Davi Code

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Maya Roos 3 Women (The Davi Code)



Maya Roos 3 Women (The Davi Code)



«Ach übrigens, es ist nochmals rosa angesagt.» «Oh boy - it's a girl again! Also hellblau gestrickte Söckchen.» «Der Name der vierten ‘Frau’ ist leider noch geheim, er wird kurz und kraftvoll sein wie Lux.»

Maya Roos’ Wandmalerei für die Doppelausstellung mit Barbara Davi besteht aus einem mehrfarbigen, aus rechtwinkligen Figuren zusammengesetzten Muster auf quadratischer Fläche. Die verschiedenen Formen und Farben scheinen sich darin zu überlagern – und dennoch wirkt das Bild nicht perspektivisch-räumlich, sondern flächig. Der Eindruck der Überlagerung entsteht aber dadurch, dass das Bild aus zwei verschiedenen Mustern, aus einerseits einer schwarz-weissen und andererseits einer in Pastelltönen gemalten Struktur, zusammengesetzt ist. Stellt man sich nahe genug vor die bemalte Wand, beginnen die Farben und Formen auf irritierende Weise miteinander zu «kommunizieren» und das Auge so zu provozieren, dass die Strukturen zu flimmern und zu vibrieren scheinen. Die mit Acrylfarben gemalte Fläche ist in ihrer Grösse der Raumhöhe angepasst; sie wirkt wegen ihrer quadratischen Form harmonisch, weder eindeutig horizontal noch vertikal ausgerichtet, was die vom Muster implizierte Gleichwertigkeit jeder einzelnen Markierung akzentuiert. Wie schon frühere Arbeiten hat Maya Roos auch «3 Women (The Davi Code)» auf die spezifische Ausstellungssituation hin entwickelt, wobei sie ihren künstlerischen Prinzipien treu geblieben ist: Basis der Arbeit bilden Informationen, mit denen die Künstlerin ihren Computer «füttert», welcher die Daten verarbeitet und dabei ein Bild produziert, das als Grundlage für die Malerei dient. In 3


ihrem Werk schafft Maya Roos eine Verbindung von traditionell analoger, subjektiver bildender Kunst mit Massenkultur, zu der auch der ganze Bereich des Digitalen gehört, wo Visualisierungen mitunter als Nebeneffekte hochkomplexer Prozesse entstehen. «3 Women (The Davi Code)», dessen Haupttitel sich auf einen Spielfilm von Robert Altman bezieht, hat seinen Ausgangspunkt in einer längeren E-Mail-Korrespondenz Maya Roos’ mit ihrer Kollegin Barbara Davi. Letztere bespielt mit neuen Arbeiten die weiteren Ausstellungsräume von Hilfiker Kunstprojekte. Die digitalen Botschaften von Roos und Davi drehen sich um künstlerische und private Fragen. Maya Roos hat vorgängig bereits gemeinsame Themen herausgearbeitet – beide Künstlerinnen haben sich längere Zeit im Modeund Gestaltungsbereich betätigt, und die Frage nach Vereinbarkeit von Familie und Kunst wird sich fast jede kunstschaffende Frau schon gestellt haben. Mit Sonia Delaunay-Terk (1885–1979) hat Maya Roos eine weitere diesbezüglich verwandte Künstlerin quasi virtuell ins Spiel gebracht, um den Dialog zwischen ihr und Barbara Davi zu eröffnen. Die Malerin und Designerin Sonia Delaunay hat vor knapp hundert Jahren zusammen mit ihrem Mann, Robert Delaunay, den vom Kubismus beeinflussten Orphismus begründet, der auf einem im 18. Jahrhundert wissenschaftlich etablierten Farbsystem basiert, und mit ihrer Arbeit einen wesentlichen Beitrag zur Entwicklung der abstrakten Malerei geleistet. Der von einem Interview mit Sonia Delaunay angeregte E-Mail-Dialog, beziehungsweise drei daraus insolierte Sätze, bilden also die Grundlage der Arbeit «3 Women (The Davi Code)». Maya Roos hat die besagten Sätze – sie stehen als Mottos über die4


sem Text – in einen Quick Response-Code übersetzt. Dieser besteht aus einer quadratischen Matrix aus Punkten, die wegen des nötigen starken Kontrasts üblicherweise schwarz und weiss dargestellt werden. Eine Markierung in drei der vier Ecken des Quadrats gibt die Orientierung vor. Die QR-Matrix – geradezu sprechend ist diese Bezeichnung, die auch «Gebärmutter» oder «Muttertier» bedeutet, im Zusammenhang mit der durch sie transportierten Mitteilung – bildet das visuell auffällige «Gerüst» von Roos’ Wandbild. Nicht bloss in den virtuellen Gesprächen der anderen beiden Künstlerinnen ist Sonia Delaunay gegenwärtig: Einer ihrer Teppichmuster-Entwürfe hat die bunte Struktur beeinflusst, mit der Maya Roos ihr Code-Bild ergänzt hat; allerdings sind in «3 Women (The Davi Code)» aus den intensiven Grundfarben des Entwurfs zarte, für Maya Roos’ Schaffen schon fast typische Pastelltöne geworden. Die Gesetzmässigkeit des Musters, das auf Wiederholungen und Abweichungen einer Vorgabe aufbaut, ist in «3 Women (The Davi Code)» auf den verschiedenen Ebenen präsent. Nicht nur ist der QR-Code aus sich scheinbar immer wiederholenden, tatsächlich aber differierenden Elementen aufgebaut und wohnt dem System «Teppich», zumindest in seinen geläufigsten Ausprägungen, diese Logik des Rapports inne. Der Dialog, dessen Verschlüsselung der QR-Code darstellt, vergegenwärtigt ja ebenfalls einen Rapport – was in der Psychologie den Zustand verbaler und nonverbaler Bezogenheit von Menschen aufeinander beschreibt –, nämlich die Beziehung wie auch die Mit-Teilung der «3 Women». So entsteht aus den von Roos herausgearbeiteten Gemeinsamkeiten der drei Künstlerin5


nen deren hybrides und den Moment der Ausstellungsvorbereitung festhaltendes Bildnis, dem der subjektive Ausdruck eines traditionellen Porträtgemäldes lediglich scheinbar fehlt: Wenn Maya Roos auch ganz bewusst auf die malerische «Expression» verzichtet und in der vorliegenden Arbeit das Bild sogar konsequenterweise mit digital geschnittener Schablone auf die Wand malen lässt, so ist das Resultat doch im eigentlichen Sinne Malerei, indem ein virtuelles Bild in eine bestimmte Konstellation von Farbmaterial überführt wird. Isabel Fluri

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Cherchez le Code Maya Roos et Barbara Davi


Maya an Barbara – 25. März 2010 20:08:15 GMT+01:00 Endlich – ich bin immer noch auf den Kanaren und arbeite fleissig am Projekt für Markus und wenn der Stress zu hoch wird, gleite ich ins türkisblaue Poolwasser und zähle die Palmen oder sitze bei einem Glas Wein, mit ein bisschen Pata Negra auf der Terrasse und betrachte die Sonne, die tiefrot untergeht, und die Wolken mit zuckersüssem Rosa bemalt. Inzwischen habe ich auch den Titel für meine Arbeit: «3 Women». Die Arbeit ist eine Wandmalerei im hintersten langen Raum der Galerie. «3 Women» erzählt etwas über uns, und damit verknüpft sind drei Künstlerfrauen – du, Sonia Delaunay und ich. Alle 3 Frauen haben einen Künstler als Lebenspartner. Alle 3 Frauen haben in ihrem Leben mit Design und Mode gearbeitet. Von den 3 Frauen bin ich die einzige, die keine Familie gegründet hat, und du bringst schon bald das zweite Kind zur Welt. Wie geht es dir? Weisst du schon, ob ich etwas in Hellblau oder in Rosa stricken muss?

