Klischee

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CONTENT

REALITY SHANIA TWAIN + + + + + + + + + +

Einf端hrung (5) Musik (9) Texte (12) Grafik (16) Fotografie (22) Mode (24) Medien (26) Fans (30) Zusammenfassung (34) Vergleichbare Marke (37)

FICTION JOHNNY WAYNE + + + + + + +

Einf端hrung (38) Musik (48) Texte (49) Grafik (50) Fotografie (57) Mode (60) Medien (62)


REALITY M.I.A. + + + + + + + + + +

Einf端hrung (64) Musik (69) Texte (72) Grafik (76) Fotografie (81) Mode (84) Medien (87) Fans (89) Zusammenfassung (91) Neues Produkt (93)

FICTION NORD* OST + + + + + + +

Einf端hrung (94) Musik (100) Texte (102) Grafik (104) Fotografie (114) Mode (124) Medien (126)

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SHANIA TWAIN / REALITY / EINFÜHRUNG


SHANIA TWAIN DIE SYMPATHISCHE POWERFRAU “I don‘t have to worry about what people are thinking and what‘s going on in the industry. I don‘t want that stuff to influence what I‘m doing. Because I think it stifles you creatively. I don‘t want to have to care too much about that. All I care about is what the fans think. It‘s really all I care about, honestly.”

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EINFÜHRUNG EINE KANADIERIN LEBT DEN AMERIKANISCHEN TRAUM

SHANIA TWAIN / REALITY / EINFÜHRUNG

Intro Zur ersten Analyse wählten wir die Country-Pop Sängerin Shania Twain. Die Sängerin polarisiert mit eindringlichen Liedern und fraglichen Outfits. Trotzdem, oder gerade deshalb, hat sich eine weltweite Fangemeinde um Shania Twain versammelt und die Sängerin konnte zahlreiche Charterfolge verbuchen. In unserer Analyse suchen wir nach den Gründen und Bausteinen ihres Erfolges. Dafür wurde unsere Untersuchung in mehrere Kapitel unterteilt. Bestimmte Merkmale und scheinbare Erfolgsrezepte konnten in den Bereichen Musik, Text, Grafik, Fotografie und Medien festgestellt werden und werden in diesem Kapitel aufgeführt. Außerdem erfolgte eine Untersuchung der Zielgruppe, die sich vor allem in der weißen Mittelschicht Amerikas finden lässt und ebenfalls Gründe für das Prinzip Shania Twain offen legen.


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Biografie Grammy Award für das beste Country Album, Billboard Honors für das beste Country Album 1996, Auszeichnungen der „Academy of Country Music“, den „Native Canadian Country Music Awards“ für das beste Album des Jahres und so weiter und so fort. Die Liste der Auszeichnungen für Shania Twain ist lang. Jedoch hat sie sich ihren Erfolg hart erarbeitet und somit klingt ihre Geschichte ein wenig wie der immer wieder beschworene American Dream. Eilleen Regina Edwards kommt am 28. August 1965 als zweites von drei Kindern in Windsor (Kanada) zur Welt. Nachdem sich ihre Eltern scheiden lassen als Eilleen zwei Jahre alt ist, zieht sie mit ihrer Mutter Sharon und ihren Geschwistern Carrie-Ann und Jill in ein kleines Goldgräberdorf (Timmins) 500 Meilen nördlich von Toronto. 1971 heiratet ihre Mutter Jerry Twain, einen Förster und Goldgräber vom Stamme der Ojibwa Indianer. Eilleen fühlt sich sehr stark zu ihrem Stiefvater und seiner Herkunft hingezogen und wird sogar Stammesmitglied. Viel Geld haben die Twains nicht, und wenn die Mutter gerade keinen Job hat, dann leben sie Nahe der Armutsgrenze. Das Wichtigste in Eilleens Kindheit ist jedoch die Musik. Oft zieht sie sich mit ihrer Gitarre zurück und trällert Hits aus dem Radio oder unternimmrt erste Versuche beim Komponieren von Musikstücken. Auf Drängen ihrer Eltern sammelt sie bereits im Alter von acht Jahren erste Bühnenerfahrung in lokalen Bars, Kneipen und auf Festivals. Während der High School singt Eilleen als

Frontfrau in einer Band namens The Longshot. Nebenbei jobbt sie bei McDoof. Nach der High School verlässt die damals 21-jährige Kanadierin die Band und zieht nach Toronto, wo sie tagsüber als Sekretärin arbeitet und abends in Clubs auf der Bühne steht. Ihre Karrierebemühungen enden abrupt, als ihre Eltern bei einem schrecklichen Autounfall ums Leben kommen. Geschockt kehrt Eilleen zurück nach Timmins und kümmert sich fortan um ihre jüngeren Geschwister. Nachdem sie sich in ihre Rolle der Ersatzmutter einarbeitet und ihre Geschwister größer werden, verschafft ihr Mary Baily, eine Freundin ihrer verstorbenen Mutter, eine Rolle in Andrew Lloyd Webbers Musical Gershwin im Ontario Deerhurst Resort. Baily, von nun an ihre Managerin, bittet den Anwalt Frank, einen Auftritt Eilleens zu begutachten. Dieser ist derart von ihrer Darbietung begeistert, dass er Nashville Produzent Norro Wilson kontaktiert, der daraufhin mit Eilleen in Nashville an einem Demoband arbeitet. Angeblich inspiriert von einer Garderobendame und aus Stolz über ihren Stiefvater, nimmt Eilleen den Indianernamen Shania an, was so viel bedeutet wie „Ich bin auf meinem Weg“. Und es sollte ein goldener Weg werden, den sie von nun an beschreitet. 1993 veröffentlicht Shania Twain ihr gleichnamiges Debut-Album, das immerhin 100.000 Mal über die Ladentheke wandert. Steil bergauf geht es mit ihrer Karriere nach einem Treffen mit Produzent Robert John (Mutt) Lange, der bereits mit Rockgrößen wie AC/DC („Highway to Hell)“, Def Leppard (u.a. „Pyromania“, „Hysteria“), Bryan Adams („Waking Up The Neighbours“) oder Foreigner sehr erfolgreich zusammen arbeitet. Aus


SHANIA TWAIN / REALITY / MUSIK

Arbeit wird Liebe und neun Monate nach ihrem ersten Treffen heiratet Shania ihren Produzenten. 1995 folgt ihr zweites Album „The Woman In Me“. Nicht weniger als acht Hit Singles sind auf diesem Werk zu finden, was sie insgesamt mehr als 100 Wochen in den Charts hält. Spätestens jetzt ist sie der neue Star am Country Himmel. Doch zum eigentlichen Superstar avanciert die hübsche Kanadierin erst 1997 mit „Come On Over“. Es ist das erfolgreichste Country Album aller Zeiten und ihre erste Tour im darauf folgenden Jahr ist ein atemberaubender Erfolg, der sie jedoch nicht vom Boden abheben lässt. Trotz ständiger Trennungsgerüchte leben Shania und ihr Mann Robert zusammen auf einem Landgut in Tour-de-Peliz (Schweiz). Dort arbeiten beide an einem Studio-Album, das noch 2002 erscheint. „Up!“, so der richtungsweisende Titel, schickt sie auch in Deutschland endgültig ganz nach oben in die Riege der Topstars. Die anschließende Tour durch die größten hiesigen Hallen ist restlos ausverkauft. Fans und Sängerin sind gleichermaßen aus dem Häuschen, und das ist eine Begeisterung, die lange nicht abkühlt, wie die große Nachfrage nach der 2004 erscheinenden Best Of beweist. 2005 veröffentlicht Shania Twain die DVD „Shania Twain - Up! Close and Personal“, ein Jahr später folgt ihr Album „Wild + Wicked“.


MUSIK PLAYLIST FÜR CHEERLEADER UND TRUCKER Genre Shania Twains Musik lässt sich am besten mit Country Pop beschreiben. Die Wurzeln dieses Genres liegen im ländlich geprägten Schlager und der Pop Musik ab den 70er Jahren. Den Erfolg dieser Musik leitete in den 90er Jahren Garth Brooks ein, welcher anschließend von Shania Twain übertroffen wurde. Die Countrymusik ist zwar in ganz USA zu finden, doch bilden der Südosten und der mittlere Westen des Landes die Hochburgen dieser Musik. Von Cowboyromantik und ländlicher Idylle geprägt handeln die Lieder von starken Männern, treuen Frauen und ihren Pferden. Die Musik ist in ihren Akkorden und Texten sehr einfach und trifft damit genau den Geschmack der Landbevölkerung. Countrymusik befasst sich nicht mit politischen oder religiösen Themen sondern ausschließlich mit den naheliegenden Dingen des Alltags. Die Arbeit auf der Farm, die Liebe zu einer Frau oder die Verbundenheit mit der Natur sind einige typische Themen. Shania Twain durchbrach mit ihren schrillen Outfits und ihrem starken Auftreten die staubigen Regeln der Countrymusik. Durch ihre Verwendung von Rock und Pop Elementen brachte sie die Countrymusik auch in den Mainstream der Großstädte Amerikas. Mit dem Image der starken, selbstbewussten Frau sang sie sich in die Herzen der aufgeklärteren Bevölkerung in den Ballungszentren der USA. Stieß Shania mit ihrem Auftreten in der Countryszene auf Grund der Kommerzialisierung und ihrer emanzipierten Erscheinung zunächst auf Ablehnung so wird sie inzwischen von allen Lagern akzeptiert. Durch die Auflockerung der regionalen und inhaltlichen Grenzen der Countrymusik konnte Shania Twain auch im Ausland große Erfolge feiern. Der Countrypop hat in den amerikanischen Billboard-Charts mittlerweile einen festen Platz und Künstler wie Faith Hill, Carrie Underwood, Kenny Rogers oder Miley Cyrus verkaufen mehrere Millionen Alben welt weit.

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SHANIA TWAIN / REALITY / MUSIK

Alben Twains erstes Album Shania Twain erschien 1993 und verkaufte sich in den USA eine Million Mal. Von ihrem im Jahre 1995 folgenden Album The Woman in Me verkaufte sie dort mehr als 12 Millionen Exemplare. Jahr

Album

Beste Chartpositionierung

1993 1993 1995 1997 1998 2001 2002 2002 2003 2004 2005 2005

Triple Play Sampler Shania Twain The Woman In Me Come On Over VH-1 Divas Live The Complete Limelight Sessions Up! Up! (Country Mixes) Up! Live In Chicago Greatest Hits Up! Close & Personal Music From And Inspired By Desperate Housewives

72 Deutschland, 9 Großbritannien, 5 Vereinigte Staaten 8 Deutschland, 1 Großbritannien, 2 Vereinigte Staaten 39 Deutschland 23 Vereinigte Staaten 1 Deutschland, 4 Großbritannien, 1 Vereinigte Staaten 190 Vereinigte Staaten 61 Deutschland 3 Deutschland, 6 Großbritannien, 2 Vereinigte Staaten 98 Deutschland


“All I ever intended was to make a living at what I do. Everything I‘ve achieved since then is above and beyond.” Singles In ihrer Karriere veröffentlichte Shania Twain über 20 verschiedene Singles. Besonders um die Jahrtausendwende konnte sie mit zahlreichen Popsongs weltweite Erfolge in den Charts verbuchen.

