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GENTLE MACHINE


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Wenn ich an Nürnberg denke, tauchen in meinem Kopf direkt Bilder von Weihnachtsmärkten, Lebkuchen und Bratwurstständen auf. Alles jedenfalls Assoziationen, die grundsätzlich nicht viel mit Nachhaltigkeit zu tun haben. Dies könnte sich aber bald ändern. Nämlich dann, wenn Nürnberg Vorreiterstandort Deutschlands ist, wenn es um das Etablieren des ersten geschlossenen Kleidungskreislaufes geht.
Mit ihrem Konzept GENTLEMACHINE wollen Wanda Leuthe und Katharina Zovko-Smith genau das ermöglichen: Die bisher produzierte Kleidung in einen ansprechenden Tauschkreislauf unter die Konsument*innen bringen. Übersetzt bedeutet GENTLEMACHINE Schonwaschgang. In diesen soll die komplette Fast Fashