FURIOS 23 - Unter Druck

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14 wollten den Krankenwagen rufen. »In dem Moment habe ich realisiert, was es ausmacht, wenn dich jemand überholt. Das hatte einen mentalen Aspekt, vor allem dieser Druck auf den letzten Metern.« Überhaupt ist der Sportlerin mentaler Druck nicht fremd. »Irgendwann habe ich festgestellt, dass ich extrem gute Leistung im Training gebracht habe, das aber nicht ins Rennen übersetzen konnte«, sagt sie. Eine Lösung musste her. In der Sportpsychologie der Humboldt-Universität arbeitete Caterina bereits als studentische Hilfskraft, also entschloss sie sich, auch als Läuferin mit einer Sportpsychologin zusammenzuarbeiten. Die Therapie wirkte: Innerhalb kurzer Zeit bemerkte sie riesige Fortschritte. Sie lernte nicht nur neue Visualisierungs- und Entspannungstechniken kennen, sondern auch Persönlichkeitsübungen: »Da überlege ich: Was gibt es für Stimmen in meinem Kopf – die Zweifel, die Bewerterin, das Vertrauen.« Caterina ist sich sicher, dass die Therapie nicht nur ihre Leistung verbessert, sondern auch ihr Gemüt. Seitdem sei sie ein »glücklicherer Mensch.« Der mentale Wandel ist auch Jive nicht entgangen, »Cati« sei nun stabiler.

ihrem Bruder Maximilian jedenfalls Klarheit: »Sie ist immer die Chefin«. Langfristig gesehen könne sie sich eine eigene Familie mit Kindern gut vorstellen. Beruflich möchte sie »gar nicht in Richtung Sport gehen«, sondern in die Psychologie. Bis dahin hegt sie weiterhin große Ambitionen als Athletin. Ihr nächstes Ziel: Tokio, Olympia 2020.

Sie selbst nutzt mittlerweile einen kleinen Trick: »Wenn ich mir selber vornehme, heute nur 95 Prozent zu geben, laufe ich schneller«. Denn in dem Moment, in dem man die Leistung erbringen muss, sei es am besten, jeglichen Druck abzulassen. Wieder scheint der Erfolg ihr recht zu geben. Doch kann sie den überhaupt bewusst genießen? In Drucksituationen ist Caterina sehr fokussiert, blendet alles aus, so ihr Bruder. »Das ist dann ein professioneller Modus«. Manchmal erschwere der hr aber, Erfolge wahrzunehmen. Wie fühlt es sich für die Sportlerin an, zu gewinnen? Eine »krasse Reizüberflutung; Gefühlschaos, das wie eine Droge wirkt«. Ihr sei wichtig, für einen Moment innezuhalten und sich vor Augen zu führen, was sie schon erreicht hat. »Damals habe ich mir geschworen, wenn ich da angekommen bin, wo ich jetzt bin, dann werde ich zufrieden sein. Dann werde ich die Sportlerin sein, die happy ist, wie es gerade läuft.« Dennoch erwische sie sich dann immer wieder, dass sie nach noch Größerem strebe. »Grundzufriedenheit würde dazu führen, dass ich nicht mehr weitermachen kann.« Denn um weiterzumachen, brauche es immer das nächste, größere Ziel. Ein ausgewogenes Maß an Druck zu f inden sei jedoch schwierig. Sie kenne viele Sportler*innen, »die darunter leiden oder sich selber versklaven«. Caterina meistert den Balanceakt, auch mithilfe ihres familiären Umfeldes. Dort rücken auch mal andere Themen in den Fokus. »Dann merkt man immer: So wichtig ist das alles nicht.« Trotzdem muss sie an vielen Ecken verzichten. Sind ihre Freund*innen bis spät nachts unterwegs, steckt Cati früh am nächsten Morgen schon wieder in den Laufschuhen. Ihre Zukunftsziele verlangen ihr Verzicht, Disziplin und Kontrolle ab. In puncto Kontrolle herrscht laut

Annika Grosser rennt auch professionell. Meistens zur U3.

Elias Fischers Traum war es immer, Hochspringer zu werden - bis er feststellte, dass er talentierter im Fallen ist.


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