Jahr

Single

Beste Chartpositionierung

1993 1993 1995 1995 1995 1996 1996 1996 1996 1997 1997 1997 1998 1998 1998 1998 1999 1999 1999 1999 2000 2000 2002 2003 2003 2003 2003 2003 2004 2004 2004 2005 2005 2005

„What Made You Say That“ „Dance With The One That Brought You“ „Whose Bed Have Your Boots Been Under“ „Any Man Of Mine“ „The Woman In Me (Needs The Man In You)“ „(If You‘re Not In It For Love) I‘m Outta Here!“ „You Win My Love“ „No One Needs To Know“ „Home Ain‘t Where His Heart Is (Anymore)“ „God Bless The Child“ „Love Gets Me Every Time“ „Don‘t Be Stupid (You Know I Love You)“ „You‘re Still The One“ „From This Moment On“ „When“ „Honey, I‘m Home“ „That Don‘t Impress Me Much“ „Man! I Feel Like A Woman!“ „You‘ve Got A Way“ „Come On Over“ „Rock This Country!“ „I‘m Holdin On To Love (To Save My Life)“ „I‘m Gonna Getcha Good!“ „Up!“ „Ka-Ching!“ „Forever And For Always“ „Thank You Baby!“ „When You Kiss Me“ „She‘s Not Just A Pretty Face“ „It Only Hurts When I‘m Breathing“ „Party For Two“ (Duett mit Mark McGrath) „Don‘t!“ „I Ain‘t No Quitter“ „Shoes“

72 Deutschland, 9 Großbritannien, 5 Vereinigte Staaten 8 Deutschland, 1 Großbritannien, 2 Vereinigte Staaten 39 Deutschland 23 Vereinigte Staaten 1 Deutschland, 4 Großbritannien, 1 Vereinigte Staaten 190 Vereinigte Staaten 61 Deutschland 3 Deutschland, 6 Großbritannien, 2 Vereinigte Staaten 98 Deutschland 5 Großbritannien, 40 Vereinigte Staaten 68 Deutschland, 10 Großbritannien, 2 Vereinigte Staaten 5 Großbritannien, 4 Vereinigte Staaten 18 Großbritannien 8 Deutschland, 3 Großbritannien, 7 Vereinigte Staaten 33 Deutschland, 10 Großbritannien, 2 Vereinigte Staaten 49 Vereinigte Staaten 58 Vereinigte Staaten 102 Vereinigte Staaten 15 Deutschland, 4 Großbritannien, 34 Vereinigte Staaten 42 Deutschland, 31 Großbritannien, 63 Vereinigte Staaten 3 Deutschland, 8 Großbritannien 9 Deutschland, 10 Großbritannien, 2 Vereinigte Staaten 20 Deutschland, 11 Großbritannien 30 Deutschland, 21 Großbritannien 56 Vereinigte Staaten 71 Vereinigte Staaten 7 Deutschland, 10 Großbritannien, 58 Vereinigte Staaten 58 Deutschland, 30 Großbritannien, 122 Vereinigte Staaten -

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SHANIA TWAIN / REALITY / TEXTE

TEXTE MITSINGEN ERWÜNSCHT


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Lieber ein guter Popsong, als 20 schlechte Country-Lieder. Schaut man sich die Texte von Shania Twain ein wenig genauer an, stellt man fest, dass sie besonders massentauglich sind. Sie funktionieren ein wenig wie Shania Twain als Person selber. Dabei spielen Zurückhaltung, Massentauglichkeint, Konventionalität, Kontrolliertheit und Selbstbewusstsein eine große Rolle. Wie die meisten Vertreter der Popmusik besingt auch Shania Twain im häufigsten in ihren Liedern die Liebe. Ihre Texte handeln von verflossener Liebe, schnulzigen Liebeserklärungen und romantischen Erlebnissen zu zweit. Jedoch wird Shania ihrem Image der Powerfrau auch in ihren Texten gerecht. In Songs wie „Dance With The One That Brought You“ oder „That don‘t impress me much“ gibt Shania den Ton an und lässt die Männer nach ihrer Nase tanzen. Mit einfachen Parolen lädt sie ihre Fans zum Mitsingen ein und sorgt in Verbindung mit der leichtgängigen Musik für den ein oder anderen Ohrwurm.

Shania richtet sich an ein bürgerliches, einfaches, weißes Publikum Amerikas. Demnach haben politische oder gesellschaftskritische Themen in ihren Liedern keine Chance. Ihre Lieder versprechen viel mehr eine schöne, sorgenfreie Zeit und versüßen den Alltag des Amerikanischen Mittelstands. Ihre Texte vermitteln die klassischen Werte von Anstand und Moral. Die, in ländlichen Regionen Amerikas so wichtige Kirche lässt Shania Twain meistens außen vor. Dennoch bleibt auch ihr Glaube an Gott in einigen Texten wie „God bless the Child“ nicht verborgen. Um dem prüden Amerika und dem Massenmarkt für Jung und Alt zu entsprechen, sind Schimpfwörter oder raue Ausdrucksweise absolut tabu. Ihre Texte hingegen bedienen sich lieber dem altbewerten Prinzip der Popmusik. Kurze, schnörkellose Strophen, gefolgt von einer sich häufig wiederholenden Bridge die auf einen leichtgängigen, simplen Refrain zu steuert. Viele Wiederholungen erleichtern das Verständnis der Texte und laden zum Mitsingen ein.


SHANIA TWAIN / REALITY / TEXTE

Auszug aus Shania Twain‘s ALbum „Come On Over“ aus dem Jahr 1997

Oh Oh Oh go totaly crazy forget I‘m a lady – Men shirt short skirts oh oh oh oh – Really go wild yeah doing it in style – Oh Oh Oh Get in the action feel the attraction – Color my hair do what I dare Oh Oh Oh – I wanna be free yeah feel the way I feel MAN I feel like a woman The girls need a break tonight Im gonna take a chance to get out on the town - We don‘t need romance, we only wanna dance - we‘re gonna let our hair hang down


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SHANIA TWAIN / REALITY / GRAFIK

GRAFIK DER NAME IST PROGRAMM Der Name Shania Twain funktioniert als eigenst채ndige Marke.

Das Startbild der Webseite auf der das offizielle Parfum von Shania Twain verkauft wird.


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Für ein erfolgreiches Erscheinungsbild von Shania Twain sind Grafiken und Logos eher zweitrangig. Shania Twain hat sich viel mehr durch ihre äußerliche Erscheinung eine Marke aufgebaut. Das Prinzip Shania Twain basiert auf ihrer Schönheit, ihren figurbetonten, extravaganten Kleidern und ihrem energetischen Auftreten. Im Gegensatz zu gesichtslosen Firmen brauchen Musiker in den meisten Fällen keine eindringlichen Logos. Ihr Name alleine ist schon untrennlich mit ihrem Gesicht verbunden. Dennoch versuchen die Grafiker ihrer Plattenfirma, ein bestimmtes Image über Logos und Grafiken zu transportieren. Die Logos zeigen ein breites Spektrum von persönlich wirkenden Handschriften bis hin zu hochwertig anmutenden Wortmarken aus dünnen serifenlosen Schriften. Zusammen mit einer weichen Farbwelt aus Pastelltönen oder großflächigen warmen Farben entsteht ein Erscheinungsbild, was nur wenig Wiedererkennungswert besitzt und besonders gegenüber der Person Shania Twain in den Hintergrund rückt.


SHANIA TWAIN / REALITY / GRAFIK

Diverse Logovarianten von verschiedensten Musik CD‘s und DVD‘s


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Logo Die Logos von Shania Twain zeigen keine klare Linie. Von persönlich wirkenden Handschriften über Serifenschrift bis hin zu serifenlosen Wortmarken ist alles zu finden. Lediglich eine durchgehende Wahl von dünnen Schriftschnitten bildet eine Einheit. Die Logos bewegen sich stehts in einem Wechselspiel zwischen Kitsch und Klasse,

wobei aber keines der beiden Extreme jemals erreicht wird. Ihr ungewöhnlicher Namen ist bereits so einzigartig, dass auf ein markantes Logo verzichtet werden kann. Der Name Shania Twain wird in den meisten Anwendungen durch ein Foto der Künstlerin dominiert.


SHANIA TWAIN / REALITY / GRAFIK

1. Verschiedene CD-Cover der Alben von Shania Twain

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2. Cover der „Specials“ und der „Up - Live in Chicago“ DVD

Cover In der fast zwanzig jährigen Ära von Alben, Singles und DVDs stand ein Merkmal immer im Vordergrund: Shania Twains Gesicht. Shania entspricht mit ihren hohen Wangenknochen, strahlend weißen Zähnen und langem braunen Haaren dem amerikanischen Schönheitsideal. Demzufolge hat ihr Aussehen einen nicht unwichtigen Teil ihrer Karriere ausgemacht. Deshalb war es immer besonders wichtig, ihr Counterfeit auf ihren Produkten zu zeigen. Auch verzichten die Cover in den meisten Fällen auf mögliche Interpretations-

punkte. Die Bilder sind vor neutralen Hintergründen platziert, damit nichts von der Protagonistin ablenken kann. Eine rein grafische Lösung ohne die Abbildung Shania Twains ist absolut undenkbar. Ihn freundlichen, sinnlichen oder energetischen Posen strahlt Shania von ihren Covern aus dem Regal der Kaufhäuser. Der Konsument erkennt das Gesicht und greift zu.


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SHANIA TWAIN / REALITY / FOTOGRAFIE

FOTOGRAFIE HOCHGLANZ OHNE RISIKEN

Bildwelt Die Fotografie hat für Shania Twains Marketing einen sehr hohen Stellenwert. Mit ihrem Körper und Gesicht lassen sich noch einige Platten mehr verkaufen. Deshalb wird auf eine ästhetische Darstellung hoher Wert gelegt. Dabei entspricht die Ästhetik allerdings den gängigen Ansprüchen der Werbeindustrie. Artifiziell interessante Fotografien sind bei Shania kaum zu finden. Die Bilder sind immer weich und einheitlich ausgeleuchtet. Auch die Wahl des Bildauschnitts ist sehr konservativ. Shania steht bei den Fotos immer

im Mittelpunkt. Der Hintergrund verschwindet entweder in der Unschärfe oder ist gleich ganz durch eine Tapete im Fotostudio ersetzt. Nichts soll von der Sängerin ablenken. Ihre Posen sind meist sinnlich und entspannt. Für die makellose Schönheit wird deutlich am Computer nachgeholfen. Somit entsteht eine Bildwelt ohne Ecken und Kanten. Ob hier für Kosmetik, Kleidung oder einen Musiker geworben wird, lässt sich kaum noch differenzieren.


Ihr Aussehen ist ihr Markenzeichen. Also wird es konsequent vermarket.

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SHANIA TWAIN / REALITY / MODE

MODE ZWISCHEN GEWAGT UND KALKÜHL

Kleidungsstil Sowie auf der Bühne als auch abseits davon, trägt Shania Twain oftmals fragwürdige Outfits. In ihren Musikvideos oder bei Fotoshootings zeigt sie sich mal im Leopardenmantel, mal im hautengem Latexkostüm. Auch Sportkleidung wie Trainingshosen oder Cheerleader Dress trägt sie gerne bei Liveauftritten oder Veranstaltun-

gen im Fernsehen. Fraglich ist, ob sie selbst für die Auswahl ihrer Kleidung verantwortlich ist, oder ob auch hier versucht wird ihre gute Figur zu vermarkten. Fest steht, dass sie mehrmals zur schlecht gekleidetsten Frau Amerikas gewählt wurde.


Shania wirkt oft wie ein Kuhm채del vom Lande, das in eine Paillettenkleid gesteckt wurde.

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SHANIA TWAIN / REALITY / MEDIEN

MEDIEN MASSE STATT KLASSE

Magazine In den Klatschspalten ist Shania Twain häufig zu finden. Auch sie personifiziert das Leben der Reichen und Schönen und wird somit zum Objekt des öffentlichen Interesses. Shania war schon auf fast allen Cover der einschlägigen BoulevardBlätter. Auch Fotos vom roten Teppich, Paparazzi Schnappschüsse auf der Straße oder Beauty Analysen sind durch Shania Twain hin und wieder abgedeckt. Natürlich war auch die Affäre ihres Ehemannes ein gefundenes Fressen für die Presse. Lediglich die Interviews und Berichte in Fachmagazinen wie dem Rolling Stone Magazin konzentrieren sich auf ihre musikalischen Leistungen.


Die Anzahl an Artikeln und Produkten ist riesig. Ein makelloses Image und ein tragisches Privatleben erfreut Presse und Fans.

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SHANIA TWAIN / REALITY / MEDIEN


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Internet Das Internet gehört nicht zu Shania Twains Stärken. Auf relativ lieblos und veraltet gestalteten Seiten findet man ihre Videos, Merchandise Artikel und ausgewählte Fotos. Dabei vermisst man tiefgründigere Hintergrundinformation oder Elemente des Web2.0. Kaum Aktualität und Interaktion mit den Fans machen die Webauftritte unwichtig und überflüssig. Vergleicht man die Medienpräsenz mit der des Fernsehens und Boulevard Magazine wird deutlich, dass die neuen Medien in Shania Twains Öffentlichkeitsarbeit kaum eine Rolle spielen.


SHANIA TWAIN / REALITY / FANS

FANS DAS IDOL DES DURCHSCHNIT Alle lieben Shania!

Beschreibung Musterfan Debbie (links) mit Freundin Barbara ist 45 Jahre alt und kommt aus dem Bundesstaat Indiana, USA. Sie besitzt einen High-School Abschluss, ist Seit 20 Jahren verheiratet, hat 2 Kinder, ist Hausfrau mit einem Halbtagsjob in einer großen Supermarktkette. Zusammen lebt sie mit dem Industrieschlosser Hank, der seit seinem High-School Abschluss bei John Deere in der Fertigung arbeitet. Zudem engagiert sie sich in der örtlichen Kirchengemeinde und im lokalen Wahlbüro der Republikaner. Da sie regelmäßig in die Kirche geht, versucht sie auch ihren Glauben in die Erziehung ihrer Kinder einzubinden. Aus ihrem Lieblings Fernsehsender „food network“ holt sie sich die neusten DiätRezepte, die aber bei ihrer Familie auf Abneigung stoßen, und so kommen doch häufiger Burritos und Chicken Wings aus der Tiefkühltruhe auf den Tisch. Mit ihren Freunden aus der Nachbarschaft trifft sie sich beim Grillen oder auf Jahrmärkten der näheren Umgebung, die mit Attraktionen wie Rodeo, Monstertruck Shows oder Hot-Dog Wettessen aufwarten. Ihre weitesten Reisen sind die jährlichen Shania Twain Fantreffen in Timmens, Ontario, Kanada. Wobei sie nur ungern nach Kanada fliegt und die letzten Jahre mit ihrem Auto angereist ist. In Fanforen hält sie mit Gleichgesinnten engen Kontakt und bereitet sich jedes Jahr ausgiebig auf die Fantreffen vor. Der wöchentliche Sonntagsbrunch bei Wendy‘s wird von einer ihrer 25 Shania Twain Alben im Ford Explorer untermalt, schwer zum Leitwesen der Kinder.


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AMERIKANISCHEN TTS

Shania Twain Centre Seit dem Jahr 2001 gibt es in Shania‘s Heimatstadt das Shania Twain Centre. Dieses 6 Millionen Dollar teure „Museum“ widmet sich dem Leben und der Karriere von Shania, von ihren kanadischen Wurzeln bis zu ihrem internationalen Erfolg. Es beinhaltet Kleidungsstücke, Videos, Awards und viele weitere Gegenstände aus ihrem Leben im Wert von einer Millionen Dollar,

auf einer Ausstellungsfläche von etwa 1200 qm, und eine Empfangshalle in der Größe von etwa 1500 qm. Ebenfalls gibt es dort Veranstaltungsund Konferenzräume. Es wird geschätzt, dass sich die jährlichen Einnahmen für die Stadt Timmins auf ca. 7,2 Millionen Dollar belaufen.


SHANIA TWAIN / REALITY / FANS

Nicknames Aufz채hlung von Benutzernamen aus einem Fanforum

Aqua436 // Melanie // Tracy // Shaniaolivia // frenchy // dreamer // Country Chic // debbie // Blue_Firefly // taffygirl_62 // SHANIANUTS // impress me // shaniatwainforever // Miss Twain // Polly // Sheri // Richard


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Merchandise Shanias Merchandise zielt vor allem auf die weiblichen Fans ab. Von Parfum über Tops bis hin zu Teddybären gibt gibt es alles in Rosa- oder Pastelltönen.. Für die männlichen Fans gibt es Shania Icehockey Trikots oder einfache T-Shirts. Nichts davon ist sehr originell aber auch nichts ist wirk-

lich teuer. Die Produkte sind auf ein möglichst großes Kundenfeld abgestimmt. Wie schon in ihrer Gestaltung wird versucht, den größtmöglichen Geschmack der Masse zu treffen.


SHANIA TWAIN / REALITY / ZUSAMMENFASSUNG

ZUSAMMENGEFASST DAS SHANIA PRINZIP Beschreibung des Prinzips Shania Twain hat es geschafft. Aus einem kleinen Dorf in Kanada zog es Shania in die Country-Hochburg Nashville, Tennessy. Mit ihrem Produzent und Ehemann begann ihre steile Karriere mit leichtgängigen Texten und weiblichen Auftreten. Durch den geschickten Einsatz ihrer Schönheit, körperbetonter Kleidung und einem selbstbewussten Auftreten stieß sie im altbackenen Country zunächst auf Ablehnung konnte aber den Mainstream für sich begeistern. Ihre leichte, fröhliche Art und ihr makeloses Äußeres vereinen das amerikanische Schönheitsideal und den amerikanische Traum. Das saubere Image, ohne Skandale oder musikalische Experimente, und ein teures Marketing ihrer Plattenfirma brachten ihr eine Fangemeinde weit über Alters- und Landesgrenzen hinaus. So wurde das naive Mädchen vom Lande zur weltbekannten Powerfrau und Plattenmillionärin.


Country kann auch sexy sein!

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SHANIA TWAIN / REALITY / ZUSAMMENFASSUNG

Shania-Imagefaktoren Wir haben in unserer Recherchephase viel über Shania erfahren und versuchten im Folgenden, die gefundenen Informationen zu sortieren und zu Attributen zusammenzufassen. Diese Attribute gliederten wir in drei Kategorien ein: Botschaft – Zielgruppe – Musik/Text/Gestaltung

Botschaft

Zielgruppe

Musik/Text/Gestaltung

positiv animierend traditionell feminin bodenständig sauber treu regelkonform zurückhaltend massentauglich konventionell kontrolliert selbstbewusst


VERGLEICHBARE MARKE MUSTANG JEANS Style is coming home!

Ähnliches Produkt Wenn man die passende Marke für den typischen Shania Twain Fan wählen müsste, wäre Mustang Jeans die ideale Wahl. Die Traditionsmarke für Jeansbekleidung ist in Amerika für einen kleinen Preis zu erwerben und verspricht dennoch ein gewisses Maß an Stilsicherheit und Qualität. Die Kollektionen versuchen einen schmalen Grad zwischen konservativer Blue Jeans und modernen Schnitten zu meistern. Auch für korpulentere Figuren gibt es hier das Passende. Genau wie die Country-Popmusik von Shania Twain vereint Mustang Jeans Funktionalität und Altbewertes mit neuen Formen und Farben. Genau wie bei Shania Twain geht diese Mischung nicht immer gut.

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JOHNNY WAYNE / FICTION / EINFÜHRUNG


JOHNNY WAYNE DER STILVOLLE COWBOY “I don‘t mind being hated by the cowboys. I love them anyway!”

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JOHNNY WAYNE / FICTION / EINFÜHRUNG

EINFÜHRUNG KEIN RECALL FÜR SARAH

Herangehensweise In vorangegangen Kapitel haben wir die wichtigsten Prinzipien und Bausteine für Shania Twains Erfolg herauskristallisiert und analysiert. Nun lag es daran, in einem Eigenversuch die Bausteine neu zusammenzusetzen und einen eigenen Künstler zu erfinden. Bei der direkten Anwendung der Bausteine besteht die Gefahr, dass man einfach „das Selbe in Grün“ kreiert. Deshalb mussten zuerst die Prinzipien soweit gefiltert werden, damit sie auf möglichst unterschiedliche Künstler übertragen werden können. In unserem ersten Versuch entwickelten wir die weibliche Countrysängerin Sarah Shine.

Nach längerem Arbeiten erkannten wir aber, dass unsere Neuerfindung fast eine Kopie von Shania Twain ist. Nachdem wir die Bausteine noch einmal überdacht und den Satz „Shania hat die Taille in den Country gebracht“ verinnerlicht hatten, konnten wir uns weiter von unserer Vorgabe lösen und einen männlichen Sänger Namens Johnny Wayne erfinden. Im folgenden Abschnitt kann der Prozess der ersten Entwürfe bis hin zu fertigen Produkten rund um Johnny Wayne nachvollzogen werden. Dabei werden bewusst auch Entwürfe und Rohfassungen aufgeführt, um unsere Gedankengänge besser aufzubereiten.


Den konventionellen Country-Hörern etwas neues anzubieten ist nicht einfach. Shania Twain hat es jedoch geschafft und somit versuchten wir es auch. Allerdings nicht gleich mit Erfolg

Neuerfindung 1: Sarah Shine Sarah Shine hat nicht immer einfach gehabt. Die 29jährige musste schon als Teenager lernen, sehr viel Verantwortung zu übernehmen. Heute lebt sie ihren großen Traum. In dem beschauligen Dorf Lindsey in Oklahoma aufgewachsen, hatte Sarah Shine zunächst eine schöne Kindheit auf der Ranch ihres Vaters. Ihre Freizeit verbrachte sie mit Reiten und Gitarre spielen. Als in ihrem 16 Lebensjahr eine Flutkatastrophe die gesamte Farm zerstört muss die gesamte Familie in eine kleine Wohnung in die Stadt ziehen. Am Existensminimum lebend, muss nun auch Sarah als älteste Tochter der Familie arbeiten gehen. Als der Vater mit seiner verlorenen Eigenständigkeit nicht mehr fertig wird, kommt es zu einer Tragödie. Der Vater muss wegen versuchten Todschlags ins Gefängnis. Jetzt schmeißt Sarah die Highschool um ganz für die Familie zu sorgen. Als Bedienung in einer Bar springt sie gelegentlich für die Bühnenshow ein. Ihre musikalischen Auftritte stoßen auf Bewunderung und so arbeitet sie sich langsam über Auftritte in Bars und auf Jahrmärkten nach oben. Schließlich wird sie im Alter von 21 Jahren von einem Produzenten entdeckt und erreichte mit der Single „Ladylike“ ihren ersten Charthit.

