Magazin Human Resources Manager

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Titel

Zur Person Joachim Sauer ist Gründungspräsident des Bundesverbands der Personalmanager. Hauptberuflich war er bisher als Personalvorstand des französischen Automobilzulieferers Faurecia tätig. Zum 1. Juli wechselt Sauer in den Vorstand des Deutschen Instituts für Normung (DIN) und übernimmt dort 2016 den Vorstandsvorsitz. DIN initiiert, organisiert und steuert Normungen und Standardisierungen. Rund 30.000 Expertinnen und Experten bringen ihr Fachwissen und ihre Erfahrungen in den Normungsprozess, der von etwa 400 DIN-Mitarbeitern koordiniert wird, ein.

Befragungen von CEOs zeigen allerdings, dass die Erwartungen an HR für die Zukunft andere sind. Es werden Themen genannt wie ein gutes Talent Management oder strategische Personalplanung. Aber die funktionieren auch nur, wenn sie administrativ abgebildet sind. Wenn ich keine Ahnung habe, wer die Mitarbeiter sind, welche Qualifikationen diese haben, welches Potenzial und welche Motivation, dann brauche ich über Talent Management nicht zu reden. Und dieses Wissen haben viele Unternehmen nicht, sie geben es nur nicht zu. Was ist mit dem HR Business Partner, der die Linienmanager auf Augenhöhe beraten soll. Ist er kein Stratege? Wissen Sie, was der macht in vielen Unternehmen? Er klärt für die Manager, ob bestimmte Abmahnungen rechtens sind; er nimmt die Krankmeldungen entgegen; er sieht, dass bestimmte Positionen noch zu besetzen sind und kümmert sich um die Bewerbungsgespräche. Die laufen dann meistens chaotisch ab, weil der Linienmanager für jedes Gespräch nur wenig Zeit hat und sich an kein systematisches Vorgehen hält, sondern das fragt, was ihm gerade einfällt. Zugleich dürfen dann noch absurde Diskussionen mit dem Betriebsrat, zum Beispiel zu irgendwelchen Datenschutz-Problematiken, geführt werden. Das ist das reale Leben. Da ist wenig Platz für Strategie. Die Personaler könnten von selbst aktiv werden. Themen auf die Agenda bringen, Workshops ansetzen zur Digitalen Transformation oder zu der Frage, welche Kompetenzen wir in zehn Jahren brauchen. Ich bin der Meinung, da wird heute schon zu viel erzählt. Ein Kritikpunkt aus der Linie am HR-Bereich ist ja häufig, dass zu viel diskutiert wird und die Dinge nicht auf die Straße gebracht werden. Weil zum Beispiel die nötigen Management-Fähigkeiten im Unternehmen unterentwickelt oder die Zielformulierungen unrealistisch sind. Und ein Ausblick auf die Kompetenzen in zehn Jahren – das ist Kaffeesatzleserei. Sie wechseln von einer Personal- in eine CEO-Funktion und werden Vorstandsvorsitzender von DIN. Ist es eine Flucht aus HR? Nein, es ist keine Flucht. Ich fand es immer schon spannend, Gesamtverantwortung zu übernehmen. Und deshalb war es auch lebensbereichernd für mich, den BPM mitaufbauen zu können. Die HR-Funktion lässt es aber nun mal nicht zu, zu sagen, wo es langgeht und wie die Strategie aussieht. Wir sind nicht Koch, sondern Kellner. Auch wenn noch so viele vermeintliche Größen aus dem HR-Bereich das Gegenteil behaupten. Sie werden zuerst Vorstandsmitglied von DIN und dann ein halbes Jahr später, also ab Januar 2016, Vorstandsvorsitzender. Wie kann man sich diese Übergangszeit vorstellen? Es ist eine gute Gelegenheit sich einzuarbeiten. Ich werde mich mit den Kernprozessen von DIN beschäftigen, mir die internen Strukturen anschauen und möglichst viele der Mitarbeiter kennenlernen. Und natürlich muss ich mich mit dem nationalen und dem internationalen Umfeld auseinandersetzen, in dem sich DIN be50

wegt. Ich kann eine Einarbeitungsphase grundsätzlich nur empfehlen, egal für welche Funktion rekrutiert wird. Denn eine Menge Leute scheitern in ihrer neuen Position, weil ihnen nicht klar ist, was von ihnen erwartet wird und in welchem Umfeld sie sich bewegen. So manche HR-Größe hat zuletzt eine Autobiografie verfasst. Ist von Ihnen auch eine zu erwarten? Nein. Ich nehme mich nicht so ernst. Angenommen, Sie würden eine schreiben. Wie groß wäre der Anteil, den der BPM darin einnimmt? Der wäre schon recht groß, weil die Arbeit für den BPM – ohne Absicht – auch ein Trainingsfeld für mich war, um zu sehen, ob ich mehr kann, als nur Personalleiter zu sein. Da musste ich plötzlich Sachen machen, die völlig neu waren für mich und bei denen mir niemand helfen konnte: Wenn ich zum Beispiel für eine Diskussion auf einem Podium gesessen habe; wenn ich eine Presseerklärung abgeben musste; wenn ich mit einem Staatssekretär gesprochen habe; wenn ich merkwürdigen Interviewfragen ausgesetzt war; oder wenn ich ehrenamtliche Strukturen geführt habe. Aber auch wenn ich mich wiederhole: Ich werde keine Autobiografie schreiben. Dennoch bedeutet mir die Zeit, die ich für den BPM arbeiten durfte, sehr viel. Und ich bin mir sicher, dass der Schritt zu DIN ohne diese Zeit nicht möglich gewesen wäre. Was war Ihr persönliches Highlight in den vergangenen Jahren? Da gab es einige. Die Diskussion zum Thema Führung, die wir mitinitiiert haben, war spannend. Unsere Personalmanagementkongresse waren ebenfalls in jedem Jahr ein Highlight. Und dass wir es geschafft haben, mit einigen wichtigen Akteuren in der Politik zusammenzuarbeiten, hat mich gefreut. Wir konnten dem Familien- sowie dem Arbeitsministerium als Ansprechpartner bei einigen Themen sicherlich helfen. Auch das ein oder andere Lustige war dabei: Ich wurde mal von einem FAZ-Journalisten zu meiner Meinung über „übergewichtige Mitarbeiter“ gefragt. Ich sagte ihm, dass ich mich dazu nicht äußere. In dem Artikel stand dann: „Der BPM redet über alles, nur nicht über Dicke.“ Muss einem um den BPM nach Ihrem Weggang angst und bange werden? Nein, sicherlich nicht. Ich denke, dass das neue Präsidium das Beste ist, das wir je hatten. Was die Namen angeht? Vor allem wegen der Qualifikationen, die die Leute mitbringen. Wenn sie sich nun noch über eine gemeinsame Strategie einigen und diese auch operativ umsetzen, dann wird der Verband nochmal einen Qualitätssprung nach vorne machen. Aber auch hier gilt: Erst einmal muss gewählt werden. Das Interview führte Jan C. Weilbacher

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