Hafen 2010

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März 2010

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März 2010 · e 7,50

Hafen

Der Jahresüberblick für die Hamburger Hafenwirtschaft

Der Jahresüberblick für die Hamburger Hafenwirtschaft

Wirtschaft

Logistik

Technik

Die Auswirkungen der Finanzkrise

Elbvertiefung und Y-Trasse

Schiffbau: größer, effizienter, grüner


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03 Editorial_Layout 1 16.02.10 16:11 Seite 3

EDITORIAL

IMPRESSUM Verlag: Klaus Schümann Verlag Sülldorfer Kirchenweg 2, 22587 Hamburg Telefon: 040 86 66 69-0 Telefax: 040 86 66 69-40 ftp://mail2.atelier-schuemann.de E-Mail: post@klaus-schuemann-verlag.de Internet: www.klaus-schuemann-verlag.de Herausgeber: Klaus Schümann Telefon: 040 86 66 69-10 klaus.schuemann@klaus-schuemann-verlag.de Chefredakteur: Tim Holzhäuser, Telefon: 040 86 66 69-63 tim.holzhaeuser@klaus-schuemann-verlag.de Autoren dieser Ausgabe: Tim Holzhäuser, Eigel Wiese, Helmut Schwalbach Fotografen: Eigel Wiese, Michael Schwartz, siehe Fotonachweis Artdirector: Heinrich Achaz Prinz Reuss Schlussredaktion: Dieter Both Datentechnik: Andreas Sommer Anzeigenverkauf: Panja Bohlmann, Telefon: 040 86 66 69-55 panja.bohlmann@klaus-schuemann-verlag.de Es gilt Anzeigen-Preisliste Nr. 1/2010 Anzeigenverwaltung beim Verlag. Media-Daten sowie Anzeigen- und Druckunterlagenschluss auf Anfrage. Herstellung: Atelier Schümann Werbeagentur GmbH, Sülldorfer Kirchenweg 2, 22587 Hamburg Telefon: 040 86 66 69-61 www.atelier-schuemann.de Druck: Verlag Carl H. Dieckmann Burchardstraße 21 20095 Hamburg Nachdruck oder sonstige Wiedergabe und Veröffentlichung, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung des Verlages. Dieses gilt auch für die Aufnahme in elektronische Datenbanken und Vervielfältigungen auf CD-ROM. Für unverlangt eingesandte Manuskripte, elektronische Datenträger und Fotos wird keine Haftung übernommen. Nicht namentlich gekennzeichnete Fotos sind redaktionseigene Fotos.

Klaus Schümann, Herausgeber

Tim Holzhäuser, Chefredakteur

Mit dem H

AMBURGER HAFEN EMPFANG hat das wirtschaftliche Herz Hamburgs eine gesellschaftliche Mitte bekommen. Was läge da näher, als den Hafen als Ganzes über ein Jahr hinweg auch publizistisch in den Mittelpunkt zu stellen? Touristische Darstellungen von Kais und Terminals gibt es in Hamburg jedoch regalmeterweise. Was fehlte, war eine Jahresschrift für Fachleute und für ein ambitioniertes Publikum, die alle wesentlichen Themen des vergangenen Jahres noch einmal in einen gemeinsamen Kontext stellt: ein inoffizieller, unabhängiger Geschäftsbericht des Hamburger Hafens. Dieser Mangel, das stellen wir ausnahmsweise unbescheiden fest, ist behoben. HAFEN erscheint von nun an jährlich, immer pünktlich zum HAMBURGER HAFEN EMPFANG. Das Magazin soll jedoch kein Konkurrenzprodukt zu den hervorragenden Publikationen der HPA, des „Hafenreports“, des „Täglichen Hafenberichts“ oder den anderen Fachmagazinen sein, sondern eine Ergänzung, die über das Tagesgeschäft hinausblickt, längere Resümees und Analysen erlaubt. Wir haben Wert gelegt auf eine genaue und neutrale Darstellung aller hafenrelevanten Themen, konnten es uns als unabhängiger Verlag aber auch leisten, stets beide Seiten der Medaille zu beleuchten. Streitthemen wie Elbvertiefung, Universitätsumzug und Feederverkehr finden sich in den folgenden Kapiteln daher ebenso, wie der „common sense“ rund um Terminals und Logistik. Wir würden uns freuen, wenn Sie Gefallen an HAFEN 2010 finden und wir Sie künftig jedes Jahr zu unseren Lesern zählen dürfen. Es versteht sich von selbst, dass wir gegenüber Anregungen und Kritiken mehr als ein offenes Ohr bereithalten. Sagen Sie uns, was Sie bewegt oder was Sie gern bewegt haben möchten. Im Übrigen finden Sie uns auch im Internet*, wo wir nicht nur über den jährlichen HAMBURGER HAFEN EMPFANG informieren, sondern auch den Kontakt zum Jahresband HAFEN anbieten. Die Redaktion wünscht Ihnen eine informative Lektüre und ein erfolgreiches Jahr mit HAFEN 2010. ENDE *www.hamburger-hafen-empfang.de

Hafen 2010, Erscheinungstag: 4.3.2010 Hafen 2011, Erscheinungstag: 3.3.2011

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INHALT

Fotos: Eigel Wiese/Deutsche Bahn

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HAFEN 2010 Impressum Der Blick nach vorne Grußworte: Ottmar Gast, Jens Meier und Hermann Klein

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WIRTSCHAFT _________________________________

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Wirtschaftskrise Tour de Force: Hamburgs Hafen in der Krise

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Finanzkrise Die Krise der Schiffsfinanzierer

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Interview Hans-Heinrich Nöll, Verband Deutscher Reeder „Das gibt uns Hoffnung ...“

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Security Die Kosten der Bedrohung

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Piraterie Eine alte Gefahr im neuen Gewand

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Dossier: Nordrange Partner und Konkurrenten im Norden

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Neues Business im Hafen König der Löwen, Internationales Maritimes Museum u. a.

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Universität Kleiner Grasbrook vs. Rotherbaum

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04-05 Inhalt_Layout 1 17.02.10 09:44 Seite 5

POLITIK _____________________________________

TECHNIK ____________________________________

Politik und Hafenwirtschaft Misstöne zwischen Kai und Rathaus

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Ökologische Technologien Landstromanschlüsse

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Interview: Maritimer Koordinator Hans-Joachim Otto Zwischen Wirtschaft und Politik

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Effizienz Container unter einer Plane?

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Elbvertiefung Ein Streit geht in die Tiefe

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Interview Hermann Klein, Germanischer Lloyd „Effizienz besteht aus vielen Mosaiksteinen.“

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LOGISTIK ____________________________________

SkySails Frischer Wind für Frachter

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Verkehrsprojekte Hafenquerspange, Y-Trasse, Gotthard-Tunnel

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Schiffsgrößen Giganten in der Krise

Hafenbahn Mit Investitionen in die Zukunft

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Logistik im Wandel Neue Wege im Hamburger Hafen

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Schiffe in Hamburg Die schönsten Seiten der Seefahrt

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Schlepper Vom „Krieg“ zur Konkurrenz

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Wirtschaftsfaktor Kreuzfahrten Ein Geschäft mit Zukunft

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Lotsen Die Quelle des Hamburger Reichtums

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Kreuzfahrtterminal Schuften am Traumschiff

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Neuer Terminal Multipurpose in Steinwerder?

76

Glossar

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Nord-Ostsee-Kanal Eine neue Auffahrt für die Ostsee

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Feederverkehr „Kleinvieh“ in der Krise

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KREUZFAHRTEN ______________________________

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Foto: Eigel Wiese

Ein „richtiger“ Winter im Hamburger Hafen. Während Becken und Fahrrinne vor 100 Jahren monatelang nicht schiffbar waren, herrscht heute auch bei strengem Frost Dauerbetrieb.

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Foto: Michael Schwartz

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Neben dem nüchternen Business war der Hafen 2009 Schauplatz glamouröser Feste – hier die Tauffeierlichkeiten der „Mein Schiff“

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HAFEN

Hafen und Konjunktur

Ebbe und Flut Text: Tim Holzhäuser

Die Party wird nicht mehr besser“, sagte ein bekannter Reeder einem Journalisten. Das war 2005. Besagter Reeder sprach dann ungerührt über Neubauten, erläuterte mit spürbarem Spaß an der Materie Finanzierungsmodelle – und erwähnte mit keiner Silbe das Ende der Party. Obwohl es doch heißt: Wenn es am besten ist, sollte man aufhören. Fünf Jahre später ist die Party definitiv vorbei und Fragen werden laut: Wie konnte es zu einem derartigen Wettrennen mit diesen ruinösen Folgen kommen? Wer jetzt auf die Bankenkrise verweist, macht es sich zu einfach, wer menschliche Gier ergrün-

In der Krise ist vor dem Boom den will, zu schwer. Volkswirte finden für die Malaise ausnahmsweise einen klaren Begriff: „Schweinezyklus“. Der Hafen spürt die Gezeiten genauso wie die Volten der Konjunktur. In der Krise ist vor dem Boom. Wichtig ist nun das Festhalten an der langfristigen „Story“. Gerade jetzt muss die Hafenwirtschaft unternehmerische Visionen über das Tagesgeschäft stellen und Dinge auch gegen Widrigkeiten gestalten. Nicht nur Börsianer wissen: die größten Gewinne resultieren aus antizyklischem Verhalten. Sie resultieren nicht aus der Stilllegung von Containerterminals oder dem Kleinrechnen von Infrastrukturmaßnahmen Klar ist: der Hamburger Hafen sieht 2010 anders aus als 2009. Er hat sich verändert, bewegt und das bedeutet eines: er lebt. ENDE

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Foto: Fotofrizz/HafenCity Hamburg

Die HafenCity auf einem Bild aus dem September 2009. Mit dem Nobelquartier haben die hemds채rmligen Hafenbetriebe einen kritischen Nachbarn bekommen.

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STIMMEN

Der Blick nach vorne

Hafenstimmen Rückschau, Bestandsaufnahme, Ausblick: Ein Reeder, ein Techniker und ein Manager über den Hamburger Hafen 2009/2010.

weltweiten wirtschaftlichen Situation – ist der richtige Zeitpunkt, um den Hamburger Hafen für eine erfolgreiche Zukunft weiterzuentwickeln. Der neue Hafenentwicklungsplan, den die Hamburg Port Authority (HPA) zurzeit erarbeitet, entsteht unter anderen Vorzeichen als bisher und bezieht die globalen Wirtschaftstrends in die Hafenstrategie ein. Erste Erkenntnisse zeigen, dass das Ausschöpfen des Umschlagpotenzials durch aktive Ausrichtung auf Wachstumsregionen ein wichtiger Erfolgsfaktor sein wird. Ein weiterer ist die Erhöhung der Wertschöpfung durch gezielte Ansiedlung zukunftsfähiger Industrien mit Hafenaffinität. Im Fokus aller Planungen steht eine marktorientierte Vorgehensweise. Denn den Hafen der Zukunft kann die Hamburg Port Authority nur gemeinsam mit ihren Kunden und Partnern gestalten. Die Herausforderung ist, Hamburg als Industrie-, Hafen- und Schifffahrtsstandort zu stärken. Nicht zu kurz kommt dabei der Blick auf die Umwelt. Hier kann der Hamburger Hafen schon durch seine Binnenlage und die äußerst effiziente Flächennutzung punkten. Bei künftigen Ausbauprojekten werden Umwelt und Klimaschutz eine wichtige Rolle spielen. Ausgezeichnete Ideen dafür liefert das Markterkundungsverfahren für den Central Terminal Steinwerder. Auch diese werden in den Hafenentwicklungsplan einfließen und neue Akzente setzen.

Vorbereiten auf die Zeit nach der Krise und den beginnenden Aufschwung Gleichzeitig nutzen wir die Krise, um die bestehende Infrastruktur im Hafen auszubauen und zu erneuern. Ein großes Pro-

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Foto: HPA

G erade jetzt – vor dem Hintergrund der

Foto: Hamburg Süd

Tiefpunkt dieser Entwicklung erreicht war, stiegen weltweit zuerst die Transportvolumina und in Folge – allerdings sehr verhalten – auch die Preise. Dies war dadurch möglich, dass der Welthandel, beginnend in Asien, schneller als erwartet wieder Tritt fasste und dass die Reeder die effektive Kapazität durch Auflegen von Schiffen, Verschiebung von Neubauauslieferungen, aber auch durch „Slow Steaming“ so reduzier-

Jens Meier, Hamburg Port Authority jekt, das sowohl das Straßennetz als auch Bahn und Schifffahrtswege verbessert, ist der Neubau der Rethebrücke. Hier laufen die Baumaßnahmen jetzt an, an anderer Stelle, wie bei der Erneuerung aller Brücken am Veddeler Wasserkreuz oder dem weiteren Ausbau der Hafenbahninfrastruktur, geht es planmäßig voran. Wir bereiten uns jetzt auf die Zeit nach der Krise und den beginnenden Aufschwung vor. Text: Jens Meier

Die Ende 2008 weltweit eingesetzte Banken- und Finanzkrise hat kaum eine Branche so hart getroffen wie die global arbeitende Schifffahrt. Vor allem in der Containerschifffahrt sind die Mengen Anfang vergangenen Jahres in einem Maß eingebrochen, wie es sich auch unter Berücksichtigung der in der Schifffahrt immer wieder auftretenden Baisse-Szenarien niemand hat vorstellen können. In Folge dieser Mengenrückgänge fielen auch die Verkaufspreise, d.h. Frachtraten, in einem seit der Erfindung des Containers nicht gekannten Ausmaß. Dramatische Umsatzrückgänge waren für alle Reedereien die Folge. Nachdem Mitte vergangenen Jahres der

Dr. Ottmar Gast, Sprecher der Geschäftsführung der Reederei Hamburg Süd ten, dass sie wieder weitgehend im Einklang mit der verringerten Nachfrage war. Während sich für die „aktiven“, also Ladung transportierenden Reedereien das Marktumfeld gebessert zu haben scheint, ist die Lage für viele Reedereien, die Schiffe bestellt haben, um sie dann zu vermieten, weiterhin sehr schwierig. Es gibt auf längere Sicht zu viele Schiffe. Die Einnahmen fehlen, und die Finanzierung von häufig nicht benötigten Neubauten gestaltet sich außerordentlich schwierig. Dasselbe gilt für die Banken, die in der Schiffsfinanzierung stark engagiert sind, und die in der Vergangenheit bei der Kreditvergabe nicht davon ausgegangen sind, dass eine Krise dieses Ausmaßes die Schifffahrt treffen könnte. Spannt man den Bogen von der Schifffahrt mit ihren angrenzenden Dienstleistungsbereichen weiter über die Hafenbetriebe und Werften, wird deutlich, in welchem Maße Hamburg von dieser Entwicklung betroffen ist. Aber mit zupackenden Unternehmern und einem engagiert agierenden Senat wird Hamburg auch diese herausfordernde Situation meistern und gestärkt aus ihr hervorgehen. Text: Dr. Ottmar Gast


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Über die Krise der maritimen Wirtschaft

Foto: Helmut Schwalbach

wurde bereits viel gesagt und geschrieben. Nach dem ersten Schock über ausbleibende Aufträge haben Reeder, Häfen, Werften und viele Dienstleister in der maritimen Industrie reagiert und ihre Kapazitäten angepasst. Mittlerweile erholt sich der Welthandel und die Wachstumserwartungen in den wichtigsten Industrieländern werden schon leicht nach oben korrigiert.

Dr. Hermann Klein, Vorstandsmitglied Germanischer Lloyd in Hamburg

Die weltweite Erholung wird von China und Indien angeführt. Für China wird bereits ein Plus von zehn Prozent und für Indien von acht Prozent Wirtschaftswachstum vorhergesagt. Diese Entwicklung lässt Hoffnung aufkeimen. Die ersten Reedereien melden bereits bessere Ergebnisse. Die Schifffahrt bleibt das Spiegelbild der weltwirtschaftlichen Entwicklung. Insofern tragen die verbesserten ökonomischen Rahmenbedingungen zur Erholung der maritimen Branche bei. Nun gilt es, die Chancen der Krise zu nutzen und die eigene Wettbewerbsfähigkeit zu steigern. Schiffe bieten sich idealerweise an, um die Wirtschaftlichkeit des Seetransports weiter zu optimieren. Allein mit „langsam Fahren“ ist es nicht getan, um niedrigere Betriebskosten zu erzielen. Wer dem Margendruck mit Effizienzsteigerungen bei Planung, Bau und dem Betrieb seiner Schiffe begegnet, wird in der Zukunft zu den Gewinnern gehören. Die Aussichten für die Branche bleiben vielversprechend. Für Schiffe gibt es keinen

Ersatz: 90 Prozent des interkontinentalen Warenverkehrs wird über See abgewickelt. Daran wird sich auch künftig nichts ändern. Tanker, Massengutschiffe oder Containerfrachter sind nicht nur die ökologischsten, sondern auch die kostengünstigsten Transportmittel – selbst bei steigenden Kosten. Schon heute zeichnen sich Preissteigerungen bei den Energieträgern Öl und Gas ab. Nationale wie auch internationale Umweltauflagen werden den Seetransport verteuern. Grund genug, um die Energieeffizienz der Schiffe nachhaltig zu verbessern: durch optimierte Linienführung, angepasste Hauptmaschinen, ein intelligentes Energiemanagement und gut ausgebildete Crews. Die Palette der Einsparmöglichkeiten ist lang; nicht nur bei Neubauten, sondern auch bei den vielen Schiffen in Fahrt. In der Summe käme dies nicht nur der Wirtschaftlichkeit der Schifffahrtsunternehmen, sondern auch der weiter gesteigerten Umweltverträglichkeit des Seeverkehrs zugute. Text: Dr. Hermann Klein

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Foto: Michael Schwartz

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WIRTSCHAFT

Wirtschaftskrise

Tour de Force: Hamburgs Hafen in der Krise „Panikmache“ lautet das Urteil vieler Bundesbürger über die Finanz- und Wirtschaftskrise. Tatsächlich erlebte die Binnenwirtschaft keineswegs den angekündigten verheerenden Jahrhundereinbruch, sondern allenfalls einen heftigen Dämpfer. Anders in der Maritimen Wirtschaft und im Hafen. Hier schlug die Krise so gewaltig zu, wie es kaum ein Akteur erwartet hatte.

Text: Tim Holzhäuser

Frühjahr „In diesem Jahr werden wir wohl noch einen Backs mitkriegen“, sagt Wirtschaftssenator Axel Gedaschko (CDU) Anfang 2009. Der Hafen Rotterdam hat gerade einen Einbruch von über zehn Prozent beim Containerumschlag gemeldet und Beobachter sehen keinen Grund, warum Hamburg glimpflicher davonkommen sollte. Der Rückgang im Spätherbst des Rekordjahres 2008 war ein unheilvoller Vorbote. Wenige Wochen später gibt es die offiziellen Zahlen für das erste Quartal 2009. Gedaschkos „Backs“ bezieht sich auf den schwersten Rückgang in Hamburg seit Einführung des Standardcontainers 1966: Der Containerumschlag ist im Jahresvergleich um 24 Prozent gesunken, der Gesamtumschlag um 21,7 Prozent, und noch vermag kein Reeder, kein Spediteur oder Terminalbetreiber das Ende der Krise zu erkennen. Die Prognose des Instituts für Seeverkehrswirtschaft und Logistik (ISL), die für Hamburg einen Containerumschlag von 18,1 Mio. TEU im Jahr 2015 voraussagt, ist

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damit Makulatur. Um das Prognoseziel zu erreichen, wären von nun an jährliche Steigerungsraten von fast 20 Prozent nötig. Chinesische Verhältnisse also, die für Nordeuropa auch den größten Optimisten illusorisch erscheinen. Das ISL will – Volkswirte nehmen die Realität bekanntlich nur widerwillig zur Kenntnis – die Prognose noch nicht revidieren, obwohl es für den gesamten Welthandel im Jahr 2009 nur noch eine Steigerung von drei Prozent erwartet (2007 betrug das Wachstum zwölf Prozent). Die Zahl der weltweiten Auflieger wird bekanntgegeben. Wer die ca. 200 Schiffe, die am Jahresanfang stillstanden, schon nicht mehr komisch fand, kommt jetzt endgültig in der Krise an. Über 500 Schiffe mit einer Kapazität von 1,3 Mio. TEU rosten in Häfen und Buchten ohne Aufträge vor sich hin ... Sommer Die ersten Millionen aus dem Konjunkturpaket II stehen in Hamburg nun für den

Ausbau der Infrastruktur zur Verfügung: insgesamt 307 Millionen Euro, davon allein 20 Millionen für die HPA. „Wir nutzen die Krise als Chance“, sagt Wirtschaftssenator Gedaschko auf einer

„Hamburg muss startklar sein, wenn die Wirtschaft wieder anspringt!“ Baustelle der Hafenbahn. „Hamburg muss startklar sein, wenn die Wirtschaft wieder anspringt.“ Zunächst aber kommen Neuigkeiten in Sachen Backs. Das erste Halbjahr ist vollendet, der Containerumschlag im Hamburger Hafen ist nun um fast 30 Prozent gesunken.


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Trübes Wetter, trübe Aussichten. 2009 musste jede Prognose wenige Wochen später nach unten korrigiert werden. Dr. Ottmar Gast, Geschäftsführer der Hamburg Süd, räumt in einem Vortrag im Hafen-Klub Fehler der Reedereien ein. Die Überkapazitäten durch Neubauten, die teilweise über 80 Prozent einzelner Flotten ausmachten (so etwa das Verhältnis bei COSCO) seien allein mit wirtschaftlichen Fakten nicht mehr begründbar gewesen. „Wir waren zu gierig“, räumt Gast ein und schiebt nach: „Gut möglich, dass weltweit nur noch eine Handvoll Player übrigbleiben werden.“ Seine Prognose für 2009? Rückgang im weltweiten Containerverkehr von zehn bis 15 Prozent. Der Germanische Lloyd fängt an, Personal abzubauen. 120 der 6.400 Arbeitsplät-

ze sollen gestrichen werden. Betroffen sind die Zentrale in Hamburg und die maritimen Dienste. Die Zahl der Auflieger steigt weiter und knackt die 700. Die Geltinger Bucht (an der Flensburger Förde) ist zu einem veritablen Schiffsparkplatz geworden – sehr zum Ärger der Fischer. Vor lauter Frachtern kämen sie nicht mehr zum Fischen! Herbst Der Rauch lichtet sich, die Schäden werden begutachtet. Am schlimmsten hat es das Segment der Feederschiffe erwischt. Angesichts steigendender Stückkosten pro Container haben viele Reedereien die Ladung der kleinen Zubringer auf größere Schiffe

zusammengelegt oder sie in andere Häfen der Hamburg-Antwerp-Range verlagert. In Hamburg betragen die Umsatzeinbußen bei diesem Segment über 50 Prozent. Hinzu kommen Gerüchte, nach denen großen Reedereien erwägen, auch reguläre Fernost-Dienste nach Rotterdam zu verlegen. Immerhin verfügen China Shipping und COSCO an der Maas über eigene Terminals und sind in der Krise bestrebt, deren Auslastung zu sichern. Sortiert man die Minuszahlen nach Regionen, so sticht Russland hervor. Bei den Exporten wird ein Rückgang von 57 Prozent gemessen. Prominente Opfer dieser Horrorzahlen sind die HHLA und Hapag-Lloyd. Während Hafen 2010

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Foto: Kühne + Nagel

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WIRTSCHAFT

Der Hafen von Yantian. Das Frachtgeschäft mit den asiatischen Häfen ging in Hamburg um 24,3 Prozent zurück.

man bei der HHLA über Kurzarbeit und Gewinneinbrüche spricht, kämpft HapagLloyd ums Überleben. Die Eigentümer hoffen auf eine milliardenschwere Kreditbürgschaft des Bundes. In den Reihen der Auflieger tut sich etwas. Einige Schiffe lichten die Anker. Winter HPA-Chef Meier kann die Vorwürfe nicht mehr hören: der Hamburger Hafen ist laut HPA nicht zu teuer. Meier plant eine Umgestaltung von Abgaben, Gebühren, Preisen, Zuschlägen, Rabatten ... Der Hamburger Hafen soll von den Kosten her leichter mit der Konkurrenz vergleichbar werden. Tatsächlich schwanken Schlepperkosten, Hafengeld und die Preise an den Terminals zwischen den Häfen der Hamburg-AntwerpRange erheblich. Mit derlei Feinheiten mag sich im Hamburger Hafen jedoch kaum jemand beschäftigten, denn im November wird aus einem Gerücht bittere Wahrheit: China Shipping zieht alle Feederdienste aus Ham-

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burg ab und verlagert sie nach Rotterdam. Der niederländische Hafen, der beim Containerumschlag 2008 nur knapp vor Hamburg lag, ist mittlerweile wieder etliche Längen voraus. Hans Smits, Chef der Port of Rotterdam Authority, verkneift sich Schadenfreude und stellt gegenüber dem „Hamburger Abendblatt“ fest: „Der Hamburger Hafen hat Pech gehabt. Es liegt sicher daran, dass die einzelnen Segmente in beiden Häfen unterschiedlich ausgeprägt sind. Die Hälfte unseres Güterumschlags waren so genannte flüssige Massengüter, vor allem Rohöl und Mineralölprodukte.“ Der Container verliert daraufhin in Hamburg stark an Prestige. Der reine Containerterminal, der bisher für den Mittleren Freihafen angedacht war, ist nun eine Option unter vielen. Der Exodus setzt sich im Dezember fort. Der IKEA-Zulieferer Amiko verlässt den Hamburger Hafen ebenso wie der Zulieferer für Lidl. Hinzu kommen als Hiobsbotschaften die Zahlen für das dritte Quartal.

Die Gesamtverluste für die ersten neun Monate des Jahres 2009 belaufen sich demnach auf 22,9 Prozent und beim Containerumschlag auf 29,3 Prozent. Das Ergebnis sähe noch schlimmer aus, wäre da nicht der Massengutumschlag, der mit nur Minus 11,5 Prozent besser weggekommen ist. Dennoch: Der Hamburger Hafen ist weit zurückgefallen, nach Berechnungen des „Hafenreports“ etwa auf das Niveau des Jahres 2004.

Hans Smits, Chef der Port of Rotterdam Authority


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Containerumschlag der Hamburg-Antwerp-Range. Gut zu erkennen ist der R端ckgang in Hamburg bereits ab 2008.

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8.250.000

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Antwerpen 2.750.000 Bremen/Bremerhafen Hamburg Rotterdam

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Foto: Michael Schwartz

Foto: HHLA

2006

Bei Massengut und Projektladung waren die Einbr端che wesentlich weniger schwer als bei den Containern. Im Bild Verladung eines Airbus-Teils am CT Tollerort.

Jetzt erst recht! Ingo Zemelka, Inhaber von TCO Transcargo, sticht auf dem betriebseigenen Oktoberfest das Fass an. Hafen 2010

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WIRTSCHAFT

Konzernchef Klaus-Michael Kühne (Kühne + Nagel) galt 2009 als Retter des Konsortiums, das die Reederei Hapag-Lloyd vor der Pleite bewahren sollte. Mitte des Jahres wurde der Unternehmer jedoch zum unbequemen Gesellschafter. Der Sparkurs ging Kühne nicht weit genug. Dennoch stellte er noch im Januar 2010 ein weiteres Engagement in Aussicht:

„Wenn alle an einem Strang ziehen.“

Unterdessen haben sich HPA, Wirtschaftsbehörde, Handelskammer und Deutsche Bahn zusammengerauft und Preissenkungen für den Hamburger Hafen beschlossen, verbunden mit einem Anreizsystem. Feederfirmen reicht das nicht. Zwar zahlen Feederschiffe 2010 nur noch knapp die Hälfte Hafengeld pro Container, die Lotsengebühren bleiben jedoch hoch und auch vom Nord-Ostsee-Kanal kommt „kein Signal“. Kommentar der Realwirtschaft: COSCO zieht alle Feederdienste aus Hamburg ab und verlegt sie nach Rotterdam. Die Zahl der Auflieger pendelt sich bei 550 Schiffen ein.

Foto: Kühne + Nagel

Frühjahr 2010 Die Hafenbetriebe veröffentlichen ihre Zahlen; nun wird das gesamte Ausmaß der Krise deutlich. Doch das Positive zuerst: Die beiden größten Umschlagbetriebe Hamburgs, HHLA und Eurogate, machen trotz Krise Gewinn. Im Fall der HHLA sank der Containerumschlag um 32,9 Prozent auf 4,9 Mio. TEU, der Umsatz um rund 26 Prozent. Als Basis gilt hier jedoch das Rekordjahr 2008 und das heißt: trotz halbiertem Gewinn fährt das Unternehmen immer noch 164 Mio. Euro ein. Auch Eurogate meldet für 2009 schwarze Zahlen. Der Containerumschlag brach in den Terminals im In- und Ausland insgesamt um 12,3 Prozent auf 12,45 Mio. TEU ein, das Ergebnis ist nach den fetten Jahren bis 2008 jedoch weiterhin positiv.

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Seegüterumschlag im Hamburger Hafen in der langfristigen Betrachtung

Millionen Tonnen

160 140 120 100 80 60 40 20 0

An der Fieberkurve des ShipInx Eur lässt sich die Krise der Schifffahrt gut ablesen. Der Index enthält 30 Aktien von Unternehmen aus der maritimen Wirtschaft, die einen Umsatz von über 800 Mio. US-Dollar aufweisen. Offensichtlich ist das Tal durchschritten.

650 600 550 500 450 400 350 300 250 200 150 100 50 0

Juli 2007

Januar 2008

Den Schlussstrich unter das Jahr 2009 zieht der Hamburger Hafen am 4. Februar 2010 mit einer Pressekonferenz. Insgesamt hat der Hafen 2009 rund 30 Mio. Tonnen Ladung verloren. Das sind 21,4 Prozent weniger als im Vorjahr. Bei

Juli 2008

Januar 2009

den Containern betrug der Rückgang jedoch 28 Prozent, was der schlechteste Wert in ganz Nordeuropa ist. Insgesamt fertigten die Terminals nur noch 7 Mio. TEU ab. „Kein Hafen an der Nordseeküste hat annähernd so gelitten wie Hamburg“, sagt

Juli 2009

Januar 2010

Claudia Roller von Hamburg Hafen Marketing, gibt sich für die Zukunft jedoch verhalten positiv. Ebenso Wirtschaftssenator Gedaschko: „Die Talsohle ist durschritten.“ ENDE

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Fotos: Eigel Wiese

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WIRTSCHAFT

Finanzkrise

Stille Branche in Aufruhr Auch die Schiffsbanken sind von der Finanz- und Wirtschaftskrise hart getroffen worden. Nach zahlreichen Hiobsbotschaften und Insolvenzen überwiegt nun jedoch wieder vorsichtiger Optimismus.

Text: Eigel Wiese

A ls Finanzplatz für Schifffahrt ist Hamburg die allererste Adresse. Und zwar weltweit. Daran hat auch die jüngste Branchenkrise nichts geändert, die sowohl Banken als auch Reedereien betrifft. Sie haben zwar allesamt Verluste hinnehmen müssen, aber das ist kein Hamburger Phänomen, das trifft auch andere Banken und Reedereistandorte weltweit. So liegt Hamburg weiter in der Spitzenposition, wenn auch auf niedrigerem Niveau als bisher. Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache. Während der zurückliegenden Jahre hatten Anleger pro Jahr zwischen zwei und drei Milliarden Euro in Neubauten investiert. Bis zum Jahr 2009. Da ging diese Summe auf etwa 800 Millionen Euro zurück und im laufenden Jahr rechnen Experten mit einem weiteren Rückgang. Wegen der weltweiten Wirtschaftskrise wurden

Die Frachtraten sinken, die Treibstoffpreise steigen Herrmann Ebel, Hansa Treuhand: „Keine Alternative zum Schiffstransport.“

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weniger Schiffskapazitäten, insbesondere zwischen Europa und Asien sowie den USA benötigt. Das ließ die Frachtraten sinken, während Treibstoffpreise stiegen und die Personalkosten blieben. Folglich machten Reedereien keine Gewinne mehr und konnten damit auch keine an die Anleger aus-

schütten. Die HSH Nordbank in Hamburg, der größte Schiffsfinanzierer der Welt, verlor in diesem Markt allein im ersten Halbjahr des Jahres 2009 rund 371 Millionen Euro. Man sprach in der Wirtschaft von einem der schon so oft beobachteten Zyklen, von Reedern, die in Boomzeiten große Zahlen von Schiffen orderten, Anlegern, die ihr Geld besonders gern in Fonds einzahlten, wenn das Wort Schiff auf dem Titel stand, denn diese versprachen hohe Gewinne. Jahrelang konnten diese Versprechen auch gehalten werden. Bis ein Überangebot an Schiffstonnage und geringere Transportnachfrage auf dem Weltmarkt zusammentrafen und damit die Frachtraten schrumpften. Reeder hatten Probleme, ihre Schiffe überhaupt noch so zu beschäftigen, dass ihre Unternehmen Zins und Tilgung der laufenden Kredite bedienen konnten. Wer konnte, stornierte Neubauaufträge, was wiederum auf die Werften zurückschlug. In dieser Situation verschrotteten etliche Reeder ihre älteren und unrentablen Schif-


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Peter Tamm (jr.), vorne: „Neue Fahrtgebiete im Indischen Ozean ...“

fe, nach Angaben der Reederei Peter Döhle wurde damit innerhalb eines Jahres eine Ladekapazität von 400.000 Tonnen aus dem Markt genommen. Er stellte diese Zahl im November 2009 auf dem Hansa Forum vor, dem größten deutschen Treffen von Fachleuten rund um die Schiffsfinanzierungen, an dem mehr als 850 Menschen teilnahmen. Es wurde bereits zum 13. Mal von der Fachzeitschrift „Hansa“ veranstaltet. Das renommierte Journal hatte im Oktober anonym eine Umfrage in der Schifffahrtsbranche erhoben und kam zu dem Resultat, dass zu jenem Zeitpunkt 13 als Kommanditgesellschaft gegründete Schiffsgesellschaften Insolvenz angemeldet hatten. 182 Fondsschiffe seien demnach als Sanierungsfälle einzustufen, nur knapp ein Drittel der Fondsgesellschaften hätte im Oktober 2009 Auszahlungen geleistet. Bei einem Gedankenaustausch mit Schifffahrtsjournalisten Mitte November 2008 blickten Wirtschaftsfachleute, Reeder und Wirtschaftswissenschaftler trotz allem vorsichtig optimistisch in die Zukunft. Be-

teiligt waren Prof. Dr. Burkhard Lemper vom Institut für Seeverkehrswirtschaft und Logistik in Bremen, der Hamburger Schiffsmakler Peter Tamm (jr.), Steffen Elchlepp von der Elsflether Reederei Martime und Dirk Schildwächter von Emissionshaus GEBAB. Einig waren sich alle Beteiligten darin, dass diese Krise nicht das Ende der Globalisierung sein wird. Peter Tamm: „Die Globalisierung ist nicht zu stoppen, auch wenn sie sich abschwächt. Die Weltbevölkerung steigt weiter und wird auch weiter konsumieren. Und viele Produktionen lassen sich nicht wieder nach Europa zurückholen.“ Neue Fahrtgebiete für Reedereien sieht er im Indischen Ozean und südlichen Mittelmeer. Dort werden Häfen für den Containerverkehr ausgebaut. Für den Hamburger Hafen bedeutet die derzeitige Situation nach der Einschätzung von Prof. Dr. Lemper voraussichtlich kein Wachstum im kommenden Jahr: „Aber das ist auch eine willkommene Verschnaufpause für den notwendigen Ausbau von Hafen und Infrastruktur.“

Und Dirk Schildwächter fügte hinzu: „In einer Phase wie dieser wollen wir keinen Zweckoptimismus verbreiten, sondern Chancen aufzeigen, die auch ein Abschwung in sich birgt. Die Schifffahrt ist nicht nur von der deutschen Wirtschaft abhängig, sondern auch von der internationalen. Und im asiatischen Raum gibt es Länder mit einem Wachstum von sechs bis acht Prozent.“ Mittlerweile, gut eineinviertel Jahr später, sieht sich die damalige Runde in ihrer Einschätzung bestätigt. Peter Tamm: „Wir merken derzeit deutlich, dass die Volumina ansteigen. Die Frachtraten steigen, es sind wieder mehr große Containerschiffe in Fahrt, für die wiederum Feederschiffe benötigt werden, um die Ladung zu verteilen.“ Auch Hermann Ebel, Begründer der Hansa Treuhand Gruppe in Hamburg, sieht bereits Anzeichen für eine Erholung des Marktes: „Die großen Schiffe sind am stärksten gefragt, was logisch ist. Wenn man derzeit ein Schiff mit 1.700 TEU für 4.300 Dollar am Tag chartern kann und ein Schiff mit 4.300 TEU für nur 1.000 Dollar mehr, dann nimmt eine Containerlinie gern das größere Schiff. Auch der Bunkermehrverbrauch des größeren Schiffes ist sehr überschaubar, da ohnehin nur noch mit reduzierter Geschwindigkeit gefahren wird. Weil die Unterschiede zwischen den Charterraten nur gering sind, wurden in den zurückliegenden Wochen viele Schiffe der Panamaxgröße und darüber hinaus eingechartert; es gibt in dieser Größenklasse praktisch keine freien Schiffe mehr im Chartermarkt.“ Auch Hermann Ebel sieht langfristig die Globalisierung als Treibkraft für die Schifffahrt: „Zwischen den Kontinenten gibt es viel Wasser und daher keine Alternative zum Schiffstransport. Persönlich glaube ich, dass wir im dritten, vierten Quartal dieses Jahres wieder ein Ratenniveau sehen werden, das Betriebskosten plus Zinsen decken wird.“ ENDE Hafen 2010

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INTERVIEW

Interview

„Das gibt uns Hoffnung ...“ 2009 war es aus mit der vornehmen Zurückhaltung, die für Reeder beinahe sprichwörtlich ist. Auf dem vorläufigen Höhepunkt der Wirtschaftskrise trat der Verband Deutscher Reeder (VDR) ungewohnt deutlich an die Politik heran und forderte Unterstützung in der Krise. Eine gereizte Tonlage zeigt die Dramatik zwischen einbrechenden Frachtraten und Tonnageüberhang. Ein Gespräch mit Hans-Heinrich Nöll, Hauptgeschäftsführer des VDR, über die Wirtschaft, Umweltschutz und staatliche Interventionen.

