Wirtschaftstalk
Weihnachtsfeier
Wein aus Niedersachsen
Chancen für regionale Firmen? So tickt der Markt in den USA.
Wie kommt weihnachtliche Stimmung bei Corona auf?
Gewerblicher Anbau hierzulande wächst leicht.
US-Wahl & Wirkung – Seiten 18 und 19
Macher & Märkte – Seiten 4 und 5
Leben & Leidenschaft – Seite 23
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www.maler-schulte.de DONNERSTAG, 29. OKTOBER 2020 AUSGABE 05/20 | EINZELPREIS 1,90 €
OSNABRÜCK | EMSLAND | GRAFSCHAFT BENTHEIM
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Daumen hoch, Daumen runter? Zwischen Twitter-Politik und Wahlversprechen: So war die Amtszeit von Donald Trump für die Wirtschaft Ankündigungen nur Gerede – oder steckt auch etwas dahinter?
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In dieser Ausgabe:
STANDORTPORTRÄTS WITTLAGER LAND UND STADT NORDHORN
Steffen Rosenbauer wird ab 1. November Geschäftsführer für den Bereich Retail beim Schuhfilialisten Reno. Damit ist der 48-Jährige laut einer Mitteilung für das internationale Filialgeschäft, den E-Commerce und das Marketing zuständig. Rosenbauer soll die „konsequente Umsetzung der Repositionierung auf den Verkaufsflächen“ vorantreiben und die „Zielgruppenbasis des Schuhhändlers erweitern und verjüngen“, teilt die Muttergesellschaft von Reno, die HR Group, mit. Wegen der CoronaPandemie stehe der Konzern vor großen Herausforderungen. Der neue Geschäftsführer kommt aus dem Discount-Geschäft. Der Diplom-Kaufmann begann seine Karriere bei Lidl, wechselte danach zu Kik und NKD. In den vergangenen fünf Jahren hat er als Geschäftsführer beim niederländischen Discounter Action dessen Filialnetz in Deutschland auf 350 Geschäfte aufgestockt. Die HR Group beschäftigt in 20 Ländern rund 3700 Mitarbeiter. Die Unternehmensgruppe betreibt etwa 400 Einzelhandelsfilialen und über 2000 Verkaufsstellen im Systemgeschäft. jana OSNABRÜCK
Zölle ohne negative Auswirkungen auf Handelsstatistik.
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VON NINA KALLMEIER
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OSNABRÜCK/MEPPEN/LINGEN/ NORDHORN/EVANSVILLE „Es ist
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Quelle: Statistisches Bundesamt (Stand: 8. 10. 2020) Illustrationen: Colourbox.de · Grafik: Matthias Michel
ein Trump“ – die Überschrift der „taz“ nach dem Wahlsieg von Donald Trump am 8. November 2016 ist eine der ungewöhnlicheren. Die meisten titelten nüchtern: „Donald Trump gewinnt US-Wahl.“ Kurz und knapp, die wesentliche Nachricht zusammengefasst. Trumps Anhänger jubelten, jene Hillary Clintons waren fassungslos, war die Demokratin doch über Monate in den Umfragen dem Polit-Neuling Trump meilenweit überlegen gewesen. Schnell stellte sich die Frage: Was wird von einem Präsidenten Trump zu erwarten sein? Einem Bauunternehmer und Ex-Reality-TV-Star, der Gespött erntete, nachdem er seine Kandidatur im Trump-Tower bekannt gegeben hatte. Ein Mann ohne jegliche politische Erfahrung, der es im Wahlkampf mit der Wahrheit nicht immer so genau nahm, mit seiner populistischen Art dennoch offenbar einen Nerv traf. Würden seine Wahlversprechen nur „viel Gerede“ sein? „Natürlich hatten wir ,America First‘ während des Wahlkampfs gehört, aber wie man einen Slogan umsetzt, ist offen für Interpretation“, sagt Greg Wathen, Präsident der Economic Development Coalition of Southwest Indiana in Osnabrücks Partnerstadt Evansville. Viele in der Wirtschaft seien unsicher gewesen, wie Trumps Wirtschaftspolitik aussehen würde, als dieser ins Weiße Haus einzog. Wenn es schon die Amerikaner selbst nicht wussten, wie sollte erst die deutsche Wirtschaft reagieren? Unsicher, wie Mark Tomkins, Präsident des German American Chamber of Commerce of the Midwest, mit Blick auf deutsche Firmen in den USA sagt. Und: „Nur 30 Prozent der im ,German American Business Outlook‘ für 2017 befragten Unternehmen gingen von einem positiven Einfluss der damals neu gewählten Trump-Administration aus“, so Tomkins. Nicht anders sah das in der Region aus. „Donald Trump hat im Wahlkampf viele Ankündigungen gemacht. Keiner weiß momentan, was in der kommenden Zeit davon tatsächlich umgesetzt wird“, hieß es unter anderem seitens der Industrie- und Handelskammer (IHK) Ostfriesland und Papenburg. Zu diesen Ankündigungen gehörten die Wirtschaft betreffend: eine Reform des Steuerwesens, die Handelsbilanz zugunsten der USA verbessern und Freihandelsabkommen neu verhandeln.
