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unabhängig, überparteilich, legal hanfjournal.de / Ausgabe #114 / 03.10 2 news 14 anderswo 5 clubmed 8 wirtschaft 10 cooltour 13 fun&action In dieser Ausgabe:

5 KREBSHEMMER THC und CBD

11 IM INTERVIEW Richard Dorfmeister 21 LESEPROBE Der Törn...

Repression funktioniert nicht*

Die Europäische Union auf dem Weg zur Legalisierung?

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elbst führende Fachleute der Europäischen Union haben mittlerweile verstanden, dass repressive Drogenpoltik ihr Ziel komplett verfehlt. Ende Februar fand in Brüssel eine öffentliche Anhörung der EU statt. ENCOD (European Coalition for Just and Effective Drug Policies ) hatte dieses Treffen zusammen mit dem Griechischen MEP Michael Tremopolous (Grüne) organisiert. Anwesend waren 40 Repräsentanten der europäischen Bürgergesellschaft aus 15 verschiedenen EU-Staaten. Nach dem Treffen haben sie ihre Empfehlungen den Mitgliedern des Europäischen Parlaments, der Europäischen Kommission und dem Europäische Rat, zu zukünftigen Ansätzen, die die Europäische Union drogenpolitisch verfolgen soll, zusammengefasst. Dieser Katalog wird beim Treffen mit der Suchtstoffkommission der Vereinten Nationen in Wien, 8.-12. März 2010, präsentiert.

Zweck der Anhörung im Europäischen Parlament war es, den sogenannten Reuter-Trautmann-Bericht zu diskutieren. Dieser kommt zu dem Schluss, dass die Anti-Drogen Strategie der EULänder in vielerlei Hinsicht fehlgeschlagen ist. Der Reuter-Trautmann-Bericht ist die Zusammenfassung der Erforschung von Auswirkungen der Drogenpolitik im globalen Kontext der letzten 10 Jahre. Er wurde vom US Think-Tank RAND Corporation und dem Niederländischen Trimbos Institut auf Wunsch der Europäischen Kommission ausgearbeitet. Laut dem Bericht gab es keine signifikante Änderung betreffend Angebot und Nachfrage nach illegalen Drogen zwischen 1998 und 2007. Auf der anderen Seite ist der Preis für die repressive Politik ein unkontrollierter illegaler Markt, drogenbezogene Verbrechen und die Verbreitung von Krankheiten wie HIV/AIDS. Die öffentlichen Ausgaben für Drogenpolitik in der EU wird auf 40 Milliarden Euro im Jahr geschätzt, oder auch 80 Euro pro EU Bürger. „Die Bürgergesellschaft hat die EU Behörden seit Jahren gewarnt, dass die Drogenpolitik ineffektiv und kontraproduktiv ist, aber Nationalregierungen und EU Behörden ignorieren diese Botschaften“ sagte Joep Oomen von ENCOD. „Lokale Behörden und betroffene Bürger haben einen pragmatischen und vorausschauenden Ansatz zur Drogenproblematik. Europa sollte von diesen Erfahrungen profitieren.“ 35 von 40 teilnehmenden EU-Parlamentariern haben die abschließende Erklärung, dass restriktive Drogenpolitik mehr Schaden anrichte als sie gutes bewirke, angenommen. „Diese Politik weiterzuverfolgen wäre eine Art von krimineller Fahrlässigkeit. Die Europäische Union weiß, dass Prohibition nicht funktioniert. Jetzt sollte sie auf der Basis dieses Wissens agieren“, sagte Joep Oomen zum Abschluss der Veranstaltung.

