Barbe, Leder

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Josephine Barbe

Leder

Leder ist anschmiegsam und robust, strapazierfähig und weich – halb Schutz, halb Schmuck. Wie kein anderes Material verkörpert es die Idee einer zweiten Haut und bietet deshalb seit Jahrtausenden die Grundlage für die Fertigung von Kleidung, Schuhen oder Taschen. Doch die Vielseitigkeit von Leder erlaubt viele weitere Möglichkeiten der Verwendung, wie sie uns in unterschiedlichen Gegenständen des alltäglichen Gebrauchs begegnen. Vom Bucheinband bis zu Wohnaccessoires oder Schmuck – dem Einsatz des Materials Leder sind kaum Grenzen gesetzt. In ihrem Buch zeigt Josephine Barbe, dass die Geschichte des Leders vor allem eine Geschichte des Gerberhandwerks ist. Wertvolle Tipps und Anregungen zum Kauf von Leder und zu Techniken der Lederverarbeitung laden dazu ein, dieses wandlungsfähige Material kreativ für sich zu entdecken. Und mit ein wenig Übung gelingt auch Laien schon bald die Herstellung eines Bodenkissens, einer Hutschachtel oder einer Fliegerkappe. Mit einer Haushaltsnähmaschine und ein paar einfachen Werkzeugen lassen sich alle im Buch beschriebenen Projekte nacharbeiten.

isbn 978-3-258-07072-8

Geschichte Techniken Projekte



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Josephine Barbe Leder


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Josephine Barbe FotograďŹ en von Frank-Michael Arndt

Leder Geschichte Techniken Projekte

Haupt Verlag Bern Stuttgart Wien


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Zur Autorin Josephine Barbe hat Malerei mit dem Abschluss als Meisterschülerin und Textiles Gestalten an der Hochschule der Künste Berlin (heute UdK) studiert. Dort erlernte sie unter anderem den Umgang mit dem Werksto≠ Leder. Spezialisiert hat sie sich bei der Arbeit in der Werkstatt des Ledergeschäftes «Kunst am Körper» in Berlin, wo sie Kleidungsstücke,Taschen, Gürtel und Hüte aus Leder herstellte. Heute ist sie wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Technischen Universität Berlin und hält dort Seminare zur Textilverarbeitung. Daneben leitet sie Kurse und Workshops in ihrer Werkstatt und beteiligt sich an Textilkunstausstellungen im In- und Ausland.

Lektorat: Heidi Müller, CH-Bern

Alle Rechte vorbehalten

Gestaltung: Atelier Mühlberg, CH-Basel

Copyright © 2007 by Haupt Berne

Fotografien: Frank-Michael Arndt und Josephine Barbe

Jede Art der Vervielfältigung

Zeichnungen: Josephine Barbe

ohne Genehmigung des Verlages ist unzulässig

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sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. isbn-13: 978-3-258-07072-8

www.haupt.ch Dort finden Sie aktuelle Informationen zu unseren Neuerscheinungen und können unseren Newsletter erhalten.


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Leder | Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis Einleitung 1