Barbara an Maya – 30. März 2010 21:42:17 GMT+02:00 Danke für dein Mail ... das Arbeiten auf den Kanaren hört sich gut an! Die neue Verknüpfung find ich auch gut. Hier ist das Wetter ziemlich wechselhaft, und ich habe gerade einen ersten Anflug von Frühlingsmüdigkeit überwunden ... ich glaube, es lag am Vollmond! Die Energie ist auf jeden Fall wieder zurückgekehrt, zum Glück … die brauch ich noch, um meine Arbeiten für die Ausstellung umzusetzen. Ach übrigens, es ist nochmals rosa angesagt.

Maya an Barbara – 7. April 2010 15:17:05 GMT+02:00 Oh boy – it's a girl again! Also hellblau gestrickte Söckchen. Nachdem du Nils 19?? getroffen hast, wie lange ging es, bis deine Gefühle «romantisch» für ihn wurden? Waren jemals irgendwelche Rivalitäten zwischen euch? Nachdem du Nils geheiratet hast, nennst du dich Barbara Davi. Ist es, 8


weil du dich selbst als Feministin siehst? Machst du eine Unterscheidung zwischen den Wörtern «abstrakt» und «gegenstandslos»? Ich frage, weil man beim dem Wort «abstrakt» eher an eine spontane Geste denkt, wie bei den Abstrakten Expressionisten. Und wenn ich an das Wort «gegenstandslos» denke, denke ich an Absicht und Planung, wie bei der Arbeit von Malevich. Zurück in Berlin, wandere ich bei wenig Sonne zur Neuen Nationalgalerie, zur Philharmonie, ins Bauhausarchiv mit dem Satz von Sonia Delaunay im Kopf «nous irons jusque au soleil» ...

Barbara an Maya – 8. April 2010 22:27:06 GMT+02:00 Die Mädchen scheinen flexibler zu sein, rosa Söckchen für einen Jungen wären gewagt, oder?! Nils traf ich 1996 eigentlich zum zweiten Mal, nämlich kurz nach einem längeren Madridaufenthalt, wo ich gerade spanisch gelernt hatte. Bis meine Gefühle für ihn wirklich «romantisch» wurden, dauerte es ganze vier Monate. Ich bin 1971 geboren, also genau in dem Jahr, in dem in der Schweiz das Frauenstimmrecht angenommen wurde. Ich denke, ich bin mit feministischem Gedankengut aufgewachsen und musste mich deshalb auch nie als Feministin definieren. Meinen Namen zu ändern wäre wie wenn ich meine Identität ändern würde, das wäre irgendwie seltsam. «Abstraktion» bezieht sich, meiner Meinung nach, auf etwas Bestehendes, im Gegensatz zum «Gegenstandslosen», das frei erfunden wird. Das Wort «abstrakt» benutze ich oft, obwohl ich den Konstruktivisten näher stehe. Gerade meine neuen Arbeiten enthalten «konstruktivistische» Elemente (Geometrie, «Komposition», Raumkonstruktion). Natürlich vor einem völlig anderen Hintergrund und immer in Bezug zum Gegenständlichen, sei es ein Raum oder eine Landschaft. Oh, das liebe ich an Berlin, die Museen, die Weite ... Grossstadt eben. Hier gehe ich vom Haus 100 Meter zum Atelier und wieder zurück, fahre Lux mit dem Velo in die Kita oder auf einen Spielplatz und mache irgendwelche Einkäufe. 9




