Bachelor Thesis von Lea Lüscher, BA Vermittlung von Kunst und Design, Hochschule der Künste Bern, 20

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We Are Already


Lea Lüscher Bachelorthesis Theorie und Dokumentation Vermittlung in Kunst und Design Hochschule der Künste Bern Juni 2022 Mentorat Praxis: Selina Lutz Mentorat Theorie: Claudia Hausfeld




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Einleitung

Aus meinem Austauschsemester in Island habe ich ein Stück Schafwolle mitgenommen. Dieses Stück Wolle begleitete mich während der Wiederankunft in der Schweiz und überschneidet sich mit meiner Arbeit am Bachelor. Ich habe hier ungewaschene, rohe Schafwolle gekauft und dies als Ausgangsmaterial meiner Bachelorarbeit bestimmt.

Essay: Über das Greifen von Wolle

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Dokumentation: We Are Already

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Über das Greifen von Wolle Essay

Der vorliegende Text beschreibt meine Begegnung mit Schafswolle. Er ist in theoretischer sowie praktischer Hinsicht als Annäherung an das Material zu verstehen. Er soll als Begleiter für meine Abschlussarbeit aufgefasst werden: Eine raumgreifende Installation unbehandelter Schafswolle, die den:die Betrachter:in konfrontiert. Der Text ist sowohl eine Dokumentation der vielen Experimente und Versuche, die ich mit der Wolle unternommen habe, als auch eine theoretische Auseinandersetzung zu Themen, die das Material kontextualisieren.


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Wolle wird mir zugänglich gemacht Das Schaf blökt in einem rauen, langen Ton. Mit einem Strick um den Hals wird es aus der Stallbox unter dem Unterstand bis dorthin geführt, wo die Wiese beginnt. Die anderen Schafe blöken ebenfalls, vor allem die jungen Lämmer, wenn ihre Mütter weggeholt werden. Mit einem Ruck und gekonnten Griffen wird das Tier auf das Hinterteil gesetzt, 80 Kilogramm schwer. Mit geschickter Beinstellung wird es eingeklemmt, damit die Bodenschur so reibungslos wie möglich verläuft – Brust, Bauch, Beine, Hals, Kopf, Rücken. Das Schaf nimmt eine menschenähnliche Position ein, vom Menschen in diese «unschafliche» Haltung gezwungen. Bei der Frühlingsschur ist die Wolle klebrig und filzig, da die Schafe im Winter mehr Lanolin produzieren. Die Weichheit der Wolle ist auch von der Nahrung der Schafe abhängig. Die von den Beinen stammende Wolle wird in den privaten Sack für die Familie gesteckt; sie wird gegen Ohrenschmerzen verwendet, denn Schafwolle wirkt desinfizierend. Die bessere Schurwolle vom Rücken kommt in den Sack für den Gebrauch von Vlies, sie wird für einen Franken vierzig pro Kilogramm verkauft. Am Ende ihrer Schur liegen die Schafe am Boden und verfallen in eine Art Trance. Durch einen Stups an den Körper stehen sie erschreckt auf. Um 09:30 Uhr gibt es zwei Kafi Schnaps. Die Frau kocht und bringt das Znüni: Wurst mit Essiggurken und Senf. Es sind pragmatische, fast schon rituelle Handlungen. Über die Vorgänge wird nicht diskutiert, die Abläufe werden nicht hinterfragt: Dass die Tiere überhaupt geschoren werden, die Durchführung der Schur, dass sie im Sommer auf der Alp weiden, dass 90 Prozent der Tiere jedes Jahr in die Fleischproduktion gehen. Die Schafe verlieren ihre Wolle jedoch nicht selbständig, die Wollproduktion wurde angezüchtet. Inzwischen werden sie zweimal pro Jahr geschoren, je 3 Kilogramm pro Schur und Schaf, sagt Peer aus Grosshöchstetten. Wenn die Schafe nicht geschoren werden, könnten sie im Sommer überhitzen, ausserdem könnten sich in der Wolle Parasiten festsetzen. Es hilft