Leder

Wohnaccessoires

126

5 .1

Flechtkörbe

129

8

5.2

Hutschachtel

132

7

5

1.1

Etymologisches

11

5.3

Lederschale

134

1.2

Die Geschichte des Leders

12

5.4

Wohnwürfel

136

1.3

Gerben

14

5.5

Pergamentleuchte

138

Exkurs: Marokko

19

5.6

Applikationskissen

141

1.4

Färben

32

5.7

Patchwork-Kissen

144

1.5

Das Narbenbild

35

5.8

Strickkissen

147

1.6

Leder als Werksto≠

38

5.9

Bodenkissen

150

5.10

Lederflaschen

152

2 Werkzeuge und Techniken

3

4|5

52

2.1

Werkzeuge und Hilfsmittel

54

2.2

Grundlegende Techniken

58

6 Lederschmuck

154

6.1

Lederschmucktechniken

156

6.2

Prägen

159

Lederkleider

74

6.3

Punzen

160

3 .1

Der Ursprung der Kleidung

76

6.4

Armband / Pulswärmer

161

3.2

Leder für Kleidung

77

6.5

Ketten

162

3.3

Der Schnitt

78

3.4

Das Futter

79

Anhang

168

3.5

Fliegerkappe

80

7

7.1

Literatur

170

3.6

T-Shirt

83

7.2

Bildnachweis

170

3.7

Lederweste

87

7.3

Bezugsquellen

170

3.8

Lederjacke

89

7.4

Museen

17 1

3.9

Lederrock

90

7.5

Dank

17 1

3.10

Lederhose

92

7.6

Index

172

3 .11

Schuhe

92

3.12

Panto≠el

94

3.13

Mokassin

98

4 Täschnerwaren

100

4 .1

Handytasche

104

4.2

Federmäppchen

106

4.3

Buchhülle

108

4.4

Taschen

1 10


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Leder | Einleitung

Einleitung

6|7

Leder ist anschmiegsam und weich, zäh, strapazierfähig und manchmal auch hart – halb Schutz, halb Schmuck. Ein idealer Werksto≠ für viele Gegenstände, die uns täglich umgeben. Leder ist das klassische Material für Taschen, Kleidung, Sattlerei, Bucheinbände und Möbelbezüge. Dank seiner Eigenschaften ist es für diese unterschiedlichen Dinge so gut geeignet. Das vorliegende Buch zeigt die Wandlungsfähigkeit dieses chamäleonartigen Materials auf und vermittelt Hintergrundinformationen zur Geschichte, Tradition und zu grundlegenden Arbeitstechniken für die Verarbeitung von Leder. Die vorgestellten Projekte – Kleidungsstücke, Taschen, Schmuck und Wohnaccessoires – kann man mit einer funktionstüchtigen Haushaltsnähmaschine und ein paar einfachen Werkzeugen nacharbeiten. Der Schwierigkeitsgrad von leicht ( ), über mittel ( (

) bis schwierig

) ist bei jedem Projekt angegeben. Wer gerne mit Filz arbeitet, wird auch Spaß am Leder

haben. Filz wie auch Leder sind natürliche und archaische Werksto≠e, die beide vom Tier stammen. Daher sind auch ihre Eigenschaften sehr ähnlich: Leder und Filz sind leicht formbar und ihre glatten Schnittkanten ergeben, o≠en und unversäubert verarbeitet, ungewöhnliche E≠ekte. Besonders schön ist die Verbindung beider Materialien, wobei Leder als Applikation auf Filzdecken schon früh für Stabilität und Langlebigkeit sorgte. Sicher, das Buch deckt das Thema «Leder» nicht ab, aber es liefert eine Fülle praxisnaher Informationen zu diesem besonderen Material und eine Auswahl an Projekten, die gleichermaßen zeitlos und en vogue sind. Ich wünsche mir, dass Sie mit diesem Buch viele neue Ideen entwickeln – mit Leder, in Leder und auf Leder. Josephine Barbe, März 2007


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3

Lederkleider

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3.1

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Der Ursprung der Kleidung Die Geschichte der Kleidung ist so alt wie die menschliche

Abbildung sieht man einen in ein Hirschfell gekleideten

Kultur. Und Leder, aus dem die ersten Kleidungsstücke hergestellt

Menschen. Der halbaufrechte Gang sowie die Hände und

wurden, spielt dabei eine besondere Rolle. Die älteste Kleidung

Füße lassen erkennen, dass es sich um einen in ein Hirsch-

dürfte aus dem Fell erlegter Tiere bestanden haben. Dieser von der

fell gehüllten Jäger handelt. So lässt es sich unmerklich

Natur gelieferte Rohsto≠ wurde gesäubert und zu Hosen, Röcken

an andere Hirsche anschleichen, die man erjagen will. Ge-

oder Mänteln verarbeitet.

gen einen Wetterschutz spricht der Geweihaufsatz. Man

Es stellt sich die Frage, warum die Menschen im Gegensatz

schlüpft nicht nur in das Fell, sondern auch in den «Geist»

zu allen anderen Lebewesen sich eine zweite Haut überziehen.