Maya an Barbara – 14. April 2010 22:03:04 GMT+02:00 Sonia Delaunay hat sich meist um die finanziellen Angelegenheiten ihrer Familie, gekümmert und konnte sich während 17 Jahren kaum ihrer Malerei widmen. Mit angewandter Kunst hat sie für ihre Familie gesorgt und Inneneinrichtungen entworfen, Stoffe, Kleider, Gegenstände, und später ihr Geschäft «Casa Sonia» mit grossem Erfolg geführt. Ich war schon fast vierzig, als ich mit meiner Malerei begann. Ebenfalls aus finanziellen, familiären Gründen musste ich meine «Kunstwünsche» zurückstecken. Meine Eltern führten eine Massschneiderei, mit kleinem Einkommen. Für 2 der 3 Kinder reichte es für ein Studium. Die Eltern haben mich dazu bewegt, ein kleines Modegeschäft zu eröffnen, wo ich anfänglich auch Selbstentworfenes verkaufte. Wie ist es dir ergangen? Übrigens: Du hast die gleichen Fragen (Auswahl) beantwortet, die der amerikanische Fotograf David Seidner (1957–1999) an Sonia Delaunay in einem Interview 1978 gestellt hat (Sonia Delaunay by David Seidner, BOMB Magazine 2/Winter 1982).

DS After you met Robert in 1907, how long was it before you became romantically involved? SD Immediately! He was so alive. He was searching. And he was full of new ideas. DS When you married Robert, you called yourself «Sonia Delaunay Terk.» Is it because you consider yourself a feminist? SD No! I despise the word! Once I even refused to be president of a women’s group. They wanted me to be the leader of all women artists in Europe. I refused because art is universal, outside of any classification. I never thought of myself as a woman in any

conscious way. I’m an artist. For a long time I didn’t even know what I was doing. I just had a need to express something. DS Do you make a distinction between the words «abstract» and «non-objective?» SD No. DS I asked because when I think of the word «abstract,» I think of a more spontaneous process, not thought out, like the Abstract Expressionists in America. And when I think of the word «nonobjective,» I think of intention and planning, like in the work of Malevich. SD But my work is spontaneous. 12


Barbara an Maya – 16. April 2010 21:43:15 GMT+02:00 Mir war schon bald einmal klar, dass ich etwas mit Gestaltung und Kunst machen wollte. Als ich dann mit 17 Jahren den Vorkurs machte, dachte ich als weiterführende Ausbildung an die Grafikfachklasse. Da ich mich aber für das Dreidimensionale interessierte, besuchte ich danach an der Höheren Schule für Gestaltung in Zürich die Fachklasse für «Schmuck und Gerät». Nach der Ausbildung blieb ich bei der angewandten Kunst, da auch ich da am ehesten die Möglichkeit des Geldverdienens sah. Mit der Zeit entstanden immer verkäuflichere Produkte. Als ich durch Zufall die Möglichkeit erhielt, Theaterausstattungen zu machen, entfachte sich der Wunsch, in grösseren Dimensionen mit dem Raum und mit komplexeren Inhalten zu arbeiten. Mit 32 entschied ich mich in Paris, ausschliesslich künstlerisch tätig zu sein, und begann meine Arbeiten auszustellen. Das mit dem Interview war clever, hast du die Fragen auch beantwortet?

Maya an Barbara – 23. April 2010 15:42:47 GMT+02:00 Barbara an Maya – 23. April 2010 23:07:36 GMT+02:00 Um auf deine Bemerkung zurückzukommen, ob Rosa für Jungs gewagt sei – Rosa war mal die Farbe der Jungs und gemäss Wikipedia gibt es den Begriff des «Pinko», der für eine Person steht, die besonders liberal und sozialistisch ist und eventuell mit dem Kommunismus sympathisiert, also warum nicht ... ob sich ein Kommunist dessen wohl bewusst ist? Übrigens sehe ich von meinem Schreibtisch direkt auf einen japanischen Kirschbaum, der mit grosser Mühe seine rosa Pracht aus den zähen, kleinen Hüllen zu pressen versucht, der Kirschbaum in Wehen .... oh je, der Arme ... wie lange dauert denn das, bis die Blüten da sind? Gibt es auch Arbeiten, die sich auf deine Familie beziehen und die du in der kommenden Ausstellung bei Hilfiker Kunstprojekte zeigst? Oder anders gefragt – wie oder wo beeinflusst die Familie deine Arbeit? Hat die Geburt deiner Tochter kreative Schübe ausgelöst? Nein, die Familie hat meine Arbeit kaum beeinflusst. 13


