Der Personalreferent - Ausschnitt einer Lektion (copyright Management Circle)

FERNLEHRGANG IN 11 LEKTIONEN

Personalreferent/in Lektion 11 Arbeit 4.0

UTA ROHRSCHNEIDER / JULIANE GÄBERT

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Version 10L1664 XI.0.1 L.XI.0 10/10/17.08:02:06 EDR

Lektion 11: Arbeit 4.0

Das Autorenteam

Uta Rohrschneider ist Geschäftsführerin der grow.up. Managementberatung GmbH in Gummersbach. Nach langjähriger Tätigkeit in der Personal- und Führungskräfteentwicklung bei einem führenden deutschen Finanzdienstleister und der Leitung der Personalentwicklung eines Unternehmens der Elektroindustrie, berät sie seit 1997 Kunden im Human Resources Management, in der Konzeption, Implementierung, Umsetzung von Personalentwicklungsprojekten (Zielvereinbarungs-, Beurteilungs- und Feedbackverfahren) und der Diagnostik (Assessment und Audits). In der Qualifizierung von Mitarbeitern und Führungskräften liegen ihre Schwerpunkte in den Bereichen Führung, Persönlichkeits- und Teamentwicklung sowie Kommunikation und Coaching.

Uta Rohrschneider begleitet Unternehmen in der strategischen Neuausrichtung der Personal- und Führungsarbeit sowie im Rahmen von Changeund Fusionsprojekten. Sie hat verschiedene Beiträge zum Thema HRManagement und Personalauswahl veröffentlicht.

II

Lektion 11: Arbeit 4.0

Juliane Gäbert ist Beraterin und Trainerin bei der grow.up. Managementberatung. Als Psychologin (M. Sc.) mit den Schwerpunkten Arbeits- und Organisationspsychologie, ist sie in der Konzeption und Durchführung von Trainings, Workshops und personaldiagnostischen Verfahren für Kunden unterschiedlicher Branchen tätig. Während ihres Studiums sowie im Rahmen diverser Auslandsaufenthalte in New York City, Istanbul und Bangkok forschte und arbeitete sie bereits im Consulting und der Personalentwicklung, u. a. für die Deutsch-Thailändische Handelskammer und die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit. In verschiedenen Medien der Personalbranche bloggt und publiziert sie regelmäßig Beiträge zu aktuellen Herausforderungen im Human Resources Management.

III

Lektion 11: Arbeit 4.0

Ziele dieser Lektion Die voranschreitende Digitalisierung revolutioniert regelrecht unser Zusammenleben und unsere Wirtschaft: Menschen und intelligente Maschie e s h elze ; die „a aloge Ge e atio e e de o ju ge A beitnehmern abgelöst, die sich eine Welt ohne digitale Kommunikation kaum vorstellen können. Wo sich wirtschaftliche Anforderungen verändern, verändert sich auch die Arbeit. Dabei braucht es nicht nur erweiterte fachliche, digitale Qualifikationen, sondern auch eine moderne Gestaltung der Arbeit, die sowohl wirtschaftliche Produktivität als auch die Ansprüche von Arbeitnehmern in einer digitalen Lebenswelt berücksichtigt.

In einem zeitgemäßen Verständnis Ihrer Funktion als Personalreferent sind Sie Ansprechpartner für alle Belange rund um die Gestaltung der Arbeit mit dem Ziel, Talente auf ihr Unternehmen aufmerksam zu machen und langfristig zu binden. Damit stellt sich automatisch die Frage, wie moderne Personalarbeit aussehen kann. )iele de Lektio „A eit .

si d es deshal :

►

Ihnen einen Überblick über die Treiber und Entwicklungen zu verschaffen, die der Veränderung unserer Lebens- und Arbeitswelt zugrunde liegen.

►

Ihnen die Relevanz dieser Veränderungen für Ihre Position als Personalreferent zu verdeutlichen.

►

Ih e g u dsätzli he Rolle als Be ate , Die stleite u d „Wä hte des hoheitli he Auft ags gl. Lektio o de Hi te g u d de digitalen Transformation erneut kritisch zu hinterfragen.

