.

7.

8.

9.

Anzahl der Unternehmerinnen innerhalb der Organisation Altersstruktur der Unternehmerinnen Branchen und Wirtschaftssektoren Umsatz der Unternehmung Mitarbeiteranzahl Region Gründungsjahr Rechtsform Nebenerwerb oder Vollerwerb

Zudem sollten optional folgende Kriterien mit Zahlen belegt werden: 1. Gründungsalter

5

Projektdesign

2. Qualifikation der Gründerin 3. Familiäre Rahmenbedingungen 4. Mitgliedschaft in Unternehmensverbänden Im nächsten Schritt wurde die Datentabelle an die jeweiligen Kammern, Verbände und Interessensvertretungen der einzelnen Berufsgruppen mit der Bitte zur Vervollständigung zugesandt. Durch diese Herangehensweise konnten jedoch nur wenige Zahlen und Fakten zur Thematik generiert werden. Teilweise war das Datenmaterial unvollständig oder gar nicht vorhanden bzw. nicht für die Studiengruppe zugänglich.

Die einzelnen Herausforderungen und Problematiken während der Recherche und Datenkollektion werden innerhalb des Kapitels der Berufsgruppenanalyse genauer erläutert.

Um die Studie dennoch fortsetzen zu können und eine Momentaufnahme der Situation von Unternehmerinnen und Gründerinnen in Bayern zu erfassen, wurde die Studie um einen qualitativen Aspekt erweitert und in dem vorliegenden Magazin zusammengefasst. In diesem Zusammenhang wurden für ausgewählte Kammern, Verbände und Interessensvertretungen sowie für Unternehmerinnen in Bayern ein Interviewleitfaden erstellt und mit den jeweiligen Personengruppen persönliche als auch telefonische Interviews durchgeführt. Bezüglich der Auswahl der Gesprächspartner wurde darauf geachtet, nicht nur Unternehmerinnen aus den einzelnen Berufsgruppen auszuwählen sondern auch spannende Profile und einzigartige Werdegänge darstellen zu können.

Allen unseren Unterstützerinnen und Unterstützern möchten wir auf diesem Wege herzlich danken!

6

Statements von Institutionen

3 Statements von Institutionen (Autorinnen: Carolin Warz, Stefanie Richter) Jährlich analysiert die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) im Rahmen des Gründungsmonitors die Struktur und Entwicklung des Gründungsgeschehens in Deutschland. Aus der aktuellen Veröffentlichung (2015) geht hervor, dass die Gründungsbeteiligung von Frauen weiter steigt und Existenzgründerinnen auf dem Vormarsch sind. Dieser Trend zeigt sich nun seit mehr als zehn Jahren und kann unter anderem darauf zurückgeführt werden, dass die Erwerbsneigung- und -tätigkeit von Frauen überproportional gestiegen ist. Dies wirkt sich durch mehr zur Verfügung stehende Personen positiv für den deutschen Arbeitsmarkt aus.

Im Jahr 2014 gab es insgesamt 915.000 Existenzgründungen in Deutschland, von denen 43% (393.000) von Frauen umgesetzt wurden. Während der Anteil Nebenerwerbsgründungen von 49% im Jahr 2013 auf 44% im Jahr 2014 leicht zurück ging (vgl. Tabelle 1), stieg der Anstieg im Vollerwerb im Vergleich zum Vorjahr (33%) auf 41% (vgl. KfW Research 2015, S.6).

Abbildung 1: Anteil Selbstständigkeiten von Frauen an allen Existenzgründungen in Prozent (Quelle: KfW Research 2015)

Betrachtet man die beiden Selbstständigkeitsfelder ‚freiberufliche Tätigkeit‘ und ‚gewerbliche Tätigkeit‘, so wird deutlich, dass insbesondere Frauen für den Anstieg der Anteile im freiberuflichen Tätigkeitsfeldern maßgeblich sind, weil sie vor allem dort seit jeher die Mehrheit bilden (vgl. Tabelle 2). Auch im Jahr 2014 wird dies mit einem Anteil von 56% deutlich.

Darüber hinaus kann festgehalten werden, dass Akademikerinnen unter den Existenzgründerinnen das Qualifikationsniveau der Gründer heben. Auch hier ist im freiberuflichen Bereich der Gesamtanteil der Gründer mit akademischer Ausbildung

7

Statements von Institutionen

im Vergleich zum Vorjahr (44%) auf 49% gestiegen, was nicht zuletzt auf die stärkere Gründungsbeteiligung von besser qualifizierten Frauen zurückzuführen ist (vgl. KfW Research 2015, S. 6f.).

Abbildung 2: Anteil der Ausbildungen in Prozent von Existenzgründern und Existenzgründerinnen (Quelle: KfW Research 2015)

8

Statements von Institutionen

Das große, innovative und wirtschaftliche Potential von Frauen zeigt auch die nachfolgende Tabelle zur historischen Entwicklung von selbstständigen Unternehmerinnen in der Bundesrepublik Deutschland sowie auf Bundeslandebene.

Tabelle 1 Anteil selbstständiger Frauen an allen Selbstständigen Unternehmerinnen von 2003 bis 2013 nach Bundesland (Quelle: bga 2015, S. 6)

Aus obiger Tabelle ist ersichtlich, dass neben dem allgemeinen Zuwachs des Anteils der selbstständigen Unternehmerinnen in den jeweiligen Bundesländern insgesamt eine Harmonisierung zwischen den Ländern stattgefunden hat. Die Anteile selbstständiger Unternehmerinnen liegen annähernd auf dem gleichen Niveau bei rund einem Drittel. Im historischen Verlauf der selbstständigen Unternehmerinnen in Bayern seit 2003 gibt es ebenfalls eine Steigerung von 4 %-Punkten (vgl. bga 2015, S. 6).

Im Jahr 2014 gab es im Freistaat Bayern 125.730 Gewerbeanmeldungen, davon wurden 37% von Frauen (vgl. Abbildung 3) und 63% von Männern durchgeführt (vgl.

Bayerisches Landesamt für Statistik 2015a, S.9).

9

Statements von Institutionen

Abbildung 3: Gewerbeanmeldungen in Bayern 2014 (Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Bayerisches Landesamt für Statistik 2015)

Das Bayerische Landesamt für Statistik teilt die Gewerbeanmeldungen in verschiedene Wirtschaftsabschnitte ein und unterteilt diese nochmals in Anmeldungen durch Frauen und Männer (vgl. Abbildung 4 und Abbildung 5). Während in den meisten Wirtschaftsabschnitten die Gewerbeanmeldungen im Jahr 2014 durch Männer durchgeführt wurden, zeigt sich eine deutliche Mehrheit von Anmeldungen durch Frauen (vgl. Tabelle 4) in den folgenden Wirtschaftsabschnitten (vgl. Bayerisches Landesamt für Statistik 2015a, S.12f.): 

„Öffentliche Verwaltung, Verteidigung; Sozialversicherung; Erbringung von sonstigen Dienstleistungen“ (72% Gewerbeanmeldungen durch Frauen)



„Erziehung und Unterricht“ (58% Gewerbeanmeldungen durch Frauen)



Gesundheits- und Sozialwesen“ (79% Gewerbeanmeldungen durch Frauen)

Die Wahl der Tätigkeitsfelder von selbstständigen Frauen scheint nach wie vor noch mit „Rollenpräferenzen“ verbunden. Es bleibt abzuwarten, ob sich dies in den nächsten Jahren verschieben wird.

10

Statements von Institutionen

Anzahl der Gewerbeanmeldungen

Gewerbeanmeldungen in Bayern 2014 nach Wirtschaftsabschnitten 14 000 12 000 10 000 8 000 6 000 4 000 2 000 0 Information und Kommunikation

Erbringung von Finanzund Versicherungsdienstleistungen

Kunst, Unterhaltung und Erholung

Öffentliche Verwaltung, Verteidigung ; Sozialversicherung; Erbringung von sonstigen Dienstleistungen

1 346

666

7 253

357

1 587

2 763

Grundstücksund Wohnungswesen

Erbringung von freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen Dienstleistungen

Erbringung von sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistungen

Erziehung und Unterricht

Gesundheitsund Sozialwesen

Verkehr und Lagerei

Gastgewerbe

Weiblich

499

2 297

663

858

648

4 109

4 571

1 480

Männlich

2 286

4 266

3 066

2 276

1 059

5 137

7 705

1 064

Abbildung 4: Gewerbeanmeldungen in Bayern 2014 nach Wirtschaftsabschnitten (Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Bayerisches Landesamt für Statistik 2015a)

Anzahl der Gewerbeanmeldungen

Gewerbeanmeldungen in Bayern 2014 nach Wirtschaftsabschnitten 14 000 12 000 10 000 8 000 6 000 4 000 2 000 0 Landund Forstwirtschaft, Fischerei

Bergbau und Gewinnung von Steinen und Erden

Verarbeitendes Gewerbe

Energieversorgung

Wasserversorgung; Abwasserund Abfallentsorgung und Beseitigung von Umweltverschmutzungen

Männlich

787

38

2 754

1 051

73

12 259

12 080

Weiblich

268

11

2 133

319

14

443

7 630

Baugewerbe

Handel; Instandhaltung und Reparatur von Kfz

Abbildung 5: Gewerbeanmeldungen in Bayern 2014 nach Wirtschaftsabschnitten (Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Bayerisches Landesamt für Statistik 2015a)

Im Folgenden werden die in den Interviews rückgemeldeten Meinungen und Erfahrungen von Vertreterinnen zentraler Institutionen rund um das Thema „Selbstständigkeit von Frauen“ wiedergegeben.

11

Statements von Institutionen

3.1 Interview BayStMAS - Frau Nischler-Leibl Was sind in Ihrer Organisation die zentralen Themenfelder rund um Frauen als Unternehmerinnen? |Frau Nischler-Leibl| Für das Arbeitsministerium ist die Chancengleichheit für Frauen auf dem Arbeitsmarkt ein zentrales Anliegen. Die rechtliche Gleichstellung von Frauen und Männern ist in Deutschland seit langer Zeit Realität. Aber die tatsächliche Chancengleichheit auf dem Arbeitsmarkt ist noch immer nicht erreicht. Dafür setzen wir uns ein - das gilt für Angestellte genauso wie für selbstständige Unternehmerinnen.

ständig. Bei den Angestellten und Arbeitern ist das Geschlechterverhältnis annähernd ausgewogen. Aber nur ein Drittel der Selbstständigen in Bayern (und auch in Deutschland) sind Frauen. Daraus schließe ich, dass es für Frauen eine besondere Herausforderung ist, die Selbstständigkeit als Weg in die wirtschaftliche Unabhängigkeit zu sehen. Dabei kenne ich kenne eine ganze Reihe von Frauen, die Selbstständigkeit sehr bewusst nutzen, um einerseits wirtschaftlich unabhängig, andererseits aber auch selbstbestimmter zu sein als dies oft im Angestelltenverhältnis möglich ist.

Was sind für Sie persönlich aus Ihrer Tätigkeit zentrale Erkenntnisse oder Erfahrungen im Thema „Frauen als Unternehmerinnen“? |Frau Nischler-Leibl| Als Leiterin der Stabsstelle der Frauenbeauftragten bin ich mitverantwortlich für das Netzwerk‚ SIE Bayerns Frauen‘. SIE führt Frauen aus Wirtschaft, Wissenschaft, Kultur, Sport und Gesellschaft aus ganz Bayern zusammen – Frauen, die „Stark, Inspirierend und Erfolgreich“ sind. Bei Unternehmerinnen fällt mir oft auf, dass sie nicht nur beruflich sehr engagiert sind, sondern auch große soziale Verantwortung übernehmen.

Wo sehen Sie persönlich bzw. aus Ihrer Erfahrung heraus die größten Herausforderungen für Gründerinnen / Unternehmerinnen (z.B. hinsichtlich Geschlecht, Finanzen, Zeit,…) |Frau Nischler-Leibl| In Bayern sind über 10 % der Erwerbstätigen selbst-

Gibt es Ihrer Meinung nach Unterschiede zu Gründern/ Unternehmern? Wenn ja, welche? |Frau Nischler-Leibl| Nur gut jede dritte Vollerwerbsgründung wird von einer Frau vorgenommen. Hier gibt es also offenbar Unterschiede: Frauen gründen öfter im Nebenerwerb oder in Teilzeit. Sie bringen zudem oft zu wenig Startkapital mit. Und auch bei Selbstständigen führen die typischen Frauenberufe zu schlechteren Verdienstmöglichkeiten. Trotzdem finde ich wichtig: Der Erfolg der unternehmerischen Tätigkeit hängt nicht vom

12

Statements von Institutionen

Geschlecht ab. Was zählt sind die Qualifikationen, die Erfahrung und natürlich auch die Persönlichkeit.

Worin besteht Ihrer Meinung nach der größte Handlungsbedarf? |Frau Nischler-Leibl| Die Frage ist für mich: Was sind wirkliche Benachteiligungen, beispielsweise Einkommensunterschiede und schlechtere Karrierechancen auf Führungsebene, und was können wir dagegen tun. Ich hoffe, die Frauenquote wird sich hier positiv auswirken, weil sich dadurch die Strukturen langfristig verändern werden.

Oft spiegeln Unterschiede aber auch die unterschiedlichen Präferenzen von Männern und Frauen wider - die sich dann auch auf die beruflichen Chancen auswirken. Neben allen Fördermaßnahmen finde ich es daher wichtig, dass wir Rollenbilder möglichst früh daraufhin hinterfragen, ob sie unnötige Grenzen und Barrieren für Mädchen und natürlich auch Jungen bedeuten.

Es geht darum, wirklich wählen und frei entscheiden zu können.

Ich halte es daher auch für sehr wichtig, dass wir stark in den Ausbau der Kinderbetreuung investieren, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu erleichtern und den Wiedereinstieg nach Familienphasen zu unterstützen.

Wie schätzen Sie die zukünftigen Entwicklungen ein? |Frau Nischler-Leibl| Durch den demografischen Wandel werden Gründerinnen und Gründer, die als „silver ager“ beginnen, immer wichtiger werden. Sie bringen oft Kapital und wichtige Erfahrungen und Netzwerke mit. Zudem werden in Zusammenhang mit dieser Entwicklung Branchen wie der Gesundheitsbereich weiter stark wachsen und neue Chancen für Unternehmerinnen eröffnen.

Was würden Sie Frauen mit Gründungs-/Übernahmeabsichten empfehlen? |Frau Nischler-Leibl| Trauen Sie sich!

Und holen sie sich von Anfang an Beratung bei den entsprechenden Stellen, um neben der Verwirklichung Ihrer Idee den wirtschaftlichen Erfolg nicht aus den Augen zu verlieren!

Persönlicher Wunsch / Abschlussstatement: |Frau Nischler-Leibl| Viele Frauen arbeiten geringfügig oder in Teilzeit, obwohl sie oft mehr arbeiten möchten.

Hier werden Potentiale noch nicht voll genutzt. Das ist nicht nur persönlich unbefriedigend, sondern auch volkswirtschaftlich. Und wir müssen weiter daran arbeiten, die Lohnlücke zwischen Frauen und Männern zu schließen.

13

Statements von Institutionen

3.2 Interview IHK – Frau Kerschl (Autorinnen Julia Auer, Stefanie Siber) Relevante Quellen zur Gewinnung von quantitativem und qualitativem Datenmaterial sind die einzelnen Industrie- und Handelskammern (IHK) in Bayern. Im nachfolgenden Interview stellt Frau Elfride Kerschl, Leiterin der Referats Wirtschaft- und Sozialpolitik der IHK München/Oberbayern, stellvertretend die Erfahrungen, Erkenntnisse und Entwicklungen zum Thema Frauen als Unternehmerinnen in ihrer Organisation dar. Die IHK München/Oberbayern verfügt über ca. 380.000 Mitgliedsunternehmen und bietet ein umfangreiches Angebot an Beratungs- und Serviceleistungen für Existenzgründungen und –entwicklungen, um mit bedarfsgerechter Unterstützung die Position der Betriebe in Bayern weiter zu stärken und auszubauen. Das Thema Frauenförderung steht zum aktuellen Zeitpunkt unter anderem verstärkt im Fokus der IHK München/Oberbayern.

Leiterin des Referats Wirtschafts- und Sozialpolitik Elfriede Kerschl Frau Elfriede Kerschl widmet sich als Leiterin des Referats Wirtschafts- und Sozialpolitik intensiv dem Thema der Frauenförderung.

Frau Kerschl ist bei der IHK München und Oberbayern für einen Großteil der Projekte zur Frauenförderung im Angestelltenund Selbstständigen-Be-reich zuständig und hat im Sommer 2015 auch einem agilen Arbeitskreis „Frauen als Unternehmerinnen“ eingerichtet

Beste Rahmenbedingungen Rahmenbedingungen für für den Beste den wirtschaftlichen Erfolg aller Unternehmen wirtschaftlichen Erfolg aller Unternehmen in der der Region Region zu zu schaffen schaffen –– das das ist ist das in das oberste Ziel Ziel der der IHK IHK München München und oberste und Oberbayern.

Oberbayern.

Was sind in Ihrer Organisation die zentralen Themenfelder rund um Frauen als Unternehmerinnen? |Elfriede Kerschl| Ein Ziel ist es, nicht nur die Zahl der selbstständigen Frauen in der Wirtschaft zu erhöhen, sondern auch die Sichtbarkeit der bereits selbstständigen Frauen in der Wirtschaft zu verstärken. Es soll außerdem die aktuelle Situation der Unternehmerinnen realistisch dargestellt und gleichzeitig Mut zum Schritt in die Selbstständigkeit gemacht werden.

Was sind für Sie persönlich aus Ihrer Tätigkeit zentrale Erkenntnisse

14

Statements von Institutionen

oder Erfahrungen im Thema „Frauen als Unternehmerinnen“? |Elfriede Kerschl| Leider decken sich meine Erfahrungen mit den üblichen Klischees: Frauen sind nicht so risikoaffin wie Männer, sie sind schlecht vernetzt, stellen ihr Licht oft unter den Scheffel und vermeiden das Thema „Frauen in der Wirtschaft“ anzusprechen oder in Öffentlichkeit damit verbunden zu werden.

Gleichzeitig gibt es tolle Frauen, die mit sehr viel Energie und großem Weitblick ein Unternehmen führen.

Häufig führen sie auch stärker teamorientiert als Männer. Frauen, die den Schritt ins Unternehmertum wagen, sind „Macherinnen“, fordern viel von sich, bekommen aber auch viel zurück, weil sie die Herausforderung der Balance zwischen verschiedenen Rollen bewältigen. Es ergibt sich für sie eine positive Resonanz. Wenn die Herausforderungen, wie z.B. Vereinbarkeit von Familie und Beruf, in der Balance bleiben oder wenn man die Balance findet, dann wirkt die Selbstständigkeit als positiver Verstärker. So besteht auch keine Gefahr der Selbstausbeutung. Solche Unternehmerinnen sind Vorbilder, die es gilt, bekannt zu machen, um anderen Mut zu machen.

Wo sehen Sie persönlich bzw. aus Ihrer Erfahrung heraus die größten Herausforderungen für Gründerinnen / Unternehmerinnen? (z.B. hinsichtlich Geschlecht, Finanzen, Zeit, etc.) |Elfriede Kerschl| Vor allem in dem großen Einstiegsproblem. Den Sprung in die Selbstständigkeit zu wagen und auch in großem Stil zu wagen, viel-

leicht sogar größer, als man es sich im Vorfeld überlegt hatte, ist oft eine hohe Hürde.

Dazu kommt die Problematik der „zeitlichen Vereinbarkeit“. Wie bekomme ich Zeit für Familie, zeitliche Organisation und auch allgemein Zeit für Privates unter einen Hut? Der zeitliche Druck birgt die Gefahr der Überbelastung, allerdings handeln karrierebewusste Frauen oft nachhaltiger und leisten oftmals mehr als ihre männlichen Kollegen.

Es besteht auch grundsätzlich auch die Herausforderung, sich gegen Vorurteile, die zum Teil durchaus von verschiedenen Seiten vorhanden sind, elegant zur Wehr setzen.

Gibt es Ihrer Meinung nach Unterschiede zu Gründern/ Unternehmern? Wenn ja, welche? |Elfriede Kerschl| Das ist eine schwierige Frage, weil die Bandbreite der Unternehmerinnen sehr hoch ist.

Grundsätzlich gibt es natürlich einige Unterschiede, so gründen Frauen meist kleiner, vorsichtiger und informieren sich vor der Gründung intensiver.

Der größte Unterschied ist meiner Einschätzung nach in der unterschiedlichen Risikobereitschaft zu sehen, nicht in der Einsatzbereitschaft und auch nicht im Wissen.

In technischen Bereichen sind Frauen deutlich unterrepräsentiert.

Dort müssen sich die vorhandenen Unternehmerinnen mehr behaupten. Viele Frauen können sich dort jedoch recht gut behaupten. Unternehmerinnen berichten, dass in männerdominierten Branchen sogar Vorteile für Frauen

15

Statements von Institutionen

durch die „Einzigartigkeit“ bestehen. Es gibt Frauen, die diese Chance ganz explizit nutzen und sich in einer männerdominierten Umgebung sehr gut durchsetzen können. „Letzten Endes kommt es auf die einzelne Frau sehr individuell an, ob sie ihren eigenen Weg findet.“ Worin besteht Ihrer Meinung nach der größte Handlungsbedarf? |Elfriede Kerschl| Es werden viel mehr weibliche „Role Models“ benötigt, also Unternehmerinnen, die bewusst in der Öffentlichkeit sichtbar sind.

Wir brauchen dabei nicht nur die Topführungsfrauen, sondern auch die Unternehmerinnen im Mittelstand, die einen für viele nachvollziehbaren Weg in die Selbstständigkeit gegangen sind, aber ebenso auch exotische Beispiel.

Mit anderen Worten: Es braucht die Unternehmerin um die Ecke genauso wie die „verrückten“ Unternehmensideen-Beispiele, die viel Aufmerksamkeit für das Thema erzeugen.

Wie schätzen Sie die zukünftigen Entwicklungen ein? |Elfriede Kerschl| Zum Glück optimistisch, weil es mittlerweile selbstverständlich ist, dass man ein Unternehmen auch an die Tochter weitergibt und auch die Frauen trauen sich selbst mehr zu. Daher werden zukünftig mehr Frauen zu Unternehmerinnen und in die Selbstständigkeit gehen.

Was würden Sie Frauen mit Gründungs-/Übernahmeabsichten empfehlen?

|Elfriede Kerschl| Frauen sollten sich viel stärker und gezielter vernetzen.

Sie sollten sich bewusst Unternehmensnetzwerke suchen bzw. ganz bewusst den Kontakt zu Unternehmen suchen, um Anregungen zu bekommen und mehr über das Unternehmerdasein zu erfahren.

Zudem sollten sie die Vielzahl der Angebote nutzen und sich an Unternehmensgründungsberatungen wenden, wie zum Beispiel an die Existenzgründungsberatung der IHKs. Ihr persönlicher Wunsch / schluss- statement:

Ab-

|Elfriede Kerschl| Die Gründerinnen und Unternehmerinnen, die den Weg gegangen sind, sind in der Regel zufrieden, selbstbewusst, erfüllt und stemmen dadurch die täglichen Anforderungen sehr erfolgreich.

Da Frauen gerne machen, was ihnen persönlich Freude macht, denken sie meist zunächst gar nicht über Geldverdienen nach. Das Unternehmertum bietet die Möglichkeit, sich selbst zu verwirklichen und ist daher für Frauen besonders naheliegend.

Der Schritt in die Selbstständigkeit ist sicherlich mit hohem zeitlichem Aufwand verbunden, aber meist gelingt es doch, alle Bereiche in Balance zu halten. Frauen müssen sich einfach mehr trauen, können tun sie es genauso gut wie Männer!

16

Statements von Institutionen

3.3 Interview Hanns-Seidel-Stiftung – Frau Dr. Schlembach

Dr. Claudia Schlembach Frau Dr. Schlembach leitet das Referat für Wirtschaft und Finanzen bei der Hanns-Seidel-Stiftung. Sie war über 15 Jahre in einem Netzwerk, das sich auf die Beratung kleiner und mittelständischer Unternehmen und Existenzgründungen fokussiert, aktiv, sechs Jahre davon als Geschäftsführerin.

Was waren Beweggründe/Hintergründe für die Gründung der Stiftung? |Dr. Claudia Schlembach| Die HannsSeidel-Stiftung sieht sich seit ihrer Gründung im Jahr 1967 im Dienst von Demokratie, Frieden und Entwicklung.

Sie versteht sich als Plattform für politische Bildung und als wissenschaftliche Ideenbörse für die Politik.

Welche Ziele verfolgt die Stiftung? |Dr. Claudia Schlembach| Die Stiftung will durch vielfältige Seminare zur politischen Bildung beitragen.

Durch Workshops, Fachtagungen und Publikationen im Inland und durch konkrete Projektarbeit im Ausland soll ein substanzieller Beitrag zum öffentlichen Diskurs, zur politischen Bildung und zur Politikberatung geleistet werden.

Gibt es einen persönlichen Hintergrund für das Mitwirken in der Stiftung?

|Dr. Claudia Schlembach| Ja, ich war 15 Jahre in einem Netzwerk tätig, das sich auf die Beratung kleiner und mittelständischer Unternehmen und Existenzgründungen fokussiert hat.

Immer wieder wurde deutlich, dass es hinter all den ökonomischen Sachverhalten ganz klare Strukturen gibt, die politisch anzugehen sind. Und auch, dass es Gruppen von Beteiligten gibt, wie z.B. Frauen, die mit den gängigen Programmen nicht hinreichend erreicht werden. Für mich war und ist die Stiftung ein toller Perspektivwechsel.

Wie ist die aktuelle Struktur des Vereins? |Dr. Claudia Schlembach| Wir haben mit Frau Professor Männle eine weibliche Vorstandsvorsitzende, viele Führungspositionen sind weiblich besetzt. Derzeit sind wir in über 60 Ländern aktiv, haben im Jahr 2015 mehrere hundert Veranstaltungen angeboten und werden inhaltlich das Jahr 2016 unter den Aspekt Flüchtlinge und Migration stellen Da ich das Referat Wirtschaft und Finanzen leite, werde ich den Schwerpunkt auf Projekte legen, wie diese Menschen schnell in den Arbeitsmarkt integriert werden können. Eine besondere Beachtung sollen dabei die Frauen haben.

Frau Dr. Claudia Schlembach leitet seit mehreren Jahren das Referat für Wirtschaft und Finanzen bei der Hanns-SeidelStiftung

17

Statements von Institutionen

Wie schätzen Sie das bisherige Informationsangebot für Gründerinnen ein? |Dr. Claudia Schlembach| Frau Prof.

Claudia Eckstaller von der Hochschule München und ich als Vertreterin der HSS haben im letzten Jahr zusammen ein Bachelor-Seminar geleitet, das genau diese Frage zu beantworten suchte. Die Studentinnen und Studenten haben eine große Vielzahl von Angeboten gefunden. Auch solche, die sich speziell an Frauen richten. Sowohl qualitativ als auch quantitativ hat sich da ein beachtlicher Markt entwickelt.

Vorstellung, die die Frauen in sich tragen, den nächsten Schritt zu gehen und einfach zu machen. Gerade diejenigen, die niederschwellig gründen, können ihre Absicht meist gut mit ihrem Alltag kombinieren und sollten das auch probieren. Was sich daraus ergibt, ist die nächste Sache. Frauen, die wirklich zur eigenen Existenzsicherung gründen wollen oder manchmal auch gründen müssen, brauchen dagegen mehr Unterstützung in dem Sinne, dass sie nicht alle „Fehler“, die Gründer gerne machen, selbst erfahren müssen, sondern das „Lehrgeld“ einsparen können.

Wo sehen Sie bezüglich dessen Verbesserungspotenzial?

Gibt es in den Herausforderungen Unterschiede zu Gründern?

|Dr. Claudia Schlembach| Was fehlt, ist die Transparenz, eine ÜbersichtsPlattform, die den Damen aufzeigt, welche Beratungsangebote zu ihren Bedürfnissen passen. Die sind ja sehr unterschiedlich.

Manchen Frauen gründen spielerisch, zum Beispiel in der Zeit als junge Mutter, weil sie ein zusätzliches Einkommen zum Familieneinkommen erwirtschaften wollen, weil sie eine ganz bestimmte Idee verfolgen. Manche gründen auch gleich im großen Stil. Es ist unmittelbar einleuchtend, dass nicht alle Beratungsangebote für alle Gründerinnen gleichermaßen geeignet sind. An dieser Stelle wäre eine Art Matrix sinnvoll und wünschenswert.

|Dr. Claudia Schlembach| Die Frage ist insofern trickreich, weil sie verführt, geschlechtsbedingte Vorurteile zu bedienen. Trotzdem meine klare Aussage: Ja, die gibt es und zwar durchaus deutlich. Das ist einmal die Motivation zur Gründung, die bei Frauen immer noch mehrheitlich als Zuerwerb abläuft, und zum Zweiten ist es die geringere Risikobereitschaft der Frauen. Das ist keinesfalls ein Nachteil – große Unternehmen suchen nach Frauen in Aufsichtsräten, um die hohe Risikobereitschaft der Kollegen zu kontrollieren…

Wo erkennen Sie die größten Herausforderungen für Gründerinnen? |Dr. Claudia Schlembach| Meines Erachtens ist die größte Herausforderung, von der Idee, dem Wunsch, der

Frauen reduzieren dieses Risiko zu Beginn der Gründung, indem sie langsam starten, weil sie dann nur wenig Startkapital brauchen. Sie setzen auf langsames Wachstum.

Männer starten eher im großen Stil – auch finanziell.

Ein weiterer wichtiger Unterschied liegt darin, dass Frauen den Sinn ihres

18

Statements von Institutionen

Handelns als Unternehmer eher in den Vordergrund stellen, eine sinnorientierte Arbeit suchen und weniger das Materielle. Deshalb denke ich, Männer gründen Unternehmen, Frauen gründen Existenzen.

gen gut vorbereitet, weil sie schon immer auf mehreren Wegen gewandelt sind.

Welche Potenziale sehen Sie in Gründerinnen?

|Dr. Claudia Schlembach| Es ist meine feste Überzeugung, dass unsere super ausgebildeten jungen Frauen mehr und mehr den Schritt in die Selbstständigkeit wagen und erfolgreich gehen werden. Das hängt zum einen mit einem gestiegenen Selbstbewusstsein und zunehmender Parität in der Partnerschaft zusammen und zum anderen damit, dass New Work und Frauen gut zusammenpassen.

|Dr. Claudia Schlembach| Unsere Lebens- und Arbeitswelt steht vor einem großen Umbruch. Wir werden dank Digitalisierung, dem Internet der Dinge, völlig neue Anforderungen an die Mitarbeiter haben. Es wird viel mehr Eigenverantwortung gefordert sein, partielle Selbstständigkeit wird normal werden. Sagen wir es so: Frauen sind auf diese Herausforderun-

Wie schätzen Sie die zukünftigen Entwicklungen ein?

19

Statements von Institutionen

3.4 Interview Stiftung Familienunternehmen – Frau Krenek (Autorin Jacqueline Seifert) Ein Großteil der Unternehmen in Deutschland sind Familienunternehmen. Von allen wirtschaftsaktiven Unternehmen in Deutschland sind 91 % familienkontrollierte Unternehmen und 87 % eigentümergeführte Familienunternehmen. Laut einer Studie von 2014 arbeiten demnach 15,1 Millionen Beschäftigte in Deutschland in familienkontrollierten Unternehmen und 14,0 Millionen in eigentümergeführten Unternehmen.

Wenn ein neues Unternehmen gegründet wird, befindet es sich üblicherweise im Eigentum des Gründers bzw. der Gründer, welche auch Geschäftsführer sind.

Dementsprechend sind neu gegründete Firmen oftmals Familienunternehmen (vgl.

Stiftung Familienunternehmen 2014, S. 19-21).

In Bezug auf Unternehmerinnen sind Familienunternehmen nicht außer Acht zu lassen, denn auch in diesem Bereich hat sich die Rolle der Frau in den letzten Jahren signifikant geändert. Frau Maria Krenek, Referentin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Stiftung Familienunternehmen, hat in einem Interview diese Entwicklung sowie die Bedeutung dieser Unternehmen für die Wirtschaft geschildert.

Referentin für Presseund Öffentlichkeitsarbeit Maria Krenek Was waren die Hintergründe für die Gründung Ihrer Stiftung? |Maria Krenek| Die Gründung der Stiftung im Jahr 2002 schloss eine empfindliche Lücke: Bis dahin lautete die oberflächliche Formel, die Wirtschaft sei gleich Börse, gleich DAX. Viel zu lange standen Familienunternehmen im Schatten börsennotierter anonymer Publikumsgesellschaften.

Wenn Regierungschefs das Gespräch mit der Wirtschaft suchten, versammelten sie medienwirksam Konzernlenker um sich. Parallel dazu prägten Journalisten mit ihrer Fixierung auf diesen kleinen Kreis das Bild der Öffentlichkeit.

Die Stiftung Familienunternehmen setzt sich seit 2002 für das Familienunternehmertum in Europa ein.

Die Politik wiederum konzentrierte sich in der Mittelstandsförderung europaweit auf kleinere und mittlere Unternehmen, deren Jahresumsatz laut allgemeiner Definition unter der Grenze von 50 Millionen Euro liegt. Die besonderen Interessen und Bedürfnisse der größeren Familienunternehmen, die zum Teil selbst Konzerne sind, sich jedoch in Familienbesitz befinden, fanden nur unzureichend Beachtung.

Dort setzt die Stiftung mit ihrer Arbeit an: Politik, Medien und der gesamten

20

Statements von Institutionen

Öffentlichkeit die Bedeutung dieses Unternehmenstyps nahe zu bringen.

Welche Ziele verfolgen Sie mit der Gründung Ihrer Stiftung? |Maria Krenek| Die Stiftung erhöht die öffentliche Wahrnehmung, indem sie über die Anliegen und Bedürfnisse der Familienunternehmen informiert. Dazu meldet sie sich mit Kommentaren und Interviews in der täglichen Medienberichterstattung zu Wort. Die Stiftung prägt aktuelle wirtschaftspolitische Diskussionen besonders durch Studien und Publikationen, die sie regelmäßig bei renommierten Wirtschaftsforschungsinstituten in Auftrag gibt. Darüber hinaus fördert sie die Ausbildung von Journalisten, die damit frühzeitig erfahren, welche Bedeutung die Familienunternehmen besitzen.

Die Stiftung ist direkter Ansprechpartner für politische Entscheidungsträger zur Berücksichtigung der besonderen Belange der Familienunternehmen in rechtlichen, steuerlichen und wirtschaftspolitischen Fragestellungen – deutschlandweit wie auf internationaler Ebene.

Mit aktuellen Berechnungsbeispielen und Positionspapieren zu Gesetzesvorhaben verschafft sie den Familienunternehmern Gehör. Die Diskussionen um die Erbschaft- und Vermögensteuer belegen, dass die Familienunternehmen Interessen durchsetzen können, wenn sie sich gemeinsam engagieren.

Die Stiftung fördert das Interesse junger Menschen an einer Tätigkeit in Familienunternehmen – seien es familieneigene Nachfolger, interne oder externe Fach- und Führungskräfte. Hierfür werden etwa regelmäßig

stattfindende Karrieretage initiiert, bei denen junge Talente Familienunternehmen kennenlernen und sich direkt bei ihnen bewerben können. Zudem bringt die Stiftung junge Unternehmensnachfolger auf regionaler und nationaler Ebene zusammen.

Auch den persönlichen Austausch zu gesellschaftsund wirtschaftspolitischen Themen zwischen den Unternehmern fördert die Stiftung. So veranstaltet und unterstützt sie Treffen namhafter Unternehmer auf regionaler, nationaler und internationaler Ebene.

Regelmäßige Veranstaltungen wie zum Beispiel der „Tag des deutschen Familienunternehmens“ bieten den Gesellschaftern großer deutscher Familienunternehmern ein nationales Forum. Mit Treffen wie dem „Gesprächskreis Führungskräfte“ vernetzt sie Unternehmensnachfolger, Wissenschaftler, Politiker und Kirchenvertreter. „Nur knapp 8 Prozent der befragten Frauen wollen selbstständige Unternehmer werden“ Wie verlief die Entwicklung seit der Gründung? |Maria Krenek| Vor Gründung der Stiftung erhielt die Stimme der Familienunternehmen in der Öffentlichkeit viel zu wenig Gehör. Mittlerweile hat sich dies geändert: Politik und Medien erkennen zunehmend, dass verantwortlich ausgeübtes Eigentum in Familienhand die Grundlage der Wirtschaftskraft unseres Landes darstellt.

Die Stiftung wird mittlerweile getragen von rund 400 Firmen aus dem Kreis der größten deutschen Familienunter-

21

Statements von Institutionen

nehmen. Der Jahresumsatz dieser Firmen liegt deutlich über der allgemeinen Grenze der EU für kleine und mittlere Unternehmen in Höhe von 50 Millionen Euro.

Wichtiger Baustein der Stiftungsarbeit sind wissenschaftliche Studien auf dem Forschungsfeld Familienunternehmen. Die Stiftung kooperiert dabei ausschließlich mit unabhängigen wissenschaftlichen Instituten. Zudem hat sie die Einrichtung von eigenen Forschungsinstituten initiiert und fördert diese finanziell. Darüber hinaus betreibt die Stiftung eigene Ausbildungsprogramme zum Thema Familienunternehmen an den führenden deutschen Journalistenschulen. Um die Wahrnehmung der Familienunternehmen als attraktiver Arbeitgeber bei hochqualifizierten Fach-und Führungskräften zu stärken, hat die Stiftung Familienunternehmen den „Karrieretag Familienunternehmen“ ins Leben gerufen.

Mit dem „Haus des Familienunternehmens“ bietet die Stiftung den großen deutschen Familienunternehmen eine Repräsentanz im politischen Zentrum Berlins und schafft damit die Voraussetzung zum Dialog zwischen Familienunternehmern, Politik, Wirtschaft, Medien und Wissenschaft.

Die Stiftung Familienunternehmen veranstaltet zudem regelmäßige Treffen auf regionaler, nationaler und internationaler Ebene, die den direkten Austausch von Unternehmern untereinander sowie mit weiteren relevanten Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens ermöglichen.

Gibt es spezielle Veranstaltungen von Ihrer Stiftung für Frauen?

Nein, spezielle Angebote für Frauen gibt es nicht.

Wo sehen Sie die größten Herausforderungen für Unternehmerinnen? |Maria Krenek| Das größte Hindernis ist sicherlich, dass Frauen nach wie vor die größte Bedeutung in der Versorgung der Familie tragen, das gilt für die Kinder ebenso wie die Versorgung der pflegebedürftigen Eltern.

Gleichzeitig stehen sie sich aber vielleicht auch selbst im Wege. Einer unserer Studie zur Attraktivität der Familienunternehmen als Arbeitgeber hat auch danach gefragt, welche beruflichen Ziele sich Männer und Frauen stecken. Demnach wollten nur knapp 8 Prozent der befragten Frauen selbstständiger Unternehmer werden, während 23 Prozent der Männer diesen Berufswunsch äußerten. „Noch vor 20 Jahren waren Töchter eher zweite Wahl, das gibt es heute nicht mehr.“ Bezüglich des Übergangs von Unternehmen von den Gründern zu Nachfolgern, sind Töchter / weibliche Nachfolger heutzutage stärker im Gespräch? |Maria Krenek| Hier hat sich vieles grundlegend gewandelt. Noch vor 20 Jahren waren Töchter eher zweite Wahl, das gibt es heute nicht mehr, selbst in sog. männerdominierten Branchen. Beispiele hierfür sind Nicola Leibinger-Kammüller oder die Katharina Claas.

Wie schätzen Sie die zukünftigen Entwicklungen bezüglich weiblicher Nachfolger bzw. Unternehmerinnen ein?

22

Statements von Institutionen

|Maria Krenek| Auch hier können Frauen mehr erreichen, wenn sie selbstbewusster wären und weniger in den erwartbaren Rollenklischees verharrten. Unsere Studie zu „Deutschlands nächster Unternehmergeneration“ gibt darauf Hinweise: Signifikante Unterschiede zeigen sich auch zwischen männlichem und weiblichem Unternehmernachwuchs.

Auf die Frage nach ihren Werthaltungen beurteilen die Unternehmersöhne „Sich und seine Bedürfnisse gegen andere durchsetzen“ als signifikant wichtiger als die Unternehmertöchter (p<0,05). Im Gegensatz dazu schätzt der weibliche Unternehmernachwuchs die folgenden Werthaltungen signifi-

kant wichtiger ein als die männlichen Vertreter der nächsten Generation: „Ein gutes Familienleben führen“ (p<0,001); „Einen Partner haben, den man vertrauen kann“ (p<0,05); „Gute Freunde haben, die einen anerkennen und akzeptieren“ (p<0,05); „Ein reines Gewissen haben“ (p<0,05); „Sein Leben nach christlichen Werten ausrichten“ (p<0,05); „So zu leben, dass der Mitmensch nicht geschädigt wird“ (p<0,001), „Gesetz und Ordnung respektieren“ (p<0,1). Die weiblichen Befragten scheinen in Summe also etwas mehr Wert auf ein vertrauensund rücksichtsvolles Zusammenleben im engeren und weiteren sozialen Umfeld zu legen.

23

Statements von Institutionen

3.5 Interview Projekt guide – Frau Dr. Wenzel (Autorin Carolin Warz) Im Rahmen der Studie wurde Kontakt zu Verbänden aufgenommen, die sich insbesondere für die Förderung von Existenzgründerinnen einsetzen. Als Interviewpartnerin konnte in diesem Zusammenhang das Projekt guide gewonnen werden. Der Projektträger dieses Projektes ist GründerRegio M, eine Initiative der Wissenschaftsund Wirtschaftsregion München zur Förderung hochschulnaher Unternehmensgründungen.

Das Projekt guide, das im Juli 2005 in München gestartet ist, verfolgt das Ziel, das unternehmerische Potenzial von Frauen zu fördern, den beratenen Frauen neue berufliche Perspektiven aufzuzeigen und die Teilnehmerinnen bei ihrem Weg in die Selbstständigkeit intensiv zu unterstützen.

Im Interview berichtete Frau Dr. Wenzel über Hintergründe, Ziele und Herausforderungen bei der Existenzgründungsberatung von potenziellen Unternehmerinnen.

Projektleiterin und Beraterin Dr. Bettina Wenzel Dr. Bettina Wenzel, 52, arbeitet seit 2003 bei GründerRegio M, einer Initiative der Wissenschafts- und Wirtschaftsregion München zur Förderung hochschulnaher Unternehmensgründungen.

In ihrer Arbeit stehen vor allem die individuelle Beratung und Unterstützung von Existenzgründerinnen im Mittelpunkt. Darüber hinaus koordiniert sie die Aktivitäten des Projektes guide und konzipiert zusammen mit ihrem Team neue Angebote für Gründerinnen, die sie dann gemeinsam umsetzten Was waren die Hintergründe für die Gründung des Projektes guide?

Individuelle Beratung ihrer einzelnen Kundinnen ist ihr und ihrem Team sehr wichtig.

|Dr. Wenzel| Das Ganze ist etwas komplexer und aus diesem Grund hole ich etwas weiter aus: Träger des Projektes guide ist der Verein GründerRegio M, der 1998 gegründet wurde. Es handelt sich hier um eine Initiative der Wissenschafts- und Wirtschaftsregion München zur Förderung hochschulnaher Unternehmensgründungen.

24

Statements von Institutionen

Der Bereich ‚Female Entrepreneurship‘ hat sich in den letzten Jahren zu einem deutlichen Schwerpunkt und zu einer Kernkompetenz von GründerRegio M entwickelt und aus diesem Grund bietet guide seit Juli 2005 kostenfreie, individuelle Gründungsberatung an. Es ging vor allem darum, gründungsinteressierte Frauen zielgerichtet und gendergerecht zu unterstützen, denn es ist ein Bedarf da. guide richtet sich an Frauen, die eine konkrete Geschäftsidee haben und freiberuflich oder gewerblich im Dienstleistungsbereich arbeiten wollen. guide spricht zugleich auch Frauen an, die sich über die Chancen einer selbstständigen Erwerbstätigkeit grundlegend informieren möchten.

Welche Ziele verfolgen Sie mit der Gründung des Projektes? |Dr. Wenzel antwortet mit einem Lächeln auf dem Gesicht| Mir ist es sehr wichtig zu zeigen, dass Gründen sehr vielfältig ist! Es gibt viele Angebote hinsichtlich der Unterstützung dieser Vorhaben, aber bis dato ist die Förderung von kleinen Gründungen, SoloSelbstständigen weniger stark vertreten, da der Fokus vor allem auf größeren Gründungen liegt. Umso wichtiger ist es, dass eben auch diese kleinen Gründungen die Wertschätzung und Anerkennung bekommen, die sie verdienen. Ein großes Ziel ist bei uns auch die Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit, verbunden mit der Chancengerechtigkeit.

Insbesondere, dass Frauen die gleichen Möglichkeiten auf dem Markt bekommen wie Männer und gerade, wenn die Frauen noch Kinder großziehen oder Angehörige pflegen. Hier

bietet sich eben oft eine Selbstständigkeit an. Aber es ist wichtig, dass diese einfach gut vorbereitet wird, um dauerhaft bestehen zu können und nachhaltig zu sein. Dies ist folglich auch noch ein Ziel unserer Beratung: eben, dass die Gründungsvorhaben, die wir unterstützen, wirklich nachhaltig – sprich umsetzbar - sind und die Gründerin auch langfristig ihren Lebensunterhalt bestreiten kann.

Gibt es einen persönlichen Hintergrund für das Mitwirken des Projektes? |Dr. Wenzel schmunzelt und erzählt| Also, es war für mich natürlich eine Riesenchance, weil es für mich eine Gelegenheit war, ein Projekt selbst zu konzipieren, selbst zu planen, zu entwickeln, zu implementieren und umzusetzen, wodurch das Projekt auch ein Stückweit die eigene Handschrift trägt - was sehr schön ist.

Ebenso habe ich damals festgestellt, als ich zu GründerRegio M gekommen bin, dass ich alles, was ich mag, was mich interessiert, in dieses Projekt einbringen und dort verbinden kann.

Ich wollte immer gerne hochschulnah arbeiten, aber nicht direkt an der Uni. Und die Verbindung zwischen Wissenschaft und Wirtschaft hat mir einfach sehr gut gefallen, da ich auch meine eigenen Kompetenzen integrieren darf.

In meine Tätigkeit als Projektverantwortliche und Beraterin bringe ich vielfältige Berufserfahrungen ein: Nützlich ist mein Wissen in den Bereichen Marketing, Kundenakquise und Qualitätsmanagement, das ich als Centermanagerin und Vertriebs- und Marketingleiterin erworben habe. Auch meine Erfahrungen in der Forschung

25

Statements von Institutionen

und Lehre sowie in der wissenschaftlichen Weiterbildung kommen meiner Arbeit für das Projekt guide zugute.

Ebenso habe ich natürlich auch einen enormen Gestaltungsspielraum. Ich kann sehr frei arbeiten – natürlich immer im Rahmen der Richtlinien der Fördermittel, aber an diese kann man sich gut halten. [Sie lacht.] Es ist einfach eine wunderbare Mischung zwischen Einzelarbeit mit der einzelnen Kundin oder Teilnehmerin und dem Arbeiten im Team – einfach das gemeinsame Schaffen und etwas Sinnvolles auf die Beine stellen, das den Zielgruppen wirklich hilft.

In Bezug auf das Portfolio von guide – welche Angebote werden gründungsinteressierten Frauen geboten? |Dr. Wenzel| Einen Schwerpunkt der Projektaktivitäten bildet die kostenfreie, individuelle Beratung zur Vorbereitung einer Existenzgründung. Hierzu führen wir ausführliche Gespräche, in denen die gründungsinteressierten Frauen ein fundiertes Feedback zu ihrer Geschäftsidee, sowie konkrete Hilfe beim Schreiben ihrer Businesspläne erhalten. Neben den gründungsbezogenen Fachthemen werden auch die persönlichen Anliegen der Kundinnen besprochen, um hier wirklich eine persönliche und vor allem individuelle Unterstützung zu gewährleisten. Zusätzlich zur Einzel-Beratung bietet guide Arbeitsgruppen, Seminare und Workshops an, die sich mit den gründungsrelevanten Themen wie z.B. Pressearbeit, Buchführung oder Honorarverhandlungen befassen und die kollegiale Arbeit in der Gruppe fördern. Diese Veranstaltungen sind praxisorientiert und

werden in kleinen Gruppen durchgeführt. Zudem gibt es natürlich auch Netzwerktreffen, wo vor allem der gegenseitige Erfahrungsaustausch gesichert wird und die Motivation gefördert werden soll.

Ein schönes Angebot, welches guide seinen Kundinnen bietet, ist zum Beispiel der Lehrgang ‚W.E.G. – Wiedereinstieg als Gründerin‘. Im Rahmen dieses Kurses werden Wiedereinsteigerinnen und Gründerinnen über einen Zeitraum von vier Monaten begleitet. In 18 Kurstagen wird ein durchdachtes und realistisches Konzept als Grundlage für die eigene Selbstständigkeit erarbeitet.

Darüber hinaus werden neben dem Basiswissen insbesondere die eigenen Kompetenzen und Stärken der Teilnehmerinnen herausgearbeitet.

Eine weitere tolle Aktivität, die ich im Rahmen dieser Frage unbedingt erwähnen möchte, ist unser Geschäftsideen- Wettbewerb ‚Best Concept‘ für Gründerinnen in Bayern. Bei diesem erstellen die Teilnehmerinnen anhand eines Leitfadens aussagekräftige Geschäftskonzepte, die von einer fachkundigen Jury bewertet werden.

Die überzeugendsten Konzepte werden in einer Prämierungsfeier ausgezeichnet und mit Sachpreisen honoriert.

Wo sehen Sie die größten Herausforderungen für Gründerinnen? |Dr. Wenzel überlegt kurz und antwortet| Wir sehen natürlich sehr stark die Doppelbelastung im Sinne der familiären Aufgaben und beruflichen Verpflichtungen. Gerade bei Wiedereinsteigerinnen, die längere Zeit

26

Statements von Institutionen

zu Hause waren, ist es oft sehr schwierig, dass sie sich den Freiraum schaffen können, um sich auf den Beruf zu konzentrieren. Die Familie ist es schließlich gewöhnt, dass immer jemand da ist, sodass wir vor allem in der Vereinbarkeit ein großes Thema sehen. Eine weitere Herausforderung ist oft auch, dass Frauen weniger Startkapital zur Verfügung haben, wenn sie gründen, weil sie möglicherweise eine längere Erwerbsunterbrechung hatten oder weil sie zuvor in Teilzeit gearbeitet haben. Oftmals sind Frauen auch einfach nicht bereit, so viel eigenes Geld zu investieren, weil sie zum Beispiel auch risikoscheuer sind als Männer. |Dr. Wenzel lächelt und fährt fort| Häufig ist es so, dass Frauen weniger Selbstvertrauen haben, gerade wenn es Erwerbsunterbrechungen gab oder sie in ihren vergangenen Anstellungen Probleme hatten. Frauen haben oft nicht diesen Drang oder nicht die Begeisterung für die Themen wie Akquise, Honorar-Verhandlungen oder dem Verkauf im Gegensatz zu ihren männlichen Mitstreitern.

Abgesehen davon zeichnen sich Frauen aber zum Beispiel dadurch aus, dass sie wirklich sehr gut vorbereitet sind, teilweise fast schon zu gut vorbereitet und deswegen gründen Frauen ja oft auch kleiner und weniger risikobehaftet oder wachstumsorientiert als Männer.

Wie schätzen Sie die zukünftigen Entwicklungen im Bereich Gründerinnen ein? |Dr. Wenzel| Ich sehe zunehmend mehr Frauen, die gründen, sowohl in absoluter Zahl als auch prozentual.

Man kann hier wirklich sagen, dass Gründerinnen auf dem Vormarsch sind. Auch die Gründerinnen, die ein bisschen älter sind, sind auf dem Vormarsch, weil sie einfach die Chance haben, ihre vielfältigen beruflichen Erfahrungen und Kompetenzen einzusetzen. Ebenso sehe ich eine starke Tendenz bei den Gründerinnen mit Migrationshintergrund. Auch bei diesen Frauen ist grundsätzlich eine sehr hohe Gründungsbereitschaft da. Was mir in den letzten Jahren deutlicher auffällt ist, dass viel in Teilzeit gegründet wird. Dies ist grundsätzlich gut und das unterstützen wir sehr gerne und auch sehr bewusst, aber natürlich immer mit dem Fokus, dass das Vorhaben trotz Teilzeit, rentabel, tragfähig und umsetzbar ist. „Ich glaube, die Gründungslandschaft ist immer schon bunt und wird zunehmend bunter.“ Ich glaube, es hat sich sehr viel getan in den letzten zehn Jahren. Ich sehe, dass sich viele Netzwerke bilden, sowohl real, auch als virtuell!

Ich glaube, die Gründungslandschaft ist immer schon bunt und wird zunehmend bunter.

27

Statements von Institutionen

3.6 VDU (Autorin Stefanie Richter) Der Verband deutscher Unternehmerinnen (VdU) setzt sich branchenübergreifend für die Belange mittelständischer Unternehmerinnen aus Handwerk, Industrie, Handel und Dienstleistung ein. Mit einem Jahresumsatz von 85 Milliarden Euro und ca.

500.000 Mitarbeitern ist der Verband eine wichtige Stütze der deutschen Wirtschaft (vgl. VdU 2015).

Auf Landesebene ist der Verband in die Gruppen Bayern-Nord und Bayern-Süd organisiert. Bedauerlicherweise konnten Daten vom Verband deutscher Unternehmerinnen nicht mehr rechtzeitig in den Bericht integriert werden, so dass keine statistisch erhobenen Daten aus diesem Bereich in die Datenauswertung einfließen.

3.7 Interview mit Frau Spinner – König

Geschäftsführende Gesellschafterin Stephanie Spinner- König (Autorinnen Julia Auer, Stefanie Siber) Die Spinner GmbH ist als Familienunternehmen seit 1940, aktuell mit ca.

1100 Mitarbeitern, im Bereich Hochfrequenztechnik tätig. Seit 1990 ist Frau Stephanie Spinner-König ein Teil der Geschäftsführung. Frau Spinner-König hat die Verantwortung für das Unternehmen von ihrem Vater, dem Unternehmensgründer Georg Spinner, übernommen und im vergangenen Jahr an ihre Tochter Katharina König weitergegeben.

Welche Leidenschaft sehen Sie in Ihrem Beruf? |Stephanie Spinner-König| Es ist unglaublich kreativ, die Probleme sind vielfältig. Es ist ein spannendes Umfeld. Mir persönlich macht das Spaß. Für einen Bürojob „9 to 5“ wäre ich einfach nicht geschaffen gewesen.

Stephanie SpinnerKönig ist seit 26 Jahren in der Geschäftsführung des Familienbetriebs tätig und hat die Hauptverantwortung inzwischen an ihre Tochter abgegeben.

Wie verlief Ihr Werdegang vor der Übernahme der Geschäftsführung? |Stephanie Spinner-König| Durch die Wohnung oberhalb des Unternehmens, in der wir bis 1972 wohnten, habe ich fast mein ganzes Leben im Unternehmen mitgearbeitet. Natürlich gab es über die Zeit auch einige andere Berufswünsche, die nach genauerer Prüfung aber nie Bestand hatten, also habe ich dann an der LMU in München Betriebswirtschaft studiert.

Nach dem Studium folgte noch ein Jahr Praktikum bei einer befreundeten Firma, bevor ich ins Familienunter-

28

Statements von Institutionen

nehmen als Teil der dreiköpfigen Geschäftsleitung mit Verantwortung für Personal und Finanzen eingestiegen bin.

Was macht für Sie den Reiz an der Position als Geschäftsführung aus? |Stephanie Spinner-König| Ein Unternehmen zu führen, auszubauen und zu entwickeln, ist eine sehr kreative Beschäftigung und hat viel mit Menschen zu tun. Beides ist für mich persönlich sehr reizvoll!

Welche Rollen nimmt die Familie bei Ihnen im Unternehmen ein? |Stephanie Spinner-König| Meine Tochter ist in der Nachfolge jetzt geschäftsführende Gesellschafterin.

Haben Sie Schwierigkeiten in Ihrer Tätigkeit aufgrund des weiblichen Geschlechts wahrgenommen? |Stephanie Spinner-König lacht| Ich habe das nie hinterfragt, für mich war das immer normal. Das verwundert die Leute immer, da ich ja auch in einem technischen Bereich tätig bin. Das scheint vor allem in Deutschland außergewöhnlich zu sein, im Ausland ist das oft nicht so ungewöhnlich – ich wüsste auch gerne, warum das so ist.

Für mich war das weder im familiären Umfeld noch im Geschäftsleben jemals ein Thema. Es ist mir in meiner Karriere äußerst selten passiert, dass mich jemand für die Sekretärin gehalten hat…

War es bei der Übergabe der Verantwortung von Ihrem Vater auf Sie als Frau ein Thema?

|Stephanie Spinner-König| Nein, gar kein Thema. Ich habe seit meinem 12.

Lebensjahr alle Abteilungen des Unternehmens durchlaufen. Ich kannte die Mitarbeiter, ich kannte die Probleme, ich kannte die Arbeit, da war das keine Frage mehr.

Welche besonderen Vor- oder Nachteile birgt das Modell „Familien-unternehmen“ in Ihren Augen? |Stephanie Spinner-König| Ein Familienunternehmen hat für mich klare Vorteile, weil neben der Gewinnorientierung auch immer andere Werte eine Rolle spielen. Ein Manager in einem Nicht-Familienunternehmen und in einem Familienunternehmen sind für mich ganz unterschiedliche Persönlichkeiten. Das soll nicht wertend klingen, es ist einfach ein anderer Ansatz.

Der Kernunterschied ist die Anonymität. Ein Manager in einem Großkonzern wird in erster Linie an Quartalsberichten und Aktienständen gemessen, hat in der Regel eine Bank und Analysten im Genick und muss ganz anders agieren. In einem Familienunternehmen hat man meist einen höheren Freiheitsgrad, das gilt aber auch für die Mitarbeiter und macht einen besonderen Reiz von Familienunternehmen aus.

Zum Thema Kinder: Ist Selbstständigkeit eine gute Idee? Macht es flexibler oder erschwert es die Familienplanung eher? |Stephanie Spinner-König| Kinder haben ganz eigene Bedürfnisse, das gilt für Männlein und Weiblein. Es muss vor allem der richtige Partner da

29

Statements von Institutionen

sein, der unterstützt, und man sich die Verantwortung teilen kann. Er muss hinter Ihnen und hinter dem Unternehmen stehen – und einem im Zweifel den Rücken frei halten.

Bei mir hat das - glücklicherweise sehr gut funktioniert. Aber es hätte natürlich auch schief gehen können – das weiß man ja vorher nicht. Ich habe selbst eine Tochter. Wir waren uns damals auch nicht sicher, ob ein zweites Kind neben der Tätigkeit noch klappen würde und haben uns dann dagegen entschieden. Wir hatten bei unserer Tochter wirklich Glück, dass Sie sehr unkompliziert war. Aber man weiß ja nicht, ob das beim zweiten Kind auch alles so gut funktioniert.

Dann wäre es wirklich schwierig geworden.

Es ist beim Thema Vereinbarkeit von Familie und Beruf vor allem wichtig, dass man seine Zeit gut einteilt. Dabei geht es in meinen Augen aber vor allem um Qualität als um Quantität.

War es für Ihre Tochter selbstverständlich, Ihre Nachfolge anzutreten? |Stephanie Spinner-König| Nein, ich habe ihr da alle Möglichkeiten offen gelassen. Zwischenzeitlich wollte sie einen ganz anderen Weg gehen – das hätte ich auch unterstützt. Letztendlich wollte sie dann aber doch ins Unternehmen einsteigen.

Sie hat sich trotz einer Einarbeitungsund Entscheidungszeit von 5 Jahren, welche ich ihr eingeräumt hatte, bereits nach 2 Jahren entschieden und gesagt, dass sie das machen möchte.

In welchen Verbänden sind sie neben Ihrer Haupttätigkeit aktiv? |Stephanie Spinner-König| Neben dem Vizepräsidium bei der IHK bin ich auch Vizepräsidentin beim Verband der bayrischen Wirtschaft und im engeren Vorstand des ZVEI. Natürlich kümmere ich mich in diesen Positionen auch um spezifische Frauenthemen, wenn diese auftauchen, grundsätzlich ist das aber eher allgemein gehalten.

Welche Netzwerke erachten Sie als sinnvoll, beziehungsweise sind Sie Mitglied einer Interessensvertretung/ Kammer/ Verband? |Stephanie Spinner-König| Das ist natürlich branchenspezifisch.

Ich denke, der jeweilige Branchenverband ist auf jeden Fall sehr sinnvoll. Dort bekommt man viel mit, was in der Branche passiert und inzwischen werden auch Start-ups in Branchenverbänden stärker gefördert. Diese Möglichkeiten würde ich auf jeden Fall nutzen. Auch allgemeine Verbände wie der Verband der bayrischen Wirtschaft können für ein umfassenderes, breiter gefächertes Bild sinnvoll sein.

Haben Sie Tipps für junge Unternehmerinnen? |Stephanie Spinner-König| Jeder, der etwas unternimmt, ein Unternehmen gründet, muss zunächst wissen, dass das mit sehr viel Arbeit verbunden ist.

Man arbeitet eben „selbst“ und „ständig“ – das ist halt so. Es muss klar sein, dass sich die aktuell so oft thematisierte Work-Life-Balance wahrscheinlich ziemlich stark auf die Waagschale „work“ konzentrieren wird.

30

Analyse von Berufsgruppen

Man kann bei dem Arbeitsaufwand nicht zwingend eine Balance herstellen.

Man sollte eher extrovertiert sein und den Umgang mit Menschen mögen.

Und man sollte flexibel sein. Jeder Tag bringt neue Herausforderungen.

4 Analyse von Berufsgruppen (Autorinnen Julia Auer, Stefanie Siber)

4.1 Gewerbliche Kammerberufe 4.1.1 Industrie- und Handelskammer (IHK) Da alle gewerblichen Unternehmen in Deutschland, mit Ausnahme der Handwerksbetriebe, freien Berufe und landwirtschaftlichen Betriebe, dazu verpflichtet sind, Mitglieder in einer regionalen Industrie- und Handelskammer (IHK) zu sein, stellt dies eine gute Quelle dar, um flächendeckende, fundierte Daten zu ihren Mitgliedsunternehmerinnen und Gründerinnen zu erhalten.

Die IHK ist eine von ihren Mitgliedsunternehmen demokratisch legitimierte Interessensvertretung und Dienstleister für die gewerblichen Unternehmen vor Ort. Sie bietet unter anderem ein breit gefächertes Beratungsangebot und individuelle Dienstleistungen für Unternehmensgründungen und -entwicklungen. In Bayern gibt es neun IHK – Bezirke zur Betreuung der Mitgliedsunternehmen (vgl. IHK 2015).

Das vorangegangene Interview mit Frau Elfriede Kerschl, Leiterin des Referats Wirtschafts- und Sozialpolitik bei der IHK München und Oberbayern, und die im weiteren Verlauf dargestellten Ausbildungsprognosen von Frauen in diesen Bereichen sollen Einblicke in die Potenziale für Unternehmerinnen liefern. Um noch mehr Transparenz in das Thema ‚Unternehmerinnen und Gründerinnen‘ zu bringen, wurde im Sommer 2015 ein agiler Arbeitskreis mit dem Leitthema „Frauen als Unternehmerinnen“ gegründet, welcher sich intensiv mit dem vorhandenen Datenmaterial und unterschiedlichen qualitativen Aspekten auseinandersetzt und gleichzeitig Handlungsbedarfe für die IHK identifiziert.

31

Analyse von Berufsgruppen

4.1.2 Handwerkskammer (HWK) Die sechs, regional aufgeteilten Handwerkskammern (HWK) in Bayern vertreten die Interessen des Handwerks. Wie bei allen Berufskammern, sind in die Handwerksrolle eingetragene Handwerksbetriebe in Bayern je nach regionaler Zuordnung, Mitglied einer der sechs bayerischen Handwerkskammern. Die Handwerkskammern decken dabei ganz unterschiedliche handwerkliche Bereiche, von Bau, Holz, Metall/Elektro, Glas/Papier über Bekleidung, Nahrung und Gesundheit, ab. Es werden dementstprechen höchst unterschiedliche Betriebstypen, sowohl der klassische Malerbetrieb als auch Goldschmiede oder Frisöre, in der Handwerkskammer zusammengeschlossen.

Die Pflichtmitgliedschaft aller Handwerksbetriebe bot, wie auch bei der IHK, einen guten Ausgangspunkt um auswertbares Datenmaterial anzufragen. Dank der freundlichen Unterstützung durch die HWK München konnten die jeweiligen Regionsvertreter im Bereich Statistik der HWK-Stellen direkt kontaktiert werden. Für alle sechs bayrischen Regionen Mittelfranken, Oberfranken, Oberbayern, Unterfranken, Niederbayern-Oberpfalz und Schwaben gelang es so, Datensätze mit einem Teil der angefragten Werte zu erhalten. Die verfügbaren Daten werden im Folgenden konsolidiert nach den Parametern Anzahl, Gründungsjahr und Rechtformform dargestellt und durch punktuelle Daten bezüglich Altersstruktur und Gründungsalter einzelner Handwerkskammern ergänzt. Bei den Branchen wird hierbei auf die ursprüngliche Differenzierung verzichtet, da alle bei den Handwerkskammern verzeichneten Unternehmen naturgemäß im Handwerk tätig sind.

Mitgliederverteilung des Handwerkskammern Bayern 23%

77%

weiblich

männlich

Abbildung 6: Verteilung der Mitgliedsunternehmen der Handwerkskammern Bayern (eigene Darstellung, Quelle: HWK 2015)

Von den ca. 207.500 registrierten Handwerksunternehmen werden ca. 23% von Frauen geführt, was einer absoluten Zahl von ca. 48.000 Unternehmerinnen entspricht. Damit liegt der Frauenanteil an Unternehmerinnen im Handwerk signifikant unter dem Anteil der Männer.

Auch bei detaillierter Betrachtung der einzelnen Regionen, lässt sich, wie in Abbildung 6 dargestellt, kein nennenswerter Unterschied erkennen. In allen Regionen werden mehr als 2/3 der Handwerksunternehmen von Männern geführt.

32

Analyse von Berufsgruppen

Geschlechteranteil der Unternehmensführung im Handwerk nach Regionen 90000 80000 70000 60000 50000 40000 30000 20000 10000 0

18206 8822 8900

60236 34372

20100

Männer

3379

4382

4326

12756

17745

14212

Frauen

Abbildung 7: Geschlechteranteil der Unternehmensführung im Handwerk nach Regionen in Bayern (eigene Darstellung, Quelle: HWK 2015)

Die zuständigen Handwerkskammern für München/Oberbayern, Niederbayern/Oberpfalz, Schwaben und Unterfranken haben zusätzlich Datenmaterial zur Altersstruktur der Unternehmerinnen erhoben. In Abbildung 8 wird die konsolidierte Altersstruktur der vier genannten HWKs dargestellt.

Altersstruktur der Unternehmerinnen in München/Oberbayern, Niederbayern/Oberpfalz, Schwaben und Unterfranken

7% 24%

unter 25 Jahre 17%

26 - 35 Jahre 36 - 45 Jahre

30%

22%

46 - 55 Jahre über 56 Jahre

Abbildung 8: Altersstruktur der Unternehmerinnen in München/Oberbayern, Niederbayern/Oberpfalz, Schwaben und Unterfranken (eigene Darstellung, Quelle: HWK 2015)

Es lässt sich deutlich erkennen, dass mit 76% der größte Teil der selbstständigen Unternehmerinnen über 35 Jahre alt ist und auch der Anteil der Unternehmerinnen über 56 Jahren mit 24% einen beachtlichen Anteil ausmacht. Diese Zahlen unterstützen die These, dass Frauen eine Gründung vorsichtiger angehen, vor ihrer Selbstständigkeit über solide Berufserfahrung verfügen wollen oder ggf. erst nach abgeschlossener Nachwuchsplanung den Schritt in die Selbstständigkeit machen. Der

33

Analyse von Berufsgruppen

hohe Anteil an Unternehmerinnen über 56 Jahren wirft auch die Frage nach der Nachfolgeplanung auf. Für junge Frauen im Handwerk könnte die Übernahme dieser Betriebe mit Kundenstamm eine Chance darstellen, einen risikoärmeren Schritt in die Selbstständigkeit zu gehen.

Die nachfolgende Abbildung stellt das Jahr der Gründung der Unternehmen dar, die zum aktuellen Zeitpunkt von Frauen in Bayern geführt werden. Es lässt sich hierbei eine positive Tendenz bezüglich der Unternehmensgründungen durch Frauen in der jüngeren Vergangenheit erkennen. Es ist jedoch zu beachten, dass die Geschäftsaufgaben in den verfügbaren Daten nicht ausgewiesen sind, sodass keine Aussage darüber getroffen werden kann, wie viele Unternehmungen durch Frauen seit 1960 geöffnet und wieder geschlossen wurden.

Gründungsjahr der Unternehmen von Frauen 20000 15000 10000 5000 0 vor 1960

1961 - 1970

1971 - 1980

1981 - 1990

1981 - 1992

2001-2010

2011-2015

Abbildung 9: Gründungsjahr der von Frauen gegründeten Unternehmen in Bayern (eigene Darstellung, Quelle: HWK 2015)

Die Auswertung der von Frauen gewählten Rechtsformen ergibt, dass 88% der Unternehmen als Einzelunternehmen geführt werden. Als zweithäufigste Rechtsform wird mit nur 8% die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) gewählt. Auch wenn keine Daten über die Mitarbeiterzahlen der Unternehmerinnen vorliegen, kann auf Grund der gewählten Rechtsformen vermutet werden, dass die Unternehmerinnen über keine oder geringe Mitarbeiterzahlen verfügen. Dies könnte ein Indikator dafür sein, dass Frauen ihre Ziele bezüglich Expansion und Unternehmenswachstum Rechtsformen der Unternehmen von Frauen 45000 40000 35000 30000 25000 20000 15000 10000 5000 0

41472

646

108

65

Abbildung 10: Gewählte Rechtformen (eigene Darstellung, Quelle: HWK 2015)

3988

der

227

10

Unternehmen

53

799

3

von

Frauen

in

Bayern

34

Analyse von Berufsgruppen

eher klein halten.

Zum Gründungsalter der Unternehmerinnen hat uns nur die HWK München/Oberbayern Datenmaterial zur Verfügung gestellt. Da die HWK München/Oberbayern jedoch mit Abstand die höchste Zahl an Mitgliedsunternehmen betreut, erscheint es sinnvoll, die Zahlen für die Analyse als Grundtendenz zu betrachten. Die meisten Unternehmensgründungen erfolgen zwischen dem 27. und 46. Lebensjahr. Da der größte Teil an Unternehmerinnen im Handwerk kein Hochschulstudium abgeschlossen hat, kann somit davon ausgegangen werden, dass viele Frauen erst Berufserfahrung sammeln, anschließend die Meisterprüfungen erfolgreich ablegen, bevor sie sich für die Selbstständigkeit entscheiden.

Gründungsalter der Unternehmerinnen in München/Oberbayern über 56 Jahre 47 - 56 Jahre 37 - 46 Jahre 27 - 36 Jahre 19 - 26 Jahre 0

1000

2000

3000

4000

5000

6000

7000

Abbildung 11: Gründungsalter der Unternehmerinnen in München/Oberbayern (eigene Darstellung, Quelle: HWK 2015)

Da zum aktuellen Zeitpunkt alle Handwerkskammern in Bayern dieselben Parameter in diesem Bereich erheben, erscheint es übergreifend sinnvoll, die Erhebung flächendeckend um weitere Parameter wie beispielsweise eine Differenzierung zwischen Voll- und Nebenerwerb, die Qualifikation der Gründerin oder auch die Mitarbeiterzahl zu ergänzen, um ein umfassenderes Bild über die Situation von selbstständigen Frauen im Handwerk in Bayern zu erlagen und langfristig eine positive Entwicklung zu fördern.

4.1.3 Deutsches Handwerksinstitut (DHI) Um das Datenmaterial der HWK noch um weitere Aspekte rund um Unternehmerinnen und Gründerinnen im Handwerk zu ergänzen, wurde Kontakt zum Deutschen Handwerksinstitut e.V. (DHI) aufgenommen, welches in diesem Jahr durch das Volkswirtschaftliche Institut für Mittelstand und Handwerk an der Universität Göttingen (ifh) eine umfassende Studie zum Thema „Frauen im Handwerk – Status Quo und Herausforderung“ veröffentlichte. Das DHI ist eine zentrale Forschungseinrichtung des Handwerks, die sich mit seinen Unterinstituten schwerpunktmäßig mit Fragen der Handwerksforschung beschäftigt (vgl. DHI 2015).

35

Analyse von Berufsgruppen

Das ifh Göttingen fungiert dabei als Kompetenzzentrum für den Bereich volkswirtschaftlicher Fragestellungen im Handwerk und erarbeitet bzw. publiziert wissenschaftlich fundierte Analysen und Studien mit hohem Praxisbezug. Freundlicherweise wurden vom ifh die ausführlichen Forschungsergebnisse der Studie zu Frauen im Handwerk zur Verfügung gestellt. Leider konnten trotz Bemühungen seitens des ifh keine spezifischen Daten für Bayern herausgefiltert werden, sodass in den folgenden Ausführungen nur auf die bundesweiten Entwicklungen der Selbstständigkeit von Frauen im Handwerk als Grundtendenzen ausgeführt werden können. Die Studie kam zu dem eindeutigen Ergebnis, dass die Handwerkswirtschaft viele unausgeschöpfte Potentiale für Frauen bietet und zeigt gleichzeitig zentrale Handlungsfelder auf, die zu einer Steigerung des Frauenanteils im Handwerk führen können.

Frauen sind demnach im Handwerk zwar keine Exoten mehr, jedoch weiterhin stark unterrepräsentiert. In der Studie werden verschiedene Teilbereiche beleuchtet: die Rolle der Firmenchefin und Inhaberin eines Handwerksbetriebes sowie die mediale Darstellung und das allgemeine Bild von Frauen als Gründerinnen und Unternehmerinnen im Handwerk ein. In der Studie werden Daten der bayrischen HWKs um einige wichtige, repräsentative Erkenntnisse auf Bundesebene bezüglich Unternehmensgröße, Mitarbeiterzahl oder Qualifikationshintergrund (vgl. ifh 2015) ergänzt.

Bedeutsames Ergebnis der Studie ist, dass der Anteil der von Frauen geführten Handwerksunternehmen auf Bundesebene in den letzten 20 Jahren angestiegen ist, diese Steigerung sich jedoch nur auf wenige Handwerkszweige erstreckt. Eine Steigerung ist im Gesundheitshandwerk, im Gebäudereiniger-, Textilreiniger-, Konditoren-, sowie dem Fotografenhandwerk erkennbar, nicht jedoch in ‚männerdominierten‘ Handwerkszweigen. In einigen Zweigen, wie im Kosmetik-, Schneider- und Frisörhandwerk, ist der Frauenanteil traditionell höher. Interessanterweise ist im Frisörhandwerk der Frauenanteil jedoch stark rückläufig. (Haverkamp et. al. 2015, S. 147ff.)

Frauen gründen im Allgemeinen öfter in zulassungsfreien Handwerkszweigen ohne Ausbildungs- bzw. Meistervoraussetzung, in welcher die ‚betriebliche Überlebensrate‘ etwas geringer ist als in zulassungsbeschränkten Zweigen. Besonders im Zweig der Gebäudereinigung ist der Anteil an Gründungen ohne entsprechende Vorqualifikationen sehr hoch. Hieraus abgeleitet ist die allgemeine betriebliche Überlebensrate der von Frauen geführten Unternehmen im Vergleich etwas geringer, auch wenn sich innerhalb eines Handwerkszweigs keine strukturellen Unterschiede in der betrieblichen Stabilität ergeben. (Haverkamp et. al. 2015, S. 147ff.)

Betrachtet man die vergangenen 20 Jahre wird schnell deutlich, dass heute zwar mehr Frauen eine Meisterprüfung ablegen, diese sich dann jedoch nicht selbstständig machen. Die Studie nennt hierfür die Risikoaversion, Familienorientierung und Verantwortungsscheu als mögliche Gründe. Ein nicht unerheblicher Teil der selbstständigen Frauen gründen ein Unternehmen jedoch - bewusst aus der Idee der Vereinbarkeit von Beruf und Familie heraus - nur im Nebenerwerb mit geringem Risiko. Allgemein scheinen Frauen vorsichtiger zu gründen, keine oder nur sehr

36

Analyse von Berufsgruppen

geringe finanzielle Fremdmittel einzusetzen und wenig oder keine Mitarbeiter einzustellen. In vielen Fällen bleiben Frauen mit ihren Unternehmen sogar unter der Umsatzsteuerpflichtgrenze von 17.500 Euro (Haverkamp et. al. 2015, S. 147ff.).

4.1.4 Verband bayerischer Wirtschaft (vbw) Der Verband der bayerischen Wirtschaft (vbw) ist eine zentrale und branchenübergreifende Interessenvereinigung der bayerischen Wirtschaft. Die Interessenvereinigung vertritt insgesamt 124 bayerische Arbeitgeber- und Wirtschaftsverbände sowie 39 Einzelunternehmen. Bedauerlicherweise sieht der Verband die Thematik der Frauenförderung in Bayern momentan nicht als dringlichstes Handlungs- und Forschungsfeld, aus diesem Grund liegen der Vereinigung derzeit keine Daten und Fakten zum angegebenen Thema vor. Dennoch ist zu vermerken, dass der vbw sich äußerst hilfreich und freundlich der Studiengruppe gegenüber erwiesen hat.

4.1.5 Ausbildungssituation in Deutschland & Bayern Nachdem es sich während des Recherchezeitraums für die Projektstudie als problematisch erwiesen hatte, von einigen der oben beschriebenen Kammern und Verbänden geeignetes Datenmaterial für eine empirisch belegbare Auswertung zu erhalten, erscheint es sinnvoll, die aktuelle Situation von Ausbildungszahlen im Bereich des Handwerks sowie der Industrie und des Handels genauer zu analysieren, um herauszufinden, welche Potenziale für Existenzgründerinnen zu prognostizieren.

Möglicherweise können aus der gegenwärtigen Ausbildungssituation von Frauen und Männern einige Anhaltspunkte für die Relevanz der Thematik abgeleitet werden.

Dies könnte ein Anlass sein, zukünftig die bisher mangelhafte und teilweise äußerst unvollständige Datenerfassung zum Thema der Unternehmerinnen in Bayern seitens der verschiedenen Verbände, Kammern und Interessenvereinigungen näher ins Interessensfeld zu rücken und dauerhaft qualifiziert zu aufzubereiten.

Entwicklungen in Deutschland Die Ausbildungszahlen in der Industrie und im Handel sowie im Handwerk verzeichnen in den letzten Jahren deutschlandweit einen drastischen Rückgang (BMBF, Berufsbildungsbericht 2015). Es lassen sich zwei zentrale Entwicklungen und Herausforderungen auf dem Ausbildungsmarkt erkennen:  Betriebe haben Schwierigkeiten, die angebotenen Ausbildungsplätze mit geeigneten Bewerbern zu besetzen.  Viele junge Menschen schaffen keinen Einstieg in die Ausbildung und entsprechen somit nicht den betrieblichen Kompetenzanforderungen.

37

Analyse von Berufsgruppen

Situation in 2015 Im August 2015 wurden durch die Bundesagentur für Arbeit insgesamt 520.010 Angebote an Ausbildungsplätzen und eine Anzahl von 549.098 gemeldeten Bewerbern vermerkt. Jedoch blieben 40.960 Ausbildungsstellen unbesetzt (vgl. DGB Jugend: 2015). Laut einer online-Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertags konnten 29% der beteiligten Betriebe nicht alle Ausbildungsstellen besetzen. Des Weiteren konnten in 2015 rund 282.274 Bewerber und Bewerberinnen keinen Ausbildungsvertrag unterzeichnen (vgl. Deutsche Industrie- und Handelskammertag e.V.: 2014). Diese Zahlen legen dar, dass es nicht nur zahlreiche unbesetzte Ausbildungsstellen in ganz Deutschland gibt, sondern auch eine erschreckende Entwicklung eines Bewerber-Mismatches innerhalb des Ausbildungsmarktes für freie Stellen zu erkennen ist. Das bedeutet, dass die Kenntnisse der Bewerber nicht auf das Kompetenzprofil der Stellen passen und somit einerseits die Arbeitgeber vor einer Herausforderung bei der Besetzung der Ausbildungsstellen stehen und andererseits zahlreiche Bewerber keinen Einstieg in die Ausbildung schaffen können.

Laut dem Berufsbildungsbericht 2015 bietet von rund 2,1 Millionen Betrieben mit mindestens einem Beschäftigten nur noch etwa jeder fünfte Betrieb einen Ausbildungsplatz an. Das entspricht einem Anteil von 20,7 Prozent. Im Vergleich zum Jahr 2007 ist hier eine rückläufige Entwicklung festzustellen, da im Jahr 2007 noch eine Quote von 24,1 Prozent festgestellt werden konnte (vgl. Süddeutsche Zeitung: 2015).

Somit wird auf längere Sicht nicht nur das Angebot an freien Stellen auf dem Markt sinken, sondern es wird auch den Unternehmen eine geringere Anzahl an ausgebildeten Fachkräften zur Verfügung stehen. Letztendlich führt dies zu einem Wettbewerbsnachteil für die in Deutschland ansässigen Unternehmen.

Situation zwischen 2014 und 2013 Im Jahr 2014 sank die Zahl der abgeschlossenen Ausbildungsverträge auf ein Rekordtief. So ging im Jahr 2014 die Anzahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge um -1,4% im Vergleich zu 2013 zurück. Es wurde im Berufsbildungsbericht 2014 für das Berufsjahr 2012/2013 ein Stand von 448.908 neu unterzeichneten Ausbildungsverträgen vermerkt (vgl. Bundesministerium für Bildung und Forschung: 2015). Umso erfreulicher ist es, „dass sich die Lage am Arbeitsmarkt für die Jugendlichen [im Jahr 2015] leicht verbessert hat. Im Ausbildungsjahr 2013/2014 wurden 522.200 Ausbildungsverträge neu abgeschlossen.“ (BMBF, Berufsbildungsbericht 2015).

Als ein Grund für den Ausbildungszahlenrückgang ist die Konkurrenzsituation der klassischen handwerklichen oder industriellen Ausbildung zur akademischen Ausbildung zu nennen. Die Anzahl der Studierenden in Deutschland verzeichnet einen Anstieg innerhalb der letzten Jahre (vgl. Statista, Anzahl der Studenten an deutschen Hochschulen: 2016). Im Gegensatz dazu ist die Zahl der beruflichen Ausbildungsverhältnisse gesunken.

38

Analyse von Berufsgruppen

Ein weiterer Grund ist im demografischen Wandel und dem damit verbundenen Geburtenrückgang zu erkennen. Demzufolge ist die Anzahl der Schulabgänger geringer als in den vergangenen Jahren und folglich sinkt der Bewerberpool für Ausbildungsstellen (vgl. Vitzthum: 2015).

These zu weiblichen Auszubildenden Zu erkennen ist, dass Frauen vermehrt den Ausbildungsberuf zur Bürokauffrau innerhalb der einzelnen Ausbildungsberufe wählen. Auf Rang 2 findet sich der Ausbildungsberuf zur Verkäuferin und auf Platz 3 der Beruf zur Kauffrau im Einzelhandel. Erst auf Rang 7 folgt mit dem Berufsbild der Friseurin eine handwerkliche Ausbildung. Daraus abgeleitet lässt sich die These aufstellen, dass überwiegend im Handwerk die Anzahl der weiblichen Auszubildenden niedriger sein wird als die der männlichen Azubis. Und somit vor allem im handwerklichen Bereich ein Problem der Rekrutierung von Frauen für Ausbildungsberufe zu erkennen sein wird.

Abbildung 12: Präferierte Ausbildungsberufe von Frauen (Quelle: Bundesinstitut für Berufsbildung, Erhebung zum 30.September.2014 )

Entwicklungen in Bayern Auch in Bayern lassen sich bezüglich der Ausbildungszahlen drastische Entwicklungen im Vergleich zu den Vorjahren erkennen (vgl. Bayerisches Landesamt für Statistik: 2015d). Im Jahr 2014 belief sich die Anzahl der Auszubildenden aus verschiedenen Branchen in ganz Bayern auf 242.076 Personen. Hiervon sind 147.508 Personen männlich und nur 94.568 Personen weiblichen Geschlechts. Im Vergleich zum Vorjahr 2013 kam es zu einem Rückgang der gesamten Ausbildungs-

39

Analyse von Berufsgruppen

teilnehmer (2013: 256.743 Auszubildende in ganz Bayern). So wurden im Jahr 2014 insgesamt 91.814 neue Ausbildungsverträge abgeschlossen. Im Vergleich wurden in Baden-Württemberg nur 73.196 Ausbildungsverträge unterzeichnet.

Im Jahr 2014 gab es somit insgesamt 242.076 Auszubildende aus verschiedenen Branchen in ganz Bayern. Ebenso wurden im Jahr 2014 76.125 bestandene Ausbildungsprüfungen in Bayern vermerkt. Aus der Grafik des Bayerischen Landesamts für Statistik in München aus dem Jahr 2015 lässt sich jedoch erkennen, dass die Anzahl der Auszubildenden innerhalb aller wirtschaftlichen Bereiche im Vergleich zwischen den Jahren 1977 und 2014 abgenommen hat (vgl. Bayerisches Landesamt für Statistik: 2015d).

Abbildung 13: Entwicklungen der Ausbildungszahlen von 1977 – 2014 (Quelle: Bayrisches Landesamt für Statistik)

Situation im Handwerk Im Jahr 2014 wurden im Handwerk in Bayern 26.571 neue Ausbildungsverträge abgeschlossen. Insgesamt belief sich die Anzahl der Auszubildenden im Jahr 2014 auf 71.686 Personen. Im Vergleich zum Vorjahr lässt sich in 2014 ein Rückgang innerhalb der Anzahl der Auszubildenden erkennen (2013: 73.146 Auszubildende insgesamt). Die meisten Auszubildenden mit einer Anzahl von 4.720 Personen sind in den Städten und Regionen rund um München und somit in Oberbayern zu finden.

Darauf folgen die Städte Nürnberg, Regensburg und Augsburg (vgl. Bayerisches Landesamt für Statistik: 2015d).

40

Analyse von Berufsgruppen

Situation in Industrie und Handel Im Jahr 2015 haben 51.905 Personen bis Ende September eine berufliche Ausbildung bei den IHK-zugehörigen Unternehmen innerhalb Bayerns begonnen. Demzufolge werden in den Bereichen der Industrie, des Handels und der Dienstleistungen mehr als die Hälfte, rund 60% aller neuen Ausbildungsverträge, innerhalb Bayerns abgeschlossen (vgl. Schöffmann: 2015). Im Jahr 2014 wurden im Bereich Industrie und Handel in Bayern insgesamt 53.323 neue Ausbildungsverträge unterzeichnet.

Innerhalb der Industrie und dem Handel belief sich die Gesamtzahl der Auszubildenden im Jahr 2014 auf 136.970 Personen (vgl. Bayerisches Landesamt für Statistik: 2015d). Vergleicht man die Jahre 2014und 2015 lässt sich eine rückläufige Entwicklung der Ausbildungszahlen von 0,1% erkennen (vgl. Schöffmann: 2015).

Die meisten Auszubildenden, wie auch im Bereich des Handwerks, sind mit einer Anzahl von 15.705 Personen in der Stadt München und demzufolge in Oberbayern zu finden. Darauf folgen die Städte Nürnberg, Regensburg und Augsburg (vgl.

Bayerisches Landesamt für Statistik: 2015d). Diese Zahlen sind sicherlich mit der Größe der Städte und dem dementsprechenden Angebotsspektrum in Verbindung zu setzen. Jedoch ist hierbei zusätzlich noch der Attraktivitätsfaktor der Städte als Wohn- und Freizeitort zu nennen. Folglich ist es für eher ländlich geprägte Regionen und die dort angesiedelten Unternehmen schwieriger, geeignete Bewerber für Ausbildungsstellen rekrutieren zu können.

Geschlechterunterschiede bei Auszubildenden Von den gesamten Auszubildenden im Jahr 2014 im Bereich des Handwerks waren 56.264 männlich und nur 14.422 weiblich. Im Bereich der Industrie und des Handels lassen sich ähnliche Entwicklungen erkennen. So waren im Jahr 2014 von allen Auszubildenden 84.708 männlich und nur 55.262 weiblichen Geschlechts (vgl.

Bayerisches Landesamt für Statistik: 2015d).

Abbildung 14: Geschlechterunterschiede bei Auszubildenden in 2014 (eigene Darstellung, Quelle: Bayrisches Landesamt für Statistik, 2015)

41

Analyse von Berufsgruppen

Diese Zahlen zeigen die analogen Entwicklungen auf, welche auch schon innerhalb der präferierten Ausbildungsbereiche der Frauen zu erkennen sind, und bestätigen somit die aufgestellte These. Jedoch ist der prozentuale Anteil an weiblichen Auszubildenden im Handwerk im Vergleich zur Industrie- und Handelsbranche sehr gering.

Vor allem in der handwerklichen Ausbildung sollte an der Vermarktung und dem Image für Frauen gearbeitet werden.

Fazit und Ausblick Die rückläufigen Entwicklungen innerhalb der Ausbildungszahlen in den Bereichen des Handwerks, der Industrie, des Handels und der Dienstleistungen werden sich in Zukunft nach allen Trends und Entwicklungen zufolge nicht verbessern, sofern nicht ein Umdenken und ein Imagewandel innerhalb der beruflichen Ausbildung bewirkt werden kann. In Zeiten zunehmender Akademisierung wird es vor allem für kleine und mittelständische Arbeitgeber immer schwieriger, geeignete Bewerber für die Ausbildungsstellen zu finden. Zudem werden die Auswirkungen des demografischen Wandels diesen Trend noch verstärken. Auf diese Weise wird sich der Ausbildungsmarkt intensiver zum Bewerbermarkt entwickeln, in dem den geeigneten Bewerbern eine große Auswahl an freien Ausbildungsstellen zur Verfügung steht. Dies wird sich durch den demografisch bedingten Rückgang der Schulabgänger in den nächsten 10 Jahren um rund 10.000 Schulabgänger pro Jahr noch verschärfen.

Vor allem den bisher unterrepräsentierten Personengruppen, wie zum Beispiel den Frauen, muss ein höheres Maß an Interesse innerhalb der Stellenbesetzungen zukommen. So wäre es von Vorteil, diese Gruppen durch geeignete Maßnahmen zu rekrutieren und langfristig zu fördern, um auch in Zukunft den Unternehmen durch ein fundiertes und funktionierendes Ausbildungssystem einen Wettbewerbsvorteil zusprechen zu können (vgl. Schöffmann: 2015).

42

Analyse von Berufsgruppen

Drogerie – Interview mit Frau Lang

Inhaberin Judith Lang Seit über 10 Jahren ist Judith Lang in der Einzelhandels- und Kosmetikbranche selbstständig. Nach einer dreijährigen Ausbildung zur Drogistin begann Frau Lang im elterlichen Betrieb mitzuarbeiten und belegte eine Zusatzausbildung im Bereich Kosmetik und Visagistik in Bonn. Im Jahre 2004 übernahm Frau Lang den elterlichen Betrieb mit zwei Filialen in Ismaning und München-Bogenhausen, in welchen sie mit aktuell 6 Mitarbeitern zahlreiche Kunden individuell berät.

Privat lebt Frau Lang in einer langjährigen Ehe und hat eine Tochter und einen Sohn.

schon viele Jahre vor der Übernahme den Bereich Warenwirtschaft, PC und Warenbeschaffung meist selbstständig geleitet. Somit waren diese Bereiche nicht neu für mich.

Insgesamt kann man also sagen, dass die Erfahrung mir bei der Übernahme geholfen hat, da mir die Prozesse nicht fremd waren und ich wusste, wie ich Dinge zu erledigen habe.

Judith Lang ist seit über 10 Jahren Inhaberin zweier Filialen in Ismaning und MünchenBogenhausen.

Wie verlief Ihr Werdegang vor der Selbstständigkeit? |Judith Lang| Zunächst habe ich eine 3- jährige Ausbildung zur Drogistin bei einem Kollegen in München gemacht.

Nach der Ausbildung bin ich in den elterlichen Betrieb miteingestiegen und habe ein Jahr später eine Zusatzausbildung im Bereich Kosmetik und Visagistik in Bonn, damals noch der Sitz von Lancôme, gemacht.

Konnten Sie die Erfahrungen aus dieser Zeit für Ihre spätere Gründung nutzen? |Judith Lang| Da ich den elterlichen Betrieb übernommen habe, war es keine direkte Neugründung. Natürlich konnte ich aber auch die gesamten Erfahrungen, die ich über die vielen Jahre in der Ausbildung und im Betrieb gesammelt habe, nutzen. So habe ich

Haben Sie aus diesen Erfahrungen heraus Veränderungen im Betrieb eingeführt? |Judith Lang überlegt kurz und fährt dann fort| Nach der Übernahme habe ich das Geschäft in Ismaning komplett renoviert. Die Einrichtung in dieser Filiale war damals 20 Jahre alt und daraufhin wollte ich das Gesamte neu gestalten. Und die anderen Bereiche, die ändert man dann sukzessive, wie man sich das vorstellt. Aber ich würde sagen, die Renovierung und die Neugestaltung war das Entscheidendste. In nächster Zeit steht dann eine Renovierung in der Filiale in München an.

43

Analyse von Berufsgruppen

Was waren die Gründe für Ihre Entscheidung zur Selbstständigkeit? |Judith Lang| Also eigentlich war das immer klar für mich, dass ich einmal den Betrieb übernehmen werde. Als dann die Zeit der Betriebsübernahme war, wollte ich das auch wirklich, also es war nicht so, dass ich das in irgendeiner Art und Weise aufgezwungen bekommen hätte von außen.

Sondern das war schon eine Entscheidung, die ich ganz bewusst getroffen habe, weil ich einfach einen großen Vorteil in der Selbstständigkeit sehe.

Ich bin ja sozusagen mit diesen Risiken und mit den Problemen der Selbstständigkeit aufgewachsen. Das heißt, diese Themen haben mich schon seit Kindheit an begleitet. Von daher waren mir die Risiken und Herausforderungen der Selbstständigkeit bekannt. Und ich hatte vor allem auch Lust, meine Arbeit vollkommen selbst zu gestalten.

Was war die Hauptmotivation zur Selbstständigkeit und welche Vorteile sehen Sie in der Selbstständigkeit? |Judith Lang| Hauptmotivation ist, dass man die Arbeit selbst gestalten kann; dass man seine Ideen und all das, was man sich so vorstellt, wie man einen Beruf ausüben möchte und wie man gerne leben möchte in diesem Beruf, selbst gestalten kann; dass man selbst entscheiden kann sowie, dass man auch führen darf. Die Mitarbeiterführung ist ja auch etwas, das sehr viel Spaß macht. Die Mitarbeiterführung ist natürlich auch immer wieder schwierig.

Das Thema ist eine Schatten- und eine Lichtseite. Aber sie macht sehr viel

Spaß. Insgesamt würde ich sagen, sind die größten Vorteile innerhalb der Selbstständigkeit die Kreativität und auch die Unabhängigkeit.

Welche Leidenschaft sehen Sie in Ihrem Beruf? „Das Gefühl, jemanden glücklich gemacht zu haben durch den Einkauf, den er bei uns tätigt, ist wirklich toll.“ |Judith Lang| Die Leidenschaft ist sicher in dem Umgang mit Menschen zu sehen. Jeden Tag hat man mit den unterschiedlichsten Menschen zu tun, die beraten werden wollen, die man auffängt, mit denen man umgeht. Die Leidenschaft sind die Kunden, die zu einem kommen und hoffentlich extrem zufrieden wieder nach Hause gehen.

Und dieses Gefühl, jemanden glücklich gemacht zu haben durch den Einkauf, den er bei uns tätigt, ist wirklich toll.

Das heißt, was unseren Beruf ausmacht, ist da zu sein für die Kunden, die Beratung zu geben und auch das Gefühl der Einzigartigkeit für den Kunden zu schaffen. Das ist glaub ich, was einem die Leidenschaft für diesen Beruf gibt.

Haben Sie Schwierigkeiten bei der Gründung besonders aufgrund des weiblichen Geschlechts wahrgenommen? |Judith Lang antwortet rasch und vehement| Nein, natürlich nicht. Also das Geschlecht war völlig egal!

Was sind die größten Herausforderungen als Unternehmerin? |Judith Lang| Ich würde sagen, heutzutage ist die größte Herausforde-

44

Analyse von Berufsgruppen

rung, bereit zu sein, sich immer wieder auf neue Dinge einzulassen. Und auch alles, was man bisher gemacht hat, immer wieder in Frage zu stellen. Sich zu interessieren, inwiefern sich der Markt verändert. Auch zu wissen, was in anderen Städten passiert, und sich zu informieren. Die Herausforderung ist natürlich auch, immer wieder risikobereit zu sein.

ist es jetzt für uns nicht sehr ungewöhnlich, als Frau selbstständig zu sein in dieser Branche und somit ist die Akzeptanz auch recht normal.

„Die Bereitschaft für das Risiko und keine Angst vor riskanten Entscheidungen zu haben, ist eine Herausforderung, außer der Neugierde und der Bereitschaft für Neues.“

|Judith Lang antwortet rasch mit einem Lächeln| Es war immer so, dass genau ich nicht unter die Voraussetzungen für gewisse Fördermittel gefallen wäre. Das einzige, was ich hätte machen können, war im Jahre 2004, als ich das Unternehmen übernommen habe. Da hätte es einen Kredit gegeben von einer bayrischen Bank, die Selbstständigkeit unterstützt, aber es war im Grunde dann nicht nötig und alle anderen Förderprogramme, die es so gibt, da bin ich eigentlich immer nicht in die Auswahl gekommen. Also im Endeffekt heißt das, ich hatte keine Gelegenheit, Fördermöglichkeiten anzunehmen oder einzufordern.

Haben Sie Unterstützung durch die Familie erhalten oder besteht ein familiärer Hintergrund bei Ihrer Selbstständigkeit? |Judith Lang| Meine Familie steht mir mit Rat und Tat zur Seite. Also das heißt, immer wenn es Probleme oder Fragen gibt, wenn irgendetwas ist, meine Familie ist immer für mich da.

Zeit nach der Gründung: Sehen Sie einen Unterschied zu männlichen selbstständigen Kollegen bezüglich der Akzeptanz und der Reaktion des Umfeldes? |Judith Lang hält kurz inne| Ich würde nicht sagen als Frau. Sondern es kam immer die Frage auf „Was, Sie haben Kinder und Sie sind selbstständig? Geht denn das? Kann man denn Mutter und selbstständige Unternehmerin sein? Wie soll denn das gehen?

Irgendwas funktioniert da sicherlich nicht so gut!

In unserer Branche ist es eigentlich schon so, dass es sehr viele Frauen gibt, die Unternehmen führen. Insofern

Wie waren Ihre Voraussetzungen bei der Gründung? Haben Sie auf Fördermöglichkeiten zurückgegriffen oder war Eigenkapital vorhanden?

Hätten Sie sich zu dieser Zeit mehr Fördermöglichkeiten gewünscht? |Judith Lang| Ich hätte es sicherlich gut gefunden, wenn es klarer gewesen wäre, wer die Ansprechpartner in diesen Bereichen sind. Das Problem hat man eigentlich damit, dass man nicht weiß, wer klärt mich auf und welche Fördermöglichkeiten gibt es.

Und wenn es da eine Stelle gäbe, bei der man anrufen kann und Kontakt aufnehmen könnte, wäre das super.

Ich habe manche Dinge auch erst im Nachhinein erfahren, weil dann ein Kollege oder jemand anderes davon

45

Analyse von Berufsgruppen

erzählt hatte, nur dann war es meistens schon wieder zu spät, weil die Förderprogramme ja auch oft zeitlich befristet sind. Insofern wäre eine Stelle, wo man hingehen kann und sich beraten lassen kann, perfekt. Also gerade auch, wenn man in der Selbstständigkeit startet oder wenn man einen Umbau plant oder neue Projekte hat.

In der Filiale in Ismaning werden Kunden von Frau Lang und ihren 6 Mitarbeitern beraten.

Hatten Sie zu dieser Zeit einen Mentor oder Ansprechpartner für Ihre Gründung? |Judith Lang| Ich bin bei einer Vereinigung namens Beauty Alliance, das ist ein Verbund von Selbstständigen, die Parfümerien führen. Da sind wir circa 350 Kollegen und insgesamt 1200 Geschäfte. Innerhalb der Organisation gibt es auch verschiedene Beratungsmöglichkeiten. Und da hatte ich zu diesem Zeitpunkt jemanden, der als Ansprechpartner für mich da war, wenn ich irgendwelche Fragen hatte.

Wie hat sich die Selbstständigkeit seit der Gründung entwickelt? |Judith Lang| Es ist so, dass sich eigentlich die Umsätze nicht erhöhen, also das liegt auch an unserer Branche, ich kann das jetzt nur für die Parfümeriebranche sagen. Es ist seit zehn Jahren eigentlich ein stagnierender Umsatz zu erkennen. Das heißt, eine richtige Entwicklung ist sehr

minimal nur erkennbar. Das sind dann oft nur Segmente, die man verändert, vielleicht neue Bereiche, die man noch mit dazu nimmt, um zusätzlich ein Wachstum zu generieren. Somit kann man sagen, dass es nicht wirklich eine Veränderung im Umsatz gab. Jedoch ist das ein Faktor, den man sich in der heutigen Konkurrenzsituation natürlich auch erarbeiten muss. Wie ich es schon zu Beginn beschrieben habe, das heißt, der Druck wird größer und das bedeutet, du musst dich viel mehr spezialisieren. Du musst viel mehr mit Innovationen arbeiten und mit Dingen, die die Kunden woanders nicht finden.

Und ich hätte mir natürlich schon gewünscht, dass sich die Wirtschaft insgesamt besser entwickelt und somit auch meine Ertragssituation sich verbessert auf die Jahre gesehen.

Andererseits ist es ungefähr immer stabil. Das heißt, man hat damit schon eine Planungszahl. |Judith Lang fügt mit einem Lächeln hinzu| Mein Steuerberater sagt immer, es ist unglaublich, wie ähnlich die Abschlüsse auch vom Ergebnis sind.

Das kann man positiv und negativ sehen. Wenn man weiß, mit was man rechnen kann, dann muss man eben seine Kosten im Griff haben, damit es sich lohnt. Andererseits drückt der gleichbleibende Ertrag auch auf die Stimmung, weil man ja investiert. Und man sagt sich dann schon selbst, dass es ja eigentlich egal ist, ob ich investiere oder nicht, es verändert nicht meinen Ertrag, also auch nicht meine Aussicht darauf. Der Kunde erwartet es, aber es ist jetzt nicht so, dass er daher mehr einkauft.

46

Analyse von Berufsgruppen

Sind Sie mit dem aktuellen Stand der Selbstständigkeit zufrieden?

Besteht eine Zufriedenheit mit der finanziellen Entwicklung? |Judith Lang| Generell bin ich mit dem aktuellen Stand der Selbstständigkeit zufrieden. Aber für das, was ich investiere zum Beispiel für einen Umbau und den wiederum gleichbleibenden Erträgen über die letzten Jahre, kann man sagen, bin ich eigentlich mit der finanziellen Entwicklung an sich nicht zufrieden.

Würden Sie sich noch selbstständig machen?

einmal

|Judith Lang zögert| Schwierig zu sagen. Also, ich finde die Selbstständigkeit gut, aber manchmal denke ich mir, die Frage ist, ob es in einer anderen Branche lukrativer wäre. Das heißt: Selbstständigkeit ja, aber die Frage ist, ob es nochmal im Einzelhandel wäre. Denn für die Anzahl der Arbeitsstunden, für das, wie viel Risiko man eingeht, ist letztendlich der Ertrag zu wenig. Das muss man ganz klar sagen, aber das Problem hat der Einzelhandel insgesamt; also, all die kleinen Geschäfte, ich rede jetzt nicht von den großen Playern.

Gab es hilfreiche Netzwerke, beziehungsweise sind Sie Mitglied einer Interessensvertretung/ Kammer/ Verband? |Judith Lang antwortet rasch| Die Beauty Alliance, die ist wirklich das wichtigste Netzwerk! Sie bietet Informationen zur Warenwirtschaft an, zur Zentralregulierung, aber auch Coachings. Es gibt regelmäßige Treffen. Aber auch die IHK ist hilfreich;

und zwar im Bereich der Rechtsberatung. Da habe ich die IHK immer wieder in Anspruch genommen, z.B. wenn es um Arbeitsverträge geht, um Kündigungen, wenn es auch mal um einen Rechtsbeistand geht, da ist die IHK dann eine große Hilfe gewesen.

Haben Sie Tipps für junge Unternehmerinnen: Was würden Sie heute anders machen? „Man sollte sich im Vorfeld und während der Selbstständigkeit beraten lassen.“ |Judith Lang| Sich beraten lassen und Unterstützung einholen. Denn ich glaube, es gibt viel mehr Möglichkeiten der Unterstützung, als ich sie jemals genutzt habe. Wichtig ist, einen guten Berater suchen und ein gutes Konzept haben. „Sich im Klaren sein, dass die Selbstständigkeit Kraft kostet!“ |Judith Lang lacht und sagt| Und der Tipp für jede, die sich selbstständig machen will, sich darüber im Klaren sein, dass es sehr viel Kraft kostet. Außer man hat die Idee wie Facebook, dann geht es manchmal auch von alleine.

47

Analyse von Berufsgruppen

Bäckerei – Interview mit Frau Schön

Bäckereiinhaberin Nicole Schön Seit zwei Jahren ist Nicole Schön im Bäckereihandwerk selbstständig. Die junge Nicole Schön übernahm 2013, im Alter von 29 Jahren, das Unternehmen ihres damaligen Vorgesetzten und führt seitdem zwei Filialen in der Münchner Straße und der Sudetenlandstraße in Dachau. Mit ihren 25 Mitarbeitern fasziniert die äußerst strebsame Nicole Schön täglich ihre Kunden mit qualitativ hochwertigen und geschmackvollen Backwaren.

|Nicole Schön| Ich konnte fast alle Erfahrungen nutzen. Zum Beispiel benötigt man für die Herstellung der verschiedenen Teige sehr viel Wissen und dieses bekommt man nicht nur durch 1 oder 2 Jahre Berufserfahrung.

Es bedarf lange Zeit, bis man dieses Gefühl für einen Teig entwickelt.

Was waren die Gründe für Ihre Entscheidung zur Selbstständigkeit? |Nicole Schön| Mein damaliger Chef hatte geplant, in Rente zu gehen, und hat mich daraufhin gefragt, ob ich den Betrieb übernehmen möchte. Ich habe natürlich mit Ja geantwortet.

Wie verlief Ihr Werdegang vor der Selbstständigkeit? |Nicole Schön| Im Jahr 1998 habe ich eine Ausbildung zur Bäckerin gemacht.

In der Zwischenzeit war ich als Bäckergesellin beschäftigt und habe im Jahr 2002 mit einer zweijährigen Lehre als Konditorin begonnen. Im Jahr 2010 gewann ich den Wettbewerb „Bayerns schnellste Bäckerin“. Der Gewinn war eine Ausbildung zur Bäckermeisterin und Betriebswirtin des Handwerks an der Akademie des bayerischen Bäckerhandwerks, mit welcher ich noch im selben Jahr begann. Daraufhin war ich noch für kurze Zeit als Bäckermeisterin angestellt und habe dann den Betrieb übernommen.

Konnten Sie die Erfahrungen aus dieser Zeit für Ihre spätere Gründung nutzen? „Jegliche Erfahrung war hilfreich.“

Nicole Schön liebt ihren Beruf und ist Inhaberin zweier Filialen in Dachau

Was war die Hauptmotivation zur Selbstständigkeit und welche Vorteile sehen Sie in der Selbstständigkeit? |Nicole Schön| Die Motivation war einerseits, dass ich schon immer in diesem Betrieb gearbeitet habe und alles kannte.

Weitere Motivation ist natürlich, dass mir mein Beruf einfach Spaß macht, sonst würde ich diesen Beruf nicht ausüben. Und wieso dann nicht

48

Analyse von Berufsgruppen

selbstständig. Es hat sich dadurch für mich eigentlich auch nicht viel verändert, außer dass ich noch Büroarbeit zusätzlich machen muss. Ein zusätzlicher Vorteil ist, dass man Entscheidungen selbst treffen kann. Das konnte ich davor auch in einem gewissen Maße, aber so kann man eben noch mehr Entscheidungen fällen oder auch mal etwas spontan ändern.

Welche Leidenschaft sehen Sie in Ihrem Beruf? |Nicole Schön| Brot zu backen, den Teig selbst zu produzieren. Das ist im Endeffekt Leben, was man mit jedem Teigstück entwickelt. Und mit diesem Teig umzugehen ist nicht immer einfach, denn das Mehl ist nie gleich und es hängt auch viel vom Wetter ab.

Wenn es draußen zum Beispiel sehr heiß ist, muss man die Teige kühler machen, wenn es draußen aber wiederum kühler ist, muss man die Teige wärmer machen. Das Mehl ist zum Beispiel jedes Jahr anders. Man muss dadurch wiederum die Knetzeiten verändern. |Frau Schön lächelt und fügt hinzu| Da gibt es so viele Sachen, bei denen man aufpassen muss, wofür man ein Gefühl entwickeln muss, das kann man einem Laien nur schlecht erklären, der wird das nie verstehen, aber jeder Bäcker weiß, wovon ich rede.

Was waren Schwierigkeiten bei der Gründung? „Einen Businessplan zu erstellen und die anfängliche Personalführung waren Herausforderungen.“ |Nicole Schön hält kurz inne| Das erste Mal einen Businessplan zu

erstellen für ein Darlehen, war nicht einfach. Das war schon eine Herausforderung. Und jetzt ist natürlich auch der Umgang mit dem Personal eine weitere Herausforderung. Denn das ist nicht immer einfach, weil jeder Mensch ist anders und jeden gleich zu behandeln, geht eben nicht. Und die Personalführung an sich ist nicht leicht, damit muss man lernen umgehen zu können und man muss sich selbst in den Aspekt der Personalführung einarbeiten.

Haben Sie Schwierigkeiten besonders aufgrund des weiblichen Geschlechts wahrgenommen? |Nicole Schön antwortet mit einem Lächeln und ohne zu zögern| Nein, das ist glaub ich egal, ob man Mann oder Frau ist! Diese Schwierigkeiten gibt es überall.

Was sind die größten Herausforderungen als Unternehmerin? |Nicole Schön| In unserem Handwerk muss man immer um die Preise kämpfen. Wir beziehen zum Beispiel das Dachauer Landmehl und das wird eben auch teurer und wir zahlen eben ein Vielfaches an Mehlpreis als Anbieter, die ein konventionelles Mehl verwenden. Und es ist immer etwas schwierig, das dann so auch den Verkäuferinnen und der Kundschaft zu erklären, warum wir etwas teurere Preise haben als manch andere Anbieter.

Haben Sie Unterstützung durch die Familie erhalten oder besteht ein familiärer Hintergrund bei Ihrer Selbstständigkeit?

49

Analyse von Berufsgruppen

|Nicole Schön antwortet rasch| Ja natürlich, also meine Familie steht immer hinter mir. Meine Mutter arbeitet, seitdem ich selbstständig bin, auch mit und meine Schwester auch.

Auf sie ist immer Verlass.

Wie war es in der Zeit nach der Gründung: Sehen Sie einen Unterschied zu männlichen selbstständigen Kollegen bezüglich der Akzeptanz und der Reaktion des Umfeldes? |Nicole Schön antwortet direkt| Nein, überhaupt nicht.

Wie waren Ihre Voraussetzungen bei der Gründung? Haben Sie auf Fördermöglichkeiten zurückgegriffen oder war Eigenkapital vorhanden? |Nicole Schön | Ein wenig Eigenkapital war vorhanden und den Rest musste ich mir von der Bank leihen.

Hätten Sie sich zu dieser Zeit mehr Fördermöglichkeiten gewünscht? |Nicole Schön lacht und antwortet| Ja natürlich, wer wünscht sich das denn nicht, bei solch einer Investitionssumme. Mir sind aber auch keinerlei Fördermöglichkeiten in diesem Bereich bekannt.

Die Bäckerei Denk in Dachau bietet seit Jahren qualitativ hochwertige Backwaren an

Hatten Sie zu dieser Zeit einen Mentor oder Ansprechpartner für Ihre Gründung? |Nicole Schön | Mein ehemaliger Chef war immer für mich da. Ich kann ihn bis heute alles fragen. Wenn ich irgendeine Frage habe, was eigentlich selten vorkommt, aber dann kann ich ihn das fragen. Oder wenn er irgendeine Idee hat, dann kommt er auch zu mir und wir sprechen darüber. Er wohnt direkt über dem Hauptgeschäft und kommt immer noch jeden Tag zum Frühstücken in die Bäckerei. Wenn ich Fragen habe, kann ich jederzeit zu ihm gehen.

Wie hat sich die Selbstständigkeit seit der Gründung entwickelt und haben Sie Änderungen nach der Übernahme eingeführt? |Nicole Schön lacht und antwortet| Also Veränderungen gab es auf jeden Fall, meine Mitarbeiter würden jetzt wahrscheinlich sagen, dass sich einiges geändert hat, und ich denke, den Mitarbeitern würde ganz spontan auch sehr viel einfallen. Aber mir wird persönlich immer klarer und darauf sprechen mich auch sehr viele Mitarbeiter und Kollegen an, dass es im Betrieb generell noch sauberer geworden ist. Natürlich, die Inhaberin ist nun eine Frau und wir sind wahrscheinlich einfach so, wir achten nun mal auf bestimmte Dinge und putzen einfach mehr.

Sind Sie mit dem aktuellen Stand der Selbstständigkeit zufrieden?

Besteht eine Zufriedenheit mit der finanziellen Entwicklung? |Nicole Schön| Also mit dem aktuellen Stand bin ich auf jeden Fall zufrieden,

50

Analyse von Berufsgruppen

es könnte nicht besser sein. Von der finanziellen Entwicklung her könnte es natürlich immer besser sein, aber ich bin zufrieden.

Würden Sie sich noch selbstständig machen?

einmal

„Natürlich, gar keine Frage!“ Gab es hilfreiche Netzwerke, beziehungsweise sind Sie Mitglied einer Interessensvertretung/Kammer/ Verband? |Nicole Schön| In der Handwerkskammer muss man ja so oder so Mitglied sein und bei der Handwerkskammer kann man auch jederzeit anrufen. Sie beantworten so gut wie möglich alle Fragen, die man hat. Und in der Bäckerinnung bin ich auch.

Haben Sie Tipps für junge Unternehmerinnen: Was würden Sie heute anders machen? „Man muss seinen Beruf wirklich lieben.“ |Nicole Schön| Man lernt mit der Zeit dazu und erhält mehr Erfahrung. Bei manchen Dingen weiß man es hinterher einfach besser als in dem Moment, in dem man zum Beispiel eine Entscheidung getroffen hat. Ein Tipp, den ich noch geben kann, ist, dass man seinen Beruf wirklich lieben, diesen auch gerne machen muss, denn sonst macht die Selbstständigkeit überhaupt keinen Sinn.

Was würden Sie heute anders machen in Bezug auf die Gründung? |Nicole Schön lacht und antwortet rasch| Ja natürlich, es gibt mit Sicher-

heit so einiges, was ich nochmal anders machen würde. Man wird mit den Jahren auch einfach robuster und lernt auch mehr zu verhandeln. Man lernt diese Dinge einfach, beziehungsweise ich bin ein Mensch, der aus Erfahrungen lernt. Und wenn man schon länger selbstständig ist, dann wird man auch mutiger und bekommt mehr Selbstvertrauen. Zum Beispiel Mietverträge zu besprechen oder mit den Lieferanten den Preis zu verhandeln. Man wird mit der Zeit auf jeden Fall selbstbewusster.

51

Analyse von Berufsgruppen

Goldschmiede – Interview mit Frau Amersdorffer

Goldschmiedin Carolin Amersdorffer Seit über 17 Jahren ist Carolin Amersdorffer erfolgreich in der Schmuckbranche selbstständig. Nach einer Ausbildung zur Goldschmiedin im elterlichen Betrieb absolvierte sie zusätzlich ein Studium der Betriebswirtschaftslehre an der Hochschule München. Im Jahre 1998, mit 29 Jahren, übernahm Carolin Amersdorffer den elterlichen Betrieb und führt seitdem das Geschäft in der Hohenzollernstraße in München.

Carolin Amersdorffer und ihre zwei Mitarbeiter beraten zahlreiche Kunden und entwerfen eigene Schmuckstücke.

Privat ist Frau Amersdorffer Mutter zweier Kinder und lebt in einer langjährigen Partnerschaft.

Wie verlief Ihr Werdegang vor der Selbstständigkeit? |Carolin Amersdorffer| Begonnen habe ich meine berufliche Ausbildung mit einer klassischen Lehre im Goldschmiedehandwerk. Diese hat 3 Jahre gedauert. Danach habe ich in München mit der Gesellenprüfung abgeschlossen und anschließend im elterlichen Betrieb als Gesellin gearbeitet. Nach einer gewissen Gesellenzeit ist man berechtigt, den Meister zu machen. Daraufhin habe ich in München die Meisterschule besucht und diese im Jahre 1997 abgeschlossen.

Konnten Sie die Erfahrungen aus dieser Zeit für Ihre spätere Gründung nutzen? |Carolin Amersdorffer| Es ist so, dass man als Goldschmiedin natürlich verschiedene Möglichkeiten der Ausbildung hat. Ich habe eine praktische Ausbildung im Betrieb gewählt.

Da bekommt man mehr Informationen, die die Unternehmensführung betreffen, als wenn man eine Schmuckfachschule besucht. Diese Vorgehensweise ist mehr auf das Künstlerische ausgerichtet. Dadurch habe ich natürlich sowohl in der Lehrzeit als auch in der Gesellenzeit in alle Bereiche einer Unternehmensführung Einblick erhalten und konnte mich in diesem Bereich wirklich gut vorbereiten. Speziell hat mir dann auch noch die Meisterschule weitergeholfen. Das ist eine sehr gute und fundierte Vorbereitung auf eine Betriebsgründung.

In der Goldschmiede in der Hohenzollernstraße in München berät Carolin Amersdorffer seit über 17 Jahren ihre Kunden

Was waren die Gründe für Ihre Entscheidung zur Selbstständigkeit? „Die damaligen Rahmenbedingungen für eine Geschäftsgründung sind nicht mit den heutigen Bedingungen vergleichbar.“ |Carolin Amersdorffer| Zunächst einmal waren die Rahmenbedingungen

52

Analyse von Berufsgruppen

für eine Geschäftsgründung damals etwas anders, als sie heute sind. Die Meisterprüfung zum Beispiel war auch wirklich eine Voraussetzung, um eine Goldschmiede eröffnen zu können.

Man hätte sich nach der Gesellenprüfung quasi direkt als Künstler selbstständig machen können. Aber für so einen klassischen Handwerksbetrieb, wie gesagt, da war der Meisterbrief zwingend und deshalb habe ich auch bewusst die Entscheidung getroffen, die Meisterschule zu besuchen. Ich habe einen kreativen Beruf gewählt und ein entsprechendes Umfeld gehabt, um mich auch entwickeln zu können.

Was war die Hauptmotivation zur Selbstständigkeit und welche Vorteile sehen Sie in der Selbstständigkeit? |Carolin Amersdorffer| Die Selbstbestimmtheit, was ich als Vorteil der Selbstständigkeit sehe. Mich dann sowohl inhaltlich als auch zeitlich so einstellen zu können, wie es mir passt.

Eben flexibel zu sein und Zeit für die Familie zu haben. Und mich natürlich künstlerisch frei entfalten zu können.

Welche Leidenschaft sehen Sie in Ihrem Beruf? |Carolin Amersdorffer antwortet rasch mit einem Lächeln| Ich umgebe mich den ganzen Tag mit schönen Dingen und bereite dann meinen Kunden Freude.

Was waren Schwierigkeiten bei der Gründung? „Die Entscheidung zur Selbstständigkeit war die größte Herausforderung“

|Carolin Amersdorffer| Wirkliche Schwierigkeiten habe ich nicht gehabt.

Die größte Herausforderung war eigentlich letztendlich einfach eine Entscheidung zu treffen; das Thema von allen Seiten zu beleuchten; sich selbst die Fragen zu beantworten, ob es z.B. der richtige Zeitpunkt für eine Gründung ist, ob es der richtige Standort ist, bin ich bereit dafür und funktioniert mein Geschäftsmodell. Für diese Fragen eine Entscheidung zu treffen, das war für mich die größte Herausforderung und es dann wirklich auch anzupacken.

Haben Sie Schwierigkeiten besonders aufgrund des weiblichen Geschlechts wahrgenommen? |Carolin Amersdorffer| Nein, überhaupt gar nicht! Ich habe einfach das Ganze von allen möglichen Seiten beleuchtet und bin da auch sehr rational vorgegangen. Und ich würde daher sagen absolut: Nein! Und auch im Umfeld habe ich keinerlei Schwierigkeiten wahrgenommen aufgrund meines weiblichen Geschlechts. Im Gegenteil, dadurch dass ich einen familiären Hintergrund in diesem Handwerk habe, habe ich da eher Unterstützung und Zuspruch erhalten.

Haben Sie Unterstützung durch die Familie erhalten oder besteht ein familiärer Hintergrund bei Ihrer Selbstständigkeit? |Carolin Amersdorffer| Von der Familie habe ich natürlich Unterstützung erhalten. Zum Beispiel, wenn es um eine fachliche Frage ging oder um eine sehr komplizierte Arbeit. Dabei konnte ich mir einfach mal einen Rat einholen. Und ich habe auch Unter-

53

Analyse von Berufsgruppen

stützung zu anderen Fragen, wie beispielsweise beim Einkauf, bei der Warengruppengestaltung, im Kundenumgang, durch meine Familie erhalten.

Sie helfen mir im alltäglichen Arbeitsleben und bei dem, was so auf mich zukommt. Wenn da irgendeine Frage war, hatte ich immer einen Ansprechpartner.

Zeit nach der Gründung: Sehen Sie einen Unterschied zu männlichen selbstständigen Kollegen bezüglich der Akzeptanz und der Reaktion des Umfeldes? |Carolin Amersdorffer| Es ist auf jeden Fall so, dass es sicherlich ein paar kleine Erlebnisse gab. Man könnte natürlich jetzt auch sagen, das sind nur Einzelfälle. Aber mir ist da z.B. ein Erlebnis in Erinnerung geblieben und das auch über viele Jahre. Das war ein männlicher Kunde, welchen ich zu einer Anfertigung beraten hatte, und der hat mich dann so angeschaut und salopp gefragt, ja können Sie das denn überhaupt. Ich meine, ich war zu diesem Zeitpunkt 29 Jahre alt und sah vielleicht auch noch sehr jung aus.

Aber in so einem Fall habe ich dann einfach auf meinen Meisterbrief gezeigt und habe gesagt, dass ich seit 1997 Meisterin bin und ich den Beruf seit mehr als 12 Jahren ausübe. Und ich bin mir sicher, dass ein männlicher Kollege das nicht gefragt worden wäre.

Wie gesagt, das sind sicher Einzelfälle, inzwischen passiert mir das schon lange nicht mehr. Es ist natürlich auch immer abhängig vom Auftreten. Dass man wirklich selbstbewusst dem Kunden gegenübertritt.

Wie waren Ihre Voraussetzungen bei der Gründung? Haben Sie auf

Fördermöglichkeiten zurückgegriffen oder war Eigenkapital vorhanden? |Carolin Amersdorffer | Ich hatte etwas Eigenkapital und ein bestehendes Geschäft übernommen. Dadurch hatte ich schon einen Werktisch und Werkzeug aus meiner Gesellenzeit.

Die Infrastruktur war also schon vorhanden und damals waren auch die wirtschaftlichen Umstände noch etwas anders, als es sie heutzutage sind. Da war es, denke ich, um einiges leichter, einen Kredit zu bekommen. Für mich war das damals überhaupt kein Problem. Heutzutage muss man da schon einen wirklich guten Businessplan haben, um bei der Bank erfolgreich zu sein. Im Jahre 1998, wie gesagt, das war noch vor der Wirtschaftskrise, da war das alles sicherlich noch etwas einfacher.

Hatten Sie zu dieser Zeit einen Mentor oder Ansprechpartner für Ihre Gründung? |Carolin Amersdorffer| Zunächst einmal Kollegen, die ich dann um Rat fragen konnte zum Thema Schmuckstücke oder auch zum Thema der Unternehmensführung.

Aber der hauptsächliche Ansprechpartner war wirklich mein Vater. Natürlich konnte man bei Fragen auch das Steuerbüro oder Lieferanten kontaktieren. Das sind Beziehungen, die ich mir über lange Zeit aufgebaut habe. Also es ist wirklich schon ein Netzwerk entstanden über die Jahre.

Wie hat sich die Selbstständigkeit seit der Gründung entwickelt?

54

Analyse von Berufsgruppen

|Carolin Amersdorffer| Es gab eine Weiterentwicklung und mein Unternehmen ist auch gesund gewachsen.

Ich habe zum jetzigen Zeitpunkt zwei Angestellte. Zudem habe ich in der ganzen Zeit zwei Kinder großgezogen und konnte die Familie und die Selbstständigkeit wirklich gut miteinander vereinbaren. Ich konnte mir so eine Art Work-Life-Balance erhalten.

Außerdem habe ich die letzten 4 Jahre berufsbegleitend studiert. Das heißt, ich habe dieses Wissen, welches ich im Studium erlangt habe, direkt im Unternehmen einsetzen können. Zum Beispiel, dass man sich mal frägt, was ist überhaupt mein USP, was macht mein Geschäftsmodell einzigartig; oder wie ist meine Kapitalbindung, bei welchen Warengruppen sollte ich reduzieren, wo vielleicht den Warenstock erhöhen. Wie ist mein Risikomanagement und habe ich mich zum Beispiel ordentlich abgesichert. All diese Dinge habe ich jetzt wirklich während des Studiums in Angriff genommen. Ich habe mir eben einzelne Geschäftsprozesse und Bereiche angeschaut in meinem Unternehmen.

Beispielsweise habe ich auch eine Projektarbeit zu meiner Termintreue geschrieben. Schaffe ich es wirklich, meine Termine einzuhalten. Was kann ich für Werkzeuge benutzen, um die Termintreue zu erhöhen.

Haben Sie sich bewusst für das Studium entschieden, um eine positive Entwicklung in der Selbstständigkeit zu nehmen?

Man kann sagen, dass es wirklich gerade jetzt durch den Standortwechsel zu Studienbeginn und im Verlauf des Studiums eine sehr große Weiterentwicklung insbesondere finanziell gab. Ich habe mir einen guten Kundenstamm aufgebaut und durch die Standortlage kommen ständig neue Kunden dazu.

|Carolin Amersdorffer| Auf jeden Fall!

Man muss sich einfach gut organisieren und dann hat man auch Freiraum für eine persönliche Entwicklung und Zeit für die Familie.

|Carolin Amersdorffer| Es ist so, dass meine Kinder älter geworden sind und ich einfach etwas mehr Zeit zur Verfügung hatte. Ich habe begonnen, bei der Handwerkskammer den Betriebswirt HWK zu absolvieren, welcher eigentlich auf der Meisterprüfung aufbaut. Das fand ich sehr interessant und im Hinblick darauf habe ich mich dann zu dem Studium entschlossen. Und um wirklich mein Geschäft voranzutreiben.

Sind Sie mit dem aktuellen Stand der Selbstständigkeit zufrieden?

Besteht eine Zufriedenheit mit der finanziellen Entwicklung? |Carolin Amersdorffer| Mit der finanziellen Entwicklung bin ich sehr zufrieden. Da habe ich wirklich während der Studienzeit und auch durch den Standortwechsel einen ziemlichen finanziellen Sprung gemacht Würden Sie sich noch selbstständig machen?

einmal

„Ich würde mich immer wieder selbstständig machen, nur man muss lernen, sich gut zu organisieren.“

Gab es hilfreiche Netzwerke, beziehungsweise sind Sie Mitglied einer

55

Analyse von Berufsgruppen

Interessensvertretung/Kammer/ Verband? |Carolin Amersdorffer| Ich bin Mitglied der Handwerkskammer und zudem bin ich Innungsmitglied. In diesen Bereichen bin ich aktiv und versuche da zum Beispiel den Studiengang in Betriebswirtschaft der HWK vorzustellen. Ich möchte anderen ein Vorbild sein. Ich denke, in der heutigen Zeit reicht es nicht nur aus, fachlich exzellent zu sein, sondern es ist auch sehr wichtig, dass man sich ebenso akademisch weiterbildet. Denn die Konkurrenz ist sehr groß und die Wirtschaft ist Schwankungen unterworfen und um in diesen Zeiten erfolgreich zu sein, benötigt man eben auch einfach betriebswirtschaftliches Wissen. Weitere Netzwerke waren unter anderem Kollegen, Lieferanten und auch Geschäftskunden. Es ist gerade auch in München relativ überschaubar und man unterstützt sich gegenseitig. Das erlebe ich immer wieder, wenn bei Kollegen irgendwo Not am Mann ist, dass dann wirklich von allen Seiten her Unterstützung kommt.

Haben Sie Tipps für junge Unternehmerinnen: Was würden Sie heute anders machen? „Man muss sich seiner zukünftigen Ziele bewusst sein und diese auch konsequent verfolgen.“ |Carolin Amersdorffer überlegt kurz und fährt dann fort| Ich denke, es ist wichtig, sich seiner Ziele bewusst zu sein und dass man wirklich ein klares Ziel hat in dem, was man in Zukunft machen möchte. Ich wusste zum Beispiel von Anfang an, wie ich mein

Leben gestalten möchte. Und wenn man weiß, was man will, kann man auch darauf hinarbeiten. Zum einen ist es wichtig, sich fachlich gut zu bilden und dann eben die richtige Methode für eine Selbstständigkeit zu wählen. Und schließlich das alles mit Entschlossenheit durchzusetzen. Wenn man seine Ziele konsequent als Frau verfolgt, dann darf man sich nicht selber im Weg stehen und sich von irgendwelchen diffusen Rollenbildern abhalten lassen.

56

Analyse von Berufsgruppen

Fotostudio – Interview mit Frau Vetter

Unternehmerin Susann Vetter (Autorin Stefanie Richter)

Familie und Beruf unter einen Hut bekommen und dabei noch erfolgreiche Unternehmerin sein; dass sich beides nicht ausschließen muss, beweist Susann Vetter (39 Jahre).

Familie wird auch in ihrem Fotostudio Seefeld am Ammersee großgeschrieben.

Susann Vetter studierte zunächst BWL an der Hochschule München mit Schwerpunkt Human Resources. Nach diversen Praktika im Human Resources Umfeld sowie einigen Auslandsaufenthalten war die Diplom Betriebswirtin lange Zeit bei der Strategieberatung Roland Berger im Human Resources Bereich als Personalreferentin tätig. Susann Vetter ist verheiratet und hat zwei Kinder. Die Idee ein Unternehmen zu gründen, reifte 2009 heran, während der Elternzeit ihres zweiten Kindes mit 33 Jahren. Mittlerweile beschäftigt sie in ihrem Fotostudio neben einem Angestellten auch einen Azubi und immer wieder Praktikanten.

Manchmal bedarf es lediglich einer guten Idee und des Zufalls.

Wie verlief Ihr Werdegang vor der Selbstständigkeit? |Susann Vetter| Nach dem Studium habe ich insbesondere bei Roland Berger einige Jahre als Personalrefe-

rentin gearbeitet. Erst später, nach der Geburt meines zweiten Kindes und auf Grund familiärer Umstände, kam die Überlegung mich selbstständig zu machen.

Konnten Sie die Erfahrungen aus dieser Zeit für Ihre spätere Gründung nutzen? |Susann Vetter nickt zustimmend| Mein beruflicher Hintergrund und die fachlichen Aspekte aus dem Personalbereich ließen sich gut mit dem gewerblichen Teil des Studios verbinden. Als Personalerin weiß ich, welche Auswirkungen z.B. die Qualität von Bewerbungsbildern haben kann. Durch meine kaufmännischen Kenntnisse gab es zudem die Bemühungen, das Studio optimal auszulasten und somit wirtschaftlich voranzutreiben.

Susann Vetter jongliert zwischen Familie und Beruf – mit Erfolg

Was waren die Gründe für Ihre Entscheidung zur Selbstständigkeit? |Susann Vetter| Im Prinzip kam die Entscheidung zu gründen aus der Situation und den damaligen Umständen heraus. Durch unseren Umzug nach Seefeld musste mein Mann sein Studio als freischaffender Künstler in München aufgeben. Während der

57

Analyse von Berufsgruppen

Umbauarbeiten des neuen Studios kam es zur Entscheidung, die neuen Räume nicht nur für den künstlerischen Bereich zu nutzen, sondern auch in den gewerblichen Bereich einzusteigen und Dienstleistungen wie zum Beispiel Passfotos, Bewerbungsbilder, Portraits, Familienfotos etc. anzubieten.

Dieser gewerbliche Teil wird steuerlich anders behandelt als der künstlerische Part. Um dies klar zu trennen, trafen wir die praktische und wirtschaftliche Überlegung, dass ich mit meinem Background das Studio Seefeld gründe. Darüber hinaus entwickelte sich die Idee, als Coach und Bewerbungstrainerin tätig werden, eine tolle Chance für den Wiedereinstieg ins Berufsleben, nach der Geburt der Kinder. „Es ist gut, wenn sich Dinge anfangs langsam entwickeln. Dies gibt einem die Möglichkeit, Alternativen abzuwägen und neu zu kalkulieren“.

Was war die Motivation beziehungsweise die Ziele der Wahl zur Selbstständigkeit? |Susann Vetter lacht|. In erster Linie ist das Fotostudio natürlich eine wirtschaftliche Einnahmequelle.

Später, als es langsam finanziell bergauf ging, wollten wir unsere Produktpalette erweitern und somit auch einen Mehrwert für den (Stand-) Ort zu bieten. Auch der soziale Aspekt, sich einzubringen mit dem was man hat und den kleinen Ort attraktiver zu machen, motivierte uns. Unternehmensseitig wollten wir für unsere Kunden ein attraktives Komplettpaket anbieten, d.h. von Bewerbungsfotos bis hin zum qualifizierten Bewerbertraining. Sich als Coach selbst zu

verwirklichen ist eine spannende Alternative zur Mutterrolle; ein Abwägen, was perspektivisch noch möglich ist. Es war gut, dass es am Anfang noch nicht voll los ging, so konnte man die Dinge besser kalkulieren. Das Coaching Angebot hätte ich noch stärker vorangetrieben, wenn nicht diverse zusätzliche Tätigkeiten, z.B. im Elternbeirat der Schule und eine neue Arbeitsstelle dazwischen gekommen wären. Für die Zukunft schließe ich diese Option aber nicht aus.

Das bedeutet, das Fotostudio Seefeld ist derzeit ein Nebenerwerb für Sie? |Susann Vetter| Das ist richtig. Im Gründungsjahr habe ich neben der Haushalt und Familie soweit es ging im Fotostudio mitgearbeitet.

Derzeit betreibe ich das Studio nebengewerblich. Als Inhaberin kümmere ich mich mit um die Organisation und Termine und trete mit Kunden in Kontakt. Mein Mann arbeitet weiterhin als freischaffender Fotodesigner und ist der Fotograph vor Ort. Welche Vorteile sehen Sie in der Selbstständigkeit? |Susann Vetter| Einerseits kann man sich künstlerisch entfalten und man unterliegt (scheinbar) weniger offiziellen Zwängen, denn letztendlich muss das Geschäft profitabel sein. Man ist Unternehmerin und das 24/7. Andererseits kann man Dinge in die Richtung entwickeln, in denen die persönlichen Stärken liegen. Das Beste jedoch ist, dass man unmittelbares Feedback von den Kunden zu seiner Arbeit bekommt.

Der Dank oder die Rückmeldung der

58

Analyse von Berufsgruppen

Kunden sind sofort da, man kann darauf unmittelbar reagieren. Anders ist dies beim Mitarbeitergespräch, welches meist jährlich einmal stattfindet. Unsere Quintessenz ist, dass, wenn die Arbeit gut ist und die Qualität stimmt, muss man keine extra Werbung machen. Gute, solide Arbeit ist der beste Werbeträger für ein selbstständiges Unternehmen.

Welche Leidenschaft sehen Sie in Ihrem Beruf? |Susann Vetter| Hauptsächlich die Fotografie. Das heißt, wie man es schafft, Menschen natürlich „in Szene zu setzen“, ihre Stärken zu zeigen und dies auf einem Foto authentisch festzuhalten. Einerseits zu zeigen, was jemanden ausmacht und andererseits zu erkennen, wann eine Person gut getroffen ist. Dies hat meinen Blick geschult – auch für den Personalbereich.

Was waren Schwierigkeiten bei der Gründung? |Susann Vetter| Die ersten beiden Jahre in der Selbstständigkeit waren eine Herausforderung, vor allem wirtschaftlich zu bestehen. Es mussten elementare Entscheidung getroffen werden: Wie erhöht man seinen Bekanntheitsgrad? Wie setzt man Werbung richtig und gezielt ein? Aber auch die Frage: wie ziehen wir unser Geschäft auf? Sich entschließen, die Produktpalette zu erweitern mit Kameras und Bilderrahmen oder den Fokus nur auf die Fotografie zu legen.

Herausfordernd ist auch der persönliche Anspruch an seine Arbeit und sich davon freizumachen, wenn man mal schlechtes Feedback bekommt. Und

natürlich die Frage, wie kann man Familie und das Geschäft unter einen Hut bringen.

Haben Sie diese Schwierigkeiten besonders aufgrund des weiblichen Geschlechts wahrgenommen? |Susann Vetter| Nein, gar nicht. Ich habe sogar des Öfteren Anfragen von lokalen Vereinen und Netzwerkerinnen bekommen, aktiv über meine Erfahrungen zu sprechen.

Haben Sie Unterstützung durch die Familie erhalten oder besteht ein familiärer Hintergrund bei Ihrer Selbstständigkeit? |Susann Vetter| Wir konnten in dieser Zeit stark auf unsere Familien bauen.

Mein Schwiegervater, als selbstständiger Grafikdesigner, kennt das Geschäft und unterstützte uns auf fachlicher Ebene, z.B. bei der Gestaltung der Website. Auch finanzielle Unterstützung haben wir erhalten. Und gerne hat die Oma bei der Kinderbetreuung ausgeholfen, wenn es mal notwendig war.

Zeit nach der Gründung: Sehen Sie einen Unterschied zu männlichen selbstständigen Kollegen bezüglich der Akzeptanz und der Reaktion des Umfeldes? |Susann Vetter| Da habe ich keine Unterschiede feststellen können, wobei ich mich mit diesem Thema auch nicht aktiv beschäftigt habe. Das Geschäft im künstlerischen Bereich ist sehr offen und viele Frauen sind in diesem Segment unternehmerisch tätig. Daher ist die Akzeptanz in diesem Umfeld viel größer, als beispielsweise in typisch männlichen Berufszweigen.

59

Analyse von Berufsgruppen

Wie waren Ihre Voraussetzungen bei der Gründung? Haben Sie auf Fördermöglichkeiten zurückgegriffen oder war Eigenkapital vorhanden? |Susann Vetter| Wir haben es in erster Linie aus eigener Kraft und dank Unterstützung aus der unmittelbaren Familie geschafft. Die technische Ausrüstung war bereits durch das erste Studio meines Mannes vorhanden. Mit der Hilfe von Freunden erfolgte der räumliche Umbau des neuen Studios.

Ein Entgegenkommen gab es auch vom Vermieter, der einen Mehrwert für die Immobilie gesehen hat. Zudem hat er uns bis zur Eröffnung die Mietzahlungen erlassen.

Hätten Sie sich zu dieser Zeit mehr Fördermöglichkeiten gewünscht? |Susann Vetter schüttelt den Kopf | Die Idee das Studio in diesem Maße zu nutzen und öffentlich zu machen, ist erst während der Umbaumaßnahmen gereift. Von daher haben wir uns keine Gedanken über spezielle Fördermöglichkeiten gemacht.

Hatten Sie zu dieser Zeit einen Mentor oder Ansprechpartner für Ihre Gründung? |Susann Vetter überlegt| Eigentlich nicht. Die Gründungsidee ist im Austausch mit meinem Mann entstanden, wobei der Fokus zunächst auf seinem neuen Studio lag. Dass ich das Studio mit aufbaue, ist erst im gesamten Prozess entstanden. Wir konnten vor allem von seinen bisherigen Erfahrungen als freischaffender Künstler profitieren. Während der Gründungsphase hat sich glücklicher-

weise eins ins andere gefügt, auch ohne strukturierten Plan. „Manchmal muss man Dinge einfach laufen lassen und Vertrauen in sich selbst haben, dass es funktioniert!“ Wie hat sich die Selbstständigkeit seit der Gründung entwickelt? |Susann Vetter antwortet sofort| Sehr gut. Dafür, dass wir mit unserem Fotostudio nicht viel Werbung machen, außer zuverlässig guter Arbeit, haben wir einen sehr hohen Bekanntheitsgrad im Fünfseenland. Das Feedback der Kunden ist gut, der Terminkalender ist voll. Studio Seefeld trägt sich selbst.

Es war eine richtige Entscheidung und hat sich in eine viel versprechende Richtung entwickelt. |Sie strahlt.| Gab es hilfreiche Netzwerke, beziehungsweise sind Sie Mitglied einer Interessensvertretung/ Kammer/ Verband? |Susann Vetter| Das Studio ist bei der IHK gemeldet. Dadurch erhalten wir regelmäßig Einladungen für verschiedene lokale Veranstaltungen. Es gibt viele Netzwerke und Vereine. Man sollte allerdings sondieren: Wer ist wirklich an einer Zusammenarbeit interessiert? Wo ist man nur Mitglied oder soll spenden? Uns ist die Qualität wichtiger als die Quantität. Mittlerweile liegt unser Fokus auf unserer Umgebung. Wir arbeiten gerne mit lokalen Unternehmen zusammen, die kleiner und weniger bekannt sind. Das macht nicht nur den Standort attraktiver, sondern ist auch lukrativ; von der guten Zahlungsmoral bis hin zu Folgeaufträgen. Lokale Kooperationen

60

Analyse von Berufsgruppen

oder Aufträge können sich auch über Vereinstätigkeiten wie der Feuerwehr ergeben.

Haben Sie Tipps für junge Unternehmerinnen: was würden Sie heute anders machen? |Susann Vetter überlegt kurz| Ich denke, man sollte vor allem überzeugt von der Idee und seinen Fähigkeiten sein, dann kann man (fast) jeden überzeugen. Auch ein gutes Durchhaltevermögen ist notwendig, weil es Zeit braucht, bis sich die Dinge in eine Richtung entwickeln. Auf der anderen Seite sollte man nie den Blick nach außen verlieren, gesellschaftliche Einflüsse und wirtschaftliche Entwicklungen verfolgen. Eventuell muss man seine Richtung dann korrigieren.

Heutzutage sind soziale Netzwerke und Foren bedeutsam. Daher sollte man den Austausch mit anderen Leuten suchen und über seine Selbstständigkeit sprechen. Anregungen kommen manchmal von unerwarteter Seite, daher sollte man offen sein. „Es kommt auf die richtige Mischung an zwischen festhalten und loslassen.“

61

Analyse von Berufsgruppen

Schneiderei – Interview mit Frau Schneider

Unternehmerin Barbara Schneider (Autorin Sandrina Rosenkränzer)

Barbara Schneider, 59, ist SchneiderMeisterin und gründete 1980 ihr eigenes Unternehmen im Herzen Münchens.

Die verheiratete Schneiderin ist mit ihrem kleinen Unternehmen sehr erfolgreich und beschäftigt vier freiberufliche Mitarbeiter. Im vorliegenden Interview beantwortet Frau Schneider Fragen rund um ihre Selbstständigkeit und gewährt dabei umfassende Einblicke in ihre berufliche Situation.

Wie verlief Ihr Werdegang vor der Selbstständigkeit? |Barbara Schneider| Nach meinem Schulabschluss habe ich eine dreijährige Lehre zur Herren-Schneiderin begonnen. Anschließend habe ich eine dreijährige Gesellenzeit absolviert und direkt im Anschluss meinen Meister – ebenfalls in der Herren-Schneiderei – gemacht. Nach der Meisterprüfung konnte mich mein damaliger Arbeitgeber nicht mehr bezahlen. Aus diesem Grund wechselte ich als SchneiderMeisterin zu Rudolph Moshammer. Im Jahr 1980 habe ich mich schließlich selbstständig gemacht. In meinen letzten Monaten als Angestellte bei Rudolph Moshammer hatte ich mein Gewerbe bereits angemeldet und

sowohl als Angestellte als auch als Selbstständige gearbeitet.

Barbara Schneider hat ihr Hobby und ihren Nachnamen zum Beruf gemacht: Sie ist leidenschaftlich selbstständige Schneiderin.

Konnten Sie die Erfahrungen aus dieser Zeit für Ihre spätere Gründung nutzen? |Barbara Schneider| Für die Gründung konnte ich im Prinzip nur die Zeit als angestellte Meisterin bei Rudolph Moshammer nutzen. Dort hatte ich direkten Kundenkontakt und habe alle Tätigkeiten einer Schneider-Meisterin kennen gelernt. Das waren für mich sehr wertvolle Erfahrungen.

Was war die Motivation beziehungsweise die Ziele der Wahl zur Selbstständigkeit? „Die Selbstständigkeit war immer mein Ziel. Es war meine Lebensvorstellung und auch mein Wunsch zur Selbstverwirklichung.“ |Barbara Schneider| Natürlich war auch die Unabhängigkeit für mich ein Ziel. Und weil meine Selbstständigkeit immer mein großes Ziel war, habe ich das so schnell wie möglich durchgezogen. Ich war damals Deutschlands jüngste Schneider-Meisterin und habe mit „sehr gut“ abgeschlossen.

62

Analyse von Berufsgruppen

Welche Vorteile sehen Sie in der Selbstständigkeit?

|Barbara Schneider| Nein. Das kann ich wirklich nicht sagen.

„Für mich ist der größte Vorteil die Unabhängigkeit. Ich kann alles so gestalten, wie ich es möchte. Und ich bevorzuge es auch, dass ich mir meine Zeit selbst einteilen kann.“

Was sind die größten Herausforderungen als Unternehmerin?

Welche Leidenschaft sehen Sie in ihrem Beruf? |Barbara Schneider lacht und sagt| Mein Hobby ist die Schneiderei. Ich wollte schon als kleines Mädchen immer Schneiderin werden. Diesen Wunsch habe ich verwirklicht.

Was waren die Schwierigkeiten bei der Gründung? „Beim Einstieg in die Selbstständigkeit war ich auf einmal ganz auf mich alleine gestellt.“ |Barbara Schneider| Es war sehr ungewohnt, sämtliche beruflichen Entscheidungen alleine treffen zu müssen. Das war für mich ganz schön heftig. |Sie fügt hinzu| Schwierigkeiten bei der Gründung waren bei mir vor allem die finanzielle Situation und die richtige Lage und Räumlichkeiten für meine Schneiderei zu finden. Ich musste genau überlegen, wo ich sinnvollerweise mein Geschäft eröffne und wie ich es bezahle. Die Räumlichkeiten, in der ich meine Schneiderei eröffnete, habe ich dann doch schnell gefunden bzw. wurden mir letztendlich sogar von einem Kunden angeboten.

Haben Sie Schwierigkeiten besonders aufgrund des weiblichen Geschlechts wahrgenommen?

|Barbara Schneider antwortet| In meinem Beruf ist es eine Herausforderung, mit den sehr unterschiedlichen Kunden und deren Charakteren umzugehen. Es ist herausfordernd, wenn sich meine Kunden sehr schnell umentscheiden. Aber das ist schon in Ordnung.

Haben Sie Unterstützung durch die Familie erhalten oder besteht ein familiärer Hintergrund bei Ihrer Selbstständigkeit? |Barbara Schneider| Zu der damaligen Zeit habe ich keine familiäre Unterstützung erhalten. Mein Vater war bereits gestorben, ich hatte niemanden mehr. |Sie erzählt weiter| Aber ich muss sagen, ich hatte zumindest einen kleinen familiären historischen Hintergrund: mein Vater und auch meine Vorfahren waren selbstständige Schneider. Als ich ein Kind war, habe ich schon einiges aus der Selbstständigkeit meines Vaters mitbekommen.

Die Zeit nach der Gründung: Sehen Sie einen Unterschied zu männlichen selbstständigen Kollegen bezüglich der Akzeptanz und der Reaktion des Umfeldes? „Bezüglich meines Umfelds würde ich sagen, nein.“ |Frau Schneider überlegt und erklärt| Bei meinen männlichen Kunden merke ich teilweise schon einen gewissen Unterschied: Es ist

63

Analyse von Berufsgruppen

nicht so üblich, dass Frauen Herrenschneider sind. Deshalb trauen mir manche Herren anfänglich die Arbeit nicht zu. In diesem Zusammenhang merke ich einen Unterschied. Aber bei männlichen Kollegen in meinem Umfeld hab ich diesbezüglich noch nie etwas bemerkt.

konnte ich auch nicht bieten. Das kleine Erbe meines Vaters habe ich komplett in meine Meisterprüfung investiert. Ein befreundetes Ehepaar hat mir, im Rahmen eines Darlehensvertrags, 4000 Mark geliehen und das Geld habe ich monatlich in Raten zurück bezahlt.

|Barbara Schneider erinnert sich an ihre Vergangenheit und erklärt weiter| Früher habe ich einiges erlebt: Als ich damals als Meisterin bei Rudolph Moshammer angestellt war, habe ich auch andere Reaktionen erlebt.

|Barbara Schneider macht eine kurze Pause und erklärt weiter| Die Miete für die Wohnung habe ich durch meine Arbeit schon zahlen können, aber ich hatte damals noch nicht mal eine eigene Nähmaschine. Die habe ich mir von einer Freundin geliehen.

Solange, bis ich mir eine eigene leisten konnte.

„Ein angestellter Herrenschneider sagte einmal zu mir: Was, Sie als Frau sind Herren-Maßschneiderin?

Können Sie das überhaupt?“ |Die Schneiderin fügt hinzu| Auch während meiner Lehre war ich die einzige Frau unter Männern. Früher war es ein reiner Männerberuf, aber heute hat sich das Berufsbild verändert: Mittlerweile lernen diesen Beruf mehr Frauen, es wird fast kein Mann mehr Schneider.

Wie waren Ihre Voraussetzungen bei der Gründung? Gab es Fördermöglichkeiten oder war Eigenkapital vorhanden? |Barbara Schneider| Fördermittel gab es zu meiner Zeit eigentlich gar nicht.

Und Eigenkapital war absolut keins vorhanden. |Auf die Nachfrage, woher sie Eigenkapital bezogen hat, antwortet die Münchner Schneiderin| Von der Bank habe ich kein Geld bekommen.

Als Selbstständige hatte ich kein festes Arbeitsverhältnis und Sicherheiten

Hätten Sie sich zu dieser Zeit mehr Fördermöglichkeiten gewünscht? „Ja auf alle Fälle!“ Hatten Sie zu dieser Zeit einen Mentor oder Ansprechpartner für Ihre Gründung? |Barbara Schneider überlegt| Eine Art Mentor war der befreundete Mann, der mir auch das Darlehen gegeben hat. Er hat mir auch dazu geraten, mich selbstständig zu machen. Er selbst hatte auch ein eigenes Unternehmen und daher war er mir auch beim Ausfüllen von Anträgen behilflich. |Frau Schneider fügt nach einer kurzen Pause hinzu| Der Vermieter, der mir meine ersten Geschäftsräume kautionsfrei überlassen hat, war für mich zwar nicht direkt ein Mentor, aber eine sehr hilfreiche Unterstützung.

64

Analyse von Berufsgruppen

Wie hat sich die Selbstständigkeit seit der Gründung entwickelt? „Ich kann für mich rückblickend sagen: Es hat sich im Laufe der Jahre immer positiver entwickelt.“ |Zufrieden lächelt Barbara Schneider und antwortet| Ich habe mittlerweile einen festen Kundenstamm: die Kundenzahl ist immer weiter gestiegen und dadurch bin ich in Bezug auf meine finanzielle Situation total abgesichert. Es geht mir wirklich gut. |Barbara Schneider fügt erklärend hinzu| Heute bin ich Gott sei Dank in der glücklichen Situation, dass ich mir meine Kunden aussuchen kann bzw. sie vertrösten muss, weil ich es sonst nicht schaffen würde.

Sind sie mit dem aktuellen Stand der Selbstständigkeit zufrieden?

Besteht eine Zufriedenheit mit der finanziellen Entwicklung? „Da kann ich nur mit einem ja antworten. Für mich ist alles perfekt.“ Würden Sie sich nochmal selbstständig machen? |Barbara Schneider antwortet direkt| Jederzeit wieder!

Gab es hilfreiche Netzwerke, beziehungsweise sind Sie Mitglied einer Interessensvertretung/ Kammer/ Verband? |Frau Schneider| Hilfreiche Netzwerke gab es damals noch nicht in dem Umfang, wie es sie heute gibt. Aber weil ich selbstständig bin, musste ich mich bei der Handwerkskammer melden und dort bin ich dementspre-

chend Mitglied. Die Kammer unterstützt und berät mich, sofern ich rechtliche Fragen hätte.

Haben Sie Tipps für junge Unternehmerinnen, die sich insbesondere als Schneiderin selbstständig machen wollen? |Barbara Schneider überlegt kurz und antwortet| In meinem Beruf ist es schwierig, etwas anderes zu machen, als den Meistertitel zu erwerben, um sich damit selbstständig zu machen.

Was ich anders gemacht hätte, wenn ich die Möglichkeiten gehabt hätte und was ich jungen Damen raten würde: auf alle Fälle ins Ausland gehen. Ich würde versuchen, bei tollen Designern oder generell in verschiedenen Unternehmen Erfahrungen zu sammeln. Was ich darüber hinaus heute anders machen würde, wenn ich nochmal am Anfang meiner Selbstständigkeit stehen würde: viel mehr Werbung! Und das kann ich jeder Selbstständigen nur raten. Heute ist es mithilfe des Internets einfacher, Werbung zu machen. Früher gab es das Internet eben noch nicht. Heute brauche ich die Werbung nicht mehr: Mehr Kunden könnte ich handwerklich nicht bewältigen.

65

Analyse von Berufsgruppen

Modeatelier – Interview Frau von Morozowicz

mit

Unternehmerin Theresa von Morozowicz

Mode in München hat zwei Jahre lange gedauert, welche ich erfolgreich als Damen- und Herrenschneidermeisterin, staatlich gepr.- Modellmacherin

(Autorin Yasemin Acikgöz)

Das Ehepaar Benedikt und Anna Eggenhofer eröffnete kurz nach dem Krieg an der Germeringerstraße eine Metzgerei.

Ihre Tochter Anna Eggenhofer-Stübner nutzte nach Absolvieren der deutschen Meisterschule für Mode das Geschäft ab 1972 für ihren Meisterbetrieb im Damenschneiderhandwerk, um ab 1978 zusätzlich ein Fachgeschäft für elegante Damenmoden zu eröffnen.

Die Liebe zur Mode erbte auch die Tochter Theresa von Morozowicz, und trat in die Fußstapfen ihrer Mutter.

Seit 2008 führt die Schneidemeisterin alleine das Modeatelier in Planegg bei München.

Im Interview erzählt Frau Theresa von Morozowicz von ihren persönlichen Erfahrungen als Selbstständige und gibt umfassende Einblicke in ihre berufliche Situation.

Wie verlief Ihr Werdegang vor der Selbstständigkeit? |Theresa von Morozowicz| Nach meinem mittleren Schulabschluss habe ich eine Ausbildung zur Maßschneidern in München absolviert. Anschließend habe ich ein Gesellenjahr gemacht, was die Aufnahmevoraussetzung der Meisterschule für Mode in München war. Die Meisterschule für

Theresa von Morozowicz & ihre Mutter Anna Eggenhofer-Stübner

und Modegestalterin, abgeschlossen habe. |Erklärend fügt sie hinzu| Anschließend habe ich mich entschieden, eine zusätzliche Ausbildung zur Schnitt- und Entwurfsdirektrice in der Modeschule zu machen. Danach habe ich ein 6-monatiges Praktikum bei einer Firma, die Modenschauen organisiert, gemacht. Nachdem ich bei der Firma Oui ca. zwei bis zweieinhalb Jahre als Strick- und Shirtdesignerin tätig war, übernahm ich das Modeatelier meiner Mutter und machte mich so selbstständig.

Konnten Sie die Erfahrungen aus dieser Zeit für Ihre spätere Gründung nutzen? |Theresa von Morozowicz antwortet direkt ohne zu überlegen| Ja klar, selbstverständlich. Die Schule ist sowieso daraus ausgerichtet, sehr praxisnah zu lehren. Als ich im Bereich Design tätig war, war es sehr interessant zu sehen, wie der gesamte Ablauf funktioniert. Ich bin jetzt gerade Einkäuferin. Das bedeutet ich kaufe für meine Boutique ein und gehe auf Messen. Aber als ich im Design gearbeitet habe, war ich praktisch auf

66

Analyse von Berufsgruppen

der Gegenseite. Wir haben die Kollektion produziert und waren praktisch das Gegenglied. Das ist natürlich auch interessant und gewissermaßen hilfreich zu sehen, wie der gesamte Prozess im Design funktioniert. Aber ich sage mal so, das, was ich jetzt mache, wäre auch ohne das davor gegangen.

Was waren die Gründe für Ihre Entscheidung zur Selbstständigkeit? |Theresa von Morozowicz erzählt wie sie zur Selbstständigkeit gekommen ist| Wir sind ein Familienbetrieb seit ca. vierzig Jahren. Meine Mutter wollte zu dem Zeitpunkt, als ich im Design gearbeitet habe, weniger arbeiten bzw. spielte mit den Gedanken ganz aufzuhören. Ich wollte diesen Schritt ausprobieren und unsere Modeboutique weiterführen, bevor ich es hätte später eventuell bereuen können, nicht getan zu haben. Wenn es doch nicht die richtige Entscheidung gewesen wäre, hätte ich die Möglichkeit gehabt zurückzukehren und weiterhin als Designerin zu arbeiten.

Ich wollte es ausprobieren, bevor der Familienbetrieb aufgelöst wird, und war selber sehr überrascht, dass es mir so gut gefällt!

Was war die Motivation beziehungsweise die Ziele der Wahl zur Selbstständigkeit? |Theresa von Morozowicz| Im Bereich Design zu arbeiten, ist wahnsinnig kreativ. Im angestellten Verhältnis aber ist dieser Bereich, wie die meisten kreativen Berufe, von der Bezahlung nicht so sehr interessant gewesen, wie praktisch dass, was ich

jetzt verdiene. Im Nachhinein betrachtet ist es für mich, als Selbstständige zu arbeiten, vom Einkommen, von der Flexibilität sowie von der Verantwortung und vom selbstbestimmten Arbeiten viel interessanter. |Lachend fährt sie fort| „Wenn ich jetzt die Arbeitsweise als Selbstständige im Gegensatz zu einem angestellten Verhältnis vergleiche, möchte ich überhaupt nicht mehr tauschen.“ Welche Vorteile sehen Sie in der Selbstständigkeit? |Theresa von Morozowicz antwortet| Ein Vorteil ist die selbstbestimmte Arbeitsweise. Außerdem kann man selber entscheiden, wann man wie viel arbeitet bzw. wie intensiv man den Betrieb führt. Ich finde auch, dass man selber beeinflussen kann, wie man das Geschäft selber fördert oder ankurbelt.

Dafür steht eine Reihe von Möglichkeiten zur Verfügung. Man kann bestimmte Aktionen durchführen, wie z.B. einen Verkaufsoffenen Sonntag und kann daran direkt den Erfolg sehen. Dieser Erfolg, den man erzielt, gibt einem natürlich nochmal eine zusätzliche Motivation. Ein großer Vorteil, wie ich bereits erwähnt habe, ist die Freiheit, sich die Arbeit selber einteilen zu können, wann und wie viel man arbeiten möchte. Als Angestellter habe ich dazu weniger Einfluss. Ich denke, dass das Arbeiten so viel mehr Spaß macht als wenn man sich an feste Vorgaben und Regeln halten muss.

Welche Leidenschaft sehen Sie in Ihrem Beruf? |Theresa von Morozowicz erzählt begeistert| Der Kontakt mit den Kunden. Ich bin jetzt sehr viel im

67

Analyse von Berufsgruppen

Verkauf und habe sehr viel mit Menschen zu tun, was mir richtig Spaß macht. Wir haben hauptsächlich Stammkunden und kennen fast unseren gesamten Kundenkreis. Wir sind dafür sehr dankbar.

Was waren die Herausforderungen beim Einstieg in die Selbstständigkeit? |Theresa von Morozowicz| Den größten Zweifel hatte ich, ob die Kunden mich überhaupt akzeptieren würden. Unsere Zielgruppe sind hauptsächlich ältere Kunden und da ich, als ich die Modeboutique übernommen hatte, erst Ende 20 war, hatte ich Zweifel, ob sie sich überhaupt von mir beraten lassen würden. Ich hatte Angst, dass ich eventuell zu jung bin für die Kunden, wobei ich mich zum Positiven geirrt hatte. Meiner Mutter hatten unsere Kunden ihr Alter nicht verraten, aber bei mir war der Altersunterschied wiederum so groß, dass sie mir ihr Alter gleich anvertrauten. Es ist wichtig, dass der Käufer sich wohl fühlt in den Sachen, die er anzieht. Hier muss man schon ein bisschen Vertrauen zu dem Käufer aufbauen. Das war, glaube ich, die größte Sorge, die ich hatte.

Haben Sie diese Schwierigkeiten besonders aufgrund des weiblichen Geschlechts wahrgenommen? |Theresa von Morozowicz| Da ich von meiner Mutter den Betrieb übernommen habe, habe ich sehr, sehr viel Unterstützung ihrerseits erhalten. Das Geschäft lief auch gut, sodass ich es nicht aufbauen musste. Aus diesem Grund hatte ich eigentlich kaum Schwierigkeiten.

Was sind die größten Herausforderungen als Unternehmerin? |Theresa von Morozowicz| Jetzt im Moment ist die größte Herausforderung die Familie und die Selbstständigkeit zu managen, da ich gerade ein zwei wöchiges Baby habe. Als Selbstständige hast du keinen Anspruch auf Mutterschutz wie als Angestellter und musst dafür sorgen, dass du auch genügend Rücklagen hast. Du musst dich finanziell absichern! Ich habe bis zum Tag vor der Geburt gearbeitet und habe mittlerweile wieder angefangen zu arbeiten. Eine Balance zwischen der Familie und der Selbstständigkeit zu finden, ist gerade das Schwierigste, wenn man, wie ich jetzt, an Öffnungszeiten gebunden ist. Ein selbstständiger Grafikdesigner kann sich bspw. auch mal spät nachts zum Arbeiten hinsetzten, wenn das Kind bereits schläft. Diese Möglichkeit habe ich leider aber nicht. Ich muss den Betrieb zu gewissen Uhrzeiten öffnen und wieder schließen und muss immer präsent sein. Zudem habe ich noch eine Auszubildende, die angelernt und beschäftigt werden muss. Das ist gerade das Schwierigste!

Haben Sie Unterstützung die Familie erhalten oder besteht ein familiärer Hintergrund bei Ihrer Selbstständigkeit? |Theresa von Morozowicz| Wie ich bereits erwähnt habe, sind wir ein Familienbetrieb. Meine Mutter hat mich sehr viel unterstützt.

Zeit nach der Gründung: Sehen Sie einen Unterschied zu männlichen selbstständigen Kollegen bezüglich

68

Analyse von Berufsgruppen

der Akzeptanz und der Reaktion des Umfeldes? „Nein, gar nicht. Eher sehe ich hier ein Problem als Angestellte, aber als Selbstständige überhaupt nicht.“ Wie waren Ihre Voraussetzungen bei der Gründung? Gab es Fördermöglichkeiten oder war Eigenkapital vorhanden? |Theresa von Morozowicz| Da es sich um einen Familienbetrieb handelt, habe ich keine finanzielle Unterstützung gebraucht.

Hatten Sie zu dieser Zeit einen Mentor oder Ansprechpartner für Ihre Gründung? |Theresa von Morozowicz| Mein Ansprechpartner war hauptsächlich meine Mutter. Natürlich kann man sich bei Fragen auch an die Handwerkskammer wenden, aber ihre Hilfe habe ich bis jetzt kaum wahrgenommen.

Wie hat sich die Selbstständigkeit seit der Gründung entwickelt? |Theresa von Morozowicz antwortet erfreut| Ja, genau. Es läuft alles gut.

Sind Sie mit dem aktuellen Stand der Selbstständigkeit zufrieden? |Theresa von Morozowicz| Ja, Ich bin zufrieden.

Würden Sie sich nochmal selbstständig machen? |Theresa von Morozowicz| Ja, immer wieder. Das Problem ist, dass man dann eventuell Schwierigkeiten hat, sich wieder in ein Angestelltenverhältnis einzugliedern. |Sie betont nochmal| Immer wieder ja!

Gab es hilfreiche Netzwerke, beziehungsweise sind Sie Mitglied einer Interessensvertretung/ Kammer/ Verband? |Theresa von Morozowicz| Ich bin bei der Handwerksammer München. Was bei uns zudem wichtig ist, dass alle Gewerbetreibenden bei uns in der Ortschaft einen Verein gegründet haben. Es ist für mich sehr wichtig, in diesem Verein zu sein.

Haben Sie Tipps für junge Unternehmerinnen: was würden Sie heute anders machen? |Theresa von Morozowicz erklärt bewusst| Wenn man jetzt nicht unbedingt einen Familienbetrieb übernimmt, dann glaube ich, sollte man schon das ganze sehr, sehr gut durchdacht angehen. Das ist schon was ganz anderes, wenn man jetzt einen Betrieb, der gut läuft, übernimmt und das auch noch von einem Familienmitglied, als wenn man sich komplett selbstständig macht. Ich denke, das ist ein Unterschied wie Tag und Nacht.

Das ist nochmal eine größere Herausforderung! Ich würde persönlich heute nichts anders machen. |Sie fügt hinzu| Wenn ich selber nicht die Möglichkeit gehabt hätte, einen Betrieb zu übernehmen, weiß ich nicht, ob ich den Mut gehabt hätte, mich selbstständig zu machen. Ich denke, es gehört noch mehr Aufwand und Arbeit dazu, wenn man sich aus dem Nichts praktisch selbstständig macht und komplett neu anfängt und einen Kundenkreis aufbaut – als wenn man etwas übernimmt. „Mich macht es aber glücklicher, selbstständig zu arbeiten, als in

69

Analyse von Berufsgruppen

einem Unternehmen angestellt zu sein.“ |Auf Nachfrage, ob sie sich nochmal überlegt hätte, selbstständig zu machen, wenn sie nicht die Möglichkeit gehabt hätte den Familienbetrieb zu übernehmen, antwortet Theresa von Morozowicz| Das ist etwas anderes. Wahrscheinlich eher nicht. Ich weiß nicht, ob ich den Mut dazu gehabt hätte, aber es wären auf jeden Fall schönere Arbeitszeiten.

70

Analyse von Berufsgruppen

4.2 Ausgewählte freie Berufe (Autorin Stefanie Richter) Das traditionelle Selbstbild der freien Berufe ist geprägt durch das Angebot von „Diensten höherer Art“ und „Vertrauensdienstleistungen“ (vgl. IFB 2010, S. 9). Durch die Unabhängigkeit und den persönlichen Austausch zum Auftraggeber fungieren Freiberufler als natürliche Vermittler zwischen Patienten, Kunden bzw. Mandanten, gesellschaftlichen Institutionen und Bürgern. Dies erfordert hohe Anforderungen an die Kompetenzen und Eigenverantwortung dieser verschiedenen Berufsgruppen (vgl.

IFB 2010, S. 9). Zahlreiche Quellen geben einen Überblick zu den Märkten der Freiberuflicher, ihrer wirtschaftlichen Lage oder den Bedingungen der Berufsausübung. Allerdings werden Statistiken dieser Berufsgruppen nicht amtlich systematisch erfasst. Vielmehr setzt sich das Datenmaterial aus unterschiedlichen Datenquellen zusammen, z.B. aus amtlichen und halbamtlichen Statistiken oder Datenmaterial von Kammern und Verbänden der Freien Berufe. Weitere Erhebungen werden von Institutionen wie der Bundesanstalt für Arbeit, der Deutschen Ausgleichsbank oder Trägern der Sozialversicherung, wie die Künstlersozialkasse vorgenommen. Da die Statistiken zu den Freien Berufen aus unterschiedlichen Datenquellen bestehen, sind Aggregationen kaum möglich und Aussagen wie Interpretationen sollten entsprechend vorsichtig betrachtet werden (vgl. IFB 2010, S. 13-14).

In den nachfolgenden Abschnitten werden einige ausgewählte Berufsgruppen der Freien Berufe im Rahmen der Projektestudie vorgestellt und näher betrachtet.

Zunächst soll ein allgemeiner Überblick über die aktuelle Anzahl der selbstständig tätigen Personen in einigen ausgewählten Freien Berufen gegeben werden. Zum 01.01.2015 waren von insgesamt 737.000 Erwerbstätigen im Freistaat Bayern ca.

211.700 Personen in Freien Berufen selbstständig tätig (vgl. IFB 2015a; IFB 2015b).

Die Abbildung zeigt die Verteilung der verschiedenen Berufsgruppen: Apotheker Zahnärzte Ärzte Patentanwälte Rechtsanwälte Notare Freie Kulturberufe Andere freiberufliche Ingenieure Beratende Ingenieure Archtiketen Andere wirtschaftsberatende Freie Berufe Vereidigte Buchprüfer Wirtschaftprüfer Steuerberater/Steuerbevollmächtige

2.769 8.345 20.971 1.751 20.400 480 46.000 11.000 2.241 11.871 17.000 489 1.349 10.818

Gesamt Freiberufler 01/2015: ca. 211.700

Abbildung 15: Selbstständige in ausgewählten Freien Berufen in Bayern am 01.01.2015 (Quelle: eigene Darstellung, in Anlehnung an IFB 2015a)

71

Analyse von Berufsgruppen

Aus der Abbildung ist ersichtlich, dass die Gruppe der freien Kulturberufe der von uns ausgewählten Freien Berufe in Bayern mit fast 22 % den größten Anteil der selbstständigen Freiberuflicher im Jahr 2015 ausmachen. Dies lässt vermuten, dass dieses Segment ein hohes Gestaltungspotential und individuelle Rahmenbedingungen für eine Selbstständigkeit bietet. An zweiter Stelle folgen Ärzte und Rechtsanwälte, die je mit knapp 10 % der Gesamtheit ebenfalls einen sehr großen Anteil selbstständiger Unternehmer bilden. Relativ viele Unternehmenseigner gibt es zudem in wirtschaftsberatenden Freien Berufen, gefolgt von der Gruppe der Architekten, freiberuflichen Ingenieuren sowie Steuerberatern, die etwa einen gleich großen Anteil von 5 % bis 8 % aufweisen. Selbstständig tätige vereidigte Buchprüfer und Notare zählen quantitativ zu den Schlusslichtern mit unter 1 %.

Im weiteren Verlauf werden nun die einzelnen Berufsgruppen nach der geschlechterspezifischen Verteilung, sofern Datenmaterial vorhanden, beleuchtet.

4.2.1 Steuerberater (Autorin Jacqueline Seifert) Im Bereich der steuerberatenden Berufe müssen selbstständig tätige Steuerberater in einer Steuerberaterkammer gemeldet sein. In Bayern übernehmen die Steuerberaterkammer München und die Steuerberaterkammer Nürnberg die Verantwortung für diese Berufsgruppe. Nach Rücksprache mit der Steuerberaterkammer München wurden einige Zahlen zu Unternehmerinnen in dieser Berufsgruppe in Bayern zur Verfügung gestellt. Da die Statistiken nicht geschlechtsspezifisch unterschieden werden, konnte leider kein umfassenderes Datenmaterial Selbstständige Steuerberater/innen zur Verfügung gestellt werden.

2015 in Bayern Zum 01.01.2015 gab es in Bayern 15.014 Selbstständige (m/w) im Beruf des Steuerberaters, wovon 5.483 weiblich und 9.531 männlich sind. Dies lässt auf einen prozentualen Anteil an selbstständigen Steuerberaterinnen von 36,5 % schließen und ist damit nur knapp etwas mehr als ein Drittel. In Gesamtdeutschland sind Anfang 2015 84.707 selbstständige Steuerberater (m/w) bei den Kammern gemeldet (34,7 % Frauen; 65,3 % Männer). Daraus lässt sich

Selbständige Steuerberater Selbständige Steuerberater-innen

36%

64%

Abbildung 16: Prozentualer Anteil der selbstständigen Steuerberater 2015 in Bayern (Quelle: eigene Darstellung)

72

Analyse von Berufsgruppen

schließen, dass sich in Bayern tendenziell mehr Frauen im Beruf des Steuerberaters selbstständig machen als auf Bundesebene.

Zusätzlich zu aktuellen Zahlen stellte die Steuerberaterkammer eine historische Entwicklung der gemeldeten Mitglieder seit 2006 in Gesamtdeutschland zur Verfügung. Die Entwicklung zeigt, dass der prozentuale Anteil von Frauen in den letzten neun Jahren gestiegen ist, wohingegen der prozentuale Anteil der Männer zwangsläufig zurückgegangen ist. Da die aktuellen Mitgliedszahlen von Gesamtdeutschland und Bayern ähnlich sind, kann davon ausgegangen werden, dass sich auch in Bayern in den letzten Jahren immer mehr Frauen als Steuerberaterinnen selbstständig machen.

55.284

Anteil Frauen in % 34,7%

Anteil Männer in % 65,3%

28.588

54.781

34,3%

65,7%

82.390

27.881

54.509

33,8%

66,2%

2012

81.244

27.161

54.083

33,4%

66,6%

2011

79.913

26.346

53.567

33,0%

67,0%

2010

78.110

25.258

52.852

32,3%

67,7%

2009

76.299

24.385

51.914

32,0%

68,0%

2008

73.874

23.274

50.600

31,5%

68,5%

2007

72.669

22.555

50.114

31,0%

69,0%

2006

71.981

22.029

49.952

30,6%

69,4%

Stichtag (01. Januar)

Gesamtzahl

Anzahl Frauen

Anzahl Männer

2015

84.707

29.423

2014

83.369

2013

Tabelle 2: Historische Entwicklung der Mitgliedszahlen der Steuerberaterkammer in Gesamtdeutschland (Quelle: eigene Darstellung)

73

Analyse von Berufsgruppen

Steuerberatung – Interview mit Frau Bachmaier

SteuerkanzleiGründerin Monika Bachmaier (Autorin Sandrina Rosenkränzer)

Monika Bachmaier, 74, ist auch heute noch in ihrer kleinen Steuerkanzlei durchschnittlich zwei Tage in der Woche selbstständig tätig.

Obwohl Sie heute keine neuen Mandate mehr annimmt, erhält die Steuerberaterin aus Eching kontinuierlich neue Anfragen über Steuerfälle.

Monika Bachmaier absolvierte ein berufsbegleitendes Studium in Finanzverwaltung parallel zu ihrer Vollzeit-Stelle im gehobenen Dienst der Finanzverwaltung. Zu diesem Zeitpunkt war sie bereits verheiratet und Mutter eines kleinen Sohnes. Im Jahre 1964 graduierte sie zur DiplomFinanzwirtin. Im Jahr 1970 schied sie auf eigenen Wunsch bei der Finanzverwaltung aus und gründete ihre Steuerkanzlei. In diesem Interview beantwortet sie Fragen rund um ihre Selbstständigkeit und gibt abschließend Ratschläge für zukünftige Unternehmerinnen.

Wie verlief Ihr Werdegang vor der Selbstständigkeit? |Monika Bachmaier| Bis zur Gründung meiner Kanzlei blieb ich in der Finanzverwaltung.

Neben meiner Selbstständigkeit war ich dann ab 1970

in Teilzeit bei einer Steuerberaterin angestellt bis zur Auflösung dieser Kanzlei im Jahr 1989. Einen Teil der Mandate habe ich dann übernommen.

Im Jahr 1982 habe ich die Steuerberaterprüfung abgelegt. Ich musste hierfür einen Kurs belegen und dann in die mündliche Prüfung. Das ging damals so, weil ich das Diplom und die Zulassung zur Steuerbevollmächtigten bereits hatte. Während dieser Zeit habe ich in einem Hotel in München gewohnt – es war unmöglich, mich auf die Prüfung vorzubereiten, die Kinder zu hüten und den Haushalt zu schmeißen. „Als selbstständige Frau muss man mitdenken und flexibel sein.“ Konnten Sie die Erfahrungen aus dieser Zeit für Ihre spätere Gründung nutzen? |Monika Bachmaier| Ich habe Erfahrungen aus der Finanzverwaltung, aber vor allem bei der Kollegin aus der Praxis mit in die Selbstständigkeit genommen. Die Erfahrungen aus der Finanzverwaltung waren ganz anderer Art als die der Privatwirtschaft. Das war der Hauptgrund, warum ich überhaupt zu einem Kollegen bzw. einer Kollegin gehen wollte: die andere Arbeitsweise. In der Finanzverwaltung kriege ich nur das fertige Produkt – aber wie kommt es zu dem Produkt?

Das habe ich zwar in der Theorie zehn Jahre vorher gelernt, aber das ist etwas ganz anderes, als wenn ich das dann selber erstelle.

Was waren die Gründe für Ihre Entscheidung zur Selbstständigkeit?

74

Analyse von Berufsgruppen

„In erster Linie waren es die familiären Gründe.“

Welche Vorteile sehen Sie in der Selbstständigkeit?

|Monika Bachmaier| Es war für mich dann besser vereinbar, weil ich mich auch dazu entschieden hatte, meine Berufstätigkeit hier im Haus auszuführen. Als Selbstständige hatte ich nie eine Kanzlei außer Haus, weil meine Kinder einfach zu klein waren. Ich wäre vielleicht nie von der Finanzverwaltung weggegangen, aber zu meiner Zeit gab es keine Elternzeit oder die Möglichkeit, sich länger freistellen zu lassen.

Ich hatte sechs Wochen vor und acht Wochen nach der Entbindung Mutterschutz. Es gab noch nicht mal Teilzeit, das hätte ich schon gemacht. In den 60er Jahren gab es das einfach noch nicht. Es gab nur zwei Möglichkeiten: Entweder man hat einen Krippenplatz gefunden, bei dem man das Baby ganztags abgeben konnte oder man musste aufhören zu arbeiten. Meine Einstellung war immer: wenn ich Kinder habe, dann möchte ich Sie nicht unbedingt von Fremden erziehen lassen. Ich habe mir diese Krippen angeschaut, aber das ist für mich nie in Frage gekommen. Zusammenfassend gaben rein die familiären Gründe Ausschlag für die Selbstständigkeit.

|Monika Bachmaier antwortet direkt| Ich sehe eine gewisse Freiheit in der Selbstständigkeit.

Was war Ihre Motivation beziehungsweise die Ziele der Wahl zur Selbstständigkeit? „Ich wollte mein Privat- und Berufsleben gut vereinbaren können.

