Filmdienst 17/2013

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Fotos: Jeweilige Verleiher

im Kino

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GroSSStadtKlein [15.8.]

BEWERTUNG DER FILMKOMMISSION Eine Frau schließt sich 1898 in Kanada einer kleinen Gruppe an, deren Mitglieder am Fluss Klondike Gold suchen wollen. Die Reise erweist sich als lebensgefährlich, was an äußeren Bedrohungen wie an Verwerfungen innerhalb der Gruppe liegt. Thomas Arslan inszeniert das Western-Sujet auf der Basis historischer Zeugnisse als existenzielle Grenzerfahrung, die nicht auf dramatische Zuspitzungen setzt, sondern auf die Teilhabe an den körperlichen Mühen und seelischen Zerreißproben, wobei er die Weite der Landschaft ins Klaustrophobische wendet. - Sehenswert ab 16.

einem Sommertag im Jahr 1898 von der nördlichsten Bahnstation in Kanada aufbrechen, voller naiver Zuversicht auf ein besseres Leben. Nur allmählich kommt es unter den sich Fremden zur Annährung. Zunächst nur mit Blicken, dann in ersten Gesprächen taxiert man sich, nimmt Einschätzungen vor, verteilt Sympathien und Antipathien. Als besonderer Fremdkörper sticht von Beginn an Emily Meyer (Nina Hoss) aus der Gruppe heraus: eine allein reisende, zudem sichtlich selbstbewusste Frau, an der sich die Haltungen der anderen auf grundverschiedene Weise ausrichten. Am Ende ist es Emily, die noch am weitesten kommt – vielleicht weil sie am wenigsten zurückblickt: „Ich habe nichts, wofür es sich lohnt umzukehren“, sagt sie einmal. Alle

anderen scheitern an ihren Dämonen: Der Betrüger wird fast gelyncht, der alkoholabhängige, zur Herrschsucht neigende Reporter tappt in die einzige Bärenfalle weit und breit, um elendig zu sterben; der „zärtelnde“ Familienvater verfällt dem Wahnsinn und verschwindet nackt im Nichts; den Abenteurer, dem noch am ehesten das Flair des einsamen Westerner umgibt, holt eine zurückliegende Gewalttat ein. Es sind gänzlich unromantische Episoden einer aussichtslos-widersinnigen Reise, die Arslan zu einer anfänglich spröden, dann immer spannenderen Tragödie verdichtet. Wie die Personen untereinander, so nähert auch er sich ihnen langsam und behutsam, arbeitet geschickt mit Auslassungen. Dies rückt die Monotonie der beschwerlichen Reise in den Vordergrund, während vieles indirekt erschlossen werden muss – vor allem aus den immer sonnenverbrannteren Gesichtern, die von Erschöpfung und wachsender Mutlosigkeit erzählen. Ganz selten blitzt etwas von den Ressourcen menschlicher Vitalität auf, etwa wenn Nina Hoss einen koketten Tanzschritt ausübt; und mitunter schiebt sich ein wohltuend grimmiger Humor in die Erzählung, etwa wenn Lars Rudolph angesichts der Absurdität der Ereignisse wunderbar lamentierend mit dem Schicksal hadert. Horst Peter Koll

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Ole reist per klapprigem Moped aus der Provinz von Mecklenburg-Vorpommern nach Berlin - um ein Praktikum anzutreten, die Familie zu heilen und womöglich die wahre Liebe zu finden. Tobias Wiemann hat seinen Debütfilm inhaltlich ein wenig überfrachtet, entwickelt seine Geschichte dabei aber stets sorgfältig an den Figuren entlang. Diese zeichnet er gemeinsam mit der ausdrucksstarken Besetzung nicht ohne Klischees, opfert dabei aber die schrulligen Gestalten nie irgendeinem billigen Witz. - Ab 14. Deutschland 2013 | R: Tobias Wiemann | 98 Min. | FD-Kritik: 41 849

pain & Gain [22.8.] Zwei Mitarbeiter eines Fitnessstudios wollen gemeinsam mit einem Kumpel ihr Salär aufbessern, indem sie einen reichen Kunden entführen und unter Folter zum Geldüberweisen zwingen. Was theoretisch einfach klingt, entwickelt sich in der Praxis zu einer Anhäufung von Katastrophen. Nach einer wahren Begebenheit von Michael Bay als Chaos-Komödie inszeniert, entwickelt sich der Hochglanz-Film aufgrund seines zerdehnten Spannungsbogens zu einer Geduldsprobe mit infantilem Humor. - Ab 16. USA 2013 | R: Michael Bay | 130 Min. | FD-Kritik 41 850

verBorGene Welten 3d – die höhlen der toten Ein eindrücklich mit stereoskopischer Kamera eingefangener Einblick in eine selten dokumentierte Unterwasserwelt der Höhlenlabyrinthe auf der mexikanischen Halbinsel Yucatán. Die deutsche Dokumentation, die durch ihre überwältigenden HD-Bilder besticht, mystifiziert diese als Grundlage für die Maya-Kultur erachteten, bis zu 100 Meter tiefen Wasserlöcher. Unnötig mit MayaReenactment-Szenen aufgepeppt, bleibt der Film dennoch ein Erlebnis für Tauch- und Naturfreunde. - Ab 10. Deutschland 2013 | R: Norbert Vander | 93 Min. | FD-Kritik: 41 851

KicK-aSS 2 [15.8.] Drei Jahre nach „Kick-Ass“ müssen die selbsternannten Alltagshelden mit neuen Herausforderungen fertigwerden: Mindy („Hit-Girl“) erlebt die Traumata, die ein Mädchen in der High School erwarten, während Dave („Kick-Ass“) mit seiner Rolle als „Held der Straße“ hadert. Doch dann taucht ein neuer Superschurke auf. Das Sequel schafft es nicht, die Figuren interessant weiterzuentwickeln, sodass aus dem Mix aus Superhelden- und High-School-Film ein halbwegs stimmiger Plot entstünde. - Ab 16. USA 2013 | R: Jeff Wadlow | 113 Min. | FD-Kritik: 41 852

Filmdienst 17 | 2013

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