►

Ihnen Best Practices und Stellschrauben aufzeigen, an denen Sie drehen können, um Ihre Personalarbeit zeitgemäß an den aktuellen Bedarfen auszurichten.

Bei Ih e Lektü e e de “ie feststelle , dass die The atik „A eit . durchaus im Bereich der Arbeitsphilosophie verortet werden kann. Unsere Gedanken hegen deshalb weniger einen Anspruch auf Vollständigkeit bzw. ein Richtig oder Falsch, sondern sollen Ihnen vielmehr den Raum eröffnen, mit zu spekulieren, sich persönlich zu positionieren und den Mut zu haben, neue Wege im Rahmen Ihrer Tätigkeit als Personalreferent auszuprobieren.

IV

Lektion 11: Arbeit 4.0

Inhaltsverzeichnis 1 1.1 1.2 1.3 1.4 1.5 1.6 1.7 1.8 1.9 1.10 1.11

INDUSTRIE 4.0 BEDEUTET ARBEIT 4.0 ........................................... 1 Ziele des Kapitels ................................................................................ 1 Industrie 4.0 – eine Begriffserklärung ................................................ 2 Die Bedeutung der Digitalisierung für die Wirtschaft ........................ 3 Digitalisierung = Wertewandel? ......................................................... 4 Die Welt wird VUCA ........................................................................... 9 Agilität als Antwort auf eine VUCA-Welt ......................................... 10 New Work ......................................................................................... 12 Megatrends Arbeit 4.0 ..................................................................... 14 Was geht HR das alles an? ................................................................ 17 Ihr Lernerfolg aus diesem Kapitel..................................................... 19 Übungsaufgaben zu diesem Kapitel ................................................. 20

2 2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 2.6 2.7 2.8

WIE MUSS SICH HR ZUKÜNFTIG POSITIONIEREN? ........................21 Ziele des Kapitels .............................................................................. 21 Bedeutung der Personalarbeit in der Arbeitswelt 4.0 ..................... 21 Rolle und Funktion als Berater der Unternehmensleitung .............. 24 Rolle und Funktion als Dienstleister ................................................. 27 Rolle und Funktion als Wächter des hoheitlichen Auftrags ............. 27 Beitrag der Personalarbeit in der Arbeitswelt 4.0 ........................... 33 Ihr Lernerfolg aus diesem Kapitel..................................................... 39 Übungsaufgaben zu diesem Kapitel ................................................. 41

3 3.1 3.2 3.3

HERAUSFORDERUNG DER ZUKUNFT: MITARBEITERBINDUNG ......42 Ziele des Kapitels .............................................................................. 42 Mitarbeiterbindung – Herausforderung für die Zukunft ................. 43 Mitarbeiterbindung und die Veränderten Wertewelten der jungen Generationen ................................................................. 45 Mitarbeiterbindung und Fachkräftemangel..................................... 48 Mitarbeiterbindung und die zunehmende Digitalisierung .............. 50 Ihr Lernerfolg aus diesem Kapitel..................................................... 54 Übungsaufgaben zu diesem Kapitel ................................................. 55

3.4 3.5 3.6 3.7 4 4.1

ARBEIT 4.0 BRAUCHT NEUE WEGE DER PERSONAL- UND ORGANISATIONSENTWICKLUNG .................................................56 Ziele des Kapitels .............................................................................. 56 V

Lektion 11: Arbeit 4.0

4.2

4.4 4.5 4.6 4.7

Warum die Personal- und Organisationsentwicklung für die Transformation in die Arbeitswelt 4.0 so wichtig ist ....................... 56 Unternehmens- und Führungskultur als entscheidender Erfolgsfaktor ..................................................................................... 59 Kompetenzen für die Zukunft .......................................................... 63 Erweiterte Formen der Qualifizierung und Weiterbildung .............. 66 Ihr Lernerfolg aus diesem Kapitel..................................................... 69 Übungsaufgaben zu diesem Kapitel ................................................. 70

