MEDIATED VISIONS

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MEDIATED VISIONS VIDEO 路 INSTALLATION 路 OBJEKT Mai Yamashita & Naoto Kobayashi Johann B眉sen Costantino Ciervo



MEDIATED VISIONS VIDEO · INSTALLATION · OBJEKT

Eine Gemeinschaftsausstellung vom 29. Sept. bis 10. Nov. 2012 in der Galerie Wedding (Berlin) mit Kunstwerken aus dem Bereich der Medien-Kunst (Video / Installation / Objekt ). Werke, die die Besucher neue Möglichkeiten der Vermittlung von Medien und Technologie entdecken lassen, neue Perspektiven und Visionen öffnen und die übliche Sicht der Dinge in Frage stellen. MEDIATED VISIONS präsentiert sich interkulturell mit international anerkannten Künstlern aus Italien, Deutschland und Japan: Costantino Ciervo, Johann Büsen, Mai Yamashita & Naoto Kobayashi. Unter Anwendung verschiedenster Techniken und Strategien verdeutlichen sich drei sehr persönliche Sichtweisen der Welt in der wir leben.


MAI YAMASHITA & NAOTO KOBAYASHI

Infinity 2006 HD Video, Lautlos 路 04:38 min




Unfortunately, impossible 2007 HD Video 路 09:18 min


JOHAN BÜSEN


Coexistence 2012 Wandinstallation Pigmentdruck, Acryl auf Papier 440 x 1240 cm



Metamorphosis 2009 Videoanimation 路 2:26 min


COSTANTINO CIERVO

Target 2010 Interaktives Videoobjekt Stahl mit Gravur, Ăœberwachungskamera Videoplayer, Monitor, Sensor Auflage: 3 Exemplare - 1/3 82,5 x 82,5 x 7 cm




TRANS-TENDENZ 2010 Zwei-Kanal Videoskulptur - Mixed Media Auflage: 5 Exemplare -Â 1/5 80 x 80 x 21,5 cm


Tell Me the Truth 2009 Trilogie 路 3-teiliges Videoobjekt Mixed Media 路 3 Mini-TV, 3 Mediaplayer, 3 Videos als Loop mit Sockel, Modellfiguren aus Kunststoff. Auflage: 3 Exemplare - 1/3 Je 43 x 34 x 36 cm




MAI YAMASHITA & NAOTO KOBAYASHI

www.yamashita-kobayashi.com

Im Eingangsraum der Galerie finden sich Arbeiten des japanischen Künstlerpaars Mai Yamashita und Naoto Kobayashi, die bereits seit 2000 zusammenarbeiten. Bevor sie 2011 nach Deutschland kamen, haben sie die ganze Welt bereist, um ihre künstlerischen Werke zu schaffen und auszustellen. Yamashita und Kobayashi arbeiten vor allem in den Bereichen Performance und Videokunst. Mit Einfachheit und Humor verwandeln sie Tätigkeiten, die man als zweckfrei bezeichnen könnte, in magisch komprimierte Momente. Infinity ist ein Video ohne Ton, in dem das Künstlerpaar ihre Perspektiven “trai niert”. In “Paths are made by walking” (Wege werden durch Laufen gemacht) liefen Yamashita und Kobayashi auf einem Rasen in der Schweiz fünf Tage hintereinander in einer Endlosschleife, um die Wahrheit dieser Aussage zu bestätigen. Fotos wurden in Intervallen von einer Sekunde aufgenommen und zusammen bearbeitet, um ein Hochgeschwindigkeits-Zeitraffer-Video zu bekommen. In dem Video lässt sich sehen, wie allmählich ein in einer unendlichen Schleife geformter Weg im Gras entsteht. Diese Fähigkeit, Zeit einzufangen und sie zu manipulieren, ist eine der erstaunlichen Möglichkeiten von Medienkunst und wird von Yamashita und Kobayashi genutzt, um sie mit Infinity in ästhetisches Erleben zu transformieren.

