Theoretische Thesis von Lynn Birrer, BA Visuelle Kommunikation, Hochschule der Künste Bern

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SoftPOWER Eine visuelle Untersuchung von Genderstereotypen auf Pflegeprodukten

Titel

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INHALTSVERZEICHNIS


EINLEITUNG

11 SPIEGLEIN SPIEGLEIN AN DER WAND 11 VORWORT 12 FRAGESTELLUNG UND VORGEHENSWEISE

GENDER & DESIGN

17 WIE ES ZU DER PRODUKTGESTALTUNG KAM, WIE WIR SIE HEUTE KENNEN 17 VERPACKUNGSDESIGN 18 GENDER IN VERBINDUNG MIT MARKETING UND VERPACKUNGSDESIGN 18 EXKURS: WAS IST GENDER?

WRAP YOUR SKIN IN COMFORT

27 BESTANDSAUFNAHME VON PFLEGEPRODUKTEN IM KONTEXT VON GENDERDESIGN 30 PFLEGEPRODUKTE FÜR MÄNNER 30 PFLEGEPRODUKTE FÜR FRAUEN 31 ZWISCHENFAZIT

PRODUKTANALYSE

41 METHODISCHES VORGEHEN 42 NIVEA MEN STRONG POWER SHAMPOO 46 Aveo Parfum Deodorant Mademoiselle 48 ZWISCHENFAZIT 50 Borotalco Active Sea Salts Fresh DEO SPRAY 54 Padsy Bonjo 10-Tag-Binden by einhorn 57 ZWISCHENFAZIT

CONCLUSIO 60 63

MÖGLICHE ALTERNATIVEN JUST BECAUSE WE HAVE A VAGINA

ANHANG

64 DANKSAGUNG 65 SELBSTÄNDIGKEITSERKLÄRUNG 66 QUELLENVERZEICHNIS 68 ABBILDUNGSVERZEICHNIS 75 IMPRESSUM

SoftPOWER

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EINLEITUNG


EINLEITUNG

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EINLEITUNG


SPIEGLEIN SPIEGLEIN AN DER WAND Mein Körper – Verbindung zwischen mir und der Aussenwelt. Jeden Tag nimmt mein Gehirn hunderte Bilder von Körpern auf Werbeplakaten, in Social Media Posts oder Zeitschriften auf, die mir zeigen, wie Frauen sein sollten. Wie sie aussehen müssten. Sie sagen mir: Eine Frau muss schön sein, immer lachen, wallendes Haar und glatte Beine haben. Dann erreicht sie viel. Ich will mich dagegen wehren. Will mehr sein als nur schön. Ich will gut sein im Fussball, diesen einen Trick beim Skifahren können, ich will neue Dinge designen, bestehende Verhältnisse hinterfragen, mich für eine nachhaltigere, faire Welt engagieren, ich will Leute durch meinen Humor zum Lachen bringen, ich will Boxen lernen, ich will die Welt zu verstehen versuchen. Und doch ist es mir wichtig, wie man mich sieht. Auch äusserlich. Es ist mir nicht möglich, mich vollends von diesem Frauenbild zu lösen. Jeden Morgen stehe ich eine Stunde früher auf, um mir zu überlegen, was ich anziehe, wie ich meine Haare frisiere und mein Make-up auftrage. Weil Make-up Power verleiht. Erwecke die Göttin in dir. Glamouröse glatte Beine. Diese Slogans haben sich derartig in unsere Gehirne gebrannt, dass wir selbst glauben, uns mit glatten Beinen besser zu fühlen. Die weibliche Figur steht dabei im Mittelpunkt, die dünnen Models sind Standard, sodass sich viele ihrem Vorbild nach dürr hungern. Oder es geht ins Gegenteil: Kurven und Po, die ausgeprägt sein müssen, weswegen nun alle in den Gym gehen. Wir sollen an unserem Körper arbeiten, bis er dem gesellschaftlichen Schönheitsbild entspricht. Forever Young – anti-age gegen die Falten auf meiner Stirn. 49.50 Chf. Die Trockenbürste hilft Zellulitis zu bekämpfen, jeden Tag vor dem Duschen den ganzen Körper mit Zirkelbewegungen massieren für ein sichtbares Ergebnis in nur vier Wochen. Fresh & Clean. Protect & care. Pure fresh, fresh confidence. Neu! Aktion 2 für 1.

VORWORT Schon länger interessiert mich das Design der verschiedenen Pflegeprodukte, die wir täglich konsumieren. Die auffälligen Farben, die verschiedenen Symbole und Abbildungen, die auf den Produkten zu finden sind, faszinieren mich. Als Studentin der Visuellen Kommunikation fällt mir auf, dass dies nicht die Gestaltung ist, die wir an der Hochschule erlernen. Gestaltungsregeln wie «Form follows function», die Einteilung in Rasterelemente, die Reduktion auf bestimmte Schriftarten und -grössen scheinen bei den Verpackungsetiketten nicht zu gelten. Dabei soll die Gestaltung eine grosse Gruppe von Konsument*innen ansprechen und sie beeinflussen. Sie soll die Menschen steuern, sie zum Kaufen bringen. Das gelingt ihnen unter anderem auch durch die Gestaltung der Verpackung und der Etiketten. Durch ausgeklügelte Marketingstrategien werden Wort-Bild-Kombinationen entwickelt, die bei genauerer Betrachtung fast schon skurril wirken. Oft wendet sich die Gestaltung explizit an männliche Konsumenten oder weibliche Konsumentinnen. Dadurch unterscheiden sich nicht nur die Produkte an sich, sondern auch ihre visuelle Erscheinung – etwa bei der Typografie, den Farben, den Formen und Abbildungen. Tippt man «Genderdesign» bei Google ein, erscheinen Tabellen mit Regeln, die Auskunft darüber geben, welche Attribute zu welchem Geschlecht passen. Ich frage mich: Wieso sind Versalien der männlichen Gestaltung zugeordnet? Wieso florale, ornamentale Formen der weiblichen? Gerne würde ich diesen Regeln auf den Grund gehen.

Spieglein Spieglein an der Wand

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FRAGESTELLUNG UND VORGEHENSWEISE Unsere Gesellschaft ist unübersichtlich, widersprüchlich, divers und ineinander verstrickt. Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft fliessen ineinander. Ökonomische, ökologische, kulturelle und soziale Verhältnisse führen zu komplizierten Verflechtungen in unserer globalisierten Welt. Dabei sind Kategorien wie Gender, Ethnizität, Nation oder Klasse untrennbar mit Sozial- und Machtverhältnissen verbunden und beeinflussen die Möglichkeiten der Lebensgestaltung massiv.1 Meine Arbeit möchte auf die Kategorie Gender eingehen und dabei untersuchen, welche Rolle sie im Bereich des Konsums und des Designs spielt. Um das Themenfeld einzugrenzen, habe ich mich auf das Verpackungsdesign in einem bestimmten Produktsegment fokussiert. Folgende Fragestellungen dienen mir als Grundlage für die Bearbeitung des Themas:

Durch welche grafischen Mittel werden Geschlechterstereotype auf Verpackungen von Pflegeprodukten produziert? Welche grafischen Mittel werden im Gegensatz dazu eingesetzt, um geschlechter-neutrale Verpackungen zu designen? Als Grundlage dafür dienen mir theoretische Überlegungen sowie mein eigenes kritisches Reflexionsvermögen als Designerin. Wie auch Ruben Pater in seinem Buch The Politics of Design sagt: «Acknowledging that communication is not neutral puts everything in perspective»2, so stehen wir Designer*innen in der Verantwortung, die vorhandenen Normative zu hinterfragen und weiterzudenken. Im ersten Teil dieser Arbeit analysiere ich anhand von Literatur über Genderdesign, Verpackungsdesign und Marketing den Stand der aktuellen Forschung über dieses Thema. Dies soll mir als Grundlage dienen, die heutige Situation in der Pflegeproduktabteilung von Drogerie- und Supermärkten besser zu verstehen. Im zweiten Teil gehe ich empirisch vor. Zuerst analysiere ich die breite Produktpalette im Bereich der Körperpflege in den Schweizer Supermarktfilialen Migros, Coop und in der Drogerie Müller. Luxusartikel, wie sie in Parfümerien zu finden sind, schliesse ich nicht in meine Untersuchung mit ein. Diese unterliegen anderen Gestaltungsprämissen. Mithilfe visueller Analysetechniken wie der Bildinterpretation nach Erwin Panofsky, untersuche ich im Anschluss die Gestaltungselemente auf den Verpackungen von vier Produkten. Mich interessiert dabei, ob die Genderattribute auf stereotype Weise oder geschlechtsneutral eingesetzt werden. Ich untersuche zwei stereotype Beispiele, die die klischeehafte Gestaltung sehr gut aufzeigen, ein unisex Produkt, welches eine neutralere Gestaltung aufweist und ein Beispiel, welches zwar nur ein Geschlecht anspricht, dies aber in einer neuen Art und Weise tut. 1 2

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EINLEITUNG

Vgl. Brandes, U. (2017), S. 12 Parter, R. (2016), S. 2


Fragestellung & Vorgehensweise

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GENDER & DESIGN


GENDER & DESIGN

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GENDER & DESIGN


WIE ES ZU DER PRODUKTGESTALTUNG KAM, WIE WIR SIE HEUTE KENNEN 3

Vgl. Baumgärtel, T. (2018), S. 9ff

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Vgl. Baumgärtel, T. (2018), S. 11ff

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Vgl. Stewart, B. (2008), S. 5ff

Wie Tilmann Baumgärtel in seinem Buch Texte zur Theorie der Werbung ausführt, sind Strategien, die die Aufmerksamkeit des Publikums auf sich und das eigene gewinnbringende Produkt lenken, schon seit der Antike belegt. Von unsystematischen Versuchen bis hin zu den hochentwickelten Systemen der Kommunikation, die wir heute als Werbung kennen, war es ein langer Weg. Früher haben Ladenschilder, Flugzettel oder Marktschreier die Produkte angepriesen. Heute erledigen das Plakate, TV, Social Media und eben auch Produktverpackungen. Die Produkte werden mit ausgeklügelten Marketingstrategien beworben, in der Absicht, sich von Konkurrenzprodukten abzuheben und sich so einen Vorteil zu verschaffen. Neben der Werbung gehört dazu auch der Vertrieb, die Preisgestaltung oder die Produktplatzierung. Um den Werbeerfolg zu steigern, werden Werbeagenturen im Designen von Kampagnen und Verpackungen durch Ergebnisse aus der Marktforschung unterstützt. Trotzdem ist der Erfolg der Werbung bis heute nicht genau erfassbar. Durch Faktoren wie Konsumgewohnheiten, die sich immer weiter ausdifferenzieren, bis hin zu Personen, die Konfrontationen mit Werbung zu vermeiden versuchen, gibt es viele Faktoren, die zum Erfolg oder Misserfolg einer Kampagne beitragen.3 Trotz der seit der Antike vorhandenen Vorreiter der Werbung, wie sie Tilman Baumgärtel beschreibt, werden die strategischen Werbemassnahmen erst durch die industrielle Revolution und der daraus resultierenden Massenproduktion, als Abgrenzung zu den Produkten der Konkurrenz, erforderlich. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entstehen die ersten Markenartikel. Zu den bedeutendsten werbetreibenden Unternehmen gehörten schon damals Kosmetik- und Pflegeproduktproduzenten. Denn kurz nachdem hochwertige Artikel wie Autos unter Markennamen angeboten wurden, geschah dasselbe mit Konsumprodukten, die regelmässig nachgekauft werden mussten. Der Markennamen war wichtig, um sich von Marktkonkurrenten abzuheben und so einen Wettbewerbsvorteil zu erlangen. Die Produkte, die durch den damaligen Fortschritt der Chemie entstanden sind, wurden neu nicht mehr in unscheinbaren Gefässen verkauft, sondern in eigens gestalteten Behältern. Damit die farblosen Pulver und Flüssigkeiten wiedererkennbar waren, wurden die ersten Verpackungen gestaltet, die durch Farbe und Logo die ersten Marken prägen.4