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JOHNNY WAYNE / FICTION / EINFÜHRUNG

Auszug aus dem Songtext des Hits „Ladylake“ von Sarah Shine

[Bridge] Important for her is not what you wear Important for her is how much you can bear [Refrain] I‘m gonna pick my man tonight you can pay for the drink or start up a fight but always remember that I will decide ‘cause that‘s what I call being ladylike


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Sarah Shine, Bildwelt / Fotografie Wir hatten uns vorgenommen, Sarah Shine als selbstbewusste Powerlesbe darzustellen, die jedoch nicht, wie man es erwarten würde, auch gleichermaßen aussieht, sondern eine Attraktivität besitzt, die nicht nur andere Frauen anziehen soll. Es hätte schon ähnlich wie bei Shania Twain sein können (die Person steht im Mittelpunkt bei allen Bildern), jedoch sollte Sarah Shine noch ein bisschen härter wirken. Sie ist nicht mehr das kleine Mädchen vom Land sondern eine gestandene Frau, die weiß, was sie will und auch, wie sie es bekommt.

Logos Es hätte verschiedene Logos gegeben. Einerseits der bodenständig, selbstbewusst wirkende Schriftzug in einer statischen Antiqua, andererseits diverse Handschriften, die ihre weibliche Seite betonen wollen.


JOHNNY WAYNE / FICTION / EINFÜHRUNG

Analyse/Problematik:

Auf ein Neues

Beim Ausarbeiten der oben beschriebenen Ideen fiel uns auf, dass unsere Erfindung zu nah am original ist. Wir wollten uns in diesem Prozess noch einmal genauer mit dem Prinzip vom Vorbild Shania Twain beschäftigen und haben bemerkt, dass es nicht einfach ist, bei dieser glatt-konventionellen Person einen Bruch zu entdecken. Da die meisten bekannten Künstler jedoch nur durch einen solchen Bruch in der Biografie berühmt werden, machten wir uns auf die Suche und fanden heraus, dass Shania Twain eine der ersten war, die Countrymusik mit Popmusik und einer gewissen Sexyness kombinierte. Am Anfang ihrer Karriere stieß dies bei den eingesessenen Countryfans kaum auf Zustimmung, mit der Zeit jedoch etablierte sich Shania Twain in diesem neuen Country-Pop-Genre und wird nun von vielen Country-Hörern geliebt. Wir haben also das Prinzip Shania Twains herausgefunden: Shania Twain hat die Taille in den Country gebracht! Unter diesen Umständen haben wir es für nicht möglich angesehen, mit der Entwicklung von Sarah Shine fortzufahren. Sie wäre eine Kopie gewesen.

Ein neuer Künstler sollte erschaffen werden, immer unter dem Leitsatz „xxx hat xxx in den Country gebracht!“ Wenn man sich mit dem Country-Image beschäftigt, fällt auf, dass die männlichen Künstler dieses Genres gerne sehr maskulin wirken. Ganz nach dem Amerikanischen Schönheitsideal betonen sie ihre Männlichleit in Form von Muskeln, Bart, rauer Gestik und Mimik. Wir kamen darauf, dass es für die hart gesottene Country-Hörerschaft wohl nichts schlimmeres geben könnte, als einen metrosexuellen Schönling, bei dem man sich nicht ganz sicher seien kann, ob er zur Homosexualität neigt. Dies war unser Plan für die Neuerfindung. Wenn alles gut geht, wird er von den Frauen für sein Aussehen und seine charmant-niedliche Art geliebt und von den Männern irgendwann akzeptiert und aufgrund seiner guten Countrymusik auch gehört.


JOHNNY WAYNE DER COUNTRY WIRD SALONFÄHIG “Mit Stil, Charme und Einverständnis”

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JOHNNY WAYNE / FICTION / EINFÜHRUNG

Namensgebung

Biografie

Randy Gold John Rogers Jeff Rogers Clint Hayword Tommy Silver Kerry Gold Kerry Golden Johnny Wayne

Johnny Wayne wuchs in einem verschlafenen Nest Namens Lindsey im Bundestaat Oklahoma auf. Als Sohn eines amerikanischen Vaters und einer indischen Mutter hatte er es schon in der Schule nicht leicht. Als Teenager merkte Mike Hornbeck, wie er mit bürgerlichem Namen heißt, dass der amerikanische Süden mit dem urbanen Leben und den konservativen Normen nichts für ihn ist. In der Highschool besuchte er viel lieber die Musical-Gruppe als den Sportplatz. Als Johnny mit 16 von seinem Vater immer mehr zur harten Arbeit auf dessen Farm gezwungen wird, ergreift er die Flucht und zieht in das liberale San Francisco. Hier kann er seine kreativen und sexuellen Neigungen frei ausleben. Aus Hassliebe zu seiner Vergangenheit beginnt er als Countrysänger in lokalen Kneipen und wird schließlich im Alter von 20 Jahren von seinem Produzenten entdeckt. Mit der Flucht aus Oklahoma hat Johnny sämtlichen Kontakt zu seinen Wurzeln abgebrochen doch in seinen Texten beschäftigt er sich meist wehmütig mit seiner Vergangenheit.

Der Name ist eine Homage an den Schauspieler und Westernhelden John Wayne. Mit dem Namen verbindet man sofort die Bildwelt der Cowboys, der weiten, staubigen Prärie und den verruchten Saloons des Wilden Westen. Durch die Verniedlichung des Namens John in Johnny bekommt der Name allerdings sofort einen weicheren Touch. Nun hat man einen sanften Knaben mit Cowboyhut im Kopf. Genau dieser Gedanke spiegelt sich in der metrosexuellen, sanften Darstellung unseres Musikers wieder. Der Name signalisiert eine leicht ironische Sicht auf die konservative Welt der Countrymusik.

Oklahoma und San Francisco auf der Landkarte


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Die Konkurrenz Ein Baustein Shania Twains ist die Neuheit, Sexappeal und Pop mit dem altbackenen Country zu verbinden. Deshalb haben wir etwas gesucht, was Johnny Wayne von der bisherigen Masse unterscheidet. Hierfür müssen wir uns zunächst die Konkurrenz betrachten. Der Country ist die Musik von Cowboys, für Cowboys. Hier regieren raue Jungs mit Muskeln und Bart. Milchgesichter oder Schönlinge werden als Weicheier gesehen und passen nicht in die verklärte Welt der Malboro Werbung. Deshalb brechen wir mit Johnny Wayne diese Vorstellung und zeigen einen sanften, sinnlichen Countrysänger. Kein Frauenheld sondern ein Frauenversteher. Wir bieten keinen Muskelmann sondern einen Sänger, der genau weiß, welcher Hut gut zu seinen Stiefeln passt.


JOHNNY WAYNE / FICTION / MUSIK, TEXTE

MUSIK SCHLAGER IN AMERIKA Ein neuer Anstrich für ein eingestaubtes Genre. Stil Johnny Wayne bedient musikalisch die Hörgewohnheiten der Countrymusik. Dem gitarrenlastigen Sound mischt sich mal eine Geige oder ein Banjo hinzu. Gewöhnlich begleitet ein Schlagzeug und eine e-Gitarre den Sänger. Country ist in Amerika das gleiche, was in Deutschland der Schlager und in Frankreich der Chanson verkörpert. Im Tempo bietet Johnny Wayne von der Ballade bis zum tanzbaren Rythmus für jede Gelegenheit die passende Untermalung.

Album-/ Songtitel Johnny‘s erstes Album trägt den Titel „Freedom“. Es bezieht sich thematisch auf die mit seinem Umzug nach San Francisco neu gewonnene Freiheit, so zu sein, wie er ist und sich nicht dahinter verstecken zu müssen. Album „Freedom“ 1. Best Man 2. You 3. Obsession 4. A Kiss On The Patio 5. It‘s A Long Way Home 6. Starlight 7. Don‘t go 9. West Bay Blues 10. Feed The Jukebox


TEXTE EINE ODE AN PFERD UND REITER Textauszug „Best Man“

He asked me to be his best man, but I had a different plan, cause I‘m dreaming of a different life, with my secret love, his soon to be wife. Textauszug „It‘s a long way home“

It‘s a long way home to the wide open land Mom, i miss you so much but I ain‘t coming back I‘m free in the city I don‘t mind paying rent and the least I could want are my boots filled with sand.

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JOHNNY WAYNE / FICTION / GRAFIK

GRAFIK STILSICHERER Der neue, weiche wilde Westen

Erste Logovarianten f端r Johnny Wayne


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WEICHZEICHNER

Logoentwürfe Inspiriert von Schildern und Plakaten aus dem Wilden Westen wählten wir meist fette, slanted Schriftarten im Schnitt condensed. Auch Varianten mit handschriftlicher Note wurden ausprobiert. Doch die bereits starke Ausdruckskraft des Namens lässt eine möglichst zurückhaltende Gestaltung des Schriftzuges am besten zur Geltung kommen. Für die finalen Logovarianten wählten wir die Schriften: Rockwell Condensed und Memphis Bold und rundeten die Ecken leicht ab, um eine weichere Erscheinung zu erzeugen.


JOHNNY WAYNE / FICTION / GRAFIK

Finale Varianten des Schriftzuges. Sie können abwechselnd angewendet werden Typo oben: Rockwell Condensed mit abgerundeten Ecken Typo unten: Memphis Bold mit abgerundeten Ecken

Cover-Art Die Gestaltung der CD Cover ist äußerst konventionell gehalten. Im Mittelpunkt steht der Künstler. Die Typografie wird dezent dazu gesetzt. Passend zu den Logoentwürfen wurde im Finalentwurf die Schrift Rockwell Std Regular ausgewählt. 1. Erste Entwürfe für ein Singlecover

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2. Finalentwurf für die Single „Best Man don‘t go

don‘t go


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JOHNNY WAYNE / FICTION / GRAFIK

Coverentwurf für das Album „Freedom“


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Plakat Die Plakatentw체rfe zeigen Johnny Wayne vor einem neutralen Hintergrund. Der gesamte Look ist an den Western angelegt. Scheinbar abgenutzte Typografie, Flecken und Risse auf der Oberfl채che und ornamentale Verzierungen, die f체r eine Auflockerung des Bildrandes und der fetten Typografie sorgen.


JOHNNY WAYNE / FICTION / GRAFIK, FOTOGRAFIE

Entwurf f端r ein Tourplakat


FOTOGRAFIE POSTKARTENIDYLLE Sonnenuntergänge sorgen für die richtige Stimmung Bildwelt Die Fotografie von Johnny Wayne soll besonders die Person in den Vordergrund rücken. In Großaufnahmen und halbnahen Bildauschnitten wird Johnny Wayne in entspannten und sinnlichen Posen gezeigt. Sein Gesichtsausdruck wirkt meist melancholisch oder nachdenklich. Bei Außenaufnahmen wird Johnny Wayne in der freien Natur gezeigt. Warme Farben und weiches Sonnenlicht schaffen eine verträumte und sinnliche Stimmung.

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JOHNNY WAYNE / FICTION / FOTOGRAFIE


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JOHNNY WAYNE / FICTION / MODE

Eine Zusammenstellung aus Johnny Wayne‘s Kleiderschrank

MODE EIN COWBOY AUF DEM CATWALK


Johnny Wayne zeigt, wie Countrymode stilvoll getragen wird Kleidungsstil Die Mode des Sängers orientiert sich ganz klar an der Kleidung eines Cowboys. Gerne mit Hut und Stiefeln. Dabei wird aber auf figurbetonte Schnitte, trendige Farben und hochwertige Materialien geachtet. Seine Cowboyhüte fallen für sein schmale Figur entsprechend klein aus. Keine überdimensionierten Hutkrempen, die als Statussymbol herhalten müssen. Unter ihnen würde sein zartes Gesicht noch kleiner wirken und kaum zur Geltung kommen. Accessoires wie verzierte Gürtel und ein Halstuch kompletieren den ausgefeilten Look.

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JOHNNY WAYNE / FICTION / MEDIEN

MEDIEN KEINE EXPERIM Johnny Wayne in der Presse


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ENTE Magazin mock-up Hier sieht man einen Entwurf von einem Portrait, dass so in dem amerikanischen Rolling Stone Magazine veröffentlicht werden könnte. Johnny Wayne wird vor allem in renommierten Musikzeitschriften auftauchen. In Klatschspalten der Boulevardpresse tauchen immer wieder Spekulationen über sein Privatleben auf. In Hochglanzmagazinen für Männer dient Johnny Wayne als Stilvorlage oder er posiert für eine Fotostrecke in einem Mode- und Lifestylemagazin.


M.I.A / REALITY / EINFÜHRUNG


M.I.A DAS LEBENDIGE MIXTAPE “People don’t realize that I had to come from a village in Sri Lanka to get here. So the journey is about the journey itself, not just about doing music... Nobody wants to be dancing to political songs. Every bit of music out there that’s making it into the mainstream is really about nothing. I wanted to see if I could write songs about something important and make it sound like nothing.” (tamilnation.org)

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M.I.A / REALITY / EINFÜHRUNG

EINFÜHRUNG DER EXOTISCHE Die Tochter eines „Tamil Tigers“ kam von Sri Lanka nach London. Intro Für unsere zweite Analyse wählten wir einen starken Kontrast zu Shania Twain. Die Sängerin M.I.A. ist die personifizierte Gegenbewegung zum Mainstream. Durch eine Vermarktung im World Wide Web berühmt geworden, feiert M.I.A. vorallem in den großen Weltmetropolen erfolge. Ihre experimentelle Musik und ihr schrilles Auftreten stößt in großen Teilen der Bevölkerung auf Verwunderung, ja sogar Ablehnung. Dagegen wuchs um die englische Künstlerin mit Wurzeln in Sri Lanka eine erlesene Fangemeinde, die sie als Stilikone und Genre-Referenz anführt. In unseren Untersuchungen konnten wir feststellen, dass ihr radikales Erscheinungsbild und ihre exotische Vergangenheit eng miteinander verknüpft sind. Diese Merkmale haben einen großen Anteil am Erfolgsrezept von M.I.A. Zusammen mit dem Drang zum Individualismus ihrer Fangemeinde entsteht ein komplexes Bauwerk, was zum Erfolgsprinzip M.I.A. geführt hat.


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UNDERGROUND

Biografie In London geboren, auf Sri Lanka die Kindheit verbracht, wieder in London in den Clubs erwachsen geworden und bereits mit Anfang zwanzig ein unstreitbares Talent, auf das die weltweite Musikszene sämtliche Augen geworfen hat: Das ist kein Märchen, sondern die Geschichte der Maya Arulpragasam. Ende der Siebziger Jahre erblickt Maya im Londoner Osten das Licht der Welt. Die englische Hauptstadt bleibt jedoch nicht lange ihre Heimat, denn bereits nach wenigen Monaten zieht sie mit ihren Eltern zurück in deren Geburtsland Sri Lanka. Dort erwartet sie die gefährliche Realität eines im Bürgerkrieg liegenden Landes. Umso prekärer macht die Situation, dass der Vater sich aktiv am Kampf zwischen der übermächtigen Sinhalese-Bevölkerung und der tamilischen Minderheit beteiligt. Unter dem Kampfnamen Arular gründet er die militante tamilische Befreiungsgruppe EROS - Eelam Revolutionary Organisation of Students. Für Frau und Kinder folgen darauf lange Jahre der Flucht mit seltenen Besuchen des Vaters und der ständigen Angst, ihn bei einem der zahlreichen Massaker zu verlieren. Nach Aufenthalten in Indien und der Geburt zweier weiterer Kinder beschließt die Mutter, erneut ins weit entfernte London zu ziehen. Mit Glück und guten Kontakten gelingt ihr und ihren drei Kindern die Flucht aus dem bürgerkriegsgeplagten Land. Für Maya bedeutet die Flucht aus der gefährlichen Heimat jedoch eine Reise vom Regen in die Traufe. Mit nur elf Jahren ist sie in London mit offenem

Rassismus konfrontiert, der sie in die Abgeschiedenheit drängt. In den revolutionären Ansagen von Public Enemy und N.W.A., findet sie bald ein neues Zuhause. Neben ihrer Liebe zum Hip Hop entwickelt sie eine Kreativität. die sie bis an die angesehene London‘s Central Saint Martins Art School bringt. Schnell folgen Beteiligungen an kleinen Ausstellungen, bis sie schließlich die Möglichkeit bekommt, ihre erste eigene Vernissage zu halten. Die Ausstellung avanciert zum vollen Erfolg. Maya designt das Artwork des Albums „The Menace“ der englischen Band Elastica, die zu der Zeit nicht zuletzt wegen der Beziehung der Leadsängerin Justine Frischmann mit Blur-Frontman Damon Albarn in aller Munde ist. Auf der anstehenden Tour soll Maya außerdem eine Videodokumentation abdrehen. Dort kommt sie in den Kontakt mit der Vorband, den ElectroclashIkonen Peaches. Merrill Nisker macht die unwissende Maya während der Tour mit der Musikmaschine Roland MC-505 bekannt und entfacht darauf eine weitere kreative Leidenschaft. Bald gelangen einige ihrer Songs in die Hände des in der Szene nicht ganz unbekannten Ross Orton. Der verpasst dem Track „Galang“ den letzten Schliff, und während die Elektro-RapNummer in der Szene für Furore sorgt, nimmt das englische Label XL Recordings M.I.A. unter seine Fittiche. Dort ist die innovationsfreudige Dame neben Hochkarätern wie Dizzee Rascal, The


M.I.A / REALITY / EINFÜHRUNG, MUSIK

White Stripes, Basement Jaxx oder The Prodigy in guten Händen. In Jamaica, Indien, Trinidad, Australien, Japan und den USA entstehen die Songs des zweiten M.I.A.-Albums „Kala“. Aus einer geplanten Zusammenarbeit mit Timbaland wird jedoch nichts, da Maya lange Zeit kein Arbeitsvisum für die USA erhält. Welche genauen Gründe das hat, ist nicht bekannt, der Verdacht liegt aber nahe, dass M.I.A.s lyrische Freizügigkeit in Richtung Gewalt das von Terror-Paranoia geplagte Amerika nicht eben unbeeindruckt ließ. Ganz zu schweigen von Mayas Lebenslauf, den man im US-Heimatministerium auch gefährlich lesen kann. Im Juni 2008 verkündet Maya bei einem Auftritt auf einem Festival in Tennessee ihren Rücktritt vom Bühnendasein: „Thanks for coming to my last gig.“ Aus ihren anfänglichen Plänen, die neugewonnene Freizeit in eine Filmkarriere zu investieren, wird jedoch nichts. Der Song „Paper Planes“ wird in den USA zum Riesenhit, weshalb die Britin beschließt, ihren unbefristeten Urlaub vom Musikbusiness abzubrechen und sich ans Songwriting für ein drittes Album zu machen. Weitere Liveauftritte gibt es allerdings erst nach der Geburt ihres Sohns Ikhyd.

Dies ist eines der Bilder aus dem Kriesengebiet der Inselkette. Noch vor Monaten herrschte hier Krieg.

Sri Lanka / Bürgerkrieg Der Bürgerkrieg in Sri Lanka war ein bewaffneter Konflikt zwischen tamilischen Separatisten, vor allem der Liberation Tigers of Tamil Eelam (LTTE), auf der einen und dem sri-lankischen Militär (sowie diversen paramilitärischen singhalesischen und tamilischen Anti-LTTE-Einheiten) auf der anderen Seite. Von 2001 bis 2004 entspannte sich die Lage erstmals seit 20 Jahren, jedoch lag eine politische Lösung in weiter Ferne, da beide Seiten hartnäckig an ihren Positionen festhalten. Die LTTE forderte einen unabhängigen Staat, „Tamil Eelam“, die sri-lankische Regierung lehnte das jedoch strikt ab. Am 19. Mai 2009 wurde der Bürgerkrieg schließlich nach dem endgültigen militärischen Sieg der sri-lankischen Armee und dem Tod Velupillai Prabhakarans, sowie der gesamten Führungselite der LTTE, von Mahinda Rajapaksa offiziell für beendet erklärt. Die Zahl der Todesopfer während des Krieges seit 1983 wird zwischen 80.000 und 100.000 geschätzt.


MUSIK HEIMATKLÄNGE TREFFEN POP Ein musikalisches Experiment zur Völkerverständigung.

Genre Dieser Sound ist neu. Dieser Sound ist frisch. M.I.A. bietet eine noch nie dagewesene Melange aus Hip Hop, Dancehall, Electro, Grime, sowie traditionellen Tönen aus Sri Lanka. Die dort geborene Künstlerin straft all diejenigen Lügen, die sich eine Verschmelzung des Vorangesagten nicht vorstellen können. Mit ihrer markant, rotzigen Stimme untermalt sie die kernigen Beats und schuf einen absolut neuen Sound. Zusammen mit ihrem Produzenten Diplo vermischt sie die unterschiedlichsten Klänge aus Rock, Punk, Hip Hop, Reagge, Dub und Electro. Und wenn die Schatzkammer der Popgeschichte mal nicht mehr ausreichend sollte so entstehen aus Pistolenschüssen und Explosionsgeräuschen die nötige Untermalung. Die Beats kratzen in den Boxen, jedes Sample klingt analog und damit einzigartig. Synthetische Langeweile aus dem Computer wird man auf einem Album von MIA nicht finden. Und genau das macht ihre Musik so unberechenbar. Jeder Track klingt anders und überraschend. Einzig ihre markige Stimme bildet die unverwechselbare Klammer dieses Genres, das so schwer in eine Schublade zu stecken ist. Wohl deshalb fällt es Journalisten und Kritikern so schwer, einen passenden Namen für ihren Sound zu finden. Grime Tech Dub ist ein Versuch der Beschreibung. Ihre Musik ist laut, experimentell und vor allem tanzbar. Besonders in den dunklen Kellerclubs der Metropolen spielen DJs den neuen Sound. DJs und Produzenten veröffentlichen im Internet zahlreiche Remixe der Songs. Durch dies kostenlose Verbreitung der Neuinterpretationen wächst von Download zu Download die Popularität ihres Sounds.

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M.I.A / REALITY / MUSIK

Discografie Auf der Kunsthochschule nahm Maya erste Demobänder auf. Mit diesen Bändern flog sie nach Philadelphia, um dort mit dem Produzenten Diplo ein Mixtape aufzunehmen. Dieses Mixtape „Piracy Funds Terrorism Vol. 1“ (2004) verbreitete sich schnell im Internet, während sie schon in Verhandlungen mit XL Recordings zu ihrem ersten Album war.

Chartplatzierungen M.I.A‘s Musik wird größtenteils über das Internet verbreitet. Das erste Album „Arular“ hatte zunächst nur in den Vereinigten Staaten, Schweden und Norwegen Chart-Erfolg. Das Album „Kala“, was 2007 folgte kam in die Deutschen, Uk-, Us-, Österreichischen, Schweitzerischen, Schwedischen, Finnischen, Norwegischen, Französischen und Australischen Charts, wobei es die beste Platzierung (Platz 18) wieder in den Vereinigten Staaten und Schweden erreichte. Im Rolling Stone Magazine kam es im Jahr unter die „50 Top Albums of the Year 2007“ Die Single „Jimmy“ brachte es in die Uk-Charts und der Song „Paper Planes“ wird zum Überraschungshit in Deutschland, Großbritannien und den USA (Platz 4). Der Titel schafft es auf den Soundtrack des Filmes „Slumdog Millionaire“ und wird für einen Oscar nominiert.


