Komplex N°9 2016

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Mehrwertabgabe Die vom Volk 2013 angenommene Revision des Raumplanungsgesetzes des Bundes (RPG) steht unter den Maximen Baulandbegrenzung und Verdichtung der Siedlungsfläche. Der Anwendungsbereich für «Ausgleich und Entschädigung» gemäss Art. 5 RPG wurde entsprechend erweitert: Die Erträge dienen nicht nur zur Begleichung von Entschädigungsforderungen aus materieller Enteignung, sondern sollen auch für andere «Massnahmen der Raumplanung» verwendet werden können, insbesondere zum Erhalt von Fruchtfolgeflächen, zur Mobilisierung von Brachen oder zur Förderung der Verdichtung. Die Kantone sind verpflichtet, bei Neueinzonungen mindestens 20 Prozent des Planungsvorteils abzuschöpfen – für Umzonungen steht ihnen der Satz frei. Bei Bedarf müssen sie ihre Gesetze bis April 2019 anpassen. Solange die bundesrechtlichen Minimalanforderungen nicht erfüllt sind, können keine Bauzonen mehr ausgeschieden werden. Der Umsetzungsprozess ist deshalb in vollem Gange. In jedem Kanton trifft der Gesetzgebungsauftrag auf ein individuelles System von Abgaben. Es ist deshalb unklar, ob und welche Anpassungen an der heutigen Rechtslage sinnvoll sind. Es kann nicht von anderen Kantonen abgeschrieben werden, welche ihr System bereits unter dem Titel Mehrwertausgleich erlassen oder angepasst haben. Neueinzonungen, also die erstmalige dauerhafte Zuweisung einer grünen Wiese in eine Bauzone, werden von den Ökonomen mit einem Lottogewinn verglichen. Gegen eine Abgabe eines Teils des Planungsmehrwerts hat deshalb kaum jemand etwas einzuwenden. Als Einnahmequelle fällt sie aber ausser Betracht, wenn die Verdichtung bestehender Bauzonen Priorität hat. Auf der anderen Seite dürften entschädigungspflichtige Auszonungen in den meisten Kantonen sehr selten sein: Die Hürde gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung ist genügend hoch, dass überdimensionierte Bauzonen in der Regel entschädigungslos ausgezont werden können. Für die kantonalen Gesetzgeber stellt sich also vorab die Frage, für welche weiteren Zwecke als für Entschädigungen Erträge aus allfälligen Einzonungen verwendet werden sollen. Gefordert sind mindestens 20 Prozent, das Bundesgericht akzeptiert Sätze bis 60 Prozent. Die Akzeptanz der Höhe des Satzes wird davon abhängen, ob und zu welcher Verwendung ein Kanton die Einnahmen für sich behält, mit den Gemeinden teilt oder ihnen ganz überlässt. Wenn ein Kanton Abgaben für sich beansprucht, sollte er auch die Entschädigungen für Auszonungen tragen, damit Gemeinden für derartige Planungsmassnahmen nicht bestraft werden. Spannend ist die Frage, ob eine Mehrwertabgabe auch auf Umzonungen angewendet werden soll. Bauen im Bestand ist aufwendig und mit erheblichen Risiken behaftet: Hohe Planungskosten, die Neugestaltung der Feinerschliessung, drohende Nachbarrekurse sind nur einige Stichworte. Die Abgabe kann also lähmend wirken. Die Erfahrung zeigt, dass bereits die Verdichtung auf unternutzten


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