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Mütterkur auf Norderney

In unserem privaten Freundes- und Bekanntenkreis ist zunehmend häufiger von Mütterkuren die Rede. Auch auf Norderney können Mütter Rehabilitations- und Vorsorgeangebote wahrnehmen. Aber wie empfinden die Frauen eine solche Auszeit vom Alltag - drei Wochen ganz alleine, ohne Mann und Kinder auf der Insel? Ulrike arbeitet als Angestellte im Marketing, ist verheiratet und Mutter von zwei Söhnen im Teenageralter. Sabine ist alleinerziehend, hat einen 11jährigen Sohn und arbeitet als Bürokauffrau. Wir haben die beiden Frauen auf eine Tasse Tee an der Marienhöhe getroffen und mit ihnen über die Erfahrungen gesprochen, die sie während einer Mütterkur bei der AWO im Oktober 2020 auf Norderney gemacht haben.

Foto. Carsten Muecke

Was ist der Grund, warum Ihr eine Kur beantragt habt?

Ulrike: Es gab verschiedene Herausforderungen. Meine Belastungsgrenze war erreicht, ich fühlte mich überfordert, erschöpft, nicht mehr entscheidungsfähig. Ich brauchte eine Auszeit, um mir klar zu werden, wo es hingehen soll und was meine Ziele sind.

Sabine: Nach einer Krebserkrankung vor drei Jahren und der Trennung von meinem Mann während der Therapie, habe ich mich gegen eine klassische Reha entschieden. Jetzt brauchte ich dringend eine Zeit nur für mich, um den Kopf freizubekommen.

Wie kann man sich die Konstellation einer solchen Kur vorstellen?

U.: Wir waren eine Gruppe von rund 25 Frauen im Alter von Mitte 30 bis Mitte 50 - und genauso groß war die Spannbreite der Motivation. Von Beziehungsproblemen über Trennungen, Erziehungsfragen, Überforderung im Job und in der Familie. Schön war, dass all diese Probleme gar nicht ständig im Mittelpunkt standen. Die meisten haben sich erstmal danach gesehnt, endlich zur Ruhe zu kommen.

Beschreibt doch mal einen typischen Tagesablauf.

U.: Der Tag ist klar strukturiert durch drei feste Mahlzeiten. Es ist ein gutes Gefühl, dass man so umsorgt wird und sich um nichts kümmern muss. Nach dem Frühstück starteten die Therapien, nach dem Mittagessen gab es eventuell noch eine Anwendung oder Entspannungseinheit und anschließend reichlich Zeit zur freien Verfügung.

S.: Das frühe Aufstehen - auch am Wochenende - ist einigen nicht so leichtgefallen, aber ich habe diese gemeinsamen Mahlzeiten sehr genossen. Man konnte aber auch mal das Mittagessen ausfallen lassen, wenn man unterwegs war.

Welche therapeutischen Angebote gab es?

U.: Zu Beginn der Rehabilitation wurde nach den Eingangsgesprächen mit einer Ärztin und einem Psychotherapeuten der Therapieplan individuell festgelegt, je nach Bedürfnissen, Problematiken und Zielen. Entspannung, Stretching, Nordic Walking, Massage, Gesprächstherapie. Die Angebote waren abwechslungsreich und haben gutgetan, vieles fand an der frischen Luft statt, Fitness am Meer - herrlich!

S.: Das Meer wirkt wirklich wie Balsam für die Seele. Sehr gut gefallen haben mir auch die Vorträge zu interessanten Themen.

Auf dem Programm stand auch die sogenannte Klimatherapie - könnt Ihr davon etwas ausführlicher erzählen?

U.: Die erste Woche dient der Akklimatisation, viel Bewegung an der frischen Luft, Spaziergänge am Meer. In der zweiten Woche sind wir dann - auf dem Weg warm angezogen, aber darunter im Badeanzug - nach einem Warm-up ins Wasser gegangen. Ziel ist, ein paar Sekunden in der eiskalten Nordsee zu bleiben. Das war am Anfang natürlich eine echte Überwindung. Aber dann bekommt man einen richtigen Kick, der ganze Körper prickelt und man erkennt, dass man über sich selbst hinauswachsen kann.

S.: Die Kraft der Frauen!

Wie habt Ihr die freie Zeit für Euch genutzt?

U.: Diese Mußeinseln nur für sich sind der pure Luxus! Im Alltag steht man immer unter Druck, so viel muss erledigt werden. Hier bin ich viel alleine am Meer spazieren gegangen und habe Musik gehört, bin gejoggt und Fahrrad gefahren. Außerdem konnte ich stundenlang lesen, zweimal war ich im Badehaus - toll!

S.: Gemeinsam mit einigen Frauen mal eine Waffel essen oder einen Aperol Spritz in der Marienhöhe trinken, spazieren gehen, ein Konzert im Konversationshaus besuchen - sich austauschen. Gerade, weil ich sonst viel alleine bin, hat mir diese Abwechslung gutgetan.

Wie seht Ihr Norderney als Rahmen für eine Mütterkur?

U.: Perfekt. Das vielfältige Angebot ist eine schöne Ergänzung und erfüllt eigentlich alle Bedürfnisse. Hier gibt es das Meer, die Ruhe, die Weite, aber auch eine gute Infrastruktur, schöne Cafés und Lokale - je nachdem, wonach einem gerade ist.

S.: Das sehe ich auch so. Oder mal shoppen gehen, hier bleibt kaum ein Wunsch offen.

Was hat Euch auf der Insel besonders gut gefallen?

U.: Die Strandspaziergänge am Meer habe ich besonders genossen. Es gab hier so viele perfekte Momente. Augenblicksluxus! Die Sonnenuntergänge, das Meeresrauschen.

S.: Die Kombination aus Nordsee und der Vielfalt an Angeboten zum Flanieren, Bummeln, Genießen. Ich habe alles dankend angenommen.

Wie habt Ihr die Trennung von Euren Familien und die Konzentration auf Euch selbst erlebt?

S.: Prima! Ich konnte gut abschalten und mich auf mich konzentrieren - 11 Jahre habe ich funktioniert, jetzt war die Zeit gekommen, dass ich mich in den Mittelpunkt stelle. Nach den anfänglichen Hürden war ich so froh, als ich endlich auf der Insel war.

U.: Erstmal ist das schon nicht so einfach - allein sich einzugestehen, dass diese Auszeit nötig ist und man sie sich auch nimmt. Aber es fand eine Entwicklung zum Positiven statt. Dafür ist diese räumliche und zeitliche Distanz notwendig und davon profitiert letztendlich natürlich auch meine Familie. Eine Win-Win-Situation.

Was hat Euch die Mütterkur auf Norderney gebracht? Welches Fazit könnt Ihr ziehen?

U.: Meine Perspektive hat sich verändert, die Motivation und Gelassenheit sind zurück, um mich den Konflikten und Problemen wieder zu stellen und Lösungen zu finden. Oder auch manchmal einfach Dinge und Umstände so zu akzeptieren, wie sie sind, ohne sie ändern zu können. Dafür war es notwendig, mich selbst wieder zu mögen, nachsichtiger mit mir zu sein und mein Selbstbewusstsein zurückzugewinnen. Dieser Prozess setzte tatsächlich erst in der dritten Woche ein, aber dafür habe ich das Gefühl, dass diese Auszeit tatsächlich nachhaltig ist.

S.: Ruhe und viel Kraft. Die Umsetzung der Erkenntnisse im Alltag ist manchmal nicht so einfach, aber allein die Erinnerung an diese gute Zeit ist eine Kraftquelle.

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