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Jahr

Album

Beste Chartpositionierung

2005 2007

Arular Kala

190 Vereinigte Staaten 18 Vereinigte Staaten, 39 Großbritannien, 93 Deutschland

Jahr

Single

Beste Chartpositionierung

2004 Galang 2005 Bucky Done Gun 2005 Galang ‘05 2007 Boyz 2007 Jimmy 2007 Paper Planes 2009 Oh Saya

- 66 Großbritannien 4 Vereinigte Staaten, 19 Großbritannien, 76 Deutschland, 12 iTunes single charts -


M.I.A / REALITY / TEXTE

TEXTE I BONGO WITH M „Wir lernten Englisch für Langsame: Das ist der feine Unterschied zwischen ba-na-na und banana.“


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Y LINGO

Bedeutung Die Inhalte ihrer Songs sind M.I.A sehr wichtig. Dabei webt sie sozusagen politische Aussagen und Denkanstöße in ihre Tracks ein, die dort zunächst nicht weiter auffallen. Aber mit der Zeit, wenn man mal genauer hinhört, zeigen sie durchaus Wirkung. „Ich benutze politische Ausdrücke, weil die uns überall umgeben“, erklärt sie. So höre man im täglichen Leben doch Wörter wie „Angriff“, „Terror“, „Freiheit“, „Demokratie“ viel häufiger als „Prada“, „Gucci“, „Champagner“ oder „Liebe“. Aber die meisten Popsongs handelten nur von letzteren. „Es fehlt also in Pop ein großes Feld des täglichen Erlebens“, sagt Maya, „und das bringe ich damit ein bisschen zurück auf die Tagesordnung.“ Dabei, das betont sie nachdrücklich, trete sie nicht etwa für Guerillakrieg oder die Tamil Tigers ein, die inzwischen von mehreren Staaten als terroristische Organisation eingestuft werden. Ihr gehe es einfach um die Schilderung ihrer Lebensumstände. „Ich bin eine Zivilistin, die zwischen diese Fronten geraten ist“, erklärt sie. „Ich war ein glückliches, siebenjähriges Kind mit Träumen, als meine Schule niedergebrannt wurde.“ Und so sei es Millionen anderer Menschen in Sri Lanka ergangen, die Hunger haben, machtlos sind und unter einem Konflikt leiden, der sich inzwischen hoffnungslos verselbstständigt hat. „Ich möchte ein Licht darauf werfen, wie die Welt außerhalb von Europa und den USA läuft. Die politischen Führer dieser Welt investieren

ständig Milliarden Dollar in Waffen und schaffen so immer mehr Kinder wie mich. Und diesen Kindern möchte ich einen Weg aufzeigen und ihnen Mut machen.“ Als ihr Englisch beigebracht wurde, sagt M.I.A., wurde sie wie eine geistig Zurückgebliebene behandelt. Man steckte sie in eine Spezialeinrichtung, sechs Stunden am Tag. Geografie und Geschichte kamen im Lehrplan gar nicht vor. »Da saß ich mit fünf anderen Flüchtlingskindern. Wir konnten nicht miteinander sprechen, weil wir mit unterschiedlichen Sprachen aufgewachsen waren. Wir lernten Englisch für Langsame: Das ist der feine Unterschied zwischen ba-nana und banana.« In Mayas Gesang taucht das 08/15-Englisch wieder auf, genau wie das Tamilen-Patois und der HipHop-Slang, der durch die dünnen Wände der Nachbarwohnung drang.

Album- und Songtitel »Meine Mutter zog mich groß mit den Worten: ›Dein Vater hat dir nichts gegeben außer seinem Namen.‹ Wenn das so ist, benutze ich halt seinen Namen für meine Platte.« Somit wurde Mayas erstes Album nach ihrem Vater Arular benannt und das darauf folgende zweite nach ihrer Mutter Kala.


M.I.A / REALITY / TEXTE

Auszug aus dem Songtext von „20 Dollar“ aus M.I.A‘s zweiten Album Kala

„War, war, war Talkin‘ about y‘alls such a bore I‘d rather talk about moi Like, do you know the cost of AKs up in Africa? 20 dollars ain‘t shit to you But that‘s how much they are So they‘re gonna use this shit just to get far Is gold, diamonds helpin‘ ya? Don‘t you like my bandana? My stains hang low On my shirts like a-ya-ya Monkey brains and banana I‘ll hit you with my antenna Put soap in my eye Make it red so I look raw, raw, raw“


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M.I.A / REALITY / GRAFIK

GRAFIK GEGEN JEDE REG Provokante Kunst aus bunten Pixeln.


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EL

Stil Die Grafiken auf Albencover oder Website wirken auf den ersten Blick vielleicht verstörend. Doch betrachtet man die bunten, scheinbar dillentantischen Grafiken mal etwas länger, kann man verschiedene visuelle Codes herauslesen. Die studierte Künstlerin Maya vermischt in ihren Grafiken verschiedenste Einflüsse und Techniken. Mit Filzstiften, Spraydosen, Photoshop Effekten und Fotocollagen ensteht ein visuelles Feuerwerk, was sich gegen alle Gesetze der Gestaltung sträubt. Zwischen Ornamenten und Mustern findet man Nationalflaggen, Kalaschnikows und Tiger. Diese Symbole von Krieg und Gewalt vermischen sich mit den schrillen Volltonfarben zu lauten Kunstwerken, die in vielen Fällen eine deutliche Information erschweren, aber mit großer Gewissheit in jedem CD Regal auffallen. Wie schon in ihrer Musik zitiert M.I.A. aus allen Regionen der Welt und schafft mit ihrer individuellen Art eine völlig neue, exzentrische Bildsprache. Dieser Stil provoziert und kritisiert den guten Geschmack und die bewährten Regeln des Grafikdesign. Doch wie bereits in ihren Texten versteckt sie ihre Kritik hinter einer scheinbaren Unkenntniss, die von der talentierten Künstlerin intelligent vorgetäuscht wird.


M.I.A / REALITY / GRAFIK

1.Der MIA Schriftzug in verschiedenen Ausführungen

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Logo M.I.A verzichtet auf ein einheitliches Logo. Viel lieber zeigt sie jedem Typographen und Grafiker die kalten Schulter und schreit ihre drei Buchstaben in die Welt. Verpixelte Grafiken, kontroverse Farbgebungen oder verzerrte Buchstaben verschwimmen teilweise mit dem Hintergrund oder erschweren die Lesbarkeit und missachten somit sämtliche Gestaltungsregeln der Logo-Gestaltung. Lediglich in der Verwendung von fetten, grotesken Lettern lässt sich eine einheitliche Gestaltungslinie nachvollziehen.

2. CD-Cover von M.I.A.‘s Album „Arular„ 3. CD-Cover vom zweiten Album „Kala“ 4. Hintergrund von M.I.A.‘s Twitter Seite (twitter. com/_M_I_A_)

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M.I.A / REALITY / GRAFIK, FOTOGRAFIE

Taschenbuch „Number 10“; von M.I.A. nach ihrem Kunststudium heraus gebracht (POCKO Verlag)

Kunst Ganz im Sinne des Streetart ist Mayas Kunst rauh, plakativ und subjektiv. In ihrer ersten eigenen Ausstellung 2001 in der Londoner Galerie Euphoria Shop zeigt die Künstlerin Gemälde in Mischtechniken aus Graffiti, Schablonen, Plakaten und Malerei. Wie immer verbindet sie Symbole aus dem Bürgerkrieg Sri Lankas, Auszüge der englischen Metropole und Gegenstände der westlichen Konsumgesellschaft. Ihre Ausstellung wurde für den Alternative Turner Prize nominiert und erregte großes Interesse auf dem Kunstmarkt. Zu Mayas Käufern zählen unter anderem der britische Schauspieler Jude Law.


FOTOGRAFIE AMATEURAUFNAHMEN EINES PROFIS Schnappschüsse und lockere Posen als Ausdruck ihrer Persönlichkeit. Stil Fotos von MIA erinnern an einen Eintrag aus Facebook oder Myspace. Spontane Schnappschüsse und kokettierte Posen transportieren das Image des schrillen Mädchens von Nebenan. Passend zu ihrer starken Präsenz auf sozialen Internetportalen sind viele offiziell veröffentlichte Fotos von MIA im Schnappschussstil gehalten. Die scheinbar von einem Amateur aufgenommen Bilder richten die Sängerin in ein sympatisches Licht und der Verzicht von Retusche vermitteln den Eindruck einer Intimität zur Person. Viele Fotos geben einen Blick hinter die Kulissen preis, wobei es in Mayas Welt scheinbar keine Fassaden und Kulissen zu geben scheint. Die Lockerheit der Bilder überträgt sich auf das Verständnis ihrer Persönlichkeit und verhilft Maya zu einem weitaus positiven Image. Selbst die mit dem wachsenden Erfolg unausweichlichen Fotostrecken in Hochglanzmagazinen werden mit frechen Posen und ausgefallenen Settings gemeistert. Somit trennt sich M.I.A deutlich vom Mainstream der Fashionfoto-grafie ab.

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M.I.A / REALITY / FOTOGRAFIE

1 M.I.A. auf dem Videodreh zu ihrer Single „Boyz“

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2 Modefotografie 4 gestellt ungestellt? 5 Videodreh von „Boyz“: Maya und das Team schauen sich die ersten Szenen an

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M.I.A / REALITY / MODE

MODE GANZ NACH IHRE Markantes Styling analog zum musikalischen Output.


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M GESCHMACK

Kleidungsstil Mit ihren bunten Kostümen und kräftigem Make-Up trägt Maya Collagen und Zitate am ganzen Körper. Wie schon in Musik, Texten und Grafiken führt M.I.A den Remix der Popkultur in ihrer äußerlichen Erscheinung fort. Ihre Kleidung findet man nicht im H&M oder noblen Boutiquen. MIA findet ihre Kostüme in Second-Hand Läden und bei hippen Designern des urbanen Untergrunds. Ihre Kreationen kommunizieren mit Symbolen oder Statements politische Themen und Kritik an der westlichen Gesellschaft. MIA hört auf keine Typberatung oder angesagte Modetrends. Sie schafft mit ihrem individuellen Stil ihre eigenen Trends und wurde zu einer heimlichen Modeikone der Hipster Hochburgen New York, London und Los Angeles. Wie in ihrer Musik sammelt Maya ihre Inspiration aus den weiten Schnitten des Hip Hop, den leuchtenden Farben der traditionellen Kleidung Sri Lankas und dem schrillen Trash der 80er Jahre Elektro, Punk und Glam-Rock Szene.


M.I.A / REALITY / MODE, MEDIEN

1. Präsentation der Kleidungsstücke im Online-Store 2. M.I.A‘s Twitter Seite

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Eigene Kollektion Schon immer interessierte sich M.I.A. für Mode und entwarf einen Großteil ihrer Bühnenoutfits selbst. In der jüngsten Vergangenheit hat sie zudem schon das eine oder andere Mal Modeweltluft geschnuppert, z.B. als Model für eine Frühjahrskollektion von Marc Jacobs, bei deren Präsentation sie auch die Decks bediente, oder als Musik-Lieferantin für einen Converse-Werbespot. M.I.A. hat jetzt eine erste Reihe von T-Shirts, Bodysuits und Leggings heraus gebracht. Die Klamotten enstanden gemeinsa mit Model Okley Leslie und kommen unter dem Labelnamen Extended Merch auf den Markt, stark beeinflusst von ihren Albumcovern zu „Kala“ und „Arula“. Eine Bomberjacke gibt es für ca 200$, ein Tank Top ab ca. 40$. Die Kollektion wurde unter anderem in dem Fashionweek-Store in Los Angeles verkauft.