5

MUSTERLÖSUNGEN DER ÜBUNGSAUFGABEN..............................71

6

LITERATURVERZEICHNIS..............................................................76

4.3

VI

Lektion 11: Arbeit 4.0

1

INDUSTRIE 4.0 BEDEUTET ARBEIT 4.0

1.1

Ziele des Kapitels

Die Arbeitswelt scheint sich zu wandeln. In der Fachpresse der Personalbranche überschlagen sich die Beiträge zu aktuellen Trendbegriffen wie „A eit u d Füh u g . , „Digitale A eit ode „Ne Wo k . Die )uku ft der Arbeit wird zum Top-Thema von Konferenzen und Messen, ja sogar ganzen Filmfestivals. Ü e geo d etes )iel des Kapitels „Industrie 4.0 bedeutet Arbeit 4.0 ist es, zu klä e , as es it de „Neue A eit auf si h hat. A gesi hts de s hie endlosen Publikationen, Beiträgen und Kommentaren zum Thema, bietet Ihnen das Kapitel einen kompakten Überblick der wesentlichen Entwicklungen und Überlegungen, die hinter der Idee stecken.

Im Folgenden lernen Sie … ►

… aus welchem historischen Kontext heraus die neue Arbeit das Ve sio skü zel „ . e die t hat.

►

… wie die Digitalisierung als Treiber der Veränderung unsere Wirtschaft verändert.

►

… ie die e ei tli he „Ge e atio Y die ode e Arbeitswelt beeinflusst und wie sich die Deutschen die ideale Arbeit vorstellen.

►

… wie den zunehmend unvorhersehbaren Dynamiken am Markt flexibel begegnet werden kann, um nicht im Chaos zu versinken.

►

… welche konkreten Maßnahmen zur Gestaltung von Arbeitsbeziehungen aktuell diskutiert und zum Teil bereits umgesetzt werden, um wirtschaftliche Produktivität in einer hoch komplexen, digitalisierten Welt und moderne Lebensentwürfe in Einklang zu bringen.

und besonders wichtig für Sie: ►

… warum all diese Veränderungen von besonderer Relevanz für Ihre Arbeit als Personalreferent sind.

1

Lektion 11: Arbeit 4.0

1.2

Industrie 4.0 – eine Begriffserklärung

De Beg iff „I dust ie . ezieht si h auf kei e ge i gere Veränderung als die vierte industrielle Revolution. Kurz vorab, um den Überblick zu behalten: Die erste industrielle Revolution bestand in der Entwicklung mechanischer Produktionsanlagen mithilfe von Wasser- und Dampfkraft. Um etwa 1830 bahnte sie damit neue Wege im Eisenbahnverkehr, der Dampfschifffahrt, dem Kohleabbau sowie der Textil- und der Schwerindustrie. Darauf folgte circa zum Ende des 19. Jahrhunderts die zweite industrielle Revolution, die die Massenfertigung anhand von Fließbändern und elektrischer Energie vorantrieb, z. B. in der Automobilindustrie mit Henry Ford als Gallionsfigur. Die dritte Revolution um circa 1970 zeichnete sich durch eine erhöhte Automatisierung der Produktion, durch den Einsatz von Elektronik und IT aus, was erstmals eine computergestützte Fertigung ermöglichte.

Seit Ende des 20. Jahrhunderts nimmt nun die Digitalisierung erheblich zu und lässt die Produktion mit der Informations- und Kommunikationstechnik regelrecht verschmelzen: Wir sprechen hier von der vierten industriellen Revolution. Um der deutsche Industrie angesichts dieser Entwicklungen entsprechende Umsetzungsempfehlungen mit auf den Weg zu geben, eta lie te de o de Bu des egie u g ei e ufe e A eitsk eis „I dust ie . ei glei h a iges )uku ftsp ojekt, el hes den Begriff maßgeblich prägte.