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dem Wohlbefinden der Schafe, wenn sie ihre Wolle loswerden. Ich helfe den Schafkot zusammenzukehren, welchen die aufgeregten Schafe fallen liessen. Die geschorene Wolle soll nicht unnötig dreckig werden. Ich frage, ob ich weiterscheren darf. Meine linke Hand fasst die frisch geschorene, etwas kratzige Schurstelle des Schafes an. Ich spüre die Körperwärme des Tieres. Meine linke Hand spannt die Haut, damit sich keine Falten bilden und nicht blutet. Ich möchte das Schaf nicht verletzen. Ich spüre den Atem am Bauch und die Wolle, die die Körperwärme speichert. Das Schurgerät ist schwerer als gedacht und vibriert stark. Ich setze es an, der Winkel muss steil genug sein, damit beim ersten Versuch die gesamte Wolle erwischt wird. Das Schaf hält still. Ich schere es am Bauch, eine einfachere Stelle. Es atmet. Der Wolle gehört eine Lebendigkeit an, solange sie am Schafskörper angewachsen ist. Sie gehört zum Tier, macht jede Bewegung mit. Ein Schnitt, und die Wolle wird vom Tier gelöst. Der Schnitt, der mir das Material zugänglich macht. Meine linke Hand hat sich den pulsierenden Schafskörper gemerkt. Sobald ich mich zurückversetze, weiss meine linke Hand noch, wie sich der Körper und die frisch geschorene Stelle angefühlt hat. Meine rechte Hand weiss es nicht. Juhani Pallasmaa, ein finnischer Architekt, bezieht sich in seinem Buch «The Eyes of the Skin» auf die sinnliche Erfahrung eines Menschen und seinen Bezug auf die Umwelt.1 Die Sinneserfahrungen, die der Mensch mit Materialien und Bewegungsabläufen erfährt, werden vom eigenen Körper abgespeichert und durch ihn Körper integriert.2 Die eigenen Körpererfahrungen werden in Bezug zu Umgebung und zum Material gestellt. Wenngleich Juhani Pallasmaas Theorien spezifisch in Bezug auf Architektur formuliert sind, können sie auf andere Erfahrungen angewendet werden. 1

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Pallasmaa 2012, 44.

Wolle wird untersucht Ich habe mich der Wolle angenommen – sie angefasst, verzogen, gewaschen, gesponnen. Sie unter dem Mikroskop betrachtet. Ich kann sehen, wie filigran die einzelnen Haare sind. Ich bewege die Wolle im Raum umher, spiele mit ihr, ordne sie und versuche, sie zu begreifen. Der dominante Geruch des Lanolins ist unverkennbar. Die Wolle ist rau und fettig, teilweise von Wit-


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terung und Ausscheidungen verfilzt. Farblich changiert sie in den Nuancen beige bis dunkelbraun. Wolle bildet für Schafe eine Isolation der Haut zur Aussenwelt; sie kann Wasserdampf aufnehmen und ist gleichzeitig wasserabweisend. Sie ist wärmeregulierend und selbstreinigend.3 Wolle ist ein dynamisches Geflecht. Die einzelnen Haare verhaken sich ineinander, untereinander, spannen den Dreck ein, halten ihn fest. Stroh und andere Fremdstoffe sind Zeugen des Lebens eines Schafes. Wolle ist lebendig und nachhaltig, sie wächst nach und bedarf kaum Eingriffe des Menschen, um zu entstehen. Wolle hat einen historischen sowie kunsthandwerklichen Hintergrund. Sie wird seit Tausenden von Jahren vom Menschen genutzt. Heutzutage wird Wolle für Schuhe, Outdoor-Kleidung, Duvets, Kissen, als Dämmmaterial für Häuser und vieles andere eingesetzt.4 Gleichzeitig ist es auch als Material in der Kunst zu finden, zum Beispiel in der Strömung der Arte Povera, mit der ich mich im nächsten Kapitel auseinandersetze. Allerdings ist Wolle im «Lexikon des künstlerischen Materials» nicht kunsttheoretisch kontextualisiert, es liegt keinen Eintrag vor. Es existiert nicht einmal einen Verweis zu einem anderen Eintrag. Ich finde nur Einträge über einige andere tierische Rohstoffe wie zum Beispiel Elfenbein, Federn, Fell, Filz, Fleisch, Haare, Haut, Horn oder Knochen.5 Im Eintrag «Filz» wird Wolle als dessen Ausgangsmaterial nur kurz erwähnt.6 Im Eintrag «Fell» wird auf den Eintrag «Präparate» verwiesen, der ausgestopfte konservierte Tiere beschreibt.7 Auch beim Eintrag «Textilien» wird nur auf tierische Fasern hingewiesen.8 Bei «Federn» wird genannt, dass der Aufbau der Wolle ähnlich strukturiert ist.9 Mehr konnte ich diesem Lexikon zum Thema Wolle nicht entnehmen. Ich versuche, andere kunsttheoretische Texte zu finden, die sich mit Wolle auseinandersetzen, aber kann nichts finden. Wolle scheint ein blinder Fleck zu sein.

Müller-Reissmann 2013. 3

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Wagner/Rübel/Hackenschmidt 2002. 5

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Wagner 2002, 98.

Lange-Berndt 2002a, 205. 7

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Wolle im Werden Auf der Suche nach der Definition der Materialität bin ich auf

Ebd.

Tammen 2002, 217.

Lange-Berndt 2002b, 85. 9


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Ingold 2014, 67.

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Ebd.

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Ingold 2014, 71.

Tim Ingold gestossen, einen britischen Sozialanthropologen. Er befasst sich in seinem Text «Eine Ökologie der Materialien» mit dem Herstellen eines Artefakts, den Begriffen Material und Materialität sowie dem Potential eines Materials. Er beschreibt, dass es viele Ansätze gibt, was Materialität ist oder sein könnte. «Materialität meint also zugleich den harten Stoff selbst und die Art und Weise, wie dieser Stoff verschiedenen menschlichen Zwecken dienstbar gemacht wird. Der Idee der Materialität wohnt daher eine gewisse Doppeldeutigkeit inne, insofern sie sich in dem einen Moment auf den Stoff der Natur bezieht und im nächsten darauf, wie die Menschen, wie die Gesellschaft sich diesen Stoff aneignet.»10 Einerseits wird über das physische Material gesprochen, seine Eigenschaften und Partikel, andererseits trägt auch die Bedeutung eines Materials in einer Gesellschaft zur Definition bei. Die Wolle kann ich mit dem Geruch und den fettigen Eigenschaften physisch beschreiben. Zusätzlich wird die Wolle auch über ihre Geschichte, Verwendung, Vorbelastung, oder auch die Schafschur beschrieben. Die Gesellschaft bestimmt aktiv mit, was ein Material ist, weil sie es in Beziehung zu sich selbst setzt. Die Definition des Materials ist demnach auch in eine Struktur eingebunden, die jedoch dynamisch ist. Die Gesellschaften werden sich verändern, sie sind überschneidend, daher werden auch ihre Definitionen dynamisch bleiben. In dieser Doppeldeutigkeit sieht Ingold eine Problematik – Kultur und Natur werden getrennt gedacht. Dies hängt auch mit der Idee des «Einem-Material-eine-Form-Aufzwingens» zusammen, die er dekonstruieren möchte. Diese Idee ist an starre Strukturen gebunden, die sich nicht verändern können, da für eine Skulptur die Form bereits ausgedacht sei und mit einem Material umgesetzt werde.11 Dies entspricht nicht Ingolds Verständnis für Material: «Jedes Material ist irgendwie ein Werden; es ist nicht ein Objekt an sich, sondern ein Potenzial, etwas zu werden.»12 Der Prozess des Machens und das Material sind nie im Stillstand, sondern immer im Austausch. Es herrscht immer eine Wechselwirkung zwischen mir als Künstlerin und Materie. Dies betont die zeitliche, dynamische Ebene


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eines Materials. Ich stelle das Material ständig neu in Bezug zu mir und meinem Körper. Wolle in der Kunstgeschichte Die Strömung Arte Povera von Mitte der Sechziger bis in die Siebziger, die in Italien ihren Ursprung fand, kann teilweise als Gegenbewegung der Wohlstandgesellschaft, des Künstlichen und Industriellen verstanden werden. Der Eigenwert des Materials wurde thematisiert.13 Der griechisch-italienische Künstler Jannis Kounellis gehörte auch dieser Strömung an und verwendete Schafwolle in mehreren Arbeiten, zum Beispiel im Werk Untitled (1968), das aus zwei Holzstangen mit Querstangen besteht, an eine Leiter erinnernd. Um die Querstangen hat er Wolle gewickelt.14 In der Strömung der Arte Povera wurde oft mit Materialien gearbeitet, die einen alltäglichen Wert hatten oder weitläufig verfügbar und einfach zu beschaffen waren: Erde, Glas, Äste oder eben auch Wolle. Zusätzlich – teilweise bedingt durch die Materialwahl – wurde nach einfachen Formen gesucht. Ausserdem ging es unter anderem oft um Themen der Veränderung, des offenen Prozesses, des Zufalls und der Beziehung von Raum und Zeit.15 Zur gleichen Zeit gab es in den USA Parallelen in künstlerischen Anliegen nach Zufall, offenem Prozess und Miteinbezug von bis daher nicht im Kunstkontext bekannten Materialien. Im Whitney Museum in New York fand im Jahr 1969 eine Ausstellung mit dem Titel «Anti-Illusion: Procedures/Materials» statt, bei der unter anderem Werke von Eva Hesse, Lynda Benglis und Robert Morris ausgestellt wurden.16 Diese Ausstellung war eine der ersten, bei der es vorrangig um das Zeigen und die Rezeption von Prozess und Material ging und weniger um die künstlerische Formgebung der Objekte. Das Augenmerk auf die Installation und die Raumsprache liess ein neues Betrachten von Materialien zu, die zuvor eher in einem handwerklichen Zusammenhang gesehen wurden.17 Die beteiligten Künstler:innen lösten sich teilweise von ihrem bisherigen Stil und erschufen Arbeitsmethoden, die sie in neue Beziehungen zu Materialien

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Hoormann 2002, 75.

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Bottinelli 2001.

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Meyer-Stoll 2012, 21.

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Tucker/Monte 1969.

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Monte 1969, 4.


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Monte 1969, 13. (Originalstelle: “And since serious artists care very much about what they can and cannot do, it became apparent that these artists cared about a set of ideas which included responses to materials, time and creative acts which absolved them from other more traditional responses to their work.”, S. 13) 18

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Tucker 1969, 25.

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Morris 1968.

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Morris 1993, 42.

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Martin 2014, 30-32.

setzten.18 Skulptur wurde bis zu diesem Moment hauptsächlich als dreidimensionale abschliessende Form und aus beständigen Materialien wie Stein oder Metall verstanden. Die Ausstellung zeigte, wie die Künstler das bisherige Verständnis von Skulptur auflösten und neu ordneten.19 Diese Ausstellung steht auch im engen inhaltlichen Zusammenhang zu einem Aufsatz, der ein Jahr zuvor in der Zeitschrift «Art Forum International» erschienen war. Robert Morris behandelt darin den Begriff «Anti-Form». Dieser ist verknüpft mit der Objektkunst, die sich in den 60er Jahren von starrer Materialität löst und weniger dauerhafte, vergängliche Materialien zulässt. Durch den Einsatz dieser Materialien werden Zufall und Schwerkraft akzeptiert und als Teil des Werkes wahrgenommen. Die Form wird aus den materiellen Eigenschaften gewonnen. Das Material wird nicht durch einen Zweck definiert. Dadurch ist auch der Prozess der Entstehung an der Objektkunst sichtbar.20 Ein Beispiel dafür ist Robert Morris‘ entstandene Skulptur Untitled (1967), in welcher hängende Filzstreifen willkürlich zu Boden fallen. Durch diese performative Handlung gab der Künstler die Kontrolle über das endgültige Aussehen der Skulptur auf.21 In einem zeitgenössischen Zusammenhang ist die Ausstellung «Living In The Material World» von 2014-2015 erwähnenswert. Sie fand in Krefeld und Innsbruck statt und zeigte neue Ansätze im Umgang mit Materialität in der Kunst. Die in der Ausstellung gezeigten Materialien haben den Prozess ihrer Sichtbarkeit in einem Ausstellungskontext schon durchlaufen – sie müssen vom:von der Betrachter:in nicht mehr erschlossen werden und sind als eingesetztes Material in der Kunst akzeptiert. Das gibt den Künstler:innen die Möglichkeit, die Materialien einer Neuprogrammierung zu unterziehen und neue Verhältnisse herzustellen. Es ergeben sich Arbeiten, die das Material in die Entwicklung von Konzepten einbeziehen und mit Ideen verknüpfen. Das Material wird als aktiver Teilnehmer in den künstlerischen Prozess integriert und durch eine Auseinandersetzung mit seinen Eigenschaften rekontextualisiert. Auf diese Weise kann das Material neu verortet werden.22


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Wolle ist vieles Manchmal empfinde ich die Wolle als dreckig, ekle mich vor ihr, wenn ich sie anfassen muss. Meine Hände glänzen vor Fett, der Geruch beisst in der Nase und brennt fast in den Augen. Ich möchte nichts anderes anfassen, ohne vorher meine Hände gewaschen zu haben. Manchmal empfinde ich die Wolle als reinigend, finde es anziehend, sie anzufassen. Ich fühle mich mit ihr verbunden; sie erinnert mich daran, wie gerne ich mit meinen Händen arbeite. Sie kratzt mich und hält mich lebendig. Sie reinigt mich vom Artifiziellen. Widersprüchliche, aber auch ergänzende Begriffspaare beschreiben für mich das Material Wolle. Sie ist tot und lebendig, weich und kratzig, organisiert und chaotisch. Sie alle sind in der Wolle koexistent. Wolle liegt am Boden Oft habe ich die Wolle direkt auf den Boden gelegt und gearbeitet. Das hatte einerseits mit praktischen Gegebenheiten zu tun, hat mir aber auch geholfen, dem Material direkter zu begegnen. Es hilft mir, die Wolle zu fassen, wenn ich sie nicht künstlich in die Höhe hebe. Es kann als Entwertung gesehen werden, aber lässt mir auch Freiheit. Herman de Vries, ein holländischer Künstler, legte an der Biennale 2015 in Venedig unter anderem für die Arbeit 108 pound rosa damascena23 mit Rosenblättern eine grosse kreisförmige Form auf den Boden.24 Auch bei diesem Beispiel nahm der Künstler ein bereits bestehendes Material, das im Aussenraum vorgefunden werden kann, und brachte es in den Innenraum. Durch die fehlende künstliche Erhebung wird der:die Betrachter:in auf die Knie gezwungen, um mit den Augen nahe am Material zu sein und es zu erfahren. Wolfgang Laib sammelte in seiner Arbeit sifting hazelnut pollen (1992) Haselnusspollen in Feldern von Hand, und streute sie in einer grossen runden Form im Museum auf dem Boden aus.25 Die gelben Pollen sind dem Aussenraum entnommen und wer-

Diese Arbeit wurde von Herman de Vries bereits 1984 entwickelt und im Rahmen der Biennale erneut installiert. 23

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Artsy editorial 2015.