Die zweite Arbeit des japanischen Paars heißt Unfortunately, impossible (leider nicht möglich). Im Video stellen sie eine Sammlung ihrer unbeliebtesten englischen Wörter mit Bleistift an die Wand geschrieben vor. Ihre beiden Hände bemühen sich einen Teil der Wörter wie un-, -less, im- auszuradieren, um den Sinn positiv zu verändern. Die Idee zur Arbeit entstand aus der Menge unerfreulicher Nachrichten, in denen vor allem Wörter wie “Unfortunately” (Leider) oder “We are afraid to inform you that ...” (Es tut uns leid, Ihnen mitzuteilen, dass...) vorkamen und die sie als Antwort auf Anträge erhielten, mit denen sie sich um ihr Überleben als Künstler bemühten. Was Sie uns zeigen, ist ihre ganz persönliche Erfahrung und Perspektive täglichen Lebens. Einfache tägliche Übungen und Rituale, die uns als Zuschauer entdecken lassen, wie Aktion und Ausdauer tatsächlich unsere Welt verwandeln können.



JOHAN BÜSEN

www.johannbuesen.de

Wenn wir nun den Eingangsbereich verlassen und in den zweiten Raum hineinkommen, tauchen wir in eine andere Welt und fragen uns sofort “Oh Mann, was ist hier los? Ist die Wissenschaft jetzt dabei Diamanten herzustellen? Oder wird die Welt von Aliens erobert?” Wir stehen vor der Arbeit von Johann Büsen. Der 27 Jahre alte Künstler ist in Paderborn geboren, er lebt und arbeitet in Berlin. Obwohl man seine Arbeit an der Wand sieht, arbeitet er fast ausschließlich digital. Johann Büsen entwickelt seine Motive am Computer als digitale Malerei. Bits und Bytes eingesammelter und überarbeiteter Zeichnungen, Bilder und Motive aus dem World Wide Web, aus Zeitschriften, Filmen oder Comics. Malerei des digitalen Zeitalters mit dem Plotter gedruckt und anschließend entsprechend bemalt. Das digitale Universum hat die Fähigkeit sich zu vermehren, zu verwandeln, wiederzuverwerten und den Grundstoff zu manipulieren. Büsen filtert und setzt visuelle Worte anderer Leute erneut zusammen, um uns eine überladene und dynamische imaginäre Landschaft zu zeigen und damit seine eigenen außerordentlichen Kompositionen zu schaffen. Ein kreativer Remix von Einflüssen, die neue Dimensionen öffnen und die gängigen Perspektiven aufbrechen. Frisch und überzeugend bis zum letzten Detail hat Büsen für die

Galerie Wedding eine digitale Collage - Coexistence - mit Spuren, Symbolen und Impulsen entworfen, die uns seine individuelle Post-Pop-Art-ÄsthetikVision unserer komplexen, digitalen und informationsüberfluteten Zeit vorstellt. Meteoriten, Zahnersatz, Helden, Wissenschaftler, seltsame Kreaturen, Löcher im Pflaster oder Pflasterstein im Himmel. Eine surrealistische visuelle Geschichte, die unsere Fantasie und Gedanken anregt und gleichzeitig Platz für eigene Neuinterpretationen lässt. Metamorphosis (Verwandlung) heißt das zweite Kunstwerk, das uns Johann Büsen präsentiert: eine Videoanimation in einer Endlosschleife: Kopf und Oberkörper eines jungen Mädchens, das ihre Identität verändert, begleitet von einem eindringlichen Soundtrack. Verwandelt sie sich im ersten Teil in ein fremdes Wesen, das einem Sciene-Fiction-Roman entsprungen scheint, wird sie schon kurz darauf zur bei Kindern beliebten Mickey Mouse und schließlich, das Geschlecht wechselnd, zu einem Jungen. Oder hat sie sich vielleicht gar nicht verändert, sondern zeigt lediglich ihre verschiedenen Identitäten mit denen sie auf Einflüsse aus ihrem sozialen und kulturellen Umfeld reagiert? Ist unsere Identität tatsächlich etwas individuelles oder doch nur ein Abklatsch der Kultur in der wir leben?