VERPACKUNGSDESIGN Verpackungen bilden den ersten Kontakt zwischen dem Produkt und den Konsument*innen. Sie sind das, was die Produkte schützt, aber vor allem auch das, was für sie wirbt. Die Verpackung wird zunehmend als Marketinginstrument und zum Ausdruck eines Markenimages verwendet. Das Verpackungsdesign wurde, wie Bill Stewart im Buch Verpackungsdesign beschreibt, durch die hohe Produktvielfalt und den damit verbundenen Wahlmöglichkeiten, ein wichtiges Instrument, um die Aufmerksamkeit der Konsument*innen auf sich zu richten oder unterschiedliche Käufer*innen mit unterschiedlichen Lebensstilen anzusprechen. Dabei nähern sich die Bedürfnisse der Konsument*innen, durch Faktoren wie der Globalisierung und des Internets, zunehmend an. Durch die Marktforschung werden die Wünsche und Bedürfnisse der Konsument*innen bestimmt, an die dann die ganze Produktgestaltung angepasst wird.5 Das zeigt sich gut an der Situation in heutigen Supermärkten und Drogerien. Es gibt eine riesige Auswahl an Produkten, die auf immer spektakulärere Art und Weise präsentiert werden. Es sind nicht mehr pragmatische Überlegungen, die die Menschen zum Kauf überzeugen, sondern die Bedeutungen, die die Produkte

Verpackungsdesign

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ausstrahlen. Die Käufer*innen fragen sich nicht in erster Linie: Brauche ich dieses Produkt? Sondern: Passt dieses Produkt zu mir oder nicht? Das Produkt ist dann passend und wird gekauft, wenn es unterstreicht, was ein*e Verbraucher*in für Werte ausstrahlen möchte.6

GENDER IN VERBINDUNG MIT MARKETING UND PACKAGING DESIGN Durch die möglich gewordene Massenproduktion konkurrieren auf dem Absatzmarkt immer mehr Unternehmen gegeneinander um die potentiellen Konsument*innen. Der Überfluss an angebotenen Produkten führte dazu, dass die Werbung immer mehr darauf abzielt, verschiedene Gruppen innerhalb einer Gesellschaft anzusprechen. Damit ihr das gelingt, muss sie sich dem wandelnden Zeitgeist anpassen und gezielte Strategien für die einzelnen Bevölkerungsteile entwickeln. Um immer mehr Marktsegmente zu erreichen, werden Kategorien zur Differenzierung der Konsument*innen gebildet. Neben Kategorien wie Alter oder Einkommen, bildet das Geschlecht ein praktisches Segment um Zielgruppen gezielt anzusprechen.

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In den Dingen, die uns umgeben, ist immer auch unser Wertesystem abgebildet. Das gilt auch für Aspekte des Geschlechts, da bei Gestaltungsentscheidungen immer auch Annahmen hinsichtlich der potentiellen Nutzer*innen getroffen werden, und damit auch geschlechtliche Assoziationen in die Gestaltung einfliessen.7 Uta Brandes beschreibt diesen Umstand so: «Denn ob es uns gefällt oder nicht, ob es uns bewusst ist oder nicht: Alle Produkte, Zeichen, Dienstleistungen, denen wir – entweder gezwungenermassen – täglich konfrontiert sind oder mit denen wir uns – freiwillig – alltäglich umgeben, sprechen zu uns immer auch vergeschlechtlicht.»8 Design spielt also in den medial verbreiteten Bildern von Geschlecht eine grosse Rolle und ist erheblich an dieser Konstruktion beteiligt.9 Tom Bieling beschreibt die Rolle des Designs in dieser Hinsicht sehr gut: «Als gestaltende Disziplin ist Design somit grundlegend an der Verbreitung und Verfestigung von Normalitätskonstrukten beteiligt, indem es aufgreift, widerspiegelt und zugleich vorgibt, wie es sich augenscheinlich um die Dinge verhält bzw. wie sie zu sein haben.»10 Durch die Replikation bestehender Schönheitsideale bestimmen Designer*innen mit, welche Normen weiterbestehen und welche nicht.

EXKURS: WAS IST GENDER? Das soziale Geschlecht «gender» ist eine soziale Positionierung des Menschen als Mann oder Frau. Therese Frey Steffen zufolge sind geschlechtsspezifische Eigenschaften und Verhaltensweisen also nicht unbedingt vorgeschrieben, sondern kulturell, durch sozialisierte Vorstellungen und Zuschreibungen, geformt.11 In der historisch gewachsenen westlichen Gesellschaftsordnung geht man von zwei Geschlechtern aus. So wird ein Mensch von der Geburt an, aufgrund physischer Merkmale, in die Kategorie des Geschlechts eingeordnet. Entweder ist er männlich oder sie weiblich. Von da an wird er oder sie, bezogen auf sein oder ihr Geschlecht, anders benannt, gekleidet und wird auch anders behandelt. Die Zuordnung des Geschlechts hat bis heute Auswirkungen auf die Möglichkeiten, die sich einem Menschen in der Gesellschaft bieten. Bis heute ist es für einen Mann deutlich einfacher, hohe Positionen der Gesellschaft, wie zum Beispiel in der Wirtschaft, Wissenschaft und Politik einzunehmen. Frauen sind in solchen Positionen immer noch deutlich unterrepräsentiert.12 Heinz-Jürgen Voss erklärt im Buch Making Sex Revisited, dass zu diesen Debatten über die ungleichen Möglichkeiten für Männer und Frauen in der Gesellschaft, immer mehr auch kritische Stimmen dazu kommen, welche die Ordnung der Zweigeschlechtlichkeit in Frage stellen, da jegliche Kategorien dazwischen nur sehr selten, bis nie einbezogen werden. Die Queer-Theorie thematisiert so die problematische, dichotome Geschlecht-

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GENDER & DESIGN

Vgl. Baumgärtel, T. (2018), S. 21 Vgl. Bieling, T. (2020), S. 7 Brandes, U. (2020), S. 30 Vgl. Bieling, T. (2020), S. 8 Bieling, T. (2020), S. 8 Vgl. Frey Steffen, T. (2006), S. 18 Vgl. Voß, H. (2015), S. 11 ff.


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Vgl. Voß, H. (2015), S. 11 ff. Vgl. Bieling, T. (2020), S. 9 Bieling, T. (2020), S.9 Vgl. Weller, B. & Krämer, K. (2012), S. 10 Vgl. Weller, B. & Krämer, K. (2012), S. 12 Petersson McIntyre, M. (2018), S. 341 Vgl. Petersson McIntyre, M. (2018), S. 341

lichkeit, und will vielmehr, dass die Individualität und die Vielfalt der Identitäten im Zentrum unserer Gesellschaft stehen. Diskriminierungen die auf Grund dieser zweigeschlechtlichen Ordnung passieren werden aufgedeckt und es wird über Lösungen dieser Problematik diskutiert.13 Design ist mit seinem breiten Spektrum an Medien- und Produktwelten erheblich an der Produktion und Verteilung der Bilder und Deutungsweise von Geschlecht beteiligt, und somit auch an der Bildung der Rollenvorbildern.14 Eine klärende Aussage zu dieser Thematik macht Tom Bieling in seinem Buch Gender & Design: «Wenn solche Normvorstellungen, also die Vorstellung was normal ist und was nicht, die Vorstellung was richtig oder falsch ist, durch Design mit konstruiert werden, so bedeutet das im Gegenzug auch, dass sie sich durch Design dekonstruieren, also verändern oder zumindest umdenken und kritisch hinterfragen lassen.»15 Im riesigen Bestand an Produkten im Bereich der Pflegeprodukte gibt es zwei auffallend unterschiedliche visuelle Welten. Die eine ist, wie Birgit Weller und Katharina Krämer im Buch You Tarzan Me Jane beschreiben, dunkel, hart, stark, intelligent und glänzend. Die andere ist hell, rosafarbig, weich, rund, leicht, schwach, verspielt und dekorativ.16 In der Produktgestaltung wie auch in der Gestaltung ihrer Verpackungen sind Geschlechterstereotypen weit verbreitet und dienen dazu entweder Mann oder Frau anzusprechen. Und das mit Erfolg! Ein Mann würde wohl kaum ein rosafarbenes Deo kaufen und umgekehrt greifen auch Frauen selten zu Pflegeprodukten, die als typisch männlich gestaltet wurden.17 Verpackungen bringen uns nicht nur dazu, aufgrund ihres Inhalts zwischen verschiedenen Produkten zu wählen. Dadurch, dass sie uns kommunizieren ob der Inhalt für sie, für ihn, unisex ist oder keine Geschlechtszuordung hat, performen die Verpackungen Gender. Magdalena Petersson McIntyre erklärt diesen Vorgang passend: «By saying ‹for her›, packages claim to express or explain the contents – but this is not so. By saying ‹for her›, the contents of a fragrance bottle become feminine, and construct women as a consumer group that like and are best represented by certain scents and all that they stand for.»18 In anderen Worten: Ein Shampoo für Frauen ist pink, nicht weil Frauen die Farbe natürlicherweise mögen, sondern weil die Farbe pink in unserer Gesellschaft mit Weiblichkeit verbunden wird. So werden Gendernormen durch Produkte auch mitgeformt und wiederholt.19

Exkurs: Gender

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BESTANDSAUFNAHME VON PFLEGEPRODUKTEN IM KONTEXT VON GENDERDESIGN 20 21

