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Gutes Geld für gute Beratung

Das Damoklesschwert Provisionsverbot schwebt noch. In der Versicherungsbranche brodeln die Emotionen wie bei den Häuslebauern zu Habecks Heizungsplänen. Das Provisionsverbot für Versicherungsvermittler scheint vom Tisch, auch dank der Lobbyarbeit der Vermittlerverbände. Abschlussprovisionen stehen seit Jahrzehnten auf den Politiker-Agenden. Mehrere Provisionsgrenzen, längerfristige Stornohaftungen, aber ebenso Offenlegungs- und Verrechnungspflichten für Honorare oder Kickbacks veränderten bereits die Vergütungslandschaft. Versicherungsmakler sehen eventuell in puncto Abschlussvergütung bald einer Interessenkollision entgegen. Fallen die erwarteten Renditen in der Lebensversicherung niedrig aus, geraten die vermeintlich hohen Vertragskosten mit in den Kundenfokus. Als Sachwalter stellen Makler die Kundeninteressen voran, was ggf. zu Informationspflichten über Abschluss- und anderen Kosten führt. Das wäre ein für alle Beteiligten sensibler Beratungsmoment.

Gehen die Babyboomer in den kommenden Jahren in Rente, sind etliche klassische Lebensversicherungen fällig. In Folge von Krisen und Niedrigzinsen reduzieren sich die Erträge auf das vertraglich garantierte Mindestmaß, den sogenannten rechnungsmäßigen Zinsen. Ursprüngliche Modellrechnungen, die vor Jahrzehnten Kapitalverdopplungen versprachen, basierten auf damals hohen außerrechnungsmäßigen Zinserträgen. Diese bewegen sich jetzt auf der Nulllinie. Für viele Betroffene, zu denen vermutlich ebenso Politiker und Verbraucherschützer zählen, stellen sich Fragen nach überhörten Warnhinweisen und zu hohen Kostenbelastungen. Entstehende Lücken rütteln an privaten Altersversorgungen, an den Immobilienfinanzierungen über Lebensversicherungen sowie an den betrieblichen Altersversorgungen mit kongruenter Rückdeckung via Lebensversicherung. Ohne Gegenlenkungen realisieren sich spürbare Vermögenseinbußen. Gehen die Differenzen in die Zig- und Hunderttausende, kommen die Rechtsbeistände der Immobilieneigner und Unternehmer fast zwangsläufig mit auf den Plan. Die Vertragskosten samt Provisionsfragen gelangen dabei mit ins Spiel.

Notwendige Vertragskosten

Ein generelles Provisionsverbot schüttet das Kind mit dem Bade aus. Die kundengerechte Beratung, Vertragsgestaltung, Bestandsbetreuung und Leistungsbearbeitung sind wertvoll, erzeugen Kosten und verdienen Entlohnung. Mittlerweile tragen die Lebensversicherten das Kapitalanlagerisiko der Versicherer über Fondsanlagen selbst. Finale Anlageerfolge sind ungewiss, so dass sich der Wachstumswettbewerb von den Ablaufsummen mehr auf die Absatzwege für Versicherer verlagert. Freie Vermittler nehmen häufig signifikante Positionen ein und Vergütungsangebote bis an Obergrenzen sind nicht überraschend. Am Ende der Finanzströme geht dieser Wettbewerb unterm Strich zu Lasten einer Kundenrendite. Der Dreisatz erscheint schlicht: Weniger Vertriebskosten führen zu mehr Kosten- gewinnen und erhöhen die Lebensversicherungsrenditen. Die öffentlichkeitswirksame Maximalforderung eines Provisionsverbots seitens der Politik verwundert bei solchen offensichtlichen Erwägungen kaum.

Wirtschaftliche Erfordernisse

Versicherer benötigen ein ertragreiches Wachstum für die Unternehmensstabilität zur dauerhaften Erfüllung erfolgter Versicherungszusagen. Kostensteigerungen durch Fachkräfteengpässe, wachsende Regulatorik, hohe Sicherheiten und technischen Fortschritt verkraften stabile Versicherer mit üppiger Solvenz besser. Ein zugkräftiger Vertrieb gehört dazu. Viele Kunden wünschen genügend Transparenz, um sich nach der Versicherungsberatung für einen kostenbewussten, solventen Risikoträger zu entscheiden. Danach sollten Jahresvertragsauskünfte mit Gegenüberstellung der Erträge und aufgeschlüsselten Abschluss-, Kapitalanlage-, Vertriebs- und Verwaltungskosten folgen. Eine Lebensversicherung mit erfreulichen Ergebnissen honorieren Kunden mit Mehrgeschäft und Weiterempfehlungen. Bei

Fazit

Misserfolgen können die Kunden und Berater aktiv gegensteuern. Die Kunden sind zufrieden, die Berater verdienen und die Versicherer wachsen.