COSTANTINO CIERVO www.ciervo.org

Wir kommen nun zum dritten Teil unseres Galerierundgangs, zur Arbeit des international renommierten Künstlers Costantino Ciervo. In Neapel (Italien) geboren, lebt und arbeitet er seit 1984 in Berlin. Sein Werk umfasst Media Installationen, Performances, Fotografie, Videoart, Texte und interaktive Objekte oder Video-Skulpturen, wie sie hier zu sehen sind. Costantino Ciervo ist ein Multimedia-Künstler, der dazu einlädt, einige Schritte weiter in die Tiefen des Denkens zu machen. Zum Beispiel mit Target, einem interaktiven Videoobjekt, das an eine Zielscheibe erinnert. Target besteht aus 5 Metallringen, die abwechselnd in den Farben Kupfer und Silber angeordnet sind. In den äußersten Ring ist die Zahl 5 eingraviert und absteigend nach innen folgen die Nummern 4, 3, 2 und schließlich 1 auf dem innersten Ring. Hier ist unter einer kreisrunden Öffnung im Zentrum des Objektes ein Monitor befestigt. In rhythmischer Abfolge hört der Betrachter eine monotone weibliche Stimme die Wörter “yes” und “no” sprechen, gleichzeitig erscheinen die geschriebenen Worte auf dem Monitor. Die Reihenfolge ist nicht, wie es sich erwarten ließe, zufällig, sondern folgt der Deklination des Verbs “to be” (I am, you are, he/she/it is, we are, you are, they are,... ), dargestellt im sogenannten binären ASCII-Code (American Standard Code for Information Interchange).

Sobald ein Betrachter unmittelbar vor das Objekt tritt, werden Bild und Ton unterbrochen und stattdessen erscheint das Bild des Betrachtenden selbst auf dem Monitor, aufgenommen mittels einer nicht sichtbaren, in das Objekt integrierten Mini-Überwachungskamera. Das Objekt entpuppt sich als eine Art Köder, das den Betrachter in eine paradoxe Situation lockt: würde dieser sich jetzt so wie es eine Zielscheibe sinngemäß fordert, als Schütze probieren und versuchen, “ins Schwarze”, also ins Zentrum zu treffen, würde er sich letztendlich selbst töten. Interaktion ist eine der Möglichkeiten von Medienkunst, die eine physische Verbindung zwischen Werk und Betrachter schafft und somit eine engere Beziehung fördert. Das kann sowohl durch Technologie sein wie auch durch ästhetische Erfahrung. So werden in der Arbeit von Costantino Ciervo philosophische Konzepte in einer Weise Teil der Objekte, dass ihre Analyse und Beobachtung jenes inhaltlich verpackte Gedankengut freigibt. Ciervo beschreibt sich selbst als “Gedankenmasseur”. Für uns ist er ein Multimedia-Philosoph des 21. Jahrhunderts, der die Grenzen des Gewohnten herausfordert, indem er Hard- und Software auf eine sehr subtile Art und Weise modelliert.


