Quaternary Science Journal - Neue Beschleuniger 14C-Daten zum Jungpaläolithikum in Südwestdeuts...

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N e u e B e s c h l e u n i g e r - C - D a t e n z u m J u n g p a l ä o l i t h i k u m in S ü d w e s t d e u t s c h l a n d

III/IV. Nach der allgemein langsamen Sedimentation wurde ein einige tausend Jahre früherer Ansatz er­ wartet. Der Vergleich mit den konventionellen Daten läßt die unzureichende Datenserie für das Protoaurignacien erkennen, das sich voll mit dem konventionell datierten und den AMS-Daten für das Aurignacien überlappt. Die zahlenmäßig besser belegten kon­ ventionellen Aurignaciendaten zeigen zwar auch ei­ ne Überlappung, es gibt aber eine Reihe zu jungen Daten, die parallel zu dem Gravettien laufen. Die Mit­ telwerte von Protoaurignacien und Aurignacien sind sehr verschieden, was aber an der noch unzurei­ chenden Datenserie liegen dürfte. Auch die beiden Datenserien für das Gravettien weichen voneinan­ der ab, aber auch hier sind die Zahlen zu klein, um ausreichende Aussagen machen zu können.

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Durch die neuen Daten sind auch neue Probleme entstanden. Diese können teilweise durch ergän­ zende weitere AMS-Datierungen beantwortet wer­ den. Die Korrelation mit bestehenden geochronologischen Schemata bleibt vorerst ungeklärt. Eine Ver­ knüpfung mit der TL-datierten südwestdeutschen Lößabfolge, wie sie in Böckingen vorliegt, ist aber durch den früheren Ansatz besser. Im Vordergrund für die urgeschichtliche Fragestel­ lung sollte dabei stehen, daß pro zu datierendem Komplex mindestens drei, besser fünf Daten vorlie­ gen sollten, da von drei "C-Daten, statistisch gese­ hen, eines außerhalb der Standardabweichung der Daten liegen muß und man deswegen nicht sicher ist. wo man sich mit einem einzigen Datum inner­ halb der Streuung befindet. Als vorrangig sind die aufgrund der Zusammensetzungen als gleichzeitig anzusehenden Gravettieninventare der Brillenhöh­ le, des Geißenklösterle Lind des Hohle Fels zu datie­ Ergebnisse ren, da dies eine einmalige Sittiation ist. Weiterhin ist Durch die Streuung der "C-Daten und ihre Überlap­ der Beginn des Jungpaläolithikums noch nicht so si­ cher, daß man eine direkte Parallelisierung mit den pung kann man den Eindruck einer durchgehenden Besiedlung Südwestdeutschlands gewinnen. Wie tinderen Regionen Europas vornehmen kann. Ge­ Stratigraphie tind Fundverteilungen in südwestcleut- genüber der früheren Annahme (HAHN 1993) sieht schen Fundstellen (HAHN 1988) tindeuteten, war sie es nun so aus, als ob das frühe Jungpaläolithikum eher episodenhaft. Das betrifft nicht nur die Höhlen, sowohl nördlich als auch südlich der Alpen gleich­ sondern auch die Freilandstationen, wie z. 13. Mun­ zeitig auftritt, ebenfalls in Kantabrien. Ob Frankreich auch mit neuen Datierungen für den Beginn des zingen. Ein Problem sind hierbei Erosionslücken, wie sie im Hangenden und Liegenden des Aurigna­ Jungpaläolithikums einen zeitlichen „Rückstand" behält. niLiß sich erst erweisen. Zur Zeit kann man cien im Geißenklösterle auftreten. Dadurch läßt sich die Frage nach einer Siedlungskontinuität nicht lö­ eher davon atisgehen, daß innerhalb von wenigen sen. Nach den "C-Bestimmungen waren die einzel­ tausend Jahren ganz. Europa durch die moderne nen Horizonte durch mehrere hundert oder eher Menschenform besiedelt wurde. Wie der Kontakt tausend Jahre voneinander getrennt. Das heißt aber mit dem späten Neandertaler aussah, ist unklar. letztlich nur, daß die Höhlen archäologisch erkenn­ bar r e c h t selten begangen wurden. Zusammenset­ Anmerkung zungen von Artefakten und Knochen innerhalb von archäologischen Horizonten geben an, daß intensi­ Die AMS-Datierungen wurden im Rahmen des For­ ve Begehungen vereinzelt immer wieder vorkamen; schungsschwerpunkts Klima und Umwelt im Tertiär dagegen sind kurze Aufenthalte, bei denen einige und Quartär erstellt. C. Pasda tind J . Waiblinger wenige Funde oder keine zurückgelassen wurden, möchte ich für ihre Hilfe und die kritische Durch­ nicht so häufig, wie man allgemein angenommen sicht des Manuskripts danken. hat. Postsedimentäre Prozesse wie Kryoturbation und Bioturbation haben die Begehungshorizonte Schriftenverzeichnis häufig nach oben und unten verzogen und getrennt AMANN, B & LOTTER, A. F. ( 1 9 8 9 ) : Late-glacial r a d i o c a r b o n und damit eine längere Stratigraphie vorgetäuscht. and p a l y n o s t r a t i g r a p h y o n t h e S w i s s Plateau. B o r e a s Dies betrifft gleichermaßen Höhlen wie Freilandsta­ 18. 109-126. tionen. Für Südwestdeutschland gilt, daß Schichten­ Bl lit s. F. ( 1 9 8 9 ) : E h e m a l i g e Ziegelei B ö c k i n g e n . In: ' l ä g u n g folgen mit zahlreichen Artefakten, wie sie in West­ des A r b e i t s k r e i s e s ..Paläoböden" d e r d e u t s c h e n b o d e n ­ k u n d l i c h e n Gesellschaft. P r o g r a m m und E x k u r s i o n s europa tind im mediterranen Raum immer wieder, führer, 8 - 1 6 , G e o g r . Inst. Univ. T ü b i n g e n . aber auch nicht ausschließlich auftreten, fehlen und somit Hinweise auf eine kontinuierliche intensive BISCHÖFE, J . L., SOLER, N , MAROTO, J . & JULIA, R. ( 1 9 8 9 ) : A b ­ rupt M o u s t e r i a n / A u r i g n a c i a n b o u n d a r y at c a . 4 0 k a B P ; Besiedlung nicht belegt sind. Wegen der hohen Mo­ a c c e l e r a t o r r a d i o c a r b o n d a t e s from A r b r e d a c a v e ( C a bilität von Jägern und Sammlern kann man in Regio­ talunya, S p a i n ) . J o u r n a l o f Arch. S c i e n c e 1 6 , 5 6 3 - 5 7 6 . nen mit ausreichender Biomasse davon a L t s g e h e n , BRICKER, H. M. & MELLARS, P. A. ( 1 9 8 7 ) ; D a t a t i o n s " C d e l'Abri P a t a u d ( L e s Eyzies, D o r d o g n e ) p a r le p r o c e d e daß zumindest diese immer wieder, wenn auch ..accellerateur-spectrometre d e masse". L A n t h r o p o l o nicht an denselben Plätzen aufgesucht wurden. gie 9 1 , 227-234.


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