Meine Motivation war die Unabhängigkeit und die Flexibilität.“ |Monika Bachmaier| Ich hatte immer einen ganz großen Wunsch, unabhängig zu sein und mir auch alles selbst einteilen zu können.

Haben Sie eine Leidenschaft zu Ihrem Beruf aufgebaut? |Die Steuerberaterin antwortet nach einer kurzen Überlegung| Das kann ich nicht sagen, weil ich Leidenschaft anders sehe.

Was waren die Schwierigkeiten bei der Gründung? |Monika Bachmaier| Also ich muss ehrlich sagen, ich habe keine Schwierigkeiten gehabt. Auch nicht, wenn es darum ging, Mandate zu bekommen.

Die Mandanten sind immer auf mich zugekommen, mehr als ich je verarbeiten konnte und wollte. Sodass ich dann auch die Möglichkeiten hatte, die Mandanten mir zum Teil auszusuchen.

Wenn jemand etwas – in bayerisch würde ich sagen „halbscherig“ (also nicht ganz korrekt) haben wollte – habe ich diese Mandanten abgelehnt.

Und darin sah ich auch einen Vorteil: Ich kann mir die Mandanten aussuchen. Diese müssen ein gewisses Kriterium erfüllen und auch meine korrekte Arbeitsweise akzeptieren. |Frau Bachmaier überlegt kurz und fügt weiter hinzu| Es war natürlich auch ein Vorteil, dass ich bereits einige Mandate mitnehmen konnte. Das war mein Anfangsbestand. Am Anfang war ich mit Buchführung und sonstigem ausgelastet. Der Vorteil war auch – gerade wenn ich jetzt die Familie mitberücksichtige – dass ich oft nachts gearbeitet habe. Weil tagsüber hat

75

Analyse von Berufsgruppen

mich dann, zumindest ab Mittag, die Familie gefordert. |Monika Bachmaier fügt nach kurzer Überlegung an| Nach vielleicht zehn Jahren hatte ich dann meine ersten Angestellten, die mich in meiner Arbeit unterstützten. Ich habe aber nie mehr als fünf Mitarbeiter beschäftigt, sodass es klein geblieben ist.

Haben Sie diese Schwierigkeiten besonders aufgrund des weiblichen Geschlechts wahrgenommen? „Überhaupt nicht.“ |Monika Bachmaier wiederholt sich mit Nachdruck| Das kann ich überhaupt nicht sagen. Ich habe auch noch nie den Feminismus – der sich heute entwickelt – verstanden, weil ich davon überzeugt bin, dass es immer an der Persönlichkeit liegt.

Eingrenzend möchte ich aber sagen, dass es bestimmte Branchen und Bereiche gibt, die aufgrund des Geschlechts eine besondere Förderung benötigen.

Haben Sie Unterstützung durch die Familie oder Ihren Mann erhalten? |Monika Bachmaier| Als ich mich selbstständig gemacht habe, war ich verheiratet und hatte zwei Kinder. |Stolz fügt sie hinzu| Mein Mann war ganz großartig, er hat mir immer völlig den Rücken frei gehalten und mir immer die Entscheidung selber überlassen. Er hat mich nie eingeschränkt, sondern immer gesagt: „Tu was du tun musst und was du für richtig hältst.“ Das ist sehr wichtig. Ich meine, ich kenne das nicht anders. Ich kann mir nur vorstellen, dass es anders eine Katastrophe wäre.

|Monika Bachmaier überlegt kurz und erklärt dann weiter| Das liegt eben auch an einer entsprechenden Partnerschaft. Wobei es natürlich so ist, dass man sich diese Toleranz gegenseitig zugestehen muss, denn anders geht es nicht. Das war eigentlich der Vorteil in meiner Beziehung mit meinem Mann. Es gab da keine Schwierigkeiten. Sicher hat man mal gemotzt, aber das gehört ja auch mal dazu.

Wie waren Ihre Voraussetzungen bei der Gründung: Gab es Fördermöglichkeiten oder war Eigenkapital vorhanden? „Ich brauchte das ja gar nicht mit meinem Beruf.“ |Monika Bachmaier| Ich habe am Anfang nur eine Schreibmaschine und eine Rechenmaschine gebraucht. Wir haben noch in Journalen gebucht. |Sie fügt mit einem Lächeln an| Erst in den 70er Jahren kamen die ersten Computer auf. Da war es dann so, dass sich Kollegen zusammen getan und einen Apparat gekauft haben.

Dieser war damals unheimlich teuer und das konnte man dann tageweise nutzen. Also war der finanzielle Aufwand für mich nicht groß. Sicher, ich habe mir es dann als Miete gebucht, wenn ich den Apparat nutzte, da waren die Kosten entsprechend niedriger, als wenn ich den Apparat mein Eigen genannt hätte. Aber das war dann wie Miete. Diese Kosten waren dann schon aus dem laufenden Betrieb zu bezahlen. |Die Steuerberaterin erklärt weiter| Weil ich von zu Hause gearbeitet habe,

76

Analyse von Berufsgruppen

habe ich keine Räume benötigt. Auch deshalb ist es hier alles klein geblieben. Ich hätte mich natürlich auch mit Kollegen zusammen tun können. Ich hatte öfters diese Angebote, aber im Prinzip war mir das so am liebsten, weil ich mir damit wiederum meine Unabhängigkeit gewahrt habe. Es wäre sonst ein großer Veränderungsschritt gewesen. Anders wäre es dann auch wieder schwierig gewesen, als meine Enkel dann da waren. Da habe ich mir immer einen Tag frei genommen und mich um die beiden gekümmert. „Mir persönlich war in meiner Lebensplanung Familie sehr wichtig. Und trotzdem war ich so erfolgreich. Ja man kann das unter einen Hut bringen, aber man muss sich überlegen, was man will.“ |Sie hält kurz inne und stellt sich vor| Wenn ich eine Kanzlei mit 20 Angestellten mitten in München führen wollte, weil das mein Ego vielleicht gebraucht hätte, dann hätte ich auf etwas anders verzichten müssen.

Hatten Sie zu dieser Zeit einen Mentor oder Ansprechpartner für Ihre Gründung? „Ich bin da voll ins kalte Wasser gesprungen.“ |Ohne zu überlegen sagt die fitte Steuerberaterin| Ich bin von der Finanzverwaltung weg, hab damals gleich zwei Mandate gehabt mit Buchführung und bin aber halbtags in der anderen Kanzlei gewesen. Ich brauchte nicht mehr. |Dennoch fügt sie einen wichtigen Punkt an| Ich hatte sehr viele Freun-

dinnen aus der Finanzverwaltung, die auch denselben Weg gegangen sind und dadurch hatte ich dann immer die Möglichkeit, auch mal fachlich zu diskutieren oder schwierige Sachverhältnisse zu klären. Das war sehr wichtig.

Wie hat sich die Selbstständigkeit seit der Gründung entwickelt? |Monika Bachmaier| Meine Kanzlei ist immer größer geworden. Das ist ganz klar, je weniger mich meine Kinder gebraucht haben, umso mehr war ich dann in der Kanzlei. Bis es dann soweit war, dass mein Mann krank wurde und dann wieder das Familiäre in den Vordergrund gerückt ist.

Wenn Sie heute auf Ihre Selbstständigkeit zurückblicken, waren Sie zufrieden? „Ich habe das erreicht, was ich erreichen konnte. Es hat mich ausgefüllt.“ |Lächelnd lehnt sich Monika Bachmaier zurück| Ja! Das liegt aber wahrscheinlich auch daran, weil ich überhaupt ein zufriedener Mensch bin.

Ich habe nie größere Schwierigkeiten gehabt und ich habe mir immer die Mühe gegeben, es korrekt abzuwickeln.

Würden Sie sich nochmal selbstständig machen? „Selbstständig würde ich mich sicherlich machen, ob ich einen so schwierigen Beruf wählen würde wie Steuerberater, da würde ich jetzt mit meiner Kenntnis nicht 100 prozentig ja sagen.“

77

Analyse von Berufsgruppen

|Monika Bachmaier| Man ist in diesem Beruf sehr gefordert. Wir müssen jedes Jahr mehrere neue Gesetze oder Änderungen wissen, man muss also ständig am Ball bleiben. Es ist eine große Herausforderung. Ich bin jedes Jahr wieder auf Fortbildungen gegangen, selbst heute noch. Es gibt jedes Jahr neue JahresSteuer-Gesetze, Erlasse des Bundesfinanzministeriums und Urteile der Gerichte, sie müssen praktisch eine ganze Palette beherrschen.

Gab es hilfreiche Netzwerke, beziehungsweise sind Sie Mitglied einer Interessensvertretung/ Kammer/ Verband? |Monika Bachmaier| Als Steuerberaterin bin ich ein Pflichtmitglied der Steuerberater-Kammer und dann war ich noch im Landesverband der Steuerberater. |Mit Stolz fügt sie noch hinzu| Ehrenamtlich war ich 20 Jahre lang Schatzmeisterin beim bayerischen Siedler- und Eigenheimverband. Da habe ich mich um die Finanzen gekümmert, neben meiner Selbstständigkeit und der Familie. Das hat Spaß gemacht. Das war auch für mich wichtig, dass ich nichtsdestotrotz hier mal einen halben Tag raus gekommen bin.

Haben Sie Tipps für junge Unternehmerinnen: was würden Sie heute anders machen? „Junge Unternehmerinnen müssen in einer Kanzlei schon erste Erfahrungen gesammelt haben. Anders geht es gar nicht.“

|Monika Bachmaier antwortet| …und nach Möglichkeit ein bis zwei Mandate haben, womit sie den Grundstock ihres Lebens bestreiten können. Sonst ist es aussichtslos. Und man muss auch offen sein für Menschen. Wenn man nicht gut mit Menschen umgehen kann, dann sollte man die Finger vom Beruf Steuerberater lassen. In diesem Beruf besteht schon eine gewisse Gefahr, dass jemand unkorrektes Handeln verlangt, aber da muss man sehr fest sein und nur das tun, was eigentlich richtig ist. Mein Wahlspruch war immer: Gibt dem Kaiser, was des Kaisers ist und Gott, was Gottes ist.

Ich habe mich schon am Anfang meiner Berufslaufbahn gefragt: Was willst du eigentlich, wie willst du dein Leben gestalten. Welchen Stellenwert hat Beruf, welchen Stellenwert hat Familie, Ehe und Partnerschaft. Das muss man sich von vorn herein klar machen. Die Aspekte und Werte haben sich heute bei der jungen Generation verschoben, das weiß ich auch, aber ob das letztendlich den Einzelnen befriedigen kann, muss sich erst herausstellen. „Ich kann für mich heute sagen: es war richtig!“

78

Analyse von Berufsgruppen

Steuerberatung – Interview mit Frau Goldstein

Steuerberaterin Hannelore Goldstein (Autorin Stefanie Richter) Seit über 30 Jahren ist Hannelore Goldstein (60 Jahre) in ihrem Metier erfolgreich. Die studierte Diplomfinanzwirtin (FH)/ Steuerberaterin gründete 1985 mit 30 Jahren die Steuerkanzlei Goldstein in Augsburg. Dort berät sie mit ihren sieben Mitarbeiterinnen kompetent sowohl Privat- als auch Geschäftskunden und bietet ihnen ein ausgedehntes Dienstleistungsspektrum mit fundiertem Fachwissen und langjähriger Erfahrung. Privat lebt sie in einer langjährigen Partnerschaft und hat eine ebenfalls sehr erfolgreiche Tochter.

Wie verlief Ihr Werdegang vor der Selbstständigkeit? |Hannelore Goldstein| Mein beruflicher Werdegang begann mit einer 5jährigen Ausbildung im gehobenen nicht-technischen Dienst in der Finanzverwaltung beim Finanzamt Augsburg-Stadt.

Hierzu gehörte gleichzeitig ein Studium an der Bayerischen Beamtenfachhochschule in Herrsching am Ammersee. Nach Ablegen der Steuerinspektorenprüfung war ich sieben Jahre im Betriebsprüfungsdienst beim Finanzamt AugsburgStadt tätig. In dieser Position war ich erst die zweite Frau in der finanzamtlichen Betriebsprüfung in Bayern, was damals sehr ungewöhnlich war. Nach dieser 7-jährigen Tätigkeit in der Finanzverwaltung erfüllte ich die

Voraussetzungen für die Zulassung zur Steuerberaterprüfung. Nach erfolgreich abgelegter Steuerberaterprüfung gründete ich mit 30 Jahren dann meine eigene Steuerkanzlei. „Vor 30 Jahren waren die Umstände für eine selbstständige Tätigkeit weitaus schwieriger als heute.“ Konnten Sie die Erfahrungen aus dieser Zeit für Ihre spätere Gründung nutzen? |Hannelore Goldstein| Auf jeden Fall.

Durch meine Tätigkeit im Außendienst beim Finanzamt bekam ich in

In ihrer Steuerkanzlei setzt Hannelore Goldstein seit über 30 Jahren auf fachliche Qualifikation, persönliche Integrität und Kostenbewusstsein

verschiedenste Unternehmen und Branchen Einblick. Dadurch sammelte ich Erfahrungen, wie die Buchführung gemacht und Bilanzen erstellt wurden und welche Grundlagen dafür notwendig waren.

Was waren die Gründe für Ihre Entscheidung zur Selbstständigkeit? |Hannelore Goldstein überlegt kurz| Ich konnte mir nicht vorstellen meine weitere Berufszeit im Finanzamt zu verbringen. Als örtliche Behörde bot das Finanzamt zwar einen sicheren Arbeitsplatz, jedoch nur geringe

79

Analyse von Berufsgruppen

Aufstiegsund Entwicklungsperspektiven.

Beurteilungen bzw.

Beförderungen waren absehbar und planbar, so dass sich die Aussicht auf Veränderung in Grenzen hielt. Meine Position im Außendienst war bereits das oberste Ziel, was man erreichen konnte. Überdies hegte ich einen Kinderwunsch und wollte eine Familie gründen, was in meiner bisherigen Position schwierig war. Zur damaligen Zeit gab es andere Arbeits- und Umweltbedingungen als heute. Als Betriebsprüferin arbeitete ich Vollzeit, Teilzeitarbeit war nicht möglich. Im Innendienst dagegen kam man wenig mit anderen Menschen in Kontakt.

Als selbstständige Unternehmerin bieten sich andere Möglichkeiten, man ist flexibler.

Welche Vorteile sehen Sie in der Selbstständigkeit? |Hannelore Goldstein lacht| Auf der einen Seite wollte ich unabhängig sein und meine Tätigkeit frei gestalten können. Ich erhoffte mir in diesem Zusammenhang natürlich auch die Möglichkeit, mehr Geld zu verdienen.

Ferner schätze ich, dass sich das Arbeitspensum genau steuern lässt, beispielsweise kann ich viel arbeiten und erst mit 70 Jahren in Rente gehen oder schon früher. Durch die Selbstständigkeit konnte ich nicht nur meine Zeit frei einteilen, sondern auch mein Kind flexibler versorgen und betreuen.

Auf der anderen Seite wollte nach meiner Tätigkeit beim Finanzamt auf die Gegenseite wechseln, weil ich denke, dass ich dort mehr bewegen und den Leuten besser helfen kann.

Welche Leidenschaft sehen Sie in Ihrem Beruf? |Hannelore Goldstein| Dem Beruf des Steuerberaters haftet oftmals das Klischee an, trocken und langweilig zu sein. Dabei ist mein Berufsfeld sehr vielseitig. Ich habe sehr viel Kontakt zu den verschiedensten Menschen, mit unterschiedlichen Berufen aus anderen Branchen. Angefangen vom Zahnarzt bis zur Verkäuferin. Alle gehören zu meinem Kundenstamm. Durch die Arbeit erfährt man wichtige Details und Hintergründe von den Leuten. Diese Informationen werden benötigt, sonst kann ich meine Klienten nicht richtig steuerlich beraten, beispielweise ob eine Einzelveranlagung vorteilhafter wäre.

Weiterhin motiviert mich ebenso ein kämpferischer Aspekt. Wenn ich mit meiner Beratertätigkeit meinen Kunden weiterhelfen kann, gibt mir das ein tolles Gefühl. Wenn ein Widerspruch gegen das Finanzamt zu unseren Gunsten ausgeht, freuen wir uns mit unseren Mandanten. Andererseits bedauere ich auch, wenn wir die Ansprüche des Mandanten gegenüber dem Finanzamt nicht durchsetzen können.

Was waren Schwierigkeiten bei der Gründung? |Hannelore Goldstein nimmt sich einen Moment Zeit| Damals war es vorgegeben, dass man als Steuerberater nicht unbegrenzt Werbung machen kann. Es waren lediglich drei Zeitungsannoncen erlaubt. So musste man abwarten und überlegen, wie man die ersten Mandanten gewinnt. Hilfreich waren zu Beginn eine florierende

80

Analyse von Berufsgruppen

Mund-zu-Mund Propaganda oder das eigene Netzwerk. Ich hatte beispielsweise einen Bekannten mit einer Tanzschule. Dieser meinte: „Wenn du dich selbstständig machst, dann lasse ich mich von dir steuerlich beraten.“ Heutzutage gibt es andere Werbekanäle, wie das Radio.

Die ersten drei Jahre in der Selbstständigkeit waren schon schwierig. Die Gründung als solches hingegen war weniger problematisch. Nach Beantragung der Zulassungsurkunde, der Einrichtung eines kleinen Büros mit Schreibtisch, Soft- und Hardware konnte ich loslegen. Anfangs konnte ich einige Aufträge durch meinen Exmann umsetzen, der eine Steuerkanzlei in Burgau hat. Für ihn habe ich Buchführungen und Abschlüsse durchgeführt und habe dabei viel dazu gelernt. Wenn ich ganz alleine gewesen wäre, hätte ich wahrscheinlich länger gebraucht, um vom Geschäft leben und eine Angestellte einstellen zu können.

Haben Sie Schwierigkeiten besonders aufgrund des weiblichen Geschlechts wahrgenommen? |Hannelore Goldstein nickt| Leider ja.

Dies lässt sich auf die damalig vorherrschenden Rollenklischees zurückzuführen. Noch deutlicher war es sogar während meiner Tätigkeit beim Finanzamt. Ich kann mich an eine Situation erinnern, als ich bei einem Autohändler eine Betriebsprüfung durchführte. Vertreten wurde der Autohändler von einer jungen, etwa 30-jährigen Steuerberaterin. Als wir beide uns unterhielten, berichtete sie mir von ihren Problemen als weibliche Steuerberaterin. Im Finanzamt habe

ich manchmal hauptsächlich Textilunternehmen geprüft, weil Frauen sich in diesem Bereich angeblich besonders gut auskennen. Etwas anderes wurde mir nur schwer zugetraut, was natürlich sehr schade ist, da die fachliche Expertise ausschlaggebend sein sollte.

Was sind die größten Herausforderungen als Unternehmerin? |Hannelore Goldstein| Die Steuerberaterbranche unterliegt natürlich zum einen einem kontinuierlichen Wandel bei den Softwareprodukten, bei denen man sich ständig anpassen muss. Eine weitere Herausforderung ist es mittlerweile auch, gut ausgebildetes Fachpersonal zu gewinnen. Diese Problematik höre ich jedoch auch seitens anderer Unternehmen, egal welcher Branche. Zum anderen gibt es im steuerrechtlichen Bereich fortlaufend Änderungen, denen wir begegnen müssen. Leider sind viele Steuergesetze häufig nicht für die Praxis ausgelegt, wie die elektronische Übermittlung der Steuererklärung.

Kleine Betriebe, die nur eine Einnahmen-Überschuss-Rechnung vornehmen, werden dazu veranlasst, extra Hardware für die Datenübermittlung anzuschaffen, die preislich höher liegt als die gesamten Einnahmen. Da ist es eine große Herausforderung, den Mandanten gut zu beraten. Eigentlich sollten wir uns auf dem Weg einer Entbürokratisierung befinden, in der Realität ist das leider noch nicht angekommen. Statt nur elektronisch zu archivieren, müssen gesetzlich auch die Originalpapiere aufbewahrt werden. Die ständigen Überprüfungen der Behörden nehmen einen großen Teil der Arbeit ein, die man als Unter-

81

Analyse von Berufsgruppen

nehmer ausführt, so dass man sich nicht mehr auf das eigentliche Geschäft konzentrieren kann. Des Weiteren sind wir gezwungen immer schneller, billiger und erfolgreicher gegenüber dem Finanzamt zu sein, wobei das fast unmöglich ist. Die Steuerberater sind inzwischen vielmehr Vermittler, die beraten, wie die rechtlichen Hintergründe sind und auf Auswirkungen hinweisen, wenn Mandanten steuerlich anders vorgehen möchten.

Haben Sie Unterstützung durch die Familie erhalten oder besteht ein familiärer Hintergrund bei Ihrer Selbstständigkeit? |Hannelore Goldstein| Durch meinen Exmann habe ich viel Unterstützung erfahren. Zuerst hatten wir uns beide zusammen selbstständig gemacht. Für meine Eltern war mein Entschluss zur Selbstständigkeit nicht einfach, weil ich mit dem Job beim Finanzamt als Beamtin auf Lebenszeit auch sehr viel Sicherheit aufgegeben habe. Das war für die damalige Zeit natürlich sehr riskant. Seinerzeit war alles ein wenig im Umbruch. Für die Steuerberaterprüfung musste ich nämlich meinen Job kündigen, da ich sonst zur Prüfung nicht zugelassen worden wäre. „Ein bisschen Mut gehört auf jeden Fall zur Selbstständigkeit, heute noch mehr als früher.“ Zeit nach der Gründung: Sehen Sie einen Unterschied zu männlichen selbstständigen Kollegen bezüglich der Akzeptanz und der Reaktion des Umfeldes?

|Hannelore Goldstein| Nein, eigentlich nicht. Akzeptanzprobleme gibt es mittlerweile nicht mehr. Darüber hinaus gibt es viele Steuerkanzleien, die sowohl von männlichen als auch weiblichen Kollegen geführt werden.

Wie waren Ihre Voraussetzungen bei der Gründung? Haben Sie auf Fördermöglichkeiten zurückgegriffen oder war Eigenkapital vorhanden? |Hannelore Goldstein schüttelt den Kopf| Als ich mein Steuerbüro eröffnen wollte, hatte ich glücklicherweise einen wohlgesonnenen Banker von der Hafner Bank in Augsburg zur Seite.

Von ihm erhielt ich einen Kredit für meine notwendige Büroausstattung und Software. Heutzutage ist es weitaus schwieriger, einen Kredit bei einer Bank zu bekommen. Einen Businessplan musste ich damals nicht vorlegen, nur meine Geschäftsabsichten vortragen und begründen. Im Gegenzug bin ich heute noch Kundin bei der Hafner Bank. So kann ich etwas vom damals gewährten Vertrauensvorschuss zurückgeben.

Hätten Sie sich zu dieser Zeit mehr Fördermöglichkeiten gewünscht? |Hannelore Goldstein| Nein, eigentlich nicht. Ich wollte mit meinem Steuerbüro klein beginnen, daher habe ich nicht so viel Kapital benötigt. Ich hätte auch die Möglichkeit gehabt, eine bestehende Kanzlei zu kaufen und dort einzusteigen. Das war für mich allerdings nicht interessant, hätte mich sogar überfordert. Außerdem hätte es mich unter großen Druck gesetzt, die Schulden langfristig tilgen zu können.

Mein Ziel war es, durch die Kanzlei

82

Analyse von Berufsgruppen

mein Know-How zu erweitern und stetig, wenn auch langsam zu wachsen. Ich glaube, dass einige Männer eher den anderen Weg gehen würden.

Wie hat sich die Selbstständigkeit seit der Gründung entwickelt? |Hannelore Goldstein erzählt stolz| Anfang November 2015 habe ich mein 30-jähriges Firmenjubiläum gefeiert.

Bereits nach sechs Monaten konnte ich dank der Unterstützung durch meinen Exmann eine Mitarbeiterin einstellen, damit das Steuerbüro durchgehend erreichbar war. Das Geschäft läuft gut, denn gute Steuerberater werden immer gebraucht.

Einige Klienten konnte ich durch Zufall gewinnen, beispielsweise einen Zahnarzt, der gleichzeitig mit mir seine Praxis im selben Gebäude eröffnet hat.

Er ist heute noch mein Mandant, so wie viele andere, die mich seit Beginn oder schon über 20 Jahre auf meinem Weg begleiten. Durch das langsame Wachstum der Kanzlei hat sich zwar die Arbeitszeit verlängert, mein Kind ist jedoch auch größer geworden, was dem Familienleben insgesamt sehr entgegenkam.

Für die Zukunft plane ich, mich langsam um meine Nachfolge zu kümmern. Dafür stehe ich bereits mit einer gezielt weiblichen Kandidatin in Kontakt. Wichtig ist mir dabei, dass wir uns in vielerlei Hinsicht ähneln, da sie auch zu meinem Klienten passen muss. Ich denke, dass ich die nächsten 5 Jahre weitermachen und meine Nachfolgerin langsam einarbeiten werde. Im Moment habe ich noch keine Lust ganz aufzuhören, was ich Dank der Selbstständigkeit eigenhändig bestimmen kann. Ein Mann würde

wahrscheinlich nicht in unsere ausschließlich mit weiblichen Mitarbeitern besetzte Kanzlei passen.

Würden Sie sich noch selbstständig machen?

einmal

|Hannelore Goldstein| Ja, auf jeden Fall. Ganz ohne ‚Wenn und Aber‘. Die Vorteile überwiegen eindeutig im Vergleich zu den Nachteilen. Die Entscheidung habe ich nie bereut.

Gab es hilfreiche Netzwerke, beziehungsweise sind Sie Mitglied einer Interessensvertretung/ Kammer/ Verband? |Hannelore Goldstein| Ich bin Mitglied im Landesverband der steuerberatenden und wirtschaftsprüfenden Berufe in Bayern e. V. und der Steuerberaterkammer München. Die Steuerberaterkammer, bei der man Pflichtmitglied mit Zulassung als Steuerberater wird, fungiert als unsere Berufsvertretung und unterstützt zum Beispiel im Krankheitsfall. Weiterhin bin ich noch Mitglied in der Datev e.G. sowie dem Bund der Steuerzahler.

Haben Sie Tipps für junge Unternehmerinnen: was würden Sie heute anders machen? „Man sollte ruhig offen sein und sein Umfeld nach Tipps befragen.“ |Hannelore Goldstein| Ich finde, Offenheit ist wichtig. Man sollte sich im Vorfeld mit erfahrenen Kollegen austauschen und zusammensetzen.

So kann man mögliche, auftretende Schwierigkeiten besprechen und Lösungsoptionen herleiten.

Der zwischenmenschliche Austausch liefert nützliche Informationen, z.B. wie

83

Analyse von Berufsgruppen

bereitet man sich auf Kreditgespräche bei der Bank vor, weil viele junge Unternehmer oftmals zu blauäugig an die Sache herangehen. In der Gründungphase sind daher ein guter Bankund Steuerberater von Vorteil. Wir sind nach wie vor Menschen und keine Maschinen.

In letzter Zeit scheint sich weiterhin ein positiver Trend abzuzeichnen, dass junge Unternehmer, die vor drei bis vier Jahren gegründet haben, vorsichtiger geworden sind und gezielt nachfragen, wie sich Anschaffungen z.B. steuerlich auswirken. Überdies könnten Weiterbildungskurse beispielsweise zur Personalführung oder Konfliktmanagement später die Aufgabe als Vorgesetzte und Chefin erleichtern.

84

Analyse von Berufsgruppen

4.2.2 Wirtschaftsprüfer (Autorin Stefanie Richter) Wirtschaftsprüfer, Wirtschaftsprüferinnen (WP), vereidigte Buchprüfer und Buchprüferinnen (vBP) bilden eine weitere Berufsgruppe der Freien Berufe. Durch ihre Fachqualifikation und berufliche Sorgfaltspflicht im Interesse der Öffentlichkeit werden ihre Dienstleistungen unabhängig, persönlich und eigenverantwortlich für ihre Kunden und Adressaten durchgeführt (vgl. WPK 2015a). Ebenso wie beispielsweise die Steuerberater oder Architekten gehört die Berufsgruppe der Wirtschaftsprüfer zu den verkammerten Freien Berufen, d.h. sie haben eine eigene zuständige Kammer, in der im Allgemeinen eine Pflichtmitgliedschaft besteht (vgl. BMWi 2010, S. 15).

Folglich gehören alle Wirtschaftsprüfer und vereidigten Buchprüfer in Deutschland der Wirtschaftsprüferkammer an.

In einer Mitgliederstatistik der Wirtschaftsprüferkammer werden alle Mitglieder erfasst. Zum 1. Januar 2015 verzeichnete diese Organisation auf Bundesebene insgesamt 21.560 Mitglieder, wovon die Wirtschaftsprüfer mit fast 68 % die größte Mitgliedergruppe darstellen, gefolgt von den vereidigten Buchprüfern mit rund 14 % und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften mit 13 %. Die geschlechtsspezifische Unterteilung für das Bundesland Bayern wird in der nachstehenden Abbildung dargestellt: Anteil Wirtschaftsprüfer in Bayern 2015 429

Wirtschaftsprüfer in Bayern

2093 176 1.184

Davon in eigener Praxis Bayern

weiblich männlich

2.301

Gesamt Wirtschaftsprüfer Inland

12.173 811

Davon in eigener Praxis Inland

6.279 0

2.000 4.000 6.000 8.000 10.000 12.000 14.000

Abbildung 17: Anteil Wirtschaftsprüfer in Bayern 2015 (Quelle: eigene Darstellung, in Anlehnung an WPK 2015b, S. 3)

Gemäß der Mitgliederstatistik sind rund 17 % aller Wirtschaftsprüfer in Deutschland in Bayern tätig. Lediglich Nordrhein-Westfalen verzeichnet mit 22 % noch mehr Mitglieder in der Wirtschaftsprüferkammer. Weitere 13 % der Wirtschaftsprüfer sind in Baden-Württemberg als Mitglieder erfasst. Dies zeigt, dass im Süden Deutschlands hinreichend Beschäftigungsmöglichkeiten für Wirtschaftsprüfer gegeben sind.

Von den 2.522 registrierten Wirtschaftsprüfern sind 83 % männlich und 17 % weiblich. In absoluten Zahlen bedeutet dies: 2093 männliche Wirtschaftsprüfer und 429 weibliche Wirtschaftsprüferinnen. Dies entspricht in etwa ebenso der geschlechts-

85

Analyse von Berufsgruppen

spezifischen Verteilung auf Bundesebene: hier sind ca. 15 % aller Wirtschafsprüfer weiblich. Eine eigene Praxis in Bayern haben mehr als die Hälfte aller Wirtschaftsprüfer und über 40 % der Frauen. Im Vergleich zu den anderen Bundesländern gibt es in Bayern sogar die meisten eigenen Praxen, die von Wirtschaftsprüferinnen geführt werden. Dies zeigt, dass solche wissensintensiven Dienstleistungen für Frauen in Bayern besonders attraktiv sind.

Bei den vereidigten Buchprüfern ergibt sich folgende geschlechtsspezifische Aufteilung in Bayern 2015: Anteil Vereidigte Buchprüfer in Bayern 2015 78

Vereidigte Buchprüfer in Bayern

71

Davon in eigener Praxis Bayern

451

männlich

410

Gesamt vereidigte Buchprüfer Inland

420

Davon in eigener Praxis Inland

378 0

weiblich

500

2617 2379 1000

1500

2000

2500

Abbildung 18 : Anteil Vereidigte Buchprüfer in Bayern 2015 (eigene Darstellung, in Anlehnung an WPK 2015b, S. 4)

Von den vereidigten Buchprüfern in Deutschland sind 86 % männlich und 14 % weiblich. Auf Bundesebene verzeichnet das Bundesland Bayern sogar den höchsten Anteil männlicher vereidigter Buchprüfer mit 451 und den zweithöchsten Frauenanteil mit 78 Buchprüferinnen nach Nordrhein-Westfalen mit 118 Buchprüferinnen. Interessant ist auch, dass fast alle vereidigten Buchprüfer und Buchprüferinnen sowohl im gesamten Inland als auch in Bayern eine eigene Praxis betreiben.

Detaillierte geschlechtsspezifische Statistiken differenziert nach den Bundesländern werden aufgrund der hohen Veränderungsdynamik in diesem Geschäftsbereich von der Wirtschaftsprüfungskammer nicht erfasst. So wird hauptsächlich nach § 38 der Wirtschaftsprüfungsordnung der Tag der Bestellung als WirtschaftsprüferIn je Bundesland statistisch registriert.

86

Analyse von Berufsgruppen

Aus den Statistiken der Wirtschaftsprüferkammer lassen sich noch die Berufsqualifikationen der Wirtschaftsprüfer und vereidigten Buchprüfer entnehmen. Tabelle 2 gibt einen Überblick über die Qualifikationen der WirtschaftsprüferInnen.

Tabelle 3: Qualifikation der Berufsgruppe Wirtschaftsprüfer (Quelle: WPK 2015b, S. 7-8)

Aus Tabelle 3 lässt sich entnehmen, dass fast 3/4 der Berufsgruppe Wirtschaftsprüfer ein betriebswirtschaftliches Studium abgeschlossen hat, wobei 85 % der männlichen Absolventen sich für den Beruf des Wirtschaftsprüfers entscheiden und lediglich 15 % der Frauen dies als präferierte Berufsoption betrachten. Als zweit- und drittgrößtem Anteil lassen sich rechtswissenschaftliche und volkswirtschaftliche Studiengänge identifizieren, deren Absolventen und Absolventinnen den Beruf des Wirtschaftsprüfers wählen.

Bei den vereidigten Buchprüfern haben 37 % ein betriebswirtschaftliches Studium absolviert, von denen 90 % männlich und 10 % weiblich sind. Für diesen Berufszweig interessieren sich ebenfalls Absolventen eines rechtswissenschaftlichen Studiums mit knapp 12 % (männlich 93 % und weiblich 7 %) als zweiter dominierender Studiengang in dieser Berufsgruppe (vgl. WPK 2015b, S. 8).

Sicherstellung der Nachwuchsqualifizierung bei den Wirtschaftsprüfern und vereidigten Buchprüfern Wenn man die Entwicklung der Studierendenzahlen in Bayern betrachtet, so kann festgestellt werden, dass sich die Anzahl der StudienanfängerInnen in Bayern zwischen 2005 und 2013 um 46 % erhöht hat, von 50.518 auf 73.655. Insbesondere im Jahr 2011 verzeichnete das Bundesland Bayern aufgrund der doppelten Abiturjahrgänge und der Abschaffung der Wehrpflicht 85.867 StudienanfängerInnen (vgl.

Berthold et al. 2015, S. 28), Die Studienberechtigten-Quote 2011 bei Männern und Frauen stieg in Bayern um 44,7 % im Vergleich zu 2006 (vgl. Schmidt 2013, S.369).

87

Analyse von Berufsgruppen

Bei der Wahl der Studienbereiche gibt es geschlechtsspezifische Unterschiede.

Beliebtestes Studienfach ist bei beiden Geschlechtern der Bereich Wirtschaftswissenschaften. Im Wintersemester 2012/2013 belegten diesen Studiengang 16,3 % (27.969) aller Studenten und 17,5 % (28.140) aller Studentinnen. Weitere beliebte Studienfächer bei den Männern sind Maschinenbau/Verfahrenstechnik (23.243 oder 13,5 %), Informatik (16.491 oder 9,2 %) und Elektrotechnik (9.353 oder 5,5 %). Bei den Frauen hingegen belegten die Bereiche Germanistik mit 7,1 % und Rechtswissenschaften mit 6,2 % die Plätze 2 und 3 (vgl. Schmidt 2013, S. 371).

Im Wintersemester 2014/2015 gehörte das Studienfach Wirtschaftswissenschaften erneut zu den beliebtesten Studiengängen bei Frauen in Bayern, welches über 6.000 Studienanfängerinnen gewählt haben (siehe Abbildung 9).

Abbildung 19: Studienanfängerinnen in Bayern zum Wintersemester 2014/15 (Quelle: Statistisches Landesamt Bayern 2015, S. 6)

Gemäß der Grafik rangiert auf Platz 2 der Bereich Rechtswissenschaften mit über 2.000 Studienanfängerinnen. Bei den Männern gibt es zum Wintersemester 2014/15 die gleichen Platzierungen wie bereits 2012 (vgl. Bayerisches Landesamt für Statistik 2015, S. 6). Diese Wahl der Studienfächer bestätigt auch die Hochschulqualifizierungen für die Wirtschaftsprüfer gemäß den Statistiken der Wirtschaftsprüferkammer und lässt vermuten, dass zukünftig diese Studienfächergruppen als Vorbildungsgrundlage für den Beruf des Wirtschaftsprüfers oder vereidigten Buchprüfers dienen.

88

Analyse von Berufsgruppen

4.2.3 Ingenieurinnen Ingenieurinnen in Bayern können Mitglied in zahlreichen Verbänden und Vereinigungen werden, zum Beispiel im Verband Deutscher Ingenieure (VDI), der Bayerischen Ingenieurkammer-Bau oder im Deutschen Ingenieurinnen Bund e.V. Bayerische Ingenieurekammer-Bau Als Körperschaft des öffentlichen Rechts berät die Kammer Ingenieurinnen und Ingenieure im Bauwesen in vielfältigen Belangen, beispielsweise bei der Erfüllung beruflicher Pflichten, Unterstützung der Baukultur, Wissenschaft und Technik sowie Steigerung von Eigenverantwortung, Unabhängigkeit und fachlicher Expertise (vgl.

Ingenieurekammer-Bau 2015).

Die Mitglieder der Kammer setzen sich aus beratenden Ingenieuren, selbstständig tätigen Ingenieuren, angestellte und beamtete Ingenieure sowie gewerblich tätigen Ingenieuren zusammen. Neben dem Vorstand ist die Kammer in verschiedene Geschäftsstellen, Arbeitskreise, Ausschüsse und Initiativen aufgeteilt und organisiert (vgl. Ingenieurekammer-Bau 2015). Die Bayerische Ingenieurekammer-Bau zählt rund 6.500 Mitglieder (Stand November 2015). Die geschlechterspezifische Verteilung kann der nachfolgenden Abbildung entnommen werden.

Mitgliederverteilung der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau 381

männlich weiblich 6119

Abbildung 20: Mitgliederverteilung der Ingenieurekammer-Bau 2015 (eigene Darstellung, Quelle: WPK 2015)

Von der Gesamtmitgliederzahl sind insgesamt 381 Mitglieder weiblich, d.h. der weibliche Mitgliederanteil beträgt lediglich 5,8 %, wie das obige Diagramm verdeutlicht. Von diesen 5,8 % sind 87 als beratende Ingenieurinnen tätig, wobei diese selbstständig oder auch leitende Angestellte sind. Diese Zahl der weiblichen Mitglieder in der Ingenieurekammer-Bau zeigt, dass das ‚weibliche Geschlecht‘ in den technischen Bereichen nach wie vor unterrepräsentiert ist. Da die Statistiken der Ingenieurekammer-Bau nicht genauer geschlechtsspezifisch unterschieden werden, war es nicht möglich aussagekräftigeres Datenmaterial zu erhalten.

89

Analyse von Berufsgruppen

Deutscher Ingenieurinnen Bund e.V. (dib) Zu den diversen Vereinigungen für Ingenieurinnen zählt auch der Deutsche Ingenieurinnen Bund e.V. (dib). Der dib unterstützt seit über 25 Jahren insbesondere Frauen in technischen Berufen sowohl in beruflichen und fachlichen Fragestellungen.

Schwerpunkt des Vereins bildet die nationale und internationale Lobby- und Gremienarbeit.

Die Vereinigung ist auf Bundesebene in selbstständig agierende Regionalgruppen organisiert, für das Bundesland Bayern gibt es die Regionalgruppe München, die ca.

50 Mitgliederinnen umfasst. Diese sind Angestellte und Freiberuflerinnen aus technischen Bereichen beispielsweise von Bauingenieurwesen über Elektrotechnik bis Verfahrenstechnik.

Frauen in technischen Studienrichtungen Über die letzten Jahre konnte ein positiver Trend bei Studienanfängerinnen und Studienanfängern in Deutschland für MINT-Studienfächer (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft, Technik) beobachtet werden. Im Studienjahr 2014 (Sommersemester 2014 und Wintersemester 2014/2015) haben 40 % aller Studierenden einen Studiengang der Fächergruppe Ingenieurwissenschaften bzw. Mathematik/Naturwissenschaften begonnen. Dies ist eine Steigerung von 6 % zum Vergleichszeitraum 2000. Es müssen allerdings geschlechtsspezifische Unterscheidungen vorgenommen werden. Über die Hälfte der männlichen Studierenden beginnt ein ingenieurwissenschaftliches bzw. mathematisches oder naturwissenschaftliches Studium, wohingegen es bei den Frauen nur ein Fünftel (26 %) sind (vgl. kommmach-mint 2015). Dennoch ist ein Zuwachs von Studienanfängerinnen in MINTStudienfächern in den letzten Jahren zu verzeichnen, wie die nachfolgende Grafik verdeutlicht:

Abbildung 21: Anzahl weiblicher Studienanfängerinnen in MINT-Fächern in Deutschland (Quelle: komm-mach-mint 2015).

Gemäß der obigen Grafik wird deutlich, dass vor allem der Bereich Ingenieurwissenschaften an Beliebtheit bei den Studienanfängerinnen zwischen 2000 und 2014

90

Analyse von Berufsgruppen

gewonnen hat. Hier ist eine Steigerung von fast 4 % ersichtlich. Mathematische und naturwissenschaftliche Fächer zeigen nur einen leichten Anstieg von Studienanfängerinnen. Vergleicht man diese Entwicklung mit den beliebtesten Studienfächern weiblicher Studierender in Bayern 2015 (siehe Abbildung 19), so kann festgehalten werden, dass immerhin drei MINT-Fächergruppen zu den beliebtesten 10 Studienfächern gehören: Maschinenbau/Verfahrenstechnik nimmt Platz 5 ein, gefolgt von Informatik auf Platz 6 sowie Mathematik auf Platz 10. Eine positive Entwicklung der Datenlage ist unverkennbar, dennoch scheint es noch ein weiter Weg, den Anteil von Frauen in MINT-Studiengängen weiter zu erhöhen und attraktiver zu machen im Vergleich zu Konkurrenzfächern wie den Wirtschaftswissenschaften.

4.2.4 Unternehmensberater (Autorin Carolin Warz) Für die quantitative Analyse wurde der Bundesverband Deutscher Unternehmensberater (BDU) kontaktiert. Dieser vertritt die deutsche Consultingwirtschaft mit über 150.000 Mitarbeitern und generiert einen bundesweiten Umsatz von 27. Mrd. Euro. Bei der Mitgliedschaft handelt es sich um eine freiwillige Mitgliedschaft, die von den Management- und Personalberatungen abgeschlossen werden kann (vgl.

Bundesverband deutscher Unternehmer).

Leider konnte der Bundesverband Deutscher Unternehmensberater kein Datenmaterial zur Verfügung stellen. Ausgehend von der Annahme, dass sich die Beratungsbranche überwiegend aus Akademikern rekrutiert, sind für eine Zukunftsprognose Hochschulabsolventenzahlen von Interesse. Entsprechend wurden die Studierendenzahlen der vergangenen fünfzehn Jahre analysiert. Eine Genderanalyse hat ergeben, dass der Anteil von Frauen in Studiengängen seit dem Wintersemester 1990/1991 stetig gestiegen ist. Während Männer in den Wintersemestern von 1990/1991 bis 1999/2000 die deutliche Mehrheit in den Hochschul-Studiengängen bildeten, hat im Wintersemester 2000/2001 ein Wandel stattgefunden: erstmalig wurde zu diesem Zeitpunkt eine Mehrheit von Frauen gezählt (75.097 Frauen von insgesamt 149.374 Studierenden).

Auch die Entwicklung in den darauffolgenden Jahren hat gezeigt, dass der Frauenanteil seither konstant gestiegen ist. Dies konnte zuletzt anhand der aktuellen Zahlen vom Wintersemester 2014/2015 bestätigt werden, wonach 124.211 Frauen von insgesamt 236.951 Studierenden gezählt wurden (vgl. Bayerisches Landesamt für Statistik 2015b, S. 7-14).

91

Analyse von Berufsgruppen

Personalberatung – Interview mit Frau Bauernfeind

Personalberaterin Jacqueline Bauernfeind Jacqueline Bauernfeind, 58, hat das geschafft, wovon viele träumen: Sie gilt als eine der Top-Personalberater in Deutschland und wird mit ihrem Unternehmen - Board Consultants International - von Kunden, Klienten und Konkurrenten geachtet.

Die studierte Diplom-Volkswirtin gründete im Alter von 46 Jahren nach einer erfolgreichen Karriere als Partnerin bei dem internationalen Beratungshaus Spencer Stuart ihr eigenes Unternehmen. Im Interview beantwortet sie Fragen rund um das Thema Selbstständigkeit und gibt Tipps für zukünftige Unternehmerinnen.

Wie verlief Ihr Werdegang vor der Selbstständigkeit? |Jacqueline Bauernfeind überlegt kurz und antwortet| Vor der Selbstständigkeit?...nur Beratung!

Zunächst habe ich in der Unternehmensberatung gearbeitet und bin dann zur Personalberatung gekommen. Hier war ich zu Beginn als Personalberaterin einige Jahre tätig und war später schließlich Partnerin bei Spencer Stuart. Vom Gefühl her war ich nie wirklich angestellt! Soweit ich mich erinnere habe ich nie Krankheitsmeldungen eingereicht – das waren immer Dinge, die mir fremd waren!

Seit über 10 Jahren gehört sie zu den TopBeratern Deutschlands.

Konnten Sie die Erfahrungen aus dieser Zeit für Ihre spätere Gründung nutzen? |Jacqueline Bauernfeind| Ja klar! Es war eine direkte Weiterentwicklung. Ich habe ja im Prinzip mit dem weitergemacht, was ich auch schon die Jahre davor gemacht habe. Als Partnerin hatte ich mir bereits ein großes Netzwerk aufgebaut und konnte dieses, die entsprechenden Kontakte und die gesammelten Erfahrungen in meine Selbstständigkeit mitnehmen.

Was waren die Gründe für Ihre Entscheidung zur Selbstständigkeit? |Jacqueline Bauernfeind erzählt| Vor allem die größere Unabhängigkeit – weniger Zwänge unter einem rein monetären Hintergrund! Und die Freiheit, Aufgaben selbst zu gestalten ohne, dass mir jemand reinredet!

92

Analyse von Berufsgruppen

Was war die Motivation beziehungsweise die Ziele der Wahl zur Selbstständigkeit?

Gründung – da habe ich Glück gehabt.“ Was waren die Schwierigkeiten bei der Gründung?

|Jacqueline Bauernfeind| Während meiner Tätigkeit als Partnerin haben mir unter anderem ein paar strategische Ziele nicht gefallen!“ Nach kurzem Innehalten fährt sie fort: „Wenn man zum Beispiel seine Mitarbeiter nicht selber aussuchen kann oder diese bei einer guten Leistung nicht mit einem Bonus belohnen darf, da man sich an Vereinbarungen halten muss. Stellen Sie sich vor, ich wollte von meinen Mitarbeitern dann etwas von meinem Gehalt zahlen und selbst das war nicht möglich.

|Jacqueline Bauernfeind lächelt und antwortet| Ich habe Glück gehabt, dass ich gleich Ellen und Marie-Luise an der Seite hatte.

Welche Vorteile sehen Sie in der Selbstständigkeit?

|Jacqueline Bauernfeind antwortet ohne zu zögern| No!

|Jacqueline Bauernfeind überlegt kurz und antwortet dann| Die Freiheit! ...Die Freiheit darin, meine Größe zu limitieren. Kein Wachstum auf Teufel komm raus! Ebenso eine langfristige Orientierung zu verfolgen – auch mal einen Verlust einzufahren und trotzdem nichts über das Bein zu brechen!

„Gerade die eigenen Mitarbeiter spielen eine große Rolle, denn diese machen die Qualität aus.

Welche Leidenschaft sehen Sie in ihrem Beruf? |Jacqueline Bauernfeind antwortet enthusiastisch| Die Vielfältigkeit, jeden Tag was Neues zu lernen von Kandidaten oder Klienten. Oder auch die gestalterische Freiheit. Ich entscheide selbst, welches Projekt ich annehme und zu welchen Konditionen. „Mitarbeiter zu finden, ist wohl eine der Schwierigkeiten bei einer

Mitarbeiter zu finden, ist wohl eine der Schwierigkeiten bei einer Gründung – da habe ich Glück gehabt. Und dann gibt es da natürlich auch ein finanzielles Risiko! Mir hat damals niemand gesagt „Mädel mach mal“!

Haben Sie diese Schwierigkeiten besonders aufgrund des weiblichen Geschlechts wahrgenommen?

Was sind die größten Herausforderungen als Unternehmerin? |Jacqueline Bauernfeind| Weiter neugierig zu bleiben, den Ball weiterzudrehen und die Leute weiter zu motivieren, denke ich. Gerade die eigenen Mitarbeiter spielen eine große Rolle, denn diese machen die Qualität aus.

Haben Sie Unterstützung durch die Familie erhalten oder besteht ein familiärer Hintergrund bei Ihrer Selbstständigkeit? |Jacqueline Bauernfeind schmunzelt und sagt| No Familiy! Ich habe

93

Analyse von Berufsgruppen

vielleicht das Unternehmer-Gen, aber sonst nichts.

Zeit nach der Gründung: Sehen Sie einen Unterschied zu männlichen selbstständigen Kollegen bezüglich der Akzeptanz und der Reaktion des Umfeldes? |Jacqueline Bauernfeind| Männer und Frauen sind schon unterschiedlich, aber in der Gründung als solche, denke ich nicht.

vor mir. Ich denke, dann kann man schon von einer positiven Entwicklung sprechen.

Würden Sie sich nochmal selbstständig machen? |Jacqueline Bauernfeind antwortet unbeirrt| Ja – unbedingt!

Gab es hilfreiche Netzwerke, beziehungsweise sind Sie Mitglied einer Interessensvertretung/ Kammer/ Verband?

Für Männer besitzt der Job höchste Priorität! Das Social Life wird in den Hintergrund gedrängt! Bei mir ist das anders – mir ist das soziale Umfeld sehr wichtig und ich setzte den Job nicht über alles.

|Jacqueline Bauernfeind antwortet lachend| Ja – zwangsweise die IHK Oberbayern! Ich bin allgemein vom Naturell her gegen Vereinigungen. Das wäre ein Albtraum für mich!

Hätten Sie sich zu dieser Zeit mehr Fördermöglichkeiten gewünscht?

Haben Sie Tipps für junge Unternehmerinnen: was würden Sie heute anders machen?

|Jacqueline Bauernfeind lächelt und antwortet| Naja, dazu ist mein Unternehmen zu klein – ich zahle ja nur die Gehälter. Sagen wir es so: Ich bin nie auf den Gedanken gekommen und hätte auch keine gebraucht.

Hatten Sie zu dieser Zeit einen Mentor oder Ansprechpartner für Ihre Gründung? |Jacqueline Bauernfeind| Nein! Ich hatte sehr viele Fürsprecher, aber keinen direkten Ansprechpartner oder Mentor!

|Jacqueline Bauernfeind überlegt einen kurzen Moment und antwortet dann| Ich denke, es ist gut, wenn man ein bisschen Erfahrungen gesammelt hat. Man sollte sich Zeit nehmen, um sich Netzwerke anzuschauen, verstehen wie es funktioniert. Ebenso würde ich als Frau besonders, was das Alter betrifft etwas warten. Im späteren Alter hat man mehr Seniorität und strahlt diese in den meisten Fällen auch aus – ich würde mich nicht zu früh selbstständig machen.

Wie hat sich die Selbstständigkeit seit der Gründung entwickelt?

|Jacqueline Bauernfeind fügt hinzu| Ich hätte gerne etwas zusammen gemacht – mit Mehreren!

|Jacqueline Bauernfeind lächelt und erzählt stolz| Sehr positiv! Ich bin unter den Top-Leuten am Markt und selbst meine Konkurrenz hat Respekt

Die Vorstellung etwas gemeinsam zu machen, gemeinsam Ideen zu entwickeln, fand ich immer toll.

94

Analyse von Berufsgruppen

Marketingberatung – Interview mit Frau Huber

mache. Damals habe ich den Absprung jedoch noch nicht geschafft, ich habe nochmal 1,5 Jahre in einer

Marketingberaterin Michaela Huber (Autorinnen Julia Auer, Stefanie Siber) Vor kurzer Zeit, mit erst 27 Jahren hat Michaela Huber den großen Schritt in die Selbstständigkeit gewagt – und es bisher keinen Moment bereut. Seit Februar 2015 ist die studierte Medienmanagerin aus Bad Tölz im Bereich Marketingberatung und Werbung in einem kreativen Bürokollektiv „Design Wohltat“ mit 8 anderen Selbstständigen in München-Giesing tätig.

Wie verlief Ihr Werdegang vor der Selbstständigkeit? |Michaela Huber| Früher war es mein Traum, Journalistin zu werden, also habe ich bereits während meines Studiums des Medienmanagements an der Mediadesign Hochschule bei Radio & Fernsehen gearbeitet. Über die Zeit hat sich mein Interesse dann mehr der Werbung zugewandt, da mir das Umfeld einfach besser gefallen hat und ich mein ideales Bild des ehrlichen Journalismus in der Realität nicht vorgefunden habe.

Ich habe mich drei Jahre in einer kleinen Werbeagentur von der Werkstudentin zur Kundenberaterin entwickelt. Dort war der Leistungsdruck hoch und je nach Auftragslage haben wir auch mal 120 h/Woche inklusive Wochenende gearbeitet. Irgendwann wurde es mir einfach zu viel. Ich habe gekündigt, um durch Asien zu reisen und dann zu überlegen, was ich

Als selbstständige Marketingberaterin leitet Michaela Huber kreative Onlinemarketing-Projekte von der Konzeption bis zur Umsetzung für Unternehmen unterschiedlicher Branchen.

großen Agentur gearbeitet und wurde zur Senior Kundenberaterin befördert.

Aber irgendwann war ich dann bereit zu gehen.

Es gab auch andere spannende Optionen, wie beispielsweise der Einstieg ins Küchenstudio der Eltern oder ein Zweitstudium der Sozialen Arbeit.

Konnten Sie die Erfahrungen aus dieser Zeit für Ihre spätere Gründung nutzen? |Michaela Huber nickt bestimmt| Ohne diese beruflichen Erfahrungen und geschäftlichen Kontakte hätte ich den Mut zur Gründung nicht aufgebracht. Ich brauchte das Selbstbewusstsein, zu wissen, dass ich meinen Job beherrsche und auch einschätzen kann, ob die Aufträge fachlich und zeitlich für mich zu schaffen sind.

95

Analyse von Berufsgruppen

Was waren die Gründe für Ihre Entscheidung zur Selbstständigkeit? |Michaela Huber| Ich habe mich für die Gründung entschieden, obwohl mir eigentlich jeder davon abgeraten hat.

Meine Familie war nicht begeistert, dass ich in meinem Alter aus einem sicheren Angestelltenverhältnis austrete und hatte auch Sorgen bezüglich der Absicherung im Falle einer Schwangerschaft. Für mich war das Alter eher ein Grund für die Selbstständigkeit, da ich noch keine Verantwortung trage und jetzt noch den Rahmen habe, mich auszuprobieren.

Wenn es schief gehen würde, trage ich alleine das Risiko und habe keine eigene Familie, der ich etwas schuldig bin. Und ich hätte auf jeden Fall etwas dabei gelernt.

Ich war nicht glücklich mit meinem fremdbestimmten Arbeitsumfeld, damit wie in meiner früheren Tätigkeit mit Menschen umgegangen wurde und dem Umgang untereinander. Mein ehemaliger Chef hat einmal zu mir gesagt, dass ich für jede Art von Führung ungeeignet bin – inzwischen habe ich mir selbst bewiesen, dass ich zumindest mein Geschäft sehr gut führen kann.

Die Selbstständigkeit ermöglicht es mir, meine eigenen Vorstellungen umzusetzen, meine Freizeit flexibler zu gestalten und eigenverantwortlich zu handeln. Wenn ich heute Überstunden mache, ist es meine eigene Verantwortung. Dann tue ich das für mich, weil ein Projekt toll ist und nicht, weil mein Chef es von mir verlangt. Wenn ich heute einen Tag bei meinen Eltern in den Bergen auf der Terrasse konzepti-

onell arbeiten kann, ohne Handyempfang und Internet, ist das 1000 Mal produktiver als irgendwo in einem Großraumbüro. „Ich möchte selbst in der Hand haben, wann, was und wofür ich arbeite!“ Welche Vorteile sehen Sie in der Selbstständigkeit? |Michaela Huber| Bei mir ist vor allem die Work-Life-Balance ein großes Thema. Ich arbeite bei Weitem nicht mehr so viel wie früher und nehme mir mindestens einen zusätzlichen Tag pro Woche frei, um mich um meine Großeltern und meine Ehrenämter zu kümmern. An den anderen Tagen bin ich normalerweise auch zwischen 19 und 20 Uhr zuhause und nicht, wie früher, immer erst um 23 oder 24 Uhr. Zudem war ich ab dem ersten Tag meiner Selbstständigkeit sehr gut gebucht und konnte von Anfang an gewinnbringend arbeiten. Den Gründungszuschuss habe ich zudem als kleines Polster zur Seite gelegt, sodass ich einen schlechten Auftrag auch mit ruhigem Gewissen ausschlagen kann.

Welche Leidenschaft sehen Sie in Ihrem Beruf? |Michaela Huber lacht| Ich gehöre definitiv nicht zu den Gründerinnen, die ihr „Hobby zum Beruf“ gemacht haben.

Werbung ist ein spannendes Feld und die Schnelllebigkeit eine tolle Herausforderung, trotzdem bin ich immer noch ein bisschen Idealist. Auch wenn mich die Scheinwelt fasziniert, fehlt mir doch immer wieder die Ehrlichkeit. Der Social Media und Online-Marketing

96

Analyse von Berufsgruppen

Bereich bietet wieder mehr Kontakt zum Kunden – das mag ich. Inzwischen umfasst meine Arbeit sehr viel mehr Organisation und Kalkulation als Kreativität, aber ich bin sehr gut darin, also mache ich es und kann davon schließlich sehr gut leben. Meine Leidenschaft ist viel eher beispielsweise der Deutschunterricht, den ich jede Woche in einem Flüchtlingsheim gebe.

Die Selbstständigkeit gibt mir glücklicherweise die Flexibilität, das „Drumherum“ schöner und individueller zu gestalten.

und ich nicht wusste, ob die Aufträge auch wirklich kommen.

Was waren die Herausforderungen beim Einstieg in die Selbstständigkeit?

|Michaela Huber| Aus meinem Umfeld gab es viele Stimmen, die Ende 20 für ein „saugefährliches“ Alter hielten, um selbstständig zu werden, dabei hätte ich im Falle einer Schwangerschaft auch Anspruch auf Unterstützung.

|Michaela Huber| Eine Gründung finde ich in Deutschland schon sehr schwierig. Selbst ein Formular fürs Finanzamt kann man - trotz fundierter BWLKenntnisse - nicht ohne Hilfe ausfüllen.

Die ganzen Prozesse und Pflichten sind sehr undurchsichtig, man lebt also immer mit dem schlechten Gefühl möglicherweise unwissentlich etwas falsch zu machen. Ich falle beispielsweise unter die freien Berufe, andere Kollegen mit derselben Tätigkeit mussten jedoch ein Gewerbe anmelden – das zieht völlig unterschiedliche Prozesse nach sich.

Darüber hinaus konnte ich eine Vielzahl der Kunden (wie beispielsweise ‚Hohes C‘, ‚OMV‘ oder ‚Springer Fachmedien‘) aus meiner früheren Tätigkeit mitnehmen, so dass ich von Anfang an genügend Projektaufträge hatte. Das gibt mir die Freiheit auszuwählen, welche Aufträge ich annehme und welche nicht. Trotzdem war es anfangs in gewisser Weise ein Risiko, da ich nur mündliche Zusagen hatte

Ich stehe nur heute oftmals vor der Entscheidung, ob die Projekte zu meiner Kompetenz und die Kunden persönlich zu mir passen. Ich entwerfe auch heute noch lieber ein Marketingkonzept für einen kleinen Honighersteller als für einen Großkonzern, wenn es auf menschlicher Ebene besser passt.