Vgl. Borstnar, N. (2002), S. 15 Vgl. Brandes, U. (2017), S. 45

Wir haben uns schon fest an das grosse Sortiment unserer Supermärkte gewöhnt, welches uns im Überfluss mit Konsumartikeln versorgt. Wir finden uns zwischen den vielen Regalen zurecht, wissen, wo unsere gewohnten Produkte stehen, wissen, welche Symbole und Farben welche Produkte umhüllen. Nur selten steht man noch ratlos vor dem Regal und muss sich zurechtfinden. In diesen Momenten fällt einem auf, wie viele gleich aussehende Produkte es gibt, die einen durch ihre Verpackungen anzusprechen versuchen. Die Entscheidung zum Kauf hängt dann nur von kleinen Details ab. Geschlechterklischees werden manchmal offen und manchmal subtil gezeigt, sie existieren aber bei einem Grossteil der Produkte in den Läden, die ich für meine Analyse konsultiert habe. Im folgenden Abschnitt versuche ich eine Analyse dessen zu machen, was ich in den Filialen von Müller, Migros und Coop gesehen habe und Thesen herauszuarbeiten, die durch die wissenschaftliche Literatur in diesem Bereich abgestützt sind. In unserer Gesellschaft wird die gendertypische Visualisierung breit eingesetzt. Produkte auf dem Markt können als Stellvertreter des männlichen oder weiblichen Körpers angesehen werden. Sie sind somit Bestandteil einer symbolischen Ordnung, die unsere Erfahrung prägt und unser Selbstverständnis mitbildet.20 Ich habe mich für Pflegeprodukte entschieden, da diese sehr viel mit unserem Körper zu tun haben und daher auch damit, wie wir uns identifizieren, fühlen und pflegen. Neben Kleidung, Schmuck und Kosmetika haben auch Pflegeprodukte sehr viel mit der persönlichen Geschlechtsidentifizierung und der damit verbundenen Selbstdarstellung zu tun. Sie unterstreichen, wie man nach aussen erscheinen will. Ich möchte hier erwähnen, dass mir bewusst ist, dass ich im folgenden Abschnitt die beiden bipolaren Geschlechtskategorien anspreche, zuordne und kategorisiere. Dies ist eine in der Genderdiskursen und der Forschung bekannte Problematik, welcher man sich nicht entziehen kann. Man findet sich wieder in der Konstruktion der Zweigeschlechtlichkeit. Wichtig ist hier zu sagen, dass nicht untersucht wird, was die Geschlechter sind, sondern was sie tun und wie sie dargestellt werden.21 Ebenfalls ist dies eine Untersuchung, die sich auf die westliche Kultur und der damit verbundenen Assoziationen beschränkt, da ich mich in dieser Welt bewege.

Bestandsaufnahme

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Bestandsaufnahme

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PFLEGEPRODUKTE FÜR MÄNNER Das Erste, was auffällt, wenn man im Kaufhaus Müller zum Sektor der Pflegeprodukte geht, ist, dass Männerprodukte sich farblich sehr von denen für Frauen unterscheiden. Die Marken sprechen entschieden nur Männer an – das zieht sich von den medizinischen Produkten bis zu der Naturkosmetik durch. Die Marken haben meist eine spezielle Männerlinie entwickelt, die daran erkennbar ist, dass dem Markennamen oft die Geschlechtsbezeichnung angefügt wird: Nivea men, Aveo men, Dove men, Speick men, l’ôreal men expert, palmolive men, marbert man, brauk mann, clinique for men, biotherm homme, clarins men, lab series skincare for men, lancome men, collistar linea uomo, declare men, weleda for men, Brooklyn soap company quality men’s care, ahava der ultimative frischekick für ihn, Rexona men oder lavera men sensitive. Dies könnte damit zusammenhängen, dass zuerst die Produktlinien für Frauen existiert haben. Um den gesamten Markt abzudecken, wurden später auch Männerlinien entwickelt. Das wird von Euromonitor, eines der grössten Marktforschungsunternehmen, bestätigt: «Women remain the target group for beauty companies, but this is changing. In the era of gender fluidity, taboos over gender and traditional social roles are being challenged. It’s no surprise that beauty players are increasingly focusing on exploiting the potential within the male segment, offering numerous launches of skin care and even colour cosmetics lines.»22 Was an diesen Produkten ebenfalls auffällt, ist die Farbwelt, in welcher sie sich bewegen. Die Farben, die benutzt werden, sind überwiegend Schwarz, Grau, Blau und Metallic. Vereinzelt findet sich auch noch Orange, Rot, Grün, Braun oder Weiss. Der Sektor fällt aber vor allem durch einen dunklen Grundton auf. Bei den Männerprodukten werden grösstenteils Versalien in einer Groteskschrift für die Beschriftung verwendet. Wenn man nun die Texte genauer liest, die auf den Produkten stehen, wird die schon im vorherein eindeutige Zuordnung nochmals verstärkt. Auf den Männerprodukten steht: ENERGY, MOTIONSENSE, FRESH ENERGY, APOLLO, STRONG POWER, SPORT, SPORT DEFENSE, TITAN, COOL ENERGY, HYDRA ENERGY, MIT ACTIVE DEFENSE SYSTEM, FRESH ACTIVE, FRESH POWER, ACTIVE SPORT, COOL KICK, PURE PROTECT, PURE POWER, CARBON PROTECT, GOLDEN HERO, MEN COBALT, MOTIONSENSE SYSTEM, SENSITIVE FORCE, PRO GLIDE, TURBO, AQUAPOWER, AKTIV-POWER-SYSTEM, ULTIMATE CONTROL, COLLISION, DARK TEMPTATION, DARE EDITION, BAD INTENSE oder ONLY THE BRAVE. Die Slogans verweisen auf biologische Kräfte und beinhalten physikalische, mathematische oder technische Begriffe und chemische Elemente. Sie sprechen die Sportlichkeit des Mannes und die in der Gesellschaft als männlich angesehenen Attribute an. Eine weitere Ebene bilden Bilder und Illustrationen, die ebenfalls stark mit Stereotypen arbeiten. Auf den Produkten für den Mann findet man technisch-wissenschaftliche Illustrationen, die die Funktion des Produktes visualisieren, geometrische Muster, die an mathematische Raster erinnern und kantige, spitze Formen. Die Produkte imitieren häufig technische Objekte. Wenn wir dann noch einen kurzen Blick auf die Werbebilder werfen, die diese Produkte bewerben, sehen wir den harten, kräftigen, stählernen Körper des idealen Mannes.

22 Vgl. Euromonitor I. (2019)

PFLEGEPRODUKTE FÜR FRAUEN Der Tenor der Frauenprodukte ist dagegen heller: Weiss ist die Grundfarbe, dicht gefolgt von Rosa- und Pinktönen. Es werden viele Pastellfarben verwendet. Die Farbe Schwarz tritt sehr selten auf und wenn, dann nur für kleine Teile der Verpackung oder die Schrift. Die Produkte werden hauptsächlich mit geschwungenen, verschnörkelten und dekorativen Script-Schriften beworben. Zu lesen ist: satin sensation, Kiss of Vanilla, discreet, Mademoiselle, miss soleil, pure fresh, sensitive & care, Garden of Rose, Blüten Zauber, daisy power, fruit spin, flower fresh, active morning, my moment, soft feel, pearl touch, satin care, extra smooth, comfort glide, beauty elixir, Pink Passion, fresh pink, lovely wisteria,

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Vgl. Migros (2021) Vgl. Brandes, U. (2020), S. 30

Glücksgefühl, sensual cashmere, weich gepflegt, sanft umsorgt, blühend schön, streichelzart, Glamourous Moments, Mystic Moments, Luxurious Moments, Summertime Moments, boho beauty, Fiji dream, Bali kiss, dream long, xtreme 3 Beauty, sensitive care, hydro silk, sugarberry, Himmlisch Lang, natural shine, Love Addict, Love Apell, Temptation, belle, amber romance, Intuition oder secret charm. Es dreht sich alles um Schönheit, Emotionen, Liebe, Gefühle, Blumen und Natur. Die Produkte erscheinen weich, sanft, glänzend und ruhig. Die Bild- und Illustrationsebene besteht bei den Frauenprodukten mehrheitlich aus Blumen, aber auch aus Schlaufen, ornamentalen Mustern, Glanzsternen und Schmetterlingen. Auf den Verpackungen sind weiche, flüssige, sanfte Formen zu sehen. Der Blick auf die Werbebilder zeigt den verfügbaren, runden, weichen Körper der idealen Frau. Neben den visuellen Unterschieden ist auffallend, dass sich auch die Preise je nach Geschlecht stark kontrastieren. Acht Gillette-Rasierklingen für Männer kosten 22.95 Chf. Für acht Rasierklingen für Frauen zahlt man hingegen 31.60 Chf.23 Dieses Phänomen wird Pink Tax genannt. Die Unternehmen gehen davon aus, dass Frauen bereit sind mehr Geld für Aussehen und Pflegeprodukte auszugeben und erhöhen dementsprechend die Preise ihrer Produkte.

ZWISCHENFAZIT Zusammenfassend kann man sagen, dass bei einigen Produkten heftige stereotype Gestaltungsmerkmale benutzt werden. Der Mann wird als aktiver, sportlicher, technikorientierter, starker, mutiger, energetischer Mensch dargestellt. Die Frau hingegen wird durch Adjektive wie schön, sanft, intuitiv, gefühlvoll oder emotional charakterisiert. Aktiv ist sie in Ausnahmefällen wie Beispielsweise auf dem NIVEA Deodorant dry active (Abbildung 14). Die Untersuchung zeigt, dass stereotype Rollenbilder immer noch sehr präsent sind, was wohl auch daran liegt, dass Marketingstrategien oftmals auf dieser reduzierten Zuordnung basieren. Diese Produkte beeinflussen die Geschlechtsidentitäten und kommunizieren uns, wie die gesellschaftlichen Geschlechterrollen zu sein haben. Diesem Diskurs kritisch gegenüberstehende Menschen können sich diesem Einfluss eventuell bis zu einem gewissen Grad entziehen, doch ist dieses Bewusstsein noch nicht in allen Teilen der Gesellschaft verbreitet. Zwar lässt sich beobachten, dass die Auffassung von Gender diverser und Geschlechtszugehörigkeiten Teil einer öffentlichen Debatte geworden ist, doch kann das Rütteln an den Geschlechtskategorien auch zu Verunsicherung und Polarisierung führen.24 So kann man annehmen, dass die Verpackungen von Pflegeprodukten weiterhin Genderklischees aufweisen werden, um den Konsument*innen in dieser Hinsicht Sicherheit zu geben.

Bestandsaufnahme

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Satin sensation, Kiss of Vanilla, discreet, miss soleil, sensitive & care, Blüten Zauber, flower fresh, my moment, soft feel, pearl touch, extra smooth, beauty elixir, Pink 32

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Passion, fresh pink, sensual cashmere, weich gepflegt, sanft umsorgt, blühend schön, streichelzart, Intuition, Glamourous Moments, Love Addict. Bestandsaufnahme

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MOTIONSENSE, FRESH ENERGY, STRONGPOWER, SPORT, TITAN, COOL ENERGY, FRESH POWER, ACTIVE SPORT, COOL KICK, PURE POWER, CARBON 34

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PROTECT, GOLDEN HERO, MEN COBALT, SENSITIVE FORCE, TURBO, AQUAPOWER, ULTIMATE CONTROL, DARE EDITION, ONLY THE BRAVE. Bestandsaufnahme

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Bestandsaufnahme

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FALLSTUDIENUNTERSUCHUNG


FALLSTUDIENUNTERSUCHUNG VON PFLEGEPRODUKTEN

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FALLSTUDIENUNTERSUCHUNG


METHODISCHES VORGEHEN 25

Vgl. Bildinterpreta- tion (2014)

Nachdem ich in der Bestandsaufnahme im vorherigen Kapitel Grundtendenzen von stereotypen Genderdesign auf Verpackungen von Pflegeprodukten herausgearbeitet habe, werde ich in der folgenden Analyse auf vier Artikel vertieft eingehen und die Verpackung mit Erwin Panofsky’s Interpretationsmodell auf genderstereotype und genderneutrale Gestaltungsmerkmale hin untersuchen. Die Panofsky Methode ist ein Drei-Stufen-Interpretationsschema, welches vom Kunstwissenschafter Erwin Panofsky zwischen 1930 und 1955 zur Deutung von Kunstwerken entwickelt wurde. Die drei Stufen bestehen aus der vorikonographischen Beschreibung, der ikonographischen Analyse und einer ikonologischen Interpretation. Im Ersten Schritt wird beschrieben, was dargestellt wird und die Farben, Formen, Motive, Schriftarten und Objekte aufgezählt. Im zweiten Schritt werden die Bedeutungen der einzelnen Motive herausgearbeitet. Das Dargestellte wird miteinander verknüpft und mit Themen und Konzepten kombiniert. In der ikonologischen Interpretation wird die eigentliche Bedeutung des Dargestellten ermittelt. Um dies zu erreichen, werden gesellschaftliche, politische, religiöse und philosophische Ansichten in der Zeit der Gestaltung untersucht und in die Interpretation integriert.25 Im Hinblick auf die Fragestellung dieser Arbeit werden in der nachfolgenden Analyse ausschliesslich genderspezifischer Merkmale in der visuellen Gestaltung untersucht. Gelegentlich wird ebenfalls die Form der Verpackung miteinbezogen, wenn diese die Aussage unterstützt.

Methodisches Vorgehen

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FALLSTUDIENUNTERSUCHUNG


NIVEA MEN STRONG POWER SHAMPOO Das vorliegende Produkt ist ein Shampoo der Marke NIVEA MEN. Ich habe dieses Produkt für die Analyse gewählt, da es viele stereotype Merkmale vereint und in fast jedem Geschäft überall auf der Welt gekauft werden kann.

VORIKONOGRAPHISCHE BESCHREIBUNG Die Form der Shampooflasche ist rechteckig mit abgerundeten Kanten und Einbuchtungen auf der oberen Hälfte, die als Griffe gedacht sind. Das Material der Flasche besteht aus einem durchsichtigen, matten, dunkelblauen Plastik. So erkennt man den Inhalt der Flasche. Der oberste Teil, der zum Verschluss gehört, ist silbrig, verjüngt sich leicht nach oben und wird von einem metallisch-dunkelblauen, flachen, ovalen Deckel geschlossen. Damit man den Deckel gut öffnen kann, ist eine kleine Einbuchtung in der Mitte vorhanden. Das Logo der Marke NIVEA MEN ist in der oberen Hälfte in der Mitte der Flasche platziert. Es gleicht dem klassischen Nivea Logo, zusätzlich steht aber in silberner Farbe MEN unter NIVEA. Der Schriftzug ist von einem silbrigen Ring umschlossen. Unter dem Logo steht in weissen Versalien STRONG POWER in einer grotesken Schrift mit condensedSchnitt. Darunter steht ebenfalls in weissen Versalien SHAMPOO. Zuunterst auf der Etikette ist ein silberner Balken zu sehen, darin steht ebenfalls in einer grotesken Versalschrift KRÄFTIGT UND STÄRKT, darunter dasselbe auf Französisch. Über dem Balken steht in weissen grotesken Versalien MEERESMINERALIEN & AKTIV-POWER-SYSTEM. Zwischen dieser Aufschrift und dem Begriff Shampoo befindet sich eine Illustration. Es ist eine silberne Kugel, die in der Mitte in Form eines Yin Yang-Zeichens gespalten ist. Dadurch wird der blau leuchtende Inhalt der Kugel sichtbar. Es fliegen kleine blau leuchtende Partikel um die Kugel, ausserdem gehen vier Lichtstrahlen davon aus. Hinter der Kugel zieht sich ein hellgraues Band durch, welches an beiden Seiten stufenartig nach oben geht.

IKONOGRAPHISCHE ANALYSE Die Erscheinung der Flasche wirkt durch die Farbgebung, sehr dunkel. Die silbrigen Akzente, die wie Metall scheinen, verleihen der Flasche einen technischen, maschinellen, robusten Look. Die Griffe auf der Seite wirken, als müsse man fest zugreifen. Wenn man sie dann in der Hand hält, hat man einen guten Halt, man hat die Flasche «unter Kontrolle». Durch den durchsichtigen Kunststoff sieht man die Flüssigkeit im Innern. Wenn man die Flasche dreht, bewegt sich der dickflüssige, an eine dunkle Unterwasserwelt erinnernde Inhalt. Die Aufschrift NIVEA MEN verrät das Zielpublikum. Es werden Männer und nicht Frauen angesprochen. Die Aufschrift STRONG POWER verspricht Stärke und Macht. Aufgrund der Versalien in Groteskschrift wird diese Aussage nochmals verstärkt. Die Buchstaben sind gross, klar und gleichmässig mittelachsig auf das Etikett gesetzt. Sie wirken standfest. Diese Wirkung wird durch die kleinere Schrift im silbernen Kasten nochmals verstärkt. Darin wird die Intensität des Shampoos beschrieben: KRÄFTIGT UND STÄRKT. Das Shampoo soll also die Haare, die damit gewaschen werden, härten. Über dem silbernen Kasten ist die Zusammensetzung des Shampoos beschrieben. Es beinhaltet Meeresmineralien und ein AKTIV-POWER-SYSTEM. Die Meeresmineralien passen zur Atmosphäre der Unterwasserwelt. Die Illustration, die das AKTIV-POWER-SYSTEM wohl repräsentieren soll, erinnert an ein effizientes technisches System, einem Atomkern oder leuchtendem Molekül gleichend. Sie scheint einem Science-Fiction-Comic entsprungen. Es soll durch diese technische Anmutung die Funktion des Inhalts betonen. Wenn man dann auf der Rückseite der Flasche den Beschrieb des Shampoos liest, heisst es: Für Männer, die kraftvolles und gestärktes Haar wollen. Die Formel mit Aktiv-Power-System reinigt Haar & Kopfhaut effektiv und kräftigt das Haar. Die Formel wird geheimnis-

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voll angepriesen, aber macht keine Aussagen über die tatsächlichen Inhaltsstoffe. Wohl auch, weil sich das Shampoo diesbezüglich nicht massgeblich von anderen unterscheidet.

IKONOLOGISCHE INTERPRETATION

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Vgl. Heller, E. (2011), S. 29 Vgl. Heller, E. (2011), S. 252 Vgl. Borstnar, N. (2002), S. 52

Der Markenname NIVEA MEN verrät, dass Männer angesprochen werden. Die Wellen an der Seite suggerieren, dass es einen festen und bestimmten Griff braucht, um die Flasche fassen und unter Kontrolle bringen zu können. Betrachtet man die symbolischen Werte der blauen Farbe, passen viele Eigenschaften dieser Farbe zum stereotypen Männerbild. Blau ist in der modernen Symbolik die Farbe der Männlichkeit. Blau ist die Farbe der Tugend, der Arbeit und der geistigen Erkenntnis. Dazu gehören auch Mut, Leistung, Sportlichkeit, Klugheit und Rationalität.26 Die Farbe hat natürlich darüber hinaus noch andere Eigenschaften, aber es werden die oben erwähnten sein, die die Gestalter*innen mit der Wahl der Farbe dem Produkt aneignen wollten. So wird auch die Farbe Silber, welche im Deckel und den Illustrationen vorkommt, mit den Tugenden geistiger Arbeit assoziiert. Sie steht für Klugheit und Sicherheit. Silber ist die Farbe der Dynamik, der Sportlichkeit und der Funktionalität. Man denkt an Flugzeuge, Raketen oder an schnelle metallische Silberpfeile.27 Diese Eigenschaften werden häufig dem männlichen Geschlecht zugeordnet. Mit der Verbindung der Benennung des Shampoos STRONG POWER, was übersetzt starke Macht heisst, ergibt sich das Bild des starken, kräftigen, mächtigen Mannes. Diese Attribute werden dem Mann zugeordnet, nicht zuletzt auch, weil die Flasche mit MEN angeschrieben ist. Die Zielgruppe, die angesprochen werden soll, identifiziert sich mit diesen Attributen, wünscht sich diese Attribute zu haben oder soll diesen Attributen aus einer gesellschaftlichen Erwartung heraus entsprechen. Betrachtet man die gewählten Schriften genauer, erkennt man, dass nur Versalien in Groteskschrift verwendet werden. Die grotesken Schriften sind geometrisch konstruiert und in Volltönen angelegt. Die klaren Formen der Buchstaben führen dazu, dass die Buchstaben allgemein grösser wirken. Versalien sind laut und schreien nach Aufmerksamkeit. Das Wording (AKTIV-POWER-SYSTEM) ist ein weiter Versuch die technisch interessierte Seite des Mannes anzusprechen. Die Gestalter*innen gehen davon aus, dass der männliche Konsument an Technik interessiert ist, was mit der wissenschaftlich anmutenden Science-Fiction-Illustration noch verstärkt wird. Der an der Wissenschaft orientierte Mann, prüft alles nach Fakten und nicht nach Gefühl. Hansruedi Spörri analysiert Werbung im Kontext der Dichotomie weiblich/männlich. Er hat eine Liste von Merkmalen verfasst, die er den Geschlechtern zuweist und so stereotype Tendenzen aufzeigt. Laut Spörri sind männliche Merkmale aktiv, aussen, stark, geschlossen, oben, gross, rauh, Kultur, rational und Macht.28 Das NIVEA-Produkt weist drei dieser Merkmale allein schon auf der Textebene auf: Stark, aktiv und Macht. Auf der gestalterischen Ebene wird dann auch die Rationalität des Mannes angesprochen.

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NIVEA MEN STRONG POWER

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AVEO Parfum Deodorant Mademoiselle 29 30 31

Vgl. Heller, E. (2011), S. 115 Vgl. Heller, E. (2011), S. 120 Vgl. Heller, E. (2011), S. 157

Das vorliegende Produkt ist ein Deo, welches man im Kaufhaus Müller kaufen kann. Es ist vegan und beinhaltet keine Aluminiumsalze. Dieses Produkt arbeitet mit starken stereotypen weiblichen Stilmitteln, weshalb ich es für die Analyse gewählt habe. Es steht stellvertretend für viele ähnliche Produkte und zeigt die Situation der stereotypen Produktgestaltung gut auf.