Abbildung 1:

Überblick über die 4 industriellen Revolutionen

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Lektion 11: Arbeit 4.0

1.3

Die Bedeutung der Digitalisierung für die Wirtschaft

Die Digitalisierung der Industrie sowie unserer Arbeits- und Lebenswelt kann auch als Internet der Dinge bzw. Internet of Things (IoT) bezeichnet werden. Im Vordergrund steht dabei eine stärkere Vernetzung der realen mit der virtuellen Welt. Im Internet der Dinge verliert der PC immer mehr a Bedeutu g u d i d zu eh e d du h „i tellige te Ge äte e setzt. )u intelligenten Geräten werden Gegenstände dann, wenn sie mit dem Internet verbunden werden und darüber mit Menschen oder anderen Geräten kommunizieren können. Die Bedienung einzelner Geräte durch den Menschen ist damit in Zukunft weniger notwendig, da verschiedene Systeme zunehmend in der Lage sind, sich selbst zu steuern. Dies lässt sich am Beispiel des Smart Home verdeutlichen: Sobald der Bewohner sein Haus verlassen hat, schalten sich selbstständig alle Lichter aus und die Türverriegelung wird automatisch aktiviert.

Unternehmen entwickeln sich über solche, auch als cyberphysisch bezeichnete Systeme zu Smart Factories. Diverse Maschinen können hier miteinander verbunden werden, indem über das Internet ein Kontakt zwischen ihnen hergestellt, gehalten, verändert oder abgebrochen wird. Über Sensoren kann dann der Zustand eines Produkts oder menschlicher Handlungen erfasst und entsprechende Daten zu einem zentralen Rechner (Cloud) gesendet werden, wo die Daten wiederum gespeichert, analysiert und in Form einer Handlungsanweisung an weitere Maschinen oder den Menschen kommuniziert werden können. Die Produktivität kann dadurch maßgeblich erhöht werden.

Beispiel Dass solch eine digitalisierte Produktion keine Utopie mehr ist, zeigt beispielsweise Bosch Rexroth Global anhand einer softwaregestützten Montagelinie im eigenen Werk. ►

In Homburg werden 200 verschiedene Produktvarianten von Hydraulikventilen montiert – ohne Umrüstung.

►

Die Montagelinie besteht aus neun autarken, intelligenten Arbeitsstationen. Das zu fertigende Produkt steuert sich über einen RFID-Chip eigenständig durch die Montage. An jeder Arbeitsstation werden dem jeweiligen Mitarbeiter die erforderlichen Arbeitsschritte über Bildschirme angezeigt.

►

Es werden nur die Teile, die tatsächlich benötigt werden, bereitgestellt. Dadurch können die Bestände um 30 % verringert werden.

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Für die Diagnose von Störungen und Abweichungen gibt es eine App, die über ein Smartphone oder ein Tablet gesteuert werden kann.

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Lektion 11: Arbeit 4.0

►

Über einen Bluetooth Tag erkennt das System den individuellen Mitarbeiter und passt z. B. Sprache und Schriftgröße der Bildschirme automatisch an.

►

Über das interaktive Fertigungssystem werden Produktionsdaten in Echtzeit erfasst und visualisiert. Notwendige Lösungsprozesse können damit schnell angestoßen werden.

Eine Darstellung über die wesentlichen Vorteile, die sich aufgrund der Digitalisierung für die Industrie und speziell für die Produktion ergeben, sind in folgender Grafik zusammengefasst:

Abbildung 2:

1.4

Charakteristika der digitalisierten Industrie 4.0

Digitalisierung = Wertewandel?

Mit der Digitalisierung der Industrie verändern sich zwangsläufig auch die Arbeitsbedingungen. So wird körperlich anstrengende Arbeit zunehmend automatisiert und eine Vielfalt von Dienstleistungen durch entsprechende Software gestützt oder gar substituiert. Besonders für Wissensarbeiter ergeben sich aus der weltweiten, digitalen Vernetzung ganz neue Freiheiten hinsichtlich des Arbeitsortes als auch der -zeit, zu der eine bestimmte Leistung erbracht wird. Die Hauptsaison des klassischen 9-to-5-Jobs im immer gleichen Büro scheint zumindest für diese Zielgruppe vorüber. Damit einhergehend scheinen sich auch die Ansprüche an Arbeit und Leben zu verändern. Themen wie Selbstverwirklichung, Sinnerleben, Flexibilität und ausgewogene Work-Life-Balance rücken in den Vordergrund.

