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Haus am Meer

100 JAHRE INSELLIEBE

Familie Brune auf Norderney - Episode 1

Die Leidenschaft für Norderney besteht seit Kindertagen - das gilt für uns und für viele, die sich hier (wie) zu Hause fühlen. Als wir nach der Jahrtausendwende damit begonnen haben dieses Magazin herauszugeben, kannten wir auf der Insel fast niemanden. Familie Brune hat die Türen von Anfang an weit aufgemacht - und uns in einer Phase von Euphorie und Aufbruch an spannenden Gedanken und Plänen teilhaben lassen. Wir erinnern uns noch sehr gut daran, wie uns Jens Brune im Frühjahr 2005 zum ersten Mal durch das Haus am Meer geführt hat, das damals gerade als das service-orientierteste Hotel Niedersachsens ausgezeichnet worden war. In dem mehr als 17 Jahre zurückliegenden Gespräch stellt der Hotelier eine Mentalitätsfrage in den Raum, die auch wir uns - in völlig anderem Kontext - seitdem immer wieder zu Herzen genommen haben: "Wie überrasche ich den Gast?" Dieses Leitmotiv - verbunden mit höchstem Anspruch an Service und Qualität - bleibt bis heute in den Unternehmungen erkennbar - vom Seesteg bis zur Milchbar, vom Inselloft bis zur Marienhöhe. Kaum jemand hat in den vergangenen Jahrzehnten auf Norderney so nachhaltig markante Spuren hinterlassen wie die Bremer Architekten- und Hoteliersfamilie Brune - und mit dem Haus am Meer hat einst alles angefangen. 100 Jahre Inselliebe.

Familienchronik - das mag zwischen flüchtigen Instagram Posts, Reels und Storys für manchen im ersten Moment ein bisschen wie ein Anachronismus klingen. Doch was wir heute auf Norderney mit offenem Mund und großen Augen freudig genießen und bestaunen, ist nicht vom Himmel gefallen, sondern beruht auf Mut und Weitsicht vergangener Tage. Wir jedenfalls haben uns immer schon gefragt, wie die Brunes nach Norderney gekommen sind, wie sich alles entwickelt hat und zusammenhängt. Es lohnt sich zurückzuschauen. Am Beginn der Geschichte stehen die gesunde Seeluft und die Liebe zu einer Frau. 1922 liegt der Erste Weltkrieg nur wenige Jahre zurück. In einer Zeit des Umbruchs und der Unsicherheit hadert der Dresdener Uhrmacher Max Siede mit sich und der Welt. Seine Frau Else leidet an schwerem Asthma. Die Therapien schlagen nicht an. Schweren Herzens entscheiden sich die beiden, den Betrieb und ihr gesamtes Hab und Gut zu verkaufen, um auf Norderney ein neues Leben anzufangen - in der Hoffnung, dass das Reizklima an der Nordsee Else Siede eine Linderung ihrer Beschwerden verschafft. Und es funktioniert. Mit etwas Glück gelingt es dem Paar, das Gebäude in der Kaiserstraße 3 zu erwerben - das heutige Wittehuus - und als "Haus am Meer" zu einem Hotel ersten Ranges zu machen, in dem zum Beispiel der Außenminister der Weimarer Republik - Gustav Stresemann - ein Stammgast war. 1937 kommt als Dependance das heutige Rodehuus vis-a-vis der Milchbar hinzu - zunächst als reines Bettenhaus. Das Fundament ist gelegt - für eine bis heute andauernde Erfolgsgeschichte.