des Tieres und gewinnt Macht. Das führt zum heute noch

Die gebräuchlichste Erklärung ist, dass die Menschen sich mit

bei manchen Völkern praktizierten Schamanismus und

Kleidern vor Wind und Wetter schützen. Dies tri≠t bestimmt zu,

auch zu Kulthandlungen und -tänzen in Tierkostümen.

nur ist diese Erklärung für den Ursprung der Kleidung eher un-

3

Kulturhaut zum Verbergen der Sexualorgane: In warmen

wahrscheinlich, da unsere erste Haut vor der Erfindung der

Gegenden braucht der Körper keine zweite Haut, aber

Kleidung ausgereicht hat und in vielen warmen Klimazonen auch

Schambeutel, Schamschürze oder Lendenschurz werden,

heute noch ausreichen würde.

besonders in Verbindung mit kulturellen Regeln und Ritualen, dennoch getragen. Das Schamgefühl ist sicherlich eine

Die folgenden Bedürfnisse dürften zur Entstehung der Kleidung

Folge der Kleidung und keine Urfunktion, denn erst als sich

beigetragen haben: 1

der Mensch daran gewöhnt hatte, bestimmte Körperteile

Vorfahren, den Tieren, entfernte, umso mehr verlor er seine

2

zu verhüllen, konnte er ein Schamgefühl entwickeln.

Kleidung als Schutz: Je mehr sich der Mensch von seinen 4

Kleidung als Schmuck: Das Bedürfnis, sich zu schmücken,

natürliche «Schutztracht». Nicht sicher ist, ob der Verlust

dürfte mindestens so alt sein wie die Menschheit selbst.

des eigenen Haarkleides zum Herstellen von Kleidung

Der Mensch hat seit jeher viel mehr für seine Kleidung

führte oder ob das Tragen eines fremden Felles zum Verlust

getan, als notwendig war, um sich vor Hitze und Kälte zu

des eigenen Pelzes geführt hat.

schützen. Er entwarf immer wieder neue Formen und

Tierhaut als Jagdlist: Der früheste bekannte Nachweis für

schmückte die Kleidung mit Farbe und Mustern. Manche

eine zweite Haut ist auf Höhlenmalereien aus dem Mag-

Forscher nehmen sogar an, dass sich die Kleidung aus dem

dalénien, ca. 15 000 bis 10 000 v. Chr. zu finden. Auf der

Schmuck entwickelt hat. Als Beweis dafür geben sie unter anderem an, dass es bei Naturvölkern zwar unbekleidete,

Nachzeichnung des «Hirsches»

aber keine ungeschmückten Menschen gibt. Sicher ist, dass

aus der Höhle Les trois frères, Ariège

ein besonders schönes Fell immer mehr als nur praktische

Höhe: 75 cm

Zwecke erfüllt hat. Kleidung in unserem Sinne nahm ihren enormen Aufschwung erst mit der Entwicklung textiler Techniken aus feinem, biegsamem Fadenmaterial. Die natürliche zweite Haut, die Tierhaut, wurde in kalten Klimazonen und besonders bei Jäger- und Reitervölkern der künstlichen, das heißt textilen Haut vorgezogen, und dies besonders aus den folgenden zwei Gründen:


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Lederkleider | Leder für Kleidung

3.2 1

2

Leder für Kleidung

Leder ist in seiner Form organisch und passt sich der

Eine ganz wichtige Rolle für die Kaufentscheidung spielt

menschlichen Körperform besser an als die geometrischen

der «Gri≠» des Leders. Über das Aussehen, den Geruch und den

Gewebeflächen.

Gri≠ bekommt man ein direktes Gefühl für das Leder und eine Vor-

Leder lässt sich mit einem Messer schneiden, wobei man

stellung über das spätere Kleidungsstück. Wenn man nahe mit

eine glatte Schnittkante erhält, während Gewebe erst mit

dem Leder in Berührung kommt, wie dies bei der Kleidung der Fall

der später entwickelten Schere gut zu schneiden waren

ist, kommen geschlechtsspezifische Vorstellungen hinzu, die die

und die ausfransenden Schnittkanten versäubert werden

Auswahl des Leders beeinflussen. Zum Beispiel zählen Ziegen- und

mussten.