Interview: Tim Holzhäuser

Herr Dr. Nöll, welcher Tag des Jahres 2009 ist Ihnen besonders im Gedächtnis geblieben und warum? Der Tag, an dem die Mannschaft der „Hansa Stavanger“ nach vielen Wochen der Geiselhaft freigelassen wurde. Ich glaube, alle Menschen in Deutschland waren damals sehr erleichtert, dass die ganze Crew unversehrt freikam. Zugleich zeigte der Tag aber auch, dass zum Schutz der Seefahrer noch mehr getan werden muss. Nicht nur Piraten haben 2009 für Aufregung gesorgt. Über den weiteren Verlauf der Weltwirtschaft gibt es eine Vielzahl von Prognosen. Von welchen Rahmendaten geht der VDR für 2010 aus? Die Schifffahrt hat eine abgeleitete Nachfrage. Daher ist im Kern für uns die Entwicklung der Weltwirtschaft und dann unmittelbar die Entwicklung des Welthandels entscheidend. Wir gehen davon aus, dass sich die ersten Parameter bereits in diesem Jahr verbessern könnten. Wir haben erste An-

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Hafen 2010

zeichen, dass sich in diesem Jahr die Frachtraten für Containerschiffe bereits wieder festigen. Das gibt uns Hoffnung, dass dann auch die Charterraten wieder anziehen werden. Einzelne Reedereien wie die Hamburg Süd wollen die Frachtraten quasi nach oben „zwingen“, indem sie einzelne Aufträge nicht mehr annehmen. Wie kann so etwas in einer globalisierten Wirtschaft funktionieren? Hamburg Süd gehört zu den Reedereien, die sich durch erstklassige Servicequalität in ihrem Produkt von anderen unterscheiden. So weit ich das sehe, kann dieser Service-Level aber eben nicht zu jedem Preis geboten werden. Dadurch werden nicht die Frachtraten nach oben „gezwungen“, sondern die Kunden müssen sich für ein differenziertes Produkt entscheiden. Transport ist eben nicht gleich Transport. Es gibt deutliche Unterschiede in Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit und in der ökologisch optimalen Abwicklung.

Wie lange halten die etablierten Reedereien einen defizitären Betrieb überhaupt durch? Erleben wir ein Firmensterben,

Unterschiede bei Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit und Ökologie wenn das Jahr 2010 nicht wesentlich besser verläuft als 2009? Das große Firmensterben ist bereits für die zweite Jahreshälfte 2009 vorhergesagt worden. Ich glaube, man sollte sich im Moment mit Prognosen etwas zurückhalten. Die Reedereien haben so gut gewirtschaftet, dass sie es bisher durch sehr, sehr schwere Monate geschafft haben. Das sollte uns einige Zuversicht geben. Was war aus Ihrer Sicht die Ursache der aktuellen Krise der Schifffahrt? Allein die Bankenkrise oder gab es auch brancheninterne Gründe? Ich denke da an Überkapazitäten, den ruinösen Wettbewerb auf vielen Strecken ...


Fotos: VDR

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Dr. Hans-Heinrich Nöll, bis Februar 2010 Hauptgeschäftsführer des Verbands Deutscher Reeder, seitdem Berater

Sitz des Verbands Deutscher Reeder an der Esplanade

Verband Deutscher Reeder

Wir haben keine strukturelle Krise der Schifffahrt. Der harte Wettbewerb auf allen Strecken gehört bei uns zum Geschäft und ist ja auch gut. Besonders gelitten haben wir, weil eine Finanz- und eine Wirtschaftskrise zugleich kamen. Niemand hatte mit

Wie lassen sich dramatische Kapazitätsüberhänge zukünftig vermeiden? solch einer tiefgreifenden Krise gerechnet. Da Schiffsinvestitionen auf viele Jahre im Voraus geplant sind, dauert es auch entsprechend lange, bis sich Bedarf und Kapazitäten wieder angepasst haben. Gibt es bei deutschen Reedern Überlegungen, wie man so dramatische Kapazitätsüberhänge in Zukunft vermeiden könnte? Die Überlegungen stellt natürlich jede Ree-

derei für sich an. Die Lösungen sind auch entsprechend individuell: Größere Reedereien können sich auf mehrere Schiffstypen diversifizieren, um das Risiko eines Marktabschwungs zu streuen, andere setzen auf die beste Expertise in einem Segment. Sicherlich wird es aber ein Merkmal der deutschen Handelsflotte bleiben, dass sie aus besonders modernen und besonders umweltfreundlichen Schiffen besteht. Das hat den deutschen Reedern auch in der Vergangenheit einen Vorteil beschert. Moderne Schiffe kosten viel Geld. Reedereien beklagten 2009 die erschwerte Kapitalbeschaffung. Warum sind liquide Kapitalquellen auch angesichts der Kapazitätsüberhänge wichtig? Schiffe werden rund drei Jahre vor der Ablieferung bestellt. Finanziert werden sie aber erst gegen Ende der Bauzeit. Jetzt

Der VDR vertritt die deutschen Reedereien auf der Ebene des Bundes und der Länder, sowie gegenüber europäischen und internationalen Instanzen. Im November 2008 löste Michael Behrendt (Hapag-Lloyd) den langjährigen Vorsitzenden Frank Leonhardt (Leonhardt & Blumberg) ab. Neben den angesprochenen Zielen des VDR forderte Behrendt von der Bundesregierung ein deutlicheres Vorgehen gegen somalische Piraten. Die Operation „Atalanta“ (vgl. S. 30) müsste forciert werden. Hinzu kam die Anregung zu vereinzelten Eskorten für Handelsschiffe.

müssen die Schiffe, die noch zu optimistischeren Zeiten bestellt wurden, finanziert werden. Das ist nicht immer einfach. Ende 2009 wurde der Ruf nach Staatshilfen laut. Warum sollte der Staat in einem privatwirtschaftlichen Sektor wie der Schifffahrt stützend eingreifen? Mit dem Begriff sollte man ganz vorsichtig Hafen 2010

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Fotos: Eigel Wiese

INTERVIEW

auf Reduktionsziele für die Schifffahrt geeinigt. 20 Prozent der CO2-Emissionen sollen eingespart werden bis 2020, gemessen am Jahr 2005. Der VDR kritisiert das als „überzogen“. Tatsächlich sind es ab heute aber nur zwei Prozent im Jahr. Gibt es da wirklich keine Möglichkeiten?

Die von der EU verlangte Reduktion ist technisch nicht machbar

Lagebericht: Die Überfälle durch Piraten nahmen 2009 deutlich zu

Es geht nicht um Geldgeschenke, sondern um Maßnahmen zur Überbrückung der Krise Vielfach wurde kritisiert, dass die Schifffahrt zwar staatliche Hilfe in Anspruch nehmen will, der VDR aber nicht genau sagen konnte, welche. Was ist da schiefgelaufen? Wir haben immer wieder sehr präzise erläutert, dass es uns um die Anwendbarkeit des Krisenbewältigungsinstrumentariums in der Schifffahrt geht. Vielleicht war das manch einem zu kompliziert. Noch einmal: Wir wollen keine „Staatshilfen“ als Unterstützungszahlung. Die mittelständischen Reedereien sollen von ihren Hausbanken wieder Betriebsmittel-

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kredite oder Neubaukredite bekommen. Dazu müssen die normalen Hausbanken ermutigt werden. Nur darum geht es uns. Druck kommt immer stärker auch von Richtlinien zum Klimaschutz. Im Oktober 2009 haben sich die EU-Umweltminister Foto: Michael Schwartz

umgehen. Es geht ja nicht um Geldgeschenke, sondern um allgemeine Maßnahmen zur Überbrückung der Krise für Unternehmen, die unverschuldet in Schwierigkeiten geraten sind. Es geht um Bürgschaften und die Absicherung von Schiffskrediten. Wenn man so will, sollen die Banken unterstützt werden und nur indirekt die Reedereien.

Wir unterstützen die Reduktion der CO2Emissionen tatkräftig und sind intensiv an den Diskussionen beteiligt. Es war enttäuschend, dass es dazu in Kopenhagen für die Schifffahrt keine konkreten Fortschritte gegeben hat. Wichtig ist vor allem, dass alle Regelungen weltweit gelten. Eine europäische Sonderregelung ist für die weltweite Schifffahrt kontraproduktiv. Und weil Sie die EU-Ziele ansprechen:

Ein trüber Morgen am CTA Altenwerder. Die Wirtschaftskrise ist im Hafen ohne weiteres sichtbar.


Foto: Michael Schwartz

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Die Ziele sind technisch überhaupt nicht erreichbar, weil sich die 20 Prozent-Reduktion auf 1990 bezieht, als die Handelsflotte erheblich kleiner war. Tatsächlich verlangt die EU eine Reduktion von ungefähr 70 bis 80 Prozent. Das ist technisch überhaupt nicht machbar. Über sinnvolle Ziele, die auch erreichbar sind, reden wir dagegen mit der IMO, der Weltorganisation der Schifffahrt. Ich glaube, es wird da noch dieses Jahr sehr konkrete Ergebnisse geben. Der VDR präferiert zur Emissionsreduktion den Internationalen Klimaschutzfonds. Wie beurteilen Sie nach dem Fiasko von Kopenhagen derzeit die Chance der Umsetzung? Wie ist hier der Zeitplan? Wir favorisieren den Klimaschutzfonds gegenüber einem Emissionshandel, weil es da eine doppelte Dividende gibt. Zunächst zahlen alle Reedereien weltweit eine Abgabe auf den Treibstoff. Das ist ein großer Anreiz, so sparsam wie möglich zu fahren. Das Geld wird dann in Umweltprojekte gesteckt, die helfen, CO2-Emissionen in Ländern mit geringeren Reduktionsverpflichtungen zu vermindern. Nach ersten Schätzungen käme allein aus der Seeschifffahrt ein zweistelliger Milliardenbetrag jedes Jahr im Klimaschutzfonds zusammen. Damit kann man eine spürbare Veränderung erreichen. Beim Emissionshandel landen die Einnahmen mindestens zunächst in nationalen Staatshaushalten. Das Klima und die Umwelt haben davon keinen Nutzen. Wir vertreten einen konsequenten internationalen Ansatz. Nur das wird der Globalität des Problems gerecht. Geben Sie zum Schluss bitte einen Ausblick. Welche Themen werden den VDR 2010 aller Voraussicht nach besonders beschäftigen? Intensiv werden wir uns in diesem Jahr weiter mit den Folgen der Wirtschafts- und Finanzkrise auseinandersetzen. Daneben

Seeschiffe geraten immer mehr in den Blick von Klimaschützern. Frachter wie die „Santos“ verfeuern Schweröl mit einer Qualität knapp über Straßenasphalt. werden wir daran arbeiten, trotz des Ergebnisses der Kopenhagen-Konferenz eine Lösung für den Klimaschutz zu finden. Für den VDR hat dazu auch die Ausbil-

Trotz der Krise braucht die Schifffahrt qualifizierte und motivierte junge Menschen dung einen sehr hohen Stellenwert. Trotz der Krise brauchen wir unverändert qualifizierte und motivierte junge Menschen, die in die Seeschifffahrt gehen. Die Globalisierung wird ja weiter gehen, die bestellten Schiffe müssen alle besetzt werden. Die Aussichten junger Menschen auf eine Karriere in der Schifffahrt sind noch immer hervorragend.

Welches Szenario werden wir aus Sicht des VDR 2010 sehen, was die wirtschaftliche Entwicklung im Hamburger Hafen anbelangt? Zunächst sind die deutschen Reeder natürlich neutral, wenn es um die Häfen geht. Gleichwohl haben wir ein Interesse daran, dass alle deutschen Häfen stark aufgestellt sind, weil das wiederum das maritime Cluster stärkt. In Hamburg müssen wir aus Kundensicht noch deutliche Schritte von allen Beteiligten sehen, damit sich die Reedereien wieder entscheiden, nach Hamburg zu kommen. Die internationale Konkurrenz in Holland und Belgien hat hier etwas flexibler auf die Krise reagiert. Herr Dr. Nöll, vielen Dank für das Gespräch. ENDE Hafen 2010

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WIRTSCHAFT

Security

Die Kosten der Bedrohung Die Zeit offener Kaianlagen und Terminals ist vorbei. Seit den Anschlägen des 11. September zwingen internationale Vorschriften die Hafenfirmen zum Umdenken. Schiffe sind seither gesichert wie Hochsicherheitstrakte. Die „Nebenwirkungen“ sind hohe Investitionen und noch mehr Bürokratie. Text: Eigel Wiese

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Der Hafen ist eine eigene Welt. Eine Welt, die immer weniger zugänglich ist. Zuerst hatten sich die großen Containerterminals abgeschottet. Aus Sicherheitsgründen, denn es ist lebensgefährlich, dort herumzulaufen, wo schnell fahrende Van-Carrier ihre Containerlasten von Schiffen zu Lagerplätzen bringen oder umgekehrt. Andere Hafenanlagen waren immer noch weitgehend frei zugänglich, oft konnte man direkt bis an die Schiffe herangehen, beim Umschlag zuschauen oder mit der Besatzung reden. Doch damit war es spätestens im Jahr 2004 vorbei. Die Terroranschläge vom 11. September 2001 hatten lange Nachwirkungen. Eine war das Bemühen, mehr Sicherheit auf allen Transport-


Foto: Eigel Wiese

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Die Zoll- und Küstenwache im Einsatz im Hamburger Hafen wegen zu erreichen. Das betraf auch die Schifffahrt. Unter der Federführung der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation (IMO) wurde der International Ship and Port Facility Security Code (ISPS-Code) geschaffen, der ein umfangreiches Paket von Maßnahmen zur Gefahrenabwehr bei Schiffen und Häfen bindend vorschreibt. Seit dieser Code in Kraft getreten ist, müssen nahezu alle Schiffe, die einen Hafen anlaufen, zuvor bis ins Detail übermitteln, welche Ladung sie an Bord haben. Die Behörden der Häfen haben seither umfassende Kontrollrechte. Für die praktische Umsetzung mussten Behörden benannt werden, in Hamburg war es die Wasserschutzpolizei, die einen

Bereich aufbaute, dem neben Polizeibeamten auch Mitarbeiter der Hamburg Port Authority (HPA) angehören. In Bremen und Niedersachen sind die Zuständigkeiten anders geregelt. Aber auch die Reedereien

Auch die Reedereien müssen ihren Teil beitragen und Verantwortliche für Security benennen mussten ihren Teil dazu beitragen und innerhalb der Unternehmen Verantwortliche benennen, die den Titel Company Security Officer (CSO) tragen. Und auf jedem Schiff ist ein Ship Security Officer (SSO) zu benennen. Für beide Verantwortungsberei-

che mussten die Mitarbeiter entsprechend ausgebildet und geprüft werden. Auf die Beamten der Hamburger Wasserschutzpolizei kam mit der Neuregelung eine Menge Arbeit zu. Sie mussten die Betreiber von mehr als 70 Umschlaganlagen anschreiben, sie über die neuen Regelungen informieren und sich selbst einen Eindruck von den entsprechenden Anlagen verschaffen, um die Sicherheitsrisiken des Hafenbereiches abzuschätzen. Danach wurde ein Gefahrenabwehrplan erstellt, der festlegt, welche Sicherheitsmaßnahmen ein Unternehmen zu treffen hat. Bei Wirtschaftsunternehmen und in der Schifffahrt trafen die ISPS-Regelungen nicht nur auf Zustimmung. Von zusätzHafen 2010

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WIRTSCHAFT

Boote der Küstenwache sichern den Raum vor der „Queen Mary 2“

licher Bürokratie war die Rede, von Erschwernissen in der täglichen Arbeit und von zusätzlichen Kosten. Schon im August 2004 beschloss der Vorstand des Zentralverbandes der deutschen Seehafenbetriebe (ZDS), diejenigen Kosten, die aus der Umsetzung des Codes resultieren, an die Kunden weiterzugeben. Der Vorstand des Verbandes rechnete seinerzeit mit Summen für die Umsetzung der Vorschriften von mehr als 50 Millionen Euro pro Jahr in allen deutschen Seehäfen zusammengenommen. Diese zusätzlichen Kosten könnten nicht von den Umschlagbetrieben allein getragen werden, sondern müssten über einen Zuschlag an die Kundschaft weitergegeben werden. Außerdem rechnete der Verband mit der gleichen Summe als jährliche Folgekosten, eine Einschätzung, die sich mittlerweile als realistisch erwiesen hat. Für die Beamten der Hamburger Wasserschutzpolizei war die Arbeit mit der Aufstellung eines Gefahrenabwehrplanes nicht beendet. Die Umsetzung muss auch weiterhin ständig überprüft werden. So haben

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Hafen 2010

die Sicherheitsbeauftragten von Unternehmen jedes Mal zu melden, wenn es bauliche Veränderungen mit Auswirkung auf die Sicherungseinrichtungen gab oder Beamte der Wasserschutzpolizei kontrollieren während ihrer Streifenfahrten, ob die Anlagen noch dem geforderten Schutz entsprechen. Beispielsweise, ob Sicherheitseinrichtungen von rangierenden Lastwagen beschädigt wurden. Ziel des ISPS-Codes ist die Sicherung der Seeschifffahrt gegen terroristische Angriffe. Auch die Überwachung der Schiffe auf See wird immer lückenloser. Schiffe mit einer Bruttoraumzahl von mehr als 300 müssen mittlerweile einen Sender an Bord haben, der alle vier Stunden automatisch die Schiffsposition per Satellitenübertragung an eine Zentrale übermittelt. Das soll für zusätzliche Sicherheit in Seenotfällen sorgen, aber auch helfen, wenn ein Schiff beispielsweise von Piraten gekapert wurde. Damit diese Daten nicht, wie beispielsweise beim Automatischen Identifizierungssystem AIS, von Jedermann dazu genutzt werden können, Schiffe zielgenau

aufzuspüren, haben auf die Daten dieses Long Range Identification and Tracking System (LRIT) nur Staaten Zugriff bis zu rund 1.000 Seemeilen vor ihren Küsten.

Nur den Flaggenstaaten stehen die Daten der bei ihnen registrierten Schiffen zur Verfügung Nur den jeweiligen Flaggenstaaten stehen weltweit die Daten der bei ihnen registrierten Schiffe zur Verfügung. Nach dem Inkrafttreten der ISPS-Regeln steht während der Hafenliegezeiten an der Gangway eines jeden Schiffes ein Crewmitglied als Wachtposten und kontrolliert die Papiere von jedem, der an Bord will. Besucherscheine müssen ausgefüllt und bei Verlassen des Schiffes wieder abgegeben werden. Solche strikten Kontrollen gelten auch auf Kreuzfahrtschiffen. Dort werden mittlerweile nicht nur die Reisetickets kontrolliert, sondern auch Reisepässe oder Personalausweise. Außerdem hat sich jeder


Fotos: Eigel Wiese

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Harald Burmester: „Das Einfrieden der Kaianlagen ist für uns ein Vorteil.“

Passagier einer persönlichen Kontrolle zu unterziehen, wie an einem Flughafen. Zusätzlich wird jeder Koffer durchleuchtet, bevor er an Bord gebracht wird. Dann fertigt ein Besatzungsmitglied des Schiffes ein Foto des Passagiers an, das auf der Bordkarte gespeichert ist. Dieses Bild kann nur mit einem Lesegerät sichtbar gemacht werden und ermöglicht es der Besatzung zu überprüfen, ob dort jemand versucht, sich mit einer fremden Karte Zugang zum Schiff zu verschaffen.

Die strikten Zugangskontrollen haben für die Hafenbehörden einen positiven Nebeneffekt. Die Zahl der Einschleicher, wie die so genannten „blinden Passagiere“ im Behördendeutsch heißen, hat sich drastisch verringert, weil es kaum noch Möglichkeiten gibt, unbemerkt an Bord zu kommen. Auch für die Hafenunternehmen haben die neuen Regelungen positive Nebeneffekte, wie Harald Burmeister es darstellt, der beim Hamburger Unternehmen Unikai für die Sicherheit zuständig ist: „Ein Vorteil der neuen Regelungen war für uns zunächst das Einfrieden der Kaianlagen. Das gestaltete sich zwar zunächst als einschneidende Maßnahme, dient aber auch der Betriebssicherheit. Früher mussten wir

darauf achten, dass uns keine Passanten vor die Gabelstapler laufen. Heute kommen sie dort gar nicht mehr hin. Es ist für uns an der Pier übersichtlicher geworden. Außerdem ist das auch ein guter Diebstahlsschutz. Wir hätten uns sicherlich auch ohne die ISPS-Regeln irgendwann Gedanken um eine zusätzliche Sicherung machen müssen.“ Für die Umschlagunternehmen bedeuteten die geforderten Sicherheitsmaßnahmen zusätzliche Investitionen. Harald Burmeister: „Wir bei Unikai waren eigentlich schon immer recht gut abgesichert. Um das aber auf den Stand der ISPS-Regeln zu bringen, waren zusätzliche Ausgaben in Höhe von etwa einer Million Euro notwendig …“ ENDE

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WIRTSCHAFT

Die „Hansa Stavanger“, nach Ende der Geiselnahme, von Schiffen der Bundesmarine eskortiert

Piraterie

Eine alte Gefahr in neuem Gewand Das Thema Piraterie war in den Gedanken der meisten deutschen Reeder im Jahr 1401 erledigt, als die Hamburger Klaus Störtebeker auf dem Grasbrook hingerichtet hatten. Auch die Piraten der Karibik des 16. bis 18. Jahrhunderts schienen keine Nachfolger zu haben und wenn, dann waren sie entweder nicht von großer Bedeutung oder man sprach lieber nicht über sie. Schifffahrtsunternehmen haben das Problem gern heruntergespielt. Denn Überfälle zu melden, bedeutete Zeit- und Imageverlust. Tatsächlich aber war dieses Übel der Seefahrt zu keiner Zeit völlig ausgerottet. Es gibt Regionen der Welt, in denen die Angst schon immer mitfuhr.

Foto: Deutsche Marine

Text: Eigel Wiese

Gefahr gebannt: Deutsche Marinesoldaten stellen somalische Piraten

Die Öffentlichkeit nahm die zunehmende Piraterie am Horn von Afrika zunächst kaum zur Kenntnis und wenn, dann romantisch verbrämt, als einen Kampf ausgebeuteter und chancenloser einheimischer Fischer um ihre Existenz. Niemand wunderte sich, dass Fischer, die zuvor nicht einmal in der Lage waren, kleine Fisch-

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trawler der ausländischen Konkurrenz aus ihrem Revier zu vertreiben, plötzlich große Frachtschiffe kapern und für die Mannschaften Lösegelder in Millionenhöhe fordern konnten. Das änderte sich erst am 28. Mai 2008, als Piraten den Massengutfrachter „Lehmann Timber“ der Lübecker Reederei Karl

Lehmann KG im Golf von Aden überfielen. 41 Tage später und nach langen Verhandlungen ließen die Piraten Schiff und Seeleute frei. Über ein Lösegeld wurde offiziell nicht gesprochen, später sickerte aus Schifffahrtskreisen in Nairobi durch, die Piraten hätten 750.000 Dollar erhalten. Die Deutsche Marine war von dem Überfall unterrichtet, befasste sich aber nicht näher damit. Deutsche Kriegsschiffe kontrollierten seinerzeit zwar im Rahmen der „Operation Enduring Freedom“ die internationalen Seegewässer vor Somalia. Die Besatzung der dort zu jener Zeit eingesetzten Fregatte „Emden“ durfte dem Bundestagsmandat zufolge aber nicht aktiv gegen Piraten vorgehen, sondern hatte nur den Auftrag, Terroristen abzuwehren. Die Rechtsgrundlage der Deutschen im Kampf gegen die Piraterie am Horn von Afrika änderte sich im Dezember 2008. Da beschloss der Deutsche Bundestag, sich mit einer Fregatte der Deutschen Marine an der EU-Mission „Atalanta“ zu beteiligen. Diese Mission hatte im Dezember 2008 erfolgversprechend begonnen. Wenige Tage, nachdem die deutsche Fregatte „Karlsruhe“ im Operationsgebiet vor der afrikanischen Küste eingetroffen war, meldete sie einen ersten Erfolg. Ein ägyptischer Tanker war von Piraten angegriffen, aber noch nicht geentert worden. Er hatte jedoch einen Notruf gesendet, auf den die deutsche Fregatte „Karlsruhe“ reagierte.


Foto: Deutsche Marine

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Schon kurz darauf traf der Bordhubschrauber der „Karlsruhe“ über dem Tanker ein. Unter dem Eindruck der knatternden Rotorblätter und der deutlich sichtbaren Bordwaffen gaben die Piraten auf und flüchteten. In der Öffentlichkeit entstand nach diesem erfolgreichen Einsatz der Eindruck, allein die Anwesenheit internationaler Kriegsschiffe könnte Seeräuber abschrecken. Doch das blieb nicht lange so, die Situation eskalierte von Überfall zu Überfall. Die Piraten zeigten zunehmend die Professionalität trainierter Kämpfer, sie testeten offensichtlich aus, wie weit die Befugnisse der Marineschiffe reichten. So steuerten im Dezember im Golf von Oman zwei Schnellboote auf das deutsche Kreuzfahrtschiff „Astor“ zu, obgleich mit der Fregatte „Karlsruhe“ aus der Operation Enduring Freedom ein Marineschiff in Sichtweite lag. Die Fregatte schob sich zwischen die Schnellboote und das Passagierschiff. Die Boote behielten trotzdem ihren Kurs bei. Erst nach Warnschüssen aus einem Maschinengewehr drehten sie ab. Im März nahmen Piraten von einem Schnellboot aus sogar das zur Deutschen Marine gehörende Versorgungsschiff „Spessart“ unter Feuer. So stellt sich die Frage, ob die Mission „Atalanta“ überhaupt zu einem Erfolg führen kann. Die Generalsekretärin der internationalen Handelskammer (ICC Deutschland) in Berlin heißt Angelika Pohlenz. Die ICC

Deutschland gehört zur International Chamber of Commerce (ICC), die auch das International Maritime Bureau (IMB) mit seinem IMB Reporting Center betreibt. Für die Generalsekretärin steht die militärische Operation keineswegs in Frage: „Grundsätzlich zeigen die Zahlen, dass es den Piraten durch die verstärkten Patrouillen immer seltener gelingt, Schiffe zu entführen. Aus Sicht der Internationalen Handelskammer ist es daher unabdingbar, dass die Marineoperationen weiter fortgesetzt werden.“ Angelika Pohlenz sieht aber auch die Probleme des Einsatzes: „Das Gebiet, das die Marineschiffe sichern sollen, ist so groß wie das Mittelmeer und das Rote Meer zusammen. Deshalb können die Piraten bei

Die Piraten lassen sich immer weniger einschüchtern verstärktem Druck ihre Aktivitäten jederzeit in andere Gebiete verlagern.“ Was die Seeräuber auch taten. Das zeigte der Überfall auf das Hamburger Schiff „Hansa Stavanger“ der Reederei Leonhardt & Blumberg. Auf der Fahrt von den Vereinigten Arabischen Emiraten nach Tansania machte Krzysztof Kotiuk, der polnische Kapitän des Containerschiffes, einen großen Bogen um die somalische Küste. Mit einem Ab-

stand von 550 Seemeilen fuhr er wesentlich weiter auf der hohen See, als offiziell empfohlen worden war. Doch Piraten enterten trotzdem das Schiff, nahmen die Besatzung als Geiseln und verlangten Lösegeld. Es entwickelten sich Monate voller Spannung, mit einem fehlgeschlagenen Befreiungsversuch durch die Spezialpolizeitruppe GSG 9, Scheinhinrichtungen und Klagen gegen das Auswärtige Amt. Am 3. August 2009 endlich einigten sich Piraten und Reederei auf eine Zahlung von 2,75 Millionen US-Dollar Lösegeld. Zwei Monate nach Freilassung der Mannschaft legte das britische Sicherheitsunternehmen Neil Young Associates seinen Bericht vor. Es hatte im Auftrag des Schiffsversicherers die Reederei Leonhardt & Blumberg beraten und nach deren Freilassung die Mannschaftsmitglieder einzeln zu den Abläufen an Bord befragt. Dieser Bericht wirft dem Kapitän taktische Fehler vor. Der schwerste Vorwurf: Er habe sich mit den Piraten gegen seinen Reeder verbündet. So soll er ihnen vorgeschlagen haben, den Druck auf das Hamburger Schifffahrtsunternehmen zu erhöhen, fünf Seeleute von der übrigen Mannschaft zu isolieren und gegenüber dem Reeder zu behaupten, sie seien an Land gebracht worden. Ein Vorschlag, dem die Piraten gefolgt seien und der die Verhandlungen erschwerte. Mittlerweile hat die Reederei den Kapitän entlassen, er klagte vor dem ArbeitsHafen 2010

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Foto: Deutsche Marine

WIRTSCHAFT

Die EU-Mission „Atalanta“ am Horn von

Ein deutscher Marinehubschrauber kontrolliert ein verdächtiges Schiff vor Somalia

gericht, eine Entscheidung steht noch aus. Laut Reederei hat die Entlassung wirtschaftliche Hintergründe und steht nicht im Zusammenhang mit dem Piratenüberfall. Kotiuk sei der dienstjüngste Nautiker in dem Unternehmen gewesen, das seine Mannschaft wegen der schrumpfenden Aufträge reduzieren musste. Eine kurzfristige Lösung der Piraterie am Horn von Afrika ist nicht zu erwarten. Sicherheitsexperten empfehlen zwar, die Rechtsstaatlichkeit in Somalia wieder herzustellen. Die Kriminellen jedoch, die hinter der Piraterie stecken, werden alles daran setzen, solche „Störung“ ihrer Geschäfte

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Hafen 2010

abzuwehren. Der Bürgerkrieg könnte wieder aufflammen. Da eine militärische Lösung nicht zu erreichen ist, müssen die Drahtzieher im Hintergrund unter Druck gesetzt, ihre Konten gesperrt werden. Denn es ist unwahrscheinlich, dass sie überhaupt in Somalia sitzen. Herauszufinden, wer die Drahtzieher der Piraterie sind, ist eine Aufgabe für die internationalen Geheimdienste. Wenn sie nicht schon längst daran arbeiten. Doch sie hüllen sich in dieser Frage in Schweigen. Schließlich heißen sie nicht umsonst Geheimdienste. ENDE

Afrika ist eine völlig andere Aufgabe als die Deutsche Marine sie über Jahrzehnte zu erfüllen hatte. Die Streitmacht war 1955 aufgestellt worden, als sich noch zwei militärische Blöcke gegenüberstanden. Damals war die Aufrüstung der jungen Bundesrepublik, nur zehn Jahre nach dem Ende eines folgenschweren Krieges, in weiten Kreisen von Politik und Bevölkerung umstritten. Heute sind es die rechtlichen Grundlagen des Einsatzes. Führung der Marine scheint in Deutschland eine dauerhaft schwierige Aufgabe zu sein. Für deren personelle und materielle Einsatzbereitschaft ist seit 2006 Vizeadmiral Wolfgang E. Nolting als Inspekteur der Marine verantwortlich. Er ist ein Mann mit umfassender Truppenerfahrung auch aus Auslandseinsätzen. So kommandierte er einen gemischten Minenabwehrverband während der Operation „Südflanke“, einem der ersten Auslandseinsätze der Bundeswehr. Sie hatte vom 16. August 1990 bis 13. September 1991 die Aufgabe, während des Zweiten Golfkriegs Seeminen im Persischen Golf zu beseitigen.

Als kleiner Junge habe ich gern Piratenromane gelesen … Ach, Sie auch? Haben Sie jemals erwartet, als deutscher Marineoffizier eines Tages einen Einsatz gegen Piraten befehlen zu müssen?


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Interview

Keine Rambos zur See Vizeadmiral Wolfgang E. Nolting ist als Inspekteur der Marine für die Einsatzbereitschaft der Anti-Piraten-Mission „Atalanta“ verantwortlich. Über Risiken und Chancen sprach er mit dem Journalisten Eigel Wiese.

