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OSNABRÜCK | EMSLAND | GRAFSCHAFT BENTHEIM
Ein lohnendes Geschäft?
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Sieben der zehn größten Pflegeheimbetreiber in Deutschland sind privat – was heißt das für die Pflege? Nur 63 Prozent der Heime in Niedersachsen sind privat geführt. Knapp vier Prozent Rendite für Anlagen in der Region. Forderung: Profit bei Pflegeobjekten begrenzen. VON NINA KALLMEIER UND JONAS SCHÖNROCK OSNABRÜCK/PAPENBURG/GEESTE
Die Pflege ist in Deutschland ein riesiger Markt und wird mit der zunehmend alternden Gesellschaft auch künftig an Bedeutung gewinnen. Insofern ist das Interesse an Investitionen in Pflegeimmobilien vom Kleinanleger bis zum Hedgefonds groß – auch weil die Rendite deutlich über dem liegt, was mit anderen Anlageformen erzielt werden kann. Doch es gibt auch eine andere Seite: Gerade private Pflegeheimbetreiber geraten immer wieder in die Schlagzeilen. Der Vorwurf: schlechte Bezahlung der Mitarbeiter, harte Arbeitsbedingungen, miese Lebensumstände in Heimen. Eine Spurensuche. Meldungen wie jüngst in Papenburg belasten das Image privater Pflegeanbieter. Vorwürfe der Vernachlässigung einzelner Heimbewohner und Doppelschichten für die Mitarbeiter stehen im Raum. Die Peter-Janssen-Gruppe, die unter anderem im Emsland und Ostfriesland insgesamt 16 Pflegeheime betreibt, weist die Anschuldigungen vehement zurück. Sie gehört zur französischen Orpea Holding – immerhin laut „Pflegemarkt“ der bundesweit viertgrößte Betreiber von Pflegeheimen in Deutschland. Vor zwei Jahren gab es bundesweit ähnliche Vorwürfe gegen die Alloheim-Gruppe, die unter anderem in Meppen Pflegeeinrichtungen betreibt – und bundesweit mit 221 Heimen der zweitgrößte Betreiber ist. Insgesamt wird in Niedersachsen laut Sozialministerium der überwiegende Teil der Pflegeein-
Foto: imagoimages/photothek
richtungen von privaten Anbietern betrieben, lediglich 37 Prozent sind laut zuletzt erhobener Pflegestatistik in gemeinnütziger Trägerschaft. Bundesweit sind es mit gut der Hälfte deutlich mehr. In den Vorwürfen gegen private Anbieter wird immer wieder auf den vermeintlichen Kostendruck der Einrichtungen verwiesen: Die Renditen, die Investoren aus den Häusern ziehen, würden dafür sorgen, dass weniger Geld der Pflege zur Verfügung stünde. Wie ist das in der Region? Zweistellig sind die Renditen hier nicht. In Einrichtungen, die zum Beispiel die La Vida Pflegepartner GmbH betreibt, lag die Rendite für Anleger zuletzt bei rund vier Prozent, so Pascal Poll, als Immobilienmakler der Muttergesellschaft La Vida Projekt GmBH für den Vertrieb zuständig. Das Unternehmen aus dem westfälischen Ochtrup (Kreis Steinfurt) hat sich als Bauträger, Pro-
jektentwickler, Bauherr und Vertriebskoordinator auf den Bereich Pflegeimmobilien als Kapitalanlage spezialisiert. Seit 2017 betreibt die Tochter La Vida Pflegepartner auch Objekte unter anderem in Geeste-Osterbrock, Lohne und Leer. Weitere sind bereits in Planung, zum Beispiel in Hasbergen bei Osnabrück. Das Interesse von Anlegern an Pflegeimmobilien ist groß. Kein Wunder, von solchen Renditen können Sparer heutzutage sonst nur träumen. Zumal die Mieteinnahmen garantiert sind, egal, ob die Appartments belegt sind oder nicht. Und für Instandsetzungs- und Instandhaltungsarbeiten der Apartments kommt der Anleger nicht auf. Das übernimmt der Heimbetreiber. Nur für Kosten von Arbeiten am Äußeren des Gebäudes ist die Eigentümergemeinschaft zuständig. Das größte Risiko ist also die Insolvenz des Betrei-
bers. Laut La-Vida-PflegepartnerGeschäftsführer Siegfried Bergmann ist für manch einen Interessenten neben der Rendite noch ein weiterer Punkt interessant: „Die Leute, die angelegt haben, haben einen bevorzugten Zugriff auf einen Platz bis zum ersten Verwandtschaftsgrad.“ Was des einen Freud ist, ist des anderen Leid: „Wenn jedes Jahr Milliarden Euro aus dem Pflegesystem an internationale Fonds aus den USA oder der Schweiz abfließen, dann sind diese Mittel für die Pflege in Deutschland verloren“, kritisiert Birgit Eckhardt, Vorsitzende des Paritätischen Wohfahrtsverbands Niedersachsen private Betreiber insgesamt. Hier liege der Unterschied zu gemeinnützigen Trägern: Diese seien durch klare Vorschriften des Gemeinnützigkeitsrechts gebunden. „Die Mittel der Pflege bleiben im System.“ Denn dass auch gemeinnützige
VIER FRAGEN AN... HEIKE BAEHRENS, PFLEGEBEAUFTRAGTE DER SPD-BUNDESTAGSFRAKTION Frau Baehrens, die SPD will die Gewinne privater Pflegeheimbetreiber begrenzen. Warum? Man muss hier differenzieren: Angemessene Überschüsse sind betriebswirtschaftlich notwendig, das gilt für private Betreiber genauso wie für kirchliche oder freigemeinnützige. Als SPD wollen wir aber unterbinden, dass durch spekulative Investmentmodelle zweistellige Renditen aus der Pflege abgeschöpft und an anonyme Investoren ausgeschüttet werden. Denn das lässt sich weder mit einer würdevollen Pflege noch mit einem solidarischen Versicherungssystem vereinbaren.
Fordern Sie einen Rendite-Deckel, oder wie wollen Sie Abhilfe schaffen? Eine Begrenzung des sogenannten Unternehmerrisikos und eine Deckelung der Renditen in verfassungsrechtlich möglichem Rahmen sind notwendige Instrumente. Auch eine „Pflegemietpreisbremse“ könnte Schutz für die Pflege bringen. Denn oft wird in die Pflegeimmobilien investiert und der Renditedruck über eine hohe Pacht an die Betreiber weitergereicht, die sie dann erwirtschaften müssen – auf Kosten von Personal und Bewohnern. Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte schon vor andert-
halb Jahren zweistellige Renditen für Finanzinvestoren als Problem bezeichnet und eine Prüfung angekündigt. Was erwarten Sie jetzt von ihm? Es ist überfällig, dass den Ankündigungen des Gesundheitsministers Taten folgen. In der SPD-Bundestagsfraktion haben wir uns längst positioniert, aber natürlich können wir nur gemeinsam mit dem Koalitionspartner voranschreiten. Deshalb sind wir sehr gespannt auf konkrete Vorschläge für gesetzliche Maßnahmen aus dem Gesundheitsministerium.
Auf jeden Fall, denn Pflege ist Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge. Länder und Kommunen müssen ihre Verantwortung für eine funktionierende Pflegeinfrastruktur wieder annehmen. Nur so gewinnen sie auch die Steuerungs- und Gestaltungskompetenz zurück. Wenn sie selbst investieren, können sie im Zusammenspiel mit Pflegefachkräften für moderne Pflegekonzepte und innovative Quartiersentwicklung sorgen. Das unterscheidet sie von Anlegern, die nur auf schnelle Rendite setzen und ihr Vermögen in „Betongold“ anlegen. In Zeiten von Minuszinsen müssen wir aber auch darüber nachPflegeheime sind ein Wachstums- denken, wie wir alternative Anlagemarkt – und der liegt weitgehend modelle schaffen können, die nicht in der Hand privater Investoren. der Logik der Gewinnmaximierung folgen, sondern sich am GemeinMuss sich die öffentliche Hand tob hier nicht viel stärker engagieren? wohl orientieren.
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Träger Überschüsse erzielen, zeigt ein Blick in die Bilanz des bundesweit größten, der Johanniter Seniorenhäuser GmbH. Sie weist für 2018 einen Jahresüberschuss in Höhe von gut sieben Millionen Euro aus. Sollten die Renditen für Pflegeheime also gedeckelt werden, um den Kostendruck zu reduzieren? Vor rund eineinhalb Jahren kam ein solcher Vorschlag von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU). Und jetzt? Derzeit plane der Minister keinen Gesetzesvorschlag, um die Renditen zu begrenzen, sagt der Sprecher von Spahn im Gespräch mit unserer Redaktion. Der Minister beobachte die Entwicklung aber weiterhin genau. Das privatwirtschaftliche Engagement im Pflegebe-
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In dieser Ausgabe:
STANDORTPORTRÄTS GEMEINDE BISSENDORF UND GEMEINDE WIETMARSCHEN reich sei wichtig, und es werde derzeit keine Notwendigkeit gesehen, gesetzgeberisch einzugreifen, um hier Hürden einzubauen. Das sieht die Geschäftsführerin des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes anders. „Es ist aus meiner Sicht eine gesamtgesellschaftliche Frage, wie groß Gewinne im System Pflege sein dürfen und wie groß damit der Anreiz für Investoren sein soll, in Deutschland zu investieren. Die Frage muss politisch beantwortet werden, denn unter internationalen Hedgefonds und Immobilienunternehmen herrscht derzeit Goldgräberstimmung, wenn es um die Pflege in Deutschland geht“, warnt Eckhardt. Natürlich seien Themen wie Qualität und Personalmanagement auch für die privaten Anbieter relevant. Ihre Erfahrung sei aber, dass andere Werte wie Gewinnmaximierung häufig im Vordergrund stünden. Mit Auswirkungen auf die vielen Mitarbeiter in den insgesamt 1500 vollstationären Pflegeheimen mit 105 000 Plätzen in Niedersachsen: „Die Marktöffnung in der Pflege hatte negative Folgen für die Arbeitsbedingungen“, sagt ein Sprecher des niedersächsischen Sozialministeriums auf Anfrage. Der Wettbewerb werde seitdem über den Preis geführt – und nicht etwa über die Qualität. Eine Lohndumpingspirale gefährde letztlich die Versorgungssicherheit im Land. „Diese Entwicklung lässt sich aufhalten, wenn die Tarifpartner die Grundlage für eine leistungsgerechte Bezahlung schaffen und wenn die Kostenträger die Refinanzierung von Tariflöhnen sicherstellen.“ Mit der von Niedersachsens Sozial- und Gesundheitsministerin Carola Reimann initiierten und moderierten konzertierten Aktion Pflege Niedersachsen (KAP.Ni) würden dafür in Niedersachsen die Voraussetzungen geschaffen, ein allgemeinverbindlicher Tarifvertrag Soziales bleibe das Ziel.
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