Texte

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Ähnlich wie Geheimakten werden die Stücke junger Autoren beim „Stückemarkt“ behandelt: Die Namen der Schreiber werden auf dem Cover

Showcase und Talentschmiede zugleich – für viele Teilnehmer geht es danach schnell nach oben und sie sind bald schon kein Geheimtipp mehr.

© Alessandro Della Bella

Theater, Top Secret... Text Martin Steinmetz  Translation P. 41

dann ihre Favoriten auswählen. Jedes Jahr ist der „Berliner Stückemarkt“

© Remo Eisner © Benjamin Krieg

© Sascha Kokot

© Kuba Bakowski

© H.U.Bauer

© Bettina Knoth

geschwärzt, bevor ihre Texte auf den Tischen der Jurymitglieder landen, die

„Unser Hauptanliegen ist, dass die Autoren nachhaltig gefördert und dass sie vor allem auch gespielt werden“, sagt Yvonne Büdenhölzer, Leiterin des Stückemarktes. Oft werden Autoren von Intendanten und Theatermachern im ganzen Land angeworben, auch von Bühnen in Österreich und der Schweiz. Nicht die Biografie der Autoren sei für die Jury entscheidend, sondern die Kraft ihrer Texte, sagen die Macher des Wettbewerbs, der seit 1978 fester Bestandteil des Berliner Theatertreffens ist. Dieses Jahr lassen renommierte Dramaturgen und Schauspieler fünf von 350 eingereichten Stücken in szenischen Lesungen vor dem Publikum lebendig werden. Wenn im Saal das Licht gedimmt wird und die Schauspieler mit der Lesung beginnen, geht es doch anders zu als im regulären Theater, sehr viel organischer und direkter. Denn das ist schließlich das Konzept. „Für uns ist das oft eine Mutfrage. Wenn ein Theater sagt, wir führen ein Stück auf, dann ist das meist ein langer Prozess. Beim Stückemarkt ist es so, dass wir das Stück gut finden und es deshalb auch in Szene setzen möchten“, sagt die 34-jährige Theatermacherin. Als nächstes wird nach Regisseuren und Schauspielern Ausschau gehalten, die involviert werden könnten. „Wir bauen uns sozusagen ausgehend vom Stück das Szenario drum herum“, sagt die Leiterin. Ein Sprungbrett, das oft die Welt bedeutet. Das Konzept scheint zu fruchten, denn immer länger wird die Liste derer, für die der Stückemarkt ein Sprungbrett in die Theaterkarriere ist. Manche Autoren werden nicht nur gespielt, sondern auch als Hausautoren an renommierten Bühnen engagiert, wie etwa Phillip Löhle, der 2007 mit Gospodin beim Stückemarkt dabei war und nun fest für das Maxim Gorki Theater arbeitet. Andere Erfolgsgeschichten sind unter anderem die von Anja Hilling und Oliver Kluck, die seit einiger Zeit die junge deutsche Theaterlandschaft mitgestalten. Es ist eine sehr bunte Mischung aus Stücken, die dieses Jahr in den Lesungen präsentiert werden – die Bühnenstücke sind formal, ästhetisch aber auch inhaltlich sehr unterschiedlich. Dimitrij Gawrisch aus Kiew erzählt in Brachland beispielsweise vom Schicksal zweier junger Männer, die aus einem osteuropäischen Land nach Deutschland kommen,

hier illegal leben und versuchen, Arbeit zu finden. Es ist ein Konfliktstück mit gesellschaftlicher Relevanz. In foreign angst beschreibt Konradin Kunze eine Art Psychothriller im Kopf der Hauptfigur, die in ein Kriegsgebiet reist. Viele seiner Erfahrungen hält der Protagonist mit seiner Videokamera fest. Spannend ist das Stück vor allem, weil im Verlauf der Geschichte unklar bleibt, ob das Beschriebene Realität oder Hirngespinst ist. Eine Familie, die daran zerbricht, dass ihre Mitglieder sich nicht gegenseitig helfen, aber eigentlich aufeinander angewiesen sind, ist außerdem Thema. Die Geschichte nimmt Mario Salazar als Gerüst für sein Stück Alles Gold was glänzt, bei dem der Leser oft nicht weiß, ob er lachen oder weinen soll. Der 30-jährige Salazar wuchs in Prenzlauer Berg auf, lebte in Frankreich und Argentinien. Zur Spielzeit 2008/2009 arbeitete er als Hospitant bei der Aufführung von Rummelplatz am Gorki-Theater, inszeniert von Armin Petras. Zu dem Zeitpunkt wurde er richtig von der Theaterwelt gepackt, sagt er mit breitem Grinsen. „Das Schöne am Theater und das Schöne am Stückemarkt ist, dass man den Text sehen darf“, sagt Salazar. „Wenn der Text im Buch und ganz für sich bleibt, hat das natürlich auch seinen Reiz, weil man seine eigenen Gedanken dazu entwickelt. Trotzdem finde ich es immer wieder spannend, wenn man die Bilder aus seinem Kopf in Bewegung bringen kann.“ So 08. Mai, 19:30 Uhr, BRACHLAND von Dmitrij Gawrisch, 9 Euro, Szenische Einrichtung Stephan Kimmig, Mi 11. Mai, 18:30 Uhr, FOREIGN ANGST von Konradin Kunze , 9 Euro, Szenische Einrichtung Friederike Heller, Do 19. Mai, 21:00 Uhr, ALLES GOLD WAS GLÄNZT von Mario Salazar, 9 Euro, Szenische Einrichtung Florian Fiedler. Weitere Informationen zum gesamten Spielplan des Stückemarkts sowie zum Programm des Theatertreffens mit Public Viewings unter www.theatertreffen-berlin.de oder unter 030 – 25 48 91 00.


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