Hafen 2010

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46-47 Universität_Layout 1 16.02.10 14:27 Seite 47

Eine Universität, zwei Szenarien. Links: Auf Projektbildern des Architekturbüros Gerkan, Marg und Partner sind die geplanten Neubauten auf dem Kleinen Grasbrook deutlich zu erkennen. Rechts: Der bisherige Standort Rotherbaum mit zusätzlich Flächen.

um die verfügbaren Grundstücke besser auszunutzen. 3. Teilverlegung zum Kleinen Grasbrook: Die Universität verlegt die Einrichtungen, die heute an der Bundesstraße ihren Sitz haben, auf die Fläche des heutigen Überseezentrums. Der O’Swaldkai bleibt erhalten. 4. Vollständiger Umzug auf den nördlichen Kleinen Grasbrook: ein bis zu 2,1 Milliarden schweres Mammutprojekt, das ca. 20 Jahre dauern würde. Welches der Szenarien Realität wird, ist derzeit unmöglich vorauszusagen. Mit schierer Logik ist kein Durchkommen. Wissenschaftsbehörde, Wirtschaftsbehörde, Handelskammer und Universtität arbeiten mit z.T. stark differierenden Zahlen, die für die eigenen Argumente ausgezeichnet passen, von der Gegenseite dann aber plausibel widerlegt werden. So schätzt die Universtität den Sanierungs- und Neubaubedarf der Uni am alten Standort auf 1,2 Milliarden Euro, die Handelskammer weiß es besser: höchstens 600 Millionen. Schüt-

zenhilfe bekommt die Wirtschaft vom Bezirk Eimsbüttel, der um seine Uni fürchtet. Langfristig könnte sich ein Kompromiss finden lassen, dieser ist jedoch bei einem derart konfliktträchtigen Thema auch 2010 nicht zu erwarten. Neutrale Beobachter müssen im Widerstand des Hafens indessen einen berechtigten, aber nicht unbedingt allgemeingültigen Reflex sehen. Denn: Aus Sicht der gesamten Stadt hat der

Eine Universtität in einem Welthafen wäre außergewöhnlicher Städtebau Plan etwas für sich. Eine Universität in einem Welthafen wäre außergewöhnlicher Städtebau und würde erhebliche Aufmerksamkeit für Uni, Hafen und letztlich ganz Hamburg nach sich ziehen. Es ist allerdings fraglich, ob der PR-Erfolg die Kosten des Umzuges und die Kosten der räumlichen Behinderung der Warenwirtschaft übersteigt. Beides ist

denkbar, aus heutiger Sicht aber allenfalls von einem Experten mit prophetischen Gaben valide zu beurteilen. Letztlich dürfte pro/kontra Umzug damit zu einer rein machtpolitischen Entscheidung werden. So versuchten es die Kritiker im Januar 2010 mit einem Tiefschlag: Nach einem Artikel des „Hafenreports“ sind zentrale Areale des Kleinen Grasbrooks seit Inkraftreten des Versailler Vertrags 1919 bis 2028 an die Tschechische Republik verpachtet. Die Meldung enthielt allerdings zwei Fehler. Der Vertrag trat nicht 1919 in Kraft, sondern 1920. Zudem beziffert der betreffende Artikel 363 den Zeitraum der Verpachtung auf 99 Jahre. Daraus ergibt sich ein Ende der Pacht nicht 2028, sondern 2019. Die Fertigstellung des Szenarios „Komplettumzug“ läge also hinter jenem Jahr und wäre damit keineswegs ein Bruch des Völkerrechts. Trotz Scheiterns solcher Finten räumten Beobachter den Plänen der Senatorin im Frühjahr 2010 wenig Chancen auf Erfolg ein. ENDE Hafen 2010

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