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Lektion 11: Arbeit 4.0

Der vielzitierten Generation Y (zwischen 1981 und 1995 geboren) mag dabei eine besondere, in Gang bringende Rolle zukommen. Die Angehörigen dieser Gruppe, die bereits mit digitalen Medien aufgewachsen sind und deshalb auch als Digital Natives bezeichnet werden, kennen nur eine Welt, in der sich die analoge Realität mit virtuellen Inhalten und Erfahrungen vermischt. Dementsprechend fordern diese auch zunehmend eine größere Flexibilität und Souveränität hinsichtlich des Arbeitsorts und der Arbeitszeit. In Anbetracht des voranschreitenden Fachkräftemangels und einer weit weniger autoritären Erziehung als früher, fordern sie diese neuen Arbeitsbedingungen auch selbstbewusst ein.

Querverweis Zum Thema Fachkräftemangel siehe auch Kapitel 3.4.

Die durch den demographischen Wandel bedingte Machtverschiebung vom Arbeitgebermarkt hin zum Arbeitnehmermarkt begünstigt dabei den Einfluss der Wertewelt der jungen Generation auf die Unternehmenskulturen.

Zentrale Werte stellen dabei eine größere Mitbestimmung dar bei unternehmensrelevanten Entscheidungen, die Übernahme von mehr Verantwortung für die eigenen Leistungen und Ergebnisse, Freiheit und Selbstbestimmung bei der Arbeitsgestaltung sowie inhaltliche Selbstverwirklichung als Priorität vor klassischer Karriere.

Achtung Dennoch wäre die Annahme, dass alle jungen Menschen gleichermaßen nach Selbstverwirklichung und maximaler Flexibilität bei der Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit streben, grob fahrlässig.

Anhand ihrer Forschungsergebnisse konnte die nextpractice GmbH unter der Leitung von Prof. Dr. Kruse zeigen, dass die Generation Y über keinen Konsens innerhalb ihrer Wertewelt verfügt. Im Rahmen einer Befragung unter jungen Führungskräften zeigte sich, dass nur die Hälfte nach Freiheit und kreativer Autonomie strebt, und dabei Hierarchien und eine langfristige Bindung an ein Unternehmen kategorisch ablehnt. Die andere Hälfte der Befragten will exakt das Gegenteil, sie setzt eher auf klassische Karrieren, Festanstellung und Loyalität zu einem Unternehmen. Das Streben nach den oben genannten Werten trifft demnach nur für einen Teil junger Menschen zu.

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Lektion 11: Arbeit 4.0

Im Rahmen einer weiteren, repräsentativen Studie der nextpractice GmbH im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales unter dem Titel „We te elte A eite . ko te i sgesa t 7 verschiedene Wertewelten ermittelt werden, die auf unterschiedliche Art und Weise zur Bedeutung der Arbeit Stellung beziehen – und zwar über soziodemographische Trennlinien wie Einkommen, Ausbildung, und insbesondere Alter hinweg.

Um die verschiedenen Werte, die in unserer Gesellschaft vorhanden sind, sichtbar zu machen, wurden mehr als 1000 Personen über ihre Vorstellunge zu The a „A eit i Deuts hla d ef agt. I Fokus sta d da ei, ie die Befragten die heutige Arbeitswelt erleben und welche Arbeitswelt sie sich für die Zukunft wünschen. Welche Stärken und Schwächen hat unsere aktuelle Arbeitswelt? Welche Entwicklungen sind zu begrüßen, welche Veränderungen eher skeptisch zu sehen? Alle erhobenen Aussagen der befragten Personen wurden im Anschluss an die Interviews über ein mathematisch aufwendiges Verfahren in Relation gesetzt. Das Ergebnis ist ein visualisierter Kultur- bzw. Werteraum, der die Vielfalt des Erlebens von Arbeit in Deutschland abbildet (vgl. Abbildung 3). Der grüne Bereich bildet die von den Interviewpartnern positiv bewerte Konstrukte ab; der rote Bereich negativ bewerte Konstrukte. Die Konstrukte, die den grünen bzw. positiv konnotierten Wertebereich aufspannen (Selbstentfaltung vs. Stabilität, Gemeinwohl vs. Leistung), zeigen die grundlegenden Unterscheidungen, die die Befragten zur Beschreibung einer idealen Arbeitswelt heranziehen.