Haben Sie Schwierigkeiten besonders aufgrund des weiblichen Geschlechts wahrgenommen?

Bei Kundenterminen werde ich als selbstständige Frau oftmals als kompetenter wahrgenommen, seit nur mein Name auf der Visitenkarte steht und nicht mehr der einen großen Agentur. Mir wird von Anfang an mehr Professionalität unterstellt.

Also eigentlich im Gegenteil, in großen Agenturen steigen männliche Kollegen oft schneller auf und verdienen mehr als ihre weiblichen Kollegen, aber jetzt lege ich meinen Stundensatz selbst fest und muss keine Gehaltsverhandlungen mit meinem Chef mehr führen.

Damit fühle ich mich persönlich sehr viel wohler!

Was sind die größten Herausforderungen als Unternehmerin? |Michaela Huber| Es ist im Grunde nicht herausfordernd. Ich bin sehr glücklich mit meiner Entscheidung. Die

97

Analyse von Berufsgruppen

größte Herausforderung war es, den Mut zur Gründung aufzubringen. Aber nachdem ich so vielen Menschen erzählt hatte, wie unglücklich ich mit meinem Job bin, wäre ich unglaubwürdig geworden, wenn ich nichts geändert hätte. „Nicht im Traum hätte ich mir vorstellen können, dass es so gut laufen wird.“ Haben Sie Unterstützung durch die Familie erhalten oder besteht ein familiärer Hintergrund bei Ihrer Selbstständigkeit? |Michaela Huber| Mehrere Mitglieder meiner Familie sind selbstständig, deswegen war natürlich schon ein gewisser Austausch da. Meine Cousine, die als Steuerberaterin tätig ist, kümmert sich beispielsweise seit Beginn meiner Selbstständigkeit um alle steuerlichen Angelegenheiten. Ein großer Reinfall war allerdings ein Berater für Gründungen im Medienbereich, den ich damals aufgesucht habe – er hat viel Geld für Nichts verlangt.

Zeit nach der Gründung: Sehen Sie einen Unterschied zu männlichen selbstständigen Kollegen bezüglich der Akzeptanz und der Reaktion des Umfeldes? |Michaela Huber lächelt| Nein, eigentlich nicht. Viele in meiner Branche haben vielleicht eine andere Selbstdarstellung als ich, aber das ist geschlechterunabhängig und hat mir noch keinen Nachteil verschafft. Man muss jedoch auch sagen, dass ich hauptsächlich weibliche Kunden betreue, da scheint einfach ein besserer Draht, mehr Vertrauen und

gegenseitige Sympathie da zu sein anders kann ich mir das nicht erklären.

Wie waren Ihre Voraussetzungen bei der Gründung? Haben Sie auf Fördermöglichkeiten zurückgegriffen oder war Eigenkapital vorhanden? |Michaela Huber| Ich habe einen Gründungszuschuss erhalten und den Rest mit Eigenkapital finanzieren können. In meinem Bereich benötigt man - zum Glück - kein so hohes Startkapital.

Hätten Sie sich zu dieser Zeit mehr Fördermöglichkeiten gewünscht? |Michaela Huber schüttelt entschieden den Kopf| Nein, gar nicht. Ich habe eher immer noch ein schlechtes Gewissen bezüglich der Inanspruchnahme des Gründerzuschusses, da ich das Geld rückblickend nicht unbedingt gebraucht hätte.

Hatten Sie zu dieser Zeit einen Mentor oder Ansprechpartner für Ihre Gründung? |Michaela Huber| Einen konkreten Mentor hatte ich nicht, aber ich habe mich allgemein sehr viel mit anderen Selbstständigen ausgetauscht und habe viele Bücher zum Thema Gründung gelesen.

Wie hat sich die Selbstständigkeit seit der Gründung entwickelt? |Michaela Huber| Hervorragend. Ich hatte von Anfang an mehr Aufträge als ich bewältigen konnte und bin nun an meiner eigenen Kapazitätsgrenze angekommen und nehme, bis auf Kooperationsprojekte, keine weiteren Aufträge mehr an.

98

Analyse von Berufsgruppen

Sind sie mit dem aktuellen Stand der Selbstständigkeit zufrieden?

Besteht eine Zufriedenheit mit der finanziellen Entwicklung?

Gab es hilfreiche Netzwerke, beziehungsweise sind Sie Mitglied einer Interessensvertretung/ Kammer/ Verband?

|Michaela Huber| Ich denke schon darüber nach, Mitarbeiter einzustellen, um mehr Aufträge annehmen zu können, aber was wäre dann bei schlechter Auftragslage? Außerdem schreckt mich der bürokratische Wahnsinn, der hinter der Einstellung eines Mitarbeiters steckt, ab. Aktuell vergebe ich lieber Teilprojekte an andere Freelancer, die mir ihre Leistung dann in Rechnung stellen.

Hier kommt mir auch unser Gemeinschaftsbüro-Konzept zugute, da sich unsere Kompetenzen oft ergänzen und wir gegenseitig die Synergien nutzen können.

|Michaela Huber| Bis auf bestehende Netzwerke aus dem Studium und die geschäftlichen Netzwerke aus meiner Angestelltentätigkeit eigentlich nicht.

Ich halte viel von langfristigen, persönlichen Kundenbeziehungen und möchte nicht nur kurzfristige Projekte.

Bisher klappt das sehr gut und ich generiere eigentlich aus jedem abgeschlossenen Kundenprojekt ein Folgeprojekt. Aktuell besteht entsprechend kein Bedürfnis nach weiteren Netzwerken – ich bin noch nicht einmal auf ‚Das Auge‘ oder anderen Plattformen zur Buchung von Feelancern registriert.

Finanziell hat es sich sehr gut entwickelt. Ich komme gerade aus einer dreiwöchigen Urlaubsreise zurück und das hat meinem Kontostand trotz keiner Einnahmen und zusätzlichen Ausgaben nicht wehgetan. |Sie lacht entspannt|.

Haben Sie Tipps für junge Unternehmerinnen: was würden Sie heute anders machen?

Würden Sie sich nochmal selbstständig machen? |Michaela Huber lacht| Ja, auf jeden Fall. Ich würde den Schritt sogar noch früher gehen.

|Michaela Huber überlegt kurz| Am Anfang würde ich mir wahrscheinlich viel mehr Zeit nehmen, eine Identität zu schaffen, beispielsweise die Gestaltung des Marketingmaterials wie schöne Briefköpfe für Rechnungen etc.

– das fehlt mir bis heute – und es allgemein ruhiger angehen. Ich würde auch nicht mehr gleich von Anfang an alles annehmen, was man so an Aufträgen angeboten bekommt.

99

Analyse von Berufsgruppen

4.2.5 Anwälte / Patentanwälte / Notare (Autorin Yasemin Acikgöz) Zum 01.01.2015 waren in der Bundesrepublik Deutschland insgesamt 163.513 Anwälte zugelassen, davon 108.601 Rechtsanwälte und 54.912 Rechtsanwältinnen; 818 Anwälte mehr als im Vorjahr, jedoch war der Zuwachs nicht mehr so stark wie in den Vorjahren. Seit 2010 betrug der jährliche Zuwachs weniger als 2 Prozent.

Erstmals sinkt er zum 01.01.2015 auf unter 1 Prozent: 0,53 Prozent.

Abbildung 22: Anzahl der Rechtsanwälte und Rechtsanwältinnen (eigene Darstellung in Anlehnung an Bundesrechtsanwaltskammer)

zum

Abbildung 23: Anzahl der Rechtsanwälte und Rechtsanwältinnen (eigene Darstellung in Anlehnung an Bundesrechtsanwaltskammer)

01.01.2015

zum

in

01.01.2015

Deutschland

in

Bayern

100

Analyse von Berufsgruppen

Im Rahmen einer Studie haben die ‚Selbsthilfe der Rechtsanwälte e.V.‘ und das ‚Institut für Freie Berufe‘ im Jahr 2010 den Berufseinstieg und den beruflichen Erfolg von jungen Rechtsanwälten und Rechtsanwältinnen untersucht. Die Befragung wurde bundesweit durchgeführt. Die erzielten Ergebnisse beziehen sich sowohl auf die gesamte Stichprobe bundesweit, als auch aber oftmals nur speziell auf Teilnehmer, die angaben, ihre Erstzulassung bei einer Rechtsanwaltskammer in Bayern erhalten zu haben (Bamberg, Nürnberg und München). Insgesamt 164 Rechtsanwälte und Rechtsanwältinnen aus Bayern nahmen an der Befragung teil: Insgesamt 18% der Befragten aus der bundesweiten Stichprobe und 17% der Rechtsanwälte und Rechtsanwältinnen aus Bayern würden sich heute wieder dazu entscheiden, Jura zu studieren, während sich ca. 42% bzw. 44% diesbezüglich nicht sicher sind.

39% der restlichen Befragten würden auf jeden Fall nochmal ein Jurastudium absolvieren, wobei dieser Anteil bei den Frauen mit 32% deutlich niedriger ist als bei ihren männlichen Kollegen mit 47%. Auch in Bayern wurden gleiche Ergebnisse erzielt. Der Anteil von Frauen ist hier mit 27% deutlich geringer als bei den Männern mit ebenfalls 47%.

Als Gründe gegen ein Jurastudium wurden am häufigsten die schlechten beruflichen Chancen auf dem Arbeitsmarkt und die mangelhafte Ausbildung aufgeführt.

Während sich insgesamt 20% der Befragten bundesweit direkt nach dem Studium selbstständig machten, lag die Anzahl der selbstständigen Rechtsanwälte und Rechtsanwältinnen in Bayern bei 15%. Als freier Mitarbeiter in einer Kanzlei arbeiteten in Deutschland 12% und in Bayern 19%. Die deutliche Mehrheit der befragten Rechtsanwälte und Rechtsanwältinnen, d.h. 56% bundesweit und 57% in Bayern, machten ihren Berufseinstieg als Angestellte in einer Kanzlei. Dabei sind zwischen Frauen und Männern lediglich geringfügige Unterschiede festzustellen.

Abbildung 24: Angaben zum Berufseinstieg nach der Erstzulassung (eigene Darstellung in Anlehnung an Rechtsanwaltskammer Nürnberg)

zum

Beruf

Rechtsanwalt

101

Analyse von Berufsgruppen

Als Gründe, die sich problematisch bei der Gründung einer Kanzlei ergeben, wird von mehr als die Hälfte der Befragten, d.h. ca. 61%, die zu geringe Anzahl von Mandanten bzw. Mandaten als größte Schwierigkeit angegeben. Auch die mangelhaften berufspraktischen Kenntnisse mit 57% und mangelnde Vorbereitung auf den Beruf mit 54% bereiten vielen Kanzleigründern große Schwierigkeiten. Die starke Konkurrenz wurde von 53% der selbstständigen Anwälte und die Kanzleiorganisation von 48% als eine größere Hürde angegeben. Die Gründungsfinanzierung bzw. der Startzuschuss und die Banken empfanden mit 34% bzw. 17% weniger schwierig. Nur für ein Fünftel der Selbstständigen war das Auftreten vor dem Gericht problematisch.

Fehlende Beratungsmöglichkeiten erschwerten für 20% der Rechtsanwälte ihre Selbstständigkeit. Mit 8% war der Umgang mit Menschen für die selbstständigen Rechtsanwälte bei ihrem Gründungsvorhaben das kleinste Problem. Dabei gaben Frauen in fast allen Bereichen häufiger als Männer an, große oder sogar sehr große Probleme zu haben.

Abbildung 25: Angaben zu „sehr großen“ bzw. „großen“ Problemen bei der Kanzleigründung 2010 (eigene Darstellung in Anlehnung an Rechtsanwaltskammer Nürnberg)

Zudem wurden die Berufseinsteiger gefragt, worüber Anwälte, die in Betracht ziehen, eine eigene Kanzlei zu gründen, in welchen Themenfeldern beraten werden sollte.

Besonders großer Bedarf liegt hier bei Finanzierungsfragen, bei der Kanzleiorganisation sowie bei der Mandantenakquise. Hier lassen sich auch geschlechterspezifische Unterschiede erkennen. Frauen haben im Vergleich zu den Männern bei den meisten Aspekten einen größeren Beratungsbedarf.

102

Analyse von Berufsgruppen

Anwaltskanzlei – Interview mit Frau Riedmayr

Rechtsanwältin Daniela Riedmayr Daniela Riedmayr, 1980 in München geboren, studierte Rechtswissenschaften an der Ludwig-MaximilianUniversität München. Seit ihrer Zulassung als Rechtsanwältin im Januar 2011 arbeitet sie als selbstständige Anwältin in München. Ihr Office im Anwalts- und Beraterviertel Münchens in der Goethestraße ist Teil eines Gemeinschaftsbüros mit erfahrenen Anwälten aus anderen Rechtsgebieten, ihre Mandanten können daher besonders umfassend rechtlich betreut werden.

Im Interview erzählt die junge Anwältin von ihren eigenen Erfahrungen als Selbstständige.

Wie verlief Ihr Werdegang vor der Selbstständigkeit? |Daniela Riedmayr| Überhaupt nicht klassisch. Ich habe mich sofort, im Endeffekt direkt nach dem ich mein Studium abgeschlossen habe, selbstständig gemacht. Ich war ein paar Monate lang davor freie Mitarbeiterin und habe mich dann aber beruflich abgesetzt, so dass ich alleine war.

|Daniela Riedmayr antwortet selbstbewusst| Ich wollte nicht für jemand anderen arbeiten, ich wollte frei sein und ich wollte selber bestimmen können. Nur so kann ich eigentlich mein volles Potenzial ausschöpfen.

Wenn ich mich selber unter Druck setze, habe ich einen besseren Output, als wenn ich von anderen unter Druck gesetzt werde.

Was war die Motivation beziehungsweise was waren die Ziele der Wahl zur Selbstständigkeit? |Daniela Riedmayr wiederholt sich| Wie ich bereits gesagt habe. Ich wollte frei sein und selber bestimmen.

Welche Vorteile sehen Sie in der Selbstständigkeit?

Konnten Sie die Erfahrungen aus dieser Zeit für Ihre spätere Gründung nutzen?

|Daniela Riedmayr erklärt sicher| Es kam für mich überhaupt nicht in Frage als Angestellte zu arbeiten. Ich bin da überhaupt nicht der Typ dafür! Aus diesem Grund kam im Endeffekt nur die Selbstständigkeit für mich in Frage.

|Lachend antwortet Daniela Riedmayr| Nein, überhaupt nicht.

„Für mich persönlich war das ein absolut ganz natürlicher Schritt.“

Was waren die Gründe für Ihre Entscheidung zur Selbstständigkeit?

Welche Leidenschaft sehen Sie in Ihrem Beruf?

103

Analyse von Berufsgruppen

|Daniela Riedmayr| Es ist diese Verquickung aus komplexen juristischen Problemen, als Selbstständige, mit den unternehmerischen Aspekt gepaart. Man braucht auch nicht viel, um anfangen zu können, wie jetzt in anderen Sparten. Ein Büro ist natürlich notwendig und man muss schauen, dass man an Mandanten kommt. Dann kann man auch schon loslegen! Das finde ich ganz spannend! |Die sympathische Anwältin fügt hinzu| Ja natürlich möchte ich auch gerne den Leuten helfen, aber dazu gehört vielmehr als juristisch die beste Lösung zu finden. Manchmal hilft man den Leuten tatsächlich mehr, wenn man einen Fall ablehnt und ihnen das erklärt, weil es sie sonst zu sehr zu sehr belasten würde. Denn, das, was sie bekommen, ist nicht das, was sie sich eigentlich wünschen wie „Seelenfrieden“ oder „Gerechtigkeit“. Manche Leute sind wiederum gar nicht so belastend und ich helfe ihnen bei ganz banalen Sachen, wie zum Beispiel dabei, bestimmte Forderungen durchzusetzen.

Haben Sie diese Schwierigkeiten besonders aufgrund des weiblichen Geschlechts wahrgenommen? |Daniela Riedmayr| Ja, das empfinde ich ehrlich gesagt heute noch. Ich habe schon das Gefühl, dass man weniger ernst genommen wird als Frau. Dass man gerade auch in diesem Anwaltsberuf sich nicht so benehmen kann, wie ein Mann. Man würde dann auch nicht ernst genommen werden. „Man muss eine gewisse Attitude an den Tag legen.“

|Erklärend führt sie dann fort| Und vor allem hatte ich das Gefühl, als ich ganz frisch angefangen hatte, nicht ernst genommen zu werden. Am Anfang haben sich vor allem Männer als Mandanten an mich gewandt, die schon von vornerein mit dem Vorsatz angetreten sind: „Ja, die Kleine lassen wir jetzt ein bisschen arbeiten, aber bezahlen tun wir sie nie.“ Das war auch recht sexistisch. Ich konnte mich wahrscheinlich auch zu wenig abgrenzen, weil ich das notwendige Auftreten nicht hatte. Das ist der Nachteil, wenn man sich direkt nach den Examen selbstständig macht. ‚Ich kann ja noch nichts, wie soll ich dafür Geld verlangen?‘ Das habe ich wohl so ausgestrahlt und deswegen hatte ich Schwierigkeiten, damit an mein Honorar zu kommen. Die sexuellen Annäherungen waren auch wirklich sehr unangenehm!

Was sind die größten Herausforderungen als Unternehmerin? |Die taffe Anwältin antwortet stolz| Es ging überraschend alles problemlos. Man muss natürlich dafür sorgen, dass man möglichst schnell an Mandanten kommt. Es ist sehr wichtig, einen ordentlichen Auftritt im Internet zu haben. Dafür hatte ich gute qualifizierte Hilfe bekommen und den Existenzgründungszuschuss vom Staat habe ich auch wahrgenommen.

Haben Sie Unterstützung die Familie erhalten oder besteht ein familiärer Hintergrund bei Ihrer Selbstständigkeit? |Daniela Riedmayr| Ehrlich gesagt, habe ich das mit meinen Eltern gar nicht besprochen. Es war von vornerein schon klar, dass ich mich nach

104

Analyse von Berufsgruppen

meinem Abschluss selbstständig machen wollte und aus diesem Grund hatten sie keinen ‚Schmerz‘ mehr. Sie haben sich gefreut, dass ich das Studium erfolgreich abgeschlossen habe und dachten, dass es schon irgendwie weitergehen würde.

Würden Sie sich nochmal selbstständig machen?

Wie waren Ihre Voraussetzungen bei der Gründung? Gab es Fördermöglichkeiten oder war Eigenkapital vorhanden?

|Daniela Riedmayr| Ich würde nicht sagen, dass ich so viele Arbeitsstunden im Büro verbringe, aber die Arbeit ist immer da. Wenn man es mag, ist es toll und für manche ist es überhaupt nichts! Diese sind fantastische Angestellte und dann ist es auch ok!

|Daniela Riedmayr| Wie ich bereits erwähnt habe, habe ich den Existenzgründungszuschuss vom Staat erhalten. Ich hätte auch sicherlich finanzielle Unterstützung von meinen Eltern erhalten, aber das wollte ich nicht.

Hatten Sie zu dieser Zeit einen Mentor oder Ansprechpartner für Ihre Gründung? |Daniela Riedmayr| Die ersten eineinhalb Jahre war ich komplett auf mich alleine gestellt, aber danach schon.

Wie hat sich die Selbstständigkeit seit der Gründung entwickelt? |Ohne zu überlegen antwortet Daniela Riedmayr| Ja, sehr positiv.

Sind Sie mit dem aktuellen Stand der Selbstständigkeit zufrieden? |Daniela Riedmayr| Ich bin zufrieden, aber natürlich tritt man mit dem Vorsatz an - jetzt auch genau zum Jahresende - im nächsten Jahr Wachstum zu erzielen. Aber grundsätzlich bin ich sehr zufrieden! Gerade in München ist die Anwaltsdichte sehr hoch und davon leben zu können, ist allein schon ein sehr großer Erfolg.

„Ja, aber ich würde es nicht unbedingt jedem empfehlen. Es ist schon ein harter Weg, den man gehen muss.“

Gab es hilfreiche Netzwerke, beziehungsweise sind Sie Mitglied einer Interessensvertretung/ Kammer/ Verband? |Daniela Riemayr| Nicht wirklich, da bin ich ein bisschen faul ehrlich gesagt.

Ich bin Mitglied der Rechtsanwaltskammer. Aber dieses klassische Networking ist nichts für mich!

Haben Sie Tipps für junge Unternehmerinnen: was würden Sie heute anders machen? |Daniela Riedmayr überlegt einen kurzen Moment und antwortet entschieden| Ich würde persönlich heute gar nichts anders machen. Ich würde vielleicht versuchen, mir weniger Sorgen zu machen. Man muss außerdem immer aufpassen, dass man nicht in diese alte klassische Akademikerfalle tritt und auch die Familienplanung ständig vor sich herschiebt. Ich denke, dass das wichtig ist. |Ihre Empfehlung an Unternehmerinnen ist|

zukünftige

„Mein Tipp wäre, ein bisschen sorgloser zu sein!“

105

Analyse von Berufsgruppen

4.2.6 Künstlerische Berufe und Kulturberufe (Autorin Jacqueline Seifert) Zu den Künstler- und Kulturberufen können unter anderem die Bildenden Künstler, Fotografen, Designer, Darstellende Künstler, Musiker, Architekturberufe im Bereich Hochbaucharchitektur und Innenarchitektur sowie Literatur- und Wortberufe wie beispielsweise Schriftsteller, Journalisten oder Dolmetscher und Übersetzer gezählt werden. Diese Unterteilung ist jedoch nicht allgemeingültig und wird in verschiedenen Statistiken unterschiedlich interpretiert.

2012 wurden von der Prognos AG 46.813 Selbstständige und Unternehmen in der Kultur- und Kreativwirtschaft ermittelt, welche einen Anteil von 7,8 % n der Gesamtwirtschaft in Bayern ausmachen und in den Jahren zuvor stetig weiter gewachsen sind (vgl. Prognos AG 2014, S. 9-10). Alleine in der Landeshauptstadt München wurden 2010 insgesamt ca. 22.500 Selbstständige in Künstler- und Kulturberufen verzeichnet (vgl. Europäische Metropolregion München e.V. 2012, S. 5). Zu erwähnen ist jedoch, dass laut dem Bundesverband Bildender Künstlerinnen und Künstler (BBK) viele Mitglieder neben ihrer freien künstlerischen Arbeit noch eine künstlerische Lehrtätigkeit ausüben (vgl. BBK 2015).

Die Künstlersozialkasse, welche eine gesetzliche Sozialversicherung für selbstständige Künstler und Publizisten ist, verzeichnet unter der Gesamtzahl ihrer Mitglieder ein relativ ausgeglichenes Verhältnis von Männern und Frauen. Jedoch unterscheidet sich dieses Verhältnis je nach Berufsgruppe, welche in Bildende Kunst, Darstellende Kunst, Musik und Wort unterschieden werden. In der Berufsgruppe Bildende Kunst und Darstellende Kunst sind die Zahlen mit 49,6 % bzw. 50,9 % weiblichen Anteil relativ ausgeglichen. In der Berufsgruppe Wort überwiegt der weibliche Anteil mit 55,9 %, wohingegen in der Gruppe Musik der Frauenanteil nur bei 39,3% liegt (vgl. Prognos AG 2014, S. 77-78). In dieser Studie konnten im Bereich Wort, stellvertretend für das Berufsbild der Dolmetscher und Übersetzer, die Ergebnisse der Künstlersozialkasse mit einem stärkeren Anteil an selbstständigen Frauen bestätigt werden. Ebenso im Bereich der Bildenden Kunst wurden die Angaben der Künstlersozialkasse mit einer relativen Gleichverteilung zwischen Frauen und Männer in dieser Studie bestärkt.

Die Anzahl an Student/innen an Kunsthochschulen zeigt, dass insgesamt tendenziell mehr Frauen zu künstlerischen und kulturellen Berufe neigen. Wie bereits erwähnt, verzeichneten die Kunsthochschulen in Bayern im Wintersemester 2014/15 unter 3703 deutsche und ausländische Studenten einen Frauenanteil von 54,8 % (vgl.

Bayerisches Landesamt für Statistik 2015a, S. 11). Wenn hingegen an allen bayerischen Hochschulen die Fächergruppen Kunst und Kunstwissenschaft betrachtet werden, gibt es im Wintersemester 2014/15 insgesamt 10.878 Studierende, vertreten von 3.811 Männer und 7.067 Frauen (vgl. Bayerisches Landesamt für Statistik 2015c). Dies entspricht einem überwiegenden Frauenanteil von 65,0 %, d.h. fast zwei Drittel.

106

Analyse von Berufsgruppen

In dieser Studie konnte durch die vorangegangene sowie folgende Auswertung im Bereich der Künstler- und Kulturberufe insgesamt eher eine Tendenz zum weiblichen Geschlecht festgestellt werden.

4.2.6.1

Dolmetscher & Übersetzer

Im Bereich der Kulturberufe wurde der Bundesverband der Dolmetscher und Übersetzer (BDÜ) Landesverband Bayern e.V. um Daten zu ihren Mitgliedern gebeten.

Selbstständige DolmetscherInnen und ÜbersetzerInnen im BDÜ 2015 in Bayern

Der BDÜ hat aktuell 1548 Mitglieder (Stand: 11.2015). Darunter sind 1269 Frauen und 279 Männern, was einem Frauenanteil von 82,0 % und einem Männeranteil von 18% entspricht und somit eindeutig das ‚weibliche Geschlecht‘ in der Überzahl ist.

18%

82%

Selbständige Dolmetscher

Selbständige Dolmetscherinnen Zusätzlich wurde das Durchschnittsalter sowie die historische Entwicklung der Abbildung 26: Prozentualer Anteil an Selbstständigen Mitgliedszahlen der letzten Jahren zur DolmetscherInnen im BDÜ 2015 in Bayern Verfügung gestellt. Das Durchschnittsal(Quelle: eigene Darstellung) ter der Frauen in diesem Verband beträgt aktuell 47,34 Jahre und das der Männer 51,02 Jahre. Die GesamtMitgliedszahlen im Verband BDÜ Landesverband Bayern haben sich in den letzten sieben Jahren um fast 30 % gesteigert, wurden jedoch vom BDÜ nicht nach Geschlecht unterteilt.

Jahr 2015

Gesamtzahl 1.548

%-tuale Steigerung 129,3%

2014

1.469

122,7%

2013

1.440

120,3%

2012

1.386

115,8%

2011

1.309

109,4%

2010

1.259

105,2%

2009

1.197

100,0%

Tabelle 4: Entwicklung der Mitgliedszahlen des BDÜ Landesverband Bayern (Quelle: eigene Darstellung)

Von den Daten des befragten Verbands kann, stellvertretend für die gesamte Berufsgruppe der Dolmetscher und Übersetzer, aktuell davon ausgegangen werden, dass überproportional viele Frauen in diesem Bereich selbstständig tätig sind.

107

Analyse von Berufsgruppen

4.2.6.2

Bildende Künstler

In der Berufsgruppe der Bildenden Künstler wurde vom Berufsverband der bildenden Künstler Landesverband Bayern e.V. folgendes Datenmaterial übermittelt. Aktuell hat der Verband 2377 Mitglieder, darunter sind 1204 weiblich und 1173 männlich. Dies entspricht einem prozentualen Anteil von 50,7 % Frauen und 49,4 % Männern und ist damit relativ gleichverteilt. Dies bestätigt die bereits genannte geschlechtliche Gleichverteilung unter den Mitgliedern der Künstlersozialkasse in der Berufsgruppe der Bildenden Künstler.

4.2.6.3

Selbstständig Bildende KünstlerInnen des BBK Landesverband Bayern 2015 Selbständige Bildende Künstler Selbständige Bildende Künstlerinnen

51%

49%

Abbildung 27: Prozentualer Anteil der selbstständigen Bildenden Künstlerinnen des BBK Landesverband Bayner in 2015 (Quelle: eigene Darstellung)

Schriftsteller

Im Berufsbild des Schriftstellers konnte vom Verband deutscher Schriftsteller in Bayern kein Datenmaterial zur Verfügung gestellt werden. Jedoch ergab eine eigene Auswertung der auf der Homepage hinterlegten Mitglieder des Verbands einen prozentualen Anteil von 46,4 % Frauen und 53,6 % Männer, gemessen an einer Gesamtmitgliedszahl von 345. Da die Daten lediglich auf der Homepage des Verbands hinterlegt und nicht näher gekennzeichnet waren, kann eine Aktualität und Validität der Daten nicht garantiert werden.

Laut einer Untersuchung der Europäischen Metropolregion München e.V. wurden 2012 in vier bayerischen Berufsverbänden geschätzte 547 Mitglieder verzeichnet.

Dies kann jedoch nicht repräsentativ für die Anzahl der Schriftsteller, Lektoren und Autoren (m/w) in Bayern stehen, da es - nach den Schätzungen des Landesamts für Statistik - im Jahr 2010 alleine in der Landeshauptstadt München 2.492 SchriftstellerInnen gab (vgl. Europäische Metropolregion München e.V. 2012, S. 12 & 15). Dies lässt darauf schließen, dass eine Vielzahl von Schriftstellern, Lektoren und Autoren nicht in einem Verband Mitglied sind. Bestätigt wird dies in unserem Interview mit Frau K., einer erfolgreichen selbstständigen Autorin, Redakteurin, Lektorin und Journalistin, die ebenfalls in keinem Schriftstellerverband Mitglied ist.

108

Analyse von Berufsgruppen

Schriftsteller, Redaktion Interview mit Frau K.

–

Unternehmerin Frau K. Als erfolgreiche Autorin, Journalistin, Redakteurin und Lektorin meistert Frau K., 56, die Herausforderungen des Lebens. Die alleinerziehende Mutter von zwei Kindern hat sich nach einer Ausbildung als Redakteurin mit ihrem eigenen Redaktionsbüro im Jahr 1990 selbstständig gemacht. Ihre Liebe zum Schreiben ging so weit, dass sie dafür ihr Lehramtsstudium zwei Semester vor Abschluss abgebrochen hat. Die Fähigkeit zum Schreiben hat sie sich sowohl durch praktische Erfahrungen, als auch durch viel Freude und einen großen Willen selbstständig erarbeitet.

Bis heute nimmt das Schreiben, zusätzlich zu ihren weiteren vielfältigen Interessen, einen wichtigen Part in ihrem Leben ein. Der Überblick über ihre zahlreichen Referenzen beeindruckt und ihre Leidenschaft zum Schreiben ist selbst nach 25 Jahren noch spürbar. „Ich wollte einfach nur schreiben.“ Wie verlief Ihr Werdegang vor der Selbstständigkeit? |Frau K. lächelt| Mein Werdegang war eigentlich ziemlich chaotisch. Nach dem Abitur war ich auf einer Sprachenschule in der Schweiz, um Französisch und Spanisch zu lernen.

Danach habe ich mein Lehramtsstudium in Deutsch, Französisch und Spanisch an der Universität Erlangen begonnen. Nach der Zwischenprüfung

habe ich zum Schrecken meiner Eltern beschlossen, das Studium abzubrechen. Das bereue ich bis heute, aber ich wollte einfach nur schreiben und hab daraufhin eine Ausbildung zur Redakteurin begonnen und nach zwei Jahren Volontariat abgeschlossen.

Danach habe ich einige Jahre als festangestellte Redakteurin bei der angesehenen Illustrierten „Quick“ gearbeitet. Nachdem ich wegen Rationalisierungen arbeitslos wurde, habe ich eine Ausbildung als Yogalehrerin gemacht und gleichzeitig meine Arbeit als freie Journalistin, Autorin, Redakteurin und Lektorin aufgenommen.

Konnten Sie die Erfahrungen aus dieser Zeit für Ihre spätere Gründung nutzen? |Frau K.| Ja, hauptsächlich bestimmte Charaktereigenschaften, wie beispielsweise den Weg zu gehen, den man möchte, eine große Flexibilität und den Umgang mit Menschen, was mir vor allem in der Abstimmung mit den Autoren half. Des Weiteren kamen mir meine Sprachkenntnisse zugute, zum Beispiel in der Zusammenarbeit mit französischsprachigen Autoren.

Ebenso hat mich alles, was ich vorher gemacht habe, weitergebracht, wie die Yogaausbildung, durch die ich viele Aufträge in diesem Bereich bekommen habe. Ich konnte somit meine ganzen Interessen, die ich vorher schon hatte, in meine Arbeit mit einbringen.

Was waren die Gründe für Ihre Entscheidung zur Selbstständigkeit? |Frau K.| Dadurch, dass ich nach meiner Scheidung alleinerziehend mit

109

Analyse von Berufsgruppen

zwei Kindern war, habe ich eine Möglichkeit gesucht, lange an einem Projekt, wie zum Beispiel einem Buch zu arbeiten und gleichzeitig Zuhause für die Kinder da zu sein.

Welche Vorteile sehen Sie in der Selbstständigkeit? |Frau K.| Wie gesagt, konnte ich für meine Kinder da sein und sie beispielsweise zum Arzt fahren, wenn es nötig war, da ich mir meine tägliche Arbeit selbst einteilen konnte. Jedoch sagen meine Kinder mir heute, dass ich zwar physisch, aber geistig nicht wirklich anwesend war, weil meine Gedanken bei den Büchern und der Arbeit hingen. „Ich war für einen Freiberufler gut im Geschäft, wir konnten auch von meinem Verdienst leben, aber es war harte Arbeit.“ Welche Leidenschaft sehen Sie in Ihrem Beruf? |Frau K. antwortet sofort| Das Schreiben! Vor allem das Schreiben über Themen, die mich interessieren.

Aber auch wenn ich Aufträge mit neuen Themengebieten bekommen habe, fand ich es spannend, mich dort einzuarbeiten und fand immer Freude daran.

Was waren Schwierigkeiten bei der Gründung? |Frau K. überlegt| Die größte Schwierigkeit war, als freie Redakteurin und Autorin Aufträge zu erhalten. Ich erhielt anfangs Unterstützung durch bestimmte Lektoren eines bekannten Verlags, jedoch dauerte es ein paar Jahre bis

es anlief, sodass genügend Aufträge kamen. Es war sehr mühsam.

Haben Sie diese Schwierigkeiten besonders aufgrund des weiblichen Geschlechts wahrgenommen? |Überzeugt antwortet Frau K.| Nein, das habe ich nie so empfunden.

Haben Sie Unterstützung durch die Familie erhalten oder besteht ein familiärer Hintergrund bei Ihrer Selbstständigkeit? |Frau K.| Unterstützung habe ich insofern erhalten, dass mein Vater als erfolgreicher ehemaliger Manager mich finanziell aufgefangen hat, wenn es einmal nicht so gut lief. Aber auf Verständnis bin ich in der Familie zuerst nicht gestoßen. Es hieß immer, ich sollte etwas Vernünftiges lernen und gescheites machen.

Die Zeit nach der Gründung: Sehen Sie einen Unterschied zu männlichen selbstständigen Kollegen bezüglich der Akzeptanz und der Reaktion des Umfeldes? |Frau K.| Auch hier glaube ich, es ist eine Frage des eigenen Charakters und der eigenen Wesenszüge. Ich glaube, Männer sind prinzipiell durchsetzungsfähiger und treten bei einem Verlag anders auf als einige Frauen, wobei es auch dort Ausnahmen gibt.

Ich habe auch mal mit einer Ärztin zusammengearbeitet, die sehr durchsetzungsfähig war und die Leute um den Finger wickeln konnte. Darum glaube ich, man sollte nicht alles auf das Geschlecht schieben, sondern dass es eher Typsache ist.

110

Analyse von Berufsgruppen

Wie waren Ihre Voraussetzungen bei der Gründung? Haben Sie auf Fördermöglichkeiten zurückgegriffen oder war Eigenkapital vorhanden? |Frau K.| Wirkliches Eigenkapital habe ich nicht gebraucht zum Schreiben von Büchern. Das Einzige was ich benötigt habe, war ein Computer. Da mein alter Computer damals dafür nicht mehr geeignet war, habe ich einen neuen von meinem Vater gesponsert bekommen, da ich mir selbst einen neuen nicht leisten konnte. Ebenso wurde ich am Anfang vom Verlag mit Buchmaterial gefördert, was jedoch mit der Zeit nicht mehr notwendig war, denn umso bekannter man wird, desto mehr Bücher bekommt man direkt von den Verlagen zugeschickt.

Hatten Sie zu dieser Zeit einen Mentor oder Ansprechpartner für Ihre Gründung? |Frau K.| Wie ich vorhin erwähnt hatte, kannte ich einen sehr netten Lektor bei einem bekannten Verlag, der mich in der Anfangsphase mit Projekten versorgt hat. Er wusste, dass man sich auf mich verlassen kann, ich meine Sachen pünktlich und fehlerfrei abliefere und akribisch arbeite.

Dadurch war ich bei ihm und danach auch bei weiteren Lektoren des Verlags angesehen und habe dadurch immer mehr Projekte bekommen. Ihm bin ich bis heute für seine Unterstützung dankbar.

Wie hat sich die Selbstständigkeit seit der Gründung entwickelt? |Frau K.| Es wurde stückweise immer besser und auftragsreicher. Am

Schluss hatte ich so viele Aufträge, dass ich Projekte ablehnen musste, was mich daraufhin noch begehrter gemacht hat. Leider war ich irgendwann so ausgebucht, dass ich durch das lange Sitzen gesundheitliche Schäden davongetragen habe, mit denen ich heute noch kämpfe. „Einmal selbstständig, immer selbstständig!“ Sind Sie mit dem aktuellen Stand der Selbstständigkeit zufrieden? |Frau K. lacht| Ja, sehr! Ich konnte es mir erlauben, meine Tätigkeit als Autorin und Lektorin zu reduzieren und mich anderen Leidenschaften, wie zum Beispiel der Tätigkeit als Lehrkraft zu widmen. Dies bereitet mir ebenfalls sehr viel Freude. Seitdem meine Kinder groß sind, habe ich des Öfteren überlegt, mich beispielsweise in einem Verlag fest anstellen zu lassen. Dann kam jedoch der Moment, in dem ich gesagt habe: Stopp, einmal selbstständig, immer selbstständig! Ich will es nicht mehr anders haben, vor allem da es mir jetzt finanziell gut geht. Es ist eine gewisse Freiheit, die man hat, die man nach so vielen Jahren einfach nicht mehr aufgeben kann.

Würden Sie sich noch selbstständig machen?

einmal

|Frau K. zögert| Es kommt auf die Lebensumstände an. Wenn ich in den gleichen Lebensumständen, wie ich früher war, wäre, würde ich sagen: ja.

Andererseits ist da immer irgendwo eine kleine Sehnsucht nach mehr Sicherheit gewesen und wenn alles anders laufen würde… Ich würde 50:50 sagen, wenn ich es auf mein

111

Analyse von Berufsgruppen

eigenes Leben beziehe. Da kann ich es nicht eindeutig entscheiden. Aber hätte ich die gleichen Lebensumstände wie damals, würde ich es noch einmal so machen.

Gab es hilfreiche Netzwerke, beziehungsweise sind Sie Mitglied einer Interessensvertretung/Kammer/ Verband? |Frau K.| Ja, ich war immer im BJV, dem Bayerischen Journalisten Verband. Ebenso bei der VG Wort, der Verwertungsgesellschaft Wort, von denen ich bis heute jährlich Tantiemen ausgeschüttet bekomme.

Haben Sie Tipps für junge Unternehmerinnen: was würden Sie heute anders machen? |Frau K. überlegt kurz und lacht| Mein Tipp ist zum einen sein Studium fertig zu machen. Dann verdient man auch als Selbstständige mehr. |Sie

lächelt| Ebenfalls ein ganz wichtiger Tipp: Verliert euch nicht in eurer Tätigkeit! Das war mein Fehler. Ich habe mich selbst vergessen, keine Pausen mehr gemacht, Wochenenden durchgearbeitet und bin dadurch krank geworden. Also ist mein Tipp: Ihr solltet euch die Zeit so einteilen, dass man auch noch ein Wochenende hat und mindestens ein oder zwei Tage in der Woche nichts tut. Das ist wichtig! „Man darf sich nicht in seiner Tätigkeit verlieren, sondern sollte sich die Zeit so einteilen, dass man ein oder zwei Tage pro Woche frei hat.“

112

Analyse von Berufsgruppen

4.2.6.4

Architekten

(Autorin Carolin Warz) Zur Datengewinnung wurde mit der Bayerischen Architektenkammer Kontakt aufgenommen. Die Bayerische Architektenkammer existiert seit dem 01. Januar 1971 und stellt ein wichtiges Instrument zur Ordnung im Bereich des Planens und Bauens dar. Kammeraufgabe ist es, ihre Mitglieder im beruflichen Kontext zu unterstützen und einen hohen Stand an Qualität den Bauherren zuzusichern. Die Mitglieder der Kammer setzen sich aus Architekten, Innenarchitekten und Landschaftsarchitekten in Bayern zusammen. Die Mitgliedschaft in der Bayerischen Architektenkammer ist verpflichtend, da es sich um eine Körperschaft des öffentlichen Rechts handelt (vgl. Bayerische Architektenkammer).

Leider verfügt die Bayerische Architektenkammer nicht über ausreichend Datenmaterial bzw. geschlechterspezifische Informationen zu ihren Mitgliedern, sodass kein Datenmaterial für die quantitativen Analysen zur Verfügung gestellt werden konnten.

In der eigenen Recherche konnten die Studienzahlen für den Bereich Architektur/Innenarchitektur in Bayern ermittelt werden. Diese Zahlen haben ergeben, dass Frauen auch im Studienbereich Architektur die Mehrheit bilden (vgl. Bayerisches Landesamt für Statistik 2015a, S. 22ff.). Wie in den folgenden Abbildungen zu erkennen ist, sind die Frauen sowohl an Universitäten (57% Frauenanteil), als auch an den Hochschulen für angewandte Wissenschaften (58% Frauenanteil) in der Überzahl.

Studierende der Fachrichtung Architektur/Innenarchitektur an Universitäten in Bayern im Wintersemester 2014/2015 Männer

Frauen

43% 57%

Abbildung 28: Studierende der Fachrichtung Architektur/Innenarchitektur an Universitäten in Bayern im Wintersemester 2014/2015 (Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Bayerisches Landesamt für Statistik 2015a)

113

Analyse von Berufsgruppen

Studierende der Fachrichtung Architektur/Innenarchitektur an Fachhochschulen in Bayern im Wintersemester 2014/2015 Männer

Frauen

42%

58%

Abbildung 29: Studierende der Fachrichtung Architektur/Innenarchitektur an Fachhochschulen in Bayern im Wintersemester 2014/2015 (Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Bayerisches Landesamt für Statistik 2015a)

4.2.6.5

Journalisten

(Autorin Yasemin Acikgöz) Der „typische“ freie Journalist in Deutschland ist 47 Jahre alt und männlich. Er lebt in einer festen Beziehung, hat einen Hochschulabschluss oder wenigstens Abitur, oft keine Kinder und verdient mit einem monatlichen Brutto-Gehalt von 2478 Euro etwas weniger als der Durchschnitts-Journalist. Dies ergab eine Studie des Instituts für Kommunikationswissenschaft und Medienforschung der Ludwig-Maximilians Universität München, die im Auftrag des Deutschen Fachjournalisten-Verbandes (DFJV) durchgeführt wurde.

Zahlen zum Arbeitsmarkt für Journalisten und Journalistinnen sind – auf Grund unterschiedlicher Berechnungsgrundlagen und Berufsbezeichnungen je nach Datenquelle – nur schwer zu ermitteln. Die Ungenauigkeit und die Unzuverlässigkeit aktueller Erhebungen ist zum einen auf mangelnde Repräsentativität und zum anderen, wie bereits erwähnt, auf unterschiedliche Definitionen der Berufsgruppe „Journalist/in“ zurückzuführen.

Die Statistik der Bundesagentur für Arbeit weist für 2013 eine Zahl von 77.234 sozialversicherungspflichtigen Erwerbstätigen in der Journalismus-Branche. Die Zahl der Freien Journalisten lag im Jahr 2011 bei 74.000. Im Vergleich zum Jahr 2001 entspricht das einem Zuwachs von 61%. Damals waren es 46.000 Freiberufler in

114

Analyse von Berufsgruppen

schreibenden Berufen. Im Jahr 2013 wiederum war zwar die Zahl der Selbstständigen ruckläufig, aber mit 65.000 Selbstständigen war dennoch jeder Dritte sein eigener Chef. Die Statistik der Künstlersozialkasse meldet für Anfang des Jahres 2014 eine Zahl von 43.126 Versicherten im Bereich „Wort" mit einem Einkommen von 18.553 Euro durchschnittlich pro Jahr. Die Anzahl der hier Versicherten ist über die letzten Jahre hinweg sukzessive gestiegen. Im Jahr 2009 lag sie noch bei 40.778. Einen Überblick über die Entwicklung der Versichertenzahlen von 2003 bis 2013 gibt folgende Abbildung:

Abbildung 30: Entwicklung der Versichertenzahlen von 2003 bis 2013 (eigene Darstellung in Anlehnung an Künstersozialkasse)

Es gibt zwei klassische Situationen, in denen sich Journalisten selbstständig machen: Viele der Journalisten wollen als Freiberufler arbeiten und entscheiden sich somit bewusst dafür. Allerdings haben die sukzessiven Entwicklungen des Arbeitsmarktes dazu geführt, dass sich Journalisten aus Not gezwungen fühlen, den Schritt in die Selbstständigkeit zu machen. Der ausschlaggebende Grund ist hierbei vor allem, dass sich in den letzten Jahren ein journalistisches Überangebot aufgebaut hat, das von Auftraggebern und Verlagen immer wieder dazu missbraucht wird, Honorare und Löhne zu drücken.

Deutscher Journalisten-Verband Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) ist die größte Journalisten-Organisation Europas mit Sitz in Berlin. Er vertritt die berufs- und medienpolitischen Ziele und Forderungen der hauptberuflichen Journalistinnen und Journalisten aller Medien. Der Verband ist politisch wie finanziell unabhängig. Bei Nachfrage nach relevanten Daten im Rahmen der Recherchen wurde auf das Informationsmaterial im Downloadbereich der Verbands-Homepage verwiesen. Weiteres Datenmaterial konnte leider nicht zur Verfügung gestellt werden.

Der DJV ermittelte für das Jahr 2012 72.500 hauptberufliche Journalisten und Journalistinnen in Deutschland. Hierbei arbeitete die größte Gruppe der hauptberuflich tätigen Journalistinnen und Journalisten demnach mit ca. 43.000 im Presse – Bereich. Hinzu kommen etwa 3.000 Volontäre und 26.000 freie, hauptberufliche Journalisten und Journalistinnen.

115

Analyse von Berufsgruppen

Im Rahmen der bundesweiten Studie „ DJV-Freien-Umfrage-2014“ hat der DJV im Zeitraum Januar bis März 2014die aktuellen Arbeitsbedingungen von freien Journalisten analysiert. Dabei wurden insbesondere die Einkommensverhältnisse und die soziale Absicherung der freien Journalisten und Journalistinnen untersucht. Der DJV hatte entsprechende Umfragen unter den freien Journalisten bereits in den Jahren 2008 und 1998 durchgeführt. Die folgenden Erkenntnisse haben den Charakter eines Zwischenberichts.

Es wurde festgestellt, dass die Quote der Frauen im freien Journalismus im Jahr 2014 gestiegen ist. Erstmals sind mit einem Prozentanteil von 54% mehr Frauen im Journalismus als Freiberufler beschäftigt als Männer. Noch im Jahr 2008 (45%) und 1998 (35%) waren die Frauen in der deutlichen Minderheit gewesen.

Abbildung 31: Geschlechterverteilung im freien Journalismus (eigene Darstellung in Anlehnung an DJV-Umfrage 2014)

Die Berufsgruppe ist zudem hochgradig akademisiert, zwei Drittel der freien Journalisten weisen Akademikerniveau auf. 96% besitzen eine (Fach-) Hochschulreife und 75% haben zudem einen Abschluss von einer Hochschule bzw. Fachhochschule.

Auch bereits in den Jahren 2008 mit 93% und 1998 mit 86% hatte fast die Gesamtheit der Berufsgruppe eine (Fach-) Hochschulreife erfolgreich absolviert. Im Jahr 2008 hatten 73% und 1998 63% der Journalisten ein abgeschlossenes (Fach-) Hochschulstudium.

Abbildung 32: Abschluss einer (Fach-)Hochschulreife von freien Journalisten und Journalistinnen (eigene Darstellung in Anlehnung an DJV-Umfrage 2014)

116

Analyse von Berufsgruppen

Abbildung 33: Abschluss eines (Fach-)Hochschulstudiums von freien Journalisten und Journalistinnen (eigene Darstellung in Anlehnung an DJV-Umfrage 2014)

Im Durchschnitt verdiente im Jahr 2014 ein freier Journalist 2.180 Euro brutto. Das durchschnittliche Einkommen liegt somit nominell über den Durchschnittsverdienst, welches im Jahr 2008 festgestellt wurde und damals 2.147 Euro betrug. Wenn man aber die Inflation seit 2008 berücksichtigt, müsste dieser Wert um 200 Euro höher liegen, inflationsbereinigt ist das Durchschnittseinkommen der freien Journalisten daher seit 2008 um rund 8% gesunken.

Frauen verdienen auch als freie Journalistinnen weniger als die Männer. Gravierende Unterschiede in der Arbeitssituation von Männern und Frauen wurden auch bereits 1998 und 2008 festgestellt. Männer verdienen durchschnittlich 2.440 Euro bei rund 44 Stunden in der Woche und erzielen rund 14 Euro Nettogewinn pro Stunde.

Frauen hingegen verdienen im Durchschnitt 1.895 Euro bei 39 geleisteten. Arbeitsstunden pro Woche und erhalten somit 11 Euro Nettogewinn pro Stunde.

Als Hauptgrund für das geringere Einkommen von Frauen erscheint die geringere Anzahl von Arbeitsstunden pro Woche im Vergleich zu den männlichen freien Journalisten. 85 Prozent der Frauen mit Kindern im Haushalt berichten, dass sie aufgrund ihrer Kinder weniger arbeiten. Diese familiäre Verpflichtung führt auch zu einem geringeren Verdienst. Sie verdienen sogar weniger als der Durchschnitt der weiblichen freien Journalistinnen. Sie bekommen bei einer Arbeitswoche von 31 Stunden 1.519 Euro – wer nicht weniger arbeitet, erlöst dagegen 1.836 Euro bei 43 Wochenstunden. Die Mehrheit der männlichen Freien, d.h. 47%, arbeiten hingegen wegen der Kinderbetreuung nicht weniger. Die schlechtere Bezahlung von Frauen im Journalismus steht zudem in gewisser Korrelation mit der Altersstruktur: Jüngere weibliche Freie erzielen - hauptsächlich im Alter von bis zu 40 Jahren – ein geringeres Einkommen. Eine weitere Korrelation besteht außerdem zwischen der Wahl der journalistischen Themengebiete. Frauen sind überproportional in Themenbereichen wie Gesellschaft, Kultur sowie Bildung oder Freizeit beschäftigt, wo sie bei einer Arbeitswoche von 40 Stunden im Durschnitt monatlich 1.915 Euro verdienen. Männer dagegen arbeiten überproportional in den Bereichen Politik, Wirtschaft/Finanzen, Motor/Verkehr sowie IT/Computer/Soft-und Hardware/Internet oder Sport, in denen

117

Analyse von Berufsgruppen

das durchschnittliche Einkommen mit 2.289 Euro im Monat bei 42 Arbeitsstunden pro Woche deutlich höher ist. Die magere Einkommensbilanz der Frauen hat möglicherweise auch Auswirkungen auf die Stagnation des Realeinkommens der Berufsgruppe. Man könnte die Behauptung aufstellen, dass die Verringerung der wöchentlichen Arbeitszeit darauf zurückzuführen ist, dass es im Jahr 2014 weniger Arbeit gab als im Jahr 2008.

Es bleibt natürlich im Datenmaterial nach weiteren Faktoren für diese Entwicklung zu suchen, aber dennoch ist eindeutig zu erkennen, dass die geschlechterbezogene Strukturveränderung im freien Journalismus auch Auswirkungen auf Gehaltsstruktur hat. Wenn man sich die Gehaltsentwicklung der Männer isoliert anschaut, kann festgestellt werden, dass das monatliche Durchschnittseinkommen von 2.440 Euro bei einer wöchentlichen Arbeitswoche von 44 Stunden beträgt. Im Jahr 2008 hingegen verdienten die männlichen Freiberufler 2.429 Euro bei einer Wochenarbeitswoche von 47 Stunden. Folglich arbeiten Männer auch weniger wie Frauen. Wenn Frauen im Jahr 2014, wie bereits erwähnt, 1.895 Euro bei rund 39 Stunden Arbeit in der Woche verdienen, so haben sie im Jahr 2008 bei einer Arbeitswoche von 41 Stunden 1.673 Euro erhalten. Daher ist die Verringerung der Arbeitsstundenzahl geschlechterübergreifend und kann nicht nur allein auf die Strukturveränderungen innerhalb der Berufsgruppe zurückgeführt werden.

Abbildung 34: Arbeitszeit von Freien Journalisten und Journalistinnen

Das Einkommen von freien Journalisten ist auch stark davon abhängig, in welchem Bundesland bzw. in welcher Region sie tätig sind. Leider stehen hier keine geschlechtsspezifischen Daten zur Verfügung. Es kann aber festgestellt werden, dass mit Ausnahme von Thüringen - die neuen Bundesländer, d.h. Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen sowie Sachsen – Anhalt, weiterhin unterdurchschnittliche Einkommen verzeichnen. Bayern liegt mit einem monatlichen Durchschnittseinkommen von 2.052 Euro noch im mittleren Bereich.

118

Analyse von Berufsgruppen

Durchschnittliches monatliches Bruttoeinkommen freier Journalisten nach Bundesländern 2014 Nordrhein - Westfalen Rheinland - Pfalz Hamburg Thüringen Saarland Bayern Schleswig -Holstein Baden - Württemberg Niedersachsen Hessen Bremen Berlin - Brandenburg Sachsen Mecklenburg -…

Sachsen - Anhalt

€2.212 €2.211 €2.177 €2.124 €2.120 €2.052 €1.987 €1.867 €1.826 €1.772 €1.750 €1.657

€1.395 €1.356 €1.025

Abbildung 35: Einkommen von Freien Journalisten und Journalistinen nach Bundesländern

119

Analyse von Berufsgruppen

Wissenschaftsjournalismus Interview mit Frau Haas

Journalistin Haas

–

Monika

Monika Haas, 46, lebt seit sie 18 ist vom Schreiben. Sie studierte an der Ludwig-Maximilian-Universität in München Kommunikationswissenschaften und entschied sie sich direkt nach dem Studium fürs selbstständige Arbeiten: Seit 1996 ist sie als freie Journalistin tätig. Heute arbeitet sie unter anderem als TV – Autorin für das Campus Magazin auf ARD Alpha. Privat lebt sie mit ihrer Familie in Köln.

Die gebürtige Kaufbeurerin gibt in diesem Interview Einblicke in ihre Selbstständigkeit.

Wie verlief Ihr Werdegang vor der Selbstständigkeit? |Monika Haas| Während des Studiums war ich immer wieder in verschiedenen journalistischen Bereichen wie beim Privaten Hörfunk, beim Bayerischen Rundfunk, im Hörfunk und zum Beispiel auch in Public Relation Stationen tätig. Ich habe während dieser Zeit richtig Geld verdient, war aber noch als Studentin eingeschrieben. |Erklärend führt Monika Haas fort| Nach meinem Abschluss habe ich ziemlich bald eine sogenannte Hospitanz beim bayerischen Rundfunk gemacht. Die hat direkt quasi in die

Monika Haas schreibt für ihr Leben gern: "Wissenschaft vor allem ist meine größte Leidenschaftwissenschaftliche Themen so darzustellen, dass sie von allen verstanden werden.“

selbstständige bzw. freie journalistische Arbeit geführt. Das war sozusagen Übergangsnot.

Konnten Sie die Erfahrungen aus dieser Zeit für Ihre spätere Gründung nutzen? |Monika Haas antwortet direkt ohne zu überlegen| Ja klar!

Was waren die Gründe für Ihre Entscheidung zur Selbstständigkeit? |Monika Haas| Das waren zwei Gründe. Zum einen war es damals sehr schwierig ein Volontariat zu bekommen. Ich hatte mich dafür beworben und ein Volontariat bietet die Möglichkeit, früher oder später als festangestellte Redakteurin tätig zu werden. Das hatte nicht geklappt, da ich sehr früh Mutter geworden bin. Ich wollte genügend Zeit für mein Kind haben und nicht 100 % arbeiten. |Als Lösung für ihre damalige Situation entschied sie Monika Haas selbstständig zu machen|

120

Analyse von Berufsgruppen

„So hatte ich mir überlegt und versucht, direkt ohne Volontariat zu arbeiten, was somit zur Selbstständigkeit führte.“ Was war die Motivation beziehungsweise die Ziele der Wahl zur Selbstständigkeit?

Ein großes Ziel war, dass ich Themen bearbeiten wollte, die mich selbst persönlich interessieren. Ich wollte nicht so gerne durch eine Redaktion festgelegt sein – dass man alles Mögliche macht, was für die Redaktion interessant ist, aber nicht so sehr für mich persönlich. |Monika Haas erklärt weiter| Das andere große Ziel hierbei war auch, dass ich für verschiedene Auftraggeber arbeiten wollte, was ich erreicht habe und das auch nach einigen Jahren problemlos funktionierte. Ein weiterer Grund war natürlich die Flexibilität. Ich wollte gerne zeitlich flexibel sein und auch mal was absagen können.

Welche Vorteile sehen Sie in der Selbstständigkeit? |Monika Haas| Ich würde sagen, dass es natürlich viel bedeutet, dass man sich auf die Themen – im Optimalfall– konzentrieren kann, die einem persönlich wichtig sind. Themen, die nicht nur aktuell vielleicht in den Medien von Bedeutung sind, sondern die man selbst spannend findet. Das andere ist, dass natürlich immer die Möglichkeit besteht, dass man sich ziemlich kurzfristig verändern kann. Man kann in verschiedenen Städten arbeiten, was man natürlich auch als Festangestellte erreichen kann, aber im Journalismus eher nicht. Wenn man im

Journalismus festangestellt ist, sitzt man in seiner Hauptredaktion. |Als einen weiteren persönlichen Punkt führt Monika Haas auf| Ah ja, eine Sache, die ich persönlich (natürlich sehr persönlich) empfinde ist, dass ich selber nicht so sehr Freundin von Buchhaltung und Kalkulationen bin. |Frau Haas erklärt erleichternd| Ich finde es sehr entspannt, dass ich nur für meinen Produktionspart zuständig bin und mir sonst keine Gedanken über Jahresplanungen für einen Vendor oder Verlag machen muss.

Welche Leidenschaft sehen Sie in ihrem Beruf? |Monika Haas überlegt kurz und antwortet| Ich persönlich wollte aus zwei Gründen Journalistin werden. Der eine Grund, weshalb ich mich für diesen Beruf entschieden habe, war, dass ich selber sehr neugierig bin. Ich lerne bis heute immer noch bei jedem Auftrag sehr viel Neues kennen und habe auch sehr viel Kontakt mit Menschen, auf die ich sonst sicherlich niemals treffen würde. |Monika Haas fügt hinzu| Die zweite Motivation ist, die ich finde, ist, dass es in einer Demokratie unheimlich wichtig ist, dass die Leute, Zuschauer bzw.

Mediennutzer über Dinge erfahren, die über ihre eigene kleine Lebenswelt hinausgehen. Sie sollten auf Themen anderer Menschen, Kulturen, Länder – wie auch immer – neugierig gemacht werden. Wissenschaft vor allem ist meine größte Leidenschaft – wissenschaftliche Themen so darzustellen, dass sie von allen verstanden Was machen die Forscher? Warum überhaupt machen sie das? Ist das richtig

121

Analyse von Berufsgruppen

oder wichtig eventuell? Was verändert sich dadurch für uns als Gesellschaft?