MEDIEN VERMARKTUNG 2.0 Mit neuen Medien an den Zahn der Zeit.

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Internet Den Erfolg von M.I.A hätte es ohne das Internet wohl nie gegeben! Auf ihrer Myspace Seite hat MIA über 27 Mio. Besucher und 485102 Freunde. Tendenz steigend. Ohne die finanzstarke Marketingmaschine eines großen Plattenlabels bediente sich MIA dem kostenlosen Medium der sozialen Netzwerke im Internet. Durch die einfache, schnelle Bedienung lässt sich ein scheinbar persönlicher Kontakt zur stetig wachsenden Fangemeinde aufbauen. Viele ihrer Lieder erscheinen als kostenlose Remixe auf ihrer Website und verbreiten

sich wie ein Strohfeuer mittels File-Sharing in die Zimmer ihrer Fans. Das schnelllebige Internet ist die erste Adresse der trendsetzenden Jugenkultur. Hier suchen die Hipster den Untergrund nach frischen, neuen Sounds ab und huldigen ihrer Königin Maya auf ihren frequentierten Blogs und Profilseiten. Auch die immer bedeutungsvollere Meinungsund Nachrichtenmaschine Twitter wird von M.I.A regelmäßig gefüttert und versorgt ihre Anhänger mit scheinbar intimen und polarisierenden Neuigkeiten.

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M.I.A / REALITY / MEDIEN, FANS

M.I.A‘s myspace Seite

Magazine Neben dem Internet findet M.I.A in unabhängigen Szenemagazinen eine weitere Plattform. Für die meisten Fernsehsender ist ihre Musik nicht massentauglich genug, doch die Blätter verschiedenster Subkulturen erwähnen die Sängerin nicht zu knapp. Durch ihren individuellen Sound und Modestil wurde M.I.A zu einer Referenz nachfol-

M.I.A in den Magazinen „Missbehave“ „URB“ und in der „Elle“

gender Musikritiken und Modetrends. Das die Sängerin besonders in den ausgefallenen Magazinen gefeiert wird liegt auch daran, dass ihre exzentrische Musik und Mode besonders im kreativen Milieu von Grafikern, Journalisten und Fotografen eine große Fangemeinde hat.


FANS DIE HIPSTER QUEEN Hauptsache kein Mainstream.

Fan: Konstantin, 26, Hipster Konstantin ist in gut bürgerlichen Verhältnissen in Reutlingen nahe Stuttgart aufgewachsen. Nach dem Abi zog er nach Berlin und studiert nun Filmwissenschaften im 11. Semester. Durch die neuen „Montag-ist-der-neue-Freitag-Partys“ verpasst er meistens die Vorlesungen. Dafür hält er seine Freunde jedoch halbstündlich mit twitter von über sein iphone auf dem Laufenden. Auf den Underground-Partys, die nur über Newsletter und sms bekannt gegeben werden, entstehen wöchentlich seine neuesten Profilbilder für die einschlägigen Social-Network Internetseiten. Sein Auftritt und Styling sehen stets geplant verplant aus mit enormen Drang zur Individualität. In seinem Kleiderschrank findet man neben schrillen second-hand Hosen auch selbst bedruckte T-Shirts oder limitierte 200$ RetroSneaker aus dem Internet. Dazu trägt er eine Nerdbrille aus Fensterglas und eine Stofftasche des Berliner Labels Butterflysoulfire. Wenn er nicht gerade seinem Nebenjob im American Apparel Store nachgeht, sucht er in Blogs oder Plattenläden nach unentdeckten Musikern, da er seinen aktuellen Lieblingsact gestern zu seinem Entsetzen im Radio hören musste. Er besitzt keinen Fernseher denn alles, was ihn interessieren könnte, ist in seinem Youtube-channel abonniert oder er zieht es sich aus dem Internet. Earl raucht nicht, trinkt aber sehr gerne Becks und Gin-Tonic und auf den zahlreichen Partys macht er gerne von der ein- oder andere Droge gebrauch um im Takt zu bleiben.

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M.I.A / REALITY / FANS, ZUSAMMENFASSUNG

Nicknames aus einem Fan-Forum

whatever // trojanpony // Tetris. // kattykarol // Speakerboxxx // drunkenoughtokickyourass // moi // kill karl rove // SirKelvin // whowhowow // theobvious // darbie_starpower // gramophone // tigerbeat // boom // kaosss // leopardcock // Guess // ATM // iheartcheese


ZUSAMMENGEFASST DAS M.I.A PRINZIP Mit multikultureller Inspiration und radikalem Auftreten bricht MIA jede Regel und revolutioniert damit die Popkultur.

Beschreibung des Prinzips Die in dem kriegsbebeutelten Sri-Lanka aufgewachsene Sängerin Maya Arulpagasam vereint in ihrer Musik die Einflüsse ihrer Vergangenheit und die westlichen Eindrücke ihrer neuen Heimat London. In ihren Texten, Grafiken und mit ihrem Auftreten verwertet sie die bunte Farbwelt Süd-Ost-Asiens, die deutlichen Bilder des Krieges und die kommerzielle Popkultur des Westens. Zusammen mit den gesampelten, gemixten und stampfenden Beats ihrer Musik ensteht ein radikales und expressives Gesamtkunstwerk. Die schrillen, rauen Texte, Grafiken und Kleider vertuschen geschickt ihre politischen und auch gesellschaftkritischen Themen. Auch der bewusste Verzicht auf traditionelles Marketing und der starke Einsatz des Internets ließen M.I.A. zur Stilikone des Underground werden. Durch Flucht und Migration verlor die Künstlerin einst ihre Heimat, fand dann jedoch im weltweiten, virtuellen Untergrund eine Neue.

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M.I.A / REALITY / ZUSAMMENFASSUNG

M.I.A-Imagefaktoren Wir haben in unserer Recherchephase ebenso viel über M.I.A erfahren und versuchten im Folgenden, die gefundenen Informationen zu sortieren und zu Attributen zusammenzufassen. Diese Attribute gliederten wir in drei Kategorien ein: Botschaft – Zielgruppe – Musik/Text/Gestaltung

Botschaft

Zielgruppe

Musik/Text/Gestaltung

politisch gesellschaftskritisch dennoch aufheiternd individuell expressiv kreativ Randgruppen radikal multikulturell ungehobelt experimentell innovativ expressiv Remix & Collage


NEUES PRODUKT CITYROLLER Für den individuellen Look zum selber gestalten!

Neu-Erfindung Auf der Suche nach einem neuen Produkt, welches möglichst viele der zuvor genannten Attribute mit M.I.A gemeinsam hat, kamen wir auf die Idee eines individuellen Cityrollers. Er wäre unlackiert erhältlich und man kann seine Bauteile selbst gestalten (bemalen, bekleben). Als Extra für den Musikinteressierten Hipster besitzt dieser Roller eine iPod-Ladestation. Durch Elektroantrieb wird die Umwelt geschützt. Wir haben uns für dieses Produkt entschieden, weil es nicht dem Mainstream angehört und auch eine kleine Menge Gesellschaftskritik beinhaltet (gegenüber Autofahrern). Dies tut es jedoch auf eine charmante Art und Weise. Ein solcher Roller hat einen gewissen Inselcharakter, der im Stil von M.I.A auch aufzufinden ist. Fast alle M.I.A-kennzeichnenden Attribute (siehe linke Seite) finden sich in diesem Roller wieder.

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NORD*OST / FICTION / EINFÜHRUNG


NORD*OST DIE POPKULTURREVOLUTION „Wenn man heute die Zeitung aufschlägt und die Politiker aus aller welt sieht, kann man eigentlich nur noch lachen. Lachen, die Musik aufdrehen und hoffen dass sich etwas bewegt, vielleicht auch mehr als nur dein Tanzbein!“

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NORD*OST / FICTION / EINFÜHRUNG

EINFÜHRUNG Kommunismus trifft Kapitalismus

Herangehensweise In der Analyse von M.I.A. haben wir festgestellt, dass die Herkunft und Vergangenheit Mayas eine tragende Rolle in der Schaffung ihrer Figur M.I.A. einnimmt. Diesen Baustein vor Augen geführt, gründeten wir die Band Nord*Ost. Eine dreiköpfige Band aus zwei Geschwistern und einem Freund die in Tschetschenien aufgewachsen waren. Durch den Krieg vertrieben lernten die drei die westliche Welt in der deutschen Großstadt Hamburg kennen. Ähnlich wie M.I.A. verbindet Nord*Ost die politischen und kulturellen Einflüsse ihrer alten Welt, dem Leben hinter dem eisernen Vorhang Russlands, und ihrer neuen Welt, der konsumgetriebenen, kapitalistischen Traumwelt des Westens. Auch die expressive und experimentelle Art der Musik und Gestaltung wirken bei Nord*Ost authentisch.

Während M.I.A. mit leuchtenden Farben und Tigern auftritt, dominieren die tschetschenischen Landesfarben Rot und Grün und der protzige Militärjargon die Gestaltung von Nord*Ost. Mit der Verortung der Band nach Tschetschenien und Deutschland entsteht sehr leicht eine eigene musikalische und bildliche Sprache, die sich sowohl von ihrem Vorbild M.I.A. als auch von bereits bekannten Mainstream absetzt. Und gerade die bewusste Abspaltung von der kommerziellen Popkultur macht das Prinzip M.I.A.s aus. Im folgenden Kapitel werden die Versuche, Entwürfe und Ergebnisse unseres Transfers aufgeführt und kommentiert. Das Ergebnis ist eine glaubhafte Neuschaffung einer Band, die in ihrer ganz speziellen Nische durchaus erfolgreich sein könnte.


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Biografie Die Geschwister Kadir und Jelena Pavlychenko wachsen als Kinder eines Medizinprofessors in der Tschetschenischen Hauptstadt Groszny auf. In der Schule lernen sie Kadir Chunkayev kennen. Durch die Freundschaft der Kinder kommen auch die beiden Familien zusammen. Sie verbindet ein guter Bildungsstand und die Zugehörigkeit zur vermögenden Oberschicht des Landes. Die religiösen Unterschiede der russisch-ortodoxen und der muslimischen Familie kann die Freundschaft nicht schmälern. 1993 flieht die Familie Pavlychenko aus Angst vor einem Bürgerkrieg nach Leipzig. Ein Jahr später folgt die Familie Kadirs nach Deutschland. Zusammen müssen die drei mit Integrationsschwierigkeiten und einem Identifikationskonflikt kämpfen. Zur Jahrtausendwende beginnen die beiden Jungs

ihr Studium in Hamburg. Beide sind in kreativen Studiengängen eingeschrieben und beginnen in ihrer Freizeit, gemeinsam Musik zu produzieren. Als wenig später Jelena in die Hansestadt folgt, gründen die Drei die Band Nord*Ost.


NORD*OST / FICTION / EINFÜHRUNG

Exkurs Tschetschenien Im Dezember 1994 marschierten russische Truppen in Tschetschenien ein. Damit reagierte die Regierung in Russland auf die Unabhängigkeitserklärung der Kaukasusrepublik. Nach dem Verfall der Sowjetunion spalteten sich viele Länder von ihrem großem Bruder Russland hab, doch Russland hatte für strategisch wichtige Gebiete andere Pläne. Bis 1996 lieferten sich Tschetschenische Unabhängigkeitskrieger und Russische Streitmächte erbitterte kämpfe. Besonders die stark umkämpfte Hauptstadt Groszny musste unzählige menschliche Opfer und eine zerstörte Infrastruktur hinnehmen. In der unruhigen Nachkriegszeit machten vor allem tschetschenische Terroristen der russischen Regierung zu schaffen. Als Antwort führte Russland 1999 einen radikalen Vergeltungsschlag durch in dem auf beiden Seiten mit kaum

vorstellbarer Grausamkeit auch gegen die zivile Bevölkerung vorgegangen wurde. Im Jahr 2000 erklärte Russland den Krieg für beendet und Tschetschenien, im Krieg müde geworden, unterwarf sich der Aufsicht Russlands. Seitdem führt eine, unter russischer Aufsicht eingesetzte, islamistische Regierung das Land an. Doch der steigende Fundamentalismus und fortlaufende terroristische Handlungen lassen eine Rückkehr Tschetscheniens in einen Normalzustand nicht zu.


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Namensgebung Der Name Nord*Ost führt auf die tragischen Ereignisse von Oktober 2002 zurück. Am 22. Oktober stürmten Islamistische Terroristen aus Tschetschenien das Moskauer Dubrowka Theater. Während der gerade laufenden Aufführung des Theaterstücks „Nord-Ost“ nah men die Terroristen zahlreiche Geiseln. Sie forderten die Freilassung Tschetschenischer Gefangenen und den sofortigen Rückzug Russischer Truppen aus Tschetschenien. Die Russische Regierung reagierte mit einer sturen Linie und beendete die Geiselnahme am 26. Oktober in einem blutigen Sturm auf das Theater. Der Einsatz eines fraglichen Nervengases und der erbarmungslose Umgang mit den Geiseln zeigten die kalte, machtbesessene Seite der russischen Regierung. Alle Terroristen und zahlreiche Geiseln kamen bei dem Einsatz ums Leben. Unsere Wahl dieses Titels hat zum einen den Grund, dass dieses Geiseldrama das erste Ereignis des Tschetschenienkriegs gewesen ist, dass von der westlichen Welt und den Medien wahrgenommen wurde.. Somit trat auch den drei Bandmitgliedern ihre Tschetschenische Herkunft wieder stärker ins Bewusstsein. Außerdem impliziert der Name eine Kritik an der russischen Regierung und den Terroristen und soll als mahnendes Beispiel der Geschichte dienen. Ein dritter Aspekt ist die rein geografische Bedeutung des Namens. Die Bandmitglieder sind im sogenannten Ostblock geboren und leben nun in Hamburg, was im Norden Deutschlands liegt.


NORD*OST / FICTION / MUSIK

MUSIK Folklore mit Beats und Bassline

1. Albumcover der Balkan Beats Band „Messer für Frau Müller“

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2. Cover des Electro/ HipHop Artists Rye Rye 3. Traditionelle tschetschenische Tänzer

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Stil Getreu dem Vorbild von M.I.A. wird auch bei Nord*Ost eifrig gesampelt. Russische Folklore mischt sich mit elektronischen Beats zu einer tanzbaren Musik. Darunter vermischen sich Eindrücke des Hip Hop mit den islamischen Gesängen ihrer alten Heimat. In der Presse wird diese Musik häufig als Balkan-Beats beschrieben. Ähnliche Vorbilder sind „The Avalanches“ oder „Messer für Frau Müller“, die in virtuosen Soundcollagen, altes und neues verbinden und so einen experimentellen, elektronischen Sound kreieren.


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Albumtitel/ Songtitel Das erste Album der Band Nord*Ost nennt sich „hasputin“. Dies ist ein Wortspiel des russischen Zaren Rasputin, dem Wort Hass und dem mächtigsten Mann Russlands, Vladimir Putin. Auch die Songtexte sind Wortspiele und Zitate, die nur kodiert auf den Inhalt der Texte hinweisen.

1. Intro 2. Big Daddy 3. Wolga 09 4. A Girl called Laila 5. First Lady 6. Revolution will not be facialist 7. The Dog of Pavlow 8. Fishtown Polka 9. Beluga Brothers 10. Ramsan got a Lambo 11. Nussknacker 12. Outro


NORD*OST / FICTION / TEXTE

TEXTE Die gesungene Meinungsfreiheit

1. Der momentane tschetschenische Präsident Kadyrow gilt als Folterknecht Putins

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Message Wie schon der Name der Band verrät sind auch die Textinhalte nicht frei von einer objektiven Meinungsmache. Nord*Ost nimmt vor allem zu politischen Themen in Russland und Europa Stellung und verpackt ihre Kritik an totalitären Regimes und machthungrigen Staatsoberhäuptern teilweise in Ironie versteckt oder in offensichtlichen Parolen. Auch die Probleme des konsumgesteuerten Kapitalismus wird von Nord*Ost an den Pranger gestellt. Die politische Meinungsmache wird in den meisten Fällen aber in Umschreibungen und Ironie versteckt, damit die unbeschwingte Tanzbarkeit der Musik nicht unterdrückt wird.


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Die Single von Nord*Ost „Big Daddy“ Textauszug

He gives a shit what my mother thinks, Big Daddy He steals from the neighbours without a blink, Big Big Daddy If he doesn‘t get his will, he gets really loud, Big Daddy only his big fat house makes him really proud, Big Big Daddy He‘s an angry man, who makes his own stupid rules and if you don‘t follow, you can‘t really choose. Nobody has the guts to tell the truth or resist He‘s the Big Daddy, with an iron fist!


NORD*OST / FICTION / GRAFIK

GRAFIK Eine Collage aus Krieg und Kommerz


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Logos Das Logo soll die Mischung aus verschiedenen Kulturen vereinen und eine große graphische Aufmerksamkeit bewirken. Mit den Schriften orientieren wir uns an kyrillischen Schriftzeichen und alten sowjetischen Statuen. Fette Groteskschriften mit harte Kanten und Formen, werden durch eine dicke Umrandung noch verstärkt. Dennoch musste eine Mischung gefunden werden, die keine zu eindeutige Assoziation hervorruft. Versuche mit einer Schablonen oder Graffitischrift bedienten zu stark das Hip Hop oder Streetart Klischee. Andererseits war eine selbstkonstruierte minimalistische Variante zu russisch und lies keine westlichen Einflüsse mehr zu. Letzendlich

Moodboard

entschieden wir uns für die Schrift Scriptek Std. Der durchgehend kleingeschriebene Name wird durch die Spiegelung des Buchstaben „n“ und der leichten Modifikation am „t“ gebrochen. Die Schreibweise von OST mit einem kyrillischen „c“ liegt an der original russischen Schreibweise. Dadurch sollen die beiden Einflüsse aus Russland und Deutschland noch verstärkt werden. Die ungewohnte Schreibweise in Verbindung mit dem Trennzeichen als Stern bewegt das Logo weiter in die Richtung einer Bildmarke. Deshalb wird in Texten und im gesprochenen Wort immer vom deutschen Namen Nord*Ost geschrieben bzw. gesprochen.


NORD*OST / FICTION / GRAFIK

Nord*Oct Stickerbogen


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Coverart Die Grafiken von Nord*Ost müssen fetzen! In den Tschetschenischen Landesfarben Grün und Rot werden Fotos von Soldaten, Kriegsapparaturen und Grafiken so zusammen gefügt, dass sich neu Muster und Ornamente bilden. Meist in zentrierter Form werden die Grafiken und Fotos überlagert, gespiegelt und multipliziert, bis eine überweltigende Bildwelt entsteht. Die Namen der Band und Alben werden versteckt in das Gesamtwerk integriert. Nichts soll den Gesamteindruck stören. Wenn man die Sterne und Kreise näher betrachtet, kann man viele

Album CD-Label

einzelne Inhalten entdecken. Geschickt verwobene Logos der berühmtesten und größten Firmen der westlichen Welt verschwimmen zu orientalisch anmutenden Mustern. Die Cover laden zum genauern Betrachten ein und unterstreichen die oft versteckten Aussagen zu politischen und kulturellen Problemen, die in Musik und Texten von Nord*Ost zu finden sind. Auf Abbildung der Bandmitglieder wird bewusst verzichtet, da sich bei der Gruppe mehr um die Musik und die angesprochenen Themen drehen soll, als um die Profilierung einzelner Personen.


NORD*OST / FICTION / GRAFIK

Vorderseite des VinylCovers der Single „Big Daddy“

Rückseite des VinylCovers der Single „Big Daddy“


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NORD*OST / FICTION / GRAFIK

Vorderseite des Albums „Hasputin“

Vorderseite des Albums „Hasputin“


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Plakate Ähnlich der Gestaltung der Musikträger beweisen auch die Plakate keinerlei Zurückhaltung. Die informative Typografie wird so in die Gestaltung gesetzt, damit sie wieder zu neuen Formen verschmelzen und sich nahtlos in die gesamte Gestaltung einfügen.


NORD*OST / FICTION / INTRO


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NORD*OST / FICTION / FOTOGRAFIE

FOTOGRAFIE BABUSCHKA IN Bunt und l채ssig. Propaganda Karneval 2.0

Overhead-Projektion auf die Bandmitglieder


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WONDERLAND


NORD*OST / FICTION / INTRO

Weitere Overhead-Projektionen


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NORD*OST / FICTION / INTRO

Outdoor-Serie


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NORD*OST / FICTION / INTRO


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NORD*OST / FICTION / INTRO


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NORD*OST / FICTION / INTRO

MODE DIE TRACHT AUS DEM SECONDHAND LADEN

Mögliche Outfits der drei Bandmitglieder Kadir, Jelena und Viktor

Klamotten Auch die Mode ist ein stilfreier Mix aus allen Welten. In Fantasieuniformen, russischer Tracht und bunt bedruckten T-Shirts fallen die drei besonders auf. Alles ist erlaubt: Turnschuhe zum Anzug, protziger Modeschmuck zum Mantel und knallige Sonnenbrillen mit Pelzmütze. Die Kleidung ist genauso wild kombiniert, wie die Musik auf ihren Tonträgern.


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NORD*OST / FICTION / INTRO

MEDIEN VIRTUELLE FLUGBLÄTTER

Prinzip Durch die kleine Zielgruppe verzichtet Nord*Ost fast ausschließlich auf die Verwendung von klassischen Medien wie TV und Print. Im schnelllebigen Internet kann die Band viel direkter mit Fans in Kontakt treten, neue Musik präsentieren und sich mit gleichgesinnten Austauschen. Die kostenlose, soziale Internetplattform Myspace.com bietet den ersten Anlaufpunkt für Fans und Musi-

1. Nord*Ost im Vice Magazine 2. Myspace-Seite von Nord*Ost

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ker. In Blogs wird über die Neuigkeiten diskutiert und Remixe ihrer Musik veröffentlicht. Lediglich in unabhängigen Szenemagazinen wie dem Vice Magazin werden Plattenkritiken, Portraits und Statements der Band veröffentlicht. Die Magazine sprechen besonders eine liberale und experimentierfreudige Zielgruppe an.


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ImpressUM

Klischee Untersuchungen zu visuellen Stereotypen im Eigenversuch

Danke an M.I.A, Shania Twain, Mathias Kohl, Kerstin Schimandel, IlHo Jung, Christoph Schulte, ZDF Fundus, FH-Mainz

Betreuer Prof. Jean Ulysses Voelker


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Design und Konzept Saskia WeiĂ&#x;, Georg Baumann, Christian Rau

Fotografie Nord*ost Mathias Kohl (www.fotokohl.de)

Produktion Druckerei Harth, Mainz


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