Magazin Human Resources Manager 6/2015

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Von Christoph Athanas

Leute mit Überzeugungen an Bord holen Wer das Thema Unternehmenskultur nicht schon beim Employer Branding und Recruiting auf dem Schirm hat, verschenkt Chancen. Richtig gemacht, ist der Cultural Fit im Recruiting der passende Einstiegspunkt – mit mehrfachem Nutzen.

Eine wirksame Arbeitgebermarke muss attraktiv, glaubwürdig und unterscheidbar sein. Gerade für die beiden letztgenannten Kriterien braucht es eine Auseinandersetzung mit der eigenen Unternehmenskultur und deren Abgrenzung von Wettbewerbern. Das Thema Arbeitgebermarke gilt als eines der Trendthemen der vergangenen Jahre. Man sollte annehmen, dass über dieses Vehikel die meisten Unternehmen einen praktischen Zugang zum Aktionsfeld Unternehmenskultur im Hinblick auf ihre Talentstrategien hätten bekommen können. Dem ist leider oft nicht so. Konzerne können zwar meist definierte Arbeitgebermarken vorweisen, diese aber sind eher wenig auf wirklich differenzierenden Kulturmerkmalen aufgebaut. Häufig treten Werte zugunsten von wohlklingenden aber letztlich inhaltsleeren Begriffen wie „Leidenschaft“ oder „Karrierechancen“ in den Hintergrund. Noch kritischer ist die Lage bei mittelständischen Arbeitgebern: Wie die Studie Mittelstandskommunikation 2015 aufgezeigt hat, haben nur rund 25 Prozent dieser Unternehmen eine Strategie zum Employer Branding. Dabei ist eine wirklich auf der unternehmensindividuellen Kultur und ihren gelebten Werten basierende Arbeitgebermarke die Chance zur Differenzierung im Fachkräfte-Wettbewerb. Besser noch: Nicht nur in der Personalgewinnung, sondern auch in der Mitarbeiterbindung, einem der Top-Themen vieler Arbeitgeber, ist Kultur ein veritabler Talent-Klebstoff, der langfristig wirksamer ist als alle Compensation- and Benefits-Pakete.

Unternehmenskultur in der Personalgewinnung nutzbar machen Ein geflügeltes Wort aus der Headhunting-Szene lautet: „Wer wegen Geld kommt, geht wegen Geld.“ Diese Söldnermentalität und ihre Folgen sind bekannt. Wertebasiertes Vorgehen hingegen sieht anders aus: Clevere Unternehmen suchen Überzeugungstäter. Doch dazu muss man sich zunächst die eigenen Überzeugungen bewusst machen, die eigene Kultur erfahren, so sie erlebbar

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Foto S.46/47: Laurin Schmid

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rei nach Managementguru Peter Drucker würde die Kultur jede Strategie wahlweise zum Frühstück oder Mittag verspeisen. Dass Unternehmenskultur demnach ausgesprochen wichtig ist, hat sich herumgesprochen. Druckers Aussage kennen viele. Doch das Asset „Kultur“ wirklich aktiv zu nutzen, ist immer noch nicht selbstverständlich. Unternehmenskultur klingt vielen Managern zu abstrakt, zu weich. Hier tut sich ein großer Irrtum auf. Dieses Jahr hat Glassdoor Economic Research Zahlen vorgelegt, wonach Unternehmen mittels positiv gestalteten Unternehmenskulturen besonders viele zufriedene Mitarbeiter hervorbringen, die gleichermaßen auch noch besonders produktive Mitarbeiter sind. Diese Umstände zahlen klar auf den finanziellen Unternehmenserfolg ein. Die Glassdoor-Analyse, die den Zeitraum 2009 bis 2014 betrachtet, konnte den Return on Invest (ROI) der Kultur genauso bestätigen wie Jim Collins Anfang des Jahrtausends in seinem Buch „Build to Last“. Es gibt also genug belastbare Fakten dafür, dass Unternehmenskultur sich auszahlt und kein Softie-Thema ist. Unternehmen sind aufgefordert dieses Wissen in ihre Praxis zu transferieren, beginnend beim Employer Branding und Recruiting.

Differenzierungsvorteil und Bindungschance


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