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Büttner 2005, 58-59.


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Hoormann 2002, 75.

Müller-Reissmann 2013. 27

den unbearbeitet in den Innenraum gebracht. Das Werk beginnt bereits mit dem Sammeln, das neben dem Ausstreuen einen Grossteil der Arbeit in Anspruch nimmt. Im aufwändigen Prozess des Sammelns der Pollen sehe ich Parallelen zu meiner repetitiven Arbeitsweise: Ich habe keinen grossen Raum, in dem ich immer arbeiten kann. Ich muss alle Tische und Stühle wegräumen, die Wolle in grossen Säcken verpackt hineintragen und mit meinen Händen ausleeren. Ich kann mich für ein paar Tage auf das Material einlassen, bevor ich den Raum wieder verlassen muss. Ich räume die Wolle in die Säcke, wische den Boden und stelle das Inventar zurück. Durch die ständige Berührung, das Herumtragen und Ausbreiten der Wolle wird sie selbst zu einem Akteur, da ich mich immer mehr zurückhalte. Es entsteht ein gleichwertiger Dialog zwischen uns. Zusätzlich bringe ich das Rohmaterial grossflächig in den Innenraum. Dies ist auch beim Werk Earth Room (1980) von Walter de Maria ein Thema.26 Der Künstler hat einen Raum im Museum mit Erde gefüllt. Die Besuchenden können das Werk nicht betreten, sondern nur durch eine Glasscheibe betrachten. Sie dürfen die Erde nicht anfassen und sind vom Material klar räumlich getrennt. Der New York Earthroom ist der dritte Raum, den de Maria installiert hat, und der letzte bis heute existierende. Es war eine Anweisung von de Maria, dass die Erde steril und sauber gehalten werden muss. Sie bedarf ständige Pflege. Auch Wolle verändert sich, wenn sie längere Zeit unbehandelt herumliegt.27 Die Wolle könnte Insekten und Motten anlocken, die sich im Atelier verbreiten würden. Mit einer Wegsperrung unter oder in Glas könnte ich dies Unzugänglichkeit, fast schon Konservierung, thematisieren, merke aber, wie ich die direkte Begegnung mit dem Material misse. Vor allem der dominante Geruch wird auf diese Weise abgeschirmt; er ist nicht mehr erreichbar. Auch das Material selbst entzieht sich in dieser Weise dem:der Betrachter:in. Es ist nur noch durch Glas sichtbar, es kann nicht angefasst oder erfahren werden. Es gibt eine klare Trennung zwischen Material und Person.


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Wolle ist Die Auseinandersetzung mit dem Material Wolle ist auch ein Auseinandersetzen mit meinem eigenen künstlerischen Prozess. Mit der vorliegenden Theorie konnte ich mir ein Vokabular aneignen, welches mir hilft, über meine eigene Arbeit zu sprechen und mein Interesse für das Material einzuordnen. Die Auseinandersetzung mit den Ausstellungen um 1960/1970 sowie den zeitgenössischen Positionen, Morris‘ Definition der Anti-Form sowie die Beispiele der Prozesskunst und der Zuwendung des Materials in den 70er Jahren fundieren mein Verständnis von Materialität und meinen eigenen Umgang damit. Sie öffnen mir auch die Türen zum Neuen Materialismus, mit dessen Positionen ich mich in Zukunft vertiefter auseinandersetzen möchte.28 Die Schweizer Künstlerin Mirja Curtius verwendet in einigen ihrer Projekten Schafwolle, die in einem kollektiven Happening gefilzt werden. Eine Filzarbeit ist im Projekt I Want to Felt You aus dem Jahr 2021 entstanden.29 Wolle wurde in einem Swimmingpool ausgebreitet und mit Seife und Wasser eingelegt. Die Künstlerin hat mit anderen Personen darauf performt und gemeinsam die Wolle verfilzt. Das Filzstück ist 4x4m gross und wurde in Biel im Ausstellungsraum «Krone couronne» ausgestellt. Auch diese Arbeit gibt dem Material viel eigenen Raum. Der Eingriff des Menschen, in diesem Falle der Teilnehmenden des Happenings, ist die formgebende Komponente der Wolle. Mein vertieftes Experimentieren und die Untersuchung des Materials selbst haben das Belassen der Wolle in seiner geschorenen Form als stärksten Ausdruck für mich definiert, da es sich mir in den anderen Formen immer wieder entzogen hat. Ich wollte am Ende nicht formgebend eingreifen. Natürlich ist das Platzieren auf dem Boden ein künstlerischer Eingriff, allerdings verstehe ich ihn als Hilfestellung zur Entfaltung des Potentials, welches dem Material innewohnt. Die fortlaufende Aktivität des Umräumens der Wolle hat mich dazu geführt, wie ich die Wolle letztendlich präsentiere: Ich lege sie auf den Boden, so wie ich sie erhalten habe. Der ge-