Damals sicher noch nicht. Bei meinem Eintritt in die Marine gab es ja noch die bipolare Welt von Ost und West. Da hatte man ganz andere Vorstellungen von unserer Aufgabe. Wie empfinden Sie die Einstellung der deutschen Öffentlichkeit zu diesen Einsätzen? Man sieht wohl mittlerweile im Lande, dass Deutschland Verantwortung hat, dass wir uns nicht verstecken können, dass wir diese Verpflichtung annehmen müssen. Ich glaube unsere Gesellschaft ist manchmal in einigen Punkten weiter, als die Politik oder einzelne Abgeordnete uns glauben machen wollen. Woran es noch immer mangelt, ist größere geopolitische Zusammenhänge zu erkennen, beispielsweise wie sehr unsere Wohlfahrt abhängig ist von einem freien Seeraum. Daher ist es wohl nicht vermessen, wenn ich sage, das 21. Jahrhundert ist ein maritimes Jahrhundert. Aber haben wir nicht das Problem, dass viele Menschen in unserem Land, einschließlich politischer Entscheider, mit dem Rücken zur See stehen? Ja, wir haben früher immer gesagt, maritimes Denken hört 30 Kilometer hinter der Küstenlinie auf. Das würde ich heute nicht mehr ganz so stringent sehen. Es ist aber nicht nur ein deutsches Phänomen. Auch bei den Vereinten Nationen spielt die See noch immer nicht die Rolle, die sie eigentlich haben müsste. Um aber direkt auf die Bekämpfung der Piraterie zu kommen. Bräuchte die deutsche

Marine dafür weitergehende Vollmachten, wie sie beispielsweise die französische Marine hat? Wir haben ja mandatierte Einsätze. Ich glaube nicht, dass wir schon so weit sind, vom Bundestag ein dauerhaftes, grundsätzliches, geografisch nicht gebundenes Mandat zu erhalten. Das aber stößt manchmal bei der Bevölkerung auf Unverständnis. Mit absoluter Sicherheit. Ich nehme allerdings auch zur Kenntnis, dass wir manchesmal von außen Meinungen hören, die ich doch eher in die Stammtischparolen einordnen würde. Den Rambo zur See, den wollen wir unter keinen Umständen. Wir sind dem Grundgesetz verpflichtet und das Grundgesetz gilt in seinen Rechtsnormen überall auf der Welt. Natürlich würde ich mir in der Abarbeitung auch vieles schneller vorstellen können. So wäre ich aus gutem Grund sehr damit einverstanden, wenn bei uns ein Schiffskommandant entscheiden könnte, vermeintliche Piraten erst einmal nur in Gewahrsam zu nehmen. Das ist ein Unterschied zur Verhaftung. Das liegt in unserer Strafprozessordnung begründet. Denn wenn Sie jemanden verhaften, sind Sie in der Pflicht, ihn innerhalb einer festgesetzten Zeit, und die ist eng gesetzt, einem Richter vorzuführen. Das können sie auf See gar nicht in der Abfolge gewährleisten. Und das zweite, was noch entscheidender ist: die Entscheidung, ob jemand verhaftet wird oder nicht, ist eine politische Entscheidung. Es muss also eine grundsätz-

Vizeadmiral Wolfgang Nölting im Gespräch mit Eigel Wiese liche politische Entscheidung darüber getroffen werden, damit dieses nicht beim Kommandanten als Rechtfertigung später haften bleibt. Und die danach folgenden Verfahren? Ich würde mir auch wünschen, dass wir einen internationalen Strafseegerichtshof hätten. Im Augenblick bringen wir Festgenommene laut Entscheidung der Europäischen Union nach Kenia. Sie haben in der Vergangenheit in der Öffentlichkeit deutliche Worte zu diesen Einsätzen gefunden. So haben Sie sich beispielsweise für eine Verfassungsänderung ausgesprochen. Mein Wunsch wäre immer noch eine grundsätzliche Klärung der Frage, in wie weit es eine Polizeiaufgabe ist oder ob es Gebiete gibt, in denen die Polizei gar nicht präsent sein kann, folglich die Marine tätig werden darf. Wenn es mandatiert ist. Aber in extremen Situationen, beispielsweise wenn Geiseln genommen werden, und sie sollen befreit werden, dann ist es nach wie vor eine Polizeiaufgabe. Die Rechtssicherheit für die Soldaten wäre unter dieser Fragestellung einfacher und sauberer, wenn es eine Grundgesetzänderung gäbe. Wenn also der Paragraph 87a, in dem Punkt erweitert würde. Natürlich ist jede Grundgesetzänderung immer ein scharfes Schwert. Deshalb wird es dafür auch immer Befürworter und auch Gegner geben. Herr Admiral Nolting, vielen Dank für das Gespräch. ENDE

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WIRTSCHAFT

Dossier: Nordrange

Partner und Konkurrenten im Norden Es geht nicht mit ihnen und nicht ohne sie. Bei Containerströmen dicht an der Kapazitätsgrenze sind die Nordrange-Häfen Antwerpen, Rotterdam und Bremerhaven ein Team. Wenn jedoch in der Wirtschaftskrise weniger Schiffe in den Norden kommen, werden aus Partnern Konkurrenten. Ausbaumaßnahmen und Neubauten wie etwa der JadeWeserPort (hier im Bild) sind Argumente im Wettbewerb.

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Foto: JadeWeserPort Realisierungs GmbH & Co. KG.

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DOSSIER

Text: Tim Holzhäuser

Die folgenden Seiten berücksichtigen nicht alle Nordrange-Häfen,

Bewahrheiten sich langfristig die Prognosen für die nächsten Jahre, werden aus Konkurrenten jedoch wieder Partner. Denn dann gibt es viel zu tun. Antwerpen – „You’re in bulk, call Antwerp!“ Auf den ersten Blick scheint der Port of Antwerp als Hamburgs direkter Konkurrent festzustehen. Die Ähnlichkeiten der beiden Destinationen sind frappierend: Antwerpen ist ebenso wie Hamburg Foto: Anyka/Shutterstock

sondern nur die bedeutendsten, in der Fachwelt als Hamburg-Antwerp-Range bekannten. Auch in Zeiten, in denen die Standardisierung sämtliche Bereiche der Logistik erfasst hat, besitzen die Häfen der Hamburg–Antwerp-Range noch ihre spezifischen Stärken und Schwächen. Konkurrenzbeziehungen sind unterschiedlich ausgeprägt, was in Krisenjahren wie 2009/2010 besonders deutlich wird.

Erdölraffinerie in Antwerpen. Der belgische Hafen ist Standort des größten Chemieindustrieparks Europas, weltweit nur noch übertroffen von Houston (USA).

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Foto: Anyka/Shutterstock

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Antwerpen, eine Stadt mit maritimer Tradition. Die belgische Stadt begreift ihren Hafen – ebenso wie Hamburg – als Lebensnerv.

ein Flusshafen und daher nur nach einer etwa 75 Kilometer langen Revierfahrt über die Schelde zu erreichen. Auch der Tiefgang ist durch die küstenferne Lage begrenzt (allerdings ist eine weitere Fahrrinnenvertiefung seit Januar 2010 beschlossen; Frachtern soll nach Abschluss der Arbeiten ein tidenunabhängiger Tiefgang von 13,10 Meter garantiert werden.) Im Gegenzug stellt die Port Authority des Port of Antwerp den Vorteil heraus, dem auch Hamburg seine Prosperität verdankt:

Die Wirtschaftskrise hat auch Antwerpen hart getroffen. Der Hafen reagiert wie die Konkurrenz in Rotterdam mit Preissenkungen. Hinterlandsanbindungen. In einem Radius von 250 Kilometer liegen fünf europäische Hauptstädte; innerhalb von 500 Kilometern 80 Prozent des EU-Binnenmarkts. Der große Unterschied zu Hamburg ist jedoch der Grad der Containerisierung, bzw. die Möglichkeiten, die Antwerpen Bulk Carriern bietet (vgl. den offiziellen Hafen-Slogan). Der Hafen hält eine überdachte Lagerfläche von über 540 Hektar für riesige Ströme von Massengütern bereit. Mit etwa zehn Millionen Tonnen Stahl pro Jahr ist Antwerpen weltweit die Nummer eins beim Umschlag dieses Rohstoffs. Außerdem ist Antwerpen Sitz des größten Chemieindustrieparks Europas, weltweit nur noch übertroffen von Houston (USA). Der Hafen ist überdies der wichtigste Pipeline-Knotenpunkt Europas mit über 100 Pipelines und einer Gesamtrohrlänge von über 350 Kilometer, durch die 15 verschiedene Produkte befördert werden. In der Folge haben sich in Antwerpen zahlreiche Chemieriesen angesiedelt, darunter Bayer, Monsanto, Kuraray und Nippon Shokubai. Da nun Massengüter im Vergleich zu Containern weniger stark eingebrochen sind, musste Antwerpen 2009 „nur“ einen Rückgang beim Gesamtumschlag von 16,7 Prozent hinnehmen. Die Belgier reagierten ebenso wie die Konkurrenz aus Rotterdam mit Preissenkungen beim Umschlag, müssen diese jedoch weiterhin mit einer

erhöhten Effizienz der Hafenarbeiter auffangen. Die unterliegen gründlichen, andere würden sagen umständlichen, wieder andere „mittelalterlichen“ (Stadtrat Marc Van Peel) Statuten. Ebenso wie Hamburg forciert Antwerpen den Ausbau der Hinterlandsanbindungen, allen voran jener nach Deutschland. Traditionell profitiert der belgische Hafen von der Rheinanbindung in das größte deutsche Ballungs- und Logistikzentrum, das Ruhrgebiet. Der Duisburger Binnenhafen ist für die Belgier der Brückenkopf tief im Herzen Deutschlands. Neben der Binnenschifffahrt setzte Antwerpen in den letzten Jahren jedoch immer mehr auf die Schiene. Ein Joint Venture der Antwerp Port Authority mit der BC Cargo (die Frachtabteilung der belgischen Bahn) soll den Service rund um die „letzte Meile“, also das nicht elektrifizierte Schienenstück unmittelbar am Terminal, optimieren. Ein ungleich ambitionierteres Projekt ist die Reaktivierung des „Eisernen Rheins“. Der Ausbau jener historischen Bahnstrecke für den grenzüberschreitenden Güterverkehr zwischen Belgien und Duisburg hat auf EU-Ebene hohe Priorität. Zwar bremsen die üblichen Streitereien über Trassenführung, Durchfahrtsrechte, Finanzierung, Anwohnerschutz etc. die Durchführung, aber schon heute rollen nach jahrzehntelangem Stillstand in bescheidenem Umfang Güterzüge.

Antwerpen in Zahlen Weltrang im Containerumschlag: 15 (16*) Fläche: 13.057 ha (7.236) Containerterminals: 5 (4) Containerumschlag (2009): 7,3 Mio. TEU (7,01) Gesamtgüterumschlag (2009): 157,8 Mio. Tonnen (110 Mio.) Max. Schiffstiefgang: 14 Meter (13,5) Schiffsanläufe (2009): 13.923 * Hamburg in Klammern

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Foto: 36clicks/Shutterstock

DOSSIER

Rotterdam – Deutschlands größte Tankstelle Rotterdam ist der mit Abstand größte Hafen der Nordrange und auch der größte Hafen Europas. Geografisch ein echtes Sahnestück: Der Hafen liegt am Hinterland, in unmittelbarer Nähe der norddeutschen Industrie- und Logistikzentren. Hinzu kommt die Schifffahrtsstraße des Rheins, die Warenströme aus den Niederlanden kostengünstig und effizient direkt in das Ruhrgebiet leitet. Unmittelbar an der Nordseeküste, 40 Kilometer von Rotterdam entfernt

Rotterdam profitiert von einer der bedeutendsten Infrastrukturmaßnahme Nordeuropas: die Reaktivierung der Betuweroute und doch dem Hafen Rotterdam zugehörig, liegt das als künstliche Insel aufgeschüttete Industrie- und Hafengebiet „Maasvlakte“. Von hier aus wirkt die deutsche Debatte über die Elbvertiefung in Hamburg wie eine Provinzposse. Die Fahrrinne der Maasvlakte erlaubt schwersten Bulk Carriern und Tankern mit bis zu 24 Meter Tiefgang die Einfahrt in den Hafen. In diese Region wird Hamburg nicht annähernd vorstoßen können, daher wird sich Rotterdam in diesem Spitzensegment auch zukünftig sicher behaupten. Gerade Tanker der größten Kategorien haben in Rotterdam nicht nur den entscheidenden Meter Wasser unter dem Kiel, sondern auch Anschluss an den größten Erdölumschlagsplatz in Europa. 1.500 Kilometer Pipelines machen das gesamte Hafengebiet so durchlässig wie einen Naturschwamm. Der Infrastruktur folgt die Industrie, so auch hier. Vier große

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Raffinerien stehen im Hafen, hinzu kommen über 40 Unternehmen aus der Ölbranche. Jedes Jahr landen Tanker über 100 Millionen Tonnen Erdöl an, von denen ca. 24 Mio. Tonnen über die Rotterdam-Rhein-Pipeline (RRP) – einem Joint Venture von Shell, Ruhr Öl, BP und Texaco – in das Rhein-Ruhrgebiet fließt. Ähnlich wie Antwerpen verlief die Krise 2009 in Rotterdam glimpflicher als in Containerhäfen wie Hamburg. Der Güterumschlag sank 2009 um 8,1 Prozent (Hamburg minus 21,4 Prozent). Mittelfristig rechnet man jedoch auch hier mit einer weiter wachsenden Weltwirtschaft und bereitet sich darauf vor. Im Fokus steht der Ausbau des Hafens Eine Ausbaumaßnahme in direkter Konkurrenz zu Hamburg ist die Maasvlakte 2. Unter diesem Namen sollen an der Nordsseeküste für den Containerumschlag über 2.000 Hektar erschlossen werden. Die Terminalbetreiber, ein Konsortium aus 14 Firmen mit dem nicht gerade bescheidenen Namen „Rotterdam World Gateway“

Hafenerweiterungen sind in den Niederlanden nicht einfacher durchzuboxen als in Hamburger. Der Streit über die Maasvlakte 2 dauerte 18 Jahre ... rechnen zunächst mit einer jährlichen Umschlagsmenge von vier Millionen TEU. Insgesamt wird die Maasvlakte 2 die Containerumschlagskapazität des Hafens Rotterdam verdreifachen. Die Baggerarbeiten haben bereits begonnen, die Fertigstellung ist für 2013 geplant.


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Containerverladung in Rotterdam. Der Hafen kann die größten Bulk- und Containercarrier der Welt aufnehmen und ist mittlerweile für sieben Prozent des niederländischen Bruttoinlandsprodukts verantwortlich.

Die deutsche Hoffnung, Rotterdam künftig beim Containerumschlag zu überholen, dürfte damit zunichte gemacht werden. Bis zum Jahr 2025 rechnen die Holländer mit einem Umschlag von bis zu 35 Millionen TEU. Wer (aus deutscher Sicht) nun auf die aktuelle Wirtschaftskrise hofft, den muss der Präsident der Rotterdam Port Authority enttäuschen. „Maasvlakte 2 läuft völlig unabhängig von der aktuellen Lage“, verspricht Hans Smits. Die Durchhalteparole hat ihren Grund. Hafenerweiterungen sind in den Niederlanden nicht einfacher durchzuboxen, als in Hamburg. Über Maasvlakte 2 wurde 18 Jahre lang gestritten. Insgesamt werden in den Ausbau des Hafens Rotterdam bis 2013 15 Milliarden Euro investiert. Als Sofortmaßnahme gegen die Wirtschaftskrise gewährt die Port Authority von Rotterdam für die Jahre 2010 und 2011 sieben Prozent Rabatt auf das Hafengeld. Parallel hierzu treibt Rotterdam den Ausbau der nachgelagerten Logistik voran. Hierzu zählt die wohl bedeutendste Infrastrukturmaßnahme auf der Schiene: die Betuweroute. Die historische Eisenbahnstrecke führt von West nach Ost, von Rotterdam bis zur 160 Kilometer entfernten deutschen Grenze. Nach zehnjährigem Ausbau ist die 2007 wiedereröffnete Betuweroute ausschließlich dem Güterverkehr vorbehalten (eine Besonderheit – in Deutschland etwa teilen sich Personen- und Güterverkehr beinahe grundsätzlich ein Gleis, mit entsprechenden Engpässen) und entlastet die A 15, die fast buchstäblich bis an die Kaikante reicht. Tunnel und Brücken berücksichtigen doppelstöckige Containerzüge. Seit dem 13. Dezember 2009 ist die Betuweroute vollständig elektrifziert, kann also mit den gegenüber Diesel-Traktionen wesentlich billigeren E-Loks auf ganzer Länge befahren werden. Mittelfristig soll die Betuweroute 75 Prozent des holländischen Güterverkehrs direkt von der Maasvlakte in Richtung Deutschland bewältigen. Noch stockt es jedoch hinter der deutschen Grenze, denn hierzulande hat man entgegen aller Zusagen den Ausbau der Anschlussstrecke schleifen lassen. Drei niederländischen Gleisen stehen zwei deutsche gegenüber. Das dritte soll erst 2013 kommen. Voraussichtlich. Im Gegensatz zum übrigen niederländischen Schienennetz wird der Trassenpreis der Betuweroute unabhängig vom Gewicht der Züge berechnet – dadurch wird die Strecke attraktiv gerade für schweres Massengut.

Rotterdam in Zahlen Weltrang im Containerumschlag: 11 Fläche: ca. 10.000 ha Containerterminals: 10 Containerumschlag (2009): 9,7 Mio. TEU Gesamtgüterumschlag (2009): 387 Mio t Max. Schiffstiefgang: 24 m Schiffsanläufe (2009): 33.000


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DOSSIER

Autoumschlag in Bremerhaven. Hier sorgte die Wirtschaftskrise für drastische Einbrüche. Dennoch wird investiert ...

Bremerhaven/Jade Weser Port – Superlative in der Krise Die Superlative mehren sich in Bremerhaven. Seit dem Abschluss der Kaierweiterung 2008 verfügt der Hafen über die längste Stromkaje der Welt. Hinzu kommt die weltweit größte zusammenhängende Freifläche für Container (die mit drei Mio. Quadratmeter im Guiness-Buch der Rekorde steht) und schließlich das größte Autoterminal auf dem Globus. Gerade dieses war in den letzten Jahren stets ein angenehmes Gesprächsthema, heute ist es in Bremerhaven der wunde Punkt. 2009 ging der Umschlag hier um 40 Prozent zurück, von 2,03 Millionen Fahrzeuge auf etwa 1,1 Mio. Die Hafengruppe BLG Logicstics meldete zum ersten Mal in zehn Jahren keinen neuen Rekordgewinn. Bereits im Juni 2009 hatte das Unternehmen Kurz-

Foto: bremenports Gmb & Co. KG

... die neue Kaiserschleuse soll den Dockhafen auch für die größten RoRo-Schiffe befahrbar machen.

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arbeit für die 600 Beschäftigten am Autoterminal bekanntgegeben. Besonders betroffen ist Bremerhaven in diesem Segment von den wegbrechenden Märkten in Russland und der Ukraine. Joint Ventures mit russischen Firmen sollen hier nun die Marktzugänge erweitern. Ebenfalls erweitert wird der Zugang zum tideunabhängigen Teil des Hafens für die RoRo-Schiffe des Autoumschlags. Nadelöhr ist hier bisher die alte Kaiserschleuse, erbaut vor 1900, die nun durch die wohl modernste Schleuse Europas ersetzt wird. Das Bauwerk ist mit Kosten von 233 Mio. Euro verbunden und soll noch in diesem Jahr fertiggestellt werden. Die neue Schleuse hat 305 Meter

Für 2015 erwarten die Bremer einen Containerumschlag von bis zu zehn Millionen TEU. Diese Masse wird ein Kernproblem Bremerhavens verschärfen Länge und 55 Meter Durchfahrtsbreite und kann somit auch die größten Autofrachter aufnehmen. Beim Containerumschlag verlief der Einbruch im Vergleich zu Hamburg relativ glimpflich, betrug aber dennoch 17 Prozent. Aber auch Bremerhaven setzt auf positive Prognosen. Für 2015 erwarten die Bremer einen Containerumschlag an der Jade von bis zu zehn Millionen TEU. Diese Masse wird ein Kernproblem Bremerhavens weiter verschärfen: das vergleichsweise unattraktive Hinterland. Während etwa Hamburg eine Loco-Quote bei Containern von über 30 Prozent aufweist, also mehr als ein Drittel der hier anlandenden Güter auch für die Metropolregion bestimmt sind, liegt die Quote in Bremerhaven bei zehn Prozent. 90 Prozent müssen weiter und da ist es ein großer Unterschied für jegliche Infrastruktur, ob es sich bei diesen 90 Prozent um vier oder neun Millionen TEU handelt. Der Ausbau ist daher auch an der Jade in vollem Gang. Im Gegensatz zum geplanten JadeWeserPort (siehe unten) ist Bremerhaven an die Binnenschifffahrt angeschlossen: Vertiefungen der Weser, sowie der Ausbau der Schleusen Dörverden und Minden sind seit 2007 im Gang. Mit der Fertigstellung rechnet man in Bremen im Jahr 2012.


Fotos (2): BGL Logistics

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Foto: Kay Tholen/pixelio

Bremerhaven ist beim Einbruch des Containerumschlags im Vergleich zu Hamburg glimpflich davongekommen. Dennoch: weite Teile der Freiflächen sind leer.

Nach erfolgreicher Erweiterung hat Bremerhaven nun mit knapp fünf Kilometer die längste Stromkaje der Welt

Bremerhaven in Zahlen Weltrang im Containerumschlag: 21 Fläche: 2.113 ha Containerterminals: 4 Containerumschlag (2009): 4,6 Mio. TEU Gesamtgüterumschlag (2009): 51,8 Mio. t Max. Schiffstiefgang: 14 m Schiffsanläufe Bremen und Bremerhaven (2009): 7.506

Auch in der Bucht sollen Bagger Schiffen mit Tiefgängen von bis zu 13,50 Meter den Weg bahnen. Das Land Bremen geht hier also den gleichen Weg wie Hamburg, wird bei fortwährenden Vertiefungen jedoch nicht von Bauwerken wie den beiden Elbtunneln behindert. Große Erwartungen setzen die Länder Bremen und Niedersachsen indessen auf den reinen Containerhafen JadeWeserPort. Norddeutschlands jüngster Tiefseehafen nähert sich nach 18 Jahren endlich der Vollendung. Auch nach Querelen mit dem Betreiber Eurogate geht die Realisierungsgesellschaft von der fristgerechten Fertigstellung im Herbst 2011 aus. Ab diesem Zeitpunkt wird der Neubau an den zwei äußersten Polen der Schifffahrt in den Wettbewerb eingreifen: bei den „Giganten“ und den „Zwergen“. Der Jade Weser Port kann in seiner ersten Phase Schiffe bis zu 16,5 Meter Tiefgang aufnehmen, bietet also allen bisher bekannten Baumustern der Containerschifffahrt einen Liegeplatz. Die Umschlagskapazität beträgt dennoch vergleichsweise moderate 2,7 Millionen TEU pro Jahr. Als Hafen fernab industrieller Ballungszentren wird für den Jade Weser Port eine Loco-Rate nahe Null prognostiziert. Der Hafen ist damit ein Durchgangslager ohne große Warenveredlung. Tatsächlich zielt er nicht nur auf die Schwergewichte, sondern vor allem auf die nachfolgenden Feederverkehre. Mittelfristig will Eurogate rund 60 Prozent der Terminal-Auslastung mit der Feederabfertigung erreichen. Für Hamburg könnte die Inbetriebnahme des JadeWeserPorts aus den geschilderten Gründen unangenehm werden. Der FeederVerkehr von Hamburg steht schon heute massiv unter dem (Preis)Druck aus Rotterdam, die tidenunabhängige Abfertigung der größten Containerschiffe lässt sich auch mit Elbvertiefungen nicht ermöglichen. Alle Bedenken werden sich jedoch als gegenstandslos erweisen, wenn die aktuelle Wirtschaftskrise ihre Talsohle tatsächlich schon erreicht hat. Bewahrheiten sich die optimistischen Erwartungen (vgl. hierzu S. 14) dann werden – Konkurrenz hin oder her – Hamburg sowie der JadeWeserPort binnnen Wochen an die Grenzen der gerade erhöhten norddeutschen Gesamtkapazität stoßen. ENDE Hafen 2010

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WIRTSCHAFT

Neues Business im Hafen

Was gibt’s Neues? Der Hafen ist nicht nur bei Reedern und Spediteuren beliebt. Dank seiner stadtnahen Lage findet das Gebiet zwischen Finkenwerder und Billbrook immer mehr Freunde. 2009/2010 lieferten Betriebe und Einrichtungen fernab der Logistik viel Gesprächsstoff.

Text: Tim Holzhäuser

Internationales Maritimes Museum Zum Jahresbeginn 2009 erlebte das TammMuseum einen überraschenden Personalwechsel. Russalka Nikolov, langjährige Geschäftsführerin des ehemaligen Instituts für Marinegeschichte, verließ überraschend die Stiftung (gut unterrichtete Kreise munkelten von fachlichen Differenzen mit Peter Tamm) und wurde durch den Historiker Hermann Schäfer ersetzt. Schäfer hielt es auch nur wenige Monate auf

seinem Posten, bevor er das Museum ohne Nennung von Gründen wieder verließ. Im November 2009 wurde bekannt, dass die Sanierung des Museums billiger verlaufen war als geplant. Von den 30 Millionen Euro des Bau- und Einrichtungskostenzuschuss der Stadt an das Museum wurden nur 27 Millionen verbraucht. Über die Verwendung bzw. die Rückgabe der verbleibenden drei Millionen gab es hitzige Diskussionen, was zeigt, dass man es bei

Foto: Intarnationales Maritimes Museum/Zapf

Etwa 150.000 Besucher kamen im ersten Jahr ins Internationale Maritime Museum. Im Bild Peter Tamm und Bundespräsident Horst Köhler während der Eröffnung.

öffentlichen Bauvorhaben im Grunde nicht richtig machen kann. Die Bilanz fiel indes positiv aus: im ersten Jahr kamen etwa 150.000 Besucher. Das Museum, dessen laufende Kosten aus den Einnahmen gedeckt werden müssen, ist mit diesen Zahlen nicht unzufrieden. Streitpunkte blieben das ganze Jahr

Ein Wegweiser kam im Dezember 2009: Das Museum warb auf Dock 10 von Blohm + Voss 2009 hindurch jedoch Verkehrsführung und Beschilderung inmitten der von Baustellen geprägten Umgebung. Ein markanter Wegweiser kam im Dezember 2009. Einige Wochen lang warb das Museum unübersehbar auf Dock 10 von Blohm + Voss.

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Foto: Stage Entertainment

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Szenenbild aus dem Disney-Stück „König der Löwen“ in der Inszenierung der Stage Entertainment Im März 2010 wurde das Museum schließlich erstmalig zum Veranstaltungsort des Hamburger Hafen Empfangs, auf dem sich etwa 650 Besucher aus der Hafenwirtschaft und anderen Branchen trafen. Das Internationale Maritime Museum hat sich damit in kurzer Zeit nicht nur bei der Fachwelt einen Namen gemacht, sondern ist nun auch auf dem gesellschaftlichen Parkett Hamburgs angekommen. Stage Entertainment „Sechs Millionen“, verkündete im Juni 2009 der Musicalkonzern Stage Entertainment und verwies auf die Vorstellungen „König der Löwen“ im Theater im Hafen. Sechs Millionen Zuschauer sahen in über 3.000 Shows die Geschichte rund um das Löwenjunge Simba.

Für den Gründer und Eigentümer des Musicalkonzerns Joop van den Ende brachte 2009 auch einen persönlichen Erfolg.

Joop van den Ende wurde von Hamburg 1 als „Hamburger des Jahres“ ausgezeichnet Der gebürtige Niederländer wurde vom TVSender Hamburg 1 als „Hamburger des Jahres“ ausgezeichnet. Elbphilharmonie 2010 feiert die Elbphilharmonie Richtfest. Die Eröffnung des Konzerthauses wird sich jedoch weiter verschieben. Wie die städtische Realisierungsgesellschaft im Dezember 2009 berichtete, brauchen einzelne Bauabschnitte wesentlich mehr Zeit, als

vor der Vertragsunterzeichnung angegeben. Da im Konzertgeschäft Buchungen jedoch häufig lange Vorlaufzeiten haben, vereinbarte die Kulturbehörde mit der Betreibergesellschaft eine Eröffnung erst am 12. Mai 2012 mit einem Festival. In der Zwischenzeit konnten die Hamburger die Montage der Fassade im Dezember bewundern. Auch Events halten die Baustelle zuverlässig im Gespräch. So richtete das „Hamburger Abendblatt“ seinen traditionellen Neujahrsempfang mit 500 Gästen in dem Rohbau aus. HafenCity Breites Echo erzeugte zum Jahreswechsel 2009/2010 die Taufe der zweiten Tunnelröhre der U4 durch Inga Unger-Freytag (Ehefrau des Finanzsenators) auf den Namen „Inga-Tunnel II“. Die Erschließungsarbeiten für die U4 in die HafenCity sind damit zu über 50 Prozent abgeschlossen. Wesentliche andere Neuerungen in Hamburgs neuestem Quartier erreichten eine weniger breite Öffentlichkeit – obwohl sie wesentlich bedeutsamer und zukunftsweisender sind, als ein U-Bahn-Anschluss. So fiel im September 2009 die Entscheidung für die Energieversorgung der HafenCity. Nach einem europaweiten Ausschreibungsverfahren ist nun das Unternehmen Dalkia für eine Strom- und Wärmeversorgung verantwortlich, die Hamburgs jüngsten Stadtteil zu einem der energieHafen 2010

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WIRTSCHAFT

zierung der ehrgeizigen Projekte. Die Finanz- und Wirtschaftskrise hat auch die Kapitalbeschaffung der HafenCity erschwert. Laut der HafenCity Hamburg GmbH ist die Finanzierung einzelner Projekte deutlich schwerer geworden und dauere länger. Zahlreiche Investoren konzentrierten ihre Investments auf Städte, in denen die Krise zu einem Wertverfall bei Immobilien von bis zu 40 Prozent geführt hat. Das sei in der HafenCity nicht der Fall; die Preise sind stabil. Man vertraue jedoch auf die „kritische Masse“ des Gesamtprojekts HafenCity, die temporären Krisen widerstehen könne.

Foto: Fotofrizzt/HafenCity Hamburg

effizientesten Stadtgebiete Deutschlands machen könnte. Laut HafenCity erreicht das Unternehmen mittels eines dezentralen, nachhaltigen Energiemixes eine CO2Kennzahl von 89 g/kWh. Die HafenCity emittiert dann beim Verbrauch einer Kilowattstunde Strom nur 89 Gramm des Klimakillers Kohlenstoffdioxid. Zum Vergleich: der deutsche Durchschnitt im Jahr 2007 betrug beim Strommix über 500 g/kWh. Zu den niedrigen Werten kommt die flexible Ausgestaltung der Energieversorgung. Der Stadtteil verzichtet auf einen zentralen Kohlendinosaurier und bezieht seine Energie aus mehreren dezentralen

„channel hamburg“: Industrieansiedlung im Harburger Binnenhafen Anlagen, darunter eine Holzverbrennungsanlage und eine Hochtemperatur-Brennstoffzelle. Die Wärmepumpen arbeiten mit Elbwasser und werden ihren Energiebedarf auch über regenerative Quellen decken.

Neben solchen Erfolgen brachte 2009 aber auch die Sorge um die weitere Finanzierung Neben solchen Erfolgen brachte 2009 aber auch die Sorge um die weitere Finan-

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Channel Hamburg Gewerbegebiete sind gefragt im Hafen, nicht nur bei der maritimen Wirtschaft. Ein Zentrum von Airbus-Zulieferern und IT-Firmen hat sich im „channel hamburg“ etabliert. Das Stadtentwicklungsprojekt im Bezirk Harburg liegt am Süderelbufer im Harburger Binnenhafen rund um die Schlossinsel und umfasst rund 100 Hektar. Traditionelle Hafengebäude wie Speicher und Silos werden umgebaut. Die neuen Mieter sind über 150 Firmen mit rund 6.000 Mitarbeitern. Unternehmen wie At-

kins Nedtech (Faserverbundstoff-Komponenten) oder Labinal (Verkabelungssysteme) machen das Gebiet zu einer bedeutenden Außenstelle des Flugzeugherstellers. 2002 und 2006 war das Projekt für den mit 30.000 Euro dotierten Preis der Deutschen Immobilien Fonds AG nominiert. Der Hamburger Senat zeichnete es 2004 als Modellprojekt im Rahmen des Ideenwettbewerbs „Hamburg – Wachsende Stadt“ aus. Auch die Internationale Bauaustellung 2013 unterstützt zwei Projekte im „channel hamburg“. Auf der Schlossinsel soll mit dem Sternpark ein neuer öffentlicher Park entstehen. Ebenso fördert die IBA eines der ersten Wohnprojekete am sogenannten Kaufhauskanal. Die gute Organisation durch den im Jahr 2000 gegründeten Verein „channel hamburg“ ermöglicht das Nebeneinander von Industrie, Dienstleistung und Forschung im ehemaligen Industriegebiet. Ganz ohne Reibung mit dem regulären Hafenbetrieb geht es jedoch auch hier nicht. Verkehrsberuhigungen werden ebenso angemahnt wie Zebrastreifen und Lärmschutz – Forderungen, die in einem Seehafen naturgemäß nicht nur auf Verständnis stoßen. Täglicher Hafenbericht Neuigkeiten, Tratsch und harte Fakten lieferte auch 2009 wieder mit beneidenswerter Fülle und Akkuratesse der „Tägliche Hafenbericht“. Seit 1948 informiert das Blatt (vormals Deutsche Schifffahrts-Zeitung) fünfmal in der Woche über Themen rund um den Hafen und die Warenwirtschaft, den Schiffbau, Frachtabschlüsse, Marktberichte und mehr. Sonderbeilagen machen Schwerpunktthemen transparent. Chefrekdateur Frank Binder und sein Team halten engen Kontakt zu den Entscheidern an der Küste und bringen so immer wieder Meldungen, die in den regulären Medien erst Tage später auftauchen. ENDE


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Fotos: GMP

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WIRTSCHAFT

Die Universität im Hafen

Kleiner Grasbrook gegen Rotherbaum Auch bei der Wissenschaft weckt der Hafen Begehrlichkeiten. Nach einem Vorstoß aus der Behörde für Wissenschaft und Forschung wurden Pläne bekannt, die Universität Hamburg auf den Kleinen Grasbrook zu verlegen. Die Proteste waren heftig, die Gegengutachten ließen nicht lange auf sich warten. Noch ist nichts entschieden.

Text: Tim Holzhäuser

Die Wissenschaftssenatorin brachte Schwung ins Sommerloch. Als Herlind Gundelach (CDU) 2008 anregte, die Universität Hamburg auf den Kleinen Grasbrook zu verlagern, hätte sie auch einen Skateboardpark auf der Köhlbrandbrücke vorschlagen können – größte Empörung! Die Handelskammer ließ sich viel Zeit, konterte dann aber im November 2009 mit einer Gegenstudie, die wie gewünscht nachwies, dass auf dem Kleinen Grasbrook kein Platz sei für die Universität, wohl aber am Großmarkt, am Klostertor. Als diese „Vom-Regen-in-die-Traufe“-Studie im Hafen auf wenig Begeisterung stieß, beeilte sich

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Handelskammerhauptgeschäftsführer Hans-Jörg Schmidt-Trenz nachzuschieben: das sei nur die zweitbeste Lösung. Das Optimum hieße, alles an Ort und Stelle zu lassen. Wirtschaftssenator Axel Gedaschko (CDU) stimmte zu und legte im Januar 2010 vor Fernsehkameras noch einmal nach: „Eine komplette Verlagerung der Universität in den Hafen würde den Hafen ins Mark treffen. Denn so viele Unternehmen, die dann verlagert werden müssten, könnten wir zu akzeptablen Preisen kaum in Hamburg halten.“ Die Kritik ihres Parteifreundes nahm

Gundelach nach außen hin gelassen zur Kenntnis, tatsächlich aber präsentiert die Universität heute mehr als nur das eine Szenario. 1. Sanierung und Modernisierung an den bisherigen Standorten der Universität Bundesstraße und Von-Melle-Park in Rotherbaum. Die Aufteilung des Campus bliebe hier im Wesentlichen erhalten. Freiflächen könnten allerdings durch Neubauten gefüllt werden. Damit würde es eng. 2. Abriss und Neubau an den bisherigen Standorten: alles was nicht denkmalgeschützt ist, fällt der Abrissbirne zum Opfer. Anschließend Neubau größerer Gebäude,


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Eine Universität, zwei Szenarien. Links: Auf Projektbildern des Architekturbüros Gerkan, Marg und Partner sind die geplanten Neubauten auf dem Kleinen Grasbrook deutlich zu erkennen. Rechts: Der bisherige Standort Rotherbaum mit zusätzlich Flächen.

um die verfügbaren Grundstücke besser auszunutzen. 3. Teilverlegung zum Kleinen Grasbrook: Die Universität verlegt die Einrichtungen, die heute an der Bundesstraße ihren Sitz haben, auf die Fläche des heutigen Überseezentrums. Der O’Swaldkai bleibt erhalten. 4. Vollständiger Umzug auf den nördlichen Kleinen Grasbrook: ein bis zu 2,1 Milliarden schweres Mammutprojekt, das ca. 20 Jahre dauern würde. Welches der Szenarien Realität wird, ist derzeit unmöglich vorauszusagen. Mit schierer Logik ist kein Durchkommen. Wissenschaftsbehörde, Wirtschaftsbehörde, Handelskammer und Universtität arbeiten mit z.T. stark differierenden Zahlen, die für die eigenen Argumente ausgezeichnet passen, von der Gegenseite dann aber plausibel widerlegt werden. So schätzt die Universtität den Sanierungs- und Neubaubedarf der Uni am alten Standort auf 1,2 Milliarden Euro, die Handelskammer weiß es besser: höchstens 600 Millionen. Schüt-

zenhilfe bekommt die Wirtschaft vom Bezirk Eimsbüttel, der um seine Uni fürchtet. Langfristig könnte sich ein Kompromiss finden lassen, dieser ist jedoch bei einem derart konfliktträchtigen Thema auch 2010 nicht zu erwarten. Neutrale Beobachter müssen im Widerstand des Hafens indessen einen berechtigten, aber nicht unbedingt allgemeingültigen Reflex sehen. Denn: Aus Sicht der gesamten Stadt hat der

Eine Universtität in einem Welthafen wäre außergewöhnlicher Städtebau Plan etwas für sich. Eine Universität in einem Welthafen wäre außergewöhnlicher Städtebau und würde erhebliche Aufmerksamkeit für Uni, Hafen und letztlich ganz Hamburg nach sich ziehen. Es ist allerdings fraglich, ob der PR-Erfolg die Kosten des Umzuges und die Kosten der räumlichen Behinderung der Warenwirtschaft übersteigt. Beides ist

denkbar, aus heutiger Sicht aber allenfalls von einem Experten mit prophetischen Gaben valide zu beurteilen. Letztlich dürfte pro/kontra Umzug damit zu einer rein machtpolitischen Entscheidung werden. So versuchten es die Kritiker im Januar 2010 mit einem Tiefschlag: Nach einem Artikel des „Hafenreports“ sind zentrale Areale des Kleinen Grasbrooks seit Inkraftreten des Versailler Vertrags 1919 bis 2028 an die Tschechische Republik verpachtet. Die Meldung enthielt allerdings zwei Fehler. Der Vertrag trat nicht 1919 in Kraft, sondern 1920. Zudem beziffert der betreffende Artikel 363 den Zeitraum der Verpachtung auf 99 Jahre. Daraus ergibt sich ein Ende der Pacht nicht 2028, sondern 2019. Die Fertigstellung des Szenarios „Komplettumzug“ läge also hinter jenem Jahr und wäre damit keineswegs ein Bruch des Völkerrechts. Trotz Scheiterns solcher Finten räumten Beobachter den Plänen der Senatorin im Frühjahr 2010 wenig Chancen auf Erfolg ein. ENDE Hafen 2010

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POLITIK

Politik und Hafenwirtschaft

Misstöne zwischen Kai und Rathaus Wenn es um den Hafen geht, sind sich Wirtschaft und Politik einig – glauben die Touristen. Gerade 2009/2010 brachte schrille Töne. Beschuldigungen und Rechtfertigungen gingen hin und her, Entscheidungen wurden vertagt, revidiert, verworfen. Eine Rückschau.

Foto: DIHK

Text: Tim Holzhäuser

Prof. Dr. Hans Heinrich Driftmann vom DIHK bemängelte die zu geringen Investitionen der Bundesregierung in die deutschen Seehäfen

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Hafen 2010

Frühjahr Im Februar 2009 fordert die IHK Nord, der Verbund aus den 13 norddeutschen Handelskammern, die Bundesregierung auf, einen Investitionsschwerpunkt „Deutsche Seehäfen und ihre Hinterlandanbindungen“ zu setzen. Während die Konkurrenzhäfen entlang der Hamburg-Antwerp-Range den Ausbau von Häfen und nachgelagerter Logistik vorantreiben, erscheinen der IHK Nord die deutschen Investitionen aus Bundesmitteln als zu gering. Ihre Rechnung geht so: Der Bund nimmt pro Jahr durch die Häfen fast elf Milliarden Euro an Steuern ein. Die Regierung will in den kommenden Jahren aber lediglich einen Bruchteil hiervon, nämlich zehn Prozent im Jahr, investieren. Diesen Zustand attackiert Prof. Dr. Hans Heinrich Driftmann (DIHK) auf einem Symposium: „Die öffentliche Hand ist dringend aufgefordert, dieses Missverhältnis zu beheben. Investitionen in die Seeverkehrsinfrastruktur können – gerade angesichts der aktuellen Konjunkturflaute –

mithelfen, die ganze Wirtschaft auf die Woge des Erfolgs zurückzubringen.“ Die Antwort der Politik kommt im April in ebenso gedrechselter Prosa wie das Ansinnen der IHK und enthält: nicht viel. In seinem „Nationalen Hafenkonzept für See- und Binnenhäfen“ legte der damalige Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) zwar ausführlich dar, warum und inwieweit die deutschen Seehäfen von überragender nationaler Bedeutung sind, Frager nach genauen Investitionsvorhaben verweist sein Ministerium jedoch auf das Konjunkturpaket II. Dort findet sich eine Gesamtinvestitionssumme von zwei Milliarden Euro, von denen jedoch nur wenige Millionen für Hamburg vorgesehen sind. Kritiker bemängeln, dass die Stadt an den geringen Zusagen nicht unschuldig sei. Gefördert werden könnten nur solche Infrastrukturmaßnahmen, die auch wirklich von den Ländern beschlossen seien (vgl. Hafenquerspange, Y-Trasse). HHLA-Vorstand Klaus-Dieter Peters zeigt


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Bildungssenatorin Herlinde Gundelach mit Wissenschaftlern und Mäzenen

Foto: IVH

Frank Horch fand 2009 seinen Kontrahenten – die Universität im Hafen

sich dennoch angetan: „Wir sind seit geraumer Zeit im Dialog mit der Politik, und sie hat aus unserer Sicht eine ganze Reihe unserer wichtigsten Forderungen erfüllt. Wir profitieren auch als Häfen deutlich von den Investitionsprogrammen auf Bundesebene. Das sind Maßnahmen im gesamten Infrastrukturbereich.“ Sommer Mit den warmen Temperaturen wird es hitziger. Gleich zwei Vorstöße aus der Politik erbosen die Hafenwirtschaft. Zunächst löst Hamburgs Wirtschaftssenator Axel Gedaschko (CDU) durch eine unbedachte Zusage an Cuxhaven eine Verschiebung der sehnlich erwarteten Elbvertiefung aus (vgl. S. 56). Wenig später kommt weiterer Ärger, diesmal jedoch aus einer unerwarteten Ecke: von der Behörde für Wissenschaft und Forschung. Die Senatorin Herlind Gundelach, Parteifreundin Gedaschkos, setzt sich für die Verlagerung der Universität auf den Kleinen Grasbrook ein. Zwar sind die Umzugspläne nur ein Konzept von vielen, dennoch stoßen sie bei der Hafenwirtschaft auf einen Widerstand, als habe die Senatorin den Stöpsel zum Hafenbecken gefunden und sei im Begriff ihn zu ziehen. Energische Replik von Frank Horch („Eine Universtität braucht keinen Wasseranschluss!“) und der Handelskammer. Die Senatorin relativiert. Weitgehend Einigkeit herrscht dann im Juni/Juli, als Hafenunternehmer Robert

Eckelmann auf die brachliegenden Potentiale der Wasserwege in und um den Hamburger Hafen hinweist. Wirtschaftssenator

Stabile Fahrwasserverhältnisse sind zwingend erforderlich Gedaschko zitiert aus einer Studie die Möglichkeit, den Anteil der Container, die per Binnenschiff ins Hinterland befördert werden, von zwei auf fünf Prozent zu steigern. Handelskammerpräsident Frank Horch schließt sich an: „Damit die Binnenschifffahrt hier zukünftig mehr als nur eine Statistenrolle spielt, sind insbesondere stabile Fahrwasserverhältnisse auf Mittel- und Oberelbe zwingend erforderlich.“ Konkrete Folgen für die Binnenschifffahrt? Bisher unbekannt. Herbst Mit den bunten Blättern bringt der Herbst ein ebenso buntes Treffen in Glückstadt. Die Wirtschaftsminister von Schleswig-

Holstein, Niedersachsen und Hamburg treffen sich zur Präsentation des „Hafenkonzepts Unterelbe“. Das Positionspapier soll den jahrelangen Streit beenden, in dessen Zentrum nach wie vor die Elbvertiefung steht. Hamburg, das die Bedenken von Deichanrainern und anderen Betroffenen bisher mit dem Selbstvertrauen des Stärkeren ignoriert hatte, ist nun, in Gestalt von Jens Meier (HPA) und Wirtschaftssenator Axel Gedaschko (CDU), auf Kooperation bedacht. Ziel des Papiers ist die Zusammenarbeit von Häfen im Marketing, aber auch konkret bei der Verladung. So könnte etwa Hamburg Fracht, die im Hamburger Hafen kurzfristig zu Kapazitätsengpässen führt, im Rahmen einer Kooperation an Brunsbüttel weiterreichen. Konkurrenz, betonen die Politiker, bestehe im Grunde nicht zwischen den norddeutschen Häfen, sondern zwischen den Häfen der Hamburg-Antwerp-Range. (Fraglich, ob die Betriebe der Hamburger Hafenwirtschaft dem zustimmen.). Hafen 2010

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Fotos: HHM

POLITIK

China Shipping war die erste Großreederei, die 2009 sämtliche Feederdienste aus dem Hamburger Hafen abzog und nach Rotterdam verlegte. 9.500-TEU-Schiffe wie die Xin Hong Kong (hier im Bild) werden jedoch auch künftig noch die Elbe hinaufkommen. Zurückhaltung zeigt Dr. Philipp Rösler, ab Oktober 2009 Bundesminister für Gesundheit, hier noch als niedersächsischer Minister für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr anwesend. Folgen des Papiers: Unklar. Zurück in Hamburg geraten sowohl Gedaschko als auch Meier in die Kritik. Die Gerüchte mehren sich, dass eine Großreederei ihre Feederdienste aus Hamburg abziehen will. Hamburg ist zu teuer, so die Kritik. In Zeiten, in denen andere Häfen mit massiven Preisnachlässen beim Hafengeld und an den Terminals Verkehre an sich ziehen, seien HPA, die Terminals und die Lotsen nur zu minimalen Zugeständnissen bereit. Was zu dieser Zeit noch niemand offen ausspricht: Hamburg ist nicht wesentlich teurer als Rotterdam. Die Kosten für Reeder sind an der Elbe anders

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strukturiert als an der Maas, bleiben im Ergebnis jedoch annähernd gleich. Zusätzlich angefeuert wird der Streit durch die Losung „Hafen finanziert Hafen“, die an den Kais mit Misstrauen gehört wird. Mieterhöhungen und der sukzessive Rückzug der HPA aus Teilen ihres bisherigen Aufgabengebiets führen, so wird befürchtet, zu mehr Kosten für die Betriebe. Im Oktober dann erneutes Seufzen. Mit Peter Ramsauer schnappt sich am 28. Oktober ein Bayer mit CSU-Parteibuch das für den Norden so bedeutende Bundesministerium für Verkehr. Während Ramsausers Vorgänger Wolfgang Tiefensee Hafenthemen gegenüber aufgeschlossen war, befürchten nun in Hamburg nicht wenige, dass mit dem Bayern Ramsauer süddeutsche Klientelpolitik in den Bund Einzug hält. Wichtige norddeutsche Infrastruktur-

projekte, die von der Hafenwirtschaft als existenziell betrachtet werden, scheinen nun zur Disposition zu stehen. Tatsächlich kommt die erste schlechte Nachricht ohne lange Ouvertüre. Der 20 Millionen-Euro-Zuschuss zur Planung der Y-Trasse sei ausgesetzt, meldet die Presse. Das Bundesverkehrsministerium will zunächst, wie im Koalitionsvertrag vereinbart, den Bundesverkehrswegeplan überprüfen und neue Prioritäten setzen. Nach Protesten aus Hamburg, Niedersachsen und Bremen werden die Zuschüsse jedoch schon vor der Prüfung gewährt. In Interviews erkennt der „Neue“ die Bedeutung der maritimen Wirtschaft an und verspricht zupackende Politik. „Zügig weiterarbeiten“ müssen man bei Themen, die den Hafen tangieren. Darunter fällt auch die Elbvertiefung, die Ramsauer „mit


Foto: www.philipp-roesler.de

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Dem heutigen Bundesinnenminister für Gesundheit, Dr. Philipp Rösler, begegneten die Hamburger 2009 noch als Minister für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr von Niedersachsen. Beim Thema Elbvertiefung gab sich der junge Politiker keine Blöße.

Foto: VDR

aller Kraft“ unterstützen will (beide Zitate Hamburger Abendblatt).

fen finanziert Hafen“ müsse heißen „Hafen finanziert Schwarz-Grün“, so die Kritik. Die Grünen werden vielerorts als eigenmächtige Öko-Guerilla ausgemacht, was neutralen Beobachtern angesichts der Wirtschaftskrise verständlich erscheint, angesichts eines frei gewählten Mehrparteienparlaments von der Logik her aber nicht nachvollziehbar ist. Im Winter 2009/2010 sind die Zahlen in weiten Teilen der maritimen Wirtschaft tiefrot. Der Verband Deutscher Reeder (VDR) fordert daraufhin Zugang zu staatlichen Hilfsprogramm wie den Fonds der KfW, also Kredithilfen. Wie genau dieser Zugang gestaltet sein könnte, verrät der Vorsitzende des Verbandes, Michael Behrendt nicht. „Wir arbeiten daran, unsere Bedürfnisse zu konkretisieren“, heißt es auf einer Pressekonferenz. Prognosen über den Ausgang der Gespräche zwischen Bundesregierung und Verband sind zu dieser Zeit schwierig, wie VDR-Hauptgeschäftsführer Dr. Hans-Heinrich-Nöll ausführt. Die Politik habe hier großen Ermessenspielraum.

zur falschen Zeit. Im November wendet sich der „Hafenreport“ dem schwarz-gelben Koalitionsvertrag zu und entdeckt Erfreuliches: Ein klares Bekenntnis zur Elbvertiefung ist tatsächlich enthalten, ebenso der geplante Ausbau der Hinterlandsanbindungen. Schließlich werden auch verstärkt Bundesmittel zum Ausbau der Bundeswasserstraßen in Aussicht gestellt, sprich: Ausbau des Nord-Ostsee-Kanals. Hinzu kommt eine deutliche Absage an fossile Brennstoffe. Während grüne Positionen auf Bundesebene trotz schwarz-gelber Regierung einen breiten Konsens finden, sind sie im schwarz-grün regierten Hamburger Hafenaußerordentlich unpopulär. HPA-Chef Meier muss sich vorwerfen lassen, er dampfe den Leistungskatalog der HPA ein, um die

... nach China Shipping zog auch COSCO Feederdienste aus Hamburg ab Winter Aus Gerüchten wird Realität: Erst zieht China Shipping alle Feederdienste aus Hamburg ab, dann folgt COSCO. Der Druck auf die HPA wächst: beklagt werden zu hohe Gebühren an den Terminals, die Verschleppung von Infrastrukturmaßnahmen und immer wieder: Die falschen Signale

angeblichen „Sonderwünsche“ („Hafenreport“) der Grünen zu ermöglichen. Tatsächlich will die HPA fortan für das Ausbaggern direkt an der Kaikante Gebühren erheben. Der Begriff „Hafen finanziert Hafen“, der schon 2008 als Etikett für eine auf ihre Kernaufgaben reduzierte HPA gebraucht wurde, wird endgültig zum Reizwort. „Ha-

Michael Behrendt (Hapag-Lloyd, Präsident VDR) forderte 2009 Hilfen der Politik für die maritime Wirtschaft Hafen 2010

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Bundes über die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW). Diese Forderung kommt Anfang Februar erneut und zwar wieder von höchster Stelle. Nach Bekanntgabe der desaströsen Hafenzahlen für 2009 setzten die fünf deutschen Regierungschefs erneut ein

Fotos: HHLA

Foto: HHM

Im Dezember fällt eine weitere, lang erwartete politische Entscheidung: die Abschaffung des Freihafens ist verbindlich terminiert. Statt wie ursprünglich geplant 2009 soll der Freihafen nun 2013 ganz verschwinden.

Neutrale Beobachter nehmen allerdings an, dass sich die Bereitschaft zur Krisenhilfe angesichts der Rekordgewinne der letzten Jahre in Grenzen hält. Dennoch sickert durch, dass die schwer angeschlagene Reederei Hapag-Lloyd Kreditbürg-

Wirtschaftssenator Axel Gedaschko warb auf der auf der transport logistic 2009 für den Hamburger Hafen

schaften in Höhe von 1,2 Mrd. Euro erhalten hat. Der VDR mahnt und fordert indessen nicht alleine. Gemeinsam versuchen die fünf norddeutschen Bundesländer im Dezember 2009, Vertetern aus Berlin deutlich zu machen, dass 2010 für die Schifffahrt ein bitteres Jahr werden könnte. Ein Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel unterstreicht dies. Der Bremer Wirtschaftssenator Ralf Nagel (SPD) zeigt sich bei alldem verärgert, dass die Berliner Politik noch nicht einmal einen „maritimer Koordinator“ benannt habe. Dieser Koordinator kommt im Januar 2010 in Gestalt des FDP-Politikers HansJoachim Otto (57) (vgl. Interview S. 54).

Die Verzögerung beruhte vor allem auf dem Protest des Verbandes „Initiative pro Freihafen“, in dem kleine und mittlere Hafenunternehmen ihre Bedenken äußerten. So wurde vor einem Wirrwar bei der Zollabfertigung und die angeglich hohen Kosten für Firmen gewarnt. Dem entgegen standen die bisherigen Verkehrsbehinderungen und Staus vor den Abfertigungsstellen. Das Datum 2013 ist ein Kompromiss, der den Betrieben nun genug Zeit für die Umstellung auf die neuen Verhältnisse geben soll. Im Januar 2010 meldet sich erneut der VDR zu Wort. Michael Behrendt fordert im Namen des maritimen Mittelstands erneut den erleichterten Zugang zu Krediten des

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Foto: IHHM

Nach dem Rekordjahr 2008 musste HHLA-Vorstandsvorsitzender KlausDieter Peters 2009 das Ende des Booms verkünden

Lange Gesichter. Claudia Roller (HHM) und Jens Meier (HPA) geben auf der Pressekonferenz zum dritten Quartal 2009 wenig Grund zum Jubeln


Foto: www.peter-ramsauer.de

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SOS-Signal an Angela Merkel ab. „Die Maritime Wirtschaft in Deutschland ist in ihrer Existenz bedroht“, heißt es in einem Brief an die Bundeskanzlerin. „Gerade Liquiditätsengpässe könnten dazu führen, dass „im großen Umfang Kompetenz, Ar-

beitskräfte und Wertschöpfung unwiederbringlich an Wettbewerber verloren gehen. „Wir wollen keine Hasardeure finanzieren“, sagte Wirtschaftssenator Gedaschko am 4. Februar dem „Hamburger Abendblatt“. „Die Branche hat Zukunft.“ ENDE

Peter Ramsauer (CSU), seit Oktober 2009 Minister für Verkehr, bekannte sich zur Elbvertiefung und Y-Trasse

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POLITIK

Interview

Zwischen Wirtschaft und Politik Seit November 2009 ist der Politiker Hans-Joachim Otto (FDP) Maritimer Koordinator der Bundesregierung. Der 57-Jährige, der sich bisher der Medien- und Kulturpolitik widmete, übernimmt damit eine Schlüsselrolle zwischen Politik und maritimer Wirtschaft. Fragen: Helmut Schwalbach/Tim Holzhäuser Hans-Joachim Otto, Maritimer Koordinator Herr Otto, welche Möglichkeiten hat ein maritimer Koordinator innerhalb der Bundesregierung? Meine Tätigkeit sehe ich vor allem darin, durch eine moderierende Rolle Abstimmungen über in der Zuständigkeit verschiedener Ressorts liegende Politikansätze zu unterstützen und zu beschleunigen. Wichtig ist, bei der Gestaltung der operativen Rahmenbedingungen für die maritime Wirtschaft eine in sich konsistente Politik zu machen. Deshalb halte ich einen kontinuierlichen, intensiven Dialog mit allen beteiligten „maritimen playern“ aus Bund, Ländern und Wirtschaft für unerlässlich. Die Nationalen Maritimen Konferenzen haben sich in dieser Hinsicht als wichtigstes maritimes Wirtschafts- und Politik-Forum etabliert. Daran werden wir festhalten und die Konferenzen – wie im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und FDP vereinbart – in etwa im Zweijahresrhythmus fortführen. Darüber hinaus habe ich künftig auch regelmäßige „Branchengespräche“ in den Bereichen Schiffbau und Schiffbauzulieferindustrie, Reedereien, Häfen sowie Meerestechnische Industrie geplant. Sie sind seit November 2009 im Amt. Welchen Eindruck haben Sie in dieser turbulenten Zeit von der maritimen Wirtschaft bekommen? Ich habe den Besuch wichtiger maritimer Standorte genutzt, um mir vor Ort einen ersten Überblick über die Situation von Werften, Zulieferern, Häfen, Reedereien so-

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wie von meerestechnischen Unternehmen und wissenschaftlichen Einrichtungen zu verschaffen. Durch weiterführende Gespräche mit den wichtigsten Branchenverbänden und Sozialpartnern habe ich jetzt ein klares „Lagebild“, kenne die dringendsten

„Ich kenne die dringendsten Probleme der Branche.“ Probleme der Branche und die Erwartungen an die Bundesregierung, gerade in der derzeitigen Krise stärker zu koordinieren und zu unterstützen. Reeder, Werften und Schiffsfinanzierer werden von der schlimmsten Krise der letzten Jahrzehnte gebeutelt. Ist der Tiefpunkt schon überstanden oder geht es noch weiter abwärts? Es gab im Schiffbau und in der Schifffahrt immer recht ausgeprägte Konjunkturzyklen. Ich bin daher überzeugt, dass wir in ein paar Jahren eine viel bessere Situation vorfinden werden. Bis dahin ist der Weg aber noch steinig. Welchen Stellenwert haben die deutschen Häfen und die gesamte Branche für die deutsche Wirtschaft aus der Sicht Berlins? Von den Häfen profitiert ganz Deutschland mit einer Vielzahl von komplementären Industrie- und Dienstleistungsbereichen, die in allen Regionen und Wirtschaftssektoren angesiedelt sind.

Was folgt daraus für Sie? Mit dem Nationalen Hafenkonzept für die See- und Binnenhäfen verfügt die Bundesregierung über einen strategischen Leitfaden für die kommenden zehn Jahre, mit dem wir der hohen Bedeutung der Branche gerecht werden. Das zuständige Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) wird in Kürze mit der Umsetzung des Nationalen Hafenkonzepts beginnen. Wie schätzen Sie die Situation des Hamburger Hafens im Vergleich zu Häfen wie Rotterdam und Antwerpen ein? Der Rückgang beim Güterumschlag fällt im Vergleich zu den Konkurrenzhäfen der Nordrange höher aus und betrifft insbesondere Asien- und Zubringerverkehre. Der europäische Marktführer im Containerumschlag Rotterdam verlor nur 9,6 Prozent und Antwerpen zog mit einem Minus von 15,6 Prozent auf 7,3 Mio. TEU knapp an Hamburg vorbei und liegt nun auf Platz zwei der umschlagsstärksten europäischen Häfen. Hat das Auswirklungen auf Bundesmittel? An den geplanten Investitionen für den Hafen in Höhe von einer Mrd. Euro werden keine Abstriche gemacht. Auch der Fahrplan für die dringend notwendige Elbvertiefung steht. Die Bundesregierung plant, in der derzeitigen Krise ebenfalls einen substantiellen Beitrag zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Seehäfen


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zu leisten. Sie prüft, ob eine zeitlich begrenzte Verringerung der Lotsabgaben und der Befahrungsabgaben für den Nord-OstseeKanal um zehn Prozent möglich ist. Die dazu notwendige Koordinierung mit den Bundesressorts hat das BMVBS bereits eingeleitet. Wie stehen Sie zu staatlichen Bürgschaften für Reeder? Die Bundesregierung hat mit dem Wirtschaftsfonds Deutschland ein wirksames Instrument zur Verfügung gestellt, das auch deutsche Reeder zur Finanzierung von Schiffen bzw. zur Erleichterung von Betriebsmittelkrediten nutzen können. Dabei stehen Bürgschaften bis zu 90 Prozent und auch Kredite aus dem KfW-Sonderprogramm mit Haftungsfreistellungen bis zu 90 Prozent zur Verfügung, um die Finanzierung zu erleichtern. Inzwischen haben auch eine Reihe von Reedern insbesondere von dem KfW-Sonderprogramm Gebrauch gemacht. Ich begrüße dies und unterstütze es, dass diese Förderinstrumente von Reedern und Banken weiter genutzt werden können. Welche maritimen Themen stehen für das Jahr 2010 bei Ihnen ganz oben? Es kommt jetzt vor allem darauf an, Liquiditätsengpässe in den maritimen Bereichen zu überbrücken und irreparable Schäden und strukturelle Verwerfungen zu vermeiden. Die Bundesregierung hilft hierbei mit dem so genannten Bankenschirm und dem „Wirtschaftsfonds Deutschland“. Für den Schiffbaubereich bleibt die Weiterentwicklung der Zukunftsstrategie „LeaderSHIP Deutschland“ eine vorrangige Aufgabe. Die Bundesregierung wird auch – das ist mir ebenfalls wichtig – Möglichkeiten der weiteren Verbesserung der politischen Rahmenbedingungen prüfen. Das betrifft die Förderung schiffbaulicher Innovationen als auch die Umsetzung einer OECD-konformen Flexibilisierung der Gewährung von CIRR-Zinsausgleichsgarantien des Bundes für Schiffsbauten auf deutschen Werften. Im Hafenbereich steht die Implementierung des Nationalen Hafenkonzepts im Vordergrund. Als Verkehrsdrehscheiben brauchen die Häfen eine optimale Anbindung ans Verkehrsnetz. Insgesamt stehen 2010 für Verkehrsinvestitionen etwa zwölf Milliarden Euro zur Verfügung. Ein Bereich mit erheblichem Zukunftspotenzial ist die OffshoreWindenergie-Nutzung. Vom Ausbau der Offshore-Windenergie können insbesondere die maritime Wirtschaft, die Küstenstandorte und deutschlandweit der Maschinen- und Anlagenbau profitieren. Es gilt, Fragen des Netzanschlusses von Offshore-Windparks und des Aufbaus volkswirtschaftlich sinnvoller Netzsystemlösungen zu klären und den Ausbau einer zukunfts- und leistungsfähigen Netzinfrastruktur voranzutreiben. Des Weiteren bedarf es des Aufbaus von Produktions- und Installationskapazitäten sowie erhöhter Anstrengungen zum Ausbau einer für die Offshore-Windenergie geeigneten Hafeninfrastruktur in den Küstenländern. Die Bedeutung des Klima- und Umweltschutzes im Seeverkehr wächst. Energieeffizienz und Emissionsminderung sind zentrale Themen in der Seeschifffahrt. Die Einführung wirtschaftlicher Instrumente zum Klimaschutz und der Übergang zum schwefelarmen Schiffstreibstoff werden den Technologieschub hin zu energieeffizienten Lösungen im Schiffbau und im Schiffsbetrieb weiter verstärken. Das eröffnet der maritimen Wirtschaft neue Chancen. ENDE


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POLITIK

Elbvertiefung

Ein Streit geht in die Tiefe 2010 könnte das Jahr werden, in dem die neuerliche Elbvertiefung Realität wird. So richtig glauben will es der Hafen jedoch erst, wenn die Bagger schwimmen. Denn die Liste der Hindernisse war lang: Proteste von Anwohnern und Umweltschützern, Weigerungen aus Niedersachsen und schließlich ein Eigentor des Wirtschaftssenators. Text: Katharina Berndt/Tim Holzhäuser

Hamburgs Weg aus der Krise“ stand über einer Rede, die Ole von Beust anlässlich eines Wirtschaftstreffens der CDU hielt. Ihr inoffizieller Titel war kürzer: „Endlich!“ Kern der Ansprache war die Elbvertiefung, die nach Worten von Hamburgs Erstem Bürgermeister noch 2010 beginnen soll. Anfang 2009 schien genau dies so wahrscheinlich wie ein Vulkanausbruch auf dem Blankeneser Waseberg. Die Zustim-

mung Niedersachsens fehlte. In Hannover fragten sich Politiker, Anwohner und Naturschützer: Würden die schwachen Deiche an der Elbmündung, in der Nähe von Otterndorf, den Auswirkungen einer erneuten Elbvertiefung standhalten? Wirtschaftssenator Gedaschko lenkte ein und sprach sich für so genannte Buhnen zum Schutz der Deiche aus. Diese im rechten Winkel zum Ufer in den Fluss auf-

Foto: Michael Schwartz

Schwimmbagger auf der Elbe: Nach dem Willen Hamburgs ab 2010 ein Standardfoto

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geschütteten und befestigten Dämme lenken Strömungsspitzen von den gefährdeten Schutzbauten weg. Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) blieb dennoch hart – aus wahltaktischen Gründen, vermutete die Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di und führte Zahlen an: Fast ein Drittel der Beschäftigten im Hamburger Hafen kommen aus Niedersachsen. Neben Arbeitnehmern profitieren, so Ver.di, auch die dort ansässige Unternehmen von der Elbvertiefung. Wulff blieb jedoch standhaft, mit dem Selbstbewusstsein eines Mannes, der rund 7.200 Einwände gegen die Elbvertiefung

Hochwasserprognosen verharmlosend, der Anstieg der Meere nicht berücksichtigt ... hinter sich weiß. Anwohner, Interessenverbände, Umweltschützer und Fischer hatten die ausliegenden Pläne geprüft und befürchten u.a. tote Fische durch Sauerstoffmangel, bemängelten verharmlosende Hochwasserprognosen und stellten fest, dass die Pläne die steigenden Meeresspiegel ignorierten. Das Verfahren insgesamt sei eine Farce, da nicht ergebnisoffen: Auftrag, Planung und Genehmigung lägen in der Hand der Hamburger Wirtschaftsbehörde. Umweltverbände fürchten auch um seltene Vogelarten, die ihren Lebensraum trotz 600 Hektar Ausweichfläche verlieren könnten. Prof. Dr. Hans-Jörg Schmidt-Trenz, Hauptgeschäfstführer der Handelskammer, hielt dagegen: „Der Hamburger Hafen ist der größte Arbeitgeber im norddeutschen Raum.“ Die über 167.000 Arbeitsplätze, die am Hafen hängen, dürften nicht gefährdet werden – gerade in der Wirtschaftskrise. Nicht nur Hafenfirmen, auch Exporteure in ganz Deutschland profitierten von der Vertiefung, denn: „Über fünfzig Prozent des gesamten seeseitigen deutschen Außenhandels wird über Seehäfen verschifft, davon mehr als die Hälfte über Hamburg.“


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Beatrice Claus vom WWF widersprach: „Senat und Wirtschaft treiben mit ihrer Behauptung ein unlauteres Spiel mit der Existenzangst der Bürger. Weder die Zukunft des Hafens, noch die Zukunft des Wirtschaftsstandorts Hamburg wären bei einem Verzicht auf die Elbvertiefung gefährdet.“ Für die Umweltschützer liegt die Alternative in einer Kooperation der Deutschen Häfen: „Das Denken in Bundesländergrenzen ist nicht mehr zeitgemäß“, so Claus, und dürfte dabei das Treffen der Wirtschaftsminister und -senatoren der Landesregierungen Hamburg, Niedersachsen und Bremen im März 2009 im Sinn gehabt haben. In Cuxhaven beschlossen die Politiker eine umfangreiche Kooperation der Häfen in der deutschen Bucht. Gemeinsame Verkehrsprojekte, einheitliche Umweltgebühren, den Austausch von Facharbeitskräften und die gemeinsame Beschaffung von Material waren Themen. Eine sinnvolle Arbeitsteilung bei der Schiffsabfertigung und eine logistische Kooperation könnten die Stärken der deutschen Seehäfen noch weiter fördern, erklärte nun Claus. Die beiden großen Terminalbetreiber HHLA und Eıurogate widersprachen mit aktuellen Trends: die Reedereien legen Liniendienste auf immer größeren Schiffen zusammen, um die Kapazitäten besser auszulasten. Schiffe mit 13.000 TEU und mehr sind keine Seltenheit mehr. Die Herauszögerung des Projektes Elbvertiefung könnte daher, so HHLA und Eurogate, den Hafen von Ladungsströmen abhängen. Dieser Ansicht schloss sich Wirtschaftssenator Axel Gedaschko an und drängte: „Es könnte zügiger mit der Bearbeitung gehen.“ Im April traf sich der Senator informell mit Cuxhavens Oberbürgermeister Arno Stabbert und versprach vier neue Buhnen für Otterndorf. Mit Erfolg: Niedersachsen gab die Unterhaltungspflicht der Oste an den Bund ab und stimmte so indirekt der Elbvertiefung zu.

Foto: CMA CGM

Die „Andromeda“ vor Blankenese im April 2009. Das 11.356-TEU-Schiff von CMA war bisher das größte, das jemals in den Hamburger Hafen eingelaufen ist. Der Maximaltiefgang des Schiffes beträgt 15,50 Meter – es kann die Elbe daher nicht voll beladen und nur bei günstiger Tide befahren.

Allerdings erreichten Gedaschkos Bestrebungen zur Beschleunigung des Verfahrens das Gegenteil. Denn die Bewilligung der Buhnen für Otterndorf galt als „erheblicher Eingriff“, was normalerweise eine Planänderung und damit die Wideraufrollung des Verfahrens nach sich zieht. Die zuständige Wasser- und Schifffahrts-

Eine Verzögerung des Projektes könne die Häfen von den Ladungsströmen abhängen direktion Nord versuchte diese weitere Verzögerung des Baubeginns zu vermeiden – ohne Erfolg. Laut einer neuerlichen Untersuchung würden die Buhnen Gebiete im Sinne der europäischen „Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie“ beeinträchtigen. Ein Ausnahmeverfahren zog eine Planänderung und eine erneute Öffentlichkeitsbeteiligung nach sich. Kurz vor Auslegung der Planänderungsunterlagen in drei niedersächsischen

Städten stimmte die Wasser- und Schifffahrtsdirektion Nord die Betroffenen noch einmal mild. Auf einer Länge von drei Kilometern sollten 26 Buhnen im Altenbrucher Bogen in die Elbe hineingebaut werden. Außerdem sollte direkt vor Otterndorf, auf einer Größe von rund 66 Hektar, eine Unterwasserablagerungsfläche geschaffen werden. Das mit Baggergut gefüllte Bauwerk würde die Fließgeschwindigkeit der Elbe senken und somit für sichere Deiche sorgen. Dafür müsste auf der anderen Deichseite die Fahrrinne erweitert werden, um eine Verengung auszuschließen. Das konnte auch einen Gegner der Elbvertiefung, Enak Ferlemann, CDU-Bundestagsabgeordneter und Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, überzeugen. „Damit wird ein großes Problem für die Region gelöst“, sagte er im Oktober. Ende Januar 2010 gab Bürgermeister Ole von Beust schließlich bekannt: „Niedersachsen macht wohl mit, der Bund ist auch dabei. Wenn es keine Klagen gibt, können wir im Herbst mit den Arbeiten beginnen.“ ENDE Hafen 2010

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LOGISTIK

Logistik

Zwischen Krise und Boom: Verschnaufpause in der Logistik Terminals und Logistiklager, wie das hier im Bild gezeigte Lager f체r Kontraktlogistik der HHLA, entfernten sich 2009 deutlich von den Auslastungszahlen der letzten Jahre. Dennoch halten viele Unternehmen an den ambitionierten Ausbaupl채ne der Vergangenheit fest. Die ersten Anzeichen einer wirtschaftlichen Belebung geben ihnen recht.