Ich trenne Arbeit und Familie, nicht bewusst, aber ich denke, ich brauche diesen Ausgleich. Und die Frage «Waren jemals irgendwelche Rivalitäten zwischen Euch?» hat keine Antwort bekommen – scheint kein Thema zu sein ... oder etwa doch? Ich habe diese Frage nicht präsent!? Nun, ist auch schon vorgekommen, doch bei uns ist es sicher ein Vorteil, dass wir in anderen Medien arbeiten und irgendwie auch völlig andere Herangehensweisen haben. Wir tauschen uns oft aus über unsere Arbeiten und versuchen, einander gegenseitig zu unterstützen. Von Eurem Aufenthalt in unserem Atelier in Berlin habe ich ein stimmungsvolles Foto: Nils am Kochen und Lux krabbelt auf dem Boden. Die Küche ist auch für Rémy und mich ein Lieblingsort, für Gespräche zu zweit oder mit Freunden; klein, warm und genüsslich. Ja, eine sehr schöne Küche mit der goldenen Wand und diesem ominösem Fenster... Wir haben sehr viele schöne Abende da verbracht ... auch mit Gästen, wenn Lux im Bett war. Wie ist es, wenn du an die Zeit in Berlin und auch an die Muttifizierung des Prenzlauerbergs denkst? Wenn ich Devendra Banhart höre, kann ich meine damalige Befindlichkeit ganz klar vergegenwärtigen. Berlin im Winter mit Schnee, die Vögel im Hof, die die letzten Beeren zu ergattern versuchen. Die Zeit in Berlin und speziell die 3 Monate in Eurem Atelier waren für mich sehr produktiv. Ich war ziemlich diszipliniert und habe jeden Nachmittagsschlaf von Lux mit dem Babyphon arbeitend im Atelier verbracht. Ansonsten Spaziergänge zur Museumsinsel oder mit dem Rad zum Alexanderplatz und zurück mit der Kamera in der Tasche. Der Prenzlauerberg war sogar für mich mit Kind «too much»! So eine Monokultur ... und wenig Inspiration. Frau fühlt sich ein wenig als schlechter Mensch, wenn sie ohne Kind zum Kollwitzplatz spaziert. Wenn ein Kind mich fragt «Warum hast du keine Kinder?», entsteht auf beiden Seiten für kurz eine emotionale 14


Irritation, beim Kind weil es sich selbst in Frage stellen könnte, und bei mir ein schwieriges Gefühl, weil ein «Warum» im Raum steht. Du weckst bei mir eine Kindheitserinnerung, die ich längst vergessen hatte. Ich erinnere mich an die adrette Putzfrau unserer Nachbarn, die mich sehr gemocht hatte. Es hat mich beschäftigt, dass sie keine Kinder hatte, ich fand das irgendwie traurig. Natürlich, aus der Sicht des Kindes ist dies unverständlich, das ist ja seine Realität. Doch ich denke, als Künstlerin ist man vielleicht anders erfüllt. Ich bin auf jeden Fall auch froh, dass ich relativ lange gewartet habe mit Kinderkriegen und schon einiges erlebt ... Eben habe ich den Film gesehen «A Serious Man» von den Coen Brothers – eine schön erzählte, schwarze Geschichte! Findest du Zeit fürs Kino und gibt es Filme die du als Mutter nicht mehr sehen magst? Filme der Coens können ja auch ziemlich unangenehm bis unerträglich sein. Ich gehe in letzter Zeit sehr selten ins Kino. Mein letzter Film war «Inglourious Basterds» von Tarantino, da war ich sogar schon schwanger, und Nils hat noch daran gezweifelt, ob ich das ertragen würde. Ich fand den ziemlich gut und sehe keinen Unterschied ... wenn jemand skalpiert wird gucke ich weg, aber das hätte ich auch früher gemacht!

