Oper Pur 01

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Hinterbühne   APPLAUS

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hinterbühne

Tatze, Stiefel oder Lackschuh text Felix Mauser, Till Schröder foto Matthias Baus

Bretter, die die Welt bedeuten – doch wer zimmert, putzt und bewegt sie eigentlich? Ein Besuch hinter den Kulissen.

› Schuhmachermeisterin Sonja Storz bei der Arbeit

»Einmal Bärentatzen und Kreuzritterstiefel in Größe 43 bitte.« Welcher Schuster träumt nicht von solchen Aufträgen. »Der Mann auf der Straße verlangt nach so etwas ja eher selten«, sagt Sonja Storz amüsiert. Nach kreativ eher unterfordernden Jahren in der Wirtschaft ist Schuhmachermeisterin Storz einfach nur glücklich in ihrem siebten Stock der Oper Köln. Es riecht nach Leder, Leim und Gummisohlen. Doch wer an Schusterromantik im Kellerloch denkt, wird vom atemberaubenden Blick über die Innenstadt eines besseren belehrt. Wer bliebe hier nicht gern bei seinen Leisten. Schuster hin oder her. Auch wenn

Storz und ihre Kollegin Daniela Ehrich (Eigenbeschreibung: klassische Studienabbrecherin, orthopädische Schuhmacherin) kaum noch dazu kommen, Schuhe im eigentlichen Sinn »zu machen«, fehlt es ihnen nicht an Herausforderungen. Vom Entwurf des Kostümbildners bis zur Premiere steckt etwa ein halbes Jahr Arbeit in jedem Schuh. Anhand von Figurinen, detailliert gezeichneten Kostümbildern der Rollen, gestalten sie um, was die Requisite hergibt, bespannen Leder mit farbiger Seide oder verändern Sohlen. Ob nun Tatze, Stiefel oder Lackschuh. Im siebten Stock kriegen sie alles hin. Garantiert blasenfrei.


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