Rindsleder zu den eher männlichen und Lammleder zu den eher

Während Leder für Schuhe schon immer als gebräuchliches Material galt, ist Leder erst in den letzten dreißig Jahren wieder in die Alltagskleidung aufgenommen worden. Um 1920 wurde Leder vorwiegend für Flieger- oder Motorradjacken und Kappen sowie Hosen eingesetzt. Diesen Kleidungsstücken haftete das Image des Abenteurers und der harten Männlichkeit an. Auch wenn einzelne Frauen sich dieses Images bedienten, so blieben sie doch die Ausnahme. Solche Assoziationen passten auch gut in das Bild der rebellierenden Jugendkulturen des 20. Jahrhunderts – zum Beispiel das der Rocker und der Punks – die ihren Protest unter anderem mit dieser Art der Kleidung nach außen trugen. Auch in der Fetischszene spielt schwarzes, glänzendes Leder bis heute eine wichtige Rolle, was dem Leder einen leicht anrüchigen Nimbus verleiht. Die Lederindustrie und Mode knüpft an diese verschiedenen Images an. Sie stellt Leder für jedes Persönlichkeitsbild her, und in der Alltagskleidung ist Leder heute fest etabliert. Für Mäntel, Jacken, Kleider, Hemden, T-Shirts, Westen, Sportbekleidung, Hosen und Röcke hat sich Leder als nicht nur sehr robust und langlebig, sondern auch als anschmiegsam und weich fallend bewährt. Aus Leder hergestellte Kleidung ist atmungsaktiv, absorbiert Feuchtigkeit und lässt sie wieder verdampfen – Leder «atmet». Millionen kleinster Lufteinschlüsse zwischen den Zellen sorgen für Wärme im Winter und Kühle im Sommer. Leder ist somit ein idealer Werksto≠ für Kleidung.

weiblichen Bekleidungsledern. Für eine lockere Mode werden Softleder verarbeitet, Eleganz wird durch glatte Leder erreicht, und sportlich sehen matte, feste sowie elastische Leder mit ausgeprägtem Narben aus. Für Kleidungsstücke, die nah am Körper getragen werden, eignet sich besonders neuseeländisches Lammvelours oder Lammnappa. Mit seiner seidigen Oberfläche, den unendlich vielen Farbnuancen und seinem weichen, fließenden Fall kann es zu Hemden, Kleidern, Jacken oder Westen verarbeitet werden. Lammleder können mit einer einfachen Haushaltsnähmaschine mit dem richtigen Nähfüßchen fast wie Sto≠ verarbeitet werden. Die festen, schweren und dicken Rinderhäute werden zu Schutzkleidung, wie Motorradkluft oder Fliegerjacken, aber auch zu Lederhosen verarbeitet.

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Der Schnitt Aus Leder lässt sich im Prinzip jedes Kleidungsstück nähen.

Fertigschnitte findet man in den Sto≠abteilungen von Kaufhäusern.

Brustweite

breiteste Stelle des Rückens und die stärkste Stelle

Meist stehen auf den Packungen Angaben über den Schwierig-

der Brust gemessen.

keitsgrad der Herstellung, Angaben für benötigtes Zubehör wie Reißverschluss, Sto≠verbrauch (Umrechnung für Leder siehe Seite 48). In der Packung ist eine ausführliche Nähanleitung mit Text und Bildern enthalten. Für die Lederverarbeitung können alle

Taillenweite Dies ist die schmalste Stelle der Taille. Hüftweite

Sie wird über die stärkste Stelle der Hüfte gemessen, meist ca. 20 bis 25 cm unterhalb der Taille.