Literaturhinweis zu Neuen Materialismen: Hoppe/Lemke 2021. 28

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Krone couronne, 2021.


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samte Ausstellungsraum ist mit Wolle bedeckt. Ich möchte der Wolle die Möglichkeit geben, weitestgehend über sich selbst zu sprechen. Durch das Anerkennen ihrer Komplexität ist die Wolle genug. Sie hält es aus, einfach auf dem Boden zu liegen. In meiner Arbeit bestimmt sind Inhalt und Form in einem konstanten Austausch. Die Wolle muss nichts, ausser in Bezug zu sich und dem eigenen Körper gesetzt werden. Der:die Betrachter:in stellt einen individuellen Bezug zur Wolle her. Der Bezug wird dynamisch bleiben und sich ändern. Durch die räumliche Verortung der Wolle lade ich den:die Betrachter:in ein, sich einen eigenen, nicht von mir bestimmten Zugang zu verschaffen. Ich nehme den Zufall an. Es ist ein dynamisches Material, das einen offenen Prozess zulässt. Es darf und kann sich verändern. Weil die Wolle auf dem Boden liegt, muss man als Betrachter:in auf die Knie, um das Material visuell nah zu erfassen. Der Geruch transportiert es aber auch auf Augen- respektive Nasenhöhe. So ziehe ich keine Grenze zwischen Material und Betrachter:in. Ich möchte sie räumlich nicht trennen, sondern einen direkten Zugang und Kontakt ermöglichen. Den Besuchenden steht es frei, auf die Wolle zu treten. Sie ist wird sich bewegen und ihre Form ändern durch jede Person, die darauf tritt. Vielleicht wird sie sich im Gebäude verteilen. Ich halte mich bewusst zurück und überlasse der Wolle den Raum.


18 Literaturverzeichnis

Artsy editorial 2015 Artsy editoral, «Dutch Pavilion at the 56th Venice Biennale», 2015 (https:// www.artsy.net/article/2015-dutch-pavilion-at-the-56th-venice-biennale), 3.6.2022. Bottinelli 2001 Giorgia Bottinelli, «Jannis Kounellis. Untitled», 2001, (https://www.tate.org. uk/art/artworks/kounellis-untitled-t07074), 7.6.2022. Büttner 2005 Philippe Bütttner, «Im Zwischenreich des ‹White Cube›. Kontinuität und Erneuerung im skulpturalen Werk Wolfgang Laibs», in: Wolfgang Laib, Ausst.Kat. Riehen/Basel, Fondation Beyeler, 27.11.2005-26.2.2006, hrsg. von Fondation Beyeler, Ostfildern: Hatje Cantz 2005, S.56-70. Müller-Reissmann 2013 Franziska Müller-Reissmann, «Schafwolle», 2013, (https://materialarchiv.ch/ de/ma:material_597), 7.6.2022. Hoormann 2002 Anne Hoormann, «Erde», in: Lexikon des künstlerischen Materials. Werkstoffe der Moderne von Abfall bis Zinn, hrsg. von Monika Wagner, Dietmar Rübel und Sebastian Hackenschmidt, München: C.H. Beck 2002, S.74-77. Hoppe/Lemke 2021 Katharina Hoppe und Thomas Lemke, «Neue Materialismen zur Einführung», Hamburg: Junius 2021. Ingold 2014 Tim Ingold, «Eine Ökologie der Materialien», in: Macht des Materials - Politik der Materialität, hrsg. von Susanne Witzgall und Kerstin Stakemeier, Zürich: Diaphanes 2014, S.65-73. Krone couronne 2021 Krone couronne, Ausstellung «Biennophone», 26.2.2021-25.4.2021, (https:// kronecouronne.ch/de/exhibitions/biennophone), 3.6.2022. Lange-Berndt 2002a Petra Lange-Berndt, «Präparate», in: Lexikon des künstlerischen Materials. Werkstoffe der Moderne von Abfall bis Zinn, hrsg. von Monika Wagner, Dietmar Rübel und Sebastian Hackenschmidt, München: C.H. Beck 2002, S.205-209. Lange-Berndt 2002b Petra Lange-Berndt, «Federn», in: Lexikon des künstlerischen Materials. Werkstoffe der Moderne von Abfall bis Zinn, hrsg. von Monika Wagner, Dietmar Rübel und Sebastian Hackenschmidt, München: C.H. Beck 2002, S.85-89.