Sensible Vertragstransparenz

Neben der externen Abschlussvergütung addieren sich interne Abschlussaufwendungen wie z. B. für Antragsarbeiten, Marketing, Tarifentwicklungen und Vertrieb zu den Abschlusskosten. Diese Kosten finanziert der Versicherer selbst oder mittels der Weitergabe von Geschäftsanteilen an Rückversicherer vor. Für diese Vorfinanzierung der Abschlusskosten kalkuliert der Versicherer Finanzierungszinsen in die Versicherungsbeiträge. Die internen Zinssätze dafür variieren und bewegen sich eher nahe eines Dispos als auf Sparbuchniveau. Als Bestandteil der Kalkulation zum Geschäftsgeheimnis deklariert erhalten Kunden vom Versicherer kaum Einblicke. Setzen sich allerdings Provisionsverbote durch, könnten bald alle Kostenstrukturen auf den Prüfstand gelangen. Dann stehen vermutlich solche Finanzierungen sowie die Bestandsvergütungen in allen Versicherungssparten ebenfalls im kritischen Fokus. (gg) finanzwelt: Frau Hardi, Sie sind von Hause aus Juristin, wie kamen Sie auf die Idee, sich mit einer Beratungsplattform für Immobilienverrentung selbstständig zu machen? finanzwelt: Sie gehören zu den wenigen Gründerinnen in Deutschland. Warum ist es Ihrer Meinung nach wichtig, sich dafür einzusetzen, dass mehr Frauen den Weg in die Selbstständigkeit gehen oder Führungspositionen anstreben? finanzwelt: Anfang März hat die BaFin in einer Stellungnahme den Immobilienteilverkauf unter dem Aspekt Verbraucherschutz sehr kritisch beurteilt. Welche Folgen hatte das für den Markt? Hardi» Für die Teilkaufgesellschaften dürfte seitdem die Refinanzierung ihres Produkts schwieriger geworden sein. finanzwelt: Wie bewerten Sie als Teilverkauf-Expertin die Kritik der BaFin und von Verbraucherschützern? Was ist ganz konkret dran an Aussagen wie: ‚Die Abläufe des Teilverkaufs vermitteln möglicherweise ein falsches Bild vom Verkaufswert bzw. erzielbarem Verkaufspreis für die Immobilie‘ oder ‚Ein Teilrückkauf ist so teuer, dass er regelmäßig kaum in Frage kommt‘?

Scheinbar helfen gegen eine Politik der Provisionsverbote und strenger Regulatorik nur mehr Transparenz und zufriedene Kunden. Was anstandslos läuft, bleibt gewöhnlich unverändert. Die Honorarberater unter den Vermittlern zeigen, dass man mit Kunden über Provisionen erfolgreich sprechen kann. Die interne Abschlusskostenfinanzierung der Versicherer ist legitim. Kunden sollten selbst entscheiden, ob sie das Finanzierungsmodell der Versicherer wünschen oder ob beispielsweise die Honorarlösung besser passt. Solche Transparenz wird unter Umständen den Wettbewerb erneut verlagern. Befürchtete ruinöse Tendenzen begrenzt die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, kurz BaFin, welche seit geraumer Zeit hohe Vertragskosten zur Lebensversicherung strenger unter die Lupe nimmt. Provisionsverbote, andere Kostengrenzen oder lediglich deren Androhung sind keine angenehmen Alternativen. Zum Verbot wird es eventuell noch lange hin sein. So denken viele Häuslebauer mit ihren Pellet-, Gas- oder Ölheizungen bislang ebenfalls.

Janine Hardi hat sich als eine der wenigen Gründerinnen Deutschlands mit RentePlusImmobilie selbstständig gemacht. Damit hat sich die Rechtsanwältin der Beratung zum Thema Immobilienverrentung verschrieben. Besonders der Teilverkauf boomt bereits seit einigen Jahren regelrecht. Durch eine kritische Stellungnahme der BaFin vor wenigen Wochen hat der Markt allerdings einen Dämpfer bekommen. Im Interview mit finanzwelt klärt die Expertin zur aktuellen Situation auf und erzählt, wie sie als Juristin ihren Weg in die Finanzbranche gefunden hat.

Janine Hardi» Ich beschäftige mich als Rechtsanwältin schon immer mit Immobilien in Sondersituationen. In Kombination mit meinem Mann, der Immobilienökonom ist, bringen wir alles mit, was man für gute Beratung in diesem Bereich wissen muss. Das Thema Altersfinanzierung reizt mich auch akademisch: Ich schreibe derzeit ein Buch zur Immobilienverrentung und bilde Berater für die IHK aus.

Hardi» Frauen sind nicht besser und machen grundsätzlich auch nichts besser als Männer. Sie entscheiden anders als Männer dies tun. Das gelingt Frauen meiner Erfahrung nach nur, wenn sie nicht durch althergebrachte Rollenverteilungen eingeschränkt werden. Deshalb ist es für den wirtschaftlichen Erfolg nicht nur wichtig, Frauen in Führungsrollen zu hieven. Wenn diese dort dann so tun als seien sie Männer, trägt das nichts zur Diversität bei. Frauen sollten dazu befähigt werden, das, was in diesen Rollen von ihnen abverlangt wird, so umsetzen zu können, dass sie eigene Entscheidungen treffen. Wenn dies gelingt, werden wir hierdurch nicht nur den Fachkräftemangel in Deutschland beheben, sondern auch als Gesamtwirtschaft und Gesellschaft massiv profitieren. Divers aufgestellte Teams sind Studien zufolge in aller Regel erfolgreicher.

Refinanzierende Banken unterstehen anders als Teilkaufanbieter der Aufsicht durch die BaFin. Wer in der Bankenwelt legt sich ohne Not mit der BaFin an?

Hardi» Ins Zentrum stellt die BaFin die unabhängige Beratung. Als Anbieter können Teilkaufgesellschaften aber nur über ihr Produkt informieren, aber nicht mit Blick auf andere Möglichkeiten beraten. Deshalb bedarf es unabhängiger Beratung. Das Bild vom ‚falschen Immobilienwert‘ kann nur durch kompetente immobilienspezifische Beratung entkräftet werden. Deshalb erstellen wir im Rahmen jeder Beratung eine DesktopImmobilienbewertung, die eine gute Basis ist. Zum Thema Rückankauf kann ich berichten, dass ein solcher von den wenigsten gewünscht wird. Der Kernaspekt bei allen Aspekten muss sein, dass der Teilverkäufer sich im Klaren darüber ist, worauf er sich einlässt. Im Nachgang zur Stellungnahme der BaFin hatte ich ein Gespräch mit vier BaFinVertreterinnen, die meine Experten-

» Refinanzierende Banken unterstehen anders als Teilkaufanbieter der Aufsicht durch die BaFin. Wer in der Bankenwelt legt sich ohne Not mit der BaFin an? « meinung zum Thema Teilverkauf wissen wollten. Das Gespräch verlief sehr positiv. Auch der regelmäßige Austausch mit den Verbraucherzentralen wird von mir gepflegt. Nur so wird die Altersfinanzierung transparenter. Um auch die Branche selbst zu vernetzen, habe ich im Herbst letzten Jahres einige ausgewählte Kooperationspartner von RentePlusImmobilie zusammengebracht und die Gründung eines Bundesverbands Immobilienverrentung initiiert. Das wird hoffentlich auch für mehr Transparenz sorgen. finanzwelt: Worauf müssen Kundinnen und Kunden beim Teilverkauf wirklich achten? finanzwelt: Vor welchen Herausforderungen steht der Immobilienteilverkauf in diesem Jahr noch?

Hardi» Bei RentePlusImmobilie beraten wir schon immer zu allen Möglichkeiten der Altersfinanzierung, auch dem Teilverkauf, wie folgt: 1. Unsere Kunden erhalten unseren kostenlosen Leitfaden Immobilienrente. 2. Entscheiden sie sich danach für eine Beratung, wird in einem Telefongespräch eine genaue Bedarfsanalyse anhand der individuellen Lebenssituation und der Immobilie erstellt. 3. Wird dies gewünscht, holen wir passende Angebote ein, die wir mit dem Kunden vergleichen. Danach begleiten wir die Kunden, bis eine finale Entscheidung gefällt wird. Um es kurz zu machen: Teilkaufkunden sollten sich von uns beraten lassen!

Hardi» Wir arbeiten derzeit an einem Produkt, das wir als ‚Beratung as a Service‘ Altersfinanzierern und dabei insbesondere den Teilkaufgesellschaften anbieten werden. Die Möglichkeit, die Maßgaben der BaFin von einem Externen wie RentePlusImmobilie auf Basis eines den deutschen Beraterstandards entsprechenden Protokolls erfüllen zu lassen, dürfte sowohl refinanzierende Banken beruhigen und auch den Druck von den Teilkaufgesellschaften nehmen. Transparenz und eine solide Refinanzierung sind die Hauptthemen der Branche, für die die Teilkaufgesellschaften kompetente Partner brauchen. (lb)

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