Abbildung 3:

Kulturraum zum Erleben von Arbeit in Deutschland mit positiv (grün) und negativ (rot) konnotierten Konstrukten

Anhand einer Clusteranlyse konnten nun 7 verschiedene Gruppen ermittelt werden, die jeweils eine in sich konsistente Sichtweise auf die Arbeit haben. D. h. die Personen innerhalb einer Gruppe treffen zu bestimmten 6

Lektion 11: Arbeit 4.0

Aspekten des Themenfeldes Arbeit ähnliche Bewertungen. Die einzelnen Gruppen vertreten also spezifische Einstellungen bzw. nehmen jeweils eine bestimmte Haltung gegenüber der Arbeit ein: Sie leben in ihren eigenen „We te elte . Positio ie t a u die je eilige Ideal ilde o A eit im Kulturraum, wird deutlich, dass sich die Interessen teils deutlich gegenüberstehen:

Abbildung 4:

7 Idealbilder zur Arbeit in Deutschland: Verortung der 7 verschiedenen Wertewelten im positiven Kulturraum

Die Idealbilder der Arbeit innerhalb der 7 Wertewelten zeichnen sich durch folgende Überzeugungen aus: 1. Sorgenfrei von der Arbeit leben können (28 % der Befragten) „Mir ist es i htig, dass ei e Fa ilie u d i h oh e aterielle Sorgen in einer sicheren Gemeinschaft leben können. Arbeit gehört dazu, doch leider fordert sie oft so viel, dass ich kaum noch Platz für mein eigenes Leben finde. Alles geht immer schneller und man muss immer mehr leisten. Der Staat sollte dafür sorgen, dass jeder, der einen Beitrag leistet, auch abgesichert ist.“ 2. In einer starken Solidargemeinschaft leben (9 %) „Ar eit edeutet für i h Lo alität, Werts hätzu g, Teilha e u d Zusammenhalt in einer Solidargemeinschaft. Das drückt sich auch materiell aus, aber nicht nur. Mich macht die Entwicklung zunehmend besorgt. Früher haben Unternehmen noch das Wohl der Menschen im Blick gehabt und es gab Arbeit für alle. Jetzt fallen immer mehr Menschen durch das Raster und finden keinen Platz mehr in der Gesells haft.“

