Mann läuft, Frau schreibt

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Mittwoch, 3. Juni 2015

Mann läuft, Frau schreibt

HÖRBAR WELTMUSIK

Als ihr Mann sich für einen Marathon anmeldete, dachte Jrene Rolli an Berge von Pasta und an blutige Brustwarzen. Wie es wirklich war, zeigt ihr Buch, das ihre Online-Kolumnen versammelt. Ein Gespräch über das Leben als Sportlerfrau. dort mit meinem Mann, als sie uns bat, den Verschluss ihres Gels – Läufer brauchen diese als Proviant für unterwegs – aufzuschrauben. 40 000 Teilnehmer – und Sigrid Eichner steht unmittelbar neben uns. Ich war beeindruckt, mit welcher Leichtigkeit und Freude sie den Lauf anging. Sie meinte, dass jeder einen Marathon laufen könne. Mit dreissig Jahren sei es noch nicht zu spät, damit anzufangen.

DIANA BULA

Frau Rolli, Ihr Mann hat sich dreiviertel Jahre lang auf den BerlinMarathon vorbereitet. Sie haben darüber gebloggt. Wie feuert man einen Läufer am effektivsten an? Jrene Rolli: Viele Zuschauer rufen einfach nur «Hopp, hopp, hopp». Darüber haben mein Mann und ich immer gewitzelt. Es gibt doch wirklich aufmunternde Arten, jemanden zu motivieren. Eines Tages habe ich ihm deshalb «You’re looking good» zugerufen. Er, der sonst eher mit verbissenem Gesichtsausdruck läuft, hat plötzlich geschmunzelt. Seither feuere ich ihn immer wieder mit persönlichen und amüsanten Zurufen an. Ein gemeinsamer Berlin-Trip – ausgerechnet an jenem Wochenende, an dem sich Tausende von Läufer durch die deutsche Stadt pflügten – brachte Ihren Mann auf den Geschmack, selber zu starten. Was wäre Ihr Leben ohne diesen Zufall? Rolli: Um viele Erlebnisse ärmer. Der Marathon meines Mannes ist zu einem gemeinsamen Projekt geworden. Wir beide haben es auf verschiedene Arten angepackt. Er laufend, ich schreibend. Ich habe viele Artikel und Studien gelesen, für meine Kolumnen recherchiert und mich so ins Thema vertieft. Wenn wir über den Marathon redeten, war das plötzlich nicht mehr nur seine Sache, sondern auch meine. Was befürchteten Sie denn zu erleben, das Stoff genug für Kolumnen bietet? Rolli: Als mein Mann mir von seiner Marathon-Teilnahme erzählte, schossen mir sogleich viele Bilder typischer Klischees durch den Kopf. Ich sah Haufen von Bananen und Pasta, die typische Sportlernahrung. Ich malte mir vom Tenue blutig gescheuerte Brustwarzen aus, Zehennägel, die wegen des Drucks der

Pipilotti Rist gestaltet die «Zeit» Die Ostschweizer Videokünstlerin Pipilotti Rist hat das aktuelle Feuilleton der deutschen Wochenzeitung «Die Zeit» gestaltet. Dabei habe die Künstlerin die zwölf Seiten in einen StarSchnitt verwandelt, der unter anderem sie selbst in Lebensgrösse als sogenannte «Fix-itFrau» zeigt. Auch der französische Filmstar Jean-Paul Belmondo sei in dem Special zu sehen, teilte der Verlag mit. Was das bedeutet? «Die Leute wollen immer den Sinn und Zweck der Kunst ergründen. Aber Kunst hat keinen zielgerichteten Grund», sagte die 52-Jährige. «Wenn ich mit extrem kunstfeindlichen Menschen spreche, dann sage ich: ‹Dein Anzug ist ja auch schon eine grosse kulturelle Leistung! Sonst würdest du in einem Kartoffelsack herumliegen.›» (sda)

Und, werden Sie damit beginnen? Rolli: Nein, ich habe mich noch für keinen Marathon angemeldet. Obwohl es Gründe dafür gäbe. Der Moment im Zielraum, in dem diese Glückseligkeit der Läufer zu spüren ist, bewegt mich immer sehr.

Bild: ap

Was Marathonläufer durchmachen: Jrene Rolli hat es hautnah miterlebt und darüber geschrieben.

