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ESG-Kriterien und deren Einfluss auf die unternehmensstrategische Ausrichtung der DAX 40 Unternehmen
Nachhaltigkeit beeinflusst zunehmend die Unternehmensstrategien der DAX 40 Unternehmen: nachhaltigkeitsrelevante Punkte werden dort stärker angesprochen als in der vergangenheit. Auch die Festlegung auf messbare ESG-Ziele hat in den Unternehmensstrategien deutlich zugenommen, wenngleich dies auf insgesamt niedrigem Niveau verbleibt. Neu in den DAX aufgenommene Unternehmen berücksichtigen ESG-Themen weniger stark in ihren Corporate Strategies als etablierte DAX-mitglieder und nehmen dort außerdem deutlich weniger häufig nachhaltigkeitsrelevante Ziele auf.

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Das Studiendesign
Die Einflüsse von ESG-Kriterien auf die Unternehmensstrategien der DAX 40-Unternehmen wurden in einer empirischen Studie mittels einer quantitativen Inhaltsanalyse der jeweiligen Strategie-Kapitel in den Lageberichten der Geschäftsberichte für die Jahre 2015 und 2020 untersucht. Die Grundgesamtheit besteht aus allen Unternehmen, die am Stichtag 20. September 2021, dem Tag der Erweiterung des DAX von 30 auf 40 Mitglieder, in diesem Index gelistet waren. In die Stichprobe aufgenommen wurden davon alle Unternehmen, für die ein Geschäftsbericht für die Jahre 2015 und 2020 existiert und in deren Jahresfinanzberichte ein separat gekennzeichnetes Kapitel zur Unternehmensstrategie enthalten ist. Insgesamt konnten 26 „Etablierte“ und 6 „Neue“ DAX-Mitglieder in die Untersuchung aufgenommen werden.
Die Bedeutung von Nachhaltigkeit ist für Unternehmen in den letzten Jahren deutlich gestiegen. Gerade größere Unternehmen mit Zugang zum Kapitalmarkt sehen sich mit klaren Vorgaben von Investoren konfrontiert, ESG-relevante Themen in ihren Geschäftsmodellen und Wertschöpfungsprozessen zu berücksichtigen. Es wächst der Druck von nahezu allen Stakeholdern auf diese Unternehmen, sich bei kritischen ESG-relevanten Themen zu positionieren. Zu diesen Gruppen gehören neben des Investoren u.a. Kunden, Mitarbeiter, Lieferanten und gesellschaftliche Akteure im Umfeld des Unternehmens. Die zunehmende Relevanz des ESG Reporting resultiert auch aus der Berichts- und Nachweispflicht der EU-Taxonomie-Verordnung (seit Januar 2022). Diese als zentraler Bestandteil des sog. „Green Deal“ (Ziel: erster klimaneutraler Kontinent bis 2050) ist Teil einer Reihe von Vorschriften für Unternehmen, bspw. die Verordnung über die Offenlegung nachhaltiger Finanzinstrumente (Sustainable Finance Disclosure Regulation, SFDR) oder die Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSRD).
Es stellt sich daher die Frage, inwieweit ESG-Themen tatsächlich bereits auch die strategische Ausrichtung von Unternehmen beeinflussen. Bleibt Nachhaltigkeit immer noch zu oft ein Thema ohne das Gesamtunternehmen zu durchdringen (1), z.B. als Nachhaltigkeits strategie ein Silo-Thema und Standalone Issue (2), oder haben ESG-Thematiken tatsächlich bereits Eingang in die höchsten Steuerungsinstrumentarien der Unternehmen, den Unternehmensstrategien gefunden?
DIm Rahmen des Untersuchungsdesigns wurden zunächst die Jahre 2015 und 2020 und dann die ‚Etablierten‘ und die ‚Neuen‘ DAX-Unternehmen verglichen. ESG-betreffende Inhalte der Unternehmensstrategien wurden mithilfe des Kategoriensystems der Sustainable Development Goals (SDGs) der UN identifiziert, kategorisiert und dann analysiert. Neben der Zuordnung ESG-relevanter Aussagen zu Kategorien, den SDGs, wurde auch überprüft, ob diese Aussagen mit konkret messbaren Zielen hinterlegt sind. Da die SDGs eher für Staaten ausgelegt sind, werden die Strategieinhalte mittels eines Konzepts der Global Reporting Initative (GRI) operationalisiert, das die Verbindung zur Unternehmenswelt herstellt und als ‚Linking the SDGs and the GRI Standards‘ (GRI 2020) publiziert wurde. Aus diesem wurden standardisierte Wortkörbe entwickelt, die die Grundlage für die Identifikation der ESG-relevanten Inhalte der Unternehmensstrategien und deren Zuordnung zu den passenden SDGs waren. Um die Auswertung der Unternehmensstrategien und die Zuordnung zu den einzelnen SDG-Kategorien klar, reproduzierbar und ohne Bewertungsspielräume sicherzustellen, wurden zusätzlich ein umfangreiches Codebook erstellt und detaillierte Kodieranweisungen definiert.Grundsätzlich wurde überprüft, ob ein Unternehmen ESG-Themen der 17 SDGs jeweils mindestens einmal anspricht. Mehrfachadressierungen der gleichen SDGs werden daher nicht berücksichtigt. Beispielsweise wurde für die Auswertung die Aussage in der Unternehmensstrategie ‚Wir fördern Chancengleichheit‘ dem SDG 5 zugeordnet.: Chancengleichheit ist ein Begriff aus dem Wortkorb, der das SDG 5 – Gender Equality bzw. Geschlechtergerechtigkeit definiert.
Bei der Identifikation und Überprüfung von Zielen in der Unternehmensstrategie wurden zusätzlich die jeweiligen Aussagen auf drei Kriterien überprüft: Spezifik, Messbarkeit und Terminierung. Im Beispiel ‚Wir steigern den Anteil von Frauen in Führungspositionen mit disziplinarischer Führungsverantwortung bis 2030 auf 30%‘ sind die drei notwendigen Kriterien erfüllt.