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Foto: HHLA

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Foto: BSU

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LOGISTIK

Verkehrs- und Logistikprojekte

Von der Y-Trasse durch den längsten Tunnel der Welt Logistik hört nicht hinter der Stadtgrenze auf. Neben der Hafenquerspange richtet sich die Aufmerksamkeit von Fachleuten auch auf die so genannte Y-Trasse – und auf den neuen Tunnel am Gotthard in der Schweiz.

Text: Tim Holzhäuser

Was lange währt ... ... währt weiterhin lange und kommt auch 2009/2010 nicht zu einer Entscheidung. Die Rede ist von der A 26, bzw. dem Hamburger Teilstück, das unter der Bezeichnung Hafenquerspange seit den frühen 80er-Jahren, also de facto seit einem Vierteljahrhundert geplant, verworfen und seitdem immer weiter modifiziert wird, ohne dass eine Entscheidung zu vermelden wäre. Im Gegenteil: Im Januar 2008 musste die städtische Realisierungsgesellschaft (ReGe) das Scheitern der bis dahin favorisierten Nordtrasse bekanntgeben (vgl. Karte). Die Nordstrecke wäre für die Hafenbetriebe das Optimum gewesen, städteplanerisch jedoch schwierig. Der „Sprung über die Elbe“ (also die Stadtentwicklung der Elbinseln zwischen HafenCity und dem Harburger Binnenhafen) wäre ebenso gefährdet bzw. behindert worden wie die Internationale Gartenausstellung. Hinzu kamen ausufernde Kosten von weit über einer Milliarde Euro. Im März 2009 stellte die Senatorin für

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Hafen 2010

Stadtentwicklung und Umwelt, Anja Hajduk (Bündnis 90/Die Grünen) zusammen mit Wirtschaftssenator Axel Gedaschko (CDU) eine neue Trasse im Süden vor. Statt einer zweiten Köhlbrandbrücke sieht das Konzept eine neue Hochbrücke über die Süderelbe vor. In Wilhelmsburg ist ein 640 Meter langer Tunnel geplant, der den Autolärm in diesem Bereich eliminieren soll. Im Vergleich zur Nordtrasse würden sich die Kosten für die hier vorgestellte Variante auf „nur“ 716 Mio. Euro belaufen.

Ein Tunnel könnte helfen, den heftigen Protest des Projekts Hafenquerspange zu unterlaufen Das Konzept hat Anklang gefunden. Gerade der Tunnel könnte helfen, den heftigen Protest zu unterlaufen, der dem Projekt Hafenquerspange von den Einwohnern Wilhelmsburgs entgegenschlägt. Die Umsetzung des Konzepts Hajduk/ Gedaschko liegt jedoch nach wie vor in der Zukunft. Laut der Senatorin könnte das

Die Karte zeigt Varianten der Hafenquerspange. Planfeststellungsverfahren, das einem Projekt dieser Größenordnung zwangsläufig vorausgeht, Ende 2010 eingeleitet werden. Baubeginn wäre dann voraussichtlich 2012. Vom LKW zur Bahn: Der Hamburger Hafen wird zur Zeit von ca. 55.000 Güterzügen pro Jahr angefahren. Zwölf Prozent des deutschen Schienengüterverkehrs beginnen oder enden hier. Prognosen erwarten einen Anstieg um über 100 Prozent bis 2015. Hinzu kommen wirtschaftspolitische Bestrebungen, den Anteil des Güterverkehrs auf der Schiene insgesamt zu stei-


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Legende Nordvarianten Südvarianten Diagonal West Die jüngste ist die rote, im Süden, die im März 2009 vorgestellt wurde.

Tunnel gern, was nochmals Druck auf die bestehenden Trassen ausüben wird (vgl. auch S. 64). Aus diesem Grund hat der Schienenaus-

Bis auf der Y-Trasse Züge rollen, ist mit Widerstand aus verschiedenen Richtungen zu rechnen bau in Norddeutschland hohe Priorität. Favorisiert wird die so genannte Y-Trasse, eine Neubaustrecke von Hannover über Walsrode nach Hamburg und Bremen. Die

Strecke wurde bereits 1992 erstmalig als Projekt vorgestellt. Aktueller Stand ist eine geplante Strecke, die aus der jetzigen Hauptstrecke Hannover–Celle–Hamburg abzweigt und entlang der A 7 und A 27 in die Nähe von Walsrode führt, bevor sie auf einer neuen Trasse nach Norden verläuft. Bis tatsächlich Züge rollen, ist jedoch mit Verzögerungen und Widerstand aus verschiedenen Richtungen zu rechnen – das zeigte auch das Jahr 2009. Große Sorgen kamen auch auf, als klar wurde, dass mit Peter Ramsauer ein CSU-Politiker im Okto-

Großbrücke Anschlussstelle ber 2009 das Bundesverkehrsministerium übernehmen würde. Der „Neue“ konnte die Bedenken jedoch zerstreuen. 20 Millionen Planungskosten, die nach der Regierungsbildung „überprüft“ wurden, erhielten im Dezember 2009 die Bewilligung. Die Kritik an dem Mammutprojekt ist indes nicht verstummt, kommt massiv und keineswegs nur von fundamentalistischen Hafen 2010

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Foto: Deutsche Bahn

LOGISTIK

Containerumschlag im Hamburger Hafen auf die Schiene.

Verkehrsprojekte auf Straße und Schiene Hafenquerspange (gepl.) Kosten: ca. 716 Mio. Euro Baubeginn/Fertigstellung: 2012/2015 Y-Trasse (gepl.) Kosten: bis zu 4 Mrd. Euro Baubeginn/Fertigstellung: 2013/2020

Umweltschützern oder Häuslebauern entlang der geplanten Trassen. So bezweifelt Prof. Dr. Ing. Thomas Siefer vom Institut für Verkehrswesen, Eisenbahnbau und -betrieb an der Universität Hannover in einer Studie, dass die Y-Trasse die notwendigen Kapazitätssteigerungen erbringen kann. Ähnliche Zweifel kommen auch vom Fahrgastverband Pro Bahn. Der Verband bemängelt die späte Fertigstellung 2020. Bis dahin seien die Containerengpässe schon lange Realität. Diesen Befürchtungen könnte die Wirtschaftskrise allerdings entgegenwirken. Die Prognosen einer Verdopplung des Containerumschlags in Hamburg bis 2015 sind Makulatur. Erwartet werden nach neueren Zahlen wesentlich moderatere Steigerungs-

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Hafen 2010

raten. So gesehen, könnte sich der aktuelle Planungshorizont der Y-Trasse doch noch als bedarfsgerecht erweisen. Politik und Wirtschaft scheinen sich auf jeden Fall einig: Die Trasse soll kommen.

Die Schweiz ist das Nadelöhr für Güterströme aus dem Hamburger Hafen in Richtung Italien Im Gegensatz zu Hafenquerspange und Y-Trasse ist ein weiteres Infrastrukturprojekt weiter forgeschritten: in der Schweiz. Es mag erklärungsbedürftig sein, weswegen der Hamburger Hafen dem neuen Basistunnel am Gotthard mehr als nur touristisches Interesse entgegenbringen sollte. Tatsächlich aber ist die Schweiz das

Basistunnel Gotthard Kosten: ca. 8 Mrd. Euro Baubeginn/Fertigstellung:1993/2017

Nadelöhr nach Italien und zu weiteren Mittelmeeranrainern. Von den 150 Güterzügen, die täglich auf der Gotthardachse verkehren, transportiert die Mehrheit Güter aus den deutschen Seehäfen. So wie diese von einem erheblich höheren Güterverkehr in mittelfristiger Zukunft ausgehen, erwarten auch die Schweizer erheblich mehr Tonnenkilometer auf ihren Bahnstrecken, die für diese Massen nicht ausgelegt sind. So müssen sich Züge auf der GotthardAchse bisher auf bis zu 1.150 Meter ü.M. hinaufquälen und benötigen für besonders steile Teilstrecken eine zweite Lokomotive.


Foto: Alptransit

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Ein Bohrer frisst sich im neuen Gotthard-Tunnel durch das Gestein. Fast alle der 150 Züge, die täglich auf der Gotthard-Linie fahren, transportieren Ladung aus den deutschen Seehäfen. Das Gewicht der Züge ist daher auf 2.000 Tonnen begrenzt. Mit dem neuen Tunnel sind 4.000 Tonnen möglich. Die Maximalgeschwindigkeit wird auf 160 km/h angehoben, eine glatte Verdopplung. Die Reisezeit verkürzt sich durch den Ausbau, etwa auf der Strecke Zürich–Gotthard–Mailand, um eine Stunde. Neben diesen technischen Details ist auch die Finanzierung des mit 57 Kilometer längsten Tunnels der Welt interessant. Sie ist de facto keine Verkehrs-, sondern eine ordnungspolitische Maßnahme: Der zunehmende LKW-Verkehr (Erfahrungswerten zufolge verdoppelt sich der alpenquerende Güterverkehr über die Straße alle acht Jahre) führte in der Schweiz schon

während der 80er-Jahre zu Unmut. Parallel zu dem Tunnelprojekt (das auf die 40erJahre zurückgeht), führte der Schweizer Bundesrat 1998 eine zweckgebundene Schwerlastabgabe für den Straßenverkehr

Voraussetzung für eine effiziente Nutzung des Tunnels via Hamburg ist die Y-Trasse ein. Zusammen mit Einnahmen aus der Mineralöl- und Mehrwertsteuer finanziert somit der LKW-Verkehr den Bau des ca. acht Mrd. Euro teuren Projekts, das eben diesen Verkehr erheblich schwächen könnte. Im Januar 2010 waren von den insgesamt 152 Kilometern Tunnellänge (zwei

Röhren inklusive Versorgungs- und Technikschächte) 94 Prozent aus dem Berg herausgebrochen. Dadurch könnte der Tunnel ein Jahr früher als geplant, nämlich 2016 eröffnet werden. Der Basistunnel Gotthard wird zusammen mit den Tunneln am Zimmerberg und Ceneri ein Nadelöhr zwischen der Schweiz und Deutschland beseitigen und damit auch den Güter- und Warenströmen aus dem Hamburger Hafen einen effizienteren Weg nach Südeuropa eröffnen. Voraussetzung hierfür – und damit wären wir wieder in Deutschland angekommen – ist die Umsetzung der Y-Trasse. Logistik und Verkehr, das ist hier deutlich zu sehen, funktionieren global. Oder gar nicht. ENDE Hafen 2010

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LOGISTIK

Hafenbahn

Mit Investitionen in die Zukunft Nach jahrelangem Investitionsstau fließt endlich wieder Geld in die maroden Anlagen der Hafenbahn. Ein Masterplan listet millionenschwere Sanierungs- und Neubaumaßnahmen rund um Brücken und Gleise, Bahnhöfe und Verkehrsleitsysteme auf. In Verbindung mit den Millioneninvestitionen steht jedoch die Trägerschaft der Hafenbahn zur Disposition.

Foto: DB AG

Text: Tim Holzhäuser

digkeitsbeschränkungen von zehn Stundenkilometern“ Zitat: Stinnes Logistics) kam 2008 mit dem „Masterplan zur Schienengüterentwicklung des Hamburger Hafens bis 2015 und darüber hinaus“ die Wende für den Bahnbetrieb. Derzeit umfasst das Netz der Hamburger Hafenbahn 300 Kilometer, auf dem 65 Eisenbahnverkehrsunternehmen ca. 220

Hamburg ist der größte Umschlagsplatz für Bahngüter in Europa

DB Cargo-Zentrum Hafen Hamburg mit Blick auf die Gleisanlagen des Rangierbahnhofs in Waltershof und den Verlade-Terminal

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Hafen 2010

Sie war lange Zeit das Maultier des Hafens: unverzichtbar für den Betrieb zwischen Kai und Hinterland, aber ohne hörbare Stimme und überaus leidensfähig. Nach dem drohenden Zusammenbruch 2006 („desolate Infrastruktur“, „Geschwin-

Züge täglich auf die Reise schicken. Der Transportanteil der Hafenbahn am Gesamthafenumschlag beträgt 30 Prozent, am Containerfernverkehr über 75 Prozent. 13 bis 14 Prozent des gesamten deutschen Transportvolumens auf der Schiene starten oder enden im Hamburger Hafen. Hamburg ist damit der größte Güterbahnumschlagplatz Europas. Entsprechend der Prognosen für den Warenverkehr im Hafen, rechnet auch die Hafenbahn mit einem erheblich ansteigenden Gütervolumen. Zwar sind die ursprünglichen Planungsgrundlagen (Verdopplung des Umschlags bis 2015) aufgrund der Finanz- und Wirtschaftskrise Makulatur,


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Foto: DB AG

Servicestelle Maschen der DB Schenker Rail, Instandhaltung Nord – Reparaturarbeiten an einem schadhaften Güterwagen

Bahnverbindung im Hafen. Zusammen mit der Müggenberger Brücke bildet sie das Veddeler Wasserkreuz, einen Bahnknotenpunkt zwischen Veddel und Georgswerder. Hinzu kommt der Neubau der Rethebrücke. Diese 1934 erbaute Hubbrücke ist die Straßen- und Gleisverbindung zwischen Neuhof und Hohe Schaar und verbindet das Hafengebiet Altenwerder/Moorburg und Hamburg mit dem Mittleren Freihafen. Die Brücke ist durch Abnutzung stark beschädigt. Sie wird für ca. 82 Mio. Euro neu erbaut. - Verkehrsmaßnahmen im Rugenberger Hafen. Hier geht es im Wesentlichen um den Neubau einer Schleuse, Kapazitätserhöhung der Verbindungsgleise im Raum Waltershof, den Neubau der Waltershofer Brücken, sowie die Sanierung und Verbreiterung der Straßen zur Aufnahme von Schwerlasttransporten.

Die Hafenbahn in Zahlen aber dennoch werden die Höchststände von 220 Zügen pro Tag, die unmittelbar vor der Krise erreicht wurden, bald wieder zum Alltag gehören.

Der Masterplan sieht ein Investitionsvolumen von 500 Millionen Euro vor Der Masterplan, erstellt auf dem Höhepunkt des vergangenen Booms, sieht ein Investitionsvolumen von 500 Mio. Euro vor.

62 Millionen waren bereits im Haushalt 2007/2008 enthalten. Der Plan, dessen Ausführung bis nach 2010 dauern wird, führt im Wesentlichen die folgenden Umund Ausbaumaßnehmen auf: - Neubau zahlreicher Brücken, die teilweise kurz vor dem Einsturz stehen. So darf etwa die Niedernfelder Brücke nur noch von Güterzügen mit bis zu 20 Tonnen Achslast befahren werden. Wohlgemerkt: hier geht es nicht um irgendein Nebengleis, sondern um eine der wichtigsten

300 km Gleisstrecke 55 Tunnel und Brücken ca. 880 Weichen 3 Rangier- und Ablaufsysteme 220 Züge pro Tag 4.300 Waggons pro Tag 65 Eisenbahnverkehrsunternehmen 30 Prozent Transportanteil am Gesamthafenumschlag 75 Prozent im Containerfernverkehr

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LOGISTIK

Foto: DB AG

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- Umbau Bahnhof Waltershof. Gleisneubau und die Erneuerung der Systemtechnik. - Gleisanbindung Altenwerder. Hier sollen zusätzliche Verbindungsgleise, sowie eine verbesserte Signaltechnik die Kapazität der Schnittstellen Terminal/Hafenbahn optimieren. Neben den Aus- und Neubauten beinhaltet der Masterplan der Hafenbahn Maßnahmen, um die Effizienz zu vergrößern. So wurde das Netz in drei Kategorien aufgeteilt, in denen unterschiedliche Nutzungsentgelte und -beschränkungen, gerade für wartende Züge, gelten. So beträgt die Standardaufenthaltsdauer auf Gleisen der Kategorie 1, also Gleisen in unmittelbarer Nähe der Terminals, nur-

Mit neuen Regelungen soll Druck auf das Gesamtsystem ausgeübt werden. mehr vier Stunden. Mit dieser Regelung soll Druck auf das Gesamtsystem ausgeübt werden. Unternehmen, deren Züge, nicht die volle Zeit ausnutzen, zahlen weniger. Die Zahl der leeren Waggons, die über Tage hinweg Gleise blockierten, hat sich damit drastisch verringert. Über 95 Prozent der Wagen benötigen laut HPA in der Kategorie 1 Zeiten unter fünf Stunden. Diese technischen Ausführungen mögen nützlich und sinnvoll sein, sind aber dennoch etwas dröge. Wesentlich mehr Span-

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Hafen 2010

nung bietet das Thema Hafenbahn/Hochbahn. Bereits 2008 wurde bekannt, dass die Hafenbahn aus der HPA herausgelöst werden und in die Verantwortung der Hamburger Hochbahn übergehen soll. Hintergrund sind die hohen Sanierungskosten, besagte 500 Mio. Euro, die weder auf den Konten der HPA noch der Stadt Hamburg zu finden sind. Die Hochbahn soll

Meldungen zufolge nicht nur für die Schienen verantwortlich sein, sondern auch den Rangierbetrieb übernehmen. „Sidekick“ könnte die im Frachtverkehr erfahrene Eisenbahn Altona-Kaltenkirchen-Neumünster (AKN) sein, die als Übernahmekandidat ins Gespräch gekommen war. Ein solcher Zukauf von Know-how rund um Container und Güterverkehr wäre im Fall Hochbahn


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wünschenswert (angesichts des jüngsten Chaos im ÖPV, mit dem ständigen Ausfall von Zügen, de facto nichtexistenten Fahrplänen und einer Atmosphäre allgemeiner Hilflosigkeit). Allerdings: ein positiv verlaufener Prüfauftrag blieb bisher komplett folgenlos. Bei der HPA scheint man darüber nicht allzu traurig zu sein. Es ist jedoch schwer vorstellbar, dass ein Thema

dieser Größenordnung einfach versickert. Neben derartigen Interna spielen auch die Themen fernab Hamburgs bei der Hafenbahn einer Rolle. Als wesentlich sieht man hier die überregionalen Ausbauten von Trassen an, so auch die so genannte YTrasse und die Überholgleise für Güterverkehr zwischen Hamburg und Berlin. ENDE

Der Rangierbahnhof Maschen dient als Knotenpunkt im norddeutschen Raum der Zugbildung. Er ist der größte Rangierbahnhof Europas und wird weltweit nur noch vom „Bailey Yard“ (USA) übertroffen.

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LOGISTIK

Logistik im Wandel

Neue Wege im Hamburger Hafen Auch die maritime Logistik sorgte 2009/2010 für Gesprächsstoff im Hafen. Zwei Themen beherrschten die Seiten der Fachpresse: Effizienzoptimierung auf Schiene, Wasser und Straße, sowie neue Auflagen zum Umweltschutz. Dabei wurde deutlich: Der Widerspruch zwischen Ökologie und Wirtschaftlichkeit ist in vielen Bereichen nur noch schwer zu erkennen.

Foto: Eckelmann

Text: Tim Holzhäuser

Robert Eckelmann will Umfuhren noch stärker auf das Wasser verlagern

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Hafen 2010

Italienische

Verhältnisse im Hafen wünscht sich Unternehmer Robert Eckelmann. Im Juni 2009 brachte der Kopf der Eckelmann Gruppe unter dem Projektnamen „Venedig“ eine Stärkung der Wasserstraßen ins Gespräch. Hintergrund war und ist der geringe Anteil der Umfuhren innerhalb des Hafens auf dem Wasser. Dieser liegt bei zwei Prozent (ca. 120.000 TEU) – trotz Binnenschifffahrt und 125 Containertaxis, die im Dienst der Firma Eckelmann unterwegs sind. Ein Problem ist hier die mangelnde Akzeptanz der kleinen 60-TEU-Bargen bei den großen Containerterminals. Die Abfertigung der Winzlinge ist aus Sicht der Terminalbetreiber mit ihren 40 Meter hohen Containerbrücken unverhältnismäßig aufwendig, stört bei der Be- und Entladung großer Schiffe und wird daher nicht zum Schnäppchenpreis angeboten. Aus diesem Grund fordert Eckelmann separate Terminalabschnitte extra für kleinere Schiffe und Bargen. Hinzu kommt die Planung einer Umschlagseinrichtung bei Geesthacht. Westlich der Elb-Schleuse will der Unternehmer einen „Park & Ride-Ser-

vice“ für LKW aus dem Osten einrichten, die hier Container auf dedicated, also firmengebundene Containertaxis umladen können. Je zwei Schuten laufen dann von Geesthacht aus jedes Terminal im Hamburger Hafen an. Die Reisezeit beträgt hierbei zwei Stunden. „Wir sind mitten im Antragsverfahren ‚kombinierter Verkehr’ für einen Containerterminal“, bestätigte Robert Eckelmann im Juni 2009 dem „Hafenreport“. „Die Förderzusage erwarten wir innerhalb des nächsten halben Jahres.“ 2011 sollen die Taxen dann verkehren.

Angemahnt werden sichere Fahrverhältnisse auf Wasserstraßen und ein ordnungspolitischer Rahmen Handelskammer-Präses Frank Horch begrüßte die Pläne Eckelmanns ebenso wie Wirtschaftsminister Axel Gedaschko (CDU). Die beiden fassten ihre Forderungen an die Bundespolitik jedoch weiter. Sichere Fahrverhältnisse auf Wasserstraßen wurden ebenso angemahnt wie die Schaffung eines ordnungspolitischen Rahmens, der Bin-


Foto: Port Feeder Barge

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Die Port Feeder Barge bleibt bisher im Projektstadium stecken. Trotz vielfältiger Einsatzmöglichkeiten im Hafen verzögern Querelen rund um Fördergelder die Realisierung. nenschiffe dem LKW und dem Güterzug gleichstellt. Auf Kurzstreckentransporte über das Wasser setzt auch ein anderer Unternehmer aus Hamburg – allerdings mit ungleich weniger Erfolg. 2009 brachte das vorläufige Ende des Projekts, das unter dem Namen „Port Feeder Barge“ von nicht wenigen im Hafen sehnlich erwartet wurde. Der schwimmende Ponton mit einer Kapazität von 170 TEU sollte, so die Vision seines Erfinders Ulrich Malchow, zwischen den Terminals verkehren und so etliche Tausend Truck-Fuhren und Feederanläufe überflüssig machen. Gegenüber dem Containertaxi könnte sich die Barge mit einem eigenen Kran profilieren und somit unabhängig vom Betrieb der Containerbrücken agieren. Gerade die Feeder, die im Hafen drei oder vier Terminals anlaufen müssen, bevor sie ihre Ladung komplett gestaut haben, könnten die Barge als „Kommissionär“ nutzen und nach einem einzigen Rendevouz, irgendwo im Hafen, ihre jeweilige Route antreten. Der wirtschaftlich sinnvolle Betrieb der Port Feeder Barge erschien bereits 2007

Etwa 450.000 TEU werden jedes Jahr innerhalb des Hafens hin- und hergefahren möglich, denn in jenem Jahr wurden allein 450.000 TEU innerhalb des Hamburger Hafens hin- und hergefahren. Eigentlich hätte die Port Feeder Barge auch 2007 zu Wasser gelassen werden sollen – was die Wasserund Schifffahrtsdirektion West (Münster)

mit einer Behördenposse zu verhindern wusste. Hintergrund: Port Feeder Barge-Geschäftsführer Malchow hatte aus Bundesmitteln zwei Millionen Euro Baukostenzuschuss erhalten, die er an die Cassens Werft in Emden weiterleitete. Als diese Werft Konkurs anmeldete, ging der Auftrag stattdessen an die Con-Mar Werft in Brake. Als auch Con-Mar in die Pleite schlidderte,

Telematik im Hafen: Optimierung des Verkehrs Der Boom ist vorbei, aber das langfristige Wachstum des Hamburger Hafens wird erneut zu einem hohen LKW-Aufkommen führen. Um die bestehenden Straßen besser zu nutzen, setzen Firmen und Hafenbehörden auf intelligente Leitsysteme aus der Telematik. Die Logistik-Initiative Hamburg hat zur Förderung dieser Technik das Projekt Truck Guide Hamburg gestartet, zusammen mit Dakosy, Eurogate, HPA, dem Verband Straßengüterverkehr und Logistik Hamburg sowie der Firma Toll Collect. Mit Truck Guide soll eine An- und Abfahrtsplanung der LKW für die verschiedenen Container-Terminals und Logistikzentren im Umfeld des Hamburger Hafens realisiert werden. Kernidee des Projektes ist die Nutzung der Mautinfrastruktur zur Bestimmung der aktuellen Position der LKW. Weitere Informationen gibt Andreas Köpke von der Logistik-Initiative. Telefon: (+49 40) 22 70 19-23, andreas.koepke@hwf-hamburg.de

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LOGISTIK

Foto: HHLA

Auf der Kurzstrecke sind LKW noch immer für ca. 70 Prozent der Weitertransporte aus dem Hamburger Hafen verantwortlich. Links Containerverladung, rechts Nadelöhr Köhlbrandbrücke während des letzten Booms. Bilder wie diese werden aller Voraussicht nach ab 2011 wieder zum Alltag gehören.

musste Malchow seine Anzahlung mit erheblichem Aufwand und eigenem Geld aus der Insolvenzmasse freikaufen. Da die zwei Millionen nun laut WSD nicht mehr „zweckentsprechend“ eingesetzt worden waren, forderten die Bürokraten die Rückzahlung plus Zinsen auf das Geld, insgesamt 300.000 Euro. Warum nun Posse? Hätte Malchow sich zurückgelehnt und zugesehen, wie die zwei Millionen im Konkurs der Con-Mar ersoffen wären, dann wäre in den Augen der WSD alles äußerst zweckmäßig verlaufen und der Erfinder hätte keinen Cent aufbringen müssen. So besteht die WSD auf Zinszahlung, eine Forderung, gegen die Malchow vor Gericht gezogen ist.

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Hafen 2010

„Es blieb uns nichts anderes übrig, als Klage einzureichen“, schreibt er. Selbst bei einem positiven Gerichtsurteil, geht nun jedoch viel Zeit verloren. „Obwohl uns vom Verkehrsministerium zugesichert wurde, dass auch parallel zum laufenden Verfahren ein neuer Förderantrag gestellt werden kann, sieht man das bei der nachgeordneten WSD-West offenbar anders: Uns wurde schriftlich bestätigt, dass ein neuer Antrag

Zum Einsatz kommt die Port Feeder Barge demnach in frühestens vier Jahren erst nach Klärung der Rechtslage bearbeitet werden würde bzw. wenn wir unsere Klage zurückziehen.“

Eine Entscheidung des Gerichts erwartet der Erfinder 2011 oder 2012. Zum Einsatz kommen könnte die Port Feeder Barge demnach in frühestens vier Jahren. Fraglich bleibt, ob Ulrich Malchow diese Jahre durchsteht oder die Port Feeder Barge anderen Nordrange-Häfen andient. „Die Option ist da“, sagt er. Neben den flexiblen Einsatzmöglichkeiten von Containertaxi, Port Feeder Barge und Binnenschiffen sprach die Branche 2009 auch immer häufiger über ökologische Aspekte. So auch auf dem Forum „Nachhaltigkeit in der Logistik“, das die Logistik Initiative Hamburg im Juli 2009 veranstaltete. Ökologie und Umweltschutz wurden hier als dringlich dargestellt, gerade mit Hinblick auf den Güterverkehr über die Straße. Klimavereinbarungen fordern eine deutliche bis dramatische Reduktion der CO2-Emissionen, auch in Deutschland. Die Potentiale hierfür sind bei keinem Verkehrsträger so groß wie beim Lastwagen. Der Hamburger Hafen setzt nach wie vor überdurschnittlich auf die schnellen, letztlich aber ineffizenten und ökologisch schädlichen Truck-Fuhren. Während der CO2-Ausstoß von Binnenschiffen bei maximal 36 Gramm pro Tonnenkilometer liegt, emittieren LKW über 100 Gramm pro tkm. Folgerichtig fordert das Umweltbundesamt, die LKW-Maut von 17 auf 37 Cent pro Kilometer anzuheben, wie Christoph Erdmenger, Fachgebietsleiter Umwelt und Ver-


kehr, im Juli referierte. „Nur so werden alle Kosten, die durch Laster verursacht werden, auch finanziert.“ Der Beifall hielt sich in Grenzen. Den meisten Beteiligten dürfte jedoch klar geworden sein, dass kein Betrieb mittelfristig an Reduktionen vorbei kommen wird. Und so sprachen sich Prof. Dr. Peer Witten von der Logistik-Initiative und Handelskammer

Auch das Fraunhofer-Institut will sich verstärkt der maritimen Logistik widmen Präses Frank Horch für „Ökologie und soziale Verantwortung aus.“ „Ohne den ökonomischen Erfolg geht nichts“, stellte Witten klar. „Er ist notwendig, aber nicht hinreichend. Wir brauchen auch die Ökologie und soziale Verantwortung.“ Ökologie und Ökonomie seien schon lange keine Gegensätze mehr, gerade in der Logistik. Einigkeit herrscht auch quer durch die Branche, wenn es um langfristige Wachs-

tumsprognosen geht und neuerliche Kollisionen mit Kapazitätsgrenzen. Die Verbände werden bereits heute aktiv. So hat die Logistik-Initiative zusammen mit dem deutschen Seeverladerkomitee im Bundesverband der Deutschen Industrie (DSVK) und dem Kompetenzzentrum Logistik Bremen den „Arbeitskreis Maritime Supply“ eingerichtet. Die Kooperation soll bei der verladenden Wirtschaft und allen anderen an der Transportkette Beteiligten für eine effizientere Abwicklung von Transporten werben. Themen sind u. a. die 24/7-Verladung und Off-Dock-Terminals. Auch das Fraunhofer-Institut will sich verstärkt der maritimen Logistik widmen. 2010 soll in Hamburg das „Fraunhofer-Center für Maritime Logistik und Dienstleistungen“ (CML) entstehen. Sechs Forscher werden zunächst in Räumen der TUHH untergebracht. Das Team soll dann in den nächsten fünf Jahren auf 25 Mitarbeiter anwachsen. Ziel ist die Entwicklung von Logistik-Innovationen speziell für die maritime Wirtschaft. ENDE

Foto: Michael SChwartz

Foto: Michael Schwartz

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Prof. Dr. Peer Witten, Logistik-Initiative Hamburg: „Die derzeitige Wachstumspause bietet die Chance, uns für künftiges Wachstum zu rüsten und die Infrastruktur konsequent weiter auszubauen. Es bleibt zu hoffen, dass uns die wirtschaftliche Rezession nicht zu lange und allzu tief trifft.“ (www.hamburg.business-on.de) Hafen 2010

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LOGISTIK

Schlepper

Vom „Krieg“ zur Konkurrenz Geht es Reedern und Spediteuren schlecht, dann leiden auch andere Unternehmen im Hafen. Dazu zählten nach den Boomjahren 2007 und 2008 im vergangenen Jahr auch die Schlepper-Reedereien. So kamen weniger und immer größere Schiffe, die heute deutlich mehr Ladung an Bord nehmen als zu Beginn des Container-Zeitalters.

„Fairplay VII“: Sein Job ist Schleppen, Drücken, Schieben

S

ie tragen Namen wie „Bugsier“ oder „Fairplay“, „RT Zoe“ oder „Constant“. Sie sind klein, stämmig und extrem kräftig. Wen sie auf den Haken nehmen, der wird geschleppt oder gedrückt, bis das Schiff präzise am Pier liegt.

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Hafen 2010

Die Power der wendigen Kraftprotze zu Wasser wird im sogenannten Pfahlzug angegeben. Um diesen in Tonnen gemessenen Wert zu ermitteln, wird eine Zugwaage zwischen Schlepptrosse und einem Poller an Land eingehängt. Dann wird die Schleppleine gefiert und die Winde gestoppt. Lässt dann der Schlepper seine Maschine mit voller Leistung laufen, kann die Zugkraft an der Zugwaage abgelesen werden. So entwickeln die meisten der in Hamburg beheimateten Schlepper einen Pfahlzug zwischen 40 und 85 Tonnen. Möglich machen

Was ein Schlepper unter der Weste hat, wird in Pfahlzug gemessen das Motorleistungen zwischen 2.000 und 5.300 Kilowatt. Hochseeschlepper bringen es auf 250 Tonnen Pfahlzug. Wie etwa der in St. John’s beheimatete „Taurus“. Von den sieben Unternehmen in Hamburg sind fünf in der „Arbeitsgemeinschaft der Seeschiffsassistenz-Reedereien für den Hafen Hamburg“ zusammengeschlossen.

Seit 1996 bietet auch die holländische Schlepperreederei Kotug ihre Dienste an. Die alteingesessene Reederei aus Rotter-

„Schlepper-Krieg“ im Hamburger Hafen dam hatte damals einen sogenannten Schlepper-Krieg ausgelöst, weil sie ihre Foto: Dietmar Hasenpusch

Foto: Eigel Wiese

Text: Helmut Schwalbach

„Jacoba“ im Einsatz vor Neumühlen


Foto: Michael Schwartz

72-73 Schlepper_Layout 1 16.02.10 15:14 Seite 73

Fünf Schlepper in Neumühlen: Bereit zur Assistenz beim Festmachen Dienste zu deutlich besseren Konditionen angeboten hatte. Selbst der damalige Hamburger SPD–Bürgermeister Henning Voscherau hatte sich in den Konflikt eingeschaltet. Als er einen einheimischen Schlepper besuchte, musste er sich aber

Kartelle der Hamburger Schlepper-Reedereien von Fachleuten belehren lassen, dass Wettbewerb auch dem Hamburger Hafen guttut. Hamburger Schlepper versuchten damals, niederländische Konkurrenten an ihren Liegeplätzen einzukreisen. Die Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr (ÖTV) forderte Hafenarbeiter auf, keine Überstunden auf Schiffen zu leisten, die von Holländern geschleppt wurden. Es habe damals keinen wirklichen Wettbewerb gegeben, so Kotug-GeneralManager Magnussen. Tatsächlich sprachen Fachleute damals von einem Kartell der Hamburger Schlepper-Reedereien. Die Reederei aus Rotterdam konnte billiger arbei-

ten, weil auf ihren Schiffen weniger Personal nötig war und die Löhne sich nicht an den ÖTV-Tarifen orientieren mussten. Heute, sagt Uwe Magnussen, „ist das Verhältnis zu den Mitbewerbern der Arbeitsgemeinschaft sachlich-nüchtern“. So weht an den Liegeplätzen in Neumühlen inzwischen seit Jahren neben der deutschen auch die holländische und die maltesische Flagge. Jeder bemüht sich um Kunden. Der Streit über die Tarife ist längst beigelegt. Abgerechnet wird nach Schiffsgröße und Einsatzdauer. Der Tarif liegt dabei zwischen 900 und 5.000 Euro. Die Verträge werden langfristig geschlossen, nur ganz selten wird gehandelt. Mit dem Umschlag-Boom des Jahres 2007, fast bis Ende 2008, waren auch die Schlepper vermehrt im Einsatz. Wobei die Summe der Container nicht einfach hochgerechnet werden darf. Denn sowohl die Containerriesen wie auch die Zubringer sind in den zurückliegenden Jahren gewachsen. So manches Feederschiff hat heute die Größe eines Containerschiffes der 80er Jahre.

Auf den Weltmeeren fahren bereits Feederschiffe mit einer Kapazität von weit mehr als 1.000 Containern, welche die größeren Containerschiffe mit einer Tragkraft von 5.000 bis 8.000 Containern beliefern. Auf den Haken genommen werden sie alle. ENDE

Zum Hintergrund Im Hamburger Hafen liegen etwa 20 Schlepper mehrerer Reedereien bereit, Seeschiffe beim Anlegen und Manövrieren zu unterstützen. Eine generelle Schlepperpflicht kennt der Hamburger Hafen nicht. In Einzelfällen kann das Oberhafenamt aber eine Annahme anordnen. Neben ihrer Stärke zeichnen sich Schlepper durch ihre Wendigkeit aus. Moderne Fahrzeuge können sogar seitwärts fahren und auf der Stelle drehen.

Hafen 2010

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74-75 Lotsen_Layout 1 16.02.10 15:17 Seite 74

LOGISTIK

Lotsen

„Die Quelle des Hamburger Reichtums“ Ihre Arbeit gehört zu den verantwortungsvollsten der maritimen Wirtschaft. Bei jedem Wetter geleiten Hamburger Lotsen große und kleine Pötte sicher über die Elbe.

Text: Helmut Schwalbach

wechsel beobachten, denn der Ältermann Kramer und die Lotsenbrüderschaft residieren exakt auf der Höhe des Fähranlegers Teufelsbrück, der auch von den Lotsenbooten genutzt wird.

90 Seemeilen - von der Tonne „E3“ bis zur Hafengrenze

Ein Lotse geht an Bord, schafft Vertrauen und Sicherheit. Seine Aufgabe ist es, ein Schiff in gebotener Eile durch das Revier zu lotsen. Alles andere wäre schlichte Navigation.

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Hafen 2010

Will Kapitän Albrecht Kramer wissen, wie es dem Hamburger Hafen geht, genügt ihm ein Blick aus dem Fenster. Der Ältermann der Elblotsen erkennt schon am Tiefgang der am Haus Elbchaussee 330 vorüberziehenden Schiffe, wie die Containerriesen beladen sind. Zugleich kann er den Lotsen-

Während Reeeder und Seehafenspediteure über dramatisch gefallene Frachtraten sowie aufliegende Schiffe klagen, bleibt Kramer gelassen. „Wir sind ein gut organisierter Laden“, sagt der Ältermann. Seine Zahlen bestätigen das. Zwar gingen die Lotsungen von 57.507 im Jahr 2008 auf 47.510 im vergangenen Jahr zurück, doch für die Hamburger Lotsen bedeutete das lediglich eine Abnahme der Mehrarbeit. Die fiel für Lotsen ganz besonders im Jahr 2007 und 2008 an. Gegenüber diesen Boomjahren mussten 2009 fast ein Fünftel (17,4 Prozent) weniger Schiffe gelotst werden. Inzwischen steigen die Versetzzahlen wieder an. „Die Schiffe sind wieder voller“, sagt Kapitän Michael Nicolaysen, Zweiter


Fotos: Michael Schwartz

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Ältermann der Lotsenbrüderschaft Elbe, beim Blick aus dem Fenster, dem gerade wieder ein Seelotse ein voll beladenes Containerschiff verlässt und von einem Hafenlotsen abgelöst wird. Erfahrene Seeleute wie die beiden Ältermänner wissen, dass die Geschäftzahlen in der Schifffahrt schon immer der Form einer Sinuskurve ähnelten. Jedem Boom folgte ein mal mehr, mal weniger, freier Fall. Um dann neue Höhen zu erreichen. Das ist so sicher wie die für Lotsen so wichtige Wiederkehr von Ebbe und Flut.

Auf der Elbe sind 258 Lotsen im Einsatz Mehr als leere Schiffsbäuche besorgt die beiden Kapitäne offenbar die Akzeptanz des Hafens. Er sei die Quelle des Hamburger Reichtums, sagt Kramer. „200.000 Menschen leben von ihm.“ Wenig Verständnis haben die Kapitäne beispielsweise für Anwohner, die sich über den von Containerterminals verursachten Lärm beschweren. Hamburg brauche den

Hafen so wie die Vertiefung der Fahrrinne, darin sind sich die beiden Ältermänner wie die Hafenexperten einig. Noch wachsen die Schiffe, ihr Tiefgang nimmt zu. Damit wird auch die Arbeit der Lotsen noch anspruchs- und verantwortungsvoller. Wer jedoch erlebt, wie gelassen die beiden Hamburger Ältermänner Kramer und Nicolaysen das Geschehen auf der Elbe betrachten, kann sich auch auf die sichere Ankunft der dicksten Pötte verlassen.

Lotsenboot im Einsatz

Elblotsen im Wandel Bereits im 13. Jahrhundert gab es Elblotsen. Die älteste Lotsordnung wurde im Jahr 1656 erlassen. Elblotsen sind in einer selbst verwalteten Brüderschaft von Freiberuflern organisiert. Die Arbeit wird immer anspruchsvoller, denn in den zurückliegenden rund 50 Jahren hat sich die durchschnittliche Schiffsgröße nahezu verfünffacht. Nach dem Boomjahr 2007 liefen fast ein Viertel weniger Schiffe den Hamburger Hafen an. Inzwischen zeigt die Kurve wieder deutlich nach oben.

Modernste Technik, wie elektronische Seekarten, unterstützt die Arbeit der Lotsen Hafen 2010

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LOGISTIK Schrottberge dominieren auf dem Gelände im Mittleren Freihafen

Neuer Terminal

Multipurpose in Steinwerder? Nach den schweren Einbrüchen beim Containerumschlag scheinen die Pläne für einen neuen Containerterminal im Mittleren Freihafen überholt. Mit einem Markterkundungsverfahren durch die HPA soll nun die Flächennutzung gefunden werden, die zur aktuellen Wirtschaftslage und den Prognosen passt.

Der Wind hat sich gedreht. „Die Zeiten, in denen man einen Kai baut und dann wartet, dass ein Containerschiff kommt, sind eindeutig vorbei“, stellte Wirtschaftssenator Axel Gedaschko (CDU) im August 2009 ernüchtert fest und stützte damit HPA-Chef Jens Meier. Der war abgerückt von den Plänen im Mittleren Freihafen einen neuen reinen Containerterminal zu erreichten. Bei dem Areal zwischen Roß- und Travehafen handelt es sich um ein 125 Hektar großes Grundstück mit Kaikanten von 1.500 und 600 Metern, sowie einem zukünftigen Drehkreis für Schiffe von bis zu 400 Metern Länge. Ein Containerterminal könnte auf dieser Fläche bis zu 3,5 Mio. TEU im Jahr umschlagen. Meier war jedoch bereits im Herbst 2008 umgeschwenkt und drängte in Richtung mehrerer Alternativen, darunter ein Multipurpose-Terminal, der sowohl Container als auch Stückgut und Projektfracht bewältigen kann, aber auch einen reinen Massengutumschlag. Auch beim Namen distanziert sich die HPA mittlerweile deutlich von Stahlboxen: „Central Terminal Steinwerder“. Bei diesen Stichworten war der derzeitige Hauptmieter des Areals, die Firma Buss, schon vor Jahren hellhörig geworden. Buss signalisierte Interesse, zusammen mit der HHLA einen Terminal auf dem Gelände zu betreiben. Buss würde in diese Ausrichtung

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Hafen 2010

passen, denn seine Stärke liegt laut Geschäftsführer Heinrich Ahlers in der Projektladung und im Umschlag von Stückund Massengut. „In diesen Bereichen ist der Rückgang bei weitem nicht so massiv wie bei den Containern.“ Wozu also noch eine öffentliche Ausschreibung? Eine Zusage der Stadt blieb jedoch aus, Buss hing in der Luft. Bis zum Angebot von 150 Mio. Euro, wenn die Firma die Fläche räumen würde. Die Summe verringerte sich 2009 auf ca. 120 Mio. Euro, dafür gab es für Buss eine Bestandsgarantie bis mindestens 2013. Offensichtlich hat die Krise für Gelassenheit beim Mittleren Freihafen gesorgt. Von eiliger Umsetzung neuer Pläne keine Spur. Im August 2009 wurde bekannt, dass die Wirtschaftsbehörde und die HPA Stimmen aus der Wirtschaft zur Nutzung der Fläche einholen wollten – weltweit. In einem so genannten Markterkundungsverfahren sollen sich Firmen bis nach Asien hin äußern und Verwendungen vorschlagen. Die Beteiligung war laut HPA rege. Selbst aus der Nahrungsmittelindustrie seien Anfragen gekommen. Die besten drei Vorschäge will die HPA mit 100.000 Euro prämieren, bevor es dann zur Ausschreibung kommt. Der Mittlerere Freihafen könnte damit der erste Schritt eines Gesamtstrategiewechsels sein, das zumindest deutete Wirt-

Foto: BUSS

Text: Tim Holzhäuser

Dr. Johann Killinger, Geschäftsführer der Buss-Gruppe, signalisierte Interesse schaftssenator Gedaschko im Februar 2010 auf einer Pressekonferenz an: „Wir wollen über strategische Partnerschaften künftig Ladung an Hamburg binden.“ ENDE


Foto: HPA

Foto: Michael Schwartz

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Die Planung des Terminals sieht ein Areal von 125 Hektar vor

Dedicated Terminals Bei den Containerterminals gibt es zwei Betreibermodelle: Einige Nordrange-Häfen setzen auf dedicated Containerterminals, also Terminals, die eine Reederei für die eigenen Schiffe betreibt, andere dulden in ihren Häfen ausschließlich von Hafenfirmen betriebene Terminals, die potentiell allen Schiffen offenstehen. Die Tücke zeigt sich in der Krise. Nach den Einbrüchen beim Containerumschlag waren die meisten Reedereien bestrebt, zuerst die Auslastung der eigenen Terminals zu sichern. In der Folge ging der Umschlag in Rotterdam (ein Hafen der fast ausschließlich auf dedicated Terminals setzt) wesentlich weniger stark zurück als der Umschlag in Hamburg (kein einziges dedicated Terminal).

Hafen 2010

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LOGISTIK

Nord-Ostsee-Kanal

Eine neue Auffahrt für die Ostsee Der Nord-Ostsee-Kanal nutzt die Monate in der Krise. Mittel aus dem Konjukturpaket II helfen beim Ausbau von Norddeutschlands wichtigster Wasserstraße. Für die nächsten Jahre werden neue Rekordzahlen erwartet.

Text: Tim Holzhäuser

Der Rekord ist schnell verblasst. 2008 meldete die Schifffahrtsverwaltung des Bundes für den Nord-Ostsee-Kanal erstmalig eine transportierte Menge von über 100 Millionen Tonnen. Ein Jahr später hingegen lautete die Meldung: herbe Verlust. Die Ladungsmenge erreichte 2009 nur 70.377.571 Mio. Tonnen. Das entspricht einem Rückgang von 33,4 Prozent. Die Bruttoraumzahl (BRZ) der

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Hafen 2010

Leuchtturm Brunsbüttel


Fotos: Eigel Wiese

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Auch nachts herrscht Betrieb auf dem Nord-Ostsee-Kanal. Besonders die Schleusen bei Brunsbüttel (hier im Bild) werden zum Nadelöhr. Die fünfte Schleusenkammer wird ab 2010 gebaut. NOK-Schifffahrt fiel mit 115.861.977 Mio. um 33,8 Prozent niedriger aus als 2008. Der Rückgang ist der Wirtschaftskrise anzulasten, zum anderen aber auch der Tendenz zu größeren Schiffen oder der raueren Route rund um Skagen. Diese Route ist wesentlich länger, aber in den Zeiten gewaltiger Kapazitätsüberhänge, gerade in der Containerschifffahrt, guckt ein Reeder nicht mehr so häufig zur Uhr, wie während des letzten Booms.

Allerdings wirkten erneut gestiegene Rohölpreise dieser Entwicklung entgegen. Während der Preis für Schweröl Anfang 2009 deutlich zurückgegangen war (in Rotterdam etwa kostete eine Tonne Ende Februar 230 US-Dollar), kam es im Frühling zu einer eindrucksvollen Rallye, die den Preis auf über 410 USD trieb. Seitdem keine Erholung, im Gegenteil: Bocksprünge bis auf knapp 500 USD kurz vor Weihnachten. Hafen 2010

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Foto: Michael Schwartz

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Dichter Verkehr auf dem NOK. An manchen Tagen im Jahr 2009 war die Kapazitätsgrenze mit aller Deutlichkeit erreicht.

Für den Nord-Ostsee-Kanal bedeutete das eine neuerliche Zunahme des Verkehrs und in der Tat meldete die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (BSV) bereits in ihrer Halbjahresbilanz einen deutlichen Anstieg der Kanaldurchfahrten (April: 2.255 Durchfahrten, Juni: 2.567). Die Rekordzahlen von 2008 sind damit noch längst nicht erreicht, aber die krisenbedingte Atempause hat auch ihr Gutes. Im Konjunkturprogramm II der Bundesregierung sind insgesamt 430 Millionen Euro für den Ausbau deutscher Wasserstraßen vorgesehen, 210 Millionen Euro davon für den Nord-Ostsee-Kanal. Damit werden Maßnahmen finanziert, die zwar ohnehin geplant waren, aber sie werden vorgezogen.

Während der Kanal bei den Schiffsgrößen noch einiges verkraftet, ist er bei der Durchlässigkeit an seiner Kapazitätsgrenze angelangt. Während der Kanal bei den reinen Schiffsgrößen noch einiges verkraftet, haben die Monate des Boomes eines deutlich gezeigt: zwischen Brunsbüttel und Kiel-Holtenau staut es sich. Der Streckenvorteil des Kanals wurde dadurch ab und an nahezu neutralisiert. So stützte sich die IHK Schleswig-Holstein auf Modellrechnungen, nach denen ein typisches Feederschiff (800 TEU) auf einer Reise von Rotterdam nach Finnland unter ungünstigen Bedingungen auf der Route durch den Kanal schon heute eine halbe Stunde länger unterwegs ist, als auf der Route rund um Skagen. Später ankommen und dafür ca. 2.000 US-Dollar Mehrkosten kal-

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kulieren, das klingt nicht nach einem brillanten Geschäft, daher zielt der Ausbau des Kanals, der 2010 nun endlich starten soll, zunächst auf die „Durchlaufgeschwindigkeit“. Das heißt im Wesentlichen: Bau einer fünften Schleusenkammer in der Schleusengruppe Brunsbüttel und die Verbreiterung der Oststrecke des Kanals. Der Planfeststellungsbeschluss für die neue Schleuse wird noch in diesem Frühjahr erwartet. Die Verbreiterungspläne lagen im Januar 2010 für vier Wochen aus. Nach der Ausschreibung wird hier mit einem Beginn der Arbeiten für Ende 2010 gerechnet. Im Vordergrund stehen die Aufweitung des Kanalprofils von 44 auf 70 Meter, sowie eine Anpassung der Kurvenradien auf 3.000 Meter. Das Manövrieren größerer Schiffe soll hiermit deutlich erleichtert werden. Nach Meinung von Fachleuten ist gerade diese Maßnahme überfällig. „Der Trend zu größeren Containerschiffen mit Stellplatzkapazitäten von 1.400 bis 1.800 TEU hat sich ungebremst fortgesetzt“, heißt es bei der WSV. Erhärtet wird diese Beobachtung durch den Vergleich einschlägiger Zahlen. Im ersten Halbjahr 2009 befuhren insgesamt 21 Prozent weniger Schiffe den Kanal. Der Rückgang bei der Bruttoraumzahl lag jedoch nur bei 5,4 Prozent. Die Vertiefung des Kanals um einen Meter auf dann rund zwölf Meter befindet sich nach Aussage der WSV dennoch erst in der „Vorplanung“. Hier darf man jedoch nicht vergessen: der Nord-Ostsee-Kanal ist ein typischer Feederkanal. Selbst die größten derzeit in Asien eingesetzten Feederschiffe von 2.400 TEU und mehr (für Hamburger Reedereien das Arbeitspferd regulärer transkontinen-


78-81 Nord-Ostsee-Kanal_Layout 1 17.02.10 08:44 Seite 81

taler Dienste), könnten den Kanal ohne Probleme passieren. Das größte bisher abgefertigte Schiff war im Oktober 2009 die „Ever Leader“, ein 225 Meter langer Bulk Carrier mit 7,30 Meter Tiefgang.

Die Tunnel in Rendsburg etwa erlauben ein Ausbaggern des Kanals um maximal noch 1,5 Meter. Ohnehin ist nach unten nicht mehr viel Platz. Die Tunnel in Rendsburg etwa erlauben ein Ausbaggern um maximal noch 1,5 Meter. Das „Zielschiff“, mit den Maßen, die künftig das Maximum darstellen sollen, sieht daher laut WSV so aus: 280 Meter Länge, 32,5 Meter Breite und ein Tiefgang von 9,5 Meter (bisher 235 m, 32,5 m, 7 m). Nach allen Betrachtungen wird der Verkehr auf dem Nord-Ostsee-Kanal mittelfristig wieder zunehmen. Sämtliche Parameter, die den Kanalverkehr positiv beeinflussen – Ölpreis, die Notwendigkeit effizienter Streckengestaltung, steigender Warenverkehr in den Ostseeraum – zeigen nach oben. Selbst die Abwanderung der Feederverkehre von Hamburg nach Antwerpen oder Rotterdam ist aus Kanalsicht unerheblich. Die meisten Feederschiffe sind (bei deutschen Sprachkenntnissen) von der Lotsenpflicht befreit, können also aus den niederländischen und belgischen Häfen die Elbmündung hinauffahren und den Kanal ebenso gut nutzen wie die Schiffe ex Hamburg. Und so wird auch 2010 das schöne Bild bieten: Schiffe auf der Weide. ENDE Hafen 2010

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LOGISTIK

Feeder

„Kleinvieh“ in der Krise Wirtschaftskrise und verschärfte Konkurrenz innerhalb der Hamburg-Antwerp-Range führten 2009 zu Einbrüchen beim Feeder-Umschlag in Hamburg. Kein anderes Segment erlebte einen so jähen Absturz und keines sorgte für so reichlichen Zwist zwischen Terminalbetreibern und Kunden. Im Wettbewerb zwischen Rotterdam und Hamburg steht der Verlierer fest.

Text: Tim Holzhäuser

Während Hafenbesucher und andere Laien hauptsächlich an den „dicken Pötten“ interessiert sind, ist sich die Fachwelt einig: die kleinen Feeder sind mindestens ebenso wichtig. Insgesamt macht der Feederverkehr ca. 45 Prozent am Gesamtumschlag in Hamburg aus. Ein Großteil davon geht Richtung Osten. Gerade die letzten Boomjahre haben die Bedeutung des Feederverkehrs für den Hamburger Hafen unterstrichen und seinen inoffiziellen Titel „westlichster Ostseehafen“ gefestigt. Mit etwa 35 Abfahrten nach Russland und etwa 20 zu den baltischen Häfen verfügt Hamburg über das dichteste Feedernetzwerk in diese Region (in der wiederum 95 Prozent der gesamten Gütertransporte Feederverkehr sind). Regelrechte Schockwellen gingen daher durch den Hafen als im Herbst 2009 bekannt wurde, dass der Rückgang im Feederbereich alles bisher da gewesene übertraf. Bis September waren die Umsätze um über 50 Prozent eingebrochen. Bezogen auf den Ostseeraum bedeutet das am Jahresende: Über zwei Millionen TEU beför-

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derten Feederlinien hier 2008. 2009 waren es nur noch 1,4 Mio. TEU. Gerade Russland sticht negativ hervor. Nach 720.000 TEU im Jahr 2008 wurden in den ersten sechs Monaten von 2009 lediglich 165.000 TEU über die russischen Ostseehäfen umgeschlagen. Ende des Jahres betrug der Rückgang 57 Prozent. Die globale Finanz- und

Auch 2009 wurden neue Feederverkehre in die Region eingerichtet Wirtschaftskrise drohte hier die Aufbauarbeit von zwei Jahrzehnten zunichtezumachen. Mittelfristig deutete jedoch alles darauf hin, dass die Russische Föderation auf Platz drei der wichtigsten Handelspartner des Hamburger Hafens bleibt. Dementsprechend wurden auch 2009 neue Feederverkehre in die Region eingerichtet. Auch auf russischer Seite sind die Hafenbetriebe nicht untätig. Der Hafen von St. Petersburg, über den allein jährlich ca. 660.000 TEU des gesamten Containerverkehrs zwi-

schen Hamburg und Russland umgeschlagen werden, investierte 2009 in neue Verladebrücken, die eine höhere Umschlagskapazität erlauben sollen. In Richtung Finnland, dem viertwichtigsten Handelspartner des Hamburger Hafens, fahren seit 2009 ebenfalls neue Feederdienste, so. z.B. Team Lines mit dem 1.440-TEU-Schiff „A La Marine“, das alle 14 Tage die Containerterminals der finnischen Häfen Kotka und Helsinki anläuft. Das Handelsvolumen in dieser Richtung geht jedoch bereits seit 2006 zurück (2008 brachte allein ein Minus von 14,9 Prozent) und erreichte 2008 430.000 TEU.


Fotos: Eigel Wiese

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Feeder litten 2009 an wegbrechenden Frachtraten und in der Folge stark gestiegenen Stückkosten pro Container

Engpass nach der Krise?

Was waren aber nun die Gründe für den Einbruch bei den Feedern? Zunächst einmal kämpfen die Reedereien mit weggebrochenen Raten und dementsprechend hohen Stückkosten pro Container. Es lohnt sich immer häufiger, die Ladung mehrerer kleinerer Schiffe auf ein großes umzurouten. Gerade der Nord-Ostsee-Kanal hat wiederholt auf ansteigende Schiffsgrößen im Jahr 2009 hingewiesen. Hinzu kam der verschärfte Wettbewerb entlang der Antwerp-Hamburg-Range. Speziell Rotterdam hat es verstanden, Feederverkehre durch Sonderrabatte an sich zu ziehen. Der große Nachteil des niederländi-

schen Hafens auf dem Weg in die Ostsee, nämlich die bis zu zwei Tagen längere Rout rund um Skagen, fällt bei den Ende 2009 wieder gefallenen Treibstoffpreisen weni-

Die Route rund um Skagen gewinnt bei sinkenden Treibstoffpreisen an Attraktivität ger schwer ins Gewicht. Hinzu kommt, dass die Außenroute ohne die Gebühren (und gelegentlichen Staus) des Nord-Ostsee-Kanals an Attraktivität gewinnt (vgl. hierzu auch den Bericht auf S. 78).

Feederschiffe sind die Lehrer unter den Containerschiffen: zumeist alt. Im März 2008 waren fast 55 Prozent der Schiffe unter 1.000 TEU älter als 20 Jahre, werden also mittelfristig ausgemustert. Demgegenüber steht ein verhältnismäßig geringer Auftragsbestand. Während bei den größeren Containerschiffen Auftragsbestand und Flotten in einem expansiven Verhältnis stehen (60 Prozent Neubauten), beträgt das Verhältnis bei kleinen Feedern nicht einmal 25 Prozent. Dementgegen steht die Auslastung, selbst in Krisenzeiten. Noch im November 2009 betrug die Feederauslastung von Schiffen bis 1.000 TEU in den Fahrtgebieten Asien/ Nordeuropa und dem Mittelmeer 95 Prozent.

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Fotos: Eigel Wiese

WIRTSCHAFT

Der Abzug sämtlicher Feederdienste der Großreedereien China Shipping und COSCO aus dem Hamburger Hafen hängen auch mit der unterschiedlichen Terminalstruktur in Hamburg, Rotterdam, Amsterdam und Zeebrügge zusammen. Während es in Hamburg keine „dedicated Terminals“ gibt, also keine Terminals, die einer Reederei (oder einem Konsortium) zugeordnet sind, ist genau dies in den anderen Häfen der Fall. Reedereien wie COSCO und China Shipping bekamen so ein zusätzliches Ar-

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gument für diese Häfen, nämlich die Auslastung der eigenen Terminals während der Krise. Der Hamburger Hafen und die Terminals haben reagiert und Preissenkungen realisiert. Diese fallen, das bemängeln Fachleute wie Bernd Bertram, Geschäftsführer von Unifeeder, längst nicht so ambitioniert aus, wie die der Konkurrenz. Die HPA hält dagegen: Hamburg sei für Feederschiffe nicht teurer als Rotterdam, allein die Kosten sind anders zusammenge-

Foto: Sea Port of Saint-Petersburg

Auch in Krisenzeiten kommen Feederverkehre auf der Elbe hinzu; Feederumschlag am Burchardkai

Hafen von St. Petersburg


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An den Containerterminals stehen Feederschiffe bei der Abfertigung stets hinter größeren Seeschiffen. Eigene Abfertigungsbereiche sind angedacht, bisher jedoch nicht realisiert. setzt und nicht auf einen Blick mit denen der Konkurrenz vergleichbar. Ein Anreiz soll das ab 2010 geltende mengenabhängige Hafengeld sein. Während bisher jedes Schiff einen Preis ungeachtet seiner Ladung zahlte, wird der Ladungsstand nun berücksichtigt werden. Gerade bei der Aufnahme dieser Ladung hatten es Feeder in der Vergangenheit im Hamburger Hafen häufig nicht leicht. Die Konflikte zwischen Seeschiffen und Feedern haben jedoch zum Umdenken bei Abläufen innerhalb des Hafens geführt. Während der letzten Boommonate waren Feederschiffe bis zu zwei Tage zwischen den einzelnen Terminals unterwegs, um ihre Ladung zusammenzubekommen. Heute werden immer

mehr Stimmen laut, die getrennte Abfertigungsbereiche für die beiden Schiffsklassen fordern, oder zumindest eine bessere Absprache. Dem trägt auch die neue Feeder Logistik Zentrale Rechnung. Das Gemeinschaftsprojekt von HHLA und Eurogate fungiert seit dem Testbetrieb im Sommer 2009 als Steuerungszentrale für Feederanläufe und soll als zentrale Instanz zur Lösung von Transportproblemen dienen. Die FLZ hat sich zu Neutralität verpflichtet, steht also allen Hafenunternehmen offen. Ziel sind Zeit- und Kostenersparnisse um bis zu 30 Prozent. Geschäftsführer der FLZ ist der HHLA-Containerterminal-Chef Heinrich Goller.

Kritik gibt es jedoch auch an deutschen Sonderregelungen. So bemängelte Bernd Bertram das Beharren auf deutschen Sprachkenntnissen bei der Revierfahrt. Erst bei Beherrschung des exakten Konjunktivs werden ausländische Kapitäne von der (teuren) Lotsenpflicht befreit. Ein Unding, findet Bertram. „Die Schifffahrtssprache ist seit eh und je Englisch.“ Verwundern mag angesichts dieses Szenarios die weitere Zunahme von Feederdiensten ab Hamburg. Anfang 2010 sind es 46, sechs mehr als im Vorjahr. Die Menge der transportierten Ladung ist indes gesunken und wird weiter sinken, wenn die Krise anhält. ENDE

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TECHNIK

Maritime Technik

Zwischen Effizienz und Umweltschutz – neue maritime Techniken 2010 Die Größenentwicklung im Schiffbau stellt immer höhere Anforderungen an Stahl und Motoren. Leistungsfähige Schiffsmaschien, wie die Neuentwicklung B & W S35MC-C9 von MAN, auf diesem Bild, müssen seit 2010 neben reinen Effizienzkriterien jedoch auch immer mehr Umweltaspekte berücksichtigen. Der Spagat zwischen Wirtschaftlichkeit und Ökologie spart die Schifffahrt nicht mehr aus. Reeder und Ingenieure müssen umdenken.

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Foto: MAN

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TECHNIK

Ökologische Technologien

Ein Hafen wird sauberer Umweltschutz ist 2010 auch in Industriegebieten Thema. Internationale Regelungen erzwingen mehr ökologische Nachhaltigkeit im Hamburger Hafen. Während die Fachwelt über Neuerungen wie Landstromanschlüsse für Seeschiffe noch diskutiert, sind Bestimmungen rund um Abwasser- und Ölentsorgung beschlossene Sache.

Text: Eigel Wiese

Bedroht der Naturschutz die Wirtschaftlichkeit des Hamburger Hafens? Darüber gibt es engagierte Debatten innerhalb der Parteien der Hamburger Bürgerschaft. Hintergrund ist eine Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes, nach der das bisher geltende, so genannte Hafenprivileg nicht mehr aufrechterhalten bleiben soll. Dieses Vorrecht hat bisher nach Eingriffen in die Natur des Hafens keine, wie überall sonst üblich, Ausgleichsflächen an anderer Stelle notwendig gemacht. Solche Ausgleichsmaßnahmen könnten die Stadt nach Einschätzung des SPD-Finanzexperten Peter Tschentscher bis zu 100 Millionen Euro kosten. „Das ist gerade angesichts der derzeitigen Wirtschafts- und Finanzlage der Stadt nicht zu vertreten“, heißt es daher in einem Antrag der SPDFraktion, die bisherige Regelung beizubehalten. Unterstützung findet die Fraktion beim Unternehmensverband Hafen Hamburg, vertreten durch seinen Verbandssprecher Klaus-Dieter Peters. Auch vom Wirtschaftsflügel der CDU kommt Unterstützung. Bei der Suche nach

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einem Kompromiss zwischen Bundesgesetz und Wirtschaftsinteressen hoffen die Beteiligten nun auf eine Kompromissformulierung, die lauten könnte: „Der Hafen ist keine Natur, sondern ein Industriegebiet. Für das müssen auch keine Naturausgleichsflächen geschaffen werden.“ Doch selbst gegen einen solchen Kompromiss würde der Naturschutzbund NABU klagen. Das kündigte dessen Vizevorsitzender Alexander Porschke an: „Die Beibehaltung des Hafenprivileges ist bundesrechtswidrig. Es handelt sich um eine überholte Regelung aus dem letzten Jahrhundert.“ Das Beispiel zeigt, wie schwierig es ist, wirtschaftliche Interessen und Umweltschutz unter einen Hut zu bekommen. Ein weiteres Beispiel sind die Abgase von Schiffen, für die immer strengere Regeln geschaffen werden. So darf seit dem 1. Januar 2010 der Kraftstoff von Schiffen während der Liegezeiten in Häfen nur noch höchstens 0,1 Prozent Schwefel enthalten, teilte der Verband Deutscher Reeder (VDR) mit. Zuvor waren es 1,5 Prozent. Dadurch


Foto: Eigel Wiese

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Die Containertaxis der Firma Eckelmann sind für viele Abläufe im Hafen die umweltfreundliche Variante

werde sich die Luftqualität in den Hafenstädten Europas spürbar verbessern, denn die Schwefel- und Partikelemissionen wirkten in erster Linie lokal. Den Ausbau von Landstromverbindungen, um Schiffe während ihrer Liegezeiten mit Energie zu versorgen, halten die deutschen Reeder jedoch für wenig sinnvoll. Denn dieser Strom müsse häufig noch in ineffizienten Kohlekraftwerken produziert werden. Der hohe Investitionsbedarf ist ein weiteres Argument gegen Landstrom: 671 Millionen Euro wären notwendig, um in allen europäischen Häfen Stromanschlüsse für die Kreuzfahrer zu legen. Jähr-

Statt auf Landstrom setzen Schiffsbauer wie die Meyer Werft in Papenburg auf Gas ... liche Wartungskosten von 50 Millionen Euro kämen hinzu. Die Branche setze nun auf Gas, sagte Bernhard Meyer, Chef der Meyer Werft in Papenburg, anlässlich einer Auftaktveranstaltung für die Kreuzfahrtmesse Seatrade Europe im vergangenen Jahr in Hamburg. Statt einer Stromleitung brauche das Schiff im Hafen dann eine Gasleitung. Dafür werden Dualmotoren benötigt, die beide Brennstoffe nutzen: Öl auf See und Gas im Hafen. „Das ist eine wesentlich intelligentere Lösung, weil der Wirkungsgrad von Gas an Bord höher ist als in einem Kraftwerk an Land“, sagte Meyer. „Die Reedereien fragen bei uns bereits an, ob wir ihnen eine Lösung für Gas bieten können“, so Meyer. Hafen 2010

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TECHNIK

Wie wichtig die Branche derartige Fragen nimmt, zeigt sich noch in diesem Jahr, wenn Umweltthemen in der Seefahrt Thema eines Kongresses in Hamburg werden, des Global Maritime Environmental Congress (GMEC) am 7. und 8. September. Um Reedern Anreize zu geben, Schiffe mit schadstoffarmen Abgasen einzusetzen, arbeitet Hamburgs Hafenverwaltung, die Hamburg Port Authority, an einem Bonussystem. „Wir entwickeln gerade einen Emissionsschiffsindex für alle Schiffe“, so Geschäftsführer Jens Meier. In Zusammenarbeit mit der Internationalen Hafenvereinigung (IAPH) sollen so für jedes Schiff

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in einer Datenbank dessen spezifische SOx-, NOx- und CO2-Ausstöße festgehalten werden. ,,2010 wird noch eine Testphase sein“, sagt Meier weiter. „Danach erfolgt eine Einstufung.“ Er betont, dass „Stinker“ nicht bestraft werden sollen. Hamburg arbeite hier jedoch an einer internationalen Ent-

In den Bilgen sammeln sich ölige Rückstände, in Tanks Altöl wicklung mit, um die Luft in Häfen sauberer zu machen. Um selbst als Vorbild zu dienen, hat die

HPA ihre eigenen Hafenfahrzeuge, wie beispielsweise Bagger, Eisbrecher, Peilschiffe und Lotsenboote auf den Betrieb mit schwefelarmen Kraftstoffen umgestellt. Doch Schiffe stoßen nicht nur Abgase aus, in ihren Bilgen sammeln sich auch ölhaltige Rückstände und in Tanks Altöle. Es gab Zeiten, in denen ließen Kapitäne diese die Umwelt verseuchenden Reste einfach auf hoher See ins Wasser pumpen. Da breiteten sie sich als schillernde Flecken auf dem Wasser aus. Die Gefahr einer Entdeckung erschien gering, es sei denn ein Hubschrauber der jeweiligen Küstenwache entdeckte meist eher zufällig eine solche


Foto: Eigel Wiese

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Altöl muss im Hafen nach strengen Regeln entsorgt werden

Der Schiffspark des Unternehmens hat 60.000 Tonnen Tragfähigkeit und besteht aus Schubbooten, Schleppern, Tankschiffen, Tankleichtern sowie einer Flotte von mehr als 100 Trockenleichtern in Größenordnungen bis zu 2.300 Tonnen pro Einheit. Mit diesen Schiffen sind Mitarbeiter des Unternehmens täglich im Hafen unterwegs, um alles das von Bord großer Schiffe zu holen, was durch Leitungen gepumpt werden kann. Gesammelte Abwässer, ölhaltige Rückstände, Ballastwasser, um nur einige Beispiele zu nennen. Diese Abwässer werden in der HÖG Hamburger ÖlverwertungsGesellschaft in einer Recyclinganlage aufgearbeitet. Für die Entlastung des Hamburger Straßenverkehrs hat das Unternehmen bereits vor einigen Jahren einen Containertaxidienst eingerichtet, der Container- und Schwerguttransporte innerhalb des Hamburger Hafens und im angrenzenden Binnenwasser-Straßennetz abwickelt. ENDE

Ölspur und konnte sie bis zu einem Schiff zurückverfolgen. Oft ahndeten die Gerichte solches Verhalten mit Bußgeldern, die so niedrig waren, dass die Kosten eines Strafverfahrens samt Bußgeld niedriger waren als die einer ordnungsgemäßen Entsorgung durch ein Spezialunternehmen im Hafen. Bereits vor einigen Jahren machte das MARPOL-Übereinkommen als internationales, weltweit geltendes Übereinkommen zum Schutz der Meeresumwelt Schluss mit solchen Praktiken. In europäischen Häfen sind die Kosten einer Ölentsorgung inzwischen in den Liegegebühren enthalten. Damit fiel der wirtschaftliche Anreiz für die Verschmutzung der Meere weg. Zu den Unternehmen, die im Hamburger Hafen Schiffe fachgerecht entsorgen, gehört die Firmengruppe Carl Robert Eckelmann AG. Sie betreibt Schiffe, von denen aus Altöl und Bilgenwasser abgepumpt werden. Hafen 2010

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92-93 Schiffe unter Plane_Layout 1 16.02.10 15:37 Seite 92

TECHNIK

Ohne Wirbel zu bilden, streicht der Wind über den Schiffskörper hinweg. So könnten die Treibstoffkosten deutlich gesenkt werden.

Effizienz

Container unter einer Plane? Eine riesige Plane, über die Container gespannt, könnte Schiffe windschnittiger machen. Das bewiesen Wissenschaftler vom Germanischen Lloyd und der Technischen Universität Harburg. Doch wie praktikabel ist so eine energiesparende Plane?

Text: Helmut Schwalbach

Ein

beladenes Containerschiff durchpflügt das Meer alles andere als windschnittig. Haushoch türmen sich die Container an Deck. Zwischen ihnen pfeift der Wind hindurch. Eberhard Schuckert von der Technischen Universität Harburg (TU) beschreibt es so: „In den Lücken zwischen

den Containern bildet der Wind Wirbel. Das bremst enorm.“ Was kann getan werden um, einen Containerriesen schnittiger auf die Reise zu schicken, damit die ständig steigenden Treibstoffkosten zu senken? Eine Forschergruppe der TU Harburg kam auf die Idee,

Aerodynamik spielte in deer Seefahrt bisher eine eher untergeordnete Rolle. In Zusammenarbeit mit dem Germanischen Lloyd wies die Technische Universität Harburg nun nach, dass eine über Container gespannte Plane den Luftwiderstand deutlich senkt.

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die kantigen Blechkisten mit einer Plane zu überziehen und so den Windwiderstand zu senken. Bei ruhiger See ist der Luftwiderstand nur für wenige Prozent des gesamten Teibstoffverbrauches verantwortlich. Ruhige See, geringe Windstärken erlebt der Seemann aber eher selten. Besonders auf den Routen von Kontinent zu Kontinent über den Nordatlantik weht ihm häufig ein strammer Nordwest ins Gesicht. Teilweise, so Battar el Moctar vom Germanischen Lloyd, herrschen sehr starke Winde. Die Versuche im Windkanal, eine Kooperation der TU Harburg mit der Klassifizierungsgesellschaft Germanischer Lloyd (GL) ergaben, dass der Luftwiderstand bis zu einem Drittel gesenkt werden kann. Im Sturm, sagt Battar el Moctor, könnte der Anteil des Windwiderstandes im Verbrauch auf bis zu 60 Prozent ansteigen. Bei Treibstoffkosten von bis zu 60.000 Euro pro Tag könnte die Container-Verpackungsidee sogar auf ruhigeren Routen,


Fotos/Grafiken: TUHH

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etwa im Indischen Ozean, spürbar zu Buche schlagen. Denn angesichts eines Tages versiegender Ölquellen werden die Treibstoffkosten weiter steigen. Derzeit sparen Reeder Treibstoffkosten, indem sie ihre Schiffe langsamer fahren lassen. Das war in den zurückliegenden Jahrzehnten schon häufiger so. Denn gerade die Spitzengeschwindigkeiten kosten

Immer wenn möglich, wird die Geschwindigkeit gedrosselt überproportional viel Treibstoff. Reduziert ein Kapitän beispielsweise das Tempo von 25 auf 20 Knoten, spart er bis zu 50 Prozent. Nicht immer will oder kann ein Reeder sich solche Verzögerungen leisten. Ist es aber weniger wichtig, wann ein Frachtschiff seinen Hafen erreicht, könnte eine

Plane beitragen, die Kosten zu senken. Gerade in einer Zeit schwacher Frachtraten, eine bestechende Idee. Eberhard Schuckert: „Unsere Ergebnisse waren überzeugend.“ Was sich im Versuchslabor einer Universität als unproblematisch darstellt, wird in der Praxis kompliziert. Denn bei einem Modell kann ein Assistent die Plane ruckzuck allein über die Ladung ziehen. Auf einem Containerschiff ist das schon schwieriger. Die riesige Plane muss vor jedem Be- und Entladen abgenommen werden, sie braucht Stauraum und es kostet Zeit, diese Plane zu bewegen. So gab es bereits Anfang der 90er Jahre die Idee, Container zu überdachen. In der Praxis erwies sich das als zu kompliziert. Der Aufwand war einfach zu groß. Svante Domizlaff, Sprecher Deutschen Afrika-Linien: „Dieses Konzept ist bei uns noch nicht diskutiert worden. In der Praxis wird es kaum umzusetzen sein.“ ENDE

Modelle von Containerschiffen wurden in der TU Harburg in den Winkanal gestellt

Treibstoff sparen – aber wie? Die Idee, den Luftwiderstand dadurch zu verringern, das die Container abgedeckt werden, gab es bereits Anfang der 90er-Jahre. In der Praxis erwies sich der Aufwand eines Containerdachs als zu umständlich. Neben muschelabweisenden Silikonanstrichen und einem Zugdrachen zählt das Planen-Konzept trotzdem zu den kostensparenden wie umweltschützenden Ideen.

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TECHNIK

Interview

„Effizienz besteht aus vielen Mosaiksteinen“ Reales und Visionäres war Thema bei einem ausführlichen Gespräch mit Dr. Hermann Klein, Vorstandsmitglied des Germanischen Lloyd in Hamburg. Schiere Größe stand neben innovativen Antrieben, die Gefahr durch somalische Piraten neben neuen Richtlinien des Umweltschutzes auf den Weltmeeren.

Interview: Helmut Schwalbach Herr Dr. Klein, für 2010 haben sich Schiffe über 14.000 TEU in Hamburg angekündigt. Werden Schiffe noch größer? Bei der jetzigen Marktlage ist es schwierig, über größere Containerschiffe als die, die in Fahrt oder im Bau sind, zu spekulieren. Es ist eine Frage der weiteren weltweiten Marktentwicklung. Dazu gehört auch die Entwicklung von Containerterminals, die in der Lage sein müssen, noch größere Containerschiffe abzufertigen. Eine technische Größenbeschränkung für Containerschiffe gibt es jedenfalls nicht! Geht es bei diesen Riesen eher um die Einsparung von Gewicht oder um mehr „Elastizität“ oder „Steifigkeit“ wie es der Fachmann nennt? Je leichter ein Schiff ist, umso weniger Energie muss zum Antrieb eingesetzt werden. Einsparpotenzial gibt es hier beim Leergewicht des Schiffskörpers, bei der Antriebsanlage, aber auch durch einen deutlich geringeren Bedarf an Ballastwasser. Gleichzeitig müssen gerade bei sehr großen Containerschiffen größere Stahldicken eingesetzt werden, um die notwendige Festigkeit zu erreichen. Auch hier bietet höherfester Stahl die Möglichkeit, bei geringeren Dicken und weniger Gewicht das gleiche Ziel zu erreichen. Sie sprechen da über Effizienz bei technischen Arbeiten. Reeder oder Umweltschützer dürften Effizienz anders definieren ...

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Wie bewegt man sich als Klassifizierungsgesellschaft zwischen diesen verschiedenen Spektren? Effizienz besteht aus vielen Mosaiksteinen. Zunächst: Wie gut ist mein Schiff für den späteren Einsatz in der Summe seiner Teile konstruiert? Ein Baustein ist der Schiffsrumpf. Hat er das richtige Längen-Breitenverhältnis, hat das Unterwasserschiff die richtige Linienform für die Geschwindigkeit, die ein Reeder diesem Schiff voraussichtlich im Durchschnitt abverlangen wird? Der Einsatz von möglichst wenig Kraftstoff zum Betrieb eines Schiffes ist entscheidend für die Wettbewerbsfähigkeit einer Flotte. Genauso ausschlaggebend ist die Linienführung des Schiffsrumpfs, um

Der Einsatz von möglichst wenig Kraftstoff ist entscheidend für die Wettbewerbsfähigkeit einer Flotte den Widerstand so gering wie möglich zu halten. Weiteres Optimierungspotenzial liegt im Unterwasserschiffsbereich bei Ruder und Propeller und selbstverständlich im Design der gesamten Antriebsanlage. Hinzu kommen große Einsparmöglichkeiten beim Schiffsbetrieb wie zum Beispiel durch einen optimalen Trims, d.h. die Schwimmlage des Schiffes im Wasser und insbesondere durch „slow steaming“, das Fahren mit möglichst niedrigen Geschwindigkeiten.


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Dr. Hermann Klein, Diplom-Ingenieur mit langjähriger Erfahrung in Wissenschaft und Schiffbau

Containerschiffe fahren heute deutlich langsamer als noch vor zwei Jahren. Viele große Containerschiffe wurden auf Geschwindigkeiten von 24 oder 25 Knoten ausgelegt. Verringert man die Geschwindigkeit um drei Knoten, also um 12 Prozent, so lässt sich der Kraftstoffverbrauch um 30 Prozent senken. Zur Zeit, und wahrscheinlich auch in Zukunft, sind steigende Ölpreise und auch Kraftstoffkosten für die Schifffahrt zu erwarten. Vor diesem Hintergrund ist langsames Fahren ein probates Mittel zur Steigerung der Wirtschaftlichkeit. Bei niedrigeren Schiffsgeschwindigkeiten sind jedoch andere Rumpfformen, andere Propeller und andere Ruderanlagen gefragt. Auch im Schiff besteht Bedarf an Modifikationen. Ein langsameres Schiff benötigt einen kleineren Motor, der insgesamt weniger Kraftstoff verbraucht und auch weniger Wartungskosten verursacht. Ein niedrigerer Kraftstoffverbrauch bedeutet zugleich weniger C02- und SOX-Emissionen. Auch die Nebenaggregate auf einem Schiff verbrauchen Energie: Hilfsdiesel-

motoren, Pumpen, Lüfter, usw. Wenn diese Aggregate auf den tatsächlichen Bedarf während des Schiffsbetriebes ausgelegt sind, können ebenfalls große Mengen Energie gespart werden. Solche Einsparungen bedeuten weniger Kraftstoffverbrauch. Die meisten Schiffe fahren mit ökologisch bedenklichem Schweröl. Was wird sich da 2010 tun?

Seit dem 1. Januar 2010 gelten in europäischen Häfen neue Grenzwerte für Schiffskraftstoff Es darf nur noch Kraftstoff verwendet werden, der maximal 0,1 Prozent Schwefel enthält. Die internationale Seeschifffahrtsorganisation (IMO) hat weitreichende Maßnahmen beschlossen, um die Qualität des Kraftstoffs zu verbessern. Der Grenzwert für den Schwefelgehalt im Kraftstoff wird weiter deutlich gesenkt. Im Jahre 2020 soll der Schwefelanteil nur noch zehn Prozent des heutigen Wertes entsprechen. Gleichzeitig gibt es „ECAs – Emission Control Areas. Dazu gehören die Ostsee und Teile

der Nordsee, wo der Kraftstoff dann auch nicht mehr als 0,1 Prozent Schwefel enthalten darf. Weitere Emissionskontrollgebiete sollen in den amerikanischen Küstengewässern ausgewiesen werden. Ein weiteres Öko-Thema, das 2009 diskutiert wurde, ist auch das so genannte „Cold Ironing“. Wie beurteilen Sie die Zukunft von Landstromanschlüssen, gerade im Fall von großen Passagierschiffen? Wichtig bei dieser Überlegung ist, zunächst den Energiebedarf zu kalkulieren, den z.B.

Das Jahr 2009 beim Germanischen Lloyd Auch der Germanischen Lloyd hat unter der Wirtschaftskrise gelitten. Der faktische Baustopp bei Containerschiffen hat zu einem Rückgang von Prüfund Zertifizierungsvorgängen geführt. Der GL dürfte daraufhin im Jahr 2009 einen Umsatzrückgang erlebt haben (die Zahlen erscheinen im Juni 2010). Die Zahl der klassifizierten Schiffe beträgt rund 7.000. Im Juni 2009 strich die weltweit viertgrößte deutsche Klassifizierungsgesellschaft 120 Stellen. Betroffen waren die maritimen Dienste und die Hamburger Zentrale. 2010 zieht der GL um: Geschäftssitz wird dann der Brooktorkai.

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Foto: SkySales

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TECHNIK

Zukunftsthema SkySails: „Wie groß ist die mögliche Energieeinsparung?“ ein Kreuzfahrtschiff im Hafen hat. Dieser beinhaltet nicht nur die elektrische Energie zum Antrieb von Pumpen, Klimaanlagen, usw. sondern auch Heizenergie. Hier werden üblicherweise ölbefeuerte Heizkessel betrieben. Dies ist in der Summe wesentlich effizienter und energiesparender als beispielsweise mit Strom zu heizen.

Auch Landstrom wird irgendwo produziert und das ist mit Emissionen verbunden Dennoch gibt es zahlreiche Befürworter des Cold Ironings ... Natürlich, man kann Strom vom Land beziehen, aber auch dieser Strom wird irgendwo produziert und das ist mit Emissionen verbunden! Wichtig ist die Auslastung der Anlagen, die für den Hafenenergiebedarf dieser Schiffe installiert werden muss. So liegt beispielsweise im Hamburger Hafen an vielen Tagen des Jahres überhaupt kein Kreuzfahrtschiff, während es in der Hochsaison auch Tage gibt, an denen drei Schiffe gleichzeitig das Terminal anlaufen. Wenn man diese stark schwankende Auslastung betrachtet, stellt man sehr schnell fest, dass es schwer ist, ein wirt-

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schaftliches Fundament für Landstrom zu schaffen. Man sollte Emissions-Grenzwerte vorgeben und es den Schiffsbetreibern freistellen, ob sie die Grenzwerte durch Bezug von Landstrom oder durch Verwendung geeigneter Anlagen und Kraftstoffe an Bord einhalten. Wenn aber Landstromanschlüsse tatsächlich in bestimmten Häfen vorgeschrieben werden, dann müssen international klare Regulierungen gelten. Das beginnt bei der Normung der Anlagenspannung und -frequenz und der Steckverbindungen und geht bis hin zu rechtlichen Fragestellungen. Wo ist die Schnittstelle zwischen Land und Schiff? Wer stellt den Anschluss her? Ist das landseitige Personal des Energielieferanten verantwortlich oder das Bordpersonal? Ein weiteres Öko-Thema, das buchstäblich hoch hinaus will, firmiert als SkySails. Halten Sie die breite Nutzung dieser Antriebsdrachen für realistisch? Wir verfolgen das mit Interesse. Aber es gibt noch viele offene Fragen. Wie groß ist die mögliche Energieeinsparung, wie groß ist der zusätzliche Aufwand für den stabilen Betrieb des Drachensegels? Wie häufig

gibt es Kurse und Windrichtungen, bei denen Schiffe das System tatsächlich nutzen können? Die Systeme müssen ja auch sicher sein. Da sind Sie als Klassifizierungsgesellschaft gefragt. Die Sicherheitsaspekte dieser Systeme haben wir schon vor langer Zeit untersucht. Jetzt geht es um die Wirksamkeit. Wir stehen in engem Kontakt mit SkySails. Ich gehe davon aus, dass wir bald Messergebnisse vorliegen haben.

Das ferngesteuerte, besatzungslose Schiff wird bis auf weiteres eine Vision bleiben Sicherheitsaspekte bereiten der Schifffahrt bei einem anderen Thema noch immer große Bauchschmerzen. Stichwort Piraterie. Es ist bedauerlich, dass die Piraterie in den letzten Jahren so deutlich zugenommen hat. Wir verfolgen das Thema, auch wenn Klassifikationsgesellschaften keine direkten Abwehrmaßnahmen vorschreiben können. Es ist Sache des Schiffsbetreibers, sein Schiff bestmöglich vor solchen Übergriffen zu schützen. Weltweit gibt es keine


Foto: Michael Schwartz

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Elektronisches Siegel an einem Container. Schon heute ermöglicht RFID die Funkerkennung des Containers. Die Möglichkeiten sind jedoch bei weitem nicht ausgereizt.

Vorschriften, wie ein Schiff technisch vor solchen Übergriffen geschützt sein sollte. Es werden auch wieder Fragen nach dem Schiff ohne Besatzung laut. Eine Vision oder unmittelbare Zukunft? Das ferngesteuerte, besatzungslose Schiff wird ebenso wie ferngesteuerte LKWs und Flugzeuge bis auf weiteres eine Vision bleiben. Dennoch wird aus Kostengründen versucht, die Besatzung auf ein notwendiges Minimum zu beschränken. Wichtig ist neben einer erforderlichen Mindestanzahl von Seeleuten an Bord insbesondere deren Ausbildung und Erfahrung. Hierbei ist anzumerken, dass die Mehrzahl der Unfälle und Schäden auf See nicht auf technische Ursachen zurückzuführen sind, sondern auf menschliches Versagen. Dies legt den Schluss nahe, besonderes Augenmerk auf das Training des seefahrenden Personals zu legen. Wie steht es mit der Transporttechnik? Als noch Tausende im Hafen arbeiteten, hat

niemand damit gerechnet, dass es irgendwann keine Säcke und Paletten mehr gibt. Innerhalb weniger Jahre wurde fast alles in Containern transportiert. Mit ein bisschen Fantasie könnte man sich nun eine noch effizientere Transportlösung vorstellen. Derzeit gibt es keine Alternative zum Container. Sicher wird es Systeme geben, die besser sind, robuster, widerstandfähiger, aber zur Zeit ist noch nichts in Sicht. Das über 50 Jahre alte System Standardcontainer ist nach wie vor ein effizientes System, mit dem wir auch noch viele Jahre arbeiten werden. Eine Weiterentwicklung sehe ich

Das über 50 Jahre alte System Standardcontainer ist nach wie vor effizient

„Licence Tag“: Der Speicherchip enthält alle relevanten Daten eines Containers

aber bei der „Intelligenz“ des Containers. Messungen von Position, Zustand und Innentemperatur des Containers und andere Parameter, die den Ladungstransporteur interessieren, werden zukünftig noch weiter ausgestaltet werden. Den Blick in die Zukunft wagen nicht nur Ingenieure, sondern auch Wirtschaftswissenschaftler. Wie wirken sich Prognosen

über die wirtschaftliche Entwicklung auf die Technik der Schifffahrt aus? Beim Bau und Betrieb von Schiffen geht es neben der Sicherheit immer auch um betriebswirtschaftlich optimale Lösungen. Dazu müssen Sie zunächst Annahmen treffen, wie sich der Welthandel entwickeln wird. Wird der Wert der Waren zunehmen, die in Containern transportieren werden? Was passiert voraussichtlich mit dem Zinsniveau? Bei extrem hohen Zinsen von deutlich über zehn Prozent müssen Schiffe wieder schneller fahren, da die Kapitalverzinsung der Waren an Bord während des Transportzeitraums ungleich höher ist als unter den jetzigen Bedingungen. Wir untersuchen die wahrscheinlichsten Annahmen, definieren Abweichungen und bestimmen dann die technische Lösung, die innerhalb dieser wirtschaftlichen Rahmenbedingungen optimal erscheint. Insgesamt gehen wir davon aus, dass der Ölpreis weiter steigen wird und somit die Handelsschiffe in Zukunft mit geringeren Geschwindigkeiten betrieben werden. Nicht zuletzt wird dies auch zu deutlich sinkenden Abgasemissionen führen. Vielen Dank für das Gespräch.

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TECHNIK

SkySails

Frischer Wind für Frachter Jeder weiß, dass Wind billiger als Öl ist, doch wurde diese Tatsache in den zurückliegenden Jahrzehnten zu Lande und zu Wasser weitgehend ignoriert. Das Hamburger Unternehmen SkySails nutzt mit seinem System eines Zugdrachens nun wieder die Kraft des Windes.

Text: Helmut Schwalbach

Foto: Skysails

Wer mit einem Schiff große oder kleine

Die „Theseus“ der Reederei Wessels wurde 2009 mit einem 160 Quadratmeter großen Zugdrachen ausgerüstet

Meere überqueren wollte, der musste über Jahrhunderte hinweg auf günstigen Wind hoffen. Erst Dampfschiffe garantierten eine annähernd pünktliche Ankunft. So wurde der Wind als Antriebskraft für die Berufsschifffahrt fast gänzlich vergessen. Mit dem SkySails-System, mit dessen Entwicklung vor fast zehn Jahren begonnen wurde, könnte sich das ändern. Denn angesichts von steigenden Rohöl-Preisen und wachsendem Umweltbewusstsein könnten Schiffe profitabler, dabei weniger umweltschädigend, Waren und Passagiere beför-

Die unerschöpfliche Kraft des Windes nutzen dern. Neben Frachtschiffen könnten auch große Yachten und Fischtrawler die unerschöpfliche Kraft des Windes nutzen. Das Prinzip des Zugdrachens erscheint auf den ersten Blick verblüffend einfach. Anstelle traditioneller Segel mit Mast nutzt SkySails den Vortrieb durch große Zugdra-

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chen aus besonders widerstandsfähigem Material. Dieser Drachen fliegt in einer Höhe zwischen 100 und 300 Meter, mit dem Schiff durch ein hochreißfestes Seil verbunden, das die Energie auf das Schiff überträgt. Hoch über dem Schiff weht der Wind strammer und stetiger. Das klingt zunächst positiv, erfordert aber auch den Einsatz besonders stabiler Drachen, um zu verhindern, dass ein Drachen von allzu starken Böen zerfetzt wird. Steht der Wind günstig, dann lassen sich laut SkySails jährlich zwischen 10 und 35 Prozent der Treibstoffkosten einsparen. Bei optimalen Bedingungen soll der Treibstoffverbrauch um bis zu 50 Prozent reduziert werden können. Nötig hierfür sind neben dem Zugdrachen mit Seil ein Start-, Lande- und Steuerungssystem. Denn der Drachen fliegt nicht auf fester Position hoch über dem Schiff, er bewegt sich dynamisch auf einer achtförmigen Umlaufbahn, vor dem zu ziehenden Objekt. Im Vergleich zu normalen Segeln,


Foto: Skysails

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Der Zugdrachen fliegt hoch über dem Schiff und spart so Treibstoff

so die Konstrukteure und Entwickler, „erzeugt SkySails pro Quadratmeter Fläche leicht das Fünffache der Antriebskraft“. Laut Hersteller amortisiert sich SkySails bereits nach drei bis fünf Jahren.

Jährlich steigen die Ölpreise um durchschnittlich zehn Prozent Für das System spricht zudem, dass keine zusätzlichen Personalkosten entstehen. Denn anfallende Arbeiten können durch die Mannschaft erledigt werden. Ebenso wenig ist zusätzlicher Stauraum nötig. Ein 160 Quadratmeter großer Drachen beansprucht zusammengelegt den Raum einer Telefonzelle. Im Vergleich zu Seglern wird ein Schiff unter Zugdrachen nur ganz minimal gekrängt – für die Sicherheit des Schiffes unerheblich. Neben geringerem Treibstoffstoffverbrauch kann alternativ auch ein höheres Tempo zu Buche schlagen. So konnte im Rahmen einer Piloterprobungsphase des Zugdrachens

auf dem Frachter „Michael A.“ die Geschwindigkeit um 1,5 Knoten gesteigert werden. Wer Treibstoff spart, der leistet einen Beitrag zum Schutz der Umwelt. Das gilt auch auf hoher See. So könnte SkySails einen wichtigen Beitrag leisten, die Emissionen zu senken. Reeder sind hierzu ohnehin durch einen Beschluss der International Maritime Organzation (IMO) verpflichtet. Danach müssen die Emissionen weltweit signifikant gesenkt werden. Ab 2020 müssen Reedereien ihre Schiffe entweder mit Destillaten mit einem auf 0,5 Prozent beschränkten Schwefelgehalt statt mit Schweröl betreiben oder Scrubbing-Technologien einsetzen, um die Abgase zu reinigen. Auch bei den CO2-Emissionen müssen Reeder mit schärferen Vorschriften rechnen. zusätzliche Argumente, die für den Zugdrachen sprechen. Nach SkySails-Berechnungen könnten etwa 60.000 der rund 100.000 im Lloyd’s Register verzeichneten Schiffe mit einem Zugdrachen ausgerüstet werden. ENDE

Zehn Jahre Zugdrachen: Eine Erfolgsgeschichte Im Jahr 2001 begann das Unternehmen SkySails mit der Entwicklung des weltweit ersten praxistauglichen Zugdrachen-Antiebssystems für die Berufsschifffahrt. Nachdem die physikalischen Prinzipien des Zugdrachens auf mehreren Versuchsschiffen erprobt wurden, konnten Ende 2007 zwei Frachtschiffe mit dem System ausgerüstet werden. 2009 wurden drei Schiffe der Reederei Wessels mit dem SkySails System ausgerüstet. Anfang 2010 soll zudem der erste Fischtrawler, die „MaartjeTheadora“ mit dem Treibstoff sparenden System auslaufen.

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TECHNIK

Schiffsgrößen

Giganten in der Krise Propeller und Ruderanlage der „Emma Maersk“. Zweischraubenkonzepte für Schiffe über 13.000 TEU existieren, haben sich bisher aus Kostengründen aber nicht durchgesetzt.

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Die Rallye bei der Größenentwicklung scheint für 2010 zunächst gestoppt. Überkapazitäten sind das beherrschende Thema. Dennoch gibt es neue technische Entwicklungen gerade im Bereich der Containerschifffahrt und der Gas Carrier.

Text: Tim Holzhäuser


Containerfrachter „Emma Maersk“. Die acht Schiffe dieser Klasse sind mit 13.800 TEU* die größten derzeitigen Baumuster.

Foto: Hapag-Lloyd

Fotos: Maersk

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Die „Colombo Express“ von Hapag-Lloyd war 2005 mit 8.749 TEU das größte Containerschiff der Welt. Sie behauptete ihren Status – zwei Monate lang. Anzeichen für neue Vorstöße in GuinnesBuch-würdige Dimensionen.

Die Experten sind sich einig: die aktuelle Wirtschaftskrise wird nicht das Ende der Globalisierung bedeuten, der Welthandel wächst weiter. Auch wenn die bisherigen Prognosen für den Containerumschlag im Jahr 2015 aufgrund neuer Wirtschaftsdaten Makulatur sein dürften, rechnet etwa die OECD bereits für 2011 mit einem Wachstum der Weltwirtschaft um 2,8 Prozent. Analog dazu wachsen auch weiterhin die Schiffe. Zwar hat die Krise die Werften noch fest im Griff aber hier und da gibt es

Containerschiffe Als der Germanische Lloyd 2005 zusammen mit Hyundai Heavy Industries das 13.000-TEU-Projekt „Container Mega Carrier“ auf dem Container-Forum vorstellte, dürfte so mancher Besucher leichtes Unbehagen verspürt haben. Wir erinnern uns, 2005 war die „MSC Pamela“ mit 9.178 TEU das größte Containerschiff der Welt und galt vielen schon als überdimensioniert. Bereits zwölf Monate später wurde aus der Vision jedoch Realität – aber nicht auf der Werft von HDI in Japan, sondern im dänischen Odense, Sitz der hauseigenen Werft von Maersk: Seit ihrem Stapellauf am 1. September 2006 ist die „Emma Maersk“ das größte Containerschiff der Welt. Trotz ihrer Größe zeigt sie eine relativ konventionelle Bauweise: Zunächst wird das Schiff von einer Schraube und einer Hauptmaschine angetrieben. Die GL- und HHI-Ingenieure waren 2005 noch davon ausgegangen, dass eine Maschine nicht ausreichen würde und verpassten dem Projekt zwei 45.000 KW-Aggregate (jedes einzeln ausreichend für ein 4.000-TEU-Schiff), mit entsprechend höhe-

ren Kosten gegenüber der Maersk-Lösung. Technischer Fortschritt beim Wirkungsgrad hat jedoch dazu geführt, dass auch Schiffe mit über 13.000 TEU bei zertifizierbarer Betriebssicherheit mit einer Maschine auskommen.

Beibehalten wurde im Fall der „Emma Maersk“ auch die Einheit von Aufbauten und Maschinenraum Beibehalten wurde im Fall der „Emma Maersk“ auch die Einheit von Aufbauten und Maschinenraum. Das GL/HHI-Projekt hatte die beiden Elemente separiert, um Containerstellflächen hinzuzugewinnen und Ballastwasser zu sparen. Beides überzeugte auf dem Papier, erwies sich in der Realität aber nicht zwingend. Allerdings sind die Schiffe der „Emma Maersk“-Baureihe mit einer Länge von 397 Metern, einer Breite von 56,4 Metern und einem Tiefgang von maximal 16,50 Metern deutlich größer als das auf Kompaktheit getrimmte Projekt (382 m, 54,2 m, 13,5 m). *TEU-Angaben bei Maersk beruhen stets auf Schätzungen, da das Unternehmen entgegen internationalen Gepflogenheiten statt „normaler“ TEU „beladene“ TEU zu je 14 Tonnen angibt. Zudem sind die Angaben der Reederei äußerst konservativ. Unabhänginge Schätzungen gehen von bis zu 15.000 TEU für dieses Baumuster aus.

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TECHNIK

Foto: BW Group

Foto: BW Group

Foto: Nordcapital

Schwergewichte der BW Group und der Reederei H. Vogemann. Im Uhrzeigersinn von links oben: „Berge Denise (VLGC), „Voge Master“ (Capesice Bulker, H. Vogemann), „Bauhinia“ (VLCC)

Gerade beim Tiefgang wird die Differenz augenfällig; hier scheint das Größenwachstum im Verhältnis zur gesamten Rumpfgröße jedoch langsamer vonstatten zu gehen, als vielfach angenommen. Die Trennung von Maschine und Brücke bei Containerriesen wurde erst 2009 das erste Mal in der Praxis erprobt. CMA zeigte mit der im November 2009 ausgelieferten „Christophe Colomb“, dass diese Konstruktion tatsächlich Größe spart. Das 13.344 TEU-Schiff ist 365,50 Meter lang, 51,20 Meter breit, hat einen Tiefgang von 15,50 und bleibt damit etwa zehn Prozent unter den Maßen der „Emma Maersk“. Angesichts des aktuellen Kapazitätsüberhangs bei Containerschiffen dürfte die „Christophe Colomb“ der vorerst letzte Riese sein. Die „Emma Maersk“ wird ihren Spitzenplatz wohl noch über 2012 hinaus

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behaupten. Langfristig sind sich Fachleute jedoch einig: die Größe der Containerschiffe wird weiter steigen; der Stückkostenvorteil ist hier weiterhin das Hauptargument.

Die Größe der Containerschiffe wird weiter steigen. Der Stückkostenvorteil bleibt Hauptargument Bulk Carrier 2010 schlägt das Ende der „Berge Stahl“ als größtem Massengutfrachter der Welt. Das 24 Jahre alte Schiff, das im Liniendienst zwischen Brasilien und Rotterdam fährt, wird dann von Neubauten der BW Group übertrumpft werden. 2011 und 2012 erwartet die norwegische Reederei die Ablieferung von vier Bulk Carriern. Die Schiffe haben Kapzitäten von

je 388.000 Tonnen und übertreffen die „Berge Stahl“ damit um fast 24.000. Genaue Abmessungen waren zum Redaktionsschluss noch nicht bekannt. Tanker/Gas Carrier 2009 brachte das Ende einer weiteren Legende. Das schwimmende Rohöllager „Knock Nevis“, Ex-„Jahre Viking“, Ex-„Seawise Giant“ ist nicht mehr länger der größte Tanker der Welt. Das 458 Meter lange Schiff wurde in „Mont“ umbenannt und dampfte im Dezember 2009 unter der Flagge Sierra Leones zum Abwracken nach Indien. Ein rentabler Betrieb der „Knock Nevis“ war unmöglich geworden, denn die IMO verlangt die Ausmusterung aller Einhüllentanker bis 2015. Schon heute dürfen einhüllige Schweröltanker europäische Häfen nicht mehr anlaufen.


Foto: ThyssenKrupp

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Vorne im Bild: Bulk Carrier „Saare Ore“ (heute „Saar N“) im Hansaport. Selbst mit einer Länge von über 266 Metern und einem maximalen Tiefgang von 15,42 Metern gehört das Schiff im Segment Bulker zur Mittelklasse. Auch auf dem Tankermarkt gibt es starke Überkapazitäten; dennoch kommen zwischen 2010 und 2012 zahlreiche VLCC zur Ablieferung. Allein Frontline, die weltgrößte Tankergesellschaft, erwartet in diesem Zeitraum die Ablieferung von sechs Schif-

Unter Druck standen 2009 auch die Carrier für Flüssiggas: beim Bau herrscht Zurückhaltung. fen. Mit einer Kapazität von 297.000 bzw. 320.000 tdw liegen diese Carrier jedoch weit unter der Kapazität der „Jahre Viking“, die nach zahlreichen Umbauten zuletzt 564.736 tdw betrug. Neue ULCC sind auch in 2010 und darüber hinaus nicht zu erwarten. Die Gründe hierfür liegen zum großen Teil außerhalb ökonomischer Erwägungen. Baumuster wie die „Jahre Viking“ sind nicht allein aus technischen Erwägungen heraus entstan-

den, sondern unter dem Eindruck von Kampfhandlungen rund um den Suezkanal zwischen 1967 und 1975. Ein Ausweichen rund um das Kap der Guten Hoffnung erschien damals nur mit extrem großen Schiffen wirtschaftlich. So lange sich jedoch Ägypten als einigermaßen berechenbarer Staat erweist, wird auch der Suezkanal als feste Größe in der Routenplanung bestehen bleiben. Unter Druck standen 2009 auch die Carrier für Flüssiggas. 2010 könnte das Segment zwar eine Bodenbildung erleben, aber auch hier herrscht bei der Entwicklung neuer Schiffe Zurückhaltung. Alte Bestellungen kamen jedoch mitten in der Krise zur Auslieferung, so z.B. allein zwei VLGC bei BW Gas. Abseits der schieren Größe diskutiert die Fachwelt in diesem Segment über Terminalkapazitäten und neue Techniken zum wirtschaftlichen Löschen von Flüssigas (das nach dem Seetransport wieder in sei-

nen gasförmigen Aggregatzustand versetzt werden muss, bevor es in das jeweilige Gasnetz eingespeist werden kann). Der Gaskonzern E.ON etwa setzt weiterhin auf Terminalbeteiligungen, um sich die nötigen Kapazitäten zu sichern. Allein in das Terminal in Rotterdam investierte der Konzern einen „hohen dreistelligen Millionenbetrag“. Der Konkurrent RWE hingegen erprobt Schiffe, die das gekühlte verflüssigte Gas noch an Bord wieder in seinen ursprünglichen Aggregatzustand umwandeln und über eine verhältnismäßig billige Anschlusstechnik einspeisen. Die Bindung an wenige große Terminals entfällt. Kritiker bemängeln allerdings die langen Liegezeiten. Während herkömmliche Gas Carrier binnen 24 Stunden entladen sind, lägen die Schiffe mit der RWE-Technik bis zu neun Tage im Hafen. Ob diese Kritik zutrifft, wird sich im Laufe des Jahres 2010 zeigen. ENDE Hafen 2010

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KREUZFAHRTEN

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Kreuzfahrten

Diven im Hamburger Hafen

Foto: Michael Schwartz

2009 brachte neben wirtschaftlichen Turbulenzen auch die schönsten Seiten der Seefahrt in den Hamburger Hafen. Über 80 Kreuzfahrtschiffe machten in der Hansestadt fest – darunter die MS „Europa“, hier im Bild. Auch Veranstaltungen wie die Cruise Days fanden breite Aufmerksamkeit über die Stadtgrenzen hinaus.

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KREUZFAHRTEN

Die Queen Mary 2 elbabwärtslaufend, vor der Lindenterrasse des PremiumHotels Louis C. Jacob

Musikdampfer

Die schönsten Seiten der Seefahrt Kreuzfahrtschiffe sind in Hamburg gern gesehene Gäste. Das Jahr 2009 brachte opulente Höhpunkte, das Jahr 2010 bringt große Erwartungen an illustre Gäste im Hamburger Hafen.