Maya an Barbara – 26. April 2010 09:19:59 GMT+02:00 Ich komme zurück zur dritten Frau meiner Arbeit. Die Malerei, die hinter dem schwarzen Code liegt, ist meine Hommage an Sonia Delaunay; die Basis für diesen hellen, farbigen Hintergrund ist ein modifizierter Entwurf für einen Teppich (1925). Sonia Delaunay schrieb: «Wenn es um Farbe geht, ist alles eine Frage von Zahlen. Diese Konzeption der Farbe ist ein neuer Ausgangspunkt für die Wahrnehmung selbst.» Sonia Delaunay hat bis ins hohe Alter mit Besessenheit gearbeitet. Ihre Retrospektive 1967 in Paris, also mit 82 Jahren, hat sie wohlhabend gemacht, hat ihr Anerkennung und Bewunderung gebracht, die sie sehr genoss. Sie schrieb «Ich hatte drei Leben: eines für Robert, eines für meinen Sohn und meine Enkel und ein kürzeres für mich selbst. Ich bereue nicht, mich nicht mehr um mich selbst gekümmert zu haben. Ich hatte wirklich keine Zeit dafür.» 15


Wie viele Leben hast du, und weisst du, ob die künstlerische Codierung deiner Familie schon vor deinen Eltern begann? Du und Nils seid Künstler, dein Bruder Davix auch ein Künstler, deine Schwester Nicole Theaterregisseurin, deine Mutter schreibt und ist Malerin, dein Vater ist Lyriker und Übersetzer. Was für Gene! Ich bin gespannt, wohin sich die vierte Frau im Bunde bewegen wird. Hast du schon einen Namen? Was kommt wohl nach Lux?

Barbara an Maya –26. April 2010 19:56:54 GMT+02:00 Ich glaube auch, dass ich mehrere Leben habe, schliesslich bin ich im Zeichen des Skorpions geboren, wie Sonia Delaunay. So klar könnte ich diese Leben aber nicht trennen, und im Moment läuft vieles parallel, was mir auch ganz entspricht! Es gibt viele Künstler, die gute Arbeiten machen, aber wirklich spannend ist doch wie sich ein/e Künstler/in entwickeln kann, über mehrere Jahre, ja über ein ganzes Leben. Dann ist es vielleicht auch angebracht, Pausen zu machen oder erst spät anzufangen, dafür braucht es doch eine gewisse Lebenserfahrung und Reflexion. Ich bin sehr froh um meinen familiären Background; ich bin zwischen Bücherwänden, Bildern, diskutierenden Erwachsenen und einem grossen Garten aufgewachsen und habe als Kind ziemlich viele Freiheiten genossen. In unserer Familie gab es immer schon «Kreative». Ein Urgrossonkel war Kunstmaler, ein Urgrossvater ein Goldschmied und der Grossvater der Architekt war, ist in den 20er Jahren mit seiner Frau nach Spanien und schlussendlich auf die Kanaren ausgewandert, wo er eine Familie gründete. Der Name der vierten «Frau» ist leider noch geheim, er wird kurz und kraftvoll sein wie Lux. Ich hoffe, du findest einen guten Code!?

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Maya an Barbara – 28. April 2010 08:08:33 GMT+02:00 Herzlichen Dank, es war schön, mit Dir dieses «Gespräch» zu führen. In 10 Tagen ist unsere gemeinsame Eröffnung. Ich hoffe sehr, dass die vierte Frau Verständnis hat und sich diesen Termin merkt! Ich wünsche Dir einen glücklichen Geburts-Tag Maya PS. Die erste Arbeit, die Sonia Delaunay unter dem Begriff «Simultankontrast» erstellte, war ein Quilt für den kleinen Sohn Charles.

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Maya Roos lebt und arbeitet in Berlin und Luzern Ausstellungen (Auswahl) 2009 Galerie Invaliden 1, «Excuse me, are you famouse?» Temporäre Kunsthalle, Berlin, «Zeigen, eine Audiotour» (Kat.) Kunstpanorama Luzern, «Minimale» 2008 Royal Art Academy, London/UK, «Contemporary Seasons» Galerie Karin Sachs, München, «Ist das ein Portrait?» 2007 Millennium Galleries, Sheffield/UK, «Abstraction: extracting from the world» (Kat.) Museum Bruder Klaus, Sachseln «Spuren Formationen Fragmente» Brandenburgischer Kunstverein, Potsdam «Heimatflimmern 2» (Kunstpanorama Luzern) 2006 Haus Konstruktiv, Zürich, «Ordnung und Verführung» Pori Art Museum, Pori/Fi, «Urban Creatures» (Kat.) Das Ding, Luzern, «Gegen den Wind» (Einzelausstellung) CentrePasquArt, Bienne/Biel, «Nouvelles Collections II» Stiftung Binz39, Zürich, «BalkanTV: love&peace» 2005 Copyright Projektraum, Berlin, «Photographie» 2004 Museum für zeitgenössische Kunst, Skopje «Not in the Sky & not on the Earth» 2003 Mini-Salon, Rüdiger Belter, München «Portraits by Speed Disk» (Einzelausstellung) 2002 CRAC ALSACE, Altkirch/F, «WILKOMMEN/WELCOME/BIENVENU à ... Altkirch» Lisa Lounge, Berlin, «Stardust Deluxe» Kunstraum Kreuzberg/Bethanien, Berlin, «Over The Moon» Kunstmuseum Luzern Museum of Art, Luzern, Zentralschweizer Kunstschaffen» 2001 Freunde Aktueller Kunst, Städt. Museum Zwickau, «Wer hat Angst vor Roger Whittaker» (Kat.) Institut Français Maison de France, Berlin, «01 no 5 - Millefleurs.org» Unlimited, Kriesi 1, Athènes, «01 no 5 - Millefleurs.org»

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2000 Galerie Urs Meile, Luzern, «Portraits by Speed Disk» (Einzelausstellung) Galerie Milch, London, «Gift» Chaoyang District Culture Center, Peking, «Signs, Efficiency & Wonders» (Kat.) Podewil, Berlin, «come in and find out, vol.4» (Kat.) Kunstpanorama Luzern, «Face à Face» Galerie PICTUREshow Beate Wedekind, Berlin «01 no 5 - Kunst und Mode»

Abbildung Seite 10/11 und Umschlag (Detail) Maya Roos, 3 Women (The Davi Code), 2010 Wandmalerei, Dispersion 235 x 235 cm QR-Code mit dem Handy fotografieren > decodieren > lesen 19


Impressum Diese Publikation erscheint in einer Auflage von 100 Exemplaren anlässlich der Ausstellung Maya Roos – «3 Women (The Davi Code)» vom 8. Mai bis 3. Juli 2010 bei Hilfiker Kunstprojekte, Luzern. Herausgeber: Hilfiker Kunstprojekte, Luzern Text: Isabel Fluri E-Mail-Korrespondenz: Maya Roos, Barbara Davi Layout: Gregor Stäuble Druck: Brunner Druck und Medien AG, Kriens © 2010 Maya Roos Luzern/Berlin, Barbara Davi, Isabel Fluri und Hilfiker Kunstprojekte, Luzern




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