COSTANTINO CIERVO www.ciervo.org

Trans-Tendenz ist die zweite Arbeit, die Ciervo in dieser Ausstellung vorstellt und ein weiteres Beispiel für seine Fähigkeit, den Betrachter in das Kunstwerk einzubeziehen. Trans-Tendenz besteht aus einer reflektierenden Oberfläche, die eine Waage mit zwei Monitoren enthält. Jeweils rechts und links angeordnet sehen wir gegensätzliche Argumente: zwei verschiedene Meinungen über das Leben und die Gesellschaft - die eine konservativ, die andere progressiv. Während wir seinen Argumenten folgen, überdenken wir gleichzeitig unseren eigenen Standpunkt und kommen zu Fragen wie: Bin ich konservativ oder progressiv? Was ist gerecht oder ungerecht? Gibt es nur Rechts und Links oder gibt es auch eine Mitte? Kann die Waage ein Gleichgewicht finden? Die Debatte ist letztendlich für jede persönliche Deutung offen. Unumstritten bleibt jedoch, dass das Kunstwerk uns in den Bann zieht und zum Nachdenken einlädt. Tell Me the Truth (Sag mir die Wahrheit) ist Ciervos dritte Arbeit hier in der Ausstellung. Drei kleine Holzhäuschen in denen sich drei verschiedene Videoszenen abspielen. Im mittleren Häuschen sehen wir, wie der Künstler verhört wird. Er soll die Wahrheit sagen, aber er antwortet nicht. In dem linken Häuschen sehen wir den Künstler schlafen. Er reagiert nicht. Vielleicht träumt er?

Im rechten Häuschen sehen wir eine Gruppe von Möwen, die am blauen Himmel fliegen und über den Köpfen einer Gruppe von Zuschauern dahinsegeln. Erneut provoziert Ciervo, spielt mit uns, mit den Objekten. Er liefert keine Antworten, weder in Worten noch in seiner Arbeit, wenn es denn überhaupt eine Wahrheit gibt, die sich benennen ließe. Es ist die Suche nach Antworten auf grundlegende Fragen, die Costantino Ciervo mit uns auf kommunikative und originelle Weise teilt, um uns mit den wichtigsten Fragen menschlicher Existenz zu konfrontieren. Wer bin ich? Wo bin ich? Was tue ich hier? Vielleicht sehen wir diese Fragen ja heute aus einer komplexeren Perspektive, wo sich Humor, Bewegung, Kreativität und Tiefgang miteinander verbinden und uns dazu anregen unsere eigenen persönlichen Antworten im Alltag zu “er”finden.



Eingang Aufenthaltsraum COSTANTINO CIERVO Target

COSTANTINO CIERVO Tell me the truth

COSTANTINO CIERVO Trans-Tendenz

JOHANN BÜSEN Metamorphosis

Notausgang (verschlossen)

Müllerstr.


Eingang zum Foyer

YAMASHITA & KOBAYASHI Infinity JOHANN BÜSEN Coexistence YAMASHITA & KOBAYASHI Unfortunately, impossible

Eingangsbereich

Eingang Galerie

Müllerstr.



Dieser Katalog erscheint anlässlich der Ausstellung: MEDIATED VISIONS Video · Installation · Objekt 29. Sept. - 10. Nov. 2012

Bezirksamt Mitte von Berlin Amt für Weiterbildung und Kultur Fachbereich Kunst und Kultur Müllerstraße 146 -147, 13353 Berlin www.galeriewedding.de Leitung der Galerie Efrossini Catrisioti Kuratorin der Galerie Dr. Katia David Kuratorin der Austellung Marie Reig Florensa Gestaltung ZimmerStudio


DANKSAGUNGEN Unser Dank gilt den nachfolgenden Personen, die durch ihr Engagement und ihre Unterstützung die Ausstellung möglich gemacht haben: Efrossini Catrisioti Dr. Katia David Montserrat Farré Avellà Josep Elías Andreu Christian Katzur Bert Herden Sonja Grund Hans Schreyer Thomas Sendzek (Frosch) Africa Rodriguez Arias Elena Ludwig In Erinnerung an Pantelis Sabaliotis, Kurator der Galerie Wedding von 2009 bis 2011.

Fotografien Infinity © Yamashita & Kobayashi Unfortunately, impossible © Yamashita & Kobayashi Coexistence © Johann Büsen Metamorphosis © Johann Büsen Target © Costantino Ciervo Trans-Tendenz © Costantino Ciervo Tell Me the Truth © Costantino Ciervo Galerie Wedding © ZimmerStudio Umschlagbild Unfortunately, impossible © Yamashita & Kobayashi © Galerie Wedding 2012




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