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Lektion 11: Arbeit 4.0

3. Den Wohlstand hart erarbeiten (15 %) „Natürli h ist die Arbeit schwerer geworden und das macht nicht immer Spaß. Aber ich glaube noch immer, dass jeder, der sich wirklich anstrengt, es hier zu etwas bringen kann. Und wenn man es geschafft hat, darf man sich ruhig etwas Luxuriöses gönnen. Die Sozialpartner müssen dafür sorgen, dass Deutschland weiterhin die Wirtschaftsmacht in Europa bleibt und Leistungsträger hier eine Hei at ehalte .“ 4. Engagiert Höchstleistung erzielen (11 %) „Vera t ortu g u d ei e führe de Positio si d für i h kei Druck, sondern pures Adrenalin. Gern pushe ich mich selbst zu Höchstleistungen. Wirtschaft und Gesellschaft haben sich in den letzten Jahren rasant entwickelt. Angesichts der Digitalisierung ist beständige Weiterbildung ein Muss. Die politischen Rahmenbedingungen für die Bewältigung dieser neuen Herausforderungen sind da ei gege e .“ 5. Sich in der Arbeit selbst verwirklichen (10 %) „Wir si d auf de Weg i ei e Ar eits elt, i der a si h it ahezu unbegrenzten Möglichkeiten immer wieder neu erfinden und viele spannende Dinge tun kann, auch international. Das steht nicht im Widerspruch zu Leistung und Effizienz, wenn Gesellschaft und Arbeitgeber dazu bereit sind, die Menschen auf ihrem Weg zu unterstützen, beispielsweise durch flexible Arbeitsmöglichkeiten und umfassende Kinder etreuu g.“ 6. Balance zwischen Arbeit und Leben finden (14 %) „I h ill Ar eit, Fa ilie u d persö li he Sel st er irkli hu g zusammenbringen. Eigenverantwortung und gesellschaftliche Mitgestaltung gehören dabei für mich zusammen. Schließich ist es eine gemeinsame Aufgabe, gute Bedingungen für alle zu schaffen. Das System soll sich den Menschen anpassen und nicht die Menschen dem System. Ich will meine Prinzipien nicht für etwas materielle Sicherheit über Bord werfen.“ 7. Sinn außerhalb seiner Arbeit suchen (13 %) „I h glau e i ht, dass a de Si des Le e s ur i der Er er stätigkeit suchen sollte. Alle Tätigkeiten sind gleich wertvoll, solange sie einen Beitrag zum Wohlergehen aller leisten. Menschlichkeit kann sich auch in kleinen und sehr persönlichen Dingen zeigen. Deshalb sollte der Staat allen ein lebenswertes Auskommen garantiere , u a hä gig da o , as sie a h der Marktlogik erdie e .“

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Lektion 11: Arbeit 4.0

Dass sich Arbeitnehmer in ihren Bedürfnissen unterscheiden, ist keine Überraschung. Dennoch verdeutlicht die Differenzierung der Wertewelten, wie komplex die Ansprüche tatsächlich sind und legt die Schlussfolgerung nahe, dass es parallel zur Digitalisierung keinen einheitlichen Werte-Trend innerhalb unserer Gesellschaft gibt. So spielt insbesondere der mit der Digitalisie u g assoziie te Beg iff „Fle i ilität ei e ko t ä e Rolle i de Wah nehmung der Befragten: die einen verbinden damit mehr Freiheit, die anderen erhöhten Druck. Laut der Studie wird also die Begeisterung für die zukünftigen individuellen Möglichkeiten und die Effizienzsteigerung durch die Digitalisierung nicht von allen Erwerbstätigen geteilt.

Die Kunst für Politik und Wirtschaft wird in Zukunft darin bestehen, die positiven Effekte der Digitalisierung zum Wohle der gesamten Gesellschaft zu nutzen, während gleichzeitig die Differenziertheit der Wertewelten in Inhalt und Ansprache zu berücksichtigen sind.

Webhinweis Die komplette “tudie „We te elte Download bereit:

A eite

.

steht o li e zu

www.arbeitenviernull.de/fileadmin/Downloads/Wertestudie_Arbeiten_ 4.0.pdf

1.5

Die Welt wird VUCA

Wie sich die Industrie-, Arbeits- und Lebenswelt 4.0 letztendlich gestaltet, ist abhängig von einer Fülle von Rahmenbedingungen. Besonders für Unternehmen stellt sich angesichts der schier unendlichen Anwendungsmöglichkeiten der Digitalisierung sowie der differenzierten Anforderungen der Arbeitnehmer an die Gestaltung der Arbeit unweigerlich die Frage, wohin es das Schiff in Zukunft zu steuern gilt. Fortschreitende Megatrends wie z. B. die Globalisierung (die mithilfe der Digitalisierung weiterhin befeuert wird) oder der demografische Wandel scheinen die Beantwortung dieser Frage zusätzlich zu erschweren.

Diese schwer überschaubare Situation, mit der sich Unternehmen heute und auch zukünftig konfrontiert sehen, wird gern mit dem Akronym VUCA (das ursprünglich durch das US-Militär geprägt wurde) beschrieben. VUCA steht dabei für: ► ► ► ►

Volatility (Volatibilität) Uncertainty (Unsicherheit) Complexity (Komplexität) Ambiguity (Ambiguität) 9