Text: Eigel Wiese

Wohl keine andere deutsche Hafenstadt bringt so viele Fans von Kreuzfahrtschiffen auf die Beine, wie Hamburg. Wenn Schiffe getauft werden, neue Giganten die Elbe aufwärts kommen oder alle zwei Jahre die Cruise Days gefeiert werden, dann sind Zuschauermengen keine Seltenheit, die schon mal nach mehreren Hunderttausenden zählen. Diese Saison hat bereits mit einer spektakulären Taufe begonnen. Designerin Jette Joop ließ Anfang Februar als Taufpatin eine Champagnerflasche am Bug der „Aidablu“

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zerschellen, die noch am selben Abend zu ihrer Jungfernfahrt elbabwärts lief. Die Gäste der Feier konnten dem Schiff weh-

Die Saison begann mit einer spektakulären Taufe durch Designerin Jette Joop mütig hinterherschauen, nachdem rote und blaue Lichteffekte den Nachthimmel in den Farben der Elemente Feuer und Eis erleuchtet hatten.


Foto: Arnt Haug

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Foto: Hapag Lloyd

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Am 6. März erlebt der Hafen schon den nächsten Höhepunkt. Die Schauspielerin Sophia Loren tauft den jüngsten Neubau der Reederei MSC Cruises auf den Namen „MSC Magnifica“. Gebaut wird das Schiff derzeit auf einer französischen Werft in St. Nazaire. Es ist 294 Meter lang und verfügt

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über 1275 Kabinen. Auch rund um diese Taufe ist eine große Show geplant, bei der ganz Hamburg mitfeiern kann. Sie läuft unter dem Motto „Karneval in Venedig“. Am Abend verlässt die „MSC Magnifica“ mit vielen prominenten Gästen an Bord den Cruise Terminal. Vor den Landungs-

brücken wird die italienische Filmdiva die traditionelle Champagnerflasche am Bug des Schiffes zersplittern lassen. Auch an Land kommen Kreuzfahrtfans voll auf ihre Kosten: Die Schiffstaufe wird auf Großbildschirmen übertragen und bringt den Hamburger Hafen mit einem spektakulären


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MS Columbus von Hapag Lloyd

Kreuzfahrer 2010 in Hamburg

Feuerwerk zum Leuchten. Weshalb das Unternehmen sich dafür entschieden hat, den feierlichen Akt in der Stadt an der Elbe zu vollziehen, erläutert Falk Hartwig Rost, Geschäftsführer von MSC Kreuzfahrten, der deutschen Niederlassung der Reederei: „Hamburg ist eine sehr attraktive Stadt mit

Dies sind die Schiffe, die in diesem Jahr Hamburg besuchen: 5. März - 7. März 10:00 - 20:00 MSC Magnifica 6. März 8:00 - 20:00 AIDAblu 13. März 8:00 - 20:00 AIDAblu 20. März 8:00 - 20:00 AIDAblu 27. März 8:00 - 20:00 AIDAblu 3. April 8:00 - 20:00 AIDAblu 10. April 8:00 - 20:00 AIDAblu 16. April 7:00 - 17:00 Celebrity Eclipse 17. April 8:00 - 20:00 AIDAblu 18. April 7:00 - 17:00 Celebrity Eclipse 22. April 8:00 - 20:00 AIDAluna 24. April 7:00 - 12:00 Celebrity Constellation 24. April 8:00 - 20:00 AIDAblu 27. April 15:00 - 22:00 AIDAluna 1. Mai 8:00 - 20:00 AIDAblu 2. Mai 8:00 - 20:00 AIDAluna 5. Mai 7:00 - 18:00 Mein Schiff 6. Mai 8:00 - 20:00 AIDAaura 7. Mai 8:00 - 20:00 AIDAluna 8. Mai 0:01 - 23:59 Queen Mary 2 8. Mai 8:00 - 18:00 Delphin 8. Mai - 9. Mai 13:00 - 19:00 Alexander von Humboldt 9. Mai 8:00 - 19:00 Mein Schiff 10. Mai 9:00 - 17:00 Fram 12. Mai 6:30 - 20:00 AIDAluna 13. Mai 6:00 - 17:30 Queen Mary 2 15. Mai 7:00 - 18:00 Delphin Voyager 15. Mai 8:00 - 15:00 MSC Poesia 16. Mai 8:00 - 20:00 AIDAaura 17. Mai 8:00 - 20:00 AIDAluna 18. Mai 6:00 - 17:00 Deutschland 19. Mai 7:00 - 18:00 Columbus 20. Mai 9:00 - 18:00 Fram 21 . Mai 7:00 - 19:00 Mein Schiff 22. Mai 8:00 - 20:00 AIDAluna 22. Mai 8:00 - 20:00 Alexander von Humboldt 23. Mai 8:00 - 20:00 AIDAcara 25. Mai 8:00 - 19:00 Deutschland 27. Mai 8:00 - 20:00 AIDAluna 29. Mai 9:00 - 18:00 Amadea 30. Mai 7:00 - 18:00 Sea Cloud II 30. Mai 8:00 - 16:00 MSC Poesia 30. Mai 8:00 - 16:00 AIDAaura 1. Juni 8:00 - 20:00 AIDAluna 2. Juni 8:00 - 18:00 Bremen 5. Juni 8:00 - 20:00 Alexander von Humboldt 6. Juni 8:00 - 21:00 AIDAluna 6. Juni 9:00 - 18:00 Amadea

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einem hohen Wirtschaftspotential. Es ist aber auch eine Stadt, die der Seefahrt und den Kreuzfahrtschiffen sehr zugewandt ist. Wir verfolgen den diesbezüglichen Aufschwung bereits seit einigen Jahren. Und wir werden unser Programm im Norden weiter ausbauen.“ Nur wenige Tage nachdem die Meyer Werft in Papenburg den Neubau „Celebritiy Eclipse“ an die US-Reederei Celebritiy

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Cruises abgeliefert hat, kommt das Schiff am 10. April elbaufwärts. Es ist 315 Meter lang und damit nur 30 Meter kürzer als die „Queen Mary 2“. Die Reederei hat zwar noch nicht verlauten lassen, wo es getauft wird, aber Hamburg soll es wohl nicht sein. Der Küstenklatsch spricht eher von Southampton, dem künftigen Heimathafen. Liebhaber von Kreuzfahrtschiffen sollten sich auch die Zeit vom 30. Juli bis zum 1.

August rot in ihren Kalendern anstreichen. An diesen drei Tagen besuchen sechs Kreuzfahrtschiffe den Hamburger Hafen. Es sind die „AIDAaura“, „AIDAluna“ beide von AIDA Cruises, „Astor“ von Transocean Tours, „Columbus“ der Reederei HapagLloyd Kreuzfahrten, „Deutschland“, Reederei Peter Deilmann und „Mein Schiff“ der TUI Cruises. Höhepunkt der Veranstaltung wird die Auslaufparade am Sonnabend,


Foto: AIDA Cruises

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Tauffeier der „AIDA Blue“ mit Patin Jette Joop am 9. Februar 2010 in Hamburg

dem 31. Juli, wenn mehrere Kreuzfahrtschiffe hintereinander mit nur einer Schiffslänge Abstand an den Landungsbrücken vorbeiziehen. Dafür setzt Hamburgs Lichtkünstler Michael Batz im Hafen wieder, wie bereits 2008, blaue Lichtakzente. ENDE

7. Juni 10:00 - 17:00 13. Juni 8:00 - 20:00 15. Juni 8:00 - 19:00 15. Juni 9:00 - 18:00 16. Juni 8:00 - 17:00 20. Juni 7:00 - 17:00 20. Juni 8:00 - 21:00 22. Juni 10:00 - 18:00 23. Juni 8:00 - 20:00 1. Juli 8:00 - 23:59 3. Juli 8:00 - 20:00 4. Juli 8:00 - 21:00 15. Juli 8:00 - 18:00 17. Juli 8:00 - 20:00 18. Juli 7:00 - 22:00 18. Juli 8:00 - 21:00 30. Juli 8:00 - 18:00 30. Juli - 31. Juli 23:00 - 20:00 31. Juli 7:00 - 21:30 31. Juli 7:00 - 23:59 31. Juli 7:30 - 21:30 31. Juli 8:00 - 21:00 31. Juli - 1. August 23:00 - 7:00 1. August 8:00 - 21:00 8. August 8:00 - 18:00 10. August 8:00 - 20:00 13. August 7:00 - 17:30 15. August 8:00 - 20:00 16. August 10:00 - 22:30 19. August 8:00 - 18:00 20. August 8:00 - 20:00 22. August 7:00 - 18:00 22. August 8:00 - 20:00 25. August 7:00 - 17:00 26. August 7:00 - 19:00 29. August 8:00 - 20:00 30. August 8:00 - 20:00 31. August 8:00 - 20:00 4. September 8:00 - 20:00 5. September 7:00 - 19:00 8. September 7:00 - 9:00 9. September 7:00 - 17:00 9. September -10.September18:00 - 19:30 11. September 8:00 - 20:00 12. September 8:00 - 18:00 12. September 10:00 - 17:00 13. September 7:00 - 20:00 14. September 8:00 - 20:00 18. September 8:00 - 20:00 26. September 7:00 - 18:00 3. Dezember - 4. Dezember 17:30 - 16:00 12.-13. Dezember 13:00 – 8:00

Deutschland AIDAaura Europa Bremen Columbus Columbus AIDAluna Amadea AIDAaura Le Boreal AIDAaura AIDAluna Europa AIDAaura Silver Cloud AIDAluna Deutschland Deutschland Mein Schiff Columbus Astor AIDAaura Deutschland AIDAluna Europa AIDAaura Astor AIDAluna Queen Mary 2 Sea Cloud II AIDAaura Sea Cloud II AIDAluna Astor Queen Mary 2 AIDAluna AIDAaura AIDAblu AIDAaura Mein Schiff Europa Astor Deutschland AIDAaura Europa Delphin Voyager Astor AIDAcara AIDAaura Deutschland Balmoral Saga Pearl II

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Attraktion Kreuzfahrtschiff: Die „Queen Mary 2“ vor Övelgönne

Wirtschaftsfaktor Kreuzfahrten

Ein Geschäft mit Zukunft Der Kreuzfahrtsektor wird in Hamburg zur Boombranche. Touristische Höhepunkte wie die Cruise Days locken Millionen Besucher in die Hansestadt. Den Handel und die Gastronomie freut es. Experten bescheinigen Kreuzfahrten für die nächsten Jahre beste Aussichten.

Text: Eigel Wiese

Die Steigerungsraten bei Kreuzfahrtschiffen, die den Hamburger Hafen anlaufen, sind ungebrochen. Daran ändert offensichtlich auch die wirtschaftliche Flaute nichts. In diesem Jahr werden 110 Schiffsanläufe erwartet, im Jahr 2009 waren es noch 87. Damit erleben etwa 200.000 Passagiere die Hansestadt, die als Kreuzfahrtziel weiter an Bedeutung gewinnt. Im Jahr 2009 waren es noch 127.000 Gäste und noch ein Jahr davor 89.000. Von diesen Steigerungen profitiert auch der Hamburger Einzelhandel. Nach einer Umfrage aus dem Jahr 2006 (ei-

Jeder Tourist, der in Hamburg an Bord eines Kreuzfahrtschiffes geht, gibt in der Hansestadt im Schnitt 190 Euro aus

Der „provisorische“ Cruiseterminal in Hamburg

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ne neue Studie mit Zahlen des vergangenen Jahres ist in Arbeit und wird in Kürze vorliegen) gibt jeder Tourist, der in Hamburg an Bord eines Kreuzfahrtschiffes geht, im Einzelhandel der Stadt 190 Euro aus. 95 Prozent der Schiffsreisenden steigen in

Hamburg zu. Transitpassagiere dagegen, die nur einen Tag lang in Hamburg sind, geben lediglich 37 Euro aus. Im internationalen Vergleich stand Hamburg im Jahr

Mit diesen Steigerungsraten rückt Hamburg in die Spitzenklasse der Kreuzfahrthäfen 2006 damit gut da. Denn im europäischen Durchschnitt ließen die zusteigenden Passagiere in anderen Hafenstädten lediglich rund 100 Euro. Mit diesen Steigerungsraten rückt Hamburg in die Spitzengruppe der deutschen Kreuzfahrthäfen vor. Kiel fertigte im vergangenen Jahr 114 mal Schiffe ab, in diesem Jahr erwartet die Stadt an der Förde mehr als 150 Traumschiffanläufe. Warnemünde richtet sich in diesem Jahr 108 mal auf den Besuch von Passagierschiffen ein. Wichtig ist für Kreuzfahrtreedereien, einen Hafen zu haben, in dem ihre Passagiere wechseln können, also an Bord oder von


Fotos: Michael Schwartz

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Bord gehen können. Dafür sollten den Gästen alle Verkehrsmittel zur Verfügung stehen, sei es auf Schiene, Straße oder mit dem Flugzeug. In Hamburg hat man dies erkannt. So wurde der Hamburger Kreuzfahrtterminal HafenCity, der derzeit noch ein, wenn auch gelungenes, Provisorium darstellt, im Jahr 2006 schon um eine Halle erweitert. Bis zum Jahr 2011 entsteht ein neuer, moderner Terminal, der in das ebenfalls neu entstehende Überseequartier integriert ist. Dann sind es für die Gäste nur noch wenige Minuten zu Fuß bis in die Hamburger Innenstadt mit ihren Einkaufspassagen und Boulevards von Weltruf. Außerdem entstand aus einem ehemaligen Fähranleger der Kreuzfahrtterminal Altona mit einem Liegeplatz. Mit den außergewöhnlichen Steigerungen profitiert Hamburg von einer weltweiten Entwicklung. Denn Kreuzfahrten sind der weltweit größte touristische Wachstumsmarkt. Im Vergleich zu den USA hat der deutsche Kreuzfahrtmarkt in dieser Beziehung noch Nachholbedarf. So buchen in Europa 0,8 Prozent der Bevölkerung pro Jahr eine Kreuzfahrt, während dieser Anteil in den USA bei 3,6 Prozent liegt. In Deutschland entfallen bisher kaum drei Prozent des pauschal gebuchten Urlaubs

auf Seereisen. Der Nachholbedarf wird von den Reedereien also als riesig eingeschätzt. Internationale Studien haben zudem ergeben, dass 66 Prozent aller Urlaubsreisenden Kreuzfahrten besser bewerten als jede andere Urlaubsart. So sehen die Schifffahrtsunternehmen, die Hamburg regelmäßig im Kreuzfahrtprogramm haben, optimistisch in die beginnende Saison. Richard J. Vogel, Vorstand von TUI Cruises: „2010 wird ein spannendes und sehr gutes Jahr für TUI Cruises. Wir sind mit der derzeitigen Entwicklung der Buchungseingänge für die Abfahrten in 2010 sehr zufrieden und liegen deutlich über dem Vorjahr. Gerade die Sommermonate sowie

Die Highlights des Hafens 2010 sind diverse Taufen von Kreuzfahrtschiffen die zahlreichen Themenreisen sind bereits sehr gut ausgelastet. Auf die fünf Anläufe in der Hansestadt freuen wir uns ganz besonders. Die „Mein Schiff“ wird unter anderem zum Hafengeburtstag und zu den Hamburg Cruise Days hier in Hamburg sein. Unsere Highlights in 2010 sind neben

den Rock-Linern die Geburtstagsreise mit Taufpatin Ina Müller und Sänger Roger Cicero sowie die sommerliche Ostseereise mit den Wiener Philharmonikern.“ Hansjörg Kunze, Director Corporate Marketing & Communications bei AIDA Cruises, freut sich auf diese Saison in Hamburg: „Wir konnten uns 2009 über eine fantastische Buchungslage freuen und gehen davon aus, dass diese auch 2010 so anhält.“ Das Unternehmen mit Firmensitz in Rostock läuft in diesem Jahr mit vier Schiffen seiner Flotte 47 mal Hamburg an. Falk Hartwig Rost, Geschäftsführer von MSC Kreuzfahrten, die neben der Taufe der „MSC Magnifica“ auch die „MSC Poesia“ an die Elbe schickt: „Hamburg ist für MSC Kreuzfahrten eine wichtige Verkaufsregion. Zufriedene Reisebüros und damit verbunden sehr zufriedene Gäste an Bord der MSC Kreuzfahrtschiffe zeichnen die schiffsaffine Bevölkerung aus. Seien es Kreuzfahrten zu den Norwegischen Fjorden, ins Baltikum oder ins Mittelmeer, Hamburger sind weltoffen und reiselustig. Darum hat sich MSC auch entschlossen den Neuzugang 2010, die „MSC Magnifica“, im Hamburger Hafen zu taufen. Mit diesem Schiff, das vor allem auf den deutschen Markt ausgerichtet ist, werden wir Hafen 2010

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Fotos: Chr. Gebler; Quelle: HafenCity Hamburg GmbH

Oben: „Royal Princess“ am Cruise Center Links: Modell des Neubaus

eine weitere Umsatzsteigerung erzielen. 2009 buchten 125.000 Gäste aus Deutschland eine MSC Kreuzfahrt. 2010 werden wir 150.000 Gäste verbuchen können.“ Auch die Hamburger Reederei HapagLloyd Kreuzfahrten sieht positiv in die gerade begonnene Saison. Sie läuft mit drei Schiffen insgesamt sechs mal den Hamburger Kreuzfahrtterminal an. Sebastian Ahrens von der Geschäftsführung: „Wir profitieren von einem überdurchschnittlich großen Anteil an treuen Stammgästen und blicken optimistisch nach vorn. Kreuzfahrten liegen weiterhin im Trend. Immer mehr Landurlauber entdecken den Urlaub auf dem Wasser. Branchenexperten erwarten auch weiterhin eine Million Kreuzfahrt-Passagiere. Die Stärke der Kreuzfahrten wird ihre Diversität bleiben. Die Vielfalt aus Kurzreisen für Kreuzfahrtneulinge, Weltreisen oder Expeditionsreisen zu exotischen Zielen und den unterschiedlichen Schiffskonzepten wird auch künftig viele neue Reisende aufs Wasser ziehen. Als einer der führenden Veranstalter im Luxus- und Expeditionssegment im deutschsprachigen Raum bauen wir die Themen- und Studienreisen daher stetig aus und erweitern die individualisierten Angebote an Bord und an Land.“ ENDE Hafen 2010

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Kreuzfahrtterminal

Schuften am Traumschiff Die Abfertigung von Kreuzfahrtschiffen ist nicht weniger aufwendig als die von Containerschiffen. Waren- und Güterströme, Reparaturtrupps und Ersatzteile müssen in wenigen Stunden an Bord. Ohne die Passagiere zu stören.

Text: Eigel Wiese

Busse fahren vor, Taxis bahnen sich ihren

Joachim Köhn, Geschäftsführer der HCC Hanseatic Cruise Center

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Weg, Gepäckträger bieten ihre Hilfe an, Mitarbeiterinnen von Reedereien weisen Passagieren den Weg und vor den Sicherheitskontrollen stauen sich Menschenschlangen. Jedes Mal, wenn am Kreuzfahrtterminal HafenCity ein Schiff festgemacht hat, herrscht Hochbetrieb. Es sind arbeitsreiche Stunden für Joachim Köhn, Geschäftsführer der HCC Hanseatic Cruise Centers GmbH, und sein Team. Wenn eine Reederei die Ankunft eines Schiffes meldet, dann laufen in seinem Büro Arbeiten ab, die eigentlich schon Routine sind und doch jedes Mal andere Ansprüche stellen: „Das fängt an mit der Planung der Passagierzahl, die wir zu erwarten haben, das geht über Sonderwünsche von Reederei oder Schiffsleitung wie Ausrüstung, Reparatur, oder ähnliches. Außerdem müssen wir die sicherheitstechnischen Aspekte beachten. Wir organisieren auch Gepäckhandling, Ausrüstung und Verproviantierung. Wenn die Schiffe nach vierzehn Tagen zurückkehren, dann sind die Kühlschränke leer. Da kommen bis zu fünfzehn Lkw, die schon auf das Festmachen warten. Mit dem Verladen muss sofort begonnen werden, denn abends wollen die Passagiere schon wieder etwas Frisches essen.“ Es sind nicht nur die ankommenden und abreisenden Passagiere zu betreuen, so ein Schiff benötigt auch Proviant, Ersatzteile und Ausrüstung, eventuell sind während der Liegezeit sogar kleinere Reparaturen


Fotos: Eigel Wiese

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Beladen wie zu Zeiten des Stückguts. Für Container ist in Kreuzfahrtschiffen kein Platz. Die Luken sind zu klein.

zu erledigen. Wichtig ist es, die 15 Lkw in einer Reihenfolge abzufertigen, die es der Schiffsbesatzung ermöglicht, die angelieferten Waren auch in der gewünschten Reihenfolge an Bord zu verstauen. Sonst entsteht Chaos. „Wir sind in der Lage, innerhalb einer Stunde einen Lkw zu übergeben“, erklärt Joachim Köhn. „Das bedeutet dreißig Paletten pro Stunde zur richtigen Zeit an den richtigen Ort zu bringen. Mehr kann die Schiffsbesatzung gar nicht übernehmen.“ Von diesen Arbeiten sollen die Passagiere möglichst nicht beeinträchtigt werden. Immerhin haben sie eine erholsame Urlaubsreise gebucht. Und wollen etwas erleben. Nach dem Entladen muss ohne Zeitverzögerung der nächste Lkw folgen. Schließlich steht schon ganz genau fest, wann das Schiff wieder ablegt. Container, wie in der Frachtschifffahrt längst üblich, lassen sich für die Beladung von Passagierschiffen

nicht einsetzen. Deren Luken und Seitenpforten sind dafür zu klein. Also sind Mitarbeiter gefragt, die anpacken können. Und Methoden, die in anderen Bereichen des Hafens längst als veraltet gelten. Joachim Köhn erzählt: „Für das Verladen von Proviant arbeiten wir beispielsweise mit so genannten Packos, das sind große Körbe, die

Gefragt sind Mitarbeiter, die anpacken können und Methoden, die anderswo als veraltet gelten von einem Mobilkran an Bord gehievt werden. Außerdem setzen wir spezielle Haken ein, um ganze Paletten an Bord hieven zu können. Die waren früher im gesamten Hafen im Umschlag üblich. Für uns haben wir diese Methode wieder belebt. Denn wir können ja mit unseren Gabelstaplern nicht direkt an die Luken heranfahren.“

Eine besondere Herausforderung ist auch der starke Tidenhub im Hamburger Hafen. Denn während seiner Liegezeit im Hafen kann ein Schiff im Rhythmus von Ebbe und Flut durchaus dreieinhalb Meter steigen oder sinken. Wieviele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind zwischen dem Festmachen der Leinen am Morgen und ihrem Loswerfen am Abend notwendig, um Schiff und Passagiere zu betreuen? Joachim Köhn: „Wenn hier 1500 Passagiere aussteigen und 1500 wieder zusteigen, dann beschäftigen wir 50 bis 60 Menschen. Wenn zwei Schiffe da sind, dann sind es schon mal 80. Das fängt an mit der Büroorganisation, mit Parkeinweisern, Kaiarbeitern, Security, Gepäckträgern, dem Personal des Bistros und vielen weiteren.“ Im Kreuzfahrtteam der HCC Hanseatic Cruise Centers GmbH gibt es nur fünf fest Hafen 2010

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Foto: Eigel Wiese

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Der Proviant wird auf Paletten mit speziellen Haken an Bord gehievt

angestellte Mitarbeiter. Alle anderen Aufgaben erledigen Spezialisten von Dienstleistungsunternehmen, die nur für die Zeiten am Terminal bezahlt werden. Das reicht von Sicherheitsunternehmen für die Kontrollen von Passagieren und Gepäck bis hin zu den Fachleuten direkt an der Kaikante, die bei der GHB (Gesamthafenbetriebs-Gesellschaft), dem Personaldienstleister für die Hamburger Hafenwirtschaft, angefordert werden. Jeden Monat ist die Zahl der anzufordernden Mitarbeiter anders. Denn jeden Monat schwankt die Zahl der Schiffe, die den Hamburger Hafen anlaufen. Den Höhepunkt bildet in diesem Jahr der Mai, in dem 30-mal Schiffe am Kreuzfahrt Center festmachen. Manchmal sind es zwei bis drei am Tag. Wie wirkt es sich auf die Arbeit an den Terminals aus, wenn die Zahl der Schiffe von Jahr zu Jahr stark zunimmt? Joachim

Köhn ist seit 1986 nach Ende seiner Seefahrtzeit im Hafen tätig und hat die Veränderungen der Kreuzfahrt in Hamburg von Anfang an beobachten können: „1997 hatten wir zehn bis zwölf Schiffe im Jahr. Wie stolz waren wir, als das erste Mal zwanzig Schiffe abgefertigt wurden. Heute machen wir das in einem Monat und manchmal sogar noch mehr. Mittlerweile ist die Saison immer länger geworden. Früher lief sie von Mai bis September. In diesem Jahr beginnt sie sogar schon im Februar. Außerdem endet sie mittlerweile erst im Dezember, mit den Christmas Cruises. Der einzige Monat ohne Schiff ist der Januar. Der Höhepunkt der Mai. Wir sagen immer, wenn wir den Mai geschafft haben, dann kann uns nichts mehr passieren.“ Ist diese Arbeit für Joachim Köhn jemals langweilig gewesen? „Nein, das kann man nicht sagen. Wir freuen uns auch über die maritime Begeisterung in dieser Stadt. Wir

hören von Reedern immer wieder, dass sie dies aus anderen Häfen nicht kennen. Dort läuft ein Schiff ein und fährt wieder weg. Das war’s. Hier in Hamburg ist die Liebe zu Schiffen zu spüren. Daher etabliert sich die Stadt ja auch zum Taufhafen.“ Hat er selbst schon einmal eine Kreuzfahrt unternommen? „Ja sicherlich. Die nächste beginnt in Kürze, damit ich rechtzeitig zum Saisonbeginn wieder in Hamburg bin.“ Um auch für künftige Steigerungsraten von Kreuzfahrtanläufen gerüstet zu sein, gibt es seit dem August 2009 einen weiteres Terminal am ehemaligen Anleger der Englandfähre. Dort soll ein neues Abfertigungsgebäude entstehen, das ausreicht, um die vielen Passagiere von bis zu 300 Meter langen Schiffen ein- oder auszuschiffen. Denn in der HafenCity können zwei Superschiffe zur selben Zeit derzeit nicht abgefertigt werden. ENDE

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ANHANG

Glossar

Automated Guided Vehicle: Vollautomatisches fahrerloses Transportsystem. Bewegt die Container zwischen den Containerbrücken an der Wasserseite und dem Blocklager. Barge: Schwimmfähiger Ponton für Ladungscontainer. Erleichtert den Transport innerhalb des Hafens Blocklager: Automatisiertes Lager zur kompakten Stapelung von Containern, wird von Portalkränen auf Schienen bedient. Bulkschiff: Frachtschiff für Massengut (Schüttladungen wie Kohle, Getreide, Erz). Bunkerkosten: Treibstoffkosten für ein Schiff. Bunkerschiff: Schiff, das ein anderes Schiff mit Schmieröl oder Brennstoff betankt. Den Vorgang nennt man bunkern. BRZ: Brutto-Raum-Zahl, Maßeinheit für den Rauminhalt eines Schiffes. Containerbrücke: Verladeeinheit für ISOContainer in den Containerterminals. Ein Schienenkran hebt die Container vom Schiff auf nahe gelegene Lagerflächen oder Transportmittel. Cellguides: Führungsschienen zur Befestigung von Containern.

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CFS: Container Fright Station, Ort an dem im Seetransport ein Spediteur einen Container belädt. Corner Castings: Bezeichnung für Befestigungspunkte, die sich an allen Ecken eines Containers befinden. Sie dienen zum Anheben, Stapeln oder Befestigen des Containers, indem  Twistlocks oder andere Vorrichtungen in die Befestigungspunkte eingreifen und sie verriegeln. FCL: Full Container Load, die komplette Beladung eines ISO-Containers durch den Versender. Feeder/Feederschiff: Zulieferer für andere Schiffe oder Häfen. Flat Rack: Container mit zwei Stirnwänden, Seitenwände und Dach fehlen. Flat Racks werden für Transportgut genutzt, welches die Maße eines Standardcontainers überschreitet. GL: Germanischer Lloyd, Schiffsklassifikationsgesellschaft, umgangssprachlich auch: „Schiffs-TÜV“ Hamburg-Antwerp-Range: Wird von den großen nordeuropäischen Häfen Hamburg, Bremerhaven, Amsterdam, Rotterdam, Antwerpen und Zeebrügge gebildet, die entlang der Nordseeküste im Wettbewerb zueinander stehen.

HHLA: Hamburger Hafen und Logistik AG, das größte Hamburger Hafenlogistikunternehmen. Es gliedert sich in die vier Segmente Container, Intermodal, Logistik und Immobilien. HPA: Hamburg Port Authority, eine Anstalt öffentlichen Rechts. Für die Stadt Hamburg Eigentümerin des überwiegenden Teils der Hafengrundstücke. IMO: Internationale Seeschifffahrts-Organisation, eine Sonderorganisation der Vereinten Nationen mit Sitz in London. „Sichere, geschützte und effiziente Schifffahrt auf sauberen Meeren“ ist der Leitsatz der IMO. ISO-Container: Nach ISO 668 genormter Container, meist 20 oder 40 Fuß lang. Krängung: Auch Schlagseite, bezeichnet die Neigung von Schiffen zur Seite. Ladegeschirr: Bordeigene Einrichtung für den Ladungsumschlag an Deck. laschen: Ladungssicherung mithilfe von Gurtverzurrungen. LCL: Less than container load, Warensendungen die einen Container nicht komplett ausfüllen. Meist werden diese an einer  CFS gesammelt und in einem Sammelcontainer zusammengefasst.


Foto: Michael Schwartz

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Kurz vor Einbruch des Winters: Starker Wind kräuselt das Wasser im Hafen

LOCO-Aufkommen: Örtliches Frachtaufkommen, das in der unmittelbar angrenzenden Wirtschaftsregion produziert, verarbeitet oder verbraucht wird. Nordrange: Bezeichnung für die wichtigen kontinentaleuropäischen Häfen an der Nordsee. Mega-Carrier: Containerschiffe mit einer Stellplatzkapazität von 10.000 TEU bis über 13.000 TEU. Moves: Einheit, gibt die Anzahl der von einer Containerbrücke bewegten Container an. Multipurpose-Terminal: Mehrzweckter minal, Umschlag und Logistik von Stückgut, Containern und Massengut. OBC: Ore-Bulk-Container, kombinierte Massen-, Stückgut- und Containerfrachter. OBO: Ore-Bulk-Oil, Form des Massengutschiffs. Neben/anstatt Schüttgut können auch Container oder Öl geladen werden. Pallen: Ladungssicherung für Stückgut in Laderäumen oder Containern mittels Vierkanthölzern, Luftkissen und anderen Hilfsmitteln. Pfahlzug: Maß zur Bestimmung der Zugkraft von Schleppern in Tonnen.

Ponton: Schwimmkörper ohne eigenen Antrieb, entweder als Anlegesteg oder als schwimmende Plattform genutzt. Portalkran: Krananlagen, die ihren Arbeitsbereich wie ein Portal überspannen. Sie operieren oft auf Schienen und werden dann RMG (Rail Mounted Gantry Crane) genannt.

Postpanamax: Schiffe die aufgrund ihrer Abmessungen (Breite über 32,30 Meter) nicht durch die Schleusen des Panamakanals passen. Zusammen mit Schiffen, die zu groß für die Passage des Sues-Kanals sind (Postsuezmax: Tiefgang über 18,9 Meter), werden sie als Capesize zusammengefasst. Sie müssen zwischen den Ozeanen um Kap Hoorn bzw. das Kap der guten Hoffnung fahren.

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ANHANG

Reachstacker: Radfahrzeuge mit bis zu 50 Tonnen Hublast, die zum Stapeln und Umschlagen von Containern und Wechselbrücken dienen. Reefer: Container mit integriertem Kühlsystem. Ro-Ro-Schiffe: Schiffe bei denen die Ladung über Rampen an Bord (roll on) und wieder herunter (roll off) gebracht wird. Seca-Gebiet: SOx Emission Control Area, Schiffe die Treibstoff mit einem Schwefelgehalt von mehr als 1,5 Prozent verwenden, dürfen diese Gebiete (z.B. die Ostsee) nicht befahren Short-Sea-Verkehr: Transportverkehr über Kurzstrecken in küstennahen Gewässern. tdw: tons dead weight, Maßeinheit für die Tragfähigkeit eines Seeschiffes.

Das kleine Gästeheft im DIN A6-Format wird am Abend des Hamburger Hafen Empfangs an die geladenen Gäste verteilt. Anzeigen-Info: 040 86 66 69-55

A

m 4. März 2010 bat der Klaus Schümann Verlag erstmals zum HAMBURGER HAFEN EMPFANG in das Internationale Maritime Museum. Rund 700 geladene Gäste aus der Hafenwirtschaft folgten der Einladung und nutzten den Abend für einen kommunikativen

TEU: Twenty-Foot Equivalent Units, international standardisierte Einheit zur Zählung von ISO-Containern verschiedener Größen, zur Beschreibung der Ladekapazität von Containerschiffen und des Umschlags von Containerterminals. Ein 20-Fuß-ISO-Container ist gleich 1 TEU. Trimodaler Verkehr: Die optimale Verknüpfung mehrerer Verkehrsträger (hier: Wasser, Schiene, Straße). Dabei wird eine Optimierung von Transportzeit und -kosten und der notwendigen Anzahl der Umladevorgänge angestrebt. Twistlock: genormtes Verbindungsstück zum vertikalen Laschen/Sichern von Containern. ULCC: Ultra Large Crude Carrier, sehr großes Tankschiff ab ca. 320.000 tdw.

Hamburger Hafen Empfang

3. März 2011

Austausch. Ohne seinen Hafen hätte die Hansestadt Hamburg nicht das Ansehen, das ihr seit Generationen entgegengebracht wird. Die Bedeutung des Hafens als Schwerkraft der Hansestadt gilt es zu fördern und zu kommunizieren. Der HAMBURGER HAFEN EMPFANG liefert

Van-Carrier: Portalhubwagen, spezielles Umschlaggerät für ISO-Container. Der Fahrer bewegt seinen Van-Carrier über den Container, hebt diesen an und stapelt ihn in mehreren Lagen. VDR: Verband Deutscher Reeder, der zentrale Bundesspitzenverband der deutschen Reeder mit Hauptsitz in Hamburg. VHSS: Vereinigung Hamburger Schiffsmakler und Schiffsagenten e.V., freiwilliger Zusammenschluss von in Hamburg ansässigen Schiffsmaklerfirmen. VLCC: Very Large Crude Carrier, Großtanker ab ca. 160.000 tdw. VLGC: Very Large Gas Carrier, Gastankschiff über 70.000 m3.

Der Jahresband, HAFEN 2011, erscheint zum HAMBURGER HAFEN EMPFANG 2011. Der Jahresband ist im Handel und beim Verlag für 7,50 € erhältlich. Anzeigen-Info: 040 86 66 69-55

seinen Beitrag dazu und soll zu einer guten Tradition an der Elbe werden. Drei rund zehnminütige Hafen-Reden nehmen zu aktuellen Themen des Hafens Stellung. Am 3. März 2011 findet der 2. HAMBURGER HAFEN EMPFANG statt.

KLAUS SCHÜMANN VERLAG Sülldorfer Kirchenweg 2 · 22587 Hamburg · Telefon 040 86 66 69-0 (Fax -40) · www.klaus-schuemann-verlag.de · www.hamburger-hafen-empfang.de

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Hafen 2010


Pantaenius 1-1-Hafen2010_Layout 1 11.02.10 10:33 Seite 1


Hapag Lloyd 1-1-Hafen2010_Layout 1 16.02.10 09:51 Seite 1


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