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Martin 2014 Sylvia Martin, «Materialität heute: handfeste Aufgabe und verführerisches Bild“, in: Living in the Material World, Ausst.-Kat. Kunstmuseen Krefeld/Museen Haus Lange Haus Esters, 6.4.2014-10.8.2014 und Galerie im Taxispalais Innsbruck, 6.12.2014-15.2.2015, hrsg. von Sylvia Martin und Beate Ermacora, Köln: Snoeck 2014, S. 28-39. Meyer-Stoll 2012 Christiane Meyer-Stoll, «Über das Phänomen Zeit in der Arte Povera», in: Arte Povera. Der grosse Aufbruch, Ausst.-Kat. Basel, Kunstmuseum Basel, 9.9.20123.2.2013, hrsg. von Kunstmuseum Basel, Ostfildern: Hatje Cantz 2012, S. 1931. Monte 1968 James Monte, «Anti-Illusion: Procedures/Materials», in: Anti-Illusion: Procedures/Materials, Ausst.Kat. New York, Whitney Museum of Art, 19.5.19696.7.1969, hrsg. von Whitney Museum of Art New York, New York: Whitney Museum of Art 1969, S. 4-23. Morris 1968 Robert Morris, «Anti Form», in: Art Forum International Vol. 6 Bd. 8, 1968, (https://www.artforum.com/print/196804/anti-form-36618), 3.6.2022. Morris 1993 Robert Morris, «Anti Form», in: Continuous Project Altered Daily, hrsg. von October Book, Cambridge/London: MIT Press 1993. Pallasmaa 2012 Juhani Pallasmaa, «The Eyes of the Skin. Architecture and the Senses», Chicester: John Wiley & Sons Ltd 2012. Tammen 2002 Silke Tammen, «Textilien», in: Lexikon des künstlerischen Materials. Werkstoffe der Moderne von Abfall bis Zinn, hrsg. von Monika Wagner, Dietmar Rübel und Sebastian Hackenschmidt, München: C.H. Beck 2002, S.217-224. Tucker/Monte 1969 Marcia Tucker und James Monte, «Anti-Illusion: Procedures/Materials», Ausst.Kat. New York, Whitney Museum of Art, 19.5.1969-6.7.1969, hrsg. von Whitney Museum of Art New York, New York: Whitney Museum of Art 1969. Tucker 1969 Marcia Tucker, «Anti-Illusion: Procedures/Materials», in: Anti-Illusion: Procedures/Materials, Ausst.Kat. New York, Whitney Museum of Art, 19.5.19696.7.1969, hrsg. von Whitney Museum of Art New York, New York: Whitney Museum of Art 1969, S. 24-44.


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Wagner 2002 Monika Wagner, «Filz», in: Lexikon des künstlerischen Materials. Werkstoffe der Moderne von Abfall bis Zinn, hrsg. von Monika Wagner, Dietmar Rübel und Sebastian Hackenschmidt, München: C.H. Beck 2002, S.97-101. Wagner/Rübel/Hackenschmidt 2002 «Lexikon des künstlerischen Materials. Werkstoffe der modernen Kunst von Abfall bis Zinn», hrsg. von Monika Wagner, Dietmar Rübel und Sebastian Hackenschmidt, München: C.H. Beck 2002.


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We Are Already Dokumentation


24 Nägel

Die Wolle riecht stark. Sie ist ungewaschen, dreckig, mit Kotresten, direkt ab der Schur. Der Geruch, die Haptik, die Fremdkörpern sind Teil der Geschichte des Materials. Ich sehe mir den Wollberg an. Der Geruch nimmt den Raum ein. Die einzelnen Formen sehen aus wie Inseln. Zeit Vergänglichkeit Natürlicher Zustand


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30 Pfanne Gläser (diverse Grössen) Heisses Wasser Instruktion für Wolle Waschen

Mit einfach Mitteln rekonstruiere ich einen Waschgang von Hand. Die Handlung nimmt rituelle Züge an. Es ist unmöglich, die Wolle auf diese Weise vollkommen zu reinigen; es bleiben noch Dreckreste zurück. Das Wasser ist gefärbt und riecht stark. Ich habe das Gefühl, dass der Geruch intensiver wird, wenn die Wolle nass ist. Das merke ich auch, wenn ich meinen Wollpullover trage und schwitze, dass dann der Lanolingeruch wieder ein bisschen hervorkommt. Wie performativ kann der Umgang mit Schafwolle sein?