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Rosenbauer ist neuer Chef bei Reno
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Handelsvolumen von mehr als zehn Milliarden Euro.
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Wie Trump mit diesen Punkten umgehen würde, war für die hiesige Wirtschaft wichtig. Schließlich waren die USA damals der wichtigste Handelspartner für regionale Unternehmen außerhalb Europas, wie Marco Graf, Hauptgeschäftsführer der IHK Osnabrück – Emsland – Grafschaft Bentheim, betonte. Niedersachsenweit lag das Handelsvolumen mit den USA 2016 bei knapp neun Milliarden Euro – wobei Unternehmen aus Niedersachsen fast doppelt so viel exportierten wie importierten. Ein „schlechter Deal“, wie Trump es mit Blick auf Deutschland insgesamt – 2017 in den Top 4 der Länder, mit denen die USA das größte Defizit im bilateralen Handel hatten – immer wieder angeprangert hat. An dem Ungleichgewicht hat sich bis heute nicht viel verändert, auch wenn 2018 die Differenz auf rund eine Milliarde zusammenschmolz. Zuletzt standen im vergangenen Jahr Exporte im Wert von knapp 6,2 Milliarden Importe im Wert von 4,1 Milliarden gegenüber – allem Gepoltere Trumps und den eingeführten Zöllen zum Trotz. War die Unsicherheit und damit verbundene Sorge der Wirtschaft also umsonst? Die Statistik sagt: ja. Die Zahl der Firmen in der Region, die Geschäftsbeziehungen in die USA pflegen, ist laut IHK von 199 im Jahr 2015 auf 265 gestiegen. Die Zahl derer, die eine eigene Niederlassung in den Vereinigten Staaten haben, ist im gleichen Zeitraum um fast zwei Drittel gestiegen. Und auch mit Blick auf Niedersachsen sagt Tilman Brunner, Sprecher International der Industrieund Handelskammern Niedersach-
2016
2017
2018
2019
Wert der niedersächsischen Aus- und Einfuhren in Mrd. Euro
Ausfuhr sen (IHKN): „Die USA sind für die niedersächsischen Unternehmen einer der wichtigsten Handelspartner.“ Bei den Exporten aus Niedersachsen lagen die USA im Jahr 2019 auf dem 3. Platz, bei den Importen auf Platz 6. Und erstmals habe das Handelsvolumen im vergangenen Jahr die Marke von zehn Milliarden Euro überschritten. Und das zum Teil obwohl und zum Teil weil Donald Trump einen Teil seiner Wahlversprechen eingelöst hat. Die versprochene Steuerreform zum Beispiel setzte er gleich zu Beginn seiner Amtszeit um. „Das hat die Wirtschaft angekurbelt, zumin-
„Wie man einen Slogan wie ,America First‘ umsetzt, ist offen für Interpretation.“ Greg Wathen, Präsident der Economic Development Coalition of Southwest Indiana in Evansville
dest vorübergehend“, sagt Sven Gerzer, Vizepräsident der Handelskammer in Charlotte und zuständig für Direktinvestitionen aus Europa und Indien. Und davon profitierten auch die mit den USA handelnden Unternehmen in der Region, wie IHK-Präsident Uwe Goebel im Interview in dieser Ausgabe sagt. Und auch wenn das versprochene durchschnittliche Wirtschaftswachstum von 3,5 Prozent pro Jahr nicht erreicht wurde, bis zum Ausbruch der Pandemie ging es der amerikanischen Wirtschaft gut, auch davon profitierten heimische Firmen. Die Strafzölle hingegen und der Handelskrieg, den Trump mit China begann, sorgten für Unsicherheiten – und wirkten sich in einigen Branchen auch in der Region negativ aus. Insgesamt jedoch sagt IHK-Experte Brunner: „Die Strafzölle, die derzeit von den USA gegen einzelne deutsche Produkte erhoben werden, haben in der Statistik kaum Spuren hinterlassen.“ Auch wenn sie für die einzelnen betroffenen Unternehmen natürlich ein erhebliches Hindernis seien. Laut Brunner sind niedersächsische Unternehmen im Schnitt deutlich stärker von dem Handelskonflikt der USA mit China betroffen, denn viele niedersächsische Unternehmen würden den USMarkt auch von ihren chinesischen Werken heraus beliefern. Und was ist in den kommenden vier Jahren zu erwarten? „Eine weniger protektionistische Haltung seitens der USA wäre wichtig für die niedersächsischen Unternehmen. Leider scheint das für die Zeit nach der Wahl nicht auf der Agenda zu stehen, denn beide Kandidaten haben sich im Wahlkampf immer wie-
Einfuhr der stark für ein ,America First‘ bei der Handelspolitik ausgesprochen“, so Brunner. Darauf müssten sich die Unternehmen also einstellen. „Die Handelszahlen insgesamt beweisen, dass sie genau das erfolgreich tun – auch wenn es in einem handelsfreundlicheren Umfeld leichter wäre.“ Zum Beispiel mit geringeren Hürden für Entsendungen. In dieser Hinsicht werde es einen Unterschied machen, wer die Wahl gewinne, sagt Sven Gerzer.
Steffen Rosenbauer
Foto: Action