Es gibt ja inzwischen sehr viele Risikotechnologien, wo man nicht nur als Konsument immer nur einen Tipp braucht, bekomme ich das günstiger oder so, wo ich denke, es wäre schön es mit Menschen teilen zu können, die sich dafür interessieren. Was bedeuten die Entscheidungen der Wissenschaft und Forschung für unser Leben bzw. für unsere Zukunft oftmals?

Was waren die Herausforderungen beim Einstieg in die Selbstständigkeit? „Das Schwierigste ist es eigentlich, Kontakte zu knüpfen.“ |Lachend fährt Monika Haas fort| Das ist leider nicht nur am Anfang eine Herausforderung – sondern auch, dass diese Kontakte stabil bleiben, aber natürlich ist das generell so!

Haben Sie diese Schwierigkeiten besonders aufgrund des weiblichen Geschlechts wahrgenommen? |Monika Haas| Als ich jung war bzw. als ich angefangen habe, eher weniger. Aber im Laufe der Jahre habe ich natürlich festgestellt, dass gerade jetzt, wo auch eigene Medienzweige im Fernsehen sich finanziell in einer gewissen Krise befinden, man natürlich direkt sagen kann, dass es vorteilhaft sein kann, als männlicher Journalist tätig zu sein. Sie stehen erheblich besser und haben weniger Probleme bei Kürzungsrunden beschäftigt zu sein.

Was sind die größten Herausforderungen als Unternehmerin?

|Monika Haas überlegt kurz und antwortet bewusst| Die größte Herausforderung ist eigentlich tatsächlich Themenvorschläge in den Redaktionen unterzubringen. Also, dass man jetzt nicht nur etwas macht, was angesagt ist, sondern was Eigenes durch die Redaktionskonferenz sozusagen ‚durchkriegt‘. Das andere ist natürlich, dass man nach wie vor auch anständig genug damit verdient.

Das sind die zwei sehr wesentlichen Sachen, die alle Selbstständigen beschäftigen.

Haben Sie Unterstützung durch die Familie erhalten oder besteht ein familiärer Hintergrund bei Ihrer Selbstständigkeit? |Monika Haas| Meine Familie war sehr kritisch und sehr besorgt, ob das mal gut geht! Meine Eltern haben natürlich an eine sichere Festanstellung gedacht, wie viele andere Mütter und Väter. Gerne in einem Verlag. Als ich angefangen habe, als Journalistin zu arbeiten, war gerade die große Verlagskrise ausgebrochen. Außerdem wollte ich das sowieso nicht gerne machen – so gesehen gab es nicht so viele Diskussionen!

Zeit nach der Gründung: Sehen Sie einen Unterschied zu männlichen selbstständigen Kollegen bezüglich der Akzeptanz und der Reaktion des Umfeldes? |Monika Haas| Direkt empfinde ich es nicht als für negativ, dass ich als Frau journalistisch tätig bin. Ich hatte jetzt gerade ein Thema zu Salafismus gemacht und auch über kulturelle Grenzen hinweg würde ich sagen, bringt dieser Beruf einem einen

122

Analyse von Berufsgruppen

gewissen Respekt entgegen. Aus diesem Grunde denke ich, dass man keinen Unterschied merkt. |Monika lacht und scherzt| Aber man ist ja nie als Mann unterwegs, deswegen, weiß ich es nicht so ganz genau!

Hätten Sie sich zu dieser Zeit mehr Fördermöglichkeiten gewünscht? |Monika Haas| Eigentlich gar nicht. Es funktionierte problemlos, dass ich mich relativ schnell soweit finanzieren konnte. Der Papa von meiner Tochter hatte auch einen Verdienst, sodass wir keine finanziellen Probleme hatten. |Lachend fügt Monika Haas hinzu| Es war jetzt nicht der Wahnsinn – aber es war vollkommen okay!

Hatten Sie zu dieser Zeit einen Mentor oder Ansprechpartner für Ihre Gründung? |Monika Haas| Leider nein. Der Start funktionierte ohne direkte Netzwerke.

Wie hat sich die Selbstständigkeit seit der Gründung entwickelt? |Monika Haas| Die Selbstständigkeit hat sich auf jeden Fall stabilisiert. In den letzten paar Jahren - leider Gottes - das geht ja sehr viele Kollegen so, ist dieser Bereich stagnierend. Wir haben ein Problem in unserem Bereich mehr Geld zu verdienen als noch vor 2012.

Der Bayerische Rundfunk speziell, als einer meiner größten Auftraggeber, restrukturiert sein Programm, welches seit einigen Jahren mit Sparmaßnahmen verbunden ist und wir als Autorinnen spüren das natürlich. Es ist zurzeit nicht die beste Phase in meiner Berufstätigkeit, aber es geht.

Sind Sie mit dem aktuellen Stand der Selbstständigkeit zufrieden? „Nein, es könnte besser sein. Es müsste mehr Geld in das System.”

Würden Sie sich nochmal selbstständig machen? |Überzeugend antwortet Monika Haas| Ich denke persönlich, ja das würde ich machen. Es gibt Menschen, die gerne in einem ganz festen Umfeld mit fünf oder sechs Kollegen arbeiten und sich jeden Tag gerne sehen möchten. Aber ich gehöre nicht dazu!

Ich finde es für sehr befreiend, so frei auszusuchen – also ‚aussuchen‘ ist relativ – aber generell frei zu sein und viele Entscheidungen selbst treffen zu können und nicht ganz so fest in Abläufe, wie in großen Unternehmen, eingebunden zu sein.

Gab es hilfreiche Netzwerke, beziehungsweise sind Sie Mitglied einer Interessensvertretung/ Kammer/ Verband? |Monika Haas antwortet kurz| Ja, bin ich.

Haben Sie Tipps für junge Unternehmerinnen: was würden Sie heute anders machen? „Ich glaube, dass junge Frauen heute mehr Möglichkeiten haben, tatsächlich ein Netzwerk zu finden und Fehler damit zu vermeiden, die man sonst einfach automatisch machen würde.“ |Als ein persönliches Beispiel erwähnt Monika Haas| In meinem Fall war es so, dass der Bayerische Rundfunk aber auch andere Sender einen sogenannten Familienzuschlag

123

Analyse von Berufsgruppen

zahlen und das habe erst nach fünf Jahren erfahren. Ich habe diese Leistung fünf Jahre lang nicht erhalten, weil mir das niemand gesagt hatte.

Aber es ist einfach heute so, dass mehr Gleichgewicht in den Redaktionen herrscht und deswegen es einfacher ist, solche Themen herauszufinden. Auch die Akzeptanz von Müttern im Beruf hat sich verändert; was sehr konservativ war, als ich gestartet habe.

|Ihr Rat an junge Unternehmerinnen ist es:| Mein Tipp wäre, dass man sich sehr genau anschaut, ob man eventuell die richtigen Leute treffen kann.

Nicht nur die einflussreichen Leute, sondern auch einfach die Leute, die eine ähnliche Vorstellung haben. Wie vom Journalismus, aber auch von einem gelungenen Leben! Man sollte sich unterstützt fühlen. Schwierig ist es gegen gewisse Bollwerke anzukämpfen. Hier denke ich, dass es sich nicht lohnt und man nicht weiterkommt.

124

Analyse von Berufsgruppen

Modejournalismus – Interview mit Frau Schwab

Journalistin Schwab

Theresa

Kann man intelligent und pointiert über Mode schreiben? Das funktioniert bei Frau Schwab.

Theresa Schwab, 31, ist freie Journalistin und Autorin in München. Sie bietet Texte, Themen und Magazinkonzepte aus dem Bereich Kultur, Mode, Lifestyle, Design und Reise an.

Im Interview mit uns erzählt die sympathische Journalistin von ihren persönlichen Erfahrungen als Selbstständige und gibt umfassende Einblicke in ihre berufliche Situation.

Wie verlief Ihr Werdegang vor der Selbstständigkeit? |Theresa Schwab| Ich habe Modejournalismus an der Akademie für Mode und Design in München studiert und während dieser Zeit bereits verschiedene Praktika absolviert. Nach meinem Studium musste ich ein Jahr lang warten, bis mein Volontariat losging und habe aus diesem Grund, mich dazu entschieden, ein Praktikum für ein Jahr bei der Zeitschrift ELLE zu machen. Anschließend war ich als Korrespondenz-Assistentin in Paris für Zeitschriften wie Cosmopolitan, Gala sowie Brigitte und Joy tätig. Daraufhin habe ich mein Volontariat bei der ELLE an verschiedenen Stationen bei verschieden Redaktionen vom Hubert Burda Media Verlag absolviert. Als das Volontariat zu Ende war, habe ich mich dann direkt im Anschluss selbstständig gemacht.

Konnten Sie die Erfahrungen aus dieser Zeit für Ihre spätere Gründung nutzen? |Theresa Schwab überlegt kurz und antwortet anschließend| Ich meine nicht so richtig, da man, wenn man in einer Redaktion, arbeitet, sehr fest in den Ablauf eingebunden ist. Eher nein, würde ich sagen. Im Volontariat hatten wir ein Seminar, in dem es um die Selbstständigkeit ging. Im Seminar haben wir auch viele bürokratische Sachen gelernt, was schon ganz gut war. Aber ansonsten würde ich das nicht unbedingt sagen. Was ich aber natürlich durch die Erfahrungen im Volontariat und in den Praktika schon wusste: Ich weiß, wie der Ablauf bei einer Zeitschrift und bei einer Redaktion ist. Und dadurch wusste ich, dass man Themen vorschlagen muss oder der Ansprechpartner der Textchef ist.

Somit wusste ich schon paar Dinge mehr als jemand, der noch nie in diesem Bereich gearbeitet hat. Doch, das hatte mir dann schon geholfen.

Was waren die Gründe für Ihre Entscheidung zur Selbstständigkeit?

125

Analyse von Berufsgruppen

|Theresa Schwab| Ein ganz praktischer Grund war, dass ich in der Redaktion nicht übernommen wurde, weil es einfach keine Stelle gab. Aber ich hätte mich auch natürlich auch woanders bewerben können – habe ich aber nicht gemacht! Bei diesen Zeitschriften (es ist auch eine Moderedaktion gewesen und eine Modezeitschrift ist nochmal speziell) ist es so, dass sehr starke Hierarchien innerhalb des Unternehmens herrschen. Man ist wirklich der ‚kleine Praktikant‘ und dann noch der ‚kleine Volontär‘ und irgendwann wird man zum Redakteur.

Der Nächsthöhere auf der Hierarchieebene ist der Ressortleiter und zuletzt kommt der Textchef. Wenn man einen Text schreibt, dann geht dieser so ungefähr durch zehn Hände bzw. zehn Stationen und am Ende liest man sich den Text durch und muss sehen, dass nicht die Hälfte von einem selber ist.

Das hatte mich ein bisschen gestört.

Ich wollte ein bisschen freier arbeiten können, im Sinne von: meine eigenen Themen vorschlagen zu können, ohne dass das Thema von anderen besprochen wird. Um Punkt neun Uhr ging es los und um Punkt halb sieben sind alle gegangen. Und wenn man nichts zu tun hatte, musste man trotzdem die Zeit absitzen. Und das verstehe ich nicht! Wenn man in kreativen Berufen arbeitet, dann sollten keine starren Systeme herrschen. Es gibt Tage, an denen einem gute Ideen einfallen und an manchen Tagen wiederum ist man weniger einfallsreich. Ich finde es aus diesem Grund in Ordnung, wenn man mal eher früher Feierabend macht oder eventuell später arbeiten kommt. Oder vielleicht arbeite ich heute erst ganz spät nachts, weil mir jetzt gerade die ganz guten Sachen eingefallen sind.

Als eine Selbstständige bin ich keinem starren System und Hierarchien ausgesetzt, sondern kann für mich selber entscheiden – Wann mache ich die Arbeit? Wann setzte ich mich hin?

– Letztendlich muss ich meinen Abgabetermin einhalten und habe meistens noch einen Ansprechpartner, der mich betreut, wenn ich für einen Auftraggeber schreibe.

Die Hauptgründe, wieso ich selbstständig bin, sind, dass ich zum einen mehr Sachen von mir einbringen kann und zum anderen für verschiedene Auftraggeber arbeiten kann und nicht auf einen einzelnen Auftraggeber angewiesen bin. Bei der Elle habe ich natürlich fast nur über Mode geschrieben und jetzt habe ich ein bisschen meinen Radius erweitert. Ich arbeite in der Reife, ich habe Interviews mit Schauspielern gemacht. Ich habe auch natürlich noch weiterhin viel über Mode geschrieben, aber ich konnte verschiedene Themen machen, verschiedene Arten von Zeitschriften, auch online, print schreiben… Ich habe das Gefühl, dass ich vielfältiger arbeiten kann und früher war ich schon sehr eingeschränkt.

Was war die Motivation beziehungsweise die Ziele der Wahl zur Selbstständigkeit? |Theresa Schwab| Wirklich einfach freier arbeiten, mehrere Auftraggeber zu haben, in vielen unterschiedlichen Bereichen zu arbeiten und nicht so festgelegt zu sein. Nicht in strengen Hierarchien wie in einem Unternehmen zu arbeiten, sondern ja einfach freier zu sein wie ich arbeite – also die Art der Arbeit.

126

Analyse von Berufsgruppen

Welche Vorteile sehen Sie in der Selbstständigkeit? |Theresa Schwab| Ich kann mehr verdienen...also, ja, in meinem Bereich schon. Ich kann meinen Tagessatz selber bestimmen und ich kann auch selber bestimmen, wie viel ich arbeite.

Ah ja – was für mich ein sehr großer Punkt ist – da mein Mann auch nicht in München wohnt – dass ich flexibler bin, von wo ich aus arbeite. Ich muss zwar auch oft in Redaktionen sein, weil ich dann tageweise gebucht bin, aber es gibt viele Geschichten, die ich von zu Hause aus machen kann. Und ich finde das schon von Vorteil, weil ich meine Arbeitszeiten sowie meinen Arbeitsort flexibel bestimmen kann. Ich kann ebenso in einer anderen Stadt sein und von dort aus arbeiten.

Welche Leidenschaft sehen Sie in ihrem Beruf? „Das ist einfach das Schreiben – dass man so kreativ sein - kann über Worte und über Texte – das Auseinandersetzen mit aktuellen Themen!“ |Theresa Schwab erklärt begeistert weiter| Bei mir handelt es sich um konkreten Journalismus und bewegt sich alles im Lifestyle-Bereich. Ich kann einfach die Sachen, die die Leute jetzt beschäftigen, immer wieder in Themen aufgreifen. Es geht viel um Trends. Was kommt? Was ist jetzt angesagt? Man kann Vieles aus seinem eigenen Leben schöpfen und dann im besten Fall in gute Texte packen.

Was waren die Herausforderungen beim Einstieg in die Selbstständigkeit? |Theresa Schwab seufzt und antwortet| Einer der größten Herausforderungen war es, das Gehalt am Anfang verhandeln zu können. Ich hatte erst angefangen als Journalistin zu arbeiten und die meisten Auftraggeber wussten, dass ich noch ganz neu war. Sie versuchten immer wieder mir knappe Honorare aufs Auge zu drücken. Ich musste somit erst einmal herausfinden, wie viel ich überhaupt verlangen könnte. Bei welchem Auftraggeber kann ich mehr verlangen, bei welchem eher weniger? Ein weiterer Baustein war die ganze bürokratische Arbeit. Ich musste mich zunächst beim Arbeitsamt als Selbstständige melden, danach musste ich zum Finanzamt usw. Ich habe als Starthilfe ein Existenzgründungszuschuss vom Staat erhalten, aber musste dafür einen Businessplan schreiben, was ein Riesenaufwand war! Zudem musste ich als Selbstständige jeden Monat Rechnungen schreiben, was ich vorher auch nicht kannte! Wie viel Mehrwertsteuer kann ich berechnen? Für Journalistinnen gibt es auch noch spezielle Paragraphen, die berücksichtigt werden müssen, was ich natürlich auch noch nicht davor wusste und mich erstmal informieren musste. Das fand ich alles sehr anstrengend! |Sie fügt hinzu| Eine weitere Herausforderung war es natürlich auch, genügend Auftraggeber zu finden. Das geht meistens über Kontakte in diesem Bereich und es war auch ganz gut, dass ich ein paar Leute kannte, die mir ein paar Jobs vermittelt haben. Aber

127

Analyse von Berufsgruppen

natürlich muss man trotzdem schauen, dass man genügend Auftraggeber hat.

Was natürlich noch eine Herausforderung am Anfang ist und wofür man sich auch umstellen muss, ist, dass ein ganz anderer Rhythmus herrscht, wenn man von zu Hause aus arbeitet.

Man ist nicht mehr, wie bei einer Zeitschrift, in einem Team eingebunden, sondern ganz alleine auf sich gestellt und auch für sich alleine verantwortlich. Man hat einen Abgabetermin, der eingehalten werden muss, aber keiner sagt dir, dass du genau jetzt deine Arbeit machen musst. Man muss sehr diszipliniert sein und diese Eigenschaft erstmal lernen!

Haben Sie diese Schwierigkeiten besonders aufgrund des weiblichen Geschlechts wahrgenommen? |Theresa Schwab antwortet selbstbewusst und erklärt weiter| Nein, überhaupt nicht! Ich arbeite in einem Bereich, wo hauptsächlich Frauen tätig sind. Die Modebranche ist ein sehr spezieller Bereich und es ist normal, dass hier hauptsächlich Frauen arbeiten. Das war also überhaupt kein Thema! |Lachend fügt Theresa Schwab hinzu| Im Gegenteil, ich glaube sie hätten es eher sehr komisch gefunden, wenn ich keine Frau gewesen wäre – also kann ich mir gut vorstellen.

Was sind die größten Herausforderungen als Unternehmerin? |Theresa Schwab seufzt und antwortet| Eigentlich das, was ich bereits erwähnt habe. Das Honorarthema finde ich immer schwierig, wenn man für einen neuen Auftraggeber arbeiten

muss. Was wollen Sie denn pro Tag? Was haben Sie sich denn vorgestellt?

Da habe ich manchmal das Gefühl, dass ich viel mehr verlangen könnte, aber bin mir trotzdem oft unsicher, ob ich das wirklich machen kann. Das ist für mich das größte Thema, dass ich nicht so ganz weiß, wie weit und wie hoch ich mit den Honoraren gehen kann. Und ansonsten ist es für mich eine weitere Herausforderung zwischen den Aufträgen zu wählen, die das meiste Geld bringen und denen, die am meisten Spaß machen. Die Aufträge nämlich, die am meisten Spaß machen, bringen meistens das wenigste Geld. Aus diesem Grund denke ich, dass man für sich eine Balance finden muss: Ich arbeite für Dinge, die gut bezahlt sind, aber vielleicht nicht so spannend sind. Aber auf der anderen Seite, bearbeite ich trotzdem Themen, die mir vielleicht persönlich sehr Spaß machen, aber nicht das größte Geld bringen.

Zeit nach der Gründung: Sehen Sie einen Unterschied zu männlichen selbstständigen Kollegen bezüglich der Akzeptanz und der Reaktion des Umfeldes? „Nein, überhaupt nicht!“ |Theresa Schwab| Wie ich bereits schon erwähnt habe, arbeite ich nur mit Frauen. Wir haben einen männlichen Artdirector und das war es aber auch schon. Oftmals sagt man, dass in der Grafik oder in den technischen Bereichen auch Männer tätig sind.

Aber in den Redaktionen an sich sind kaum männliche Kollegen aufzufinden.

Wie waren Ihre Voraussetzungen bei der Gründung? Gab es Fördermög-

128

Analyse von Berufsgruppen

lichkeiten oder vorhanden?

war

Eigenkapital

|Theresa Schwab| Wie ich schon gesagt habe, habe ich den staatlichen Existenzgründungszuschuss als Starthilfe bekommen.

Hätten Sie sich zu dieser Zeit mehr Fördermöglichkeiten gewünscht? |Theresa Schwab erzählt zufrieden| Für mich persönlich hat es ausgereicht. Aber natürlich kommt es auch drauf an, wie viel man davor verdient hat. Als Volontärin habe ich natürlich nicht die Welt verdient. Aber es war schon so, dass die 60% von meinem Volontärgehalt, die ich vom Staat erhalten habe, vollkommen in Ordnung waren.

Hatten Sie zu dieser Zeit einen Mentor oder Ansprechpartner für Ihre Gründung? |Theresa Schwab| Nicht offiziell, aber es gab eine Person, die auch frei gearbeitet hat und sehr lange bereits dabei war. Sie hat mir wirklich sehr viele Jobs vermittelt und diese Person würde ich als meine damalige Mentorin bezeichnen.

Wie hat sich die Selbstständigkeit seit der Gründung entwickelt?

durch den einen oder anderen Job per Weiterempfehlung wiederum an neue Jobs gelange.

Sind Sie mit dem aktuellen Stand der Selbstständigkeit zufrieden? |Theresa Schwab antwortet rasch| Ja, genau! Das bin ich.

Besteht eine Zufriedenheit mit der finanziellen Entwicklung? |Theresa Schwab| Ich muss sagen, dass ich ziemlich schnell gut verdient habe, aber es hat sich dann nicht mehr gesteigert. Ich würde sagen, dass ich in den letzten drei bis vier Jahren fast gleich verdient habe. Jetzt habe ich nun das Gefühl, dass irgendwo hier die Grenze ist. Es wird sich auch, denke ich, nicht mehr finanziell wahnsinnig weiterentwickeln.

Würden Sie sich nochmal selbstständig machen? |Theresa Schwab antwortet direkt ohne zu überlegen| Ja, das würde ich machen!

Gab es hilfreiche Netzwerke, beziehungsweise sind Sie Mitglied einer Interessensvertretung/ Kammer/ Verband? |Theresa Schwab| Nein, bin ich nicht.

|Theresa Schwab| Eigentlich ganz gut. Ich habe bereits regelmäßige Arbeitgeber, die mich immer wieder buchen und für die ich auch regelmäßig arbeite. Was ganz gut ist, da man dadurch eine Sicherheit hat. Es kommen viele Aufträge rein und wiederum gibt es Aufträge, die nur einmalig sind. Es läuft auf jeden Fall so, dass ich genügend zu tun habe und dass ich immer wieder eigentlich

Haben Sie Tipps für junge Unternehmerinnen: was würden Sie heute anders machen? |Theresa Schwab| Ich persönlich finde, wenn jemand unzufrieden ist in einem Unternehmen, dann sollte die Person es auf jeden Fall ausprobieren.

Vielleicht klappt es nicht, aber man hat die Möglichkeit sich mehr zu entfalten

129

Analyse von Berufsgruppen

und sich, indem was man gut kann, noch mehr auszuleben. |Theresa Schwab fügt erklärend hinzu| Ansonsten ist der größte Tipp, den ich geben kann: Kontakte knüpfen!

Man braucht ein gutes Netzwerk, um in dieser Branche präsent zu bleiben und immer wieder an neue Jobs zu gelangen. Die Jobangebote werden oftmals über private Kontakte vermittelt, die einen dann weiterempfehlen. „Das wichtigste ist es sich ein gutes Netzwerk aufzubauen.“

130

Analyse von Berufsgruppen

Wirtschaftsjournalismus Interview mit Frau Ernst

–

Wirtschaftsjournalistin Eva Elisabeth Ernst Eva Elisabeth Ernst ist seit 1991 als freie Wirtschaftsjournalistin in München tätig. Als Wirtschaftsjournalistin schreibt sie überwiegend für Fachpublikationen, die sich an mittelständige Unternehmen richten.

Heute arbeitet sie, seit März 2015, neben dem Journalismus auch als Dozentin an der Hochschule in Landshut und hält Vorträge aus dem Bereich Pressearbeit für den Mittelstand.

Im Interview erzählt Frau Ernst von ihren persönlichen Erfahrungen als Selbstständige und gibt Einblicke in ihre berufliche Situation.

Wie verlief Ihr Werdegang vor der Selbstständigkeit? |Eva Elisabeth Ernst| Nach meinem mittleren Bildungsabschluss habe ich eine Berufsausbildung zur Industriekauffrau absolviert und anschließend meine Allgemeine Hochschulreife auf der Berufsoberschule Wirtschaft nachgeholt. Ich habe Betriebswirtschaftslehre an der Hochschule München studiert. Nachdem ich mein Studium erfolgreich abgeschlossen hatte, war ich ca. drei Jahre lang als „Dealer Marketing Specialist“ bei der Compaq Computer GmbH tätig.

Eva Elisabeth Ernst ist bereits seit über 20 Jahren im Journalismus tätig.

Konnten Sie die Erfahrungen aus dieser Zeit für Ihre spätere Gründung nutzen? |Ohne zu überlegen antwortet Eva Elisabeth Ernst| Ja. Was waren die Gründe für Ihre Entscheidung zur Selbstständigkeit? |Eva Elisabeth Ernst| Ich hatte meinen Job bei der Compaq Computer GmbH gekündigt, ohne bereits eine neue Stelle zu haben.

Was war die Motivation beziehungsweise die Ziele der Wahl zur Selbstständigkeit? „Das Schreiben macht mir sehr viel Spaß und die Selbstständigkeit verschafft mir mehr zeitliche Freiräume.“

131

Analyse von Berufsgruppen

Welche Vorteile sehen Sie in der Selbstständigkeit? |Eva Elisabeth Ernst| Wie ich bereits erwähnt habe, habe ich als Selbstständige ein Übermaß an Freiheit und kann meine Arbeitszeit so einteilen, wie gerne ich das möchte. Außerdem liegt die Entscheidungshoheit über bestimmte Projekte bei mir selber! Ich kann auch für mich selber entscheiden, wie und wie viel ich arbeiten möchte.

Welche Leidenschaft sehen Sie in ihrem Beruf? |Die Wirtschaftsjournalistin erzählt begeistert| Ich habe sehr viel Spaß am kreativen Verfassen von Texten.

Außerdem habe ich meine Kunden und arbeite für sie anstatt für irgendwelche Vorgesetzte. |Sie fügt hinzu| „Ich denke auch, dass die Selbstständigkeit im hohen Maß die Chance zur Selbstverwirklichung bietet.“ Was waren die Schwierigkeiten bei der Gründung der Selbstständigkeit? |Eva Elisabeth Ernst antwortet selbstbewusst| Ich hatte keine Schwierigkeiten zu bewältigen.

Haben Sie Unterstützung die Familie erhalten oder besteht ein familiärer Hintergrund bei Ihrer Selbstständigkeit? |Eva Elisabeth Ernst| Nein, ich habe keine Unterstützung erhalten.

Zeit nach der Gründung: Sehen Sie einen Unterschied zu männlichen

selbstständigen Kollegen bezüglich der Akzeptanz und der Reaktion des Umfeldes? „Ich denke, dass meine männlichen Kollegen es im Bereich des Journalismus etwas einfacher haben.“ Wie waren Ihre Voraussetzungen bei der Gründung? Gab es Fördermöglichkeiten oder war Eigenkapital vorhanden? |Eva Elisabeth Ernst| Ich habe mich bei der Anfangsphase durch mein Eigenkapital finanziert.

Hätten Sie sich zu dieser Zeit mehr Fördermöglichkeiten gewünscht? |Elisabeth Nein.

Ernst

antwortet

kurz|

Hatten Sie zu dieser Zeit einen Mentor oder Ansprechpartner für Ihre Gründung? |Eva Elisabeth Ernst| Ja, mein Ansprechpartner war mein damaliger Chef, der mir auch die ersten Aufträge gab.

Wie hat sich die Selbstständigkeit seit der Gründung entwickelt? |Eva Elisabeth Ernst| Ja, sie hat sich gut entwickelt.

Sind Sie mit dem aktuellen Stand der Selbstständigkeit zufrieden? |Eva Elisabeth Ernst antwortet| Grundsätzlich bin ich schon zufrieden.

Die finanzielle Entwicklung im Journalismus ist eher mau, aber dafür hat man ein hohes Maß an Freiheiten.

132

Analyse von Berufsgruppen

Würden Sie sich nochmal selbstständig machen? |Eva Elisabeth Ernst| Ja, das würde ich machen.

Gab es hilfreiche Netzwerke, beziehungsweise sind Sie Mitglied einer Interessensvertretung/ Kammer/ Verband? |Eva Elisabeth Ernst| Ich bin Mitglied bei der Gewerkschaft VerDi. Haben Sie Tipps für junge Unternehmerinnen: was würden Sie heute anders machen? „Journalismus ist eine feine Sache.

Wichtig ist jedoch nicht nur das journalistisches Know-how, sondern auch der fachliche Hintergrund, plus - natürlich - die absolute Zuverlässigkeit. |Erklärend führt sie dann fort| Ich würde mich eher als Beraterin positionieren und skalierbare Dienstleistungen anbieten. Als Einzelkämpferin sind die Chancen, ein höheres Einkommen zu erzielen, sehr limitiert. Sehr empfehlenswert ist es auch, um das Renommee zu steigern, Lehraufträge an Hochschulen zu geben. Finanziell ist diese Option aber nicht lukrativ.

133

Analyse von Berufsgruppen

4.2.7 Freie Berufe in der Gesundheitsbranche Der Gesundheitssektor umfasst sehr viele unterschiedliche Berufsgruppen: Die Berufsgruppen der Untergliederungspunkte eins bis fünf sind freie Berufe der Gesundheitsbranche, die dazu verpflichtet sind, sich in der jeweiligen berufsabhängigen Kammer als Mitglied zu registrieren. Die Untergliederungspunkte sechs bis zwölf betrachten Verbände und Vereine, die auf freiwilliger Basis eine Interessensvertretung der jeweiligen berufsbezogenen Gruppierungen vertreten. Hier ist darauf hinzuweisen, dass sich in der jeweiligen Interessensvertretung mit großer Wahrscheinlichkeit nicht alle aktiven Berufsausübenden als freiwillige Mitglieder gemeldet haben. Im Folgenden werden Ergebnisse der Recherche in den verkammerten Berufen erläutert. Es wird allerdings darauf hingewiesen, dass hier auch Interessensvertretungen kontaktiert wurden. Zur besseren Übersicht werden diese Ergebnisse ebenfalls in diesem Abschnitt erläutert. Für die akademischen Berufe werden nach der Betrachtung der Berufsgruppe komprimiert die jeweiligen aktuellen Studierendenanzahlen des jeweiligen Studiengangs aufgezeigt. Daraus lassen sich grobe Prognosen über die zukünftige Entwicklung der weiblichen Selbstständigkeit in Bayern erstellen.

4.2.7.1

Ärztinnen

Bayerische Landesärztekammer Die Bayerische Landesärztekammer (BLÄK) ist, gemeinsam mit den Kreis- und Bezirksverbänden in Bayern, die gesetzliche Bundesvertretung aller in Bayern berufstätigen Ärzte und Ärztinnen (vgl. BLÄK 2015). Unter anderem umfassen die Aufgaben der BLÄK die Überwachung der Erfüllung ärztlicher Berufspflichten und die Beteiligung an der öffentlichen Gesundheitspflege (vgl. BLÄK 2015). Auf Nachfrage konnte die bayerische Landesärztekammer keine Aussagen über die Mitglieder treffen bzw. Daten an das Projektteam aushändigen. Durch weitere Nachforschungen konnte schließlich erreicht werden, in einige Statistiken der BLÄK Einsicht zu erhalten. Diese liegen dem Projektteam in digitaler Form vor und sind auf den Stichtag des 29.12.2014 datiert. Anhand dieser Daten konnte folgende Tabelle erstellt werden: Tätigkeitsbereich: Ambulant/Praxis 1 Allgemeinärzte 2 Praktische Ärzte Ärzte mit Facharztbe3 zeichnung (ohne 1) Ärzte ohne Facharzt4 bezeichnung

20.971 5.194 965

% männlich 65,63% 68,21% 44,97%

% weiblich 34,37% 31,79% 55,03%

% Bereich 100,00% 24,77% 4,60%

4.334

13.699

68,36%

31,64%

65,32%

691

1.113

37,92%

62,08%

5,31%

männlich

weiblich

Gesamt

13.764 3.543 434

7.207 1.651 531

9.365 422

Tabelle 5: Verteilung von selbstständigen Ärzten und Ärztinnen in Bayern (Quelle: eigene Darstellung)

Es wird ersichtlich, dass sich im betrachteten Tätigkeitsbereich Ambulant/Praxis in Summe lediglich 34,37% der Ärztinnen mit einer Praxis selbstständig machen. Der

134

Analyse von Berufsgruppen

Titel „Praktischer Arzt“ wird seit der Weiterbildungsordnung 1992 nicht mehr neu vergeben. Es ist Ärzten, die diesen Titel vor dem 01. Januar 1990 erhalten und keine fachärztliche Weiterbildung absolviert haben, dennoch gestattet, diesen Titel heute noch zu tragen. Diese Erläuterung erklärt die sehr geringe Anzahl Praktischer Ärzte.

Zusätzlich zu den Daten über selbstständige Ärzte und Ärztinnen konnten aus den erhaltenen Statistiken Zahlen ermittelt werden, die das Geschlechterverhältnis in den einzelnen Regionen Bayerns wiederspiegeln: 5000 4500 4000 3500 3000 2500 2000 1500 1000 500 0

2830 1813

1897 1162

934

1551

1038

1104

442

477

505

Selbstständige Ärztinnen

1326 834

594

Selbstständige Ärzte

Abbildung 36: Geschlechtsverhältnis der Berufsgruppe Ärzte nach Regionen (Quelle: eigene Darstellung)

Die Abbildung lässt erkennen, dass in allen bayerischen Regionen ca. ein Drittel der Praxen von selbstständigen Ärztinnen geführt werden.

Die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns Die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns stellt die ambulante Gesundheitsversorgung im Freistaat Bayern sicher (vgl. KVB 2015). Bei Nachfrage nach relevanten Daten im Rahmen der Studie wurde das Projektteam auf die Versorgungsatlanten, welche im Download-Bereich der Homepage zu finden sind, verwiesen. Weiteres Zahlenmaterial konnte hier nicht ausgehändigt werden. Nach ausführlicher Begutachtung der Versorgungsatlanten musste allerdings festgestellt werden, dass sich die enthaltenen Fakten für die vorliegende Projektstudie als nicht relevant erwiesen. Die betrachteten Ärzte in Bayern wurden dabei nicht in selbstständige und angestellte Ärzte unterteilt, sondern alle zugelassenen, angestellten und ermächtigte Ärzte in Summe betrachtet.

Der deutsche Ärztinnenbund e.V. Die Berufsgruppe der Ärztinnen und Zahnärztinnen schließt sich in einer deutschlandweiten Interessenvertretung, dem Deutschen Ärztinnenbund e.V. (DÄB), zu-

135

Analyse von Berufsgruppen

sammen. Bei dem Versuch, für das Projekt unterstützende Daten zu erhalten, wurden die mehrmaligen telefonischen und schriftlichen Anfragen nicht erwidert, sodass hier bedauerlicherweise kein quantitatives Zahlenmaterial oder qualitative Informationen im Rahmen eines Interviews resultieren.

Aktuelle Zahlen Studierender Im Wintersemester 2014/2015 studierten 13.861 Studenten Humanmedizin im Freistaat Bayern. Von dieser Summe sind 8.321 Frauen, was einem Prozentanteil von 60% entspricht (vgl. Bayerisches Landesamt für Statistik 2015a). Zum betrachteten Wintersemester haben 2.167 angehende Ärzte das Studium begonnen (vgl.

Bayerisches Landesamt für Statistik 2015a). Der Frauenanteil lag hier bei 59,6%. Der Anteil an weiblichen Ärzten wird demnach zukünftig ansteigen. Es kann daraus aber nicht unmittelbar geschlussfolgert werden, dass sich die Anzahl selbstständiger Ärztinnen ebenfalls erhöhen wird.

136

Analyse von Berufsgruppen

Medizin – Interview mit Frau Dr. Mikorey-Lechner

Ärztin Dr. med. Susanne Mikorey-Lechner (Autorin Sandrina Rosenkränzer)

Dr. med. Susanne Mikorey-Lechner, ist promovierte Gynäkologin und gründete 1993 gemeinsam mit einem Kollegen ihre Gemeinschaftspraxis in München Die Ärztin und Mutter von zwei bereits erwachsenen Kindern gibt in diesem Interview einen Einblick in ihre Selbstständigkeit.

Wie verlief Ihr Werdegang vor der Selbstständigkeit? |Dr. med. Susanne Mikorey-Lechner| Ich habe eine klassische Medizinlaufbahn absolviert: zuerst habe ich mein Studium abgeschlossen. Anschließend war ich langjährig (15 Jahre) an der Uniklinik als Angestellte, bis hin zur leitenden Oberärztin, tätig. Zudem habe ich an der Uniklinik viele stark prägende persönliche Erlebnisse gemacht, die meine Berufswahl bestärkt haben.

Konnten Sie die Erfahrungen aus dieser Zeit für Ihre spätere Gründung nutzen? „Ja. Alle medizinischen, menschlichen vor allem aber auch die chirurgischen Erfahrungen.“ Was waren die Gründe für Ihre Entscheidung zur Selbstständigkeit?

Dr. med.

Susanne MikoreyLechner ist leidenschaftliche Ärztin: „Der tiefe Glaube an das Leben und das Helfen prägt das ganze Leben.“

|Dr. med. Susanne Mikorey-Lechner| Meinen Entschluss zur Selbstständigkeit habe ich unter anderem aufgrund meines Hundes getroffen: der ausgiebige Morgenspaziergang dauerte länger, sodass ich, von meinem damaligen Chef ungerechtfertigter Weise gerügt wurde. Dies störte mein Gerechtigkeitsempfinden so sehr, dass ich meinen Entschluss für meine eigene Praxis unmittelbar getroffen habe. |Sie fügt hinzu| Es hat mich von jeher herausgefordert, wenn jemand gesagt hat: „Das geht nicht.“ Das weckt meinen Widerspruchsgeist und ich suche nach einer Lösung.

Welche Vorteile sehen Sie in der Selbstständigkeit? „Die Unabhängigkeit bzw. Autonomie und auch die Verantwortung für eigene Entscheidungen übernehmen zu können, sind für mich große Vorteile.“ |Dr. med. Susanne Mikorey-Lechner fügt hinzu| Und ich schätze es, aus einer Vielzahl von Möglichkeiten, selbst die Richtige auszuwählen.

Letztendlich also das zu tun, was einen wirklich interessiert!

137

Analyse von Berufsgruppen

Welche Leidenschaft sehen Sie in Ihrem Beruf? „Bereits durch die Großmutter wurde meine Leidenschaft zum Helfen geweckt. Der tiefe Glaube an das Leben und das Helfen prägt das ganze Leben.“ Was waren die Herausforderungen beim Einstieg in die Selbstständigkeit? |Die Ärztin antwortet nüchtern| Der naive Glaube, die Patienten retten zu können.

Was waren die Schwierigkeiten bei der Gründung? |Dr. med. Susanne Mikorey-Lechner| Für mich war es zu Beginn eine große Herausforderung, den richtigen Standort für die Praxis zu finden.

Haben Sie Schwierigkeiten besonders aufgrund des weiblichen Geschlechts wahrgenommen? „Medizin ist altmodisch und hierarchisch: Frauen haben in dieser Branche Nachteile!“ |Dr. med. Susanne Mikorey-Lechner antwortet direkt| Frauen werden in der universitären Karriere übergangen.

Nach dem Studium sind für eine Karriere vor allem ein guter Hintergrund und gute Rahmenbedingungen erforderlich. „Geschlechterspezifische Einschränkungen habe ich bei der Gründung nicht erlebt.“ |Sie fügt hinzu| Eher davor im Krankenhaus: junge Ärztinnen sind starke Interessensobjekte, vor allem

von älteren Kollegen. Zudem werden Ärztinnen nicht gleichberechtigt behandelt.

Was sind die größten Herausforderungen als Unternehmerin? „Für mich ist der wirtschaftliche oder unternehmerische Aspekt eine Herausforderung, da ich keinerlei Vorwissen habe.“ |Dr. med. Susanne Mikorey-Lechner| Die Herausforderungen im medizinischen Bereich sind die Betreuung des ersten Wochenbettes und einige herausfordernde chirurgische Eingriffe.

Haben Sie Unterstützung durch die Familie erhalten oder besteht ein familiärer Hintergrund bei Ihrer Selbstständigkeit? |Dr. med. Susanne Mikorey-Lechner| Ein familiärer Hintergrund besteht nicht. Aber bei der Praxisgründung hat meine Familie die erste Ausstattung mitfinanziert und auch meine Selbstständigkeit mit begleitet.

Die Zeit nach der Gründung: Sehen Sie einen Unterschied zu männlichen selbstständigen Kollegen bezüglich der Akzeptanz und der Reaktion des Umfeldes? |Die Ärztin antwortet| In diesem speziellen Umfeld als Gynäkologin und Geburtshelferin, sind Ärztinnen für Frauen die bevorzugten Ansprechpartnerinnen. Ein Mann ist für dieses Feld eigentlich „nicht passend“. Aus diesem Grund befinde ich mich hier in der akzeptierteren Rolle.

138

Analyse von Berufsgruppen

Wie hat sich die Selbstständigkeit seit der Gründung entwickelt? |Dr. med. Susanne Mikorey-Lechner| Die größten Herausforderungen waren vor allem, dass die Praxis dreimal durch Fremdverschulden, zum Teil auch durch betrügerische Delikte, vor einem finanziellen Neuanfang stand.

Haben Sie Tipps für junge Unternehmerinnen, die sich besonders als Ärztin selbstständig machen wollen? „Meine Empfehlung lautet: Tue nichts, wo Du nicht dahinter stehen kannst und vertraue Deiner Intuition!“

139

Analyse von Berufsgruppen

4.2.7.2

Zahnärztinnen

Die Zahnärzte und Zahnärztinnen in Bayern müssen sich als Pflichtmitglieder in der Bayerischen Landeszahnärztekammer (BLZK) registrieren. Die BLZK ist die gesetzliche Berufsvertretung aller in Bayern tätigen Zahnärzte (vgl. BLZK 2015). Folgende Daten konnten durch die BLZK ermittelt werden: Insgesamt sind 4.711 selbstständige Zahnärztinnen in der Bayerischen Landeszahnärztekammer ein eingetragenes Mitglied. Die Altersstruktur gestaltet sich hierbei wie folgt: 1% 17% 30%

unter 25 26-35 36-45 46-55

25%

über 56 27%

Abbildung 37: Altersstruktur der Zahnärztinnen in Jahren (Quelle: eigene Darstellung)

Die Tatsache, dass lediglich 1% der unter 25-jährigen Zahnärztinnen selbstständig ist, ist besonders darauf zurück zu führen, dass das Studium der Zahnmedizin eine Regelstudiendauer von elf Fachsemestern beträgt. Neben der prozentualen Altersverteilung konnte die BLZK auch Informationen über die Regionen, in denen die Mitgliederinnen ihren Praxissitz haben, geben: 2500 2000 1500 1000 500 0

Abbildung 38: Anzahl der Zahnärztinnen nach bayerischen Regionen (Quelle: eigene Darstellung)

140

Analyse von Berufsgruppen

Es ist deutlich erkennbar, dass vor allem in Oberbayern besonders viele Zahnärztinnen selbstständig in einer eigenen Praxis tätig sind. Ein Grund dafür ist mit Sicherheit einerseits die Größe Oberbayerns im Verhältnis zu den anderen Regierungsbezirken und andererseits die Einwohnerdichte pro Quadratkilometer, welche ebenfalls in dieser Region am höchsten ist.

Aktuelle Zahlen Studierender Im Wintersemester 2014/2015 haben in Bayern insgesamt 2.544 Studenten Zahnmedizin studiert, darunter 1.661 Frauen (vgl. Bayerisches Landesamt für Statistik 2015a). Das entspricht einer Quote von 65,3% weiblicher Zahnmedizin-Studentinnen.

Das Studium im Wintersemester 2014/2015 haben dabei insgesamt 292 Studenten aufgenommen, hier liegt der Studentinnen-Anteil bei 67,5% (vgl. Bayerisches Landesamt für Statistik 2015a). Der Anteil an selbstständigen Zahnärztinnen könnte den vorliegenden Studierendenzahlen zufolge in Zukunft weiter ansteigen, sofern sich diese nach Approbation nicht in ein Angestellten-Verhältnis begeben.

4.2.7.3

Tierärztinnen

Bayerische Landestierärztekammer Die Bayerische Landestierärztekammer (BLTK) verkörpert die gesetzliche Berufsvertretung aller bayerischer Tierärzte und Tierärztinnen (vgl. BLTK 2015). Aufgrund dessen, dass Tiermediziner als Pflichtmitglieder in dieser Kammer registriert sein müssen, wurde die BLTK mit der Bitte um Unterstützung bei dieser Projektstudie kontaktiert. Die Bayerische Landestierärztekammer konnte einige Daten veröffentlichen. Insgesamt zählt die Kammer 1.134 selbstständige Tierärztinnen in Bayern. Die Altersstruktur sieht dabei wie folgt aus: 0% 8% unter 25

26%

26-35 28%

36-45 46-55 über 56

38%

Abbildung 39: Altersstruktur der Tierärztinnen in Jahren (Quelle: eigene Darstellung)

Es ist mit Sicherheit dem langen Studium mit elf Fachsemestern zu zuschreiben, dass es bei den unter 25-jährigen keine selbstständigen Tierärztinnen gibt. Dement-

141

Analyse von Berufsgruppen

sprechend ist hinzuzufügen, dass alle 1.134 Kammermitgliederinnen eine akademische Ausbildung abgeschlossen haben und approbierte Ärztinnen sind. Es konnten, neben der Altersstruktur, ebenso über praktizierende selbstständige Tierärztinnen in den unterschiedlichen bayerischen Regionen Datenmaterial bezogen werden: 700 585

600 500 400 300 200 100

96

104

135 61

77

76

0

Abbildung 40: Anzahl der Tierärztinnen nach bayerischen Regionen (Quelle: eigene Darstellung)

Ähnlich wie bei den Zahnärztinnen, kann interessanterweise festgestellt werden, dass mit Abstand die meisten Tierärztinnen im Regierungsbezirk Oberbayern eine Praxis gründeten.

142

Analyse von Berufsgruppen

Bundesverband Praktizierender Tierärzte e.V. Der Bundesverband Praktizierender Tierärzte e.V. (bpt) verfolgt die Intention, die beruflichen, wirtschaftlichen und sozialen Interessen der Mitglieder deutschlandweit zu wahren (vgl. bpt 2015). Eine Maßnahme, die der bpt neben zahlreichen anderen durchführt, ist die Analyse des Berufsfeldes praktizierender Tierärzte (vgl. bpt 2015).

Erfreulicherweise konnte die Leiterin des Verbandsmarketings und der internen Kommunikation des btp, Zahlenmaterial für die Projektstudie ermitteln und freigeben.

Demnach gibt es in der Landesvertretung Bayern insgesamt 737 selbstständige Mitglieder. Das Geschlechterverhältnis gestaltet sich dabei wie folgt:

Tierärztinnen 33% Tierärzte 67%

Abbildung 41: Prozentuales Verhältnis von männlichen und weiblichen Tierärzten (Quelle: eigene Darstellung)

Von der Gesamtsumme der selbstständigen Mitglieder sind 493 männliche Tierärzte in eigener Praxis tätig, wohingegen nur 244 Tierärztinnen eine eigene Praxis führen.

Dieses Zahlenverhältnis sollte allerdings nicht überbewertet werden. Ein wesentlicher Grund dafür lautet: in einem freiwilligen Verband sind nur in seltensten Fällen 100% der Menschen, die diesen Beruf ausüben. Dementsprechend sind hier die Daten der Bayerischen Landestierärztekammer als realitätsgetreuer zu betrachten.

Aktuelle Zahlen Studierender Zum Schluss der betrachteten Berufsgruppe der Tierärzte werden auch hier die Studierenden in Bayern begutachtet. Im Wintersemester 2014/2015 studierten 1.864 angehende Tiermediziner Veterinärmedizin an einer bayerischen Universität (vgl.

Bayerisches Landesamt für Statistik 2015a). Hier liegt ein hoher Anteil weiblicher Studentinnen von 86% vor, denn 1.604 von dieser gesamten Studentenanzahl sind weiblich. Dieser Trend wird von den Studierenden, die im Wintersemester 2014/2015 ihr Studium begonnen haben mit einer gering höheren Quote von 88% fortgeführt: Von 352 Erstsemestern sind 301 angehende Tiermedizinerinnen (vgl. Bayerisches Landesamt für Statistik 2015a). Diese Zahlen sprechen im weitesten Sinn für eine Zunahme von Tierärztinnen in den nächsten Jahren. Ob damit ebenfalls die Zahl der selbstständigen Veterinärmedizinerinnen steigt, bleibt abzuwarten und in der Zukunft zu überprüfen.

143

Analyse von Berufsgruppen

4.2.7.4

Apothekerinnen

Bayerische Landesapothekerkammer Die Bayerische Landesapothekerkammer (BLAK) vertritt ca. 14.000 männliche und weibliche Apotheker in Bayern (darunter Selbstständige und Angestellte, die in öffentlichen Apotheken, Krankenhäusern, in der Industrie, Wirtschaft und Forschung tätig sind) und ist die Selbstverwaltung des Berufsstandes (vgl. BLAK 2015a). Daraus ergeben sich unter anderen die Aufgaben der Überwachung über die Erfüllung der Berufspflichten und selbstverständlich die Vertretung der Apotheker hinsichtlich politischer und gesellschaftlicher Belange (vgl. BLAK 2015a).

Die Ansprechpartnerin des BLAK konnte auf die angefragten benötigten Daten nicht zurückgreifen. Sie verwies auf die statistischen Daten aus dem Jahr 2014. Bedauerlicherweise stellten sich diese Daten als – für die vorliegende Projektstudie – kaum repräsentatives Zahlenmaterial heraus. In der nachfolgenden Abbildung wird ersichtlich, dass sich die Kammermitglieder in ihrer Gesamtheit seit 1988 mehr als verdoppelt haben (vgl. BLAK 2015b).

16000 14000 12000

10151 10459

10000 8000

6579

7072 7436

8283

11160 11628

12154

12686

13443

14254

9143

6000 4000 2000 0 1988 1990 1993 1995 1997 1999 2001 2002 2004 2006 2009 2011 2014 Abbildung 42: Entwicklung der Apotheker-Kammermitglieder gesamt in Bayern (Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an BLAK 2015b)

Die Zusammensetzung der Kammermitglieder gestaltet sich dabei wie folgt: Apothekenleitung Kammermitglieder insgesamt

Männer 1.551

% 10,9%

Frauen 1.182

% 8,3%

insgesamt 2.733

% 19,2%

4.923

34,5

9.331

65,5%

14.254

100,0%

Tabelle 6: Verteilung der Kammermitglieder des BLAK (Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an BLAK 2015b)

Von insgesamt 14.254 Mitgliedern sind knapp 20% Registrierte (in Zahlen 2.733) als selbstständige Apothekenleiter oder Apothekenleiterinnen tätig. Die restlichen nicht abgebildeten 80%, sind Mitglieder, wie beispielsweise Angestellte, Bundeswehrapotheker oder wissenschaftliche Apotheker, welche im Rahmen der Studie nicht im Fokus stehen und daher nicht in die Tabelle aufgenommen wurden. Im Detail setzt

144

Analyse von Berufsgruppen

sich die Zahl der selbstständigen Apothekenleitung aus 1.551 männlichen und 1.182 weiblichen Apothekenbesitzern zusammen. Der weibliche Selbstständigen-Anteil entspricht dementsprechend ca. 43%.

Bayerische Apothekerverband e.V. Bei der Berufsgruppe der Apotheker wurde ebenfalls neben der berufsständigen Kammer auch ein Verein um Datenmaterial gebeten. Der Bayerische Apothekerverband e.V. verfolgt das Ziel, sowohl auf Landes- als auch auf Bundesebene, die Interessen des Apothekerberufs zu wahren (vgl. BAV 2015).

Die Daten, die der Projektgruppe hier zur Verfügung gestellt wurden, sind sehr interessant, jedoch eher allgemein auf Bayern und geschlechtsunspezifisch zu betrachten. Der stellvertretende Geschäftsführer konnte lediglich per Email Angaben machen: Er gab an, dass der Umsatz von Apotheken immer über € 100.000 pro Jahr liegt und der durchschnittliche Umsatz einer Apotheke im Jahr 2014 bei knapp € 2 Mio. lag. Zur Mitarbeiteranzahl traf er die Aussage, dass ein Großteil der Apotheken unter zehn Vollzeitangestellte beschäftigen. Hinsichtlich der Qualifikation traf der stellvertretende Geschäftsführer die Aussage, dass alle selbstständigen Apotheker eine Approbation besitzen, die nur über ein Studium der Pharmazie zu erwerben ist.

Zum Schluss wies er darauf hin, dass als Rechtformen einer Apotheke lediglich eine Offene Handelsgesellschaft oder die Bezeichnung des eingetragenen Kaufmanns bzw. der Kauffrau zulässig sind. Das bedeutet, dass die Inhaber einer Apotheke komplett mit dem eigenen Vermögen haften.

Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) Zusätzlich zur Kammer und dem zuvor genannten Verein wurde auch die Bundesvereinigung Deutscher Apothekenverbände (ABDA) um Unterstützung gebeten. Die ABDA ist eine Spitzenorganisation aller männlichen und weiblichen Apotheker in Deutschland (vgl. ABDA 2015a). Zu ihren Mitgliedern zählen die 17 Landesapothekerkammern und 17 Landesapothekerverbände (vgl. ABDA 2015a). Die nun folgenden detaillierten Daten konnten dem Projektteam erfreulicherweise zur Verfügung gestellt werden. In Bayern sind 1.152 selbstständige Apothekerinnen in der ABDA als Mitglied registriert. Dieser Wert entspricht einer Quote selbstständiger Apothekerinnen von 42%.Die folgende Abbildung stellt dieses Verhältnis grafisch dar.

Apothekerinnen 42% Apotheker 58%

Abbildung 43: Prozentuales Verhältnis von männlichen und weiblichen Apothekern (Quelle: eigene Darstellung)

145

Analyse von Berufsgruppen

In der nachfolgenden Darstellung wird die Altersstruktur der Apothekerinnen veranschaulicht. Hierbei ist darauf hinzuweisen, dass die Peer-Groups von der ABDA geändert wurden. Die Altersgruppen werden im Spitzenverband anders erhoben als es die Projektgruppe zu Beginn des Projekts definierte.

11%

10% unter 31 31-40

21%

26%

41-50 51-60 über 61

32%

Abbildung 44: Altersstruktur der Apothekerinnen in Jahren (Quelle: eigene Darstellung)

Die ABDA hat zudem die Aussage getroffen, dass 100% der betrachteten selbstständigen Apothekerinnen im Vollerwerb tätig sind. Da eine Voraussetzung für die Approbation zur Apothekerin ein abgeschlossenes Studium der Pharmazie ist, weisen ebenso 100% eine akademische Ausbildung auf. Zuletzt wurde der Projektgruppe die Information übermittelt, dass die Mitarbeiteranzahl von selbstständigen Apothekerinnen im Durchschnitt überwiegend unter 10 Mitarbeitern liegt.

Um einen tieferen Einblick in die Berufsgruppe der Apotheker und Apothekerinnen zu bekommen, werden abschließend relevante und interessante Informationen gegeben. Die folgende Tabelle zeigt die Entwicklung der Apotheken in Deutschland in den vergangenen 25 Jahren: Apothekenzahl (inkl. Filialapotheken) davon Haupt-/ Einzelapotheken Filialapotheken Neueröffnungen Schließungen Apothekenentwicklung

1990

1995

2000

2005

2010

2011

2012

2013

2014

19.898

21.119

21.592

21.476

21.441

21.238

20.921

20.662

20.441

19.898

21.119

21.592

20.248

17.963

17.577

17.068

16.661

16.269

1.228

3.478

3.661

3.853

4.001

4.172

184 501 -317

174 433 -259

163 384 -221

-

372 187 326 263 221 156 185 242 370 424 +216 +2 +84 -107 -203 Tabelle 7: Apothekenentwicklung in Deutschland (Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an ABDA 2015b)

Aus der oben dargestellten Tabelle wird ersichtlich, dass die Anzahl der Apotheken deutschlandweit seit 2010 abnimmt. Ursächlich dafür sind einerseits der Wettbewerb untereinander, andererseits auch die gesundheitlichen Rahmenbedingungen (vgl.

ABDA 2015b). Dieser Aspekt fundiert die Aussage von Frau Bettina Colombo-Egerer im anschließenden Interview.

146

Analyse von Berufsgruppen

Auch wenn die folgenden Informationen sich auf Deutschland beziehen und nicht nach dem Geschlecht unterscheiden, sind diese relevant, um sich einen Überblick über die Berufsgruppe der Apotheker und Apothekerinnen zu machen: Im Jahr 2014 sind 16.269 Apotheker selbstständig tätig. Diese Zahl ist, wie oben aus der Tabelle zu entnehmen, in den vergangen Jahren stetig gesunken. Dabei wurden Apotheken entweder geschlossen oder veräußert und als Filialapotheke wiedereröffnet (vgl.

ABDA 2015b). Lediglich 90 Einzelapotheken wurden 2014 in ganz Deutschland von Apothekern und Apothekerinnen neu eröffnet (vgl. ABDA 2015b). Im Vergleich der Apothekenzahl nach Bundesländern nimmt Bayern, nach Nordrhein-Westfalen, den zweiten Platz ein. In Bayern gibt es 3.266 öffentliche Apotheken, davon sind 2.623 Haupt-/ oder Einzelapotheken und 643 Filialapotheken (vgl. ABDA 2015b). Ein Ergebnis des Geschäftsberichts der ABDA lautet: Ca. 66% der approbierten Apotheker in Deutschland sind Frauen (vgl. ABDA 2015b). Unter den angestellten Apothekern in öffentlichen Apotheken liegt der Frauenanteil bei über 70%. Folgendes Resultat bestätigt eine Aussage von der interviewten Apothekerin Colombo-Egerer: Zwar sind viele Stellen im Apothekenbereich mit Frauen besetzt, aber die Apothekenleitung übernehmen mit ca. 53% immer noch mehr männliche Apotheker (vgl. ABDA 2015b).

Aktuelle Zahlen Studierender Die Anzahl der Pharmaziestudierenden und approbierten Apothekerinnen nimmt deutschlandweit zu (vgl. ABDA 2015b). Im Wintersemester 2014/2015 haben insgesamt 2.550 Studenten Pharmazie an bayerischen Universitäten studiert (vgl.

Bayerisches Landesamt für Statistik 2015a). Darunter waren 1.823 weibliche Pharmazie-Studierende, was einer Quote von 71,5% entspricht. Zum genannten Semester haben von insgesamt 503 Studierenden im ersten Fachsemester 341 Studentinnen ihr Studium der Pharmazie begonnen (weibliche Quote von 67,8%) (vgl. Bayerisches Landesamt für Statistik 2015a).

147

Analyse von Berufsgruppen

Pharmazie – Interview mit Frau Colombo-Egerer

Apothekeninhaberin Bettina ColomboEgerer (Autorin Sandrina Rosenkränzer) Bettina Colombo-Egerer, 55, ist approbierte Apothekerin und gründete im Alter von 27 Jahren ihre erste Apotheke in Hebertshausen. Heute führt die verheiratete Apothekerin und Mutter von zwei Kindern, drei Apotheken. Im Interview gibt Frau ClomboEgerer Einblicke in ihre eigenen Erfahrungen als Selbstständige.

Wie verlief Ihr Werdegang vor der Selbstständigkeit? |Bettina Colombo-Egerer| Ich habe 1979 Abitur gemacht und kannte damals meinen jetzigen Mann schon.

Damit war es für mich klar, dass nur München als Studienort in Frage kommt. Weil der Numerus clausus für Pharmazie damals so hoch war, musste ich drei Semester warten.

Indem ich mir bei Hugendubel eine Stelle gesucht habe, konnte ich diese Zeit überbrücken. Nach den drei Semestern Wartezeit habe ich dann Pharmazie studiert. Im Anschluss an das Studium war ich ein knappes dreiviertel Jahr angestellte Apothekerin. In der Zeit habe ich angefangen mich nach Möglichkeiten umzusehen, um mich selbstständig zu machen.

