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PRO & CONTRA

& CONTRA

Zum Autor

Anita Körbler, MA, ist Managing-Partner des Digitalvermittlers trovato.immo und kann auf langjährige Expertise im Immobilienbereich zurückblicken.

Leistung erkennen und honorieren

Kommentar: Anita Körbler

Der gemeine Österreicher wird ja oftmals als – nennen wir es – „vorsichtig“ wahrgenommen, wenn es um Neuerungen, vor allem regulativer Natur, geht. Erstaunlicherweise spüren wir beim Thema Einführung des Bestellerprinzips einen positiven Grundtenor aus der breiten Konsumentenmasse. Das Thema Wohnen berührt und lässt künftige Mietinteressenten hoffen, die vielfach kritisch beäugten Nebenkosten rund um einen sehnlichst gewünschten Umzug in die neue Mietwohnung endlich ausklammern zu können. Ob es dadurch wirklich zu einem leistbareren Wohnen kommt, wird sich zeigen.

Perspektivenwechsel

Die Frage, die sich mir stellt, ist: Wenn Vermieter und Mieter gleichermaßen mit dem Preis zufrieden sind – leidet nicht letztlich das Objekt, also die Wohnung nachhaltig darunter? Welcher Vermieter ist erfreut, Investitionen zu tätigen, die nicht unbedingt notwendig sind und seine Renditeberechnungen negativ beeinflussen könnten? Es mag sich als richtig erweisen, dass der Mieter im Endeffekt keinerlei spürbare Einsparungen durch Wegfall der Maklerprovision wahrnimmt. Durch die Einführung des Bestellerprinzips mag der Eigentümer jedoch zu rechtzeitigen Instandhaltungsmaßnahmen gedrängt werden, da er andernfalls riskiert, einen langjährigen verlässlichen Mieter zu verlieren. Wir neigen – wie so oft – dazu, die Situation mit dem Procedere in Deutschland zu vergleichen, das sicherlich nicht die optimale Umsetzung der damit beabsichtigten Regelungen gezeigt hat. Vor allem in puncto Markttransparenz, für die viele österreichische Immobilienunternehmen in den letzten Jahren eingetreten sind, könnte das ein erheblicher Rückschritt sein. Blicken wir da doch eher auf internationale Beispiele wie in den Vereinigten Staaten und Kanada, die unserem erfolgreichen heimischen Immobilienmarkt durchaus als Anreiz gelten dürfen und wirkliche Entwicklungen für die unterschiedlichsten Stakeholder mit sich bringen könnten.

Leistungen vermarkten

Zu meiner großen Freude darf ich mit vielen Vermittlern zusammenarbeiten, die schon seit Längerem aktiv Überlegungen getätigt haben, wie sie ihre Leistungen künftig vermarkten bzw. ergänzen werden – es ist ja nun nicht so, dass uns das Thema von heute auf morgen überraschend begegnet wäre. Da kann es in Zukunft durchaus die ein oder andere Veränderung geben, die schließlich auf Wesentliches einzahlt: Entwicklung und Innovation in der angebotenen Leistung. Und das kann ein Schlüsselgrund sein, der auch einen Mieter gerne zum Besteller werden lassen könnte: dass er die Leistung erkennt und diese dann auch gerne entsprechend honoriert.

Zum Autor

Bernhard Reikersdorfer ist Managing Director von RE/MAX Austria, der bekanntesten Immobilienmarke bzw. des größten Immobilien-Experten-Netzwerk in Österreich.

Keinerlei Mehrwert erkennbar

Kommentar: Bernhard Reikersdorfer

Die Tatsache, dass es wesentliche Unterschiede gibt, zwischen dem, was von der Politik öffentlich kommuniziert wird, und dem, was im Gesetzesentwurf tatsächlich steht, ist irritierend. Aber abgesehen davon wird der vorgestellte Entwurf zum Bestellerprinzip in Zukunft leider spürbare Nachteile für die Mieter bringen. Warum ein Modell in Österreich umgesetzt wird, welches bereits in Deutschland nicht wie gewünscht funktioniert und für die Mieter oftmals nachteilig ist, ist mir ein Rätsel. Das Bestellerprinzip schafft keinen zusätzlichen Wohnraum, Wohnen wird durch das Bestellerprinzip für Mieter nicht billiger, es wird deutlich weniger sichtbares Angebot am Markt geben, und die Markttransparenz wird nicht mehr in gewohnter Form gegeben sein, das heißt, die Auswahlmöglichkeit und die Vergleichbarkeit für die Mietinteressenten wird leiden/ fehlen. Auch viele Leistungen für Mieter in der jetzigen Form wird es oftmals nicht mehr geben, Mieter müssen mit mehr Aufwand und mit Mehrkosten rechnen – Stichwort Rechtssicherheit, Dokumentenbeschaffung, Dokumentationen usw.

Unklarheit

Der vorgestellte Entwurf ist auch nicht praxistauglich, er wird bei Mietern bei der Suche für viel Unklarheit und Unsicherheit sorgen. Welche Leistungen dürfen von einem Makler erwartet werden? Wann wird für mich als Mieter ein Honorar für den Makler fällig? Ist mit der Neuregelung der Makler als Doppelmakler tätig oder nur als Makler für den Vermieter? Ist der Mietpreis marktgerecht? Etc. Das Bestellerprinzip ist auch nur bedingt treffsicher. Damit werden alle Mieter von Luxuswohnungen bzw. von Ferien-, Freizeitdomizilen und Zweitwohnsitzen entlastet und das spürbar – das ist vermutlich nicht das Ziel der Politik. Jene Zielgruppen, bei denen eine Entlastung dringend notwendig wäre, betrifft das Bestellerprinzip so gut wie gar nicht. Einkommensschwächere Personen bzw. Haushalte sind in erster Linie Mieter von Gemeinde-, Genossenschafts- oder Sozialwohnungen. Diese werden nicht über Makler vermittelt, ebenso wie Wohnungen, Zimmer bzw. Betten in Studentenheimen. Damit haben tausende Wohnungssuchende, die es dringend notwendig haben, keinen Cent Ersparnis. Das ist leider Fakt und stimmt nachdenklich.

Den vorgestellten Entwurf zum Bestellerprinzip lehne ich nicht aus Prinzip ab, unterm Strich kann ich aufgrund meiner über 25-jährigen Erfahrung in der Immobilienbranche im deutschsprachigen Raum aber sagen, dass für Mieter im Entwurf zum Bestellerprinzip am Ende des Tages keinerlei Mehrwert erkennbar ist. Sinnvolle Veränderungen zum Wohle der Mieter werden von uns unterstützt und das zu 100 Prozent. Es gibt auch einen positiven Aspekt im Entwurf, der soll natürlich nicht unerwähnt bleiben: Die schriftliche Dokumentation einer Beauftragung eines Maklers ist ein Schritt in die richtige Richtung und sehr begrüßenswert.

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