3 minute read

Das dicke Ende kommt noch

Die Zahl der Pflegebedürftigen wächst stetig. Für Experten ist es nur eine Frage der Zeit, ob man als Angehöriger oder als Bedürftiger von Pflege betroffen ist. Erstreckt sich die Pflegebedürftigkeit über Jahre und Jahrzehnte sind Betroffene oftmals ohne passende Absicherung. Das finanzielle Fiasko und die menschenunwürdige Versorgung drohen, wenn die Rechnungen zu den Pflegekosten offenbleiben. Die gesetzlichen Pflegeleistungen hinterlassen schon längst gravierende Lücken in den Kostenplänen zur ambulanten und stationären Pflege. Das jüngste Pflegestärkungsgesetz sorg- te mit einer Umstellung von drei Pflegestufen auf fünf Pflegegrade eher für eine Neuordnung der drohenden Engpässe als für dauerhaft stärkende Lösungen.

Rund vier von fünf Pflegebedürftigen befinden sich in der häuslichen Pflege. Ohne die freiwilligen Leistungen der pflegenden Angehörigen wäre das Pflegesystem bereits kollabiert, vermuten Pflegeexperten. Die geburtenstärksten Jahrgänge, die wesentlich zur häuslichen Pflege beitragen, gelangen in der kommenden Dekade ins Rentenalter und wachsen selbst zu einem beträchtlichen Pflegerisiko heran.

Die Pflege zu Hause müssen dann andere schultern. Der wahre Pflegenotstand steht wohl noch bevor. Denn wie in der gesetzlichen Rentenversicherung charakterisiert das deutsche Pflegesystem ein Rechenexempel: Eine sinkende Zahl von Beitragszahlern versorgt die zunehmende Zahl an Leistungsempfängern. Die Möglichkeiten höherer Beiträge sind begrenzt und als Gegenmaßnahme bieten sich reduzierte Versorgungsleistungen an. Die Finanzlöcher bei den Pflegebedürftigen und deren Angehörigen wachsen fast zwangsläufig, denn parallel steigen die Pflegekosten. Der zunehmende Fachkräftemangel sowie die inflations- und krisenbedingten Kostenerhöhungen für eine Unterbringung und Versorgung befeuern die ohnehin schon angespannten Entwicklungen in der Pflege.

Lebensveränderte Umstände

Pflegebedürftigkeit droht von der Wiege bis zur Bahre. Nicht nur Hochbetagte sind gefährdet. Etwa 10 % der Betroffenen sind bis zu 45 Jahre alt. Darunter gehören rund 5 % in die Altersgruppe unter 20; die Hälfte davon ist sogar keine fünf Jahre alt. Angeborene Beeinträchtigungen, Infektionsfolgen, Krebserkrankungen oder Unfallereignisse treffen die Jüngsten ebenso wie Jugendliche und Erwachsene. Zur Pflegebedürftigkeit kommt häufig eine Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit, was die Betroffenen sowie ggf. die zu versorgende Familie ohne eine umfassende Privatvorsorge wirtschaftlich aus der Kurve wirft. Bestenfalls sind die Pflegezeiten nur vorübergehend und Ausbildung, Studium oder Beruf werden wieder aufgenommen. Ansonsten kann eine Pflegebedürftigkeit sowohl Betroffene als auch Angehörige in die finanzielle Sackgasse führen.

Finanzielle Herausforderungen

Das Leben hört mit einer Pflegebedürftigkeit nicht auf. Der Unterhalt wird lediglich komplizierter und teurer. Besonders im Pflegefall ist finanzieller Spielraum gefragt, um die Lebensqualität zu erhalten oder sogar zu verbessern. Die meisten Pflegebedürftigen siechen nicht mit einem hohen Pflegegrad dahin, sondern wollen noch am Leben teilhaben. Bereiche wie Freizeitgestaltung, Mobilität oder Haus- und Kommunikationstechnik verändern sich, was ebenso wie für benötigte Pflegeausstattungen erhebliche Finanzbudgets erfordert. Gesetzliche Leistungen genügen dafür selten. Alleinstehende ohne häusliche Pflegeoption und finanzielle Mittel für eine ambulante 24/7-Pflege gelangen schnell an den Punkt, eine stationäre Pflege zu wählen und noch verbliebene Autonomie aufzugeben. Weiterhin unterschätzt bleibt die intensive physische und psychische Belastung für Pflegebedürftige und deren Angehörige. Krankheitsausfälle bis hin zum Burnout drohen und eine wirksame gesetzliche Hilfe ist hier nicht in Sicht.

Vielfältige Versicherungslösungen

Für Kunden ist die Wahl der passenden Pflegeabsicherung ohne Beratung kaum möglich. Dafür sind die Varianten zu vielschichtig. Jeder gesetzlich oder privat Krankenvollversicherte verfügt zunächst über eine Pflegepflichtversicherung, die eine Grundversorgung gewährleistet. Diese Versorgung reicht gewöhnlich nicht aus, um entstehende Pflegekosten zu tragen. Eine ausreichend bemessene private Pflegezusatzversorgung deckt den zusätzlichen finanziellen Bedarf. Dazu dienen Versorgungen über Pflege Bahr sowie über eine Pflegetagegeld-, Pflegekosten- oder Pflegerentenversicherung. Pflege Bahr ist eine staatlich geförderte Pflegetagegeldversicherung mit einem erleichterten Zugang für Vorerkrankte. Pflegetagegeldtarife mit herkömmlicher Risikoprüfung bieten gesunden Neukunden dementsprechend vorteilhaftere Konditionen. Das Tagegeld, welches abgestuft nach Pflegegraden gezahlt wird, ist nicht zweckgebunden wie bei einer Pflegekostenversicherung, die nachgewiesene ambulante und stationäre Pflegekosten erstattet. Eine lebenslange nach Pflegegraden abgestufte Rentenzahlung bietet ebenso ohne Zweckbindung die Pflegerentenversicherung. Die Varianten beinhalten je nach Kundenerfordernis verschiedene Vorteile sowie Risiken wie beispielsweise kommende Beitragsanpassungen. Zudem nehmen Personenversicherer z. B. in Berufsunfähigkeits-, Grundfähigkeitsoder Unfallversicherungen ebenfalls Pflegerisiken als erweiternde Assistance- oder Versicherungsleistungen in den Schutz mit auf. (gg)

Fazit

Die Versicherung finanzieller Folgen einer Pflegebedürftigkeit gilt in Beraterkreisen als ähnlich komplex wie die Vorsorge für die Rentenzeit, die Berufsunfähigkeitsabsicherung oder eine private Krankenvollversicherung. Kunden jeden Alters benötigen Pflegeschutz und eine dahingehende Versicherungsberatung. Mittlerweile ist das Thema Pflege, wie bereits zuvor die Altersversorgung, bei Privathaushalten und in Unternehmen angekommen. Betriebliche Krankenversicherer bieten beispielsweise erfolgreich Pflegemodule für Arbeitnehmer an. Die Pflegeversicherung schafft durch die Beratungsnähe zu anderen Personenversicherungen gute Möglichkeiten für mehr Neukundengeschäft sowie zur Bestandsverdichtung auch außerhalb der Pflegeschutzkonzepte.

This article is from: