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Nachfolgender Text stammt aus dem Buch „Das Phänomen François Baucher“ von Dr. med. vet. Robert Stodulka Es ist die knappste und zugleich treffendste Beschreibung der französisch-klassischen Tradition des Reitens, welche ich bisher gefunden habe und keinem Interessierten oder Suchenden vorenthalten möchte. Der Text ist brillant geschrieben und erklärt dem kritischen und nachdenkenden Reiter die Hintergründe und Unterschiede zweier völlig unterschiedlicher Reit- und Ausbildungssysteme. Ich habe mir erlaubt - aufgrund meiner nun mehrjährigen Erfahrung mit diesem System, den Text mit einigen, mir wichtig erscheinenden Anmerkungen ()* zu versehen.
PFERDE SIND BAUCHERISTEN! Plädoyer für einen pferdegerechten Weg Mit diesem Satz hat seinerzeit J.C. Racinet die baucheristische Denkweise und deren Lösungsansätze verteidigt und somit den Baucherismen den ihnen gebührenden Stellenwert in der Reitkunst gegeben. Aus all den physiologischen, biomechanischen und vor allem lernpsychologischen Überlegungen ist der Baucherismus sicherlich eines der pferdegerechtesten Ausbildungssysteme. Wenn man davon ausgeht, dass Pferde im Grunde nicht zum Reiten gebaut sind, so bietet das System Bauchers durch die in viele kleine Teilschritte zerlegte Vorgehensweise eine ideale Vorbereitung des Pferdekörpers, um den Reiter willig tragen zu können. Die Zerlegung einzelner, vorbereitender Schritte setzt das Pferd viel leichter in den Stand, flexibel und beweglich zu sein, da in Analogie zu Osteopathie und Physiotherapie zuerst einzelne verspannte Problemzonen gelöst werden, um danach ein harmonisches Gesamtbild zu erreichen. Gerade diese, für das Pferd und den in die Biomechanik tiefer eindringenden Ausbilder sehr logische Vorgehensweise, wurde von vielen vor allem deutschen Kritikern immer wieder bemängelt, da in ihrem System das ganze Pferd zu jeder Zeit in der Bewegung geformt werden soll. Natürlich ist auch dieser Weg gangbar, führt aber zumeist nicht zu einer wahren Légèreté, wie sie Baucher oder die französische Reittradition fordert. Im deutschen System wird der Genickbearbeitung grosse Bedeutung beigemessen, wodurch natürlich auch eine Beizäumung erzielt werden kann, jedoch meist ohne Entspannung des Unterkiefers, wodurch ein wesentliches Rädchen in dem leichten Bewegungsablauf ungelockert bleibt. Mit dieser Methode können zwar (bei Pferden mit gutem Exterieur)* sehr gute, rittige und durchlässige Pferde geschaffen werden, eine Légèreté im eigentlichen Sinne wird jedoch nie erreichbar sein, da wesentliche Grundpfeiler zur Erlangung selbiger hierfür fehlen.