Schnittmuster verwendet werden, die für nicht elastische Sto≠e wie gewöhnliche Baumwollsto≠e, Jeanssto≠ oder schwere Woll-

Sie wird unter den Armen hindurch über die

Seitenlänge Gemessen wird seitlich von der Taille

sto≠e angeboten werden. Geeignet sind etwas weitere, nicht zu

bis zum Boden.

körpernahe Schnitte.Wählen Sie die gleiche Größe, die Sie auch für ein Kleidungsstück aus Sto≠ nehmen würden. Die gängigen Schnittmuster sind für Meterware konzipiert

Folgendes gilt es zu beachten: Leder hat keine Kette und

und eignen sich nicht immer gut für Leder, das in Quadratfuß

keinen Schuss – also auch keinen Fadenlauf – dafür aber eine Zug-

(1 qfs = 30 * 30 cm) oder Quadratmetern bemessen wird. Auch

richtung (siehe Seite 48). Leder weitet sich, geht aber nicht ein.

die unegale Form und die bei Ziegen und Lämmern relativ kleinen Felle erschweren das Auslegen der Schnittteile. Eine Grundregel besagt, dass man ca. 30 Fuß für eine kurze Jacke und ca. 60 Fuß für eine Dreivierteljacke benötigt. Eine Weste braucht etwa zwei Felle, für eine Jacke mit Ärmeln kommen je nach Weite der Ärmel noch ein oder zwei Felle dazu. Um sich nicht zu verschätzen, nimmt man den kompletten Schnitt zum Lederhändler mit und legt die Schnittteile auf dem Leder aus. Auf Besätze und Einfassungen kann man bei der Lederverarbeitung verzichten. Das sollte schon auf dem Schnitt geändert werden. Wenn die einzelnen Schnittmusterteile zu groß für die Lederhäute sind, müssen die für Leder typischen Teilungsnähte eingearbeitet werden. Diese können je nach Design sehr e≠ektvoll eingesetzt werden. Größe: Fertigschnitte werden als Mehrgrößenschnitte angeboten. Für die Wahl der richtigen Schnittgröße muss man zuerst die eigenen Maße ermitteln. Die entsprechenden Tabellen befinden sich auf dem Schnitt. Zum Messen sollte man keine dicke Kleidung tragen und kein elastisches Maßband verwenden.

Anhand der eigenen Maße wird die Größe des Schnitts ermittelt.


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Lederkleider | Das Futter

Das Übertragen der Schnittmusterteile

3.4

Das Futter

Wenn die richtige Schnittgröße festgelegt ist, werden die

Leder behält seine ursprünglichen Hauteigenschaften, das

Schnittmusterteile auf Seidenpapier oder Packpapier übertragen.

heißt, wie unsere Haut arbeitet und verändert es sich im Laufe

Seidenpapier steckt man auf den Schnitt und paust die Nahtlinien

der Zeit. Durch Bewegung und Feuchtigkeit passt sich das Le-

durch. Packpapier unter den Schnittmusterbogen legen und mit

derkleidungsstück unserem Körper an, Futtersto≠e tun dies aber

dem Kopierrädchen den Schnitt ausradeln. Die Radzähnchen hin-

nicht. Gewebte Futtersto≠e müssen daher mit etwas Spielraum

terlassen eine feine perforierte Linie im Packpapier. Anschließend

für die Bewegungsfreiheit zugeschnitten werden, da sie sonst

die Schnittteile ausschneiden.

dem Druck nicht standhalten und schnell zerreißen. Aus diesem

Die Schnittteile müssen für Lederarbeiten abgeändert

Grund verwendet man einen Futtersto≠, der sehr haltbar und

werden. Diejenigen, die im Sto≠bruch liegen, als ganze Teile bzw.

strapazierfähig ist. Auch sollte man darauf achten, dass die Pflege-

doppelt ausschneiden. Das macht man am besten zuerst auf

eigenschaften des Futters mit jenen des Leders übereinstimmen.

Packpapier. Jedes Teil bekommt einen eigenen Schnitt. Teile, die

Ist es möglich, das Leder zu waschen, so sollte man das auch mit

zweimal zugeschnitten werden, wie zum Beispiel die vordere

dem Futtersto≠ tun können.

rechte und linke Seite oder die Ärmel, kopieren und mit «R(echts)» oder «L(inks)» beschriften. Dabei gilt es zu beachten, dass ein Teil gewendet wird, sonst hat man zwei Teile für die eine Seite und für die andere keins. Alle auf dem Schnitt eingezeichneten Angaben werden auch auf dem Leder markiert. Die Nahtzugaben von 0,5 bis 1 cm an allen Nähten und 3 bis 4 cm an den Säumen und Ärmellängen werden erst auf dem Leder dazugegeben. Beim Auslegen muss man sie aber bereits einberechnen. Bevor man ans Zuschneiden des Leders geht, sollte man sich etwas Zeit nehmen und kontrollieren, ob der Schnitt auch wirklich gut passt. Zu diesem Zweck näht man ein Probestück aus Nessel oder einem billigen Reststück Sto≠. Bei der Anprobe eventuelle Änderungen abstecken und auf den Papierschnitt übertragen. Das ist notwendig, weil aufgetrennte Ledernähte Nadeleinstiche hinterlassen. Erst wenn alles perfekt sitzt, den Schnitt auf dem Leder auslegen. Tipp: Bei gefütterten Kleidungsstücken näht man am besten zuerst das Futter und probiert es an. Bevor der Schnitt aufgelegt wird, untersucht man die rechte Lederseite auf eventuelle Fehler. Dabei hält man die ganze Haut gegen eine Lichtquelle und prüft, ob dünne Stellen, Löcher oder Schnitte zu finden sind. Alle Unregelmäßigkeiten auf der Rückseite mit einem weichen Bleistift oder Fineliner markieren. Das Schnittmuster außerhalb dieser Fehlerstellen und so Platz sparend wie möglich auslegen.

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Fliegerkappe Wegen seiner positiven Eigenschaften schützt Leder be-

sonders gut vor Wind und Wetter. Zu den Schutzhüten gehört an erster Stelle eine Flieger- oder Cabrioletkappe, die aber auch ohne Flugzeug oder Auto vor Wind und Wetter schützt. Besonders auf dem Fahrrad ist eine solche Kappe praktisch, weil Kopf und Ohren gut bedeckt sind und die Kappe nicht wegfliegt. Aus einem weichen Lammnappa oder Kalbsleder und mit einem weichen Veloursleder und Flanell gefüttert, ist diese Kappe im Winter warm und schick. Klassisch wirkt sie in Naturbraun oder Cremeweiß. Der Schnitt ist den 1920er-Jahren nachempfunden. Er setzt sich aus fünf Schnittteilen zusammen.

Material und Werkzeug Schnitt (a) Größerer Lederrest, Kalbsnappa, naturbraun Kleiner Lederrest, Schweinsvelours, beige 0,30 cm Flanell Druckknopf Garn in passender Farbe Nähmaschine Klebsto≠ Spiritus in Sprühflasche Hutmacher-Holzkopf, wenn vorhanden


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Lederkleider | Fliegerkappe

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Arbeitsschritte 1

Schnittteile 1 bis 5 vergrößern. (a)

2

Für die Außenkappe die Schnittteile 1 bis 5 je zweimal Platz sparend immer in gleicher Richtung auf die Fleischseite des Leders legen. Mit einem Kugelschreiber umranden und 0,5 cm Nahtzugabe rundherum dazugeben, ausschneiden.

4

3

Die Segmente für das Kopfteil (Schnittteile 1 bis 3) Stück für Stück und rechts auf rechts aneinandernähen, Nahtzugaben auseinanderkleben. (b und c)

1

HM

3

2

1 VM

2

1

3

2

3

Kappe mit Spiritus einsprühen und über einem HutmacherHolzkopf formen. (d)

5

Den Futterflanell wie die Außenkappe Segment für Segment zusammensteppen, beide Kappen rechts auf rechts ineinanderstecken und rundherum absteppen, dabei eine 4

kleine Ö≠nung zum anschließenden Wenden der Kappe

HM

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5

o≠en lassen. 6

Die Ohrenklappe (5) auf das untere Kappenteil (4) kleben und rundherum feststeppen.

7

Die beiden unteren Kappenteile hinten in der Mitte zusammennähen.

8

Das untere Kappenteil mit dem Velourslederrest verstürzt füttern (e und f ), der obere Rand bleibt o≠en und wird – hintere Mitte auf hintere Mitte – innen an die Kappe ge-

a

steckt. Zum Schluss die ganze Kappe rundherum schmalkantig abgesteppen.

b

1

Vorderteil

2

Seitenteil

3

Rückwärtiges Teil

4

Unteres Kappenteil

5

Ohrenklappe


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c

d

f

e



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Index

7.6

F

Knautschleder 40

Isolierfähigkeit 38

Abwelken 28

Falzen 28

Klebstoff 55

Reißfestigkeit 38

Abbuffen 59

Färben 23, 28, 32≠.