Als der Zweite Weltkrieg ausbricht und Norderney zum militärischen Sperrgebiet erklärt wird, verfrachtet Max Siede die Familie und was er sonst noch mitnehmen kann in einen Güterwaggon und fährt in den Schwarzwald. Im Münstertal, weit entfernt von kriegsrelevanter Industrie, erwirbt er 1942 das Historische Gasthaus zur Linde, das seither ebenfalls im Familienbesitz geblieben und stetig weiter ausgebaut worden ist. Bereits 1946 kehren Max und Else auf die Insel zurück. Im Haus am Meer sind zunächst noch englische Offiziere einquartiert, doch schon bald können auch wieder deutsche Gäste aufgenommen werden, die anfangs statt mit Geld in Naturalien bezahlen - Kartoffeln und Schinken sind dabei genauso willkommen wie Teppiche oder Brillanten. Else "Omi" Siede erweist sich als energische, zupackende Frau - eine Unternehmerin mit Mut zu Veränderungen. Im hauseigenen Fischrestaurant steht sie Tag für Tag selbst in der Küche. Frische Hummer- und Seezungengerichte zählen zu ihren besonderen Spezialitäten. Ohne ihren 1952 verstorbenen Mann führt Else das Hotel bis 1970 weiter, viele Jahre mit der Unterstützung ihrer Enkeltochter Birgit, zu der sie eine besonders enge Beziehung hat. Über Omi Siede kursieren zahlreiche heitere Anekdoten - zum Beispiel, dass sie es sich bei aller persönlichen Sparsamkeit nicht nehmen ließ, jeden Freitag auf der Terrasse ihres Hotels einen Hummer zu verzehren. Nach ihrem Tod 1972 bleibt das Haus im Familienbesitz und geht an die Enkelin Birgit über.

Birgit Brune ist erst 25 Jahre alt, als sie die Verantwortung für das Haus am Meer übernimmt. Wenige Jahre zuvor hat sie auf Norderney ihren späteren Mann kennengelernt, den Bremer Architekten Ewald Brune. "Schnapp ihn Dir", habe Oma Siede ihrer Enkelin damals geraten. Aus der Liaison erwächst eine Liebe fürs Leben. Die gebündelte Kompetenz in punkto Ästhetik und Gastfreundschaft - in der Verbindung von Architektur und Hotellerie - soll von nun an für den Familienbetrieb prägend bleiben. Durch mutige Investitionen hebt das Paar die Qualität ihrer Häuser auf ein neues Niveau. So entsteht 1979 aus der ehemaligen "Dependance" das Rodehuus, dessen Schwimmbad auf dem Dachausbau bei der Eröffnung zu den besonderen Highlights

zählt. Das Konzept - Zimmer mit Küchennische - wird so gut angenommen, dass Birgit und Ewald Brune auch das bisherige Haupthaus mit dem bekannten Fischspezialitäten-Lokal als Hotel garni neu errichten. Seit 1985 bildet es als Wittehuus zusammen mit dem Rodehuus und dem Gästehaus in der Halemstraße 17 das Haus am Meer.

Birgit und Ewald Brune haben zwei gemeinsame Söhne: Marc und Jens Brune. Die Brüder verbringen schon als Kinder jede Menge Zeit auf der Insel. Nach der Schule zieht es sie zunächst hinaus in die Welt. Marc Brune tritt in die Fußstapfen seines Vaters und studiert in Karlsruhe Architektur und anschließend Stadtplanung und Real Estate Development in New York. Der Weg von Jens Brune führt ihn in jungen Jahren vom renommierten Hotel Vier Jahreszeiten in Hamburg, wo er das Hotelfach von der Pike auf lernt, bis ins ferne Japan nach Tokyo. An dieser Stelle schließt sich ein Kreis. Denn das eingangs erwähnte Leitmotiv hat seine Wurzeln in den prägenden Erfahrungen dieser Zeit. Im Jahr 2003 kehren die beiden Brüder zurück nach Norderney, um ins Familienunternehmen einzusteigen. Das Haus am Meer erfährt auch nach der Jahrtausendwende regelmäßig weitere Erneuerungen. Erst in diesem Jahr hat die Familie zum Beispiel das Witte Coffeehuus eröffnet - für beste Kaffeespezialitäten, gesunde Köstlichkeiten und Feel-Good-Vibes direkt gegenüber der Milchbar. Was Marc und Jens Brune betrifft, so bleiben ihre ganz eigenen Spuren, die sie in rund zwei Jahrzehnten auf der Insel hinterlassen haben, ein neues Kapitel der Familiengeschichte, von dem wir ein anderes Mal erzählen wollen.

Fortsetzung folgt.

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