Filmpodium 16. Februar – 30. März 2014

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36 SÉLECTION LUMIÈRE

LA FAMIGLIA VON ETTORE SCOLA Ausgewählt von den Mitgliedern des Filmpo-

kriegen berichtet. Das Leben in stetem

dium-Fördervereins Lumière ist La famiglia

Fluss, zwischen Abebben und Wiederaufflu-

eine Familienchronik, die sich über 80 Jahre

ten: die Gezeiten des Menschseins.

erstreckt und die italienische Zeitgeschichte

Vor allem aber macht der Film das alles

spiegelt. Nach zehnjähriger Pause reali-

unerbittlich im Innenraum ein und derselben

sierte Ettore Scola, geboren 1931, im vergan-

Wohnung in den Prati beim Castel Sant An-

genen Jahr eine Hommage an seinen Freund

gelo mit dem langen, tiefen, düsteren Flur,

und Kollegen Fellini, Che strano chiamarsi

auf den sich viele Türen öffnen und schlies-

­Federico, seinen bisher letzten Film.

sen; mit diesen verschachtelten, weit nach hinten und um mehrere Ecken herum gestaf-

«80 Jahre im Dasein eines Clans mit Fi-

felten Gemächern; mit ihrem periodisch auf-

guren, die nicht bloss auf- und abtreten,

gefrischten Antlitz, denn ein ‹Äusseres› kann

sondern gehen und wieder kommen, mitei-

sie nicht haben, sie ist pures Interieur bis in

nander leben oder auch ohne einander, jede

die Fensterdurchblicke auf die Strasse hi-

ein wenig mit dem Schicksal jeder anderen.

naus, wo eine Jahreszeit brütet oder klirrt,

Die Familie: ein lebendiges Ganzes und Ge-

und auch noch die Treppe hinunter bis zum

flecht von Individuen, das mehr ist als die

Eingang, wo die grösseren Ankünfte und

Summe seiner Teile. Der Film führt die

Weggänge stattfinden. Selten bleibt in Fil-

Chronik und erzählt die Geschichte: ver-

men der Ort der Handlung so unverrückbar

zeichnet Geburten, Hochzeiten, Studien­

fest wie hier Träger des Wandels.» (Pierre

abschlüsse, Firmengründungen, Pleiten,

Lachat, Filmbulletin 155, Aug./Sept. 1987)

Krankheiten, Todesfälle, Geburten – immer bevor er noch von den Wechselfällen des

H am Mo, 10. März, 20.45 Uhr: Einführung

Zeitgeschehens, den Kriegen und Zwischen-

von Martin Walder

LA FAMIGLIA / Italien/Frankreich 1987 128 Min / Farbe / 35 mm / I/d/f // REGIE Ettore Scola // DREHBUCH Ruggero Maccari, Furio Scarpelli, Ettore Scola // KAMERA Ricardo Aronovich // MUSIK Armando Trovajoli // SCHNITT Francesco Malvestito // MIT Vittorio Gassman (Carlo/der Grossvater), Fanny Ardant (Adriana), Stefania Sandrelli (Beatrice), Andrea Occhipinti (der junge Carlo), Massimo Dapporto (Giulio), Philippe Noiret (Jean-Luc), Ottavia Piccolo (Adelina, das Dienstmädchen), Ricky Tognazzi (Paolino), Athina Cenci (Tante Margherita).


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