Kleidung 76≠.

Stand 38

Ahle 54

Federmäppchen 106f.

Knebelknöpfe 63

Wasserdurchlässigkeit 38

Alaungerbung 15, 17, 31

Fell 11, 47

Knopflöcher 64

Anilinfarbsto≠e 34

Fettgerbung 15≠., 29

Knopflochstich 73

Anilinleder 39, 50, 51

Filzkissen 141≠.

Knopfschlingen 65

Abschleifen 159

Antikleder 40

Fischleder 40

Kreuzstich 70

Applikationen 158

Applikationskissen 141≠.

Flämen/ Klauen 46

Krispelholz 58

Blindpressung 156

Arbeitsplatz 54

Flechtkörbe 129≠.

Krispeln 58, 159

Handvergoldung 158

Armband/Pulswärmer 161

Fleischspalt 28

Kunstleder 47

Krispeln 58, 159

Äschern 28

Fliegerkappe 80≠.

Ausschärfen 60

Füttern von Leder 79, 103

A

Taschenfutter 103 B

Zugfestigkeit 38 Lederschmucktechniken 156≠.,

Lederschnitt 157 L

Levantieren 58, 159

Lackieren 34

Used-Look 159

Lackleder 40

Zierkanten 159

Bälge 47

G

Bodenkissen 150f.

Gerben 11, 13, 14≠., 28

beschichtetes 40

Levantieren 58, 159

Beizen 28

Glacéleder 40

-fehler 38

Locheisen 56

beschichtetes Leder 40

Glanzstoßen 59

-fett 55

Lochgabel 56

Blankleder 40

Glattleder 39, 50

-flaschen 152f.

Lochzange 56

Blöße 22, 27, 29, 30

Griff 47

-garn 54

Lohgerbung 15≠., 30f.

Boxcalf 40

Grubengerbung 30

-haut 26

Leder

Walzen 159

-hose 92

M

Buchhülle 108f.

H

-jacke 89

Marokko 19≠.

Bügeleisen 54

Häkelansätze aus Leder 86

-kanten 66

Maroquinerie 19 Maroquinleder 40

Brennprobe 32, 47

Härten von Leder 59f.

kaufen/Lieferformen 47 f.

C

Haut 11, 26f.

-kleidung 51

Matratzenstich 70

Chevreau-Leder 40

Hälften 47

-knöpfe 62

mineralische oder Chrom-

Chromgerbung/Mineral-

Handytasche 104f.

lagern 49

Häute 47

-messer 55

Mittelspalt oder Zwischenspalt 28

Chromsalze 31

Hirschleder 40, 44

-möbel 51

Mokassin 98f.

Croupon 46

Hutschachtel 132f.

-nähtechnik 66≠.

gerbung 18, 31

gerbung 18, 31

-stich 69, 70

-pflege 50f. D

K

-qualitäten 46

N

Dehnbarkeit von Leder 48

Kalbsleder 35, 36, 40

-riemen 70≠., 71

Nähen von Leder 66≠.

Dollieren 59

Känguruleder 40

-rock 90f.

Nähfüßchen 56

Druckknopfgerät 54

Kern 46

säumen 66

Nähmaschine 56

Ketten 162≠.

-schale 134f.

Nähmaschinennadel 56

Klassifizieren von Leder 46

-schuhe 51

Nappaleder 39, 42, 44, 50

-weste 87f.

Narbenbild 12, 35≠.

E Egalisieren 28

Bauch 46

Einlage/Vlieseline 54

Croupon 46

Eiweißzurichtung 34

Flämen/ Klauen 46

Elastizität 38

Narbenspalt 28

Entfleischen 28

Hals 46

Feinheit 38

natürliche Farbstoffe 34

Kern 46

Gleichmäßigkeit der Narbung 38

Nieten 61

Seiten 46

Gri≠ 38

Nubukleder 39, 42, 43, 50

Ledereigenschaften 38

Narbenleder 39


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Seite 173

Leder | Anhang

172 | 173

O

Schuhe 77, 92≠.

