Essay von Tomas Kubelik
Das Missverständnis vom grammatikalischen Geschlecht ir alle haben es längst internalisiert: Frauen sind das diskriminierte, das benachteiligte, das unterdrückte Geschlecht. In der Berufswelt, in der Familie, in der Partnerschaft und nicht zuletzt in der Sprache: Frauen sind das Opfer patriarchaler Strukturen. Seit bald zwei Generationen wird die Öffentlichkeit mit diesem Dogma bearbeitet.
Trotzdem ist das Gegenteil wahr. Daran ändert auch die mantraartige Wiederholung falscher Behauptungen nichts. Frauen sind in den westlichen Gesellschaften seit Jahrzehnten rechtlich gleichgestellt. In manchen Bereichen werden sie von vielen europäischen Ländern sogar erheblich bevorzugt: So müssen sie keinen Wehr- oder Zivildienst leisten, müssen trotz höherer Lebenserwartung kürzer arbeiten als Männer und sie genießen als Mütter gegenüber Vätern massive Vorteile im Sorgerecht. Die zunehmend grassierenden Frauenquoten sind zwar für die Frauen diskriminierend, weil sie unterstellen, ohne die Quoten seien Frauen nicht fähig, entsprechende Bildungsabschlüsse oder berufliche Positionen zu erreichen. Sie bedeuten aber eine gesetzlich verankerte Schlechterstellung von Männern. Eine rechtliche Schlechterstellung von Frauen hingegen existiert nicht. Auch ein Blick auf die soziale Wirklichkeit entlarvt die Behauptung von der weiblichen Opferrolle als Schwindel. Männer erkranken häufiger schwer, sie verunglücken wesentlich öfter als Frauen, sind häufiger von Arbeitslosigkeit und Obdachlosigkeit betroffen, haben öfter als Frauen mit Alkohol- und Drogenproblemen zu kämpfen, nicht zuletzt stellen sie den Großteil der Gefängnisinsassen und führen die Selbstmordstatistik an.
Auch die Behauptung, Männer seien nur selten Opfer von Gewalt, ist falsch. 78% der Prügelopfer und 84% der Mordopfer sind Männer. Die Weltgesundheitsorganisation schreibt in ihrem Weltbericht Gewalt und Gesundheit aus dem Jahr 2002: »In allen Ländern sind junge Männer die Haupttäter und opfer von Tötungsdelikten.« Selbst in Beziehungen wenden Frauen und Männer ungefähr gleich häufig emotionale und körperliche Gewalt gegen ihren Partner an. Laut einer Pilotstudie im Auftrag des deutschen Familienministeriums sind rund 25% der Männer mindestens einmal in ihrem Leben körperlicher oder sexualisierter Gewalt in Partnerschaften ausgesetzt. Die WHO dazu: »Sexual violence against men and boys is a significant problem. With the exception of childhood sexual abuse, though, it is one that has largely been neglected in research.« Und die Sonderauswertung einer Männerstudie aus dem Jahr 2009 kommt zu dem Ergebnis, dass rund 30% der Frauen und Männer gewaltaktiv sind. Dort heißt es: »Auch Frauen üben demnach physische Gewalt aus. Insgesamt ist die These, Männer dominierten alle Formen der Gewalt, nicht haltbar! Wie zahlreiche Studien zeigen, erfolgt weibliches Gewalthandeln auch keinesfalls ausschließlich aus Notwehr.« Und weiter: »Frauen und Männer üben etwa zu gleichen Teilen Gewalt gegen den Partner/die Partnerin aus.« Überraschend ist auch der Befund, dass »nach den vorliegenden Daten der Männerstudie eher die Frauen zu den höheren Häufigkeiten im Gewalthandeln neigen als die Männer.« Männer sind für die härtesten, dreckigsten und gefährlichsten Arbeiten einer Gesellschaft zuständig, sie stellen die Mehrheit der Hilfsarbeiter und machen die meisten Überstunden. Und selbst das Märchen von der schlechteren Bezahlung von Frauen für gleiche Arbeit ist trotz des alljährlichen Equal Pay Days längst wiederlegt und als statistischer Trick entlarvt. Männer und Frauen unterscheiden sich in ihrer durchschnittlichen Ausbildung, ihrer Berufswahl, ihrer Berufserfahrung und ihrer Arbeitszeit erheblich, so dass Einkommensvergleiche sehr schwierig sind. Der Statistiker Walter Krämer gibt zu bedenken: Um einen brauchbaren Vergleich über geschlechtsspezifische Lohnunterschiede zu bekommen, »müssten Frauen und Männer miteinander verglichen werden, die über die gleichen arbeitsmarktrelevanten Charakteristika verfügen und in denselben Unternehmen die gleiche Tätigkeit ausüben. Würden wirklich vergleichbare weibliche und männliche Beschäftigte miteinander verglichen, wäre es überraschend, wenn ein
Frauen sind in den westlichen Gesellschaften seit Jahrzehnten rechtlich gleichgestellt. In manchen Bereichen werden sie von vielen europäischen Ländern sogar erheblich bevorzugt.
Foto: Archiv
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Dr. Tomas Kubelik, 1976 in der Slowakei geboren, wuchs in Stuttgart auf und studierte Germanistik und Mathematik. 2005 promovierte er zum Dr. phil. Er ist als Gymnasiallehrer für Deutsch und Mathematik tätig. Kürzlich erschien sein Buch »Genug gegendert! Eine Kritik der feministischen Sprache«.
Fazit Mai 2014 /// 47