Porträts von Filmen Winfried Pauleit
Jeder Spielfilm wird begleitet von zusätzlichen Fotografien: Standfotos
versuchen wollte, so muss man so vorgehen wie Thomas Kutschker.
oder Filmstandbildern. Sie werden von den Verleihern zusammen mit
Kutschker stellt seine Fotokamera vor eine Kinoleinwand in eine lau-
den Filmen in Umlauf gebracht und hängen in den Schaukästen der
fende Filmvorführung, vor einen laufenden Fernseher oder vor einen
Kinos oder werden in Filmzeitschriften reproduziert. Sinn und Zweck
Computerscreen, auf dem gerade Filme aus einer Videodatenbank
dieser zusätzlichen Bilder ist die Werbung für den Film und die Ankün-
abgerufen werden. Um das genuin Filmische einzufangen, lässt er die
digung der Vorführungen im Kino, TV oder anderswo. Geworben wird
Blende der Fotokamera lange geöffnet, sodass tatsächlich ein ganzer
heute aber auch mit Plakaten, Trailern, Anzeigen und Kritiken. Die
Spielfilm, der Teil einer TV-Serie oder ein kurzer Film aus dem Internet
fotografische Werbung mit Filmstandbildern hatte allerdings lange Zeit
fotografiert werden. Was dabei entsteht müsste man tatsächlich als film
eine Besonderheit – ein Alleinstellungsmerkmal –, weil sie zumindest
stills, tv stills oder web stills bezeichnen, auch wenn diese Fotografien
den Eindruck erweckte, schon vorab ein echtes, authentisches Stück des
unsere Erwartungen zumindest auf den ersten Blick enttäuschen. Zu
Films zeigen zu können – so, wie die Auslage beim Fleischer Wurst und
sehen sind keine identifizierbaren Schauspieler oder andere Personen,
Fleisch im Anschnitt zeigt. Die Fotografie war für den Film ein wichtiges
die uns an konkrete Filme, Figuren oder Filmhandlungen erinnern. Es
Beweismittel, ein Mittel zur Selbstvergewisserung, weil sie dieses Zeigen
erscheint etwas vollkommen anderes, das man das „Porträt“ eines Films
unabhängig von den Orten des bewegten Bildes übernehmen konnte.
nennen könnte.
Mit der Einführung von Fernsehen, Video, Personal Computer, Handy, I-pod hat sich diese Besonderheit relativiert. Film kann nun auch jenseits des Kinos als bewegtes Bild gezeigt werden. Nimmt man es genau, so verweisen Filmstandbilder jedoch nicht auf den Film als Werk, jedenfalls nicht im fotografischen Sinne einer Spur, sondern auf einen Moment am Filmset. Die klassischen Filmstandbilder werden nämlich von einem Standfotografen am Set aufgenommen. Sie entstehen zu einem Zeitpunkt, an dem der Film noch gar nicht geschnitten und fertig gestellt ist. Ein Filmstandbild im strengen Sinne müsste jedoch den Film selbst zu seinem Gegenstand nehmen und versuchen diesen zu fotografieren. Versucht man ein „echtes“ Filmstandbild zu schießen, so gehen genau jene Momente des Films verloren, die ihn auszeichnen: Zeitlichkeit, Bewegung, Montage. Wenn man es dennoch
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