Text & Foto: M.Steldinger/M.Knodt Deswegen ruft die öffentliche Anhörung die Institutionen der Europäische Union auf, die folgenden Initiativen in Angriff zu nehmen: • Sobald wie möglich sollte ein Europäischer Gipfel über die Zukunft der Drogenpolitik ins Leben gerufen werden, an dem Nationalregierungen und lokale Behörden, Parlamentarier und Repräsentanten der Bürgergesellschaft aller 27 Mitgliedsstaaten teilnehmen. Ziel des Gipfels sollte sein, die Rahmenbedingungen für eine innovative Drogenpolitik zu diskutieren und vorzustellen, die nicht auf Prohibition, sondern den Erkenntnissen des Reuter-Trautmann-Berichts sowie den Erfahrungen der lokalen Behörden und der bürgergesellschaftlichen Organisationen basiert. • Weiter sollte eine generelle Empfehlung an die Mitgliedsstaaten, der Überprüfung ihrer Drogenpolitik eine politische Priorität zu geben, ausgesprochen werden. Die EU sollte jedem Staat die Drogenpolitik wählen lassen, die für adäquat befunden wird. Hierbei ist der Fokus auf möglichst geringe Kollateralschäden durch gesetzliche Bestimmungen sowie den Respekt vor den Menschenrechten, die individuellen Freiheiten und die soziale Verträglichkeit zu richten. Bleibt zu hoffen, dass die Suchtstoffkommission CND die Forschungsergebnisse, die im Auftrag der Europäischen Kommission entstanden sind, endlich ernst nimmt und Taten folgen lässt.

Mehr zum Thema: www.encod.org *Carel Edwards, Vorsitzender der Drogenkontrolleinheit der Europäischen Kommission

Der singende Bush

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Text: mze

bama der (Schein)Heilige

Die DEA geht weiterhin gegen Cannabisbauern vor, aber Colorado wehrt sich. Am 18.Februar 2010 besuchte Präsident Obama in Denver ein Spendenevent. Da kürzlich erst wieder eine Medizinal Farm, die im Fernsehen interviewt wurde, anschließend von der DEA Besuch bekam und sogar ein Arzt von Undercover Agenten belästigt wurde, wobei die Verhältnisse zu den Patienten schwer gestört wurden, war der Protest auf der öffentlichen Veranstaltung nicht zu unterdrücken. Nicht nur Obamas Bestrebungen, einen weniger beliebten Kandiaten bei dem Versuch das Senatorenamt zu ergattern zu unterstützen, sondern vor allem auch die kostenverschlingende Kampagne selbst bot genügend Angriffsfläche neben der Marihuana-Misere. Das hat sich der Nobelpreisträger selbst zuzuschreiben, da er erst im Januar ein Überbleibsel der Bush-Regierung, Michele Leonhart, den Platz einräumte, die Anti-Drogen-Behörde DEA anzuführen. Diese ist für ihre Schliessungswut medizinischer Plantagen und Verkaufstellen bekannt und untersagte sogar der Universität von Massachusetts die Forschung mit Cannabiskonsumenten. Dass nun wieder Bundesgesetze, die ebenso legal wie die Landesverfassungen sind, durch die Prohibitionsmaschinerie gebrochen werden, ist somit weniger verwunderlich. Begründung für diese Macht findet man ein weiteres Mal in der Scheinheiligkeit der aktuellen US-Regierung. Die finanziellen Ressourcen für den „War on Drugs“ im Rechtssystem der USA sind doppelt so hoch eingeplant wie die Ausgaben für die Behandlung und Prävention. Und dies, obwohl Obama selbst gesagt hatte, dass man Drogenkonsum allgemein als ein Gesundheitsthema besprechen müsse. In Kalifornien, wo man ein ärztliches Rezept verschrieben bekommen kann, wurde auch erst kürzlich behauptet, dass der Verkauf trotz Verschreibungspflicht untersagt sei, worauf ein Hanfapotheker sich mit 24 Anklagepunkten auf der Richterbank wiederfand. Das Rechtssystem der USA und die Regierung zeigen also gerade im Umgang mit Cannabis ihr schizoides Gesicht, das - trotz mehrheitlicher Entscheidungen in den Landesverfassungen für den medizinischen Gebrauch von Hanf und obwohl vom Weissen Haus verbal unterstützt - die Ausreißer der absichtlich prohibitionistisch gelenkten DEA weitestgehend billigt.


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