VERKAUF
Monika Herbstrith
Michael Knorr
umgekehrten Fall kennen wir. Man wollte sich zwar nur informieren, aber man war vom Verkäufer und auch vom Produkt, dank der Präsentation durch den sympathischen Verkäufer, so überzeugt, dass sofort zugeschlagen wurde. Was ist nun das optimale Verhältnis im Verkaufsgespräch? Wie viel Nähe ist zu viel? Wie viel Distanz ist notwenig?
Das Du-Wort Wir alle kennen den Spruch: »Du Depp sagt sich leichter, als Sie Depp.« Ist es vorteilhaft, wenn Kunde und Verkäufer sich duzen? Wenn ja, für wen? Denn das Verhältnis ist automatisch ein anderes, sobald man einander duzt. Harald Preyer (Geschäftsführer eucusa) nimmt es sehr genau: »Wenn es passt, dann passt es. Es braucht hier keine Regeln, vielmehr Herzenstakt. Aber: Wenn ich mit jemandem per Du bin, dann bin ich das auch. In jeder Situation und egal, wer zu- oder weghört. In Europa ist das Du ein Zeichen von Nähe, von Vertrautheit und damit gehe ich für mein Gefühl eine höhere Verantwortung für die bestmögliche Erfüllung der Wünsche meiner Kunden ein.« Jeder Verkäufer ist ein individueller Mensch, und jeder Mensch hat ein unterschiedliches Nähebewusstsein. Michael Knorr (Trainer bei Dale Carnegie Österreich) hat gute Erfahrungen gemacht, mit Kunden per Sie zu bleiben: »Ich habe in meiner 20-jährigen Verkaufstätigkeit lediglich zwei Kunden, mit denen ich per Du bin. Mit allen anderen Kunden habe ich eine sehr vertrauensvolle und wertschätzende Kundenbeziehung. Ich denke, wenn wir es schaffen eine Atmosphäre von Vertrauen und Wertschätzung mit unseren Kunden aufzubauen, ist es nicht notwendig, das Du-Wort anzubieten.«
Rudolf Langer
Andrea Khom
Auch Dipl. Vw. Heike Reising (Geschäftsführerin von der I.Q.-M.) sieht es als professionell an, per Sie zu bleiben: »Im Businesskontext ist das Du-Wort nur dann angebracht, wenn es die Branche erfordert. Sonst sollte ein Verkäufer-Kunden-Verhältnis immer eher auf einer professionellen und damit Sie-Ebene bleiben. Außer es gibt eine persönliche Nähe, eine wirklich langjährige intensive Zusammenarbeit, oder es ist Usus in der Branche.«
Harald Preyer
Heike Reising
•• Gefälligkeiten werden eingefordert, die auf der Sie-Ebene undenkbar sind.
Mag. Monika Herbstrith (geschäftsführende Unternehmerin Impuls & Wirkung) rät: »Es gilt das Gleiche wie für Personalrecruiting: Wenn es passt, dann passt es. Und im Zweifelsfall: nein. Grundbedingung für ein Du-Wort: Für mich selbst muss es stimmig sein. Denn sonst wirkt es aufgesetzt und hohl. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist, wie mit dem Du-Wort in der UnternehmensGrundsätzlich sollte es so sein, dass der Äl- kultur des Kunden umgegangen wird. Datere bzw. der »Ranghöhere« dem Jüngeren bei ist auch zu beachten, mit welchen Mendas Du-Wort anbietet. Im Verkauf ist hier schen im Unternehmen ich noch in Konallerdings Vorsicht geboten. takt stehe. Kontraproduktiv wäre es, wenn Andrea Khom (Geschäftsführerin ankh.at) ich mit dem Du die Beziehung zu Einzelrät daher: »Aus meiner Sicht entscheidet nen vertiefe, hingegen zu anderen belaste. der Kunde, ob und wann er dem Verkäufer Dies gilt insbesondere in sehr hierarchidas Du-Wort anbietet – unabhängig vom schen Organisationen.« Altersunterschied.« Einen weiteren Nachteil kennt Rudolf Als Vorteile von einer Du-Beziehung kom- Langer (Trainer und Inhaber von alpl men folgende Punkte in Frage: Trainings): »Es wird manchmal von den Vorgesetzten der Kunden aber auch der ••Der Small Talk fällt leichter. ••Es ist einfacher, unangenehme Themen Verkäufer nicht gerne gesehen, weil Fühanzusprechen, bzw. hat man eventuell ein rungskräfte befürchten, dass dann (noch) mehr ›gemauschelt‹ werden könnte.« höheres Verständnis bei Fehlern. ••Man kann schneller auf den Punkt kommen. ••Es kann ein Wettbewerbsvorteil sein. Der Kunde – mein Freund? ••Man empfindet mehr persönliche Nähe. ••Der Verkäufer erhält leichter persönliche Nach einer langjährigen Zusammenarbeit Informationen des Kunden, und das kann mit unterschiedlichen Geschäftspartnern, zu einer tieferen Beziehung führen. kann sich manchmal auch eine ehrliche Freundschaft entwickeln. Man trifft sich Doch auch die Nachteile sind teilweise gra- privat, ganz ohne wirtschaftliches Intervierend und es sollte daher wohl überlegt esse. Sei es, weil man sich über die Jahre sein: gut kennengelernt hat und vielleicht gleiche Hobbys hat, oder weil man miteinan••Zu hohes Sicherheitsgefühl. ••Die Objektivität des Verkäufers ist mög- der einfach gerne ein Glas Wein zusammen trinken möchte. Doch auch hier ist wieder licherweise nicht mehr gegeben. ••Die Wertschätzung in schwierigen Situa- Vorsicht geboten. Die Trennung zwischen Privatem und Beruflichem ist schwierig. tionen könnte darunter leiden. •• Grenzen werden leichter verschoben oder Andrea Khom gibt einige Tipps für private Freundschaften in einem Wirtschaftsüberschritten. TRAiNiNG Nr. 2/12 | 13
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