Frizz Halle

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THEATER

FESTIVAL

N Text: Mathias Schulze; Bild: www.jonsch.net

N Text: Max Feller; Bild: www.wuk-theater.de

Angenehm trashig K Im Rahmen des Sommertheaterfestes „Pfänners Freiheit“ im WUK-Theater-Quartier (WUK) läuft die erste Episode von S.O.A.P., der Siebten Ostdeutschen All Patrouille, noch einmal unter freiem Himmel. Mathias Schulze hat die Premiere gesehen. Er meint: angenehm trashig, aber es blieben viele Fragen

Die Rahmung schürt Erwartungen, mit „Kapitalismus“ ist das dritte Spielzeit-Kapitel des WUK umschrieben. Der Regisseur Jonas Schütte spricht davon, dass in seiner neuen Produktion eine Mission im All unterwegs sei, um „den Sozialismus zu verbreiten.“ Und: Die Mitglieder der Mission seien „im Auftrag der DDR unterwegs“. Noch bevor man sich fragt, wer und was nun genau die DDR und der Sozialismus ist, klingt das Ganze erst einmal ambitioniert und spannend. Die Bühne hat den klug gebauten Charme einer Raumstation: Schaltkreise, Raumanzüge, sprechende (Menschen)Computer. Imposant ist der Opener, der die Beteiligten (Sonja Isemer, Jennifer Krannich, Florian Stauch und Frank Schilcher) in ihren Rollen vorstellt. Es lockt ein angenehm trashiger Eindruck. Über ein paar sexuelle Zoten („Deine Knöpfe würden mich rei-

Flotter Spaß: Die erste Episode der Ostdeutschen All Patrouille läuft am 3. August noch einmal im WUK-Theater-Quartier.

zen.“) und klamaukige Ansagen („Hier kommen die Deppen aus dem Osten.“) kann man hinwegsehen. Zu kreativ ist der Entwurf, zu neugierig ist man darauf, was sich abspielen wird. Funksprüche kommen, die Mauer ist gefallen. Fortan wird mit der möglichen Homosexualität eines Stasi-Crewmitgliedes geflunkert, der Captain (Jonas Schütte) hält eine beeindruckende Motivationsrede, die zur Verteidigung der Ideale auffordert und witzige Schabowski-Anspielungen folgen: „Das tritt nach meiner Kenntnis … ist das sofort, unverzüglich.“ Als Running Gag und Höhepunkt spielt man die unterbrechende Werbung gleich selbst: Drei nackte Männer tanzen mit Handtaschen vor dem Glied, Spielszenen für „Jacobi & Müller“, den „Kulturfalter“ und dem „Flodderman“ bringen das Publikum zum Lachen. Songs aus Filmklassikern („Pulp Fiction“, „Titanic“) runden den Spaß ab. Als man auf ein Westschiff trifft, erklärt jemand unter einer DavidHasselhoff-Maske, dass er die Mauer zum Einsturz brachte. Mit den Daten aus dem Westraumschiff kann man fortan schneller fliegen. Es gibt begeisterten Applaus und einen schönen Abspann, in dem man sich bei allen Beteiligten bedankt, selbst beim Pizza-Service. Und was ist jetzt eigentlich der Sozialismus? Wie bringt man ihn ins All? Was hat das alles mit der DDR und dem Kapitalismus zu tun? Fragen über Fragen. Entfaltet sich der substanzielle Kern dieses flotten Spaßes später? Schließlich war es nur die erste Episode, die zweite wird am 21. September, die dritte am 21. Dezember folgen. N S.O.A.P. – Siebte Ostdeutsche All Patrouille, 1. Episode, 3. August, Sommer-Theaterfest „Pfänners Freiheit“, WUK-Theaterquartiert, 20 Uhr, www.jonsch.net

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FRIZZ August 2018

Drei Frauen und viele Fragen: Das Theaterstück „Hexen“ eröffnet das Sommerfestival „Pfänners Freiheit“ im WUK-Theater-Quartier.

Shakespeare, Hexen, Könige K Lesungen, Theater, Kindervorstellungen und Kabarett. Figurentheater, Comedy und Filme. Und das ganze unter freiem Himmel. Wer beim Sommertheaterfest „Pfänners Freiheit“ nichts nach seinem Geschmack findet, kennt das Programmheft nicht. Rund um das WUK-Theater-Quartier WUK herrscht an 15 Spieltagen im August ein künstlerischer Ausnahmezustand

Was vereint jene Künstler, die auf mehreren Freiluftbühnen rund um das WUK ein ganz besonderes Festival anbieten? Allesamt, lokal wie international, tummeln sich in der Sparte der freien darstellenden Künste. Zwischen Saale und Gasometer finden unter der Gesamtleitung von Tom Wolter über 20 Vorstellungen statt. Eröffnet wird das bunte Treiben mit dem Theaterstück „Hexen“, dabei umspielen Ada Biljan, Lena Mühl und Nicole Tröger folgende Fragen: Wie wollen Frauen heute leben? Was ist Weiblichkeit für ein Führungsstil? In „Romeo vs. Julia“ nähert sich Jonas Schütte solistisch und humorvoll dem Shakespeare-Kosmos. „Ritter Rost“, der „Froschkönig“, „Sechse kommen durch die ganze Welt“, „Peterson und Findus – Aufruhr im Gemüsebeet“ und beispielsweise „Kasper räumt auf – Es geht um die Wurst“ laden junge Gäste und deren Anhang ein. Ganz besonders familienfreundlich wird es beim „Knalltheater“-

Gastspiel. Die Art des begnadeten Larsen Sechert ist in Mitteldeutschland einzigartig. Mit „Hans im Glück“ zeigt Sechert ein Stück, welches sich mitsamt eines großartigen Mimik- und Gestenspieles vielen bekannten Märchen nähert. Bei der Lesung „Frische Wortwaren“, moderiert von Juliane Blech und Christoph Minkenberg, präsentieren Autoren ihre neuen und unveröffentlichten Texte. Sowohl „Paare in Zeiten der Hysterie“ als auch „Esra“ von „Lehmann und Wenzel“ bieten faszinierendes Figurentheater. Auch gibt es Sommerkabarett von den Kiebitzensteinern, eine Lesung von „Tiere streicheln Menschen“ und zahlreiche Sommerkino-Filme vom Luchskino. Zusätzlich präsentiert das WUK zusammen mit dem Luchskino die „Globale in Halle“, eine Filmreihe, die die Schattenseiten der Globalisierung thematisiert. Dabei wird die weltweite Realität von Ausbeutung, Entrechtung und Umweltzerstörung gezeigt, auch die vielseitigen Strategien des Widerstands kommen nicht zu kurz. Kurzum: Das Sommertheaterfest „Pfänners Freiheit“ ist ein einmaliges Festival. Ein dickes Brett von denen, die die Welt bedeuten. Und das ist gut so. Vorhang auf! N Pfänners Freiheit, 1. bis 19. August, am WUK-Theater-Quartier, Holzplatz 7 a, alle Termine und Tickets online buchen: www.wuk-theater.de


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