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Golfgeschichten Was guckst du?
Üben, üben und nochmals üben auf der Driving Range, das ist der Leitspruch für ein (vielleicht) beständigeres Spiel auf dem Platz. Gemäß dem Motto: Die Hoffnung stirbt zuletzt. Ich hänge auch öfter dort herum, meist mit dem Walkman im Ohr, da ich mich gerne von vorbeigehenden Menschen ablenken lasse und dann Schläge fabriziere, die eher unterirdisch sind. So merke ich erst gar nicht, wenn jemand in meiner Nähe herumschleicht und meine mehr oder weniger erfolgreichen Bemühungen mitbekommt. Ein Golfer, der seine Annäherungsschläge auf der Pitching-Area übte, hatte wohl nicht auf dem Schirm, dass er gut sichtbar für jedermann dort stand. Meine allerbeste Golffreundin und ich kamen gerade vom Platz und sahen voller Verblüffung, dass er seinen Entfernungsmesser aus dem Bag zerrte und hochkonzentriert immer wieder dadurch lugte. „Was um alles in der Welt macht er da, das sind doch höchstens 50 Meter bis zur Fahne“, kicherte ich.
„Probiert sicher sein neues Spielzeug aus“, grinste meine Freundin.
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Wir schauten gebannt dem Treiben zu. Für sein weiteres Vorgehen wählte er schließlich sorgsam einen Schläger aus, noch mal durch sein Messgerät gepeilt und nach etlichen Probeschwüngen schoss er seinen Ball in die angrenzenden Bäume, fernab der Fahne. Enttäuscht schielte er auf sein mehr oder weniger nützliches Helferlein.
Dass wir dann auch noch da standen und schallend lachten, trug nicht dazu bei, dass sich seine Laune besserte. Denn spätestens jetzt wurde ihm klar, dass wir die ganze Aktion beobachtet hatten. Wir haben uns köstlich amüsiert. Aber wie das so ist: Wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen.
Diese Golfgeschichte von Angelika Brill ist aus dem Buch „Wir sind keine Weicheier“ und ist im WOLL-Verlag erschienen, im Sauerländer Buchhandel, an manchen Golforten und im WOLL-Onlineshope – www.woll-onlineshop.de erhältlich.
Angelika Brill: Wir sind keine Weicheier Golfgeschichten – WOLL-Verlag, Hardcover, 124 Seiten, 14,8 x 21 cm, ISBN: 978-3-948496-58-6 – 19,90 Euro

Jedes Tier ist es wert, gerettet zu werden
Lautes Zwitschern dringt aus dem Nebenzimmer, während Esther Rossa dem WOLL-Magazin von ihrer ehrenamtlichen Arbeit erzählt. Sie hat es sich zur Aufgabe gemacht, Wildvögeln eine zweite Chance zu geben. Und es ist viel mehr als nur eine Herzensangelegenheit. Die Tierschützerin weiß, wie wichtig Vögel für unsere Umwelt sind. Nur hat das leider kaum jemand auf dem Schirm.

„Vögel haben keine Lobby“, erklärt sie. „Sie sind eben nicht so schön flauschig, wie ein Hund oder eine Katze – und vor allem nicht so präsent.“ Bald fünf Jahre ist es her, dass Esther Rossa den ersten Vogel bei sich aufnahm. Eine Schwalbe, die ihr Bruder zu ihr brachte. Sie nahm sich ein Herz und versuchte es. Im Internet fand sie Hilfe und auf die erste Schwalbe folgten zwei weitere. Zwei davon konnte sie wenige Wochen später in die Freiheit entlassen. Und dann gab es kein Halten mehr. „Ich habe mich über die verschiedenen Wildvogelarten belesen, mit anderen Päpplern gesprochen und mich mit Tierärzten ausgetauscht, Techniken gelernt und mir alles besorgt, was ich für den Start brauchte.“ Als examinierte Altenpflegerin sind ihr medizinische Themen nicht fremd. Einen winzig kleinen, fragilen Vogel zu behandeln, ist aber natürlich eine ganz besondere Aufgabe. „Im ersten Jahr habe ich etwa 250 Vögel gepäppelt, im vergangenen Jahr waren es über 600, und hätte ich nicht aus privaten Gründen einen Aufnahmestopp verhängen müssen, wären es wohl noch mehr geworden.“
Natürlich schaffen es nicht alle der Vögel, die zu Esther Rossa kommen. Aber sie gibt alles. Sieben Tage die Woche, 24 Stunden am Tag ist sie für ihre ganz kleinen und größeren Patienten da. „Bei Sonnenaufgang stehe ich auf, trinke einen Kaffee, bereite das Futter zu.“ Obst und Gemüse müssen geschnitten werden, Wildsamen gesammelt, Vitamine und Mineralstoffe ergänzt, für die Vegetarier Futterbrei angerührt, für die Fleisch- und Aasfresser Fleisch und Insekten zerlegt werden. Dann wird gefüttert, die Nester gereinigt, Medikamente gegeben, Wäsche gewaschen – und dann weitergefüttert. „Teilweise müssen die ganz kleinen alle zwanzig Minuten gefüttert werden. Das variiert von Art zu Art und ändert sich, wenn sie älter werden.“
Hilfe für groß und ganz klein
Vor allem Nestlinge werden zu ihr gebracht. Teilweise sind sie noch nackt. Der kleinste Spatz, der zu ihr gebracht wurde, wog gerade einmal ein Gramm. Aber auch Vögel, die einen Katzenangriff überlebt haben, gegen ein Auto oder eine Fensterscheibe geflogen sind oder von anderen Vögeln aus dem Nest geraubt wurden, kommen zu ihr. Vor allem aber die vielen geschwächten und abgemagerten Vögel machen Esther Rossa Sorgen. „Elstern, Rabenkrähen oder Eichelhäher, die eigentlich schon alt genug wären, um selbst zu überleben, werden fast verhungert bei mir abgegeben.“

Nicht selten passiert es aber auch, dass ihr Vögel übergeben werden, die aus Nestern stammen, die von Privatleuten ent- fernt wurden – und dass, obwohl so etwas nur mit Ausnahmegenehmigung der unteren Naturschutzbehörde erlaubt ist. Manchmal sind es sogar Vögel, die auf der roten Liste stehen und vom Aussterben bedroht sind.

Es gibt aber auch die anderen, die sich für Vögel einsetzen wollen – leider aber manchmal ohne ausreichendes Wissen. „Privatleute können einiges tun, um den Vögeln in ihrer Umgebung etwas Gutes zu tun. Einen streifen Rasen stehen lassen, Wildblumen säen und darauf achten, dass im Sommer kein Winterfutter gefüttert wird, sondern Wildsamen, vielleicht auch Frostinsekten, wenn man sich ein wenig eingehender damit beschäftigen möchte.“ Und vor allem ist der Vogelpäpplerin eines wichtig: „Wenn ein Vogel gefunden wird, darf er kein Wasser oder Futter bekommen. Dafür sind die Stationen zuständig. Das Einzige, was unbedingt, vor allem bei noch nackten Vögeln getan werden muss, ist, sie zu wärmen. Der Vogel hat nur diese eine zweite Chance und die muss er richtig nutzen dürfen.“
Unterstützer gesucht

Esther Rossa fehlen derzeit die Mittel, um sich weiterhin um so eine große Zahl an Vögeln zu kümmern. Es gab Zeiten, da hatte sie bis zu 90 Vögeln in ihrem Esszimmer. Aber für die Auswilderung braucht sie wieder einen Ort, an dem sie ihre Volieren aufbauen kann. Und auch die Kosten müssen gedeckt werden. „Einen Vogel aufzupäppeln kostet mich etwa 50 bis 65 Euro“
, erklärt sie. Das bezahlt sie aus ihrer eigenen Tasche. Fördergelder zu bekommen, ist nicht leicht. Gerade, wenn es um Wildtiere geht, nicht nur Vögel, auch Eichhörnchen oder Igel haben es schwer. Aber die Tierschützerin bemüht sich und überlegt, einen Verein zu gründen, damit sie in Zukunft auch Spenden sammeln kann und vielleicht ehrenamtliche Helfer findet, die sie in ihrer Arbeit unterstützen. Derzeit gibt es nur eine weitere Vogelpäpplerin im gesamten Hochsauerlandkreis – definitiv zu wenig. „Wir haben europaweit einen SingvogelRückgang von etwa 70 Prozent. Das kommt beispielsweise durch das Insektensterben durch Pestizide, hochintensive Landwirtschaft und den Wegfall der Habitate. Die Vögel finden einfach nicht mehr genügend Nahrung. Mit unserer Arbeit können wir wenigstens einen kleinen Teil dazu beitragen, das aufzuhalten. Denn Wildvögel sind wichtig als als Schädlingsvertilger, Samenverbreiter und Blütenbestäuber.“

