Die Wirtschaft_12/2020

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Fest oder Alltag?

Mittelstand vor demAus?

VW in Osnabrück

So hat sich die Kaffeetafel mit der Zeit verändert.

Reeder an der Ems malen ein düsteres Bild der Zukunft.

Interview mit Standort-Chef Jörn Hasenfuß – so soll es weitergehen.

Leben & Leidenschaft – Seite 23

Wasser & Wirtschaft – Seite 20

Geld & Geschäft – Seite 9

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www.maler-schulte.de DONNERSTAG, 17. DEZEMBER 2020 AUSGABE 06/20 | EINZELPREIS 1,90 €

OSNABRÜCK | EMSLAND | GRAFSCHAFT BENTHEIM

Volle Kraft voraus – oder?

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Von Meyer Werft bis zu Reedern und Wasserwegen: Maritime Wirtschaft ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor Schifffahrt ist das Rückgrat des Außenhandels.

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In dieser Ausgabe:

STANDORTPORTRÄT SAMTGEMEINDE HERZLAKE

W&H geht mit neuem Vorstand ins Jahr 2021

Die Finanzkrise belastet die Branche bis heute.

Neues Jahr, neuer Vorstand: Zum 1. Januar wird Peter Steinbeck, geschäftsführender Gesellschafter und bislang Vertriebsvorstand bei Windmöller & Hölscher (W&H), die Nachfolge von Vorstandsvorsitzendem Jürgen Vutz antreten. Vutz wechselt in den Aufsichtsrat des Lengericher Maschinenbauers. Steinbeck ist bereits seit 1999 im Vorstand des Familienunternehmens. Das Unternehmen sieht in der Entscheidung eine Gewährleistung in der Führung des Unternehmens, das im vergangenen Jahr 150 Jahre alt geworden ist. Der Wechsel sei langfristig vorbereitet worden, unter anderem mit der Berufung von Falco Paepenmüller aus der eigenen Führungsmannschaft 2019 und der Komplettierung des Vorstandes mit Martin Schulteis Mitte dieses Jahres. Auch strategisch werde der eingeschlagene Weg weiter fortgeführt. „Wir verfolgen eine langfristige Unternehmensstrategie, die weiter Bestand hat. Dazu gehören ein starker Hauptsitz mit Fokus auf Technologie in Lengerich, ein leistungsfähiges Komponentenwerk in Tschechien und unsere weltweiten Töchter als regionale Ansprechpartner nah beim Kunden“, so Peter Steinbeck. Er freue sich auf die erweiterten Aufgaben. nika LENGERICH

Gibt es eine Zukunft für mittelständische Reeder? VON NINA KALLMEIER Ohne Schiffe keine Waren: Rund 90 Prozent der Güter weltweit werden auf dem Wasserweg transportiert. „Man muss ehrlich sagen: Ohne die maritime Wirtschaft ginge es nicht, sie ist das Rückgrat des Warenhandels“, sagt selbst Sönke Diesener, Verkehrsreferent beim Umweltverband Nabu. Und gerade für Niedersachsen als Küstenland spielt laut Wirtschaftsminister Bernd Althusmann die Reederwirtschaft als elementarer Bestandteil logistischer Ketten des Welthandels und der Infrastruktur eine entscheidende Rolle. „Sie ist maßgeblich für die wirtschaftliche Entwicklung. Niedersachsen ist mit 115 Schifffahrtsunternehmen und etwa 750 Schiffen einer der größten Reedereistandorte Deutschlands“, betont Althusmann. Und doch steht die Branche, die laut jüngster Reeder-Studie der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC) die erste Corona-Welle gut überstanden hat, vor großen Herausforderungen – nicht erst seit der Pandemie. „Seit der Lehman-BrotherPleite mit all ihren Folgen ist die Schifffahrt nicht zur Ruhe gekommen“, sagt Bernd Sibum, Vorsitzender der Interessengemeinschaft Harener Reeder – familiengeführte Betriebe an der Ems, die zwischen zwei und mehr als 40 kleine bis mittelgroße Container-, Multipurposeoder Schwergutschiffe bereedern. „Bis heute ist der Schiffsmarkt unter Druck, da die Banken die Schiffe zu Dumpingpreisen auf den Markt geworfen haben“, kritisiert Sibum. Und auch die Frachtraten seien in den vergangenen Jahren schlecht gewesen. „Das hat sich durch die Corona-Pandemie sogar noch einmal verstärkt.“ Und laut PwC-Studie geht etwa jeder siebte Reeder davon aus, dass die Frachtraten in den kommenden Monaten weiter sinken werden. „Wer es geschafft hat, seine Schiffe teilweise zu retten, der ist optimistisch, dass es wieder aufwärts geht. Aber wir laufen in eine ungewisse Zukunft“, zeichnet Sibum ein düsteres Bild für die mittelständische Reederei. Es sind jedoch nicht nur die Reeder, die die maritime Wirtschaft in Niedersachsen stützen, sie beauftragen die Werften, wie Sibum betont. Laut Verband für Schiffbau und Meerestechnik (VSM) haben deutsche Werften ab 50 Beschäftigten im Binnen- und Seeschiffbau im vergangenen Jahr zuletzt einen Umsatz in Höhe von 5,7 Milliarden Euro erwirtschaftet. Alleine sie be-

