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„Kein Kind wird rassistisch oder sexistisch geboren“ Über die Darmstädterinnen Theresa Reubold und Stephanie Späth und ihr Hörspiel ohne Diskriminierung INTERVIEW & FOTO: JULIUS TAMM
W Anti-Rassismus und -Sexismus sind in der Kindererziehung nicht wichtig? Falsch gedacht, sagen Theresa Reubold und Stephanie Späth. Die beiden Pädagoginnen legen großen Wert auf eine diskriminierungsfreie Erziehung von Kindern. In der Corona-Pandemie entwickelten sie deshalb die Hörspielreihe „Ari und Pit“ – ganz ohne Vorurteile.
FRIZZmag: Schauen wir ganz an den Anfang: Wie seid ihr auf die Idee von „Ari und Pit“ gekommen? Theresa Reubold: Angefangen hat das in dem Kindergarten, in dem wir arbeiten. Die Kinder haben häufig danach gefragt, ob ich ihnen Geschichten erzählen kann, und mir auch gleich die Zutaten dafür gegeben. Was gar nicht so einfach ist, wenn eine Riesenerdbeere, ein Stegosaurus und ein Surfbrett in der Geschichte vorkommen sollen. Ich habe dann immer improvisiert und über die Zeit ist diese Welt von Ari und Pit entstanden. Wir – die Kinder sowie ich – fanden die beiden Charaktere spannend und sind dann immer wieder bei den beiden gelandet.
Und wie kam es vom Geschichtenerzählen zum Hörspiel? 4
Theresa Reubold: Als dann die Corona-Pandemie kam, hatten Stephanie und ich die Aufgabe, den Kindern täglich eine kleine Post nach Hause zu schicken. Stephanie Späth: In der Kinderhaus-„Post für dich“ haben wir Kreativ- und Bewegungsangebote, Experimente und Rezepte in die täglichen E-Mails gepackt. Wir wollten den Kindern während der Schließung ein bisschen was von ihrem vertrauten Kindergartenalltag nach Hause schicken. Relativ schnell war klar, dass auch Ari und Pit dazugehören, weil die Kinder ihre Abenteuergeschichten lieben. Theresa Reubold: Durch die Rückmeldung von den Kindern und den Eltern ist dann das Hörspiel entstanden. In den täglichen Mails war es noch sehr provisorisch, da habe ich mir die Geschichte nicht vorher überlegt, sondern einfach drauflos erzählt. Nachdem dann die Rückmeldungen so positiv waren, haben wir uns entschlossen, ein Hörspiel daraus zu machen.
Wann habt ihr euch entschlossen, euch Anti-Diskriminierung auf die Fahne zu schreiben? Theresa Reubold: Wir arbeiten ja beide in einem Kindergarten und sehen, was für Spielmaterialien es für die Kinder gibt
– welche Bücher, welche Lieder, welche Reime. Wir haben als Pädagoginnen natürlich auch die Aufgabe, zu schauen, was die Kinder konsumieren. Es ist uns ein Anliegen, anti-rassistische und geschlechtergerechte Erziehung dort mit reinzubringen. Stephanie Späth: In der eigenen Familie versuchen wir, Anti-Diskriminierung zu leben. Theresa hat für uns Kolleginnen im Kindergarten einen Vortrag zum Thema gehalten, der mich noch mal mehr sensibilisiert hat.
Wieso ist es so wichtig, auch schon mit Kindern über Rassismus und Sexismus zu sprechen? Theresa Reubold: Kein Kind wird rassistisch oder sexistisch geboren. Sie erlernen aber die Strukturen und die Regeln des Systems. Deshalb ist es so wichtig, dort schon anzusetzen, und ihnen eben auch in den Medien, die sie konsumieren, Diversität anzubieten. So sollen sie sehen, dass es eben nicht nur das eine Familienbild gibt, mit dem weißen Vater, der weißen Mutter und den beiden weißen Kindern. Solche Rollenbilder sind problematisch für alle Kinder – für die Kinder, die von Rassismus betroffen sind, da sie so keine positiven Identifikationsfiguren haben, und für die Kinder, die nicht von FRIZZ MAG | #465 | DEZEMBER 2021