VORIKONOGRAPHISCHE BESCHREIBUNG Die Form der Flasche ist rund, wölbt sich in der oberen Hälfte konkav nach innen und danach wieder nach aussen, bis sich die Form zum Deckel hin wieder verschmälert. Das Material der Flasche besteht aus einem matten, altrosafarbenen Aluminium. Der Deckel ist apricot gefärbt. In der unteren Hälfte ist ein weisser Kasten in welchem die Informationen gedruckt sind. Die Marke Aveo ist in demselben apricot geschrieben, wie der Deckel. Darunter steht in einer ebenfalls apricotfarbenen Groteskschrift Parfum Deodorant. Unter diesem Text ist einem golden geschwungenen Skriptschriftzug Mademoiselle geschrieben. Wiederum darunter steht in serifenlosen Kleinbuchstaben und wieder in apricot langanhaltender, sinnlicher Fine Fragrance Duft. Darunter die Info 0% ACH. In einem goldenen Oval steht 24h Schutz. Zuunterst in der Mitte ist das Logo des Kaufhauses Müller abgebildet, links davon ein goldenes Vegan Symbol. Der Hintergrund der Flasche ist in ein sehr helles Altrosa eingefärbt, auf der oberen Hälfte sind schleierartige goldene Formen abgebildet.

IKONOGRAPHISCHE ANALYSE Die Flasche erscheint durch die helle, rosa-goldene Farbgebung zierlich, süss und ruhig. Die runde, weiche Form der Flasche wirkt wie eine Anspielung an den weiblichen Körper. Ihre Form suggeriert, dass man sie mit einem leichten Griff behutsam in die Hand nehmen sollte. Die Produktinformationen sind gut lesbar. Es wird eine Grosskleinschreibung verwendet, damit die Wirkung des Ruhigen und Zierlichen erhalten bleibt. Der Duft wird als langanhaltender, sinnlicher Fine Fragrance Duft beschrieben. Hier wird die optische Wirkung der Flasche in der Beschreibung wieder aufgenommen. Das Wort Duft wird doppelt aufgezählt, einmal durch das englische Wort Fragrance und einmal mit dem deutschen Wort Duft. Das englische Wort Fragrance wirkt eleganter als das deutsche Wort Duft. Der Scriptschriftzug Mademoiselle wirkt durch die stark geschwungenen und gleichzeitig goldenen Buchstaben sehr dekorativ und verspielt. Allerdings wirkt die goldene Farbe eher wie ein Versuch der Veredelung, denn wertvolle Materialien wurden nicht eingesetzt. Der Hintergrund wirkt durch die schleierähnlichen, hellen Formen weich und sanft.

IKONOLOGISCHE INTERPRETATION Die Wirkung der Flasche ist durch die durchgehend zierlichen, runden und weichen Stilelemente ruhig und sanft. Die Farbgebung macht schon den ersten Schritt in die stereotype Richtung: Die Farbe Rosa wird als typisch weibliche Farbe eingeordnet.29 Laut der Lehre der Farbsymbolik werden der Farbe Rosa Zärtlichkeit, Unschuld, Verführung, Sexualität, Weichheit und Naivität zugewiesen. Weitere Eigenschaften sind Harmonie, Sanftheit, Bescheidenheit, Romantik, das Süsse und das Liebliche.30 Die Eigenschaften der Farbe Weiss passen dazu: Ruhe, Weiblichkeit, Zartheit und Sanftheit.31 Die Bezeichnung Mademoiselle ist das Äquivalent zum deutschen Wort Fräulein und zum englischen Miss, was früher als Bezeichnung für eine unverheiratete Frau galt. Das Wort gilt heute im Deutschen

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als sexistisch und diskriminierend und wird eigentlich nicht mehr verwendet. Auch die französische Form hat ähnliche Konnotationen, weswegen sie im amtlichen Sprachgebrauch mit Madame ersetzt wurde. Über die Verwendung der Bezeichnung, im Kontext des Pflegeprodukts, kann nur gemutmasst werden. Eventuell sollte sie die jugendliche Note des Dufts unterstreichen? Die für den Schriftzug Mademoiselle verwendete Scriptschrift gehört zu den Zierschriften. Sie wirkt verspielt, lieblich und dekorativ.32 Die goldene Farbe fügt der Wirkung die passende Symbolik hinzu: Genuss, Luxus und Dekoration.33 Die Beschreibung des Duftes als langanhaltender, sinnlicher Fine Fragrance Duft nennt die Attribute des Sinnlichen, Feinen und durch das doppelt verwendete Wort Fragrance nochmals das Elegante. Die Groteskschrift wird – im Gegensatz zu der auf dem Männerprodukt – nicht versal geschrieben und wirkt somit weniger aufdringlich.

32 Vgl. Beinert, W. (2019) 33 Vgl. Heller, E. (2011), S. 184 34 Kilbourne, J. (2014) 35 Vgl. Schmerl, C. (2018), S. 331 36 Schmerl, C. (2018), S. 332 37 Schmerl, C. (2018), S. 332 38 Vgl. Schmerl, C. (2018), S. 334 39 Schmerl, C. (2018), S. 336

ZWISCHENFAZIT Aus der Analyse der Verpackungen von Pflegeprodukten für explizit weibliche Konsumentinnen und männliche Konsumenten habe ich die Erkenntnis gewonnen, dass stereotype Geschlechterbilder vermittelt werden, welche diskriminierende Dynamiken annehmen können, oder sich nicht unbedingt mit der Selbstwahrnehmung von Männern und Frauen decken. Ich gehe so weit zu behaupten, dass sie aktiv zu einer Behinderung der Emanzipation beider Geschlechter beitragen, indem sie konservative Geschlechterbilder festschreiben und idealisieren. Darin sehe ich eine Gefahr. Zum Beispiel hat Sexismus in der Werbung und der Produktgestaltung einen grossen Einfluss auf das Selbstbild der Menschen. Jean Kilbourne erklärt dieses Phänomen passend: «In ad after ad girls are urged to be ‹barely there› - beautiful but silent… they are even more powerfully attuned to images of women, because they learn from these images what is expected of them, what they are to become.»34 Verschiedene Untersuchungen, die Christiane Schmerl in dem Artikel Werbung mit Frauenbildern erwähnt, die die Wirkung von Werbung auf die Herausbildung von Geschlechterklischees erforschten, zeigen, dass die Werbebilder und daher wohl auch die Produktgestaltung, schon erheblichen Einfluss auf die Stereotypenbildung bei Kindern haben. Kinder lernen von TV-Bildern genau so effektiv, wie von realen Vorbildern des täglichen Lebens.35 Alle jene Untersuchungen zeigten «einen beeindruckenden Einfluss nichtstereotyper Geschlechtsrollen in Werbespots auf die Mädchen (im Sinne der Erweiterung ihres Verhaltensrepertoires, ihrer Berufswünsche etc.) und eine Verstärkung klischeehafter Geschlechtervorstellungen und Berufswünsche bei jenen Kindergruppen, die jeweils die stereotypen Werbespots mit Frauen und Männern gesehen hatten.»36 Es gibt auch Untersuchungen von Joyce Jennings und ihren Mitarbeiter*innen, in denen ein vergleichbarer Effekt auch bei Frauen ersichtlich wird: «Frauen, die Spots mit Frauen in progressiven Rollen angesehen hatten, [haben] in entsprechenden Testverfahren danach wesentlich höhere Werte für ‹Selbstbewusstsein› und ‹Unabhängigkeit› [aufgewiesen], als die Vergleichsgruppen mit konventionell-stereotypen Werbespots.»37 Man kann davon ausgehen, dass dies auch für die Produktgestaltung gilt, bei der ebenfalls Geschlechterklischees und negative Frauen- wie auch Männerbilder verbreitet werden. Wenn man also davon ausgeht, dass unser soziales Geschlechtergefüge nicht als Konsequenz der Biologie zu verstehen ist, sondern als kulturelle Konstruktion, heisst das, dass auch die millionenfach verbreiteten Werbe- und Produktbilder erheblich zu dessen Bildung beitragen.38 Es ist schwierig, sich von diesen Bildern nicht beeinflussen zu lassen. Christiane Schmerl beschreibt die Situation der uns tagtäglich gezeigten Werbung gut: «Es ist geistig und emotional anstrengend, sich den aufdringlichen Sirenenklängen zu widersetzen – und die Werbung tut ihrerseits alles, um Widerstand und Kritik als altmodisch und lustfeindlich zu etikettieren.»39

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40 Vgl. Krämer, K. & Weller, B. (2020), S. 48 41 Always #LikeAGirl (2014)

Das diese projizierten Welten eben nicht zu den Lebensrealitäten der Konsument*innen passen und sich diese eindimensionalen Bilder negativ auf die Persönlichkeitsentwicklung und die Entwicklung der Geschlechterverhältnisse auswirken, wurde mittlerweile auch von einigen herstellenden Unternehmen erkannt und es werden vermehrt Kampagnen entwickelt, die sich mit dieser Problematik des gestörten Selbstwertgefühls beschäftigen.40 So wird versucht, durch Werbung diese stereotypen Rollenbilder zu durchbrechen und das Selbstwertgefühl der jungen Frauen zu stärken. Ein Beispiel dafür ist die Kampagne #LikeAGirl von Always, die sehr eindrücklich die Stereotypisierung von Mädchen anspricht und sie dann gleichzeitig widerlegt.41 Dies zeigt, dass das Bewusstsein für die verfälschte Stereotypisierung wächst und es durchaus gestalterische Versuche gibt, dieser Problematik entgegenzutreten. In den folgenden Analysen werde ich Produkte zeigen, bei denen Unternehmen diese Problematik erkannt haben und die Gestaltung dementsprechend angepasst haben.

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BOROTALCO Active Sea Salts Fresh DEO SPRAY Das vorliegende Produkt ist ein Deodorant-Spray für beide Geschlechter, als Beispiel wie das unisex-Design funktionieren kann. Ich habe das Produkt gewählt, da es sich von den Stilelementen her stark an den vorhandenen Produkten orientiert, sich aber trotzdem nicht geschlechtsstereotypisch einordnen lässt.

VORIKONOGRAPHISCHE BESCHREIBUNG Das Produkt ist ein Deospray der Marke BOROTALCO. Die Flasche ist zylinderförmig, und hat einen abgerundeten Deckel. Sie ist weiss. Der Deckel ist in einem Türkiston eingefärbt. Auf dem Deckel klebt ein roter Sticker mit der Aufschrift NEW ADVANCED TECHNOLOGY. Der Schriftzug der Marke BOROTALCO ist gross und vertikal geschrieben und ist rot. Die Duftbezeichnung Sea Salts Fresh steht unter der Marke in roter Farbe, in einer weichen, runden Groteskschrift. Im unteren Drittel der Flasche steht in derselben Schrift das Wort Active. Darüber sind zwei rote Figuren zu erkennen. Die eine Figur ist rennend dargestellt, die andere fängt oder wirft einen Ball. Die Figur links hat den Körperbau eines Mannes, die rechte Figur den einer Frau. Ausserdem hat sie lange Haare. Unter dem Schriftzug Active ist ein türkis-blauer Balken mit Bienenwabenmuster. Er bildet den Hintergrund für den in weiss gehaltenen Schriftzug with Odor-Converter Fragnance booster The more you sweat the more it works. Ein im Kreis laufender Pfeil überlappt den Balken auf der Mittelachse. Im Kreis des runden Pfeils steht 48h. In roten Versalien ist links vom Symbol DEO SPRAY und rechts vom Symbole 0% ALCOHOL platziert.

IKONOGRAPHISCHE ANALYSE Die Erscheinung des Deo-Sprays kommt durch die gerade Flaschenform und die weisse Farbe sehr schlicht und neutral daher. Die türkise Farbgebung soll wohl den frischen Meeresduft betonen. Es werden wenige Stilmittel verwendet. Die Wahl der Schrift und auch der Formen erscheint neutraler als bei den oben erwähnten Beispielen. Dies könnte damit zusammenhängen, dass sich beide Geschlechter angesprochen fühlen sollen, was durch die Illustration der sporttreibenden Menschen noch verstärkt wird. Hier werden beide Geschlechter gleichermassen dargestellt. BOROTALCO ist eine alte Marke, die Tradition und Qualität verspricht. Durch die prominente Platzierung des Logos setzt die Marke auf Wiedererkennbarkeit.

IKONOLOGISCHE INTERPRETATION Die Form der Flasche ist einfach gehalten und strahlt eine gewisse Schlichtheit aus. Die Farbe Weiss wirkt neutral und sauber. Türkis als eine kühle Farbe verstärkt das Frischeversprechen, dass das Deo abgeben will. Da der Duft Sea Salts Fresh heisst, steht die türkise Farbe auch für die Verbindung zum Meer. Türkis in Kombination mit Weiss sorgt für eine saubere, fast schon klinische Wirkung (es sind oft die vorherrschenden Farben in Krankenhäusern). Dieser Eindruck soll beim Benutzen auch auf den Träger oder die Trägerin übergehen. Auch wenn man Sport treibt und schwitzt verspricht das Deo durch den Text wie auch durch die Gestaltung seiner Verpackung Schutz vor unangenehmen Körpergeruch. Die Farbe Rot kommt vom Logo der Marke, die bereits seit ihrer Entstehung 1904 eingesetzt wird. Die Groteskschrift mit abgerundeten Ecken wirkt neutral und ist gut leserlich. Durch die Illustration der sporttreibenden Figuren werden nicht nur beide Geschlechter angesprochen, sondern gezielt Menschen, die gern und viel Sport machen. Der Balken mit der Information Odor-Converter beschreibt in technischer Sprache, die oben auf dem Sticker erwähnte, zur Entwicklung des Deos neu eingesetzte Technologie. Die technische Formulierung wirkt professionell und vertrauenswür-

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dig. The more you sweat the more it works ist ein klassischer Werbespruch, der versucht das Produkt möglichst positiv zu vermitteln und seine Wirkung mit dynamischen Worten zu beschreiben. Durch das im Kreis laufende Pfeilsymbol wird mit einfacher universell verständlicher Sprache schnell kommuniziert, dass die Wirkung des Deodorants 48 Stunden anhält. An diesem Produkt ist zu erkennen, dass sobald die klassischen stereotypen Stilelemente wegfallen, auch automatisch die Geschlechtszuordnung wegfällt. Verstärkt wird dieser Effekt natürlich auch damit, dass das Produkt auch sprachlich nicht ein bestimmtes Geschlecht anspricht. Die Anschrift For Men oder For Women fehlt. Dieses Beispiel orientiert sich zwar stark an der Gestaltung medizinischer Pflegeprodukte, fällt aber optisch im Supermarkt weniger durch diese Attribute auf, als durch die nicht vorhandene, genderspezifische Zuschreibung.

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PADSY BONJO 10 Tag-Binden by einhorn Beim folgenden Produkt handelt es sich um eine Verpackung für Damenbinden. Die Packung beinhaltet 10 Binden aus zertifizierter Bio-Baumwolle, die unter fairen Bedingungen produziert wurden. Ich habe dieses Produkt gewählt, da es gut aufzeigt, wie gestalterische Lösungen bei Verpackungen aussehen können, deren Inhalt zwar vorwiegend dem weiblichen Geschlecht vorbehalten ist, diese aber trotzdem auf stereotype Geschlechterstilmittel verzichten. Dabei sind diese Binden kein Nischenprodukt, sondern in Supermärkten wie Coop erhältlich.

VORIKONOGRAPHISCHE BESCHREIBUNG Die Packung besteht aus einer Box aus Karton, die nach oben geöffnet ist und so die Plastikverpackung der Binden sichtbar wird. Die Packung ist verschiedenfarbig. Der Name des Produkts Padsy ist in einer rot-blauen Scriptschrift in der oberen Mitte platziert. Die rot-blaue Schrift hebt sich gut vom flimmernden Hintergrund ab. Unter diesem Schriftzug steht ebenfalls in einer schwarzen Scriptschrift Bonjo. Im unteren rechten Rand ist ein weisser Kasten aufgezogen. In diesem Kasten findet man die Produktinformationen. Mit einer serifenlosen Schrift wurde 10 TagBinden geschrieben. Darunter ist auf der linken Seite eine schwarz-weisse Linienillustration einer Binde, darunter finden sich 3 schwarze Tropfen. Auf der rechten Seite steht mit zertifizierter Bio-Baumwolle und fairer Mission, darunter ist in einer Handschrift und in Versalien FREUNDLICH ZUR HAUT geschrieben. Ganz unten steht die Marke des Produkts by einhorn. Diese Informationen sind durch feine schwarze Linien in Kästen unterteilt. Der Hintergrund der Packung besteht aus einer farbigen comichaften Illustration, die sich um die gesamte Packung zieht. Links vom Kasten streckt sich eine Hand nach oben, die ein graues, lächelndes Meerschweinchen in der Hand hält. Hinter dem Meerschweinchen steht ein grüner Busch mit Augen. Zwischen diesen beiden Figuren sind zwei Sprechblasen dargestellt. In der vom Busch ausgehenden Sprechblase steht SOOO WEICH, während das Meerschweinchen antwortet UND SOOO BIO! Im oberen Bereich der Packung hinter dem Schriftzug Padsy erkennt man vor einem lindengrünen Hintergrund Beine, die eine zebragestreifte Unterhose tragen. Wenn man die Schachtel nun im Uhrzeigersinn nach links dreht, erkennt man verschiedene Schilder. Auf dem untersten Schild sind Informationen über weitere Produkte dieser Marke gedruckt. In versaler Handschrift steht DAS GIBT’S NOCH: Darunter sind die verschiedenen Binden, Slipeinlagen und Tampons in einfachen Illustrationen dargestellt. Als Tipp sind in der untersten Zeile zwei Menstruationstassen dargestellt. Die verschiedenen Bindenkategorien sind wiederum mit feinen schwarzen Linien abgetrennt. Über diesem Informationsschild sind zwei weitere Schilder abgebildet. Von der linken Seite kommt ein Schild ins Bild auf dem steht POWER TO THE PERIOD. Unter diesem Spruch ist in kleiner, ebenfalls schwarzer Handschrift der Instagramname der Marke angegeben: @einhorn.period. Das Schild auf der rechten Seite ist mit LIBERTÉ ÉGALITÉ KRÄUTERTEE! angeschrieben. Im Hintergrund erkennt man die Plastikverpackung, auf der eine weitere Sprechblase und verschiedenfarbige Körperteile mit gemusterten Kleidern abgebildet sind. Dreht man die Packung wiederum nach links tauchen noch mehr Schilder auf. Auf dem untersten Schild steht in zusammengehängter Schrift Vivi le mestruazioni! Darüber ragt ein rundes, oranges Schild mit einem Auge in der Mitte auf. Darin steht NUR ECHT MIT FLÜGELORAKEL. Auf dem linken Schild ist arabischer Schriftzug zu sehen, darunter ist in Klammer geschrieben: (DIE PERIODE IST KEIN GRUND ZU FLÜSTERN). Auf dem Schild auf der rechten Seite steht angeschnitten PERIODE SEKRET STATT PERIODE DISKRET. Wenn man nun die Packung ein letztes Mal dreht, wird ein grosser weisser Kasten sichtbar, in dem die Mehrwerte in einer schwarzen Groteskschrift angegeben sind. Es steht darin, wie viele Kalorien beim Amüsieren über das Flügelorakel verbrennt werden und welches Material für die Binde verwendet wird: zertifizierte Bio-Baumwolle und Bio-Kunststoff auf Maisbasis. Ebenfalls gibt die

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Verpackung Auskunft darüber, wie viel des Gewinns gespendet wird. Zuunterst steht: Diese Binden werden nicht die Welt verändern. Die Überzeugung, aus der du sie kaufst, schon! #powertotheperiod. Unter diesem Kasten ist ein kleines Schild mit den Labels und der Info, die Binde nicht ins WC zu werfen. Auf dem oberen Teil der Plastikverpackung erkennt man wiederum verschiedene diverse Körper, die farbige Kleidungsstücke tragen.

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Einhorn (2021)

IKONOGRAPHISCHE ANALYSE Die bunte, mit Illustrationen verzierte Verpackung fällt im Ladenregal auf. Ihre Ästhetik weicht von der ähnlicher Produkte klar ab. Durch die Form der Verpackung und der eindeutigen Aufschrift 10 Tag-Binden ist aber sehr schnell ersichtlich, um welches Produkt es sich handelt. Durch die Farbgebung wirkt die Packung fröhlich und munter. Der grüne Hintergrund könnte als Anlehnung an die Natur gedacht sein, mit der durch die Bio-Zertifizierung und den Bio-Plastik schonend umgegangen wird. Durch das Benutzen einer Scriptschrift reiht sich das Beispiel zwar zwischen die auf den anderen Menstruationsprodukten verwendeten Schriften ein. Doch weicht sie insofern etwas ab, als dass sie nicht verschnörkelt ist, sondern wie mit der Hand geschrieben wirkt. Auch die Illustration, bei der man die verwendeten Filzstiftstriche noch erkennt, wirkt analog hergestellt und anschliessend digitalisiert. Der weisse Kasten lässt die zu vermittelnden Informationen klar und professionell wirken. Das Meerschweinchen und der Busch unterstreichen die Aussage des biologischen und qualitativen Aspekts auf humorvolle Art und Weise. Durch die Illustration hebt sich die Verpackung klar von den anderen Produkten und somit vom vorherrschenden Trend ab. Die Schilder erinnern an Proteste oder Streiks. Das erklärt auch die Ästhetik der Handschriften. Es wirkt, als wären die Schilder von den Personen geschrieben worden, die politische Forderungen stellen. Die Forderungen dieses Produkts sind ein normaler Umgang mit der Periode und der Scham, die häufig mit der Menstruation verbunden ist. Freiheit, Gleichheit und anstatt der Brüderlichkeit, wird der Kräutertee genannt, der wohl eine Anspielung auf seine lindernde Wirkung bei Menstruationsbeschwerden ist. Das Infoschild zum Flügel-Orakel, ist ein Versuch, der Periode, die häufig als unangenehm empfunden wird, mit Humor zu begegnen. Die auf der Packung abgebildeten Körper sind in Bezug auf Körperform, Hautfarbe und Kleidung divers. Es sind nicht die perfekten Figuren, die man sonst in der Werbung oder auf Produkten antrifft. Sie umarmen sich und halten zusammen. Es wird kein Individuum abgebildet, sondern eine Gruppe von Menschen. Die Produktinformationen werden humorvoll kommuniziert, neben den Inhaltsstoffen sind kleine Witze eingebaut, die die klar gestalteten Angaben auflockern und sich so von herkömmlichen Produktbeschrieben abhebt.

IKONOLOGISCHE INTERPRETATION Die Gestaltung grenzt sich bewusst von der Gestaltung anderer Produkte im Kaufhausregal ab. Das Unternehmen, das dahintersteckt, setzt sich für eine nachhaltige, faire Welt ein und will sich von dem neoliberalen Konsumsystem absetzen. Das Unternehmen kommuniziert seine Haltung im Internet folgendermassen: «Wir einhörner haben es uns zur Mission gemacht, alles für dich an Nachhaltigkeit aus den Produkten herauskitzeln, was geht. Das heißt für uns vor allem die Menschen fair zu bezahlen, die unsere Rohstoffe anbauen, Plastikverpackungen auf ein Minimales zu reduzieren und biologische Vielfalt auf den Feldern zum Summen und Sprießen zu bringen. Wir wollen maximal transparent sein bei allem, was wir tun, wollen allen Menschen auf Augenhöhe begegnen und nicht aufhören, bevor der letzte Zipfel von einhorn vor Nachhaltigkeit strotzt.»42 Die bunte Illustration auf der Verpackung wirkt spannend, fröhlich und munter. Hier wird eine Kundschaft angesprochen, die das eigene Konsumverhalten kritisch hinterfragt und sensibel auf

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43 Vgl. Beinert, W. (2018) 44 Vgl. Ullrich, W. (2020), S. 85

Produktsprachen und -gestaltung reagiert. Das Zielpublikum ist wohl eher jung, und strebt weniger nach dem gängigen Schönheitsideal, sondern akzeptiert den eigenen Körper mit all seinen Ecken, Kanten, Wölbungen und Rundungen. Ausserdem handelt es sich um eine Zielgruppe, die auf nachhaltige und fair produzierte Produkte setzt. Sie werden diesbezüglich vom grünen Hintergrund der Illustration angesprochen. Die Scriptschriften, in welcher der Name Padsy geschrieben ist, gehören zu den dekorativen Schriften und werden, da sie nicht die lesefreundlichsten sind, meist als Schmuck-, Trend- oder Dekorelement verwendet.43 Der Schriftzug hat einen Retro-Charakter. Er erinnert etwa an die Titelschrift des Films Dirty Dancing. Die Trends in Mode und Produktwelt nehmen häufig frühere Stilelemente wieder auf und übernehmen diese. Der Schriftzug Bonjo ist ein Hinweis darauf, dass es sich um Tagesbinden handelt, denn er ist eine Abkürzung für Bonjour. Es werden auf der Packung fünf verschiedene Sprachen verwendet. Die Verpackung spricht eine inklusive Sprache, sie möchte verschiedene Alters-, Sprach- und Kulturgruppen ansprechen. Die Schrift passt sich, durch die ähnliche hemdsärmelige Ästhetik dem illustrativen Hintergrund an. Die sprachliche Ebene ist locker, unterlässt es aber nicht, seriöse Informationen verständlich zu vermitteln. So werden etwa nicht wissenschaftlich klingende Begriffe wie hautverträglich oder Ph-neutral verwendet, wie es bei Konkurrenzprodukten oft der Fall ist. Hier ist der Spruch freundlich zur Haut eine locker ausgedrückte Information. So sind auch die eingefügten Witze bei der Mehrwerttabelle zu verstehen. Die Protestschilder erinnern an historische Begebenheiten (wie der Französischen Revolution), an denen sich das einfache Volk erhoben hat, um für seine Rechte einzustehen. Im Kontext der Binden können die Schilder für den Frauen*streik und emanzipatorische Bewegungen stehen. Es wird von Gleichstellung gesprochen und von der Normalisierung eines einstigen Tabuthemas: der Periode. Die Körper, die auf der Packung abgebildet sind, sind divers und entsprechen nicht den herkömmlichen Schönheitsidealen. Sie stehen für Natürlichkeit, Diversität und Zusammenhalt. Das Produkt nutzt die Verpackung, um eine politische Haltung zu transportieren und wirkt ermächtigend. Die Gestaltung der Verpackung versucht den Konsument*innen ein gutes Körpergefühl und Selbstbewusstsein zu geben. Hier wird nicht ein Bild der perfekten Frau gezeigt, sondern eine Illustration von Körpern, mit denen sich jede Frau identifizieren kann. Das Produkt möchte erreichen, dass Frauen sich im eigenen Körper wohl fühlen. Das Produkt hilft mit, neue und emanzipierte Vorbilder zu entwickeln. Es nutzt den Konsum, um feministische Anliegen zu kommunizieren und den vormals als akademisch-intellektuell gegoltener Feminismus-Diskurs an eine breite Basis heranzubringen. Wie Wolfgang Ullrich erklärt, findet im Feld des Konsums heute häufig ein vielfältiger und effektiver Austausch über moralische Fragen statt. Der linkspolitische Feminismus hat den Konsum vor allem als Instrument kapitalistischer Ausbeute gesehen und sich für eine fundamentale Konsumkritik ausgesprochen. Der Konsum kann aber auch als Chance gesehen werden, die Welt zu verändern. Die Produkte auf dem Markt können als Medien und als Multiplikatoren der eigenen Anliegen genutzt werden.44 Wie dies aussehen kann, wird mit den hier vorgestellten Binden sehr gut aufgezeigt. Das Produkt fördert den Prozess der Emanzipation und bricht mit den herkömmlichen, geschlechtsspezifischen Verhaltensweisen. So wird eine alternative Form des Gestaltens aufgezeigt und ein Gegenpol zu den herkömmlichen Produkten gebildet.

ZWISCHENFAZIT Beispiele die explizit beide Geschlechter ansprechen, verwenden primär neutrale, nicht von Stereotypen besetzte Stilmittel oder Elemente, die kommunizieren, dass beide Geschlechter angesprochen werden sollen. Lösungsansätze bilden auch ganz neue Produktsprachen, die sogar eine empowernde Wirkung haben können. Positive Werte werden durch neue, unbesetzte Stilelemente und Gestaltungsweisen übertragen.

PADSY BONJO 10 Tag-Binden by einhorn

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CONCLUSIO

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Vgl. Brandes, U. (2017), S. 055 Power, N. (2018)

Um als Grafikerin, die gendersensibel gestalten will, nicht in die Falle zu tappen, selbst Geschlechterstereotype zu reproduzieren, habe ich einige Alternativen zum derzeitigen Status Quo ausgearbeitet. Eine Möglichkeit wäre, die Geschlechter gleichzusetzen und sie beide mit neutralen Stilmitteln anzusprechen, wie wir am Beispiel des Deodorants von BOROTALCO gesehen haben. Es besticht durch eine simple Erkenntnis: Bildet man beide Geschlechter etwa in Form einer Illustration auf dem Produkt ab, fühlt sich sowohl der Konsument als auch die Konsumentin davon angesprochen. Dies geschieht auch mit Bezeichnungen wie Unisex. Ein zweiter Ansatz wäre, das Geschlecht gar nicht als Distinktionsmerkmal zu verwenden, sondern den Menschen unabhängig seiner Geschlechtsidentität, anzusprechen. Dies wurde zum Beispiel von der Marke humanrace (Abbildung 26) gemacht, die durch den Namen und der nicht zuordenbaren Gestaltung versucht, alle Menschen anzusprechen. Eine dritte Alternative spricht zwar nur ein Geschlecht an, tut dies aber in einer neuen selbstermächtigenden Art und Weise. Durch die Verpackung des Produkts werden dem Geschlecht neue Werte zugeordnet und frühere Stereotype mit neuen, emanzipierten Assoziationen besetzt. Ein Beispiel dafür ist das untersuchte Produkt der Marke einhorn. Das wird zum Beispiel auch mit der Farbe Pink in feministischen Kreisen versucht. Wenn die Farbe Pink mit Widerstand oder Macht verbunden werden kann, wird der vorhandene Stereotyp weg vom Weichen, Passiven, hin zu einer neuen Symbolik transformiert. Die Farbe wird durch eine andere Verwendung neu kontextualisiert. Eine weitere Möglichkeit läge darin, ein Produkt zu gestalten, das den Benutzer oder die Benutzerin zwingt, sich mit der eigenen Genderbias und -konstruktion auseinanderzusetzen. Das Produkt fragt dich: Denk darüber nach, wie du mit dem Produkt umgehst und so dein Geschlecht performst und etablierst. Michelle Christenen und Florian Conradi entwarfen zum Beispiel Stühle, die die Benutzer*innen dazu zwangen entweder breitbeinig oder mit verschränkten Beinen darauf zu sitzen. Das Benutzen der Stühle in der vorgegebenen Position war anstrengend und brachte die Menschen dazu, über die Gender-Sitzweisen nachdenken. 45 Ich sehe in meiner praktischen Abschlussarbeit die Möglichkeit, einen neuen Weg zu gehen, nämlich den, Cross-Gender und Gestaltung miteinander zu verbinden. Bei Cross-Gender handelt es sich um den Akt Gendernormen umzudrehen. Menschen kleiden oder verhalten sich, nach der geltenden Gesellschaftsnorm, wie das andere Geschlecht. Ich würde gerne ausprobieren, was passiert, wenn Zeichen, die wir sonst mit männlicher Macht konnotieren, mit denselben ästhetischen Mitteln auf den Frauenprodukten zu finden sind. Und umgekehrt, was geschieht, wenn Zeichen, die wir mit dem weiblich Gefühlvollen, Emotionalen verbinden, auf den Produkten für Männer platziert werden. Mehrdeutige, uneindeutige Nebeneinanderstellungen verschiedener Zeichen und Stilmittel interessieren mich in diesem Zusammenhang. Nina Power hat diesen Ansatz mit einer ähnlichen Idee so beschrieben: «We do not need designs ‹for him› or ‹for her›, but rather designs that crash together all aspects of gendered life – multipurpose odd tools that fit neither category but willingly or accidentally destroy both. Design has a real opportunity here, partly because so many of the objects we use, despite the best efforts of branding consultants, are already functionally and formally genderless. Paradoxically, then, they are ripe for strategies of drag and montage, of androgyny and the gleeful toying with a destruction of the negative aspects of gender.»46

Mögliche Alternativen

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CONCLUSIO

Thiswayup (2021) Off_line #18 (2021) Off_line #18 (2021) Vgl. Scheuermann, A. (2019), S. 447


JUST BECAUSE WE HAVE A VAGINA «We are not a stereotype A cliché We are not the difficult one The emotional one Or the bossy one We are over 3.5 billion All powerful, all different And unique in every aspect So don’t box us in»47 Ece Kanli spricht mir im Podcast Off_line #18 Ist die Zukunft queer? aus der Seele: «Does a designed product assume just because I have a vagina, I enjoy organic shapes and pastel colors?»48 Wir alle werden durch die Produkte auf ein binäres Schema reduziert. Diese Reduktion hat mich verärgert und zum Thema dieser Arbeit geführt. Die Arbeit hat mir aber auch Mut gegeben. Sie hat mir gezeigt, dass sich in der Welt der Produkte und ihrer Gestaltung was tut. Es geht in die richtige Richtung. Es gibt Beispiele, die das binäre System der Geschlechterstereotypen durchbrechen. Es gibt aber auch noch viel zu tun. Die meisten Menschen, mit denen ich gesprochen habe – inklusive mir selbst – konsumieren unbewusst Produkte, die äusserlich stark auf Genderstereotype setzen. Den meisten fällt das gar nicht auf. Deshalb finde ich es wichtig, dass dieser Problematik weiterhin Aufmerksamkeit zukommt, damit es in einem breiteren Zusammenhang diskutiert werden kann und sich so früher oder später Normen ändern werden. Genderneutrales Design ist ein guter Start, dennoch sehe ich nach wie vor ein brachliegendes Potenzial im Design, nämlich, durch Designinterventionen grundsätzlich an gesellschaftlichen Werten und Ideologien zu rütteln. Natürlich aber muss sich die gesamte Wertschöpfungskette eines Produktes diesem neuen Trend anpassen. Was nützt es, wenn queere Produkte oder anti-patriarchales Design gekauft wird, die Produkte aber von Frauen und Kindern unter unmenschlichen Bedingungen produziert werden? Damit solche Gedanken und Thematiken in den Gestaltungsprozess einfliessen, muss dieses Bewusstsein bei den Designer*innen erst vorhanden sein. Zum Glück ist die Tendenz zu beobachten, dass die Genderproblematik in diesem Kontext immer breiter diskutiert wird. Es existieren bereits Ansätze, die mit anderen Aspekten unserer Identität Marketing betreiben und andere Repräsentationen unserer Körper verwenden. Designer*innen müssen eine ethische Haltung entwickeln und verantwortungsvoll designen – auch im Bereich Gender. Die folgenden Fragen sollten bei Designer*innen deshalb stets mitschwingen: Reproduzieren wir mit unserem Design gewisse Stereotype? Wird mit unserem Design jemand verletzt?49 Wie kann Design zu Gerechtigkeit, Frieden und ökologischen Fortschritt beitragen?50 So können wir dazu beitragen, an einer positiven Veränderung unserer Welt mitzuarbeiten. Mir ist nach dieser Arbeit zumindest eines klar: In Zukunft greife ich zum schwarzsilbernen Rasierer.

Just because we have a vagina

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DANKSAGUNG An dieser Stelle möchte ich mich bei allen bedanken, die durch ihre Unterstützung und Motivation zum Gelingen dieser Arbeit beigetragen haben. Besonderer Dank geht an Miriam Koban, die mich in dieser Arbeit betreut hat. Du hast mir immer wieder Struktur in mein wildes Denken gebracht und mich mit deiner fröhlichen Art und moralischen Unterstützung stetig motiviert. Diese Arbeit wäre ohne deine Impulse, Anmerkungen und dein Fachwissen so nicht zustande gekommen. Vielen Dank dafür! Danke auch an Siv Keller, die meine Arbeit mit viel Mühe und Geduld Korrektur gelesen hat. Abschliessend möchte ich mich bei meinen Freunden, dem Viskom BA3 und meiner Familie bedanken, die mich inspiriert, mit Ideen angeregt und moralisch unterstützt haben. Danke!

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ANHANG


SELBSTÄNDIGKEITSERKLÄRUNG Ich bestätige hiermit, dass ich die vorliegende Arbeit selbständig angefertigt habe. Ich habe keine anderen als die angegebenen Quellen, Hilfsmittel oder Hilfeleistungen benutzt und sowohl wörtliche wie auch sinnesgemäss verwendete Textteile, Grafiken oder Bilder kenntlich gemacht. Davon ausgenommen sind sprachliche oder inhaltliche Korrekturvorschläge durch die Betreuerin der Arbeit. Diese Arbeit wurde in gleicher oder ähnlicher Form noch nicht veröffentlicht und ist auch noch keiner Prüfungsbehörde vorgelegt worden. Lynn Birrer Bern, 26.03.2021

Danksagung

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QUELLENVERZEICHNIS Always #LikeAGirl (2014)

Always:#LikeAGirl:https://www.youtube.com/ watch?v=XjJQBjWYDTs, Abgerufen am 19.03.2021.

Baumgärtel, Tilman (2018)

Texte zur Theorie der Werbung. Ditzingen: Reclam, 2018. Print. S.9ff

Beinert, Wolfgang (2019)

Typolexikon: Schreibschriften, https://www.typolexikon.de/ schreibschriften-script-fonts/, Abgerufen am 19.03.2021.

Bieling, Tom (2020)

Gender (&) Design : Positionen Zur Vergeschlechtlichung in Gestaltungskulturen, (MIMESIS International), Italien.

Bildinterpretation (2014)

Bildinterpretation: Verhältnis von Wirklichkeit und Bild, Erwin Panofsky`s Interpretationsmodell, https://bildinterpretation.weebly.com/ erwin-panofskys-interpretationsmodell.html, Abgerufen am 18.03.2021.

Borstnar, Nils (2002)

Männlichkeit und Werbung : Inszenierung - Typologie - Bedeutung, (Ludwig).

Brandes, Uta (2020)

Gegen den Strich, Die Wirkungsmacht der Objekte, in: Bieling, T. Gender (&) Design : Positionen Zur Vergeschlechtlichung in Gestaltungskulturen, (MIMESIS International), Italien.

Brandes, Uta (2017)

Gender design : Streifzüge zwischen Theorie und Empirie. (Birkhäuser), Basel.

Disegnodaily (2018)

Disegno: Gendered Objects, Essay, Nina Power https://www. disegnodaily.com/article/gendered-objects , Abgerufen am 19.03.2021.

Einhorn (2021)

Einhorn: Fairstainabilityansatz, https://einhorn.my/fairstainabilityansatz/, Abgerufen am 19.03.2021.

Euromonitor I. (2019)

Euromonitor International: Stragety Briefing, Men’s Beauty: Breaking Stereotypes and Exploiting Potential, https://www.euromonitor.com/ mens-beauty-breaking-stereotypes-and-exploiting-potential/report, Abgerufen am 18.03.2021.

Frey Steffen, Therese (2006) Heller, Eva (2011)

Gender, (Reclam), Leipzig.

Kilbourne, Jean (2014)

Imagery and Culture Spring, MEDIA AND ADVERTISEMENT: THE POWER OF PERSUASION, https://imageryandculturespring2014. wordpress.com/2014/03/13/media-and-advertisement-the-powerof-persuasion/, Abgerufen am 18.03.2021.

Migros (2021) Off_line #18 (2021) Parter, Ruben (2016)

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Wie Farben wirken : Farbpsychologie, Farbsymbolik, kreative Farbgestaltung, (Rowohlt Taschenbuch Verlag), 6. Aufl., Reinbek bei Hamburg.

Migros: Gilette, https://produkte.migros.ch/sortiment?q=gilette, Abgerufen am 18.03.2021. Ist die Zukunft queer? Ece Canli, in: Off_line, Podcast der HfG Offenbach. https://open.spotify.com/ episode/12zBsnresBexJx0ukgEyCP?si=sxpteMf9RcqxbGYchOCS3Q, Abgerufen am 19.03.2021. The Politics of Design : A(Not So) Global Manual for Visual Communication, (BIS Publishers), Amsterdam.

ANHANG


Petersson McIntyre, Magdalena (2018)

Gender by Design: Performativity and Consumer Packaging, Design and Culture, https://www.tandfonline.com/doi/full/10.1080/175470 75.2018.1516437, Abgerufen am 23.03.2021.

Power, Nina (2018)

Disegno: Gendered Objects, Essay, Nina Power, https://www. disegnodaily.com/article/gendered-objects , Abgerufen am 19.03.2021.

Scheuermann, Arne (2019)

Graphic design as rhetoric: towards a new framework for theory and practice in graphic design. in: The Graphic Design Reader. (Teal, T. and Atzmon, L. Bloomsbury Visual Arts), London.

Schmerl, Christiane (2018)

Werbung mit Frauenbildern: Bilder sind keine Frauen, in: Baumgärtel, T. Texte zur Theorie der Werbung, (Reclam), Ditzingen.

Stewart, Bill (2008) Thiswayup (2021)

Verpackungsdesign, (Stiebner), München.

Ullrich, Wolfgang (2020)

Virginität und Potenz, Geschlecht im Kosmos der Warenästhetik, in: Bieling, T. Gender (&) Design : Positionen Zur Vergeschlechtlichung in Gestaltungskulturen, (MIMESIS International), Italien.

Voß, Heinz-Jürgen (2015)

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Thiswayup: We are not a stereotype, Manifesto film, https://www. thiswayup.io/iwd, Abgerufen am 19.03.2021.

Weller, Birgit & Krämer, Katharina (2012)

Die runde kantige Welt: Gender Codes im Design, in: Bieling, T. Krämer, Katharina (2012), Gender (&) Design : Positionen Zur Vergeschlechtlichung in Gestaltungskulturen, (MIMESIS International), Italien.

Weller, Birgit & Krämer, Katharina (2012)

Du Tarzan ich Jane : Gender Codes im Design, (Blumhardt Verlag), Hannover.

Quellenverzeichnis

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ABBILDUNGSVERZEICHNIS 01 02 03 04 05 06 07 08 09 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26

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Abbildungsverzeichnis

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Impressum Soft Power Eine visuelle Untersuchung von Genderstereotypen auf Pflegeprodukten Bachelor Thesis BA Visuelle Kommunikation Hochschule der Künste Bern Lynn Birrer März, 2021 Mentorat: Miriam Koban Schrift: Marguerite Grotesk, Charlotte Rhode

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KAPITELNAME


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