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schäftigten im Jahresschnitt 20 335 Mitarbeiter – hinzu kommen Zulieferbetriebe (12,8 Milliarden Euro Umsatz) und all jene, die indirekt vom Schiffbau in Deutschland profitieren. Alleine am Bau eines Kreuzfahrtschiffes sind insgesamt 25 000 Menschen und 750 Firmen beteiligt, wie Meyer-WerftChef Bernard Meyer erst jüngst im Interview betonte. Doch das bedeutet auch: Die durch die Corona-Pandemie ausgelöste Krise in der Kreuzfahrtbranche, wenn die Meyer Werft ihre Aufträge streckt, trifft auch die Zulieferer hart. Wie es aktuell ist, für die

„Unsere Schiffe nachzurüsten können wir uns wirtschaftlich zurzeit nicht leisten.“ Bernd Sibum, Vorsitzender Interessengemeinschaft Harener Reeder

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die Werft aus Papenburg und die MV-Werften in Mecklenburg Vorpommern zu arbeiten, berichtet ein Zulieferer aus dem Emsland in dieser Ausgabe. Neben den produzierenden Unternehmen sind auch die Seeund Binnenhäfen ein Wirtschaftsfaktor in der Region. Das wird auch im niedersächsischen Wirtschaftsministerium gesehen. „Mit über 45 000 Beschäftigten und dem damit verbundenen Steueraufkommen hat die Seehafenwirtschaft in Niedersachsen eine große wirtschaftliche Bedeutung“, sagt Bernd Althusmann. Zumal die niedersächsischen Seehäfen laut Wirtschaftsminister mit einem Umschlagsvolumen von weit mehr als 50 Millionen Tonnen pro Jahr zu den größten Hafengruppen in Deutschland zählten. Zu dieser Gruppe gehört der Standort Papenburg, der südlichste Seehafen Deutschlands, den wir in dieser Ausgabe etwas genauer vorstellen. „Sie tragen zu unserem Erfolg als Exportnation bei und sind elementar wichtig für den Wirtschaftsstandort Niedersachsen“, betont Althusmann mit Blick auf die Häfen insgesamt. Das gilt nicht nur für die See-, sondern auch für Binnenhäfen wie Bramsche. Die Wasserwege sind für Unternehmen wie Deuker, August Eilers, Bergschneider oder Dall-

mann Lebensadern der Logistik. Und dennoch: Trotz ihrer wirtschaftlichen Bedeutung steht die maritime Wirtschaft auch in der Kritik – denn die Schifffahrt ist für 2,9 Prozent des weltweiten CO2Ausstoßes verantwortlich, Tendenz steigend, wie Nabu-Referent Diesener mit Blick auf die steigenden Zahlen im Welthandel betont. „Würde man die Schifffahrt in ein Länder-Ranking einsortieren, würde sie auf Platz 6 vor Deutschland stehen“, sagt er. Aus seiner Sicht ist in den vergangenen Jahren viel zu wenig getan worden, damit die Schifffahrt grüner wird: „Nicht nur die Reedereien und damit auch Werften und Zulieferer haben geschlafen, sondern auch die Politik, die die entsprechenden Rahmenbedingungen nicht gesetzt hat“, kritisiert Diesener. Im niedersächsischen Wirtschaftsministerium betont man indes die Forschung und Entwicklung auf dem Gebiet umweltfreundlicher Techniken, die das Land fördere. Und: „Die Landesregierung plant hier mit dem Kompetenzzentrum ,GreenShipping‘ in Elsfleth und Leer, den Hafenumschlag und die Schifffahrt umweltfreundlicher zu gestalten“, heißt es. Reeder Bernd Sibum hingegen hat eine klare Antwort auf den Vorwurf des Nabu: „Man muss das mal deutlich sagen: Unsere Schiffe nachzurüsten können wir uns wirt-

schaftlich zurzeit nicht leisten. Da haben wir keinen Spielraum.“ So geht es nicht nur den Harener Reedern. Laut PwC-Studie sehen 82 Prozent der Reeder die Umrüstung der Flotten, um Klimaschutz und Umweltauflagen gerecht zu werden, als größte Herausforderung. Noch etwas öfter wird ein Problem genannt, das laut Sibum schon die vergangenen Jahre geprägt hat: die Finanzierung von Schiffen. Mehr ab Seite 15

PeterSteinbeck

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Foto:W&H


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