2 minute read

LOST PLACE

Das Alte Polizeipräsidium Frankfurt

Advertisement

Fotos: Ulrich Mattner

Endlose Gänge, eine labyrinthartige Struktur, Graffiti an den Wänden, zerschlagene Türen, leere Büroräume, ein Verhörraum und zwölf Gefängniszellen. Eine morbide Ästhetik des Zerfalls. Die Faszination und Mystik im Alten Polizeipräsidium in Frankfurt ist groß. Ein „Lost Place“, ein mysteriöser Ort, an dem die Zeit stehen geblieben ist und dem sich jetzt ein Buch mit selbigem Titel widmet.

Nächtelang durchtanzen, dafür stand das alte Polizeipräsidium für viele von uns. Der Club „Präsidium 19/11“ war angesagt wie kaum einer zu dieser Zeit. Acht Jahre lang, von 2002 bis 2010, waren dort Partys das vorherrschende Thema, die einen Teil des denkmalgeschützten Gebäudes mit Leben füllten. Bis auf den Club steht das Alte Polizeipräsidium leer, verfällt zusehends. 2018 wurde ein Investor für das Areal gefunden. Über 200 Millionen gingen an die bisherige Eignerin, die Stadt Frankfurt. Die Gerchgroup AG, eine Projektentwicklungsgesellschaft aus Düsseldorf, will in den kommenden Jahren das denkmalgeschützte Gebäude revitalisieren und (zum Glück) die vielen schönen Details erhalten. Der Rest des Areals soll abgerissen und neu geordnet werden, mit einem 175 Meter hohen Turm und einer umschließenden Bebauung entlang der Straße, es soll ein durchmischtes urbanes Quartier entstehen mit Wohnungen, Büros, einer Kita, Gastronomie und Einzelhandel. Der Baubeginn ist für 2022 geplant, die Fertigstellung für 2026. Das Hauptgebäude wurde erbaut, als Frankfurt zu Hessen-Nassau und somit zu Preußen gehörte, als die Polizisten noch Pickelhaube trugen und die Gebäude nicht funktional, sondern prunkvoll und repräsentativ waren. Zwischen 1914 und 2002 wurden an der Friedrich-Ebert-Anlage die Verbrechen der Stadt aufgeklärt. In den Anfangsjahren hieß der imposante Bau im neobarocken Stil „Neues königliches Polizeipräsidium am Hohenzollernhof“, heute befindet sich das Gebäude in der Friedrich- Ebert-Anlage, war schon Filmdrehort und ist ein beliebtes Fotomotiv. Besonders bei der Urban Exploration Szene, kurz Urbexer genannt. Beim Urbexing geht es darum, verlassene Gebiete und verlassene Gebäude, sogenannte Lost Places, zu erkunden und fotografisch zu dokumentieren. Wenn diese Räume reden könnten, würden sie uns von den berühmten Kriminalfällen der Stadt erzählen, dem Mord an der Edelprostituierten Rosemarie Nitribitt oder die Gefangennahme von Andreas Baader, der 1968 nach der Brandstiftung im Kaufhaus hier einsaß und später die Rote Armee Fraktion (RAF) gründete. Die Autoren Ulrich Mattner, Christian Setzepfandt, Andreas Gerlach und Fred Bauer, die dort bis zum Abriss Führungen anbieten, kennen die mystischen Geschichten dieses Orts und halten diese im Band „Lost Place – Das Alte Polizeipräsidium Frankfurt“ (Verlag Henrich Editionen) vor dem „Verlieren“ fest, bevor die Räume des Alten Polizeipräsidiums teilweise der Abrissbirne zum Opfer fallen. Zudem blickt man mit Ulrich Mattners Kamera hinter die Kulissen des historischen Gebäudes.

›› Lost Places – Das Alte Polizeipräsidium Frankfurt ›› 22 €, ISBN 978-3-96320-060-1, Verlag Henrich Editionen