Bettina ColomboEgerer ist überzeugt: „Selbstständig bedeutet Selbst und ständig.“

Was waren die Gründe für Ihre Entscheidung zur Selbstständigkeit? |Bettina Colombo-Egerer| Diese Idee hatte ich schon sehr früh. Als ich vor meinem Studium als Angestellte gearbeitet habe, habe ich sehr schnell festgestellt, dass ich ungern weisungsgebunden bin. Ich habe schon immer ganz klare Zielvorstellungen gehabt.

Auch darüber, wie ich bestimmte Dinge strukturieren und organisieren möchte.

Außerdem ist es als selbstständige Apothekerin einfacher, Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen.

Welche Vorteile sehen Sie in der Selbstständigkeit? |Bettina Colombo-Egerer| Neben den eben genannten Punkten, Weisungsungebundenheit und bessere Kombination von Beruflichem und Privatem, hatte ich – als es den Apotheken noch besser ging – natürlich auch finanzielle Vorteile. |Bettina Colombo-Egerer erklärt weiter| Bedeutet natürlich aber auch eine mindestens 60-Stunden-Woche.

148

Analyse von Berufsgruppen

Das muss man auch ganz klar sagen.

Ich meine, der Vorteil der Selbstständigkeit ist eben, dass ich keinem Rechenschaft schuldig bin. Ich plane meine Fehlzeiten und Urlaube selber.

Frauenberuf, obwohl es – glaube ich – immer noch mehr selbstständige Männer als Frauen bei gibt. Aber ich hatte aufgrund dessen, dass ich eine Frau bin, nie irgendwelche Nachteile.

|Die Apothekerin überlegt kurz und betont| Für mich war aber immer der Hauptgrund, dass ich gerne eigenverantwortlich arbeite!

Wie war zur Zeit der Gründung Ihre familiäre Situation? Haben Sie seitens Ihrer Familie Unterstützung erfahren?

Was waren die Schwierigkeiten bzw.

Herausforderungen bei der Gründung?

|Bettina Colombo-Egerer erklärt| Als ich neu gegründet habe, war ich bereits verheiratet, aber ich hatte noch keine Kinder. Meine Kinder kamen 1990 und 1993.

|Bettina Colombo-Egerer seufzt und antwortet| Na gut, ich meine, die Schwierigkeiten sind immer finanzieller Natur, weil das Ganze finanziert werden muss. Und ich musste alles vollkommen fremd finanzieren. Ich hatte großes Glück, weil mein Lehrchef – bei dem ich mein praktisches Jahr während des Studiums absolviert habe – mir sehr unter die Arme gegriffen und mich sehr unterstützt hat. Auch bei Verhandlungen mit Großhändlern und beim Überprüfen der UmfeldBedingungen für eine neue Apotheke. |Bettina Colombo-Egerer betont| Und er hat mir aus seinem Erfahrungsschatz viel mitgeteilt und auch mitgegeben.

Haben Sie Schwierigkeiten besonders aufgrund des weiblichen Geschlechts wahrgenommen? „Ich hatte aufgrund dessen, dass ich eine Frau bin, nie irgendwelche Nachteile.“ |Bettina Colombo-Egerer hält kurz inne und antwortet entschieden|: Nein! Das kann ich definitiv verneinen.

Also gut, Pharmazie ist ein typischer

|Auf die zweite Frage antwortet Bettina Colombo-Egerer mit einem Lachen| Mein Mann hat meine Entscheidungen immer mitgetragen, aber aktiv in dem Sinne hat er nichts für mich getan.

Die Zeit nach der Gründung: Sehen Sie einen Unterschied zu männlichen selbstständigen Kollegen bezüglich der Akzeptanz und der Reaktion des Umfeldes? |Bettina Colombo-Egerer antwortet kurz| Nein. |Auf die Nachfrage, ob Sie auf Konflikte aus diesem Grund gestoßen sei, antwortet Bettina ColomboEgerer lächelnd| Nein, nie! Es gibt immer mal wieder nette Situationen: Wenn ein Außendienstler von einer Firma hereinkommt und mich fragt „ob er den Chef sprechen könnte“ – und das nur, weil er einen meiner angestellten Apotheker im Hintergrund sieht. Aber da kann ich drüber lachen.

149

Analyse von Berufsgruppen

Wie waren Ihre Voraussetzungen bei der Gründung? Gab es Fördermöglichkeiten oder war Eigenkapital vorhanden? „Eigenkapital war nicht vorhanden.

Es war vollkommen fremd finanziert.“ |Bettina Colombo-Egerer antwortet auf die Frage nach Fördermittel| Ich habe überhaupt nichts in Anspruch genommen. Ich habe mich aber damals ehrlich gesagt nicht nach irgendwelchen Mitteln erkundigt. Das stand überhaupt nicht zur Diskussion.

Hätten Sie sich zu dieser Zeit mehr Fördermöglichkeiten gewünscht? |Bettina Colombo-Egerer| Dadurch dass ich mich nicht erkundigt habe, ist das schwierig zu sagen. Was mir aus dem Erfahrungsaustausch berichtet wurde und was ich immer wieder auch mitgeteilt bekomme, ist, dass es ein wahnsinniger Aufwand ist, Fördermittel zu beantragen. Sodass im Grunde die Förderung in keinem Verhältnis zum Aufwand steht.

Hatten Sie zu dieser Zeit einen Mentor oder Ansprechpartner für Ihre Gründung? „Mein Lehrchef, der mich auch umfassend unterstützte, war mein Mentor. Für mich war er sehr hilfreich und wichtig.“ Wie hat sich die Selbstständigkeit seit der Gründung entwickelt? |Bettina Colombo-Egerer| Neben meiner Apotheke in Hebertshausen habe ich im Januar 2008 eine Filiale in Eching und im September 2008 eine in Dachau eröffnet. Hier beschäftige ich

bis zu 30 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, darunter sind aber auch TeilzeitPositionen.

Sind sie mit dem aktuellen Stand der Selbstständigkeit zufrieden? |Bettina Colombo-Egerer lacht und antwortet| Sagen wir mal so: Ich bin mit meiner beruflichen Situation absolut zufrieden, also ich möchte nie als angestellte Apothekerin arbeiten.

Besteht eine Zufriedenheit mit der finanziellen Entwicklung? |Die taffe Apothekerin überlegt und antwortet| Die ganzen Einsparungen im Gesundheitssystem innerhalb der letzten Jahre, sind das, was es mir und den anderen Apotheken sehr schwierig macht. Zur Erklärung: Es gibt in Deutschland eine sogenannte Arzneimittel-Preisverordnung und diese wurde vor einigen Jahren verändert.

Früher wurden Apotheken prozentual vom Arzneimittel-Preis bezahlt.

Inzwischen bekommen Apotheken eine Handlings-Pauschale plus drei Prozent vom Arzneimittel-Wert und als diese – man sagt „Drehung der Arzneimittelpreis-Verordnung“ in Kraft trat – ist mein Rohgewinn mit einem Schlag um 50 Prozent eingebrochen. |Sie erklärt die daraus resultierenden Probleme für die Apotheken| Durch diese Veränderung benötigen Neu-Gründungen auch wesentlich länger Zeit, bis sie in die schwarzen Zahlen kommen. Ich habe mit einem meiner Standorte durchaus ganz große Probleme und bin auch nach acht Jahren noch nicht aus den roten Zahlen raus.

150

Analyse von Berufsgruppen

„Das wird immer problematischer werden: Es wird in den nächsten Jahren ein Apotheken-Sterben einsetzen.“

Gab es hilfreiche Netzwerke, beziehungsweise sind Sie Mitglied einer Interessensvertretung/ Kammer/ Verband?

|Frau Colombo-Egerer schildert ihre Prognose| Es war letztes Jahr schon so, dass fast jeden Tag eine Apotheke geschlossen hat und das wird weiter gehen. Das sind gerade die Apotheker, die langsam ins Rentenalter kommen.

Diese führen ihre Apotheken – auch wenn sie in den roten Zahlen sind und damit keinen Unternehmer-Lohn erwirtschaften – solange noch weiter, bis sie ihre Rente beziehen können.

Verkäuflich sind diese Apotheken nicht mehr. Früher war das so, dass eine Apotheke eine Alterssicherung dargestellt hat, aber diese Zeiten sind vollkommen vorbei.

|Bettina Colombo-Egerer| Als Apothekerin bin ich ein Pflichtmitglied der Apotheker-Kammer.

Darüber hinaus bin ich Mitglied im bayerischen Apothekerverband.

Und ich bin Mitglied einer Apotheker „ERFAGruppe“. Das ist eine ErfahrungsAustausch-Gruppe. Wir sind immer so ca. 15 Apotheker aus ganz Deutschland, die sich dreimal im Jahr zu einem sehr intensiven Erfahrungsaustausch treffen. Hier erfahre ich immer wieder sehr hilfreiche Dinge.

Würden Sie sich nochmal selbstständig machen? |Bettina Colombo-Egerer lacht und antwortet| Ich würde mich für einen anderen Beruf entscheiden. Nicht weil mir mein Beruf keine Freude bereitet – die Apothekerei ist nach wie vor ein sehr sinnvoller und sehr schöner Beruf – aber es macht mir keinen Spaß mehr. „Mein Typus sagt mir: „lieber selbstständig als angestellt“. |Bettina Colombo-Egerer fügt hinzu| Aber bezüglich der Komfort-Zone, geht es einem Angestellten natürlich weitaus besser. Er hat einen geregelten Urlaub, hat eine geregelte Arbeitswoche und wenn er krank ist, ist er krank. Und als „Selbstständige“ heißt es: Selbst und ständig.

Haben Sie Tipps für junge Unternehmerinnen, die sich besonders als Apothekerin selbstständig machen wollen? |Bettina Colombo-Egerer| Sie müssen sich auf jeden Fall den Standort unglaublich gut aussuchen und von allen Seiten beleuchten. Bei uns machen es wirklich nur noch Standorte aus, bei denen sich die Masse Mensch bewegt. Und vor allem bei Neugründungen darf man keinen Versprechungen glauben. Also eine bestehende Apotheke in einer „1a“Lage jederzeit! Aber bei einer „1b“Lage wird es schon schwierig.

151

Analyse von Berufsgruppen

Pharmazie – Interview mit Frau Simmler

Apothekeninhaberin Pia Simmler

Die Erfahrung als Selbstständige möchte Frau Simmler nicht missen.

(Autorin Sandrina Rosenkränzer)

Pia Simmler, 49, ist studierte Apothekerin und heute nach ihrer Selbstständigkeit, Filialleiterin in einer Münchner Apotheke.

Zwischen 2001 und 2012 war sie in der Innenstadt Münchens mit einer Apotheke selbstständig und beschäftigte zwischen sechs bis acht Mitarbeiter. Im Interview gibt Frau Simmler Einblicke in ihre Selbstständigkeit und schildert ihre Erfahrungen.

Wie verlief Ihr Werdegang vor der Selbstständigkeit? |Pia Simmler| Vor der Selbstständigkeit war ich zuerst Mitarbeiterin in einer Krankenhaus-Apotheke und dann Leiterin einer Krankenhaus-Apotheke.

Anschließend habe ich in eine öffentliche Apotheke gewechselt. Dort war ich Standort-Leiterin. |Nach einer kurzen Pause fügt sie hinzu| Im Jahr 2001 habe ich mich dann selbstständig gemacht – kurz zuvor bin ich Mutter einer Tochter geworden. Selbstständig war ich bis vor drei Jahren. |Sie erklärt den Grund für den Verkauf ihrer Apotheke| Es lag am Vermieter: seine Vorstellungen haben nicht mit meinen zusammen gepasst.

Seit dem Verkauf bin ich Filial-Leiterin einer Münchner Apotheke.

Konnten Sie die Erfahrungen aus dieser Zeit für Ihre spätere Gründung nutzen? „Vor allem die Personal- bzw.

Mitarbeiter-Führung.“ |Pia Simmler antwortet schnell| In gewisser Weise ja. Der Krankenhausbereich ist natürlich vom Arbeitsbereich ganz anders. Da hat mir meine Position als Standortleiterin in der normalen Apotheke wesentlich mehr geholfen. Das richtige unternehmerische Handeln in der Apotheke ist „learning-by-doing“. Das streift man im Pharmazie-Studium nur am Rande.

Grundsätzlich ist es Chef-Sache und die lassen sich auch nicht gerne hinein sehen. |Sie betont| In dem Moment, in dem man selbstständig ist, ist das dann plötzlich ein neuer Bereich (für sich als Unternehmerin) und da muss man dann einfach hineinwachsen.

Was waren die Gründe für Ihre Entscheidung zur Selbstständigkeit? |Pia Simmler überlegt und antwortet schließlich| Eigentlich war es so, dass ich mich weiterentwickeln wollte.

152

Analyse von Berufsgruppen

Einfach wieder etwas Neues, etwas Anderes machen.

Was war die Motivation beziehungsweise die Ziele der Wahl zur Selbstständigkeit? „Die Motivation war einerseits noch mehr selber zu entscheiden und natürlich auch mehr zu verdienen und andererseits zeitlich etwas selbstbestimmter zu sein.“ |Sie lacht und fügt hinzu| Wobei sich das wirklich nicht bewahrheitet hat.

Welche Vorteile sehen Sie in der Selbstständigkeit? |Pia Simmler zögert kurz und antwortet| Man darf, man kann, man muss einfach verantwortlich im Gesamten denken. Das heißt: Man muss sich wirklich um alles kümmern.

Diesen Blick für das Gesamte, kriegt man erst mit der Selbstständigkeit.

Welche Leidenschaft sehen Sie in ihrem Beruf? „Eigentlich der tagtägliche Umgang mit den Kunden. Dieses „helfen können“ und auch mal gerne hier im Labor etwas zu machen.“ |Ohne zu zögern antwortet Frau Simmler| Nicht das Betriebswirtschaftliche! Aber zum Beispiel neue Rezepturen auszuprobieren und kreativ zu arbeiten. |Sie fügt hinzu| Ich unterhalte mich mit den Kunden und biete ihnen eine bessere Alternative an. Und das macht mir schon Spaß. Aber auch die Steuerung ist toll: wie berate ich, dass nicht nur der Kunde seinen Nutzen hat, sondern auch ich einen gewissen

Gewinn dabei habe. Natürlich ohne dass der Kunde dabei Schaden nimmt oder schlechter versorgt geht.

Was waren die Schwierigkeiten bei der Gründung? |Pia Simmler| Die Zeitorganisation und auch damals schon – obwohl die Gründung schon einige Jahre her ist – das Problem, qualifiziertes Personal zu finden und zu binden. Das ist gerade das Thema in so einem sensiblen Bereich wie Apotheke. Man braucht nicht nur Fachleute, die top fit sind, sondern in gewisser Weise auch Bezugspersonen für die Kunden.

Wenn alle halbe Jahre ein neues Gesicht da ist, dann sagen die Kunden „ich gehe nur zum Chef, weil der ist der Einzige, der immer da ist“. Das geht natürlich nicht, weil irgendwann können das die Schultern nicht mehr tragen. |Nach der Rückfrage, wo sie die Gründe sieht, dass Mitarbeiter schnell wieder wechseln, antwortet sie| Es ist generell so, wenn man Auszubildende hat, kann man sie nicht alle übernehmen. Und ich hatte schon mehrmals das Problem, dass die, die ich gerne übernehmen wollte, weggezogen oder ins Ausland gegangen sind, teilweise aus familiären Gründen oder aufgrund der Liebe. Es ist schon eher ein Frauenberuf: Oft ist es eben so, dass Frauen den Männern hinterher ziehen, gerade wenn es junge Leute sind.

Haben Sie Schwierigkeiten besonders aufgrund des weiblichen Geschlechts wahrgenommen?

153

Analyse von Berufsgruppen

„Nein, nein! Da bin ich überhaupt nicht der Typ dazu.“ |Frau Simmler erklärt weiter| Also die Schwierigkeiten, die es gab, gab es eher aus dem Sachlichen heraus, aber nicht aufgrund geschlechterspezifischer Gründe. Dadurch, dass die Pharmazie sowie so eine Frauendomäne ist, hat man das Problem eigentlich nicht.

Was sind die größten Herausforderungen als Unternehmerin? |Pia Simmler überlegt und antwortet| Aus einem Unternehmen wirklich eine Marke zu machen. Das ist eine ganz schwierige Geschichte. Wobei es dann irgendwann schon so war, dass ich mit meiner Art, mitten in der Stadt einen ländlichen Charakter rein gebracht habe, sodass die Kunden als Stammkunden kamen. Ich kannte rund um die Apotheke mehr Menschen und mehr Schicksale, als dort wo ich gewohnt habe. Das ist immer noch so. Das war auch so, als ich als Angestellte gearbeitet habe. Ich habe von Leuten viel mehr gewusst als von direkten Nachbarn. |Sie lacht und fügt hinzu| Meine Apotheke war dann letztendlich wie eine Dorf-Apotheke mitten in der Stadt.

Es war teilweise wie ein Treffpunkt und die Nachbarn kamen und haben sich in der Apotheke getroffen. Es war ein bisschen familiärer. Das war für mein Unternehmen ein Alleinstellungsmerkmal.

Haben Sie in Zusammenhang mit Ihrer Selbstständigkeit Unterstützung durch Ihre Familie erhalten?

„Ja. Also begeistert waren sie überhaupt nicht, aber unterstützt haben Sie mich dann schon.“ Zeit nach der Gründung: Sehen Sie einen Unterschied zu männlichen selbstständigen Kollegen bezüglich der Akzeptanz und der Reaktion des Umfeldes? |Pia Simmler| Im Apothekenbereich nicht. Ich habe es nie erlebt, dass man mich als Apothekerin auf mein Geschlecht reduziert hat. „Ich glaube es ist aber generell so, wenn sich Frauen in Bereichen oder Branchen selbstständig machen, die schon hauptsächlich männlich dominiert sind, dass sie relativ selbstbewusst auftreten müssen, um nicht unterzugehen.“ Wie waren Ihre Voraussetzungen bei der Gründung? Gab es Fördermöglichkeiten oder war Eigenkapital vorhanden? |Frau Simmler| Ich hatte natürlich ein bisschen Eigenkapital, aber ansonsten habe ich meine Selbstständigkeit über Fördermittel finanziert.

Hatten Sie zu dieser Zeit einen Mentor oder Ansprechpartner für Ihre Gründung? |Sie überlegt und ist sich unsicher| In dem Sinn: nein bzw. jein. Ich hatte schon relativ bald einen Steuerberater, der speziell auf den Apothekenbereich spezialisiert war und mit dem ich natürlich schon die Eckdaten abklären konnte. Aber gerade im Bereich Verhandlungen mit der Bank hatte ich niemanden. Und gerade hier musste

154

Analyse von Berufsgruppen

ich feststellen, dass man sich sehr gut vorbereiten sollte.

Wie hat sich die Selbstständigkeit seit der Gründung entwickelt? |Pia Simmler| Ich hatte zuerst einen Mietvertrag für fünf Jahre, plus nochmal fünf Jahre Verlängerungs-Option.

Als die zehn Jahre vorbei waren, hat sich abgezeichnet, dass der neue Vermieter – das Haus wurde zwischenzeitlich verkauft – nur auf Rendite-Maximierung aus war. Ihm war es völlig egal, ob eine Apotheke oder ein Spielsalon Mieter ist. Ich sollte eine höhere Miete zahlen, obwohl einige Baumaßnahmen zwangsläufig stattfinden mussten, die den Wert der Räumlichkeiten mindern würden und den damaligen Charme – die Apotheke war geprägt durch Helligkeit, Durchgängigkeit und Leichtigkeit, weil sie an drei Seiten aus Schaufenstern bestand – wäre komplett weg gewesen. Und auch in der Umgebung sollte sich vieles ändern, was nicht unbedingt für das Apotheken-Publikum förderlich gewesen ist. Also habe ich mir gesagt: „Wenn es sich verkaufen lässt, dann verkaufe ich.“ Außerdem hatte ich bereits zur Genüge festgestellt, dass „selbstständig“, selbst und ständig heißt. Und nach elf Jahren hatte ich den Entschluss gefasst, dass mir Vollzeit durchaus reichen würde.

Sind sie mit dem aktuellen Stand der Selbstständigkeit zufrieden? „Ich bin zufrieden mit der Entscheidung, jetzt nicht mehr selbstständig zu sein.“ |Pia Simmler erklärt| Das liegt einfach daran, dass ich ein Mensch bin, der

nicht einfach alles stehen und liegen lassen kann. Ich mache meine Sachen erst fertig und wenn ich alles fertig habe – was fast nie der Fall ist – dann gönne ich mir Freizeit. Das ist als Selbstständige eine ganz schwierige Geschichte, weil die Freizeit immer hinten runterfällt und das ist jetzt als Angestellte wieder besser.

Würden Sie sich nochmal selbstständig machen? |Pia Simmler antwortet direkt| Nein.

Zumindest… nein - nicht ‚zumindest‘! |Sie lacht und erklärt| Nein, ich habe zu meinen Freunden gesagt, wenn ich jemals wieder auf die dumme Idee käme, mich selbstständig zu machen, dann sollen sie mir das bitte dringendst ausreden. Weil ich bin jemand, der immer wieder etwas Neues braucht.

Aber jetzt suche ich meine Herausforderungen in anderen Bereichen. Und das funktioniert bisher auch ganz gut.

Sind Sie Mitglied einer Interessensvertretung/ Kammer/ Verband? |Pia Simmler| Als Apothekerin bin ich Pflichtmitglied in der ApothekerKammer. Und als Ernährungsberaterin bin ich natürlich auch in der WIPIG. Haben Sie Tipps für junge Unternehmerinnen: was würden Sie heute anders machen? „Ich sage mal so: die Erfahrung der Selbstständigkeit möchte ich ganz ehrlich nicht missen.“ |Die Apothekerin erklärt| Weil ich dadurch noch mehr gelernt habe, wie wichtig es ist, zu powern, um etwas zu erreichen.

155

Analyse von Berufsgruppen

„Wenn sich eine junge Frau selbstständig machen möchte, soll sie keine Angst vor der Selbstständigkeit haben, aber den nötigen Respekt!“ |Sie fügt hinzu| Ich glaube, es ist wichtig und unglaublich wertvoll, jemanden vom Fach mit Erfahrung zu haben, der einem wirklich Ratschläge gibt und sagt: „Überleg dir, was du damit überhaupt erreichen willst.“ Und mit dem man dann gemeinsam analysieren und einen Business Plan erstellen kann. Das hatte ich nicht.

Mein letzter Chef vor der Selbstständigkeit hat immer so getan, als wäre der BWL-Buchhaltungs-Teil eine Sache von einer halben Stunde am Abend. Aber das ist es nämlich nicht!

Und wenn ich das vorher gewusst hätte, hätte ich mir die Selbstständigkeit vielleicht überlegt. Weil das hat schon viel Energie gekostet, aber es ist ein sehr wichtiger Part, der gemacht werden muss.

|Pia Simmler| Man sollte sich überlegen, ob man jemanden hat, dem man vertrauen und an den man delegieren kann. So kann jeder seine Kompetenzen und Stärken ausleben.

156

Analyse von Berufsgruppen

4.2.7.5

Psychotherapeutinnen

Die Bayerische Landeskammer der Psychologischen Psychotherapeuten (PP) und der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten (KJP) wurde ebenfalls kontaktiert, um repräsentatives Zahlen- und Datenmaterial für das Projekt zu erhalten. Die Bayerische Landeskammer ist die gesetzliche Berufsvertretung der PP und KJP (vgl. ptk 2015).

Die folgenden Daten konnten mit der Unterstützung des PTK ausfindig gemacht werden. Das Verhältnis zwischen selbstständigen Psychotherapeuten und Psychotherapeutinnen in Bayern wird in der nachfolgenden Abbildung dargestellt:

Psychotherapeuten 28% Psychotherapeutinnen 72%

Abbildung 45: Prozentuales Verhältnis von männlichen und weiblichen Psychotherapeuten (Quelle: eigene Darstellung)

Insgesamt sind es 3.870 selbstständige Psychotherapeutinnen und –therapeuten in Bayern. Die dargestellten 72% entsprechen 2.786 weiblichen selbstständigen Psychologischen Psychotherapeutinnen und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutinnen. Informationen über die Altersstruktur der PP und KJP veranschaulicht die nächste Abbildung.

0% 6% 17%

unter 25 26-35

50%

36-45 46-55 27%

über 56

Abbildung 46: Altersstruktur der Psychotherapeutinnen in Jahren (Quelle: eigene Darstellung)

Hier wird deutlich, dass es keine weiblichen Selbstständigen unter 25 Jahren gibt.

Die Begründung dafür hängt mit größter Wahrscheinlichkeit mit der Dauer der

157

Analyse von Berufsgruppen

Berufsausbildung zusammen. Hinsichtlich der Qualifikation ist folgendes fest zu stellen: Jede Psychologische Psychotherapeutin hat ein abgeschlossenes Studium (Master oder Diplom) an einer Hochschule oder einer Universität im Studiengang Psychologie. Ähnlich verhält es sich bei den Kinder- und Jungendlichenpsychotherapeutinnen, diese besitzen einen Abschluss des Studiengangs Psychologie, Pädagogik oder Sozialpädagogik. Darauf aufbauend muss eine Ausbildung zum Psychologischen Psychotherapeutin oder zur Kinder- und Jungendlichenpsychotherapeutin durch eine staatliche Prüfung abgeschlossen werden. Diese dauert zwischen drei und fünf Jahren. Erst, wenn diese bestanden ist, wird die Approbation erteilt. Aus diesem Grund weisen alle 2.786 selbstständigen Psychotherapeutinnen der Bayerischen Landeskammer einen akademischen Abschluss vor.

Die wissenschaftliche Referentin des PTK konnte keine direkten Daten bezüglich der Mitarbeiter-Anzahl aushändigen, da diese nicht erfasst werden. Sie ist sich dennoch sicher, dass ein Großteil der Praxen eine Mitarbeiteranzahl von über zehn nicht überschreitet. Die Referentin konnte erfreulicherweise Informationen übermitteln, die Aufschluss über die regionale Verteilung der selbstständigen Psychotherapeutinnen (PP und KJP) in Bayern geben: 1513

1600 1400 1200 1000 800 600 400 200

376 120

149

175

248

205

0

Abbildung 47: Anzahl der Psychotherapeutinnen nach bayerischen Regionen (Quelle: eigene Darstellung)

Es wird auch hier sehr deutlich, dass sich überwiegend in der Region Oberbayern Psychotherapeutinnen selbstständig gemacht haben. Eine weitere Betrachtung hinsichtlich der Verteilung von Praxen in städtischen und ländlichen Regionen gibt zusätzliche Einblicke in die Selbstständigkeit der Psychotherapeutinnen in Bayern:

158

Analyse von Berufsgruppen

1190

Städtische Region 1596

Ländliche Region

Abbildung 48: Verteilung der Psychotherapeutinnen nach städtischer und ländlicher Region (Quelle: eigene Darstellung)

Aktuelle Zahlen Studierender An einer bayerischen Universität haben im Wintersemester 2014/2015 insgesamt 4.441 Studenten das Studienfach Psychologie belegt. Darunter befanden sich 3.659 Frauen, dies entspricht einer weiblichen Quote von 82,4% (vgl. Bayerisches Landesamt für Statistik 2015a). Das Studium begonnen haben zu diesem Zeitpunkt 1.242 Studierende. Bei den Erstsemester-Studierenden liegt der weibliche Anteil bei 81,6%, womit der bestehende Trend weiter verfolgt wird (vgl. Bayerisches Landesamt für Statistik 2015a). An den bayerischen Fachhochschulen gestaltet sich die Situation wie folgt: Zum Wintersemester 2014/2015 waren insgesamt 1.449 PsychologieStudenten immatrikuliert. Ein größerer Anteil davon – 70,0% – sind hierbei weiblichen Geschlechts (vgl. Bayerisches Landesamt für Statistik 2015a). Im ersten Fachsemester waren von dieser Gesamtanzahl in Summe 208 Studierende. Der Frauenanteil lag hier bei 71,1%.

Wie zuvor bereits erwähnt, sind ebenfalls die Studiengänge Sozialpädagogik und Pädagogik – neben der Psychologie – eine mögliche Voraussetzung für die Ausbildung zur PP oder KJP. Die Studierendenzahl im Studienfach Pädagogik lag im Wintersemester 2014/2015 bei insgesamt 6.054 Studierenden, wobei darunter 4.879 Studentinnen gezählt wurden (vgl. Bayerisches Landesamt für Statistik 2015a). Das Verhältnis der weiblichen Studentinnen liegt somit im Vergleich zu den Studenten bei 80,6%. Bei den Studienanfängern im ersten Semester lag dieses Verhältnis bei 81,0%. Das Studienfach Sozialpädagogik studierten im Wintersemester 2014/2015 insgesamt 729 Studierende, darunter 640 Frauen (Bayerisches Landesamt für Statistik 2015a). Der Studentinnen-Anteil ist hier ebenfalls mit 87,8% sehr hoch. Von insgesamt 729 Studierenden haben dabei 107 das Studium im Wintersemester 20014/2015 aufgenommen. Eine Frauenquote von 84,1% liegt hierbei vor. Diese Fakten zeigen eine deutliche Mehrheit von Studentinnen. Ob sich dieses prozentuale Verhältnis in eine spätere Selbstständigkeit überträgt, ist allerdings fraglich.

159

Analyse von Berufsgruppen

Psychotherapie - Interview mit Frau Goldstein

Psychotherapeutin Julia Goldstein (Autorin Stefanie Richter)

Aufgewachsen in einer selbstständig tätigen Familie war das Unternehmertum Julia Goldstein (31 Jahre) aus Augsburg fast in die Wiege gelegt.

Bereits mit Anfang 30 hat sich die dynamische Diplom Psychologin mit der Eröffnung einer eigenen Praxis für Verhaltenstherapie in Wertingen im Landkreis Dillingen einen lang gehegten Traum erfüllt.

schen Teil als Psychotherapeutin im Praktikum in der Erwachsenenpsychatrie absolviert.

Nach meiner Approbation 2013 konnte ich freiberuflich als Sicherstellungsassistentin in einer Psychotherapeutischen Praxis in Augsburg weitere Erfahrungen sammeln. Ende 2014 erfolgte dann die Zulassung durch die Kassenärztliche Vereinigung Bayern und die Gründung meiner eigenen Praxis für Verhaltenstherapie. „Mit 30 Jahren meine eigene Praxis zu haben, darauf bin ich schon stolz.“

Wie verlief Ihr Werdegang vor der Selbstständigkeit |Julia Goldstein| Ich habe mein Psychologiestudium an der Universität Koblenz-Landau 2009 abgeschlossen.

Bereits während des Studiums habe ich mich auf klinische Psychologie spezialisiert, da ich schon immer psychotherapeutisch arbeiten wollte.

Zunächst lag mein Fokus auf Kindern und Jugendlichen, so dass ich meine Praktika während des Studiums in diesem Bereich absolvierte, z.B. in der Kinderpsychiatrie. Während meiner 5jährigen Ausbildung zur Psychologischen Psychotherapeutin für Erwachsene habe ich dann festgestellt, dass mir dieser Bereich doch mehr liegt.

Parallel habe ich die Zusatzausbildung für Kinder und Jugendlichenpsychotherapie begonnen und bisher den theoretischen Teil abgeschlossen.

Anschließend habe ich den prakti-

In ihrer Praxis bietet Julia Goldstein Erwachsenen kompetente psychotherapeutische Behandlung und Unterstützung

Konnten Sie die Erfahrungen aus dieser Zeit für Ihre spätere Gründung nutzen? |Julia Goldstein antwortet ohne zu zögern| Auf jeden Fall. Vor allem fachlich war ich durch meine verschiedenen Praktika bestens vorbereitet.

Während dieser Phasen habe ich bereits selbstständig Patienten therapeutisch betreut. Wer einmal in der Psychiatrie gearbeitet hat, den kann nichts so schnell aus der Ruhe bringen. Durch die Praktika bekommt man fachlich eine sehr große Sicher-

160

Analyse von Berufsgruppen

heit. Auch dadurch, dass ich bei Kollegen in anderen Praxen mitgearbeitet habe, hatte ich beim Start meiner eigenen Praxis keinerlei Probleme was z.B. die Praxisorganisation oder auch die EDV-Software betrifft. Da war ich froh, dass ich auf meine bisherigen Erfahrungen zurückgreifen konnte.

Was waren die Gründe für Ihre Entscheidung zur Selbstständigkeit? |Julia Goldstein| Es war schon immer mein Wunsch, mich selbstständig zu machen und eine eigene Praxis zu eröffnen, was sich während des Studiums noch verstärkt hat. Zudem komme ich aus einer Familie, in der alle selbstständig sind. So habe ich schon immer die Vorteile der Selbstständigkeit genossen, weil man z.B. sehr flexibel ist, wie man seinen Tag gestalten kann. Die Selbstbestimmung ziehe ich festgelegten Arbeitszeiten vor.

Welche Vorteile sehen Sie in der Selbstständigkeit? |Julia Goldstein| Insbesondere die Möglichkeit, frei entscheiden zu können. Dass ich beispielsweise Schreibtischarbeit wie Abrechnungen auch am Wochenende erledigen kann.

Durch die freie Zeiteinteilung bin ich flexibel, was dem Privatleben ebenfalls entgegen kommt. Darüber hinaus spielt der finanzielle Aspekt eine große Rolle. Wenn man in meinem Berufszweig in einer öffentlichen Klinik oder Praxis tätig ist, dann gibt es nur geringe Aufstiegschancen und eine wenig attraktive Vergütung. Bisher gibt es leider nur wenige leitende Psycho-

logen in größeren Kliniken, so dass man in finanzieller Hinsicht sehr eingeschränkt wird. Mit einer eigenen Praxis ergeben sich vielfältigere Möglichkeiten und das Arbeitspensum kann selbst bestimmt werden.

Welche Leidenschaft sehen Sie in Ihrem Beruf? |Julia Goldstein| Ich arbeite sehr gerne mit Menschen zusammen. Es ist meiner Meinung nach in nur wenigen anderen Berufsfeldern möglich, so vielen verschiedenen Menschen zu begegnen und sie kennenzulernen.

Dabei kommt dem Therapeuten eine bedeutsame Rolle zu, da man sensible Informationen über die Patienten erhält. Ich persönlich bin sehr an den Menschen interessiert und es macht mir Spaß, wenn ich sehe, wie sie sich durch meine therapeutische Unterstützung im Laufe der Zeit entwickeln.

Allerdings sollte man dabei stets eine gewisse therapeutische Distanz wahren. Bereits in der Ausbildung habe ich theoretisch und praktisch gelernt, wie man die nötige Distanz zu den Patienten wahrt. Wenn man zu sehr helfen möchte, dann kann das einerseits einen selbst überfordern und andererseits kontra-produktiv wirken, weil die Distanz nicht mehr gewahrt wird. Dem Menschen ist damit nicht geholfen.

Was waren Schwierigkeiten bei der Gründung? |Julia Goldstein überlegt| Problematisch könnte die Zuweisung des Standortes sein, an dem die Eröffnung einer eigenen Praxis möglich ist. Ich hatte großes Glück, dass noch zwei Kassenärztliche Zulassungen im

161

Analyse von Berufsgruppen

Landkreis Dillingen nahe meinem Wohnsitz in Augsburg verfügbar waren. Es ergab sich, dass ich eine ganz neue Praxis eröffnen konnte und keine bestehende Praxis von jemandem abkaufen musste. So konnte ich die Gründungskosten deutlich geringer halten. Bei den Anmeldeformalitäten erhielt ich Unterstützung von der Kassenärztlichen Vereinigung Bayern, die mich sehr gut beraten hat. Hin und wieder war es jedoch ein Geduldsspiel Entscheidungen durch Ausschüsse abzuwarten, bis die Planung weitergehen konnte.

Etwas Zeit habe ich anfangs ebenfalls benötigt, um passende Räumlichkeiten für die Praxis zu finden, da ich neu gegründet und keine bestehende Praxis übernommen habe. Letztendlich konnte ich meine Praxisräume in einer geeigneten Mietimmobilie nach meinen Vorstellungen einrichten und gestalten.

Haben Sie Schwierigkeiten besonders aufgrund des weiblichen Geschlechts wahrgenommen? |Julia Goldstein antwortet bestimmt.| Definitiv nein. Ich wüsste nicht wo. Selbst als ich zusammen mit einem Makler nach Räumlichkeiten für die Praxis gesucht habe, hatte ich zu keiner Zeit das Gefühl, aufgrund meines Alters oder Geschlechts anders behandelt zu werden. Im Landkreis meiner Praxis gibt es viele erfahrene Kollegen, die sich mir alle gegenüber als sehr hilfsbereit und freundlich gezeigt haben. Die offene Aufnahme im Kollegenkreis habe ich als sehr angenehm empfunden und besonders geschätzt.

Was sind die größten Herausforderungen als Unternehmerin? |Julia Goldstein| Ich denke es ist herausfordernd, seine eigenen Grenzen abzustecken und Möglichkeiten auszuloten. Das heißt wie viel Arbeit ist dauerhaft möglich, da man als Unternehmerin flexibel tätig sein kann und nichts vorgegeben ist. Dies betrifft beispielsweise die Organisation, wie viele Gespräche am Tag eingeplant werden können, was nebenbei noch vorbereitet oder erledigt werden muss.

Im Angestelltenverhältnis muss man über solche Dinge nicht nachdenken.

Allerdings ist dies kein Grund für mich die Selbstständigkeit wieder aufzugeben. |Sie lacht|.

Haben Sie Unterstützung durch die Familie erhalten oder besteht ein familiärer Hintergrund bei Ihrer Selbstständigkeit? |Julia Goldstein| In meiner Familie sind alle selbstständig, so dass ein gemeinsames Verständnis für einander herrscht. Meine Eltern haben mich zudem darin bestärkt, eine eigene Praxis zu eröffnen. Besonders meine Mutter, die selbstständige Steuerberaterin ist, ist eine große Stütze. Sie hat mich in steuerlicher Hinsicht sehr gut beraten und ich bin für ihre Hilfe überaus dankbar. Alleine hätte ich weitaus mehr Schwierigkeiten gehabt, mich in diese Thematik einzuarbeiten, also wie Verträge richtig erstellt, wie Rechnungen geschrieben werden oder welche Versicherungen für die Selbstständigkeit abzuschließen sind. Für mich ist es von großem Vorteil aus einer Steuerberaterfamilie zu kommen.

162

Analyse von Berufsgruppen

Zeit nach der Gründung: Sehen Sie einen Unterschied zu männlichen selbstständigen Kollegen bezüglich der Akzeptanz und der Reaktion des Umfeldes? „Proaktive Tätigkeiten können Akzeptanz bei anderen schaffen“. |Julia Goldstein| Ich habe diesbezüglich vor Eröffnung meiner Praxis proaktiv viel getan. Zu einer meiner ersten Aktivitäten nach der Praxiseröffnung gehörte es, alle bestehenden Hausärzte im Landkreis anzuschreiben, sie über meine Praxiseröffnung zu informieren und. telefonischen Kontakt aufzunehmen. Die Kollegen haben mich anschließend zu ihrem Ärztestammtisch eingeladen, dort habe ich mich dann persönlich vorgestellt. Am Anfang der Gründung bekam ich zudem Unterstützung durch eine andere Psychotherapeutin aus dem Ort. Mit ihr habe ich mich ebenfalls frühzeitig in Verbindung gesetzt. Sie hat für mich netterweise bereits eine Warteliste von Patienten erstellt, mit denen ich unmittelbar nach Eröffnung Erstgespräche führen konnte. Es hat mich sehr gefreut, dass ich so gut aufgenommen wurde. So war es sehr schnell sehr voll in meiner Praxis.

Wie waren Ihre Voraussetzungen bei der Gründung? Haben Sie auf Fördermöglichkeiten zurückgegriffen oder war Eigenkapital vorhanden? |Julia Goldstein schüttelt den Kopf| Auf Fördermöglichkeiten habe ich nicht zurückgegriffen, weil gar nicht so viel Kapital benötigt wurde. Für den Kassensitz war lediglich eine geringe Bearbeitungsgebühr zu entrichten. Die Einrichtung der Praxisräumlichkeiten,

inklusive EDV-Software etc. habe ich aus Eigenkapital finanziert. Im Gegensatz zu anderen Berufen hält sich die benötigte Ausstattung eines Therapeuten relativ in Grenzen, da keine teuren Gerätschaften angeschafft werden müssen.

Hätten Sie sich zu dieser Zeit mehr Fördermöglichkeiten gewünscht? |Julia Goldstein| Tatsächlich habe ich mich nicht hinreichend informiert, welche Fördermöglichkeiten es gibt.

Dies geschah jedoch vor dem Hintergrund, dass nicht so viel Kapital benötigt wurde und es wahrscheinlich durch meine letzte freiberufliche Tätigkeit vor der Praxisgründung nicht möglich gewesen wäre.

Hatten Sie zu dieser Zeit einen Mentor oder Ansprechpartner für Ihre Gründung? |Julia Goldstein| Da gibt es mehrere Personen, wobei es keinen speziellen Mentor gibt. Fachliches und berufliches Coaching bekam ich durch meine ehemaligen Kollegen aus verschiedenen Praxen. Sie gaben mir Informationen und Tipps zum Beispiel zur Patientenwahl oder der Praxisorganisation. Bei verschiedenen Fragestellungen habe ich auch aktiv nachgefragt, wie meine Kollegen damit umgegangen sind oder den Sachverhalt betrachtet haben. Was die geschäftliche Abwicklung und steuerliche Fragen betrifft, greife ich auf das Know-How meiner Mutter zurück.

Wie hat sich die Selbstständigkeit seit der Gründung entwickelt? |Julia Goldstein| Richtig gut und so, wie ich es mir erhofft habe. Ich kann

163

Analyse von Berufsgruppen

mich nicht beschweren, habe einen sehr vollen Terminkalender. Meine Praxis ist vollkommen ausgelastet und die Prognosen für die Zukunft sind ganz gut. Meine Zeit kann ich mir nach wie vor weitgehend frei einteilen, so dass alles klappt. Es gibt sogar bereits eine lange Warteliste an Patienten.

Dies ist sehr erfreulich, da ich selbst nicht aktiv oder gezielt Werbung mache. Im Gegenteil: Ich habe meine Praxis sogar aus diversen Internetportalen entfernen lassen, in denen ich als Psychotherapeutin aufgeführt werde.

Im Moment kann ich schlichtweg nicht alle Anfragen zeitnah beantworten.

Von den laufenden Erträgen kann ich zudem ganz gut leben, weil die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns monatliche Abschläge zahlt. Durch meine quartalsweise übermittelten Abrechnungen mit der Kassenärztlichen Vereinigung werden diese anschließend verrechnet. Die Abschlagszahlungen erfolgten bereits unmittelbar nach der Praxiseröffnung.

Dies ist einer der Vorteile der Kassenzulassung, da das unternehmerische Risiko deutlich verringert wird. Anders verhält es sich mit der privaten Krankenkasse, bei denen erst nach der Rechnungsstellung die Geldleistung erfolgt. Eine Überlegung für die Zukunft könnte durchaus sein, eventuell jemanden im Sekretariat einzustellen oder einen weiteren Therapeuten in meiner Praxis aufzunehmen.

Gab es hilfreiche Netzwerke, beziehungsweise sind Sie Mitglied einer Interessensvertretung/ Kammer/ Verband? |Julia Goldstein| Durch meine Tätigkeit bin ich Zwangsmitglied in der

Psychotherapeutenkammer.

Nach erfolgreicher Approbation wird man automatisch Mitglied dieser Kammer.

Darüber hinaus bin ich noch in zwei weiteren Berufsverbänden Mitglied, der Deutschen Psychotherapeuten Vereinigung und dem Berufsverband der Deutschen Psychologen. Ersterem bin ich während des Studiums beigetreten, da sie ihren Mitgliedern viele hilfreiche Informationen, Fortbildungen und manchmal auch Vergünstigen bieten, z.B. für Literatur. In der Deutschen Psychotherapeutischen Vereinigung sind die Fortbildungen ebenfalls empfehlenswert. Ab und zu gehe ich zu Veranstaltungen, wo ich spezifische inhaltliche Vorträge besuche, die für mich relevant und interessant sind.

Haben Sie Tipps für junge Unternehmerinnen: was würden Sie heute anders machen? „Sich im Vorfeld gut informieren und ein gewisses Maß an Flexibilität ebnen den Weg für einen gelungenen Start in die Selbstständigkeit“. |Julia Goldstein| Zunächst ist es ratsam, wenn sich zukünftige Unternehmerinnen mit Leuten zusammenschließen, die in der gleichen Berufssparte schon selbstständig tätig sind.

So bekommt man zahlreiche hilfreiche Tipps aus erster Hand und kann von unterschiedlichen Erfahrungen profitieren. Insgesamt hat es in meinem Fall ganz gut geklappt, weil ich mir viele Informationen und Ratschläge in den Praxen geholt habe, in denen ich vorher gearbeitet habe. Flexibilität ist außerdem sehr wichtig, gerade wenn es um den Standort des potentiellen Unternehmens geht. Beachtet man

164

Analyse von Berufsgruppen

diese Punkte, ist der Start als Unternehmerin gar nicht so schwer.

4.2.7.6

Weibliche Unternehmerinnen im Pflegedienst

(Autorin Sandrina Rosenkränzer) Bundesverband Ambulanter Dienste und Stationäre Einrichtungen e. V. Im Rahmen der Recherche wurden zwei Pflegedienst-Vereine kontaktiert, mit der Bitte um Unterstützung bei der Projektstudie. Der Bundesverband Ambulanter Dienste und Stationärer Einrichtungen e.V. (bad) konnte nach einem ausführlichen Telefongespräch und einer nachfolgenden internen Prüfung zu seinem Bedauern keine Daten zur Projektstudie beisteuern.

Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste e. V. (bpa) Ebenso war das Resultat beim Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste e.V. (bpa). Auch die Landesgruppe Bayern konnte nach interner Rücksprache keine Daten aushändigt werden. Allgemeine Informationen über die Mitgliederzusammensetzung des bpa werden auf der Homepage aufgezeigt: Mitglieder sind private ambulante oder auch stationäre Pflegeeinrichtungen, in Summe ca. 9.000 Mitglieder deutschlandweit (vgl. bpa 2015).

Bedauerlicherweise kann für die Berufsgruppe der mobilen und stationären Pflegedienste kein Datenmaterial veranschaulichend dargestellt werden.

4.2.7.7

Heilpraktikerinnen

Der Heilpraktikerverband Bayern e.V. (Landesverband des Fachverband Deutscher Heilpraktiker) hat sich die Ziele gesetzt, den Heilpraktikerberuf zu erhalten und zu fördern und die Naturheilkunde als Ganzes zu bewahren (vgl. Heilpraktikerverband Bayern e.V. 2015). Auf Anfrage beim bayerischen Verband konnten der Projektgruppe bedauerlicherweise keinerlei Daten zur Verfügung gestellt werden. Auch durch weitere Internetrecherche konnten hier keine repräsentativen Daten ermittelt werden, sodass hier eine Darstellung von selbstständigen Heilpraktikerinnen in Bayern fehlt.

4.2.7.8

Homöopathinnen

Um die Berufsgruppe der selbstständigen Homöopathinnen in der vorliegenden Studie abzubilden, wurde an den Landesverband Bayern e.V. des Deutschen Zentralverein homöopathischer Ärzte (DZVhÄ) herangetreten. Der Landesverband Bayern ist mit 800 Mitgliedern der größte bayerische Verband (vgl. DZVhÄ 2015).

Der Deutsche Zentralverein homöopathischer Ärzte weist auf der Homepage eine bundesweite Mitgliederzahl von 3.500 Mitgliedern aus (vgl. DZVhÄ 2015). Eine der

165

Analyse von Berufsgruppen

wichtigsten Aufgaben ist die Förderung der Homöopathie durch eine fundierte Ausund Weiterbildung (vgl. DZVhÄ 2015).

Nach einem ausführlichen Telefonat mit dem Landesverband Bayern wurde die Projektgruppe direkt an den DZVhÄ weiter verwiesen, mit der Bitte, dort das benötigte Datenmaterial zu erfragen. Leider wurde der Projektgruppe auch hier nach eingehender interner Abstimmung mitgeteilt, dass eine Weitergabe der verbandsinternen Daten nicht möglich sei. Daraus resultieren, ebenso wie bei den Heilpraktikerinnen, bedauerlicherweise keine weiteren Erklärungen und Darstellung bezüglich selbstständiger Homoöpathinnen in Bayern.

4.2.7.9

Osteopathinnen

Die Berufsgruppe der Osteopathen wird durch viele Interessensverbände vertreten.

Um repräsentative Zahlen und Fakten zu erhalten, wurden vier Vereine bzw. Verbände mit folgenden Ergebnissen kontaktiert.

Verband freier Osteopathen e.V. Der Verband freier Osteopathen e.V. (vfo) strebt mit dem eigenen Konzept eine Eingliederung des immer stärker gefragten Berufsbild des Osteopathen in das deutsche Gesundheitsweisen an (vgl. vfo 2015). Ebenso wie die zuvor genannten Vereine ist der vfo die Interessensvertretung der Osteopathen im deutschsprachigen Bereich (vgl. vfo 2015). Nach telefonischer, sowie schriftlicher Kontaktaufnahme per Email, konnte der Projektgruppe letztendlich mitgeteilt werden, dass sowohl aus Datenschutzgründen, als auch aus zeitlichen Gründen keine Zahlen und Fakten über Mitglieder des Verbandes weitergegeben werden können.

Bundesarbeitsgemeinschaft Osteopathie e.V. Die Bundesarbeitsgemeinschaft Osteopathie e.V. (BAO) wurde daraufhin mit der gleichen Zielsetzung kontaktiert. Die BAO ist ein sehr junger Verein, der es sich zur Hauptaufgabe gemacht hat, die osteopathische Ausbildung in Deutschland zu standardisieren (vgl. BAO 2015). Der Projektgruppe wurde auf die Anfrage entgegnet, dass diese Daten zwar erfasst werden, aber – ebenso wie beim vfo – aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht an Dritte herausgegeben werden dürfen und sich eine Unterstützung von Projekten generell schwierig gestaltet.

Bundesvertretung der Osteopathen in Deutschland An die Bundesvertretung der Osteopathen in Deutschland (VOD e.V.) wurde ebenfalls mit diesem Anliegen herangetreten. Deutschlands ältester und größter Bundesverband vertritt die Interessen aller Osteopathen in Deutschland und verfolgt das Ziel, dass der Beruf des Osteopathen zu einem rechtlich anerkannten Beruf wird (vgl.

VOD 2015). Telefonisch wurde der Projektgruppe mitgeteilt, dass keine benötigten Daten zur Verfügung gestellt werden können.

166

Analyse von Berufsgruppen

BVO, Bundesverband Osteopathie e.V. Bei einem letzten Versuch, repräsentatives Zahlenmaterial zu erhalten, wurde der BVO, Bundesverband Osteopathie e.V., mit der Bitte um Daten kontaktiert. Sehr ähnlich zu den vorherigen Zielsetzungen, verfolgt auch dieser Verband einerseits die berufliche Anerkennung der Osteopathen und andererseits eine Verankerung dieser Berufsgruppe im deutschen Gesundheitswesen (vgl. BVO2015). Bedauerlicherweise wurde während des Telefonats mitgeteilt, dass sich der Verband derzeitig in einer großen Umstrukturierungs-Phase befindet und deshalb aus Zeitgründen keine Daten an das Projektteam ausgehändigt werden können.

Eine Zielgruppen-Darstellung der selbstständigen Osteopathinnen in Bayern ist der Projektgruppe aufgrund fehlender Daten nicht möglich gewesen.

4.2.7.10 Physiotherapeutinnen und Masseurinnen Verband Physikalische Therapie Bei dem Versuch, alle selbstständigen Tätigkeiten im Gesundheitssektor abzudecken, wurde auch die Landesgruppe Bayern des Verbands Physikalische Therapie (VTP) konsultiert. Der VTP bewirbt auf seiner Homepage eine deutschlandweite Mitgliederanzahl von 20.000 Mitgliedern und ist damit einer der größten Heilmittelverbände in Deutschland (vgl. VTP 2015). In diesem Verband haben sich hauptsächlich die Berufsgruppen der Masseure und medizinischen Bademeister zusammengeschlossen, ebenso können ihm auch Physiotherapeuten beitreten. Auf die Anfrage des Projektteams wurde schnell reagiert. Nach Absprache mit dem Landesvorsitzenden wurde jedoch lediglich schriftlich mitgeteilt, dass das zur Verfügung stehende Zahlenmaterial ausschließlich zur verbandsinternen Verwendung freigegeben ist und nicht nach außen gegeben werden darf. Aus diesem Grund können über weibliche selbstständig tätige Masseurinnen keine quantitativen Aussagen getroffen werden.

Physiotherapieverband der Selbstständigen Bayern e.V. Der Physiotherapieverband der Selbstständigen Bayern e.V., der ein Berufs- und Wirtschaftsverband für selbstständige Physiotherapeuten, Masseure oder medizinische Bademeister ist und dessen Ziel u.a. die umfassende Betreuung und Beratung der selbstständig Tätigen der Physiotherapie ist, konnte zum großen Bedauern kein Datenmaterial zur Verfügung stellen. Besonders hier ist es sehr bedauernswert, dass kein Zahlenmaterial zu erhalten war, da die Mitglieder des Vereins aus einer Teilmasse der Zielgruppe – selbstständige Physiotherapeutinnen – bestehen und somit aufschlussreiche Daten fehlen.

167

Analyse von Berufsgruppen

Deutscher Verband für Physiotherapie Der Deutsche Verband für Physiotherapie e.V. (ZVK) versteht sich einerseits als Interessensvertretung und andererseits als Dienstleister für seine Mitglieder (vgl.

ZVK 2015). Die Landesvertretung Bayern e. V. des ZVK konnte lediglich über die Geschlechterverteilung der selbstständigen Physiotherapeuten in Bayern folgende Auskünfte geben:

Physiotherapeuten 33% Physiotherapeutinnen 67%

Abbildung 49: Prozentuales Verhältnis von männlichen und weiblichen Physiotherapeuten (Quelle: eigene Darstellung)

4.2.7.11 Medizinische Fußpflegerinnen und Podologinnen Zentralverband der Podologen und Fußpfleger Deutschland e.V. Nach Kontaktaufnahme mit dem Landesverband Bayern – des Zentralverbandes der Podologen und Fußpfleger Deutschland e.V. (ZFD) – konnte die Projektgruppe Zahlen und Fakten über die Mitglieder des Vereins erhalten. Allerdings werden die Daten nicht Landesverband-spezifisch gespeichert. Die vorliegenden Daten sind daher auf Deutschland bezogen. Nichtsdestotrotz werden nun die Ergebnisse für Deutschland dargestellt: Im Verband ZFD sind in Deutschland 252 selbstständige Podologinnen oder medizinische Fußpflegerinnen als Mitglieder registriert. Das entspricht – im Verhältnis zu den selbstständigen Mitgliedern gesamt – einer Quote von ca. 92%.

168

Analyse von Berufsgruppen

Es ist zu vermuten, dass in Bayern ebenfalls ein höherer weiblicher SelbstständigenAnteil gegeben ist. Hinsichtlich der Frage, ob die Erwerbstätigkeit nebenberuflich oder hauptberuflich gestaltet ist, wurde die Aussage getroffen, dass alle 252 selbstständigen Podologinnen im Vollerwerb tätig sind. Ebenso weisen alle weiblichen Mitglieder eine berufliche Ausbildung vor. Eine akademische Ausbildung gibt es erst seit zwei Jahren. Die deutschlandweite Altersstruktur der Mitgliederinnen gestaltet sich wie abgebildet in folgender Darstellung: 1% 10% unter 25

28%

12%

26-35 36-45 46-55 über 56

49%

Abbildung 50: Altersstruktur der Podologinnen in Jahren (Quelle: eigene Darstellung)

Verband Deutscher Podologen Nach einer telefonischen Anfrage bei dem Landesverband Bayern des Verbands Deutscher Podologen, konnte die erste Vorsitzende aus Datenschutzgründen keine Informationen über die Mitglieder an das Projektteam herausgeben.

Einen Überblick über bayerische selbstständige Podologinnen und medizinische Fußpflegerinnen kann aufgrund fehlender spezifischer Daten über Bayern auch hier bedauerlicherweise nicht gegeben werden.

4.2.7.12 Ernährungsberaterinnen und Diätassistentinnen Verband der Diätassistenten – Deutscher Bundesverband e.V. Bei der Erhebung von Zahlen und Fakten zu der Berufsgruppe von Ernährungsberaterinnen und Diätassistentinnen ist das Projektteam auf den Verband der Diätassistenten – Deutscher Bundesverband e.V. (VDD), aufmerksam geworden. Der VDD vertritt als alleiniger berufsständiger Vertreter die Diätassistenten in berufspolitischen nationalen, sowie internationalen Belangen (vgl. VDD 2015). Während des Telefonats mit der Geschäftsführerin wurde deutlich, dass es nicht möglich ist, überblickgebende Daten nach außen zu gegeben. Eine Aussage konnte die Geschäftsführerin allerdings treffen: Bundesweit sind 98% aller Ernährungsberater weiblich. Laut der Homepage des Verbandes sind ca. 4.000 Diätassistenten als Mitglieder im VDD registriert. Im relativen Verhältnis entspricht diesem Wert ca. ein Drittel aller berufstä-

169

Analyse von Berufsgruppen

tigen Diätassistenten in Deutschland (vgl. VDD 2015). Allerdings handelt es sich hierbei um deutschlandweite Fakten, die sich ohne weitere Informationen nicht auf den bayerischen Status quo extrapolieren lassen. Außerdem ist es nicht ersichtlich, bzw. sehr wahrscheinlich, dass die Mitglieder sowohl Angestellte als auch selbstständig tätige Mitglieder umfassen. Dementsprechend liegen auch hier keine repräsentativen Ergebnisse vor.

Berufsverband Oecotrophologie e.V. Bei einem weiteren Versuch, Zahlenmaterial ausfindig zu machen, wurde an den Berufsverband Oecotrophologie e.V. (VDOE) herangetreten. Nach Kontaktaufnahme mit einer zuvor genannten Ansprechpartnerin konnten allerdings auch hier keine Daten ermittelt werden. Die Imagebroschüre des VDOE weist für das Jahr 2013 eine Mitgliederzahl von 4.198 in Deutschland aus (vgl. VDOE 2015). Wenn es möglich gewesen wäre, Einsicht in die relevanten Daten zu haben, hätten diese höchst wahrscheinlich einen interessanten Überblick in dieser Berufsgruppe zeigen können.

Grund dafür ist, dass der VDOE Mitglieder, die eine eigene Existenz gründen möchten oder bereits selbstständig sind, in umfassendem Umfang beraten und ein gesondertes Angebot für diese Mitglieder anbieten (vgl. VDOE 2015).

Letztendlich können bedauerlicherweise aufgrund fehlender Zahlen und Daten keine Ergebnisse über die Berufsgruppe der Ernährungsberaterinnen und Diätassistentinnen in Bayern ausgewertet werden.

170

Zentrale Aussagen aus der Studie

5 Zentrale Aussagen aus der Studie (Autorin Sandrina Rosenkränzer) Im Rahmen der Projektstudie wurden neben der quantitativen Recherche, selbstständige Unternehmerinnen in Bayern hinsichtlich ihrer eigenen Erfahrungen in qualitativen Interviews befragt. Im folgenden Abschnitt werden die zentralen Aussagen der geführten Interviews akzentuiert:

 Gründe für die Selbstständigkeit In den Interviews wurden alle selbstständigen Unternehmerinnen befragt, was die Gründe für den Schritt in die Selbstständigkeit waren.

Die häufigsten Antworten waren zum einen die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf – trotz hoher Arbeitsbelastung – aber auch die berufliche Leidenschaft. Bis auf wenige Ausnahmen bestätigten alle Befragten, eine gewisse Leidenschaftlichkeit hinsichtlich ihrer Selbstständigkeit und ihres Berufs zu verspüren.

Die große Entscheidungsfreiheit, Flexibilität und Eigenverantwortung waren sehr häufig genannte Hintergründe. „Die Selbstständigkeit war immer mein Ziel. Es war meine Lebens-Vorstellung und auch mein Wunsch zur Selbstverwirklichung.“ Barbara Schneider Der Aspekt der Weisungsungebundenheit war für die selbstständigen Damen ebenso häufig ein Beweggrund, wie die zu geringen Aufstiegschancen im Angestelltenverhältnis. Als ein weiterer ausschlaggebender Grund wurde mehrmals angegeben, dass sich die Möglichkeit ergab, einen bestehenden Betrieb (z.B. von den Eltern) zu übernehmen.

 Motivationsfaktoren und Vorteile Vor allem die Faktoren Freiheit und Selbstbestimmung wurden bei der Frage nach der Motivation sehr häufig von den interviewten Damen genannt. Ebenso gilt eine gewisse Unabhängigkeit unter den Unternehmerinnen als motivierender Aspekt. Die freie Zeiteinteilung und die inhaltlichen Gestaltungsmöglichkeiten sind für eine Mehrheit der Selbstständigen die größten genannten Vorteile im Rahmen der Selbstständigkeit. „Ich möchte selbst in der Hand haben, wann, was und wofür ich arbeite!“ Michaela Huber Einige Interviewte gaben an, dass der finanzielle Aspekt im Rahmen der Selbstständigkeit ein weitaus höheres Entwicklungspotential im Gegensatz zum Angestellten-

171

Zentrale Aussagen aus der Studie

dasein, welches oftmals beschränkt ist, aufweist und damit als Vorteil und Motivationsfaktor zu bewerten ist.

 Faktoren, die die Gründung und Selbstständigkeit fördern Einige der interviewten Damen gaben an, dass sich vor allem die Unterstützung von Mentoren und Ansprechpartnern im Rahmen der Selbstständigkeit förderlich auswirkten bzw. auch zum aktuellen Zeitpunkt förderlich sind. In Bezug auf die Selbstständigkeit empfinden die Unternehmerinnen Netzwerke sehr häufig als positiv. Laut ihren Aussagen wirkten sich vor allem berufliche Vorerfahrungen positiv auf die selbstständige Tätigkeit aus. Nicht zuletzt wurde angegeben, dass Eigenschaften, wie zum Beispiel selbstständiges Arbeiten und Organisationstalent, wichtige förderliche Faktoren der Selbstständigkeit darstellen. Die familiäre Unterstützung war ebenso ein Faktor, der einen Teil der Unternehmerinnen in ihrem Handeln positiv bestärkte. „In meiner Familie sind alle selbstständig, so dass ein gemeinsames Verständnis für einander herrscht.“ Julia Goldstein

 Inanspruchnahme von öffentlichen oder privaten Gründungsunterstützungen Bei der Frage, ob öffentliche oder private Gründungsunterstützungen in Anspruch genommen wurden, waren die Antworten der befragten Zielgruppe unterschiedlicher Natur. Einige gaben an, dass sie keine finanzielle Unterstützung in Anspruch genommen haben, teilweise weil keine größeren Anschaffungen für die Neugründung nötig waren oder der Betrieb innerhalb der Familie übernommen wurde. Nichtsdestotrotz haben einige der selbstständigen Damen angegeben, staatliche Gründungszuschüsse erhalten zu haben. Eine Mehrzahl der Befragten gab zudem an, dass das neu gegründete Unternehmen durch vorhandenes Eigenkapital teilweise oder vollständig finanziert wurde. Selbstverständlich haben ebenso einzelne Unternehmerinnen einen Kredit aufgenommen, um Investitionen im Rahmen der Gründung zu tätigen. Auf die Frage, ob sie sich mehr Fördermöglichkeiten gewünscht hätten, antworteten die Damen überraschenderweise mit nein.

 Die hypothetische Frage nach der erneuten Selbstständigkeit Die Damen wurden befragt, ob sie sich nochmals selbstständig machen würden, wenn sie wieder in der jeweiligen Situation wären. Das folgende Zitat steht exemplarisch für den Großteil der gegebenen Antworten:

172

Zentrale Aussagen aus der Studie

„Ja, auf jeden Fall. Ganz ohne wenn und aber.“ Hannelore Goldstein Die meisten sind überzeugt: Die eigene Selbstständigkeit war der richtige Schritt. Es gab aber auch andere Stimmen in den Interviews. Einige wenige der Damen würden grundsätzlich den Schritt in die Selbstständigkeit nochmals wagen, jedoch in einem anderen Beruf bzw. in einer anderen Branche: „Ich würde mich für einen anderen Beruf entscheiden.

Mein Typus sagt mir: lieber selbstständig als angestellt.“ Bettina Colombo-Egerer Eine weitere Befragte hat der Selbstständigkeit bereits den Rücken gekehrt und ist heute wieder als Angestellte tätig. Sie antwortete, dass sie sich nicht mehr für die Selbstständigkeit entscheiden würde. Unter den Befragten vertritt nur sie diese Meinung. Letztendlich bestätigten alle Interviewpartnerinnen, dass eine Selbstständigkeit mit einem hohen Arbeitsaufwand in Verbindung steht und daraus resultierend „selbst“ und „ständig“ im Mittelpunkt steht.

 Schwierigkeiten und Herausforderungen Einige der Unternehmerinnen empfanden es als Schwierigkeit, den richtigen Standort für ihr neu gegründetes Unternehmen zu finden. „Die Entscheidung zur Selbstständigkeit war die größte Herausforderung.“ Caroline Amersdorffer Aber auch finanzielle Sorgen belasteten die befragten Damen. Das Erstellen eines ausführlichen Businessplans für die Kapital-Geber war für einige Unternehmerinnen eine große Schwierigkeit. „Die Bereitschaft für das Risiko und keine Angst vor riskanten Entscheidungen zu haben.“ Judith Lang

 Bestehende Nachteile aufgrund des weiblichen Geschlechts Auf diese Frage gab es unterschiedliche Antworten. Die große Mehrheit antwortete, dass sie weder zu Zeiten der Gründung noch derzeit als Unternehmerin Schwierigkeiten aufgrund des Geschlechts wahrnehmen konnten und können. Teilweise fügten sie, Begründungen an, die eine Diskriminierung aufgrund von persönlichen Charakterzügen ausschließen: „Nein! Da bin ich überhaupt nicht der Typ dazu.“ Pia Simmler

173

Zentrale Aussagen aus der Studie

Einige der Befragten antworteten allerdings, dass sie Nachteile oder Diskriminierungen aufgrund des weiblichen Geschlechts in der Vergangenheit verspürten oder heute teilweise noch verspüren. Die zentralen Aspekte waren dabei Vorurteile, die offen gezeigt wurden und unter anderem auf ein weniger selbstbewusstes Auftreten oder der geringeren Risikofreude von Frauen zurückzuführen sind. Einige Damen mit langjähriger Berufserfahrung erzählten, dass sie früher mehr Probleme aufgrund des Geschlechts hatten als heute.

Einige der Selbstständigen sind hingegen auch der Meinung, dass Frauen, die zurückhaltender aufgrund ihres Charakters sind, Nachteile erleben. So antwortete eine befragte Unternehmerin: „Ich glaube, es ist eine Frage des eigenen Charakters und der eigenen Wesenszüge.“ Frau K. Es ist festzustellen, dass Nachteile aufgrund des weiblichen Geschlechts abhängig von der Branche sein können: in künstlerischen Berufsgruppen werden Frauen grundsätzlich mehr akzeptiert und geringer benachteiligt.

 Entwicklung der Selbstständigkeit „Ich kann für mich rückblickend sagen: Es hat sich im Laufe der Jahre immer positiver entwickelt.“ Barbara Schneider So wie die Schneiderin die Entwicklung ihrer Selbstständigkeit beschreibt, erlebten es über die Hälfte der befragten Zielgruppe: Das eigene Unternehmen ist stetig gewachsen.

 Empfehlungen Jedes Interview wurde mit der Frage nach Empfehlungen für zukünftige weibliche Selbstständige abgeschlossen. Diese Ratschläge sind zu Gunsten der Gründerinnen von morgen sehr umfassend ausgefallen.

Die Unternehmerinnen weisen mit aller Dringlichkeit darauf hin, dass  ein klarer Zielfokus vorhanden sein muss. Ohne diesen wird es bei einer Selbstständigkeit zu Schwierigkeiten kommen. Diesen Fokus gilt es auch für den persönlichen Lebensweg zu haben: Jeder zukünftigen Selbstständigen sollte bewusst sein, welchen Stellenwert Familie und Beruf einnehmen.  Die selbstständig Tätigen legen es jeder zukünftigen Selbstständigen nahe, vor einer Gründung ausreichende und umfangreiche Beratungen in Anspruch zu nehmen.

174

Zentrale Aussagen aus der Studie 



Besonders oft wurde in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, sich aktiv in einen Erfahrungsaustausch mit bereits Selbstständigen zu begeben.

Sie empfehlen, die Erfahrungen von z.B. Mentoren oder Mentorinnen oder Netzwerken bewusst zu nutzen. Ähnlich wie das Statement der Gynäkologin, setzen die befragten Damen grundsätzlich voraus, dass eine gewisse Verbundenheit zum Beruf vorhanden sein muss:

„Meine Empfehlung lautet: Tue nichts, wo Du nicht dahinter stehen kannst, und vertraue Deiner Intuition!“ Dr. med. Susanne Mikorey-Lechner 



Eine etwas unerwartete, aber zugleich verständliche Empfehlung von zwei Interviewten lautet, sich bewusste kleine Auszeiten von dem Unternehmerinnen-Dasein zu nehmen und aktiv Pausen einzulegen.

Einige der interviewten Damen sehen es als sehr empfehlenswert, sich nicht zu früh in die Selbstständigkeit zu wagen und nichts zu überstürzen. Sie raten dazu, eigene Erfahrungen zu sammeln, z.B. in unterschiedlichen Unternehmen oder im Ausland. Die jeweiligen Lebenserfahrungen können anschließend direkt für das eigene Unternehmen genutzt werden.

175

Zukunftsprognose: „Female shift“

6 Zukunftsprognose: „Female shift“ (Autorin Claudia Eckstaller) „Female shift – Hochqualifizierte Unternehmerinnen auf dem Vormarsch“ Bereits eingangs der Projektstudie wurde auf den vom Zukunftsinstitut propagierten Megatrend „female shift“ hingewiesen (vgl. Zukunftsinstitut 2015a). Obwohl es trotz intensiver Bemühungen im Rahmen der Studie nicht gelungen ist, ein vollständiges und belastbares Datenmaterial zu Unternehmerinnen in Bayern zusammen zu tragen, kann mit der Interpretation vieler erarbeiteter Indikatoren die These des „female shifts“ doch bestätigt werden. Nicht nur im Unternehmenskontext in abhängigen Beschäftigungsverhältnissen, dort vor allem auf Führungsebenen, sondern auch auf dem Feld der unternehmerischen Selbstständigkeit werden Frauen in den kommenden Jahren in Deutschland sichtbar - quantitativ und qualitativ - an Bedeutung gewinnen.

Will man es sogar provokant formulieren, müsste den Herren in unserer Gesellschaft bald „Angst und Bang“ werden, denn die Studierendenzahlen in Deutschland sprechen eine deutliche Botschaft: Mit wenigen „traditionellen“ Studienfach-Ausnahmen ist die Zunahme weiblicher Akademiker in den vergangenen Jahren signifikant (vgl.

Destatis 2015). Besonders interessant ist dabei, dass oftmals in Studienfächern, die nach Abschluss eine freiberufliche Tätigkeit ermöglichen, die Zahl der Studentinnen bereits überwiegt. Es liegt nahe, daraus eine Tendenz zur Zunahme höchstwertiger unternehmerischer Tätigkeiten von Frauen abzuleiten. Sei es als Ärztinnen, als Anwältinnen, als Journalistinnen oder Beraterinnen auf der freiberuflichen Seite, oder auch auf der gewerblichen und kaufmännischen Seite erobern sich engagierte Frauen ihre unternehmerischen Betätigungsfelder. Dabei ist – wenn man Vorurteile zumindest in diesem Zusammenhang bedienen will – deutlich, dass Frauen oftmals Selbstständigkeitsbereiche wählen, die ein hohes Maß an Flexibilität für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf bieten können und in engem Kontakt mit Mitmenschen stehen.

Deutlich wird aus der Studie auch, dass es fast allen interviewten Unternehmerinnen um mehr als „nur Geld“ geht: Die Chance, mit der Tätigkeit einen sinnvollen gesellschaftlichen Beitrag zu leisten, sich mit der eigenen „Lieblingsbetätigung“ den Lebensunterhalt zu verdienen oder auch Familientraditionen fortzusetzen, war den Damen wichtiger. Das bedeutet selbstredend nicht, dass diese Unternehmerinnen mit „naiven“ Ideen und „blauäugig“ den Schritt in die Selbstständigkeit machen.

Unternehmerinnen sind deutlich „risikobewusster“ als ihre männlichen Geschäftskollegen, wie auch andere Studien belegen (vgl. BmWI, 2013). Sie schließen zielführende, hochqualifizierte Ausbildungen ab, informieren sich über ihr Berufsfeld, sammeln berufliche Erfahrungen, nutzen die Erfahrungen anderer und….starten fast alle mit einem in finanzieller Hinsicht überschaubarem und tragfähigen Risiko – letzteres unterscheidet sie tatsächlich zentral von ihren männlichen Mitstreitern. Fast könnte man sagen, Unternehmerinnen „zocken“ weniger als ihre männlichen Kolle-

176

Zukunftsprognose: „Female shift“

gen und haben einen größeren Weitblick – das Unternehmen soll ja sie und die Familie längerfristig „ernähren“.

Bemerkenswert ist zudem, dass Unternehmerinnen scheinbar weniger gesellschaftlichen Rollenvorurteilen ausgesetzt sind als ihre angestellten Geschlechtsgenossinnen. Dies mag zum einen daran liegen, dass oftmals Unternehmensfelder aufgegriffen wurden, in denen die geschlechtsspezifischen Rollenbilder von vorneherein nicht konfliktär aufgestellt waren, z.B. im Einzelhandel oder Dienstleistungsbereich. Zum anderen haben die Unternehmerinnen möglicherweise bewusst und frühzeitig die „Unabhängigkeitsentscheidung“ getroffen, um im späteren Karriereverlauf den „gläsernen“ Decken zu entkommen. Oder zum Dritten, weil es ihr unternehmerisches Selbstbewusstsein ermöglichte, gegenüber Kunden, Geschäftspartnern und anderen unternehmerischen Bezugspersonen unerschütterlich als kompetenzausstrahlende Geschäftsfrauen aufzutreten. In jedem Fall scheinen selbstständige Frauen weniger Grund zum Klagen über Geschlechterungerechtigkeiten zu haben.

Dies alles belegt, dass Unternehmerinnen von heute den jungen Frauen der nachfolgenden Generationen gute Vorbilder für den Schritt in das Unternehmertum geben können. Wie bereits von Thomas Huber in einem Artikel des Zukunftsinstituts angesprochen: „Neue Powerfrauen bereichern das moderne Rollenbild der Frau: Unabhängig, berufstätig, selbstständig…. Autonomie, Freiheit und Selbstverwirklichung sind die neuen Grundwerte, die von allen diesen Lebensstilvertreterinnen geteilt werden.“

…und: dies kommt schließlich auch dem Wertgerüst der kommenden Generationen Y und Z sehr entgegen!

Schlussbemerkung: An dieser Stelle möchte ich mich als Projektleitung ganz herzlich bei meinem herausragenden Projektteam, einem Team junger, engagierter und – wie anhand der schwierigen Datengewinnung im Rahmen der Projektstudie deutlich belegbar war auch besonders durchhaltefähiger und frustrationstoleranter Masterstudentinnen, bedanken.

Es war für mich außerordentlich bemerkens- und bewundernswert, was in einem Semester, also nur knapp 4 Monaten (inklusive Weihnachten! und exklusive Prüfungszeit), von einem nur 7 köpfigen Projektteam mach- und bewältigbar war.

Vielen Dank für das spannende und erfolgreiche, gemeinsame Semester!

Claudia Eckstaller

177

Studienprojektteam

7 Studienprojektteam (in alphabetischer Reihenfolge) Yasemin Acikgöz – B.A. Kurzprofil:  Bachelorstudium der Betriebswirtschaftslehre an der Hochschule für angewandte Wissenschaften Landshut, Schwerpunkte Personal- & Prozessmanagement und Logistik & Beschaffung  Praktikum im Bereich direkter Einkauf, – BMW AG, München  Praktikum im Bereich Personalmanagement, – BMW AG, Dingolfing  Werkstudentin im Bereich Sales Administration, – Denso Automotive GmbH, München  Werkstudentin im Bereich Compliance, Airbus Defence and Space GmbH, – München  Masterstudium Personalmanagement, der Hochschulen München, Augsburg, Landshut Statement zum Thema „Selbstständigkeit“: „Für mich bedeutet Selbstständigkeit die Freiheit, eigene Entscheidungen im Unternehmen zu treffen, sich frei zu entfalten sowie seine persönlichen Fähigkeiten gewinnbringend zu nutzen.

Die Selbstständigkeit hat aber auch ihre Tücken. Sie ist nicht der einfachste Weg, sie ist mit einem hohen Risiko verbunden und erfordert Mut. Denn nicht jeder Mensch ist gleich gut dafür geeignet, Eigeninitiative zu entwickeln und mit hohem persönlichem Engagement Schwierigkeiten zu bewältigen, die einem als Angestellten bislang unbekannt waren bzw. abgenommen wurden.

Die Karriere eines Unternehmers zeichnet sich zwar dadurch aus, dass sie im Regelfall sehr individuell ist, doch grundsätzlich denke ich, dass es nicht schaden würde, vor der Selbstständigkeit vorerst auch Erfahrungen als "normaler Angestellter" gesammelt zu haben. So kennt man die Arbeitswelt auch aus dieser Perspektive, was einem im späteren Unternehmerleben sicherlich in diversen Personalfragen eine Hilfestellung sein kann. Darüber hinaus sind Erfahrungen als Angestellte Fachkraft sicherlich ein zweites Standbein, auf das man sich berufen kann, wenn es mit der eigenen Selbstständigkeit wider Erwarten nicht funktionieren sollte.

Für mich persönlich kommt die Selbstständigkeit nach meinem Abschluss vorerst nicht in Frage, aber man weiß ja nie, was die Zukunft mit sich bringt.“

178

Studienprojektteam

Julia Auer – BA. Kurzprofil:      

Bachelorstudium International Management an der International School of Management, Campus München Auslandssemester an der Webster University, Genf Praktikum, Internationale Personalentwicklung – BorgWarner Emissions Systems Spain S.L, Vigo Praktikum, Internationale Personalentwicklung – BorgWarner Ludwigsburg GmbH, Ludwigsburg Praktikum, Recruiting – Lidl UK GmbH, Wimbledon Masterstudium Personalmanagement, der Hochschulen München, Augsburg, Landshut

Statement zum Thema „Selbstständigkeit“: „Aufgrund der Tatsache, dass mehrere Mitglieder meiner Familie bereits selbstständig sind, habe ich schon frühzeitig die Herausforderungen, Probleme, aber auch Chancen, die eine Selbstständigkeit bieten kann, kennenlernen dürfen. Daher spiele ich mit dem Gedanken mich nach Abschluss meines Studiums im Trainings-und Coachingbereich selbstständig zu machen.

Jedoch ist mit bewusst, dass hierzu berufliche Erfahrungen als auch organisatorisches Geschick von großer Bedeutung sind. Ich denke, dass man vor allem als Frau in der Selbstständigkeit seine Ziele klar vor Augen haben sollte und diese auch mit einem gewissen Durchsetzungsvermögen verfolgen muss.

Mit der Thematik der Selbstständigkeit bin ich leider in meiner bisherigen Studienzeit wenig in Berührung gekommen, daher empfinde ich das Projekt und die Erstellung des Magazins als äußerst spannend und hilfreich. Besonders die Informationen und Erkenntnisse aus den Interviews beurteile ich als eine persönliche Bereicherung.“

179

Studienprojektteam

Stefanie Richter – B.A. Kurzprofil:   

 





Bachelorstudium International Management an der Hochschule Augsburg Ausbildung zur Fremdsprachenkorrespondentin Praktikum & Werkstudentin HR Marketing, Recruiting & Training – BMW AG, München Werkstudentin Bewerbermanagement – Ferchau Aviation, Augsburg Werkstudentin Human Resources & Bachelorarbeit – Faurecia Emissions Control Technologies, Germany GmbH – Augsburg Werkstudentin Human Resources und Masterarbeit – msg global solutions Deutschland GmbH, Ismaning Masterstudium Personalmanagement, der Hochschulen München, Augsburg, Landshut

Statement zum Thema „Selbstständigkeit“: „Das Unternehmertum bietet ohne Frage zahlreiche Vorteile. Beispielsweise die eigenen Talente und Fähigkeiten weiterentwickeln zu können, sich etwas Eigenes aufzubauen und nachhaltige Werte zu schaffen. Selbstständigkeit bedeutet für mich aber auch, die eigene Komfortzone zu verlassen und mutig die eigenen Interessen und Ziele zu verfolgen.

Wenn man ein eigenes Unternehmen gründen möchte, sind die Voraussetzungen und Chancen heute viel besser als noch vor ein paar Jahren. Ich denke, das Wichtigste ist, sich klarzumachen, wo man gerade steht und in welcher Frage man heute einen Schritt weiter kommen will.

Nach meinem Master Abschluss stellt sich für mich die Frage der Selbstständigkeit erst einmal nicht, da ich noch nicht abschätzen kann, wo meine Reise hingehen wird. Ich möchte mich zunächst weiterentwickeln, meine bisherigen Erfahrungen im Personalbereich weiter ausbauen und mich auch ein Stück weit „neu entdecken“.

Aber wer weiß? Für die Zukunft schließe ich diese Möglichkeit nicht aus“.

180

Studienprojektteam

Sandrina Rosenkränzer – B.A. Kurzprofil:  Bachelorstudium der Betriebswirtschaftslehre an der Hochschule für angewandte Wissenschaften Landshut, Schwerpunkte Personal- & Prozessmanagement und Finanzmanagement  Praktikum im Bereich Recruitment – Amadeus FiRe AG, München  Werkstudentin im Bereich Rekrutierung und Personalmarketing – Capgemini Deutschland GmbH, München  Masterstudium Personalmanagement, der Hochschulen München, Augsburg, Landshut

Statement zum Thema „Selbstständigkeit“: „Vor Beginn des Projekts hatte ich mich bereits mit der Selbstständigkeit beschäftigt, weil mich ein bestimmter selbstständiger Beruf interessiert. Ich habe mir dabei die Frage gestellt, wie ich meine Zukunft gestalten möchte. Weiter informiert habe ich mich nicht, weil ich den Gedanken nicht intensiv verfolgt habe. Grundsätzlich stehe ich daher dem Thema der Selbstständigkeit offen gegenüber. Allerdings sehe ich die Risiken, die eine selbstständige Tätigkeit mit sich bringt, als sehr gewichtend und auch desillusionierend. Als Selbstständige ist man zwar primär unabhängig, weil die Entscheidungen selbst getroffen werden, aber sekundär ist man eben doch sehr stark von seinem Umfeld abhängig, z. B. von den Kunden oder der allgemeinen Marktlage.

Nichtsdestotrotz, möchte ich eine spätere Selbstständigkeit aus meiner jetzigen Situation nicht gänzlich ausschließen.

Was ich aus diesem Projekt mitnehme und wovon ich definitiv überzeugt bin: wenn sich für mich eines Tages die Alternative der Selbstständigkeit anbieten würde, werde ich mich auf jeden Fall im Vorfeld sehr intensiv mit allen Einzelheiten einer Gründung im jeweiligen Beruf und der Branche auseinander setzen und in Netzwerken nach Ansprechpartnern suchen.

Dieses Projekt, im Besonderen die Interviews, haben mir einen sehr tiefen Einblick in die Selbstständigkeit mit allen Vor- und Nachteilen aufgezeigt und mich bereichert, weil wesentliche Aspekte sichtbar geworden sind, die mir vor dem Projekt noch nicht bekannt waren.“

181

Studienprojektteam

Jacqueline Seifert – B.A. Kurzprofil: 

  

Bachelorstudium der Betriebswirtschaftslehre an der Hochschule München, Schwerpunkt Human Resource Management und Controlling, München Praktikum, Recruiting und Personalmarketing – Capgemini Deutschland GmbH, München Werkstudentin, Financial Services – Capgemini Deutschland GmbH, München Masterstudium Personalmanagement, der Hochschulen München, Augsburg, Landshut

Statement zum Thema „Selbstständigkeit“: „Ein Unternehmen zu gründen oder zu übernehmen, finde ich sehr spannend, aber zugleich auch einen mutigen Schritt. Die Nachteile der fehlenden Sicherheit und persönlichen Verantwortung, werden meist durch die vielen Vorteile wie der Eigenständigkeit und Flexibilität ausgeglichen.

Vor einer Selbstständigkeit würde ich jedoch zuerst ausreichend berufliche Erfahrungen sammeln wollen, auf die ich später aufbauen und in das eigene Unternehmen einfließen lassen kann.

Ich bin der Meinung, wenn man von einer Idee überzeugt ist oder einen Traum hat, ist es richtig, wenn man es wagt und sich auf das Abenteuer der Selbstständigkeit einlässt.“

182

Studienprojektteam

Stefanie Siber – B.A. Kurzprofil:  Bachelorstudium der Wirtschaftspädagogik an Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Nürnberg  Praktika, Personalentwicklung – Dürr Sytems GmbH, Bietigheim-Bissingen  Praktika, HR Management – Durr Ltd., Warwick UK  PreMaster Programm, Personalentwicklung – Robert Bosch GmbH, Karlsruhe  Werkstudentin Personalbetreuung – Robert Bosch GmbH, München  Masterstudium Personalmanagement, der Hochschulen München, Augsburg, Landshut Statement zum Thema „Selbstständigkeit“: „Den Schritt in die Selbstständigkeit verbinde ich persönlich vor allem mit einer außergewöhnlich großen Portion Mut, Willensstärke und Unternehmergeist. Vor allem die Interviews mit den ganz unterschiedlichen Unternehmerinnen dieser Studie, konnten diesen Eindruck in allen Punkten bestätigen - allerdings auch um sehr viele positive Facetten erweitern. Die Flexibilität, Selbstbestimmtheit und Kreativität der Arbeitsgestaltung birgt in meinen Augen speziell für Frauen einen großen Mehrwert.

Es zeigte sich aber auch, dass vor allem Berufserfahrung, die Gewinnung von Selbstsicherheit und ein ausgeprägtes Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten entscheidende Faktoren für nachhaltigen Erfolg in der Selbstständigkeit sind.

All diese Kompetenzfelder stehen nicht in den Lehrplänen der Universitäten und Hochschulen, sodass der eigene Schritt in die Selbstständigkeit in den kommenden Jahren noch nicht auf meiner persönlichen Agenda steht.

Langfristig könnte ich mir jedoch die eigene Selbstständigkeit beispielsweise im HR ConsultingBereich als eine attraktive, spannende und herausfordernde Alternative zum Angestelltenverhältnis durchaus vorstellen.“

183

Studienprojektteam

Carolin Warz – B.A. Kurzprofil:       

Bachelorstudium International Business an der Munich Business School Werkstudentin im Bereich Marketing – Gildemeister AG, Geretsried b. München Auslandspraktikum im Bereich Marketing – D.M.G. France, Les Ulis b. Paris Werkstudentin im Bereich Office Management - Airbus Defence and Space GmbH, Ottobrunn b. München Trainee Consultant/Recruitment Consultant - Page Personnel, München Research Consultant - Board Consultants International, München Masterstudium Personalmanagement, der Hochschulen München, Augsburg, Landshut

Statement zum Thema „Selbstständigkeit“: „Ich finde die eigene Selbstständigkeit sehr interessant und kann mir diese auch für meine eigene berufliche Zukunft vorstellen. Im Beruf geht es aus meiner Sicht nicht nur um die finanzielle Absicherung. Genauso wichtig erscheint mir die Leidenschaft für diesen, auch im Sinne der eigenen Selbstentfaltung.

Ich denke, es ist die höchste Prämisse sich mit dem eigenen Beruf zu identifizieren und diesen mit vollem Herzblut auszuüben. In der Arbeitswelt sehe ich dies oftmals als große Herausforderung, da mir persönlich nur wenige Fälle bekannt sind, in denen der Beruf auch der eigenen Berufung entspricht. Aus diesem Grund finde ich es großartig und sehr spannend, wenn Menschen den Schritt in die Selbstständigkeit wagen und sich somit ein Stückweit den eigenen Traum verwirklichen.

Nichts desto trotz sollte der Schritt in die Selbstständigkeit gut überlegt, geplant und strukturiert sein, damit die eigene Selbstständigkeit nicht nur lukrativ, sondern auch nachhaltig ist. Ebenso denke ich, dass es wichtig ist ausreichende Erfahrungen auf dem Gebiet gesammelt zu haben und Durchhaltefähigkeit beweisen kann, wenn auch mal weniger gute Zeiten kommen.“

184

Studienprojektteam

Prof. Dr. Claudia Eckstaller Kurzprofil:  

    

Berufsausbildung und anschließende Selbstständigkeit (auch während des Studiums) Diplomstudium der Betriebswirtschaftslehre an der Ludwig Maximilians Universität, Schwerpunkte Personalwirtschaft, Verkehrswirtschaft und öffentliche Wirtschaft, München Promotion und wissenschaftliche Mitarbeiterin an der LMU, München Beratende Betriebswirtin und Gaststudium der Soziologie an der FernUniversität Hagen Stellvertr. Abteilungsleitung, BEG mbH, München Seit 1999 Professorin für Human Resource Management an der Fakultät für BWL der Hochschule München Neben vielen Hochschulfunktionen durch die Entwicklung verschiedener Weiterbildungsangebote seit 2011 Studiengangleitung: Berufsbegleitender BA-Studiengang: BWL und Unternehmensführung Weiterbildender MA-Studiengang: Betriebl. Steuerlehre

Statement zum Thema „Selbstständigkeit“: „Mein beruflicher Werdegang hat mit Selbstständigkeit begonnen und mich vor allem im Umgang mit Menschen nachhaltig – und positiv geprägt. Vermutlich wäre ich heute noch Unternehmerin, wenn mich mein Doktorvater und großes Vorbild an der LMU nicht „auf die wissenschaftliche Schiene“ gesetzt hätte.

Der Thematik des Unternehmertums und der unternehmerischen Mentalität bin ich auch in meinem heutigen Beruf immer treu geblieben: Zusammen mit meinen Studentinnen und Studenten greife ich die Herausforderungen des unternehmerischen Daseins in vielfältigen praxisorientierten Projekten und Projektstudien, wie der Vorliegenden, auf; ergänzt durch eigene Forschungsaktivitäten auf dem Gebiet des Unternehmertums.

Selbstverständlich kann man als Hochschulprofessorin (und damit „Theoretikerin“) wie auch als Beamtin nicht für sich in Anspruch nehmen, dass man die Risiken und Herausforderungen eines Vollunternehmers trägt, aber zumindest darf ich von mir behaupten, dass ich immerhin bereits bewiesen habe, mein Leben durch selbstständiges Unternehmertum finanzieren zu können, und aus der praktischen Erfahrung heraus mehr Kenntnisse besitze als manch anderer Theoretiker, der ein solches Fach lehrt.

Und außerdem… ein bisschen „unternehmerischer Spirit“ lässt sich auch an der Hochschule umsetzen: z.B. durch das Entwickeln und Positionieren von berufsbegleitenden Studiengängen, welche sich – ohne öffentliche Finanzierung wie Vollzeitstudiengänge - am Markt behaupten müssen.

185

Abbildungsverzeichnis

8 Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Anteil Selbstständigkeiten von Frauen an allen Existenzgründungen in Prozent (Quelle: KfW Research 2015) .......................................................................................................................................................... 6 Abbildung 2: Anteil der Ausbildungen in Prozent von Existenzgründern und Existenzgründerinnen (Quelle: KfW Research 2015) .......................................................................................................................................................... 7 Abbildung 3: Gewerbeanmeldungen in Bayern 2014 (Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Bayerisches Landesamt für Statistik 2015) .....................................................................................................................................9 Abbildung 4: Gewerbeanmeldungen in Bayern 2014 nach Wirtschaftsabschnitten (Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Bayerisches Landesamt für Statistik 2015a) .......................................................................................10 Abbildung 5: Gewerbeanmeldungen in Bayern 2014 nach Wirtschaftsabschnitten (Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Bayerisches Landesamt für Statistik 2015a) .......................................................................................10 Abbildung 6: Verteilung der Mitgliedsunternehmen der Handwerkskammern Bayern (eigene Darstellung, Quelle: HWK 2015) .................................................................................................................................................................31 Abbildung 7: Geschlechteranteil der Unternehmensführung im Handwerk nach Regionen in Bayern (eigene Darstellung, Quelle: HWK 2015) .................................................................................................................................32 Abbildung 8: Altersstruktur der Unternehmerinnen in München/Oberbayern, Niederbayern/Oberpfalz, Schwaben und Unterfranken (eigene Darstellung, Quelle: HWK 2015) .......................................................................................32 Abbildung 9: Gründungsjahr der von Frauen gegründeten Unternehmen in Bayern (eigene Darstellung, Quelle: HWK 2015) .................................................................................................................................................................33 Abbildung 10: Gewählte Rechtformen der Unternehmen von Frauen in Bayern (eigene Darstellung, Quelle: HWK 2015) ..........................................................................................................................................................................33 Abbildung 11: Gründungsalter der Unternehmerinnen in München/Oberbayern (eigene Darstellung, Quelle: HWK 2015) ..........................................................................................................................................................................34 Abbildung 12: Präferierte Ausbildungsberufe von Frauen (Quelle: Bundesinstitut für Berufsbildung, Erhebung zum 30.September.2014 ) ..................................................................................................................................................38 Abbildung 13: Entwicklungen der Ausbildungszahlen von 1977 – 2014 (Quelle: Bayrisches Landesamt für Statistik) ......................................................................................................................................................................39 Abbildung 14: Geschlechterunterschiede bei Auszubildenden in 2014 ......................................................................40 Abbildung 15: Selbstständige in ausgewählten Freien Berufen in Bayern am 01.01.2015 (Quelle: eigene Darstellung, in Anlehnung an IFB 2015a) ...................................................................................................................70 Abbildung 16: Prozentualer Anteil der selbstständigen Steuerberater 2015 in Bayern (Quelle: eigene Darstellung) .71 Abbildung 17: Anteil Wirtschaftsprüfer in Bayern 2015 (Quelle: eigene Darstellung, in Anlehnung an WPK 2015b, S. 3) ............................................................................................................................................................................84 Abbildung 18 : Anteil Vereidigte Buchprüfer in Bayern 2015 (eigene Darstellung, in Anlehnung an WPK 2015b, S. 4) ................................................................................................................................................................................85 Abbildung 19: Studienanfängerinnen in Bayern zum Wintersemester 2014/15 (Quelle: Statistisches Landesamt Bayern 2015, S. 6) ......................................................................................................................................................87 Abbildung 20: Mitgliederverteilung der Ingenieurekammer-Bau 2015 (eigene Darstellung, Quelle: WPK 2015) .......88 Abbildung 21: Anzahl weiblicher Studienanfängerinnen in MINT-Fächern in Deutschland (Quelle: komm-machmint 2015)...................................................................................................................................................................89 Abbildung 22: Anzahl der Rechtsanwälte und Rechtsanwältinnen zum 01.01.2015 in Deutschland (eigene Darstellung in Anlehnung an Bundesrechtsanwaltskammer)......................................................................................99 Abbildung 23: Anzahl der Rechtsanwälte und Rechtsanwältinnen zum 01.01.2015 in Bayern (eigene Darstellung in Anlehnung an Bundesrechtsanwaltskammer).........................................................................................................99

186

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 24: Angaben zum Berufseinstieg nach der Erstzulassung zum Beruf Rechtsanwalt (eigene Darstellung in Anlehnung an Rechtsanwaltskammer Nürnberg) ...................................................................................................100 Abbildung 25: Angaben zu „sehr großen“ bzw. „großen“ Problemen bei der Kanzleigründung 2010 (eigene Darstellung in Anlehnung an Rechtsanwaltskammer Nürnberg) ................................................................................101 Abbildung 26: Prozentualer Anteil an Selbstständigen DolmetscherInnen im BDÜ 2015 in Bayern (Quelle: eigene Darstellung) ................................................................................................................................................................ 106 Abbildung 27: Prozentualer Anteil der selbstständigen Bildenden Künstlerinnen des BBK Landesverband Bayner in 2015 (Quelle: eigene Darstellung) .......................................................................................................................... 107 Abbildung 28: Studierende der Fachrichtung Architektur/Innenarchitektur an Universitäten in Bayern im Wintersemester 2014/2015 (Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Bayerisches Landesamt für Statistik 2015a) ........................................................................................................................................................................112 Abbildung 29: Studierende der Fachrichtung Architektur/Innenarchitektur an Fachhochschulen in Bayern im Wintersemester 2014/2015 (Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Bayerisches Landesamt für Statistik 2015a) ........................................................................................................................................................................113 Abbildung 30: Entwicklung der Versichertenzahlen von 2003 bis 2013 (eigene Darstellung in Anlehnung an Künstersozialkasse) ...................................................................................................................................................114 Abbildung 31: Geschlechterverteilung im freien Journalismus (eigene Darstellung in Anlehnung an DJV-Umfrage 2014) ..........................................................................................................................................................................115 Abbildung 32: Abschluss einer (Fach-)Hochschulreife von freien Journalisten und Journalistinnen (eigene Darstellung in Anlehnung an DJV-Umfrage 2014) ......................................................................................................115 Abbildung 33: Abschluss eines (Fach-)Hochschulstudiums von freien Journalisten und Journalistinnen (eigene Darstellung in Anlehnung an DJV-Umfrage 2014) ......................................................................................................116 Abbildung 34: Arbeitszeit von Freien Journalisten und Journalistinnen ......................................................................117 Abbildung 35: Einkommen von Freien Journalisten und Journalistinen nach Bundesländern ....................................118 Abbildung 36: Geschlechtsverhältnis der Berufsgruppe Ärzte nach Regionen (Quelle: eigene Darstellung) .............134 Abbildung 37: Altersstruktur der Zahnärztinnen in Jahren (Quelle: eigene Darstellung) ............................................139 Abbildung 38: Anzahl der Zahnärztinnen nach bayerischen Regionen (Quelle: eigene Darstellung) ......................... 139 Abbildung 39: Altersstruktur der Tierärztinnen in Jahren (Quelle: eigene Darstellung) ..............................................140 Abbildung 40: Anzahl der Tierärztinnen nach bayerischen Regionen (Quelle: eigene Darstellung) ........................... 141 Abbildung 41: Prozentuales Verhältnis von männlichen und weiblichen Tierärzten (Quelle: eigene Darstellung) ......142 Abbildung 42: Entwicklung der Apotheker-Kammermitglieder gesamt in Bayern (Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an BLAK 2015b) .......................................................................................................................................143 Abbildung 43: Prozentuales Verhältnis von männlichen und weiblichen Apothekern (Quelle: eigene Darstellung)....144 Abbildung 44: Altersstruktur der Apothekerinnen in Jahren (Quelle: eigene Darstellung) ..........................................145 Abbildung 45: Prozentuales Verhältnis von männlichen und weiblichen Psychotherapeuten (Quelle: eigene Darstellung) ................................................................................................................................................................ 156 Abbildung 46: Altersstruktur der Psychotherapeutinnen in Jahren (Quelle: eigene Darstellung) ................................ 156 Abbildung 47: Anzahl der Psychotherapeutinnen nach bayerischen Regionen (Quelle: eigene Darstellung) ............157 Abbildung 48: Verteilung der Psychotherapeutinnen nach städtischer und ländlicher Region (Quelle: eigene Darstellung) ................................................................................................................................................................ 158 Abbildung 49: Prozentuales Verhältnis von männlichen und weiblichen Physiotherapeuten (Quelle: eigene Darstellung) ................................................................................................................................................................ 167 Abbildung 50: Altersstruktur der Podologinnen in Jahren (Quelle: eigene Darstellung) .............................................168

187

Tabellenverzeichnis

9 Tabellenverzeichnis Tabelle 1 Anteil selbstständiger Frauen an allen Selbstständigen Unternehmerinnen von 2003 bis 2013 nach Bundesland (Quelle: bga 2015, S. 6) .......................................................................................................................... 8 Tabelle 2: Historische Entwicklung der Mitgliedszahlen der Steuerberaterkammer in Gesamtdeutschland (Quelle: eigene Darstellung) ....................................................................................................................................................72 Tabelle 3: Qualifikation der Berufsgruppe Wirtschaftsprüfer (Quelle: WPK 2015b, S. 7-8) ........................................86 Tabelle 4: Entwicklung der Mitgliedszahlen des BDÜ Landesverband Bayern (Quelle: eigene Darstellung) .............106 Tabelle 5: Verteilung von selbstständigen Ärzten und Ärztinnen in Bayern (Quelle: eigene Darstellung) ..................133 Tabelle 6: Verteilung der Kammermitglieder des BLAK (Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an BLAK 2015b) 143 Tabelle 7: Apothekenentwicklung in Deutschland (Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an ABDA 2015b) ........145

188

Literaturverzeichnis

10 Literaturverzeichnis ABDA (2015a): Homepage Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände. [abgerufen am: 19.12.2015 von]: http://www.abda.de/abda/organisation/ ABDA (2015b): Geschäftsbericht ABDA Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände. [abgerufen am: 19.12.2015 von]: http://www.abda.de/fileadmin/assets/Jahresbericht/ABDA_Bericht_2014_2015.pdf BAO (2015): Homepage Bundesarbeitsgemeinschaft Osteopathie e.V.. [abgerufen am: 20.12.2015 von]: http://www.bao-osteopathie.de/die-bao/aufgaben/ BAV (2015): Homepage Bayerischer Apothekerverband e.V.. [abgerufen am: 19.12.2015 von]: http://www.bav-bayern.de/4/verband/ziele Bayerisches Landesamt für Statistik (2015a): Studierende an den Hochschulen in Bayern.

Wintersemester 2014/15. vorläufige Ergebnisse. Statistische Berichte [abgerufen am: 13.12.2015 von]: https://www.statistik.bayern.de/veroeffentlichungen/product_info.php?info=p42624_Studierendean-den-Hochschulen-in-Bayern---Wintersemester-2014-15---Vorlaeufige-Ergebnisse-Dateiausgabe.html&XTCsid=75fd3a60eb5673d2bf6d6c7a61bb8ea1 Bayerisches Landesamt für Statistik (2015b): Gewerbeanzeigen in Bayern 2014. Statistische Berichte [abgerufen am: 13.12.2015 von]: https://www.destatis.de/GPStatistik/servlets/MCRFileNodeServlet/BYHeft_derivate_00004259/D12 01C%20201410.pdf;jsessionid=BAA413C32F02FD43BA366CA3A3F50AE1 Bayerisches Landesamt für Statistik (2015c): Genesis-Online Datenbank. Statistik der Studenten (Studierende/Studienanfänger: Bayern, Hochschulen/Fächergruppen, Nationalität, Geschlecht, Semester), gefiltert nach Fächergruppen [abgerufen am: 10.12.2015 von]: https://www.statistikdaten.bayern.de/genesis/online/data?operation=abruftabelleBearbeiten&levelin dex=2&levelid=1450006799344&auswahloperation=abruftabelleAuspraegungAuswaehlen&auswah lverzeichnis=ordnungsstruktur&auswahlziel=werteabruf&selectionname=21311102s&auswahltext=%23Z01.01.2015&nummer=2&variable=1&name=BIL002&nummer=7&variable=3&name=BILFG1&werte abruf=Werteabruf Bayrisches Landesamt für Statistik (2015d): Berufsbildung. Herausgegeben von Landesamt für Statistik. [abgerufen am 11.12.2015 von]: https://www.statistik.bayern.de/statistik/berufsbildung/

Bayrisches

BBK (2014): Bundesverband Bildender Künstlerinnen und Künstler. BBK-Informationsflyer [abgerufen am: 12.10.2015 von]: http://www.bbk-bundesverband.de/fileadmin/pdfs/BBK_Leporello_2015.pdf Berthold, C.; Lah, W.; Röwert, R. (2015): „Und wo studieren die jetzt alle?“ Analysen zum Verbleib der zusätzlichen Studienanfänger(innen) in den Jahren 2006 bis 2013, Arbeitspapier Nr. 186, Centrum für Hochschulentwicklung (CHE). bga (2015): Gründerinnen und Unternehmerinnen in Deutschland – Daten und Fakten IV, Bericht Nr. 39, bundesweite gründerinnenagentur (bga). [abgerufen am: 30.10.2015 von]:

189

Literaturverzeichnis

http://www.existenzgruenderinnen.de/SharedDocs/Downloads/DE/Publikationen/39Gruenderinnen-Unternehmerinnen-Deutschland-Daten-Fakten-IV.pdf?__blob=publicationFile BLÄK (2015): Homepage Bayerische Landesärztekammer. [abgerufen am: 11.12.2015 von]: http://www.blaek.de/ BLAK (2015a): Homepage Bayerische Landesapothekerkammer. [abgerufen am: 18.12.2015 von]: http://www.blak.de/ueber-die-blak.html BLAK (2015b): Bayerische Landesapothekerkammer. Die Bayerischen Apotheken. Statistische Daten 2014. [abgerufen am: 18.12.2015 von]: http://www.blak.de/hintergrundfakten.html BLTK (2015): Homepage Bayerische Landestierärztekammer. [abgerufen am: 13.12.2015 von]: http://www.bltk.info/wir_ueber_uns.html BLZK (2015): Homepage Bayerische Landeszahnärztekammer. [abgerufen am: 11.12.2015 von]: http://www.blzk.de/ BMWi (2010): Mittelstandspolitik, Existenzgründungen, Dienstleistungen. Existenzgründung und freie Berufe. Begleitbroschüre zum eTraining „Existenzgründung und freie Berufe“, Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) [abgerufen am 30.11.2015 von]: http://www.freie_berufe.de/fileadmin/bfb/6_Existenzgruendung/1_Informationen%20fu%CC%88r% 20Existenzgru%CC%88nder/existenzgruendung-und-freie-berufe.pdf BMWi (2013)Wachstumspotenziale inhaberinnengeführter Unternehmen - Wo steht Deutschland im EU-Vergleich, “, Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) [abgerufen am 11.06.2016 von]: http://www.bmwi.de/DE/Mediathek/publikationen,did=555294.html bpa (2015): Homepage Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste e.V. [abgerufen am: 10.12.2015 von]: http://www.bpa.de/Mitglieder.221.0.html bpt (2015): Homepage Bundesverband praktizierender Tierärzte e.V. [abgerufen am: 18.12.2015 von]: http://www.tieraerzteverband.de/bpt/bpt/ueber-bpt/woher-wirkommen.php Bundesinstitut für Berufsbildung (2014): AusbildungPlus in Zahlen. Trends und Analysen 2013.

Hrsg. v. Bundesinstitute für Berufsbildung. Bonn. [abgerufen am 15.12.2015 von]: https://www.bibb.de/dokumente/pdf/AusbildungPlus_in_Zahlen_2013.pdf Bundesinstitut für Berufsbildung (2014): Datenreport zum Berufsbildungsbildungsbericht 2014.

Informationen und Analysen zur Entwicklung der beruflichen Bildung. Herausgegeben von Bundesinstitute für Berufsbildung. Bonn. [abgerufen am 18.12.2015 von]: https://www.bibb.de/dokumente/pdf/BIBB_Datenreport_2014.pdf Bundesministerium für Bildung und Forschung (2015): Berufsbildungsbericht 2014 / 2015. Hrsg v.

Bundesministerium für Bildung und Forschung. Bonn. [abgerufen am 15.12.2015 von]: http://www.bildungsbericht.de/daten2014/bb_2014.pdf Berufsbildungsbericht 2015 [abgerufen am 09.06.16] https://www.bmbf.de/de/berufsbildungsbericht-1077.html Bundesverband Deutscher Unternehmensberater (2015): Homepage. [abgerufen am: 13.12.2015 von]: http://www.bdu.de

190

Literaturverzeichnis

BVO (2015): Homepage BVO. Bundesverband Osteopathie e.V.. [abgerufen am 20.12.2015 von]: http://www.bv-osteopathie.de/de-wir_ueber_unswofuer_wir_stehen.html Destatis – Statistisches Bundesamt (2015): Studierende in Deutschland [abgerufen am 11.06.2016 von]: https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/Indikatoren/LangeReihen/Bildung/lrbil01.html Deutsche Industrie- und Handelskammertag e.V (2014): Ausbildung 2014. Ergebnisse einer DIHKOnline-Unternehmensbefragung. Herausgegeben von Deutsche Industrie- und Handelskammertag e.V. Berlin. [abgerufen am 11.12.2015 von]: www.dihk.de/ressourcen/downloads/dihkausbildungsumfrage-2104.pdf Deutscher Ingenieurinnen Bund e.V. (dib): Homepage. [abgerufen am: 12.12.2015 von]: http://www.dibev.de/ Deutsches Handwerksinstitut e.V. (DHI) (2015): Das Deutsche Handwerksinstitut. Homepage [abgerufen am: 27.12.2015, 18:48 MEZ]: http://www.dhi.zdh.de/ueber-uns.html DGB Jugend (2014): Ausbildungsreport 2014. Herausgegeben von DGB-Bundesvorstand. Berlin. [abgerufen am 11.12.2015 von]: www.dgb.de/++co…338a…/DGB-Jugend-Ausbildungsreport2014.pdf DGB Jugend (2015): Die Ausbildungsplatzsituation. Analyse der Zahlen der BA im September 2015. [abgerufen am 12.12.2015 von]: jugend.dgb.de/…/++co++e08e16bc-5095-11e5-b155-525400808b5c DZVhÄ (2015): Homepage Deutscher Zentralverein homöopathischer Ärzte. Landesverband Bayern. [abgerufen am: 20.12.2015 von]: https://lv-by.dzvhae.de/lvbayern-aufgaben/aufgaben.html Europäische Metropolregion München e.V. (2012): Datenreport zur Kultur- und Kreativwirtschaft der Europäischen Metropolregion München (EMM). Kurzbericht mit statistischer Auswertung der Künstler-/Kulturberufe in der Landeshauptstadt München. 3. Teilbericht [abgerufen am: 12.10.2015 von]: http://www.wirtschaft-muenchen.de/publikationen/pdfs/3._Teilbericht_-_Kurzbericht_Kuenstler_u._Kulturberufe_in_der_LHM.pdf] Gender Gap Report (2012): The Global Gender Gap Report 2012, World Economic Forum, Cologne. [abgerufen am 11.11.2015 von]: http://www3.weforum.org/docs/WEF_GenderGap_Report_2012.pdf Handwerkskammern Bayern (HWK) (2015): Mitgliedschaft bei den Handwerkskammern. Homepage [abgerufen am 28.13.2015 von]: http://www.hwk-bayern.de/artikel/mitgliedschaft-bei-denhandwerkskammern-74,4418,3798.html Haverkamp,K.; Müller,K.; Runst, P.; Gelzer, A.(2015): Frauen im Handwerk Heilpraktikerverband Bayern e.V. (2015): Homepage Heilpraktikerverband Bayern e.V.. [abgerufen am: 20.12.2015, 11:09 MEZ]: http://www.heilpraktikerverbandbayern.de/heilpraktikerverband/verband/wer_wir_sind.php Huber, Th. (2015): Tiger-Women – Frauen auf der Überholspur, hrsg. vom Zukunftsinsitut, 07.2015 [abgerufen am 11.06.2016 von]: https://www.zukunftsinstitut.de/artikel/tup-digital/01gendernomics/01-longreads/tiger-women-frauen-auf-der-ueberholspur/ IFB (2015a): Selbstständige in Freien Berufen in Bayern am 01.01.2015. Institut für freie Berufe in Nürnberg und Verband freier Berufe in Bayern e.V.

191

Literaturverzeichnis

[abgerufen am: 20.12.2015 von]: http://www.freieberufebayern.de/images/stories/startseite/statistische-zahlen/Selbst_FB_Bayern_2015.pdf IFB (2015b): Erwerbstätige in Freien Berufen in Bayern 2015. Institut für freie Berufe in Nürnberg und Verband freier Berufe in Bayern e.V. [abgerufen am: 20.12.2015 von]: http://www.freieberufebayern.de/images/stories/startseite/statistische-zahlen/Erwerb_FB_Bayern_2015.pdf IFB (2010): Freie Berufe in Bayern 2010. Institut für freie Berufe Nürnberg (IFB), Projekt gefördert durch Bayerisches Staatsministerium für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie. [abgerufen am: 20.12.2015 von]: http://www.freieberufebayern.de/images/stories/startseite/pdf/Bericht_FreieBerufeBayern.pdf Industrie- und Handelskammer (IHK) (2015): Wir über uns. Homepage [abgerufen am 28.12.2015 von]: http://www.ihk.de/wir-uber-uns KfW Research (2015): KfW Gründungsmonitor 2015 [abgerufen am: 13.12.2015 von]: https://www.kfw.de/PDF/DownloadCenter/Konzernthemen/Research/PDF-Dokumente-Gründungsmonitor/Gründungsmonitor2015.pdf Komm-mach-mint (2015): MINT News. MINT-Studiengänge: Zahl der Studienanfängerinnen und Studienanfänger steigt weiter an. Homepage: komm-mach-mint.de [abgerufen am: 12.12.2015 von]: http://www.komm-mach-mint.de/MINT-News/2015-Zahl-derStudienanfaenger_innen-steigt-weiter KVB (2015): Homepage Kassenärztliche Vereinigung Bayerns. [abgerufen am: 11.12.2015 von]: https://www.kvb.de/ Papst, J. (2014): Die Welt. Wirtschaft. Selbstständigkeit: Frauen gründen so häufig Unternehmen wie nie zuvor. [abgerufen am: 10.02.2016 von]: http://www.welt.de/wirtschaft/article134065174/Frauen-gruendenso-haeufig-Unternehmen-wie-nie-zuvor.html Prognos AG (2014): Datenreport zur Kultur- und Kreativwirtschaft und Künstler- und Kulturberufen in Bayern. Endbericht [abgerufen am: 06.12.2015 von]: http://www.stmwi.bayern.de/fileadmin/user_upload/stmwivt/Publikationen/2014/Kultur-undKreativwirtschaft_2014.pdf ptk (2015): Homepage Bayerische Landeskammer der Psychologischen Psychotherapeuten und der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten. [abgerufen am: 12.12.2015 von]: https://www.ptk-bayern.de/ptk/web.nsf/id/pa_wir_ueber_uns.html Schmidt, G. (2013): Hochschulen in Bayern. Beiträge aus der Statistik. Statistik Bayern. [abgerufen am 30.11.2015 von]: https://www.statistik.bayern.de/medien/statistik/BIZ/2013_07_hochschulen_in_bayern.pdf Schöffmann, Hubert (2015): Statement anlässlich der Pressekonferenz „Bilanz zum Ausbildungsstellenmarkt in Bayern 2014/2015 “. [abgerufen am 12.12.2015 von]: https://www.muenchen.ihk.de/de/bildung/Anhaenge/ausbildungssituation-2014-statement-hubertschoeffmann.pdf Statista (2016) – das Statistikportal: - Anzahl der Studenten an deutschen Hochschulen [abgerufen am 09.06.16] http://de.statista.com/statistik/daten/studie/221/umfrage/anzahl-der-studenten-an-deutschenhochschulen/

192

Literaturverzeichnis

Status Quo und Herausforderungen. In: Bizer, Prof. Dr. K (Hrsg.): Göttinger Handwerkswirtschaftliche Studien. Band 97. Duderstadt: Verlag Mecke Druck.

Stiftung Familienunternehmen (2014): Die volkswirtschaftliche Bedeutung der Familienunternehmen [abgerufen am 06.12.2015 von]: http://www.familienunternehmen.de/media/public/pdf/publikationenstudien/studien/Studie_Stiftung_Familienunternehmen_VolkswirtschaftlicheBedeutung_Berichtsband.pdf Süddeutsche Zeitung (2015): Zahl der unbesetzten Lehrstellen auf neuem Höchststand. In: Süddeutsche Zeitung. [abgerufen am 11.12.2015 von]: http://www.sueddeutsche.de/karriere/berufsbildungsbericht-zahl-der-unbesetzten-lehrstellen-aufneuem-hoechststand-1.2435867 VDD (2015): Homepage Verband der Diätassistenten - Deutscher Bundesverband e.V.. [abgerufen am: 09.12.2015 von]: http://www.vdd.de/der-vdd/profil/ VDOE (2015): Imagebroschüre Berufsverband Oecotrophologie e.V.. [abgerufen am: 09.12.2015 von]: http://www.vdoe.de/fileadmin/redaktion/download/allgemeine_downloads/VDOE__Imagebrochuere_2014__148_x_210_mm__-_lowres.pdf VdU (2015): Homepage Verband deutscher Unternehmerinnen. [abgerufen am: 12.12.2015 von]: https://www.vdu.de/home.html vfo (2015): Homepage Verband Freier Osteopathen e.V.. [abgerufen am: 20.12.2015 von]: http://www.vfo.de/ Vitzthum, Thomas Sebastian (2015): Die Zukunft gehört dem Stuzubi. In: Die Welt. [abgerufen am 12.12.2015 von]: http://www.welt.de/politik/deutschland/article147403990/DieZukunft-gehoert-dem-Stuzubi.html VOD (2015): Homepage Bundesvertretung der Osteopathen in Deutschland. VOD e.V.. [abgerufen am 20.12.2015 von]: http://www.osteopathie.de/vod Volkswirtschaftliches Institut für Mittelstand und Handwerk an der Universität Göttingen (ifh) (2015): Über uns. Homepage [abgerufen am: 27.12.2015, 19:12 MEZ]: http://www.ifh.wiwi.unigoettingen.de/de/content/%C3%BCber-uns Volkswirtschaftliches Institut für Mittelstand und Handwerk an der Universität Göttingen (ifh) (2015): ifh Göttingen zeigt in neuer Studie, dass die Handwerkswirtschaft viel unausgeschöpftes Potenzial für Frauen bietet. Homepage [angerufen am: 27.12.2015, 19:33 MEZ]: http://www.ifh.wiwi.uni-goettingen.de/de/inhalt/ifhg%C3%B6ttingen-zeigt-neuer-studie-dass-die-handwerkswirtschaft-vielunausgesch%C3%B6pftes-potenzial VPT (2015): Homepage Verband Physikalischer Therapie e.V. [abgerufen am: 09.12.2015 von]: http://www.vpt.de/der-vpt/wir-stellen-uns-vor/ WPK (2015a): Leitbild des wirtschaftsprüfenden Berufs – Aufgabenträger für Transparenz, Vertrauen und Sicherheit. Internetseite der Wirtschaftsprüferkammer. [abgerufen am: 11.12.2015 von] http://www.wpk.de/mitglieder/leitbild-wpvbp/]

193

Literaturverzeichnis

WPK (2015b): Leitbild Mitgliederstatistik der WPK, Stand 1. Juli 2015. [abgerufen am: 11.12.2015 von]: http://www.wpk.de/wpk/organisation/mitgliederstatistik/ Zukunftsinstitut (2015a): Female Shift: Die Zukunft ist weiblich. Website Zukunftsinstitut. [abgerufen am 21.12.2015 von]: https://www.zukunftsinstitut.de/artikel/die-zukunft-ist-weiblichmegatrend-female-shift/ Zukunftsinstitut (2015b): Megatrend New Work. Website Zukunftsinstitut. [abgerufen am 21.12.2015 von]: https://www.zukunftsinstitut.de/dossier/megatrend-new-work/ ZVK (2015): Homepage Deutscher Verband fĂźr Physiotherapie Landesverband Bayern e.V. [abgerufen am: 12.12.2015 von]: https://bay.physio-deutschland.de/landesverband-bayern.html