W

Oberhaut 26, 27

Halbschuh 93

Weißgerbung/Alaungerbung 15, 17, 31

Oberleder oder Narbenspalt 28

Opanke 93

Werkzeuge und Hilfsmittel 54≠.

Obertransporteur 57

Panto≠el 93

Wildleder 43, 44, 50

Ösen 61

Sandale 93

Wohnwürfel 136f.

Stiefel 93 P

Schuhmacher 13

Z

Pantoffel 95≠.

Schweinsleder 35, 37, 43, 44

Ziegenleder 35, 36, 44, 45

Papillarschicht 26, 35

Seiten 47

Ziegenvelours 43

Patchwork-Kissen 144≠.

Semi-Anilin 44

Zugfestigkeit 48

Peccary 42

Spalten 28

Zurichte 29

Pelle 11

Spaltleder 39, 44

Zuschneiden von Leder 60

Pergament 42

Spaltrauleder 43

Zwischenspalt 28

-leuchte 138≠. pflanzliche Gerbung siehe vegetabile Gerbung

Staffierstich 70 Straußenleder 44, 45 Strickkissen 147 ≠.

Prägen 159

synthetische Gerbung 32

Punzen 57, 160

synthetische Farbstoffe 34

Putenfuß 42 T R

Täschner 13

Rauchgerbung 16

Tran 29

Rauleder 39, 43, 50

Transparentleder 44

Reißverschluss 62

T-Shirt 83≠.

Reptilleder 43

Tasche 102≠.

Retikularschicht 26

Abendtasche 113≠.

Riemennadel 57

Businesstasche 116≠.

Rindsleder 35, 43

Schultertasche 121f.

Rochenleder 41

Shopper 119f.

Rohhaut 27

Tragetasche 123≠.

Rollfüßchen 57 Rossleder 35, 44

Überschlagtasche 110≠. Täschnerwaren 102≠. Teflonfüßchen 57

S Saffianleder 44

U

Sämisch- oder Fettgerbung 15≠., 29

Überwendlingsstich 69

Sämischleder 44

Unterhaut 27

Sandale 93

-bindegewebe 26

Sattlerstich 69 Schafleder 37, 44

V

Schlangenleder 43

vegetabile Gerbung oder

Schlingen- oder Wienerstich 72f. Schnittmuster 78f.

Lohgerbung 15≠., 30f. Veloursleder 39, 44, 50 Vlieseline 54


UG_Barbe_neu.qxp

19.6.2007

9:24 Uhr

Seite 1

Josephine Barbe

Leder

Leder ist anschmiegsam und robust, strapazierfähig und weich – halb Schutz, halb Schmuck. Wie kein anderes Material verkörpert es die Idee einer zweiten Haut und bietet deshalb seit Jahrtausenden die Grundlage für die Fertigung von Kleidung, Schuhen oder Taschen. Doch die Vielseitigkeit von Leder erlaubt viele weitere Möglichkeiten der Verwendung, wie sie uns in unterschiedlichen Gegenständen des alltäglichen Gebrauchs begegnen. Vom Bucheinband bis zu Wohnaccessoires oder Schmuck – dem Einsatz des Materials Leder sind kaum Grenzen gesetzt. In ihrem Buch zeigt Josephine Barbe, dass die Geschichte des Leders vor allem eine Geschichte des Gerberhandwerks ist. Wertvolle Tipps und Anregungen zum Kauf von Leder und zu Techniken der Lederverarbeitung laden dazu ein, dieses wandlungsfähige Material kreativ für sich zu entdecken. Und mit ein wenig Übung gelingt auch Laien schon bald die Herstellung eines Bodenkissens, einer Hutschachtel oder einer Fliegerkappe. Mit einer Haushaltsnähmaschine und ein paar einfachen Werkzeugen lassen sich alle im Buch beschriebenen Projekte nacharbeiten.

isbn 978-3-258-07072-8

Geschichte Techniken Projekte


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