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Einen persönlichen Bezug zu etwas herstellen, das schon vorhanden ist.


36 Nägel Youtube-Video: DYI – Wolle spinnen ohne Hilfsmittel

«Zerreissen» klingt brutal, kann aber eine sensible Geste sein, um den Punkt zu erreichen, den die Wolle noch aushält. Die Dichtheit der Wolle wird aufgelöst. Die Dichtheit der Wolle wird verstärkt.


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44 Nägel Youtube-Video: DYI – Wolle spinnen ohne Hilfsmittel Vollglasaquarium (30x20x20cm)

Meine Hände wurden dunkelbraun vom Dreck, der sich zwischen den Papillarleisten sichtbar zeigt. Der Faden ist sehr dünn und teilweise gerissen. Ich kann in den Raum zeichnen.


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Einwickeln Scheren Spinnen Verarbeiten Vernetzen Wärmen Schützen Dämmen Dichten Sichten Kratzen


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Imaginär – romantisiert (Falle) Idee Konstruktion Rekonstruktion


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Schafe gibt es in jedem Land. Wolle ist langsames Material.


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Der Bezug der Schafwolle zu meinem eigenen Körper und Körperlichkeit: Bin ich auch selbstreinigend? Ich möchte Ballast loswerden, der sowieso nachwächst. Ich frage mich, ob das Material reicht, wenn ich keine tiefe inhaltliche Ebene hineingebe. Es muss ein Bewusstsein vorhanden sein, dass es reicht, wahrgenommen zu werden.


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Tod Reinheit Leben Aufrichtigkeit Authentizität


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62 Schnur Nägel

Es reicht nicht, nur über das physische Material zu sprechen. Denn wäre das Material künstlerisch genug, und es bräuchte mich als Künstlerin nicht, ich wäre redundant. Material wird immer von Inhalt begleitet. Das Tier ist für mich nicht wichtig.

Aufrichtigkeit Natürlichkeit Reinheit (Abwesenheit von etwas) Pure, ungemischt Einseitigkeit Unkontrolle Instinkt Formlos, unkonstruiert Gerechtigkeit Korrektheit Konsistenz Unversehrtheit Vollständigkeit Integrität Vollkommenheit Einfachheit Sterilität Konservierung


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64 Plexiglasbox (30x30x80cm) Glasplatten (diverse Grössen) Lautsprecher (in Wolle versteckt, mit verschiedenen Audiospuren)

Glas ist ein Gegenteilmaterial von Wolle. Ich als Künstlerin bin der Verbindungspunkt vom Material zur Sichtbarkeit für das Publikum. Die Wolle dämpft den Ton ab. Sie spricht und singt, sie wird wieder lebendig gemacht.


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74 Mikroskop

Die Verbindungen innerhalb des Materials verknüpfen jede Einheit miteinander. Alles steht in Bezug zueinander.


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76 Plexiglasmodell (5x5x5cm) Plexiglaskubus (30x30x80cm) Maschendraht

Intuitiv und konzeptionell Dem Material eine Form geben Entscheidung spüren Nähe Distanz


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84 Ton Glasscheiben (diverse Grössen) Metalltisch

Der Dialog zwischen Wolle und Glas ist da, aber ich verstehe ihn nicht. Die Wolle nimmt auf, was in der Umgebung ist, sie reagiert auf das Umfeld. Bin ich die Wolle, oder ist die Wolle mich?

Selbstreinigend Weg vom Körper


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Der Geruch beisst schon fast in den Augen.


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Ich habe aufgeräumt. Die Wolle ist zurück in den Plastiksäcken, der Raum gewischt. Es riecht immer noch stark nach Lanolin, auch wenn das Material nicht mehr im Raum ist. Lanolin an die Wände schmieren. Anfrage bei einer Glasproduktionsfirma. Allerdings finden wir uns nicht für einen Zeitpunkt. Und ich habe mich schon gegen das Glas entschieden.


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Ich halte mich in der Autorenschaft zurück, aber nicht komplett raus.


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Simplizität Reduktion Einfachheit Ehrlichkeit Vertrauen


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Ich lege die Wolle aus. Meine Hände glänzen vor Fett.


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Die Wolle liegt auf dem Boden und bedeckt diesen komplett. Der gesamte Raum ist nur mit Wolle gefüllt.




Lieben Dank an Selina, Claudia, Alda, Peer, Franco, Klaus, Toni, Andrea, Sam, Lina, Mara, Tanja, Amanda und meinen Mitstudierenden.

Bachelorthesis 2022 Lea Lüscher +76 818 12 23 lea.luescher@wynspeed.ch


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