Laufschuhe ausfallen. Im nachhinein betrachtet, war alles halb so schlimm. Mein Mann litt an einer beidseitigen Achillessehnenentzündung und konnte vier Wochen nicht trainieren. Und am Wochenende vor dem BerlinMarathon fing er sich eine starke Grippe ein. Ich fragte mich, ob jemand 42 Kilometer rennen sollte, der nicht ganz auskuriert ist. Diese beiden Situationen waren rückblickend die einzigen, die mir tatsächlich Sorgen bereiteten. Keine Berge von Pasta, die Ihnen verleidet sind? Rolli: Vor wirklich langen Läufen kam es durchaus vor, dass er morgens früh Spaghetti verschlang. Ich sass zwar daneben, ass jedoch mein Müesli. Gingen

wir am Abend zuvor auswärts essen, endeten wir tatsächlich oft beim Italiener. Aber zum Glück gibt es auch dort Varianten für Gäste, welche gerade die Nase voll von Pasta haben.

Rolli: Die Stimmung nach dem Lauf ist toll. Alle freuen sich, dass sie es ins Ziel geschafft haben, alle strahlen über das ganze Gesicht. Das steckt an. Wir haben nach den Wettbewerben viele schöne Sonntagnachmittage verbracht. Wir sassen auf dem Balkon, lasen Zeitung, wir grillierten. Mehr braucht es in dieser Stimmung nicht fürs Glück. Mich haben auch die vielen einzigartigen Erlebnisse und Begegnungen entlöhnt. Ich habe zum Beispiel Sigrid Eichner, eine Weltrekordhalterin, getroffen. Sie ist 74 Jahre alt, hat über 1800 Ultra- und Marathonläufe absolviert und läuft noch immer.

Sie tönen verständnisvoll. Mit Menthol aber haben auch Sie es nicht… Rolli: Ich reagiere bei Hautkontakt allergisch darauf und bekomme einen Ausschlag. Den Geruch von Menthol kann ich nicht ausstehen. Aber die Muskeln regenerieren sich damit nach harten Trainings und anstrengenden Läufen nun mal schneller. Da muss man als Frau eines Läufers einfach durch.

Wo sind Sie ihr begegnet? Rolli: Am Tag des Berlin-Marathons im Startraum. Ich stand

Haben die Runner’s Highs Ihres Mannes Sie entlöhnt?

Sie wundern sich im Buch, warum laufende Männer Shorts über Leggins tragen, und bitten um Antworten. Haben Sie welche erhalten? Rolli: Ja, vom Stilexperten Jeroen van Rooijen. Er schrieb mir, dass er diese Mode, als sie aufkam, ebenfalls ein bisschen eigenartig fand. Gleichwohl aber auch cool, weil er Ähnliches vor ein paar Jahren schon an coolen Männern in Tokio gesehen hatte. Sie trugen die Kombination aber im Alltag. Jeroen van Rooijen meint, dass Männer in Leggins fast immer dämlich aussehen. Shorts würden ihnen die Männlichkeit zurückbringen. Ausserdem sehe man so «des Mannes bestes Stück» weniger. Jrene Rolli: Hilfe, mein Mann läuft! Buch & Netz 2015, 112 S., Fr. 23.90

Bild: pd

Jrene Rolli, 29, aus Bern.

Auch mässige Erwärmung wird Meeren schaden

Museumsrat publiziert Liste mit Kulturgütern aus Irak

Ein halbes Jahr vor dem UNKlimagipfel in Paris haben Forscher vor Schäden für die Weltmeere selbst bei einer mässigeren Erderwärmung gewarnt. Arten, die kühleres Wasser zum Leben brauchten, würden in die Tiefe abwandern – oder aussterben.

Angesichts der Zerstörung von Kulturgütern durch radikale Extremisten hat der Internationale Museumsrat (Icom) eine Liste schützenswerter Stücke aus Irak vorgelegt. Auf der sogenannten roten Liste werden Kulturgüter geführt, die als bedroht gelten, weil sie etwa zerstört, gestohlen, geplündert oder geschmuggelt werden könnten. Die Liste enthält Tafeln, Siegel, Skulpturen, Friese, Mosaike und Gefässe aus einem Zeithorizont von rund 12 000 Jahren.

Gewaltige Umverteilung «Wenn dem Klimawandel nicht rasch entgegengewirkt wird, wird er zu einer gewaltigen Umverteilung der Artenvielfalt in den weltweiten Meeren führen», hiess es in einer am Montag im Fachblatt «Nature Climate Change» veröffentlichten Studie des französischen Forschungsinstituts CNRS. Sollte sich das Klima bis zum Jahr 2100 durchschnittlich nur um ein Grad Celsius erwärmen, sind der Studie

zufolge nur geringe Veränderungen zu erwarten. Ein Anstieg um zwei Grad würde zu einer dreimal umfangreicheren Verlagerung der Arten führen als in den zurückliegenden fünf Jahrzehnten. Eine Erderwärmung entsprechend dem Extremszenario von bis zu 4,8 Grad würde die umfassendste Verlagerung der Arten seit rund drei Millionen Jahren nach sich ziehen. Freiwillige Ziele vereinbaren Beim Klimagipfel in Paris soll im Dezember vereinbart werden, dass die Erderwärmung bis Ende des Jahrhunderts auf maximal zwei Grad steigen darf. In dem Abkommen sollen alle Staaten freiwillige Ziele zur Minderung des Kohledioxidausstosses zunächst bis zum Jahr 2030 festlegen. (sda)

Bedrohte Güter erkennen Die Icom-Liste soll Kunst- und Kulturspezialisten ebenso wie den Behörden helfen, geschützte und bedrohte Güter aus Irak zu erkennen und einzuordnen. Es handle sich nicht um eine Aufstellung gestohlener Stücke, son-

dern lediglich um eine Übersicht wichtiger registrierter Güter, erklärte der Rat. 35 500 Einrichtungen Seit dem Jahr 2000 veröffentlichte Icom bereits rote Listen für mehr als 25 Staaten, wie der aus Deutschland stammende Präsident Hans-Martin Hinz angab. Wer den Verdacht hat, ein Stück von einer roten Liste ausfindig gemacht zu haben, kann sich an den Rat mit Sitz in Paris wenden. Diesem gehören rund 35 500 Einrichtungen aus 137 Ländern an. Kämpfer der Jihadisten-Miliz Islamischer Staat hatten während ihrer bereits seit Monaten andauernden Offensive in Irak die Kulturstätten Nimrud und Hatra in Schutt und Asche gelegt. (sda)

Roma-Lieder Der englische Folksänger Sam Lee ist weder ein englischer Roma noch ein irischer Fahrender. Aber er forscht nach deren Liedern, sammelt und bearbeitet sie. In seinem zweiten Album verzichtet Lee auf jegliches Pathos, er singt summend oder fast balzend und gleichzeitig voller Dramatik. Das ist hohe Kunst! Herausragend ist auch die musikalische Umsetzung. Der Sänger und Sammler mischt etwa intensive Rhythmen mit Blechbläsern oder eröffnet seine Version von «Bonny Bunch of Roses» mit einer Archivaufnahme. Er lässt einen Chor auftreten und interpretiert eindringlich «Moss House», perfekt begleitet vom Pianisten Arthur Jeffes. Sam Lee & Friends. The Fade In Time. The Next Collection Records TNCR003CD

Harfe und Kora Das Zusammentreffen der virtuosen walisischen Harfenistin Catrin Finch mit dem malischen Meister-Koraspieler Seckou Keita ist zu einer musikalischen Überraschung und zu einem der meistgekauften Weltmusik-Alben geworden. Finch und Keita verstehen sich fast traumwandlerisch. Sie tauschen Ideen aus, spielen sich die Melodien und Einfälle zu, improvisieren ausgiebig und bleiben stets der eigenen musikalischen Tradition treu. Diese Welt-Kammermusik ist reich, elegant, ausdrucksstark und schlicht hinreissend. Catrin Finch & Seckou Keita. Clychau Dibon. Mwldan/Astar Artes Records (ohne Nummer)

Altneue Stadtmusik Seit 30 Jahren beschäftigt sich das Ensemble Tritonus mit alter Schweizer Volksmusik. Mit dem dritten Album präsentiert es Musik, wie sie zwischen dem 16. und 18. Jahrhundert in den Städten zu hören war. Mit Phantasie und hohem Können lässt das Oktett Altes und Heutiges ineinanderfliessen. Strikte Originalität ist nicht angestrebt, immer aber Frische und Ernsthaftigkeit. Anlehnungen an Jazz und Neue Musik gehören ebenso dazu wie raffinierte Rhythmen. Und ein alter Text wird ergänzt mit Strophen zum Zürcher Hafenkran und den Verrichtungsboxen. Tritonus. Urbanus. Alte Volksmusik aus der Stadt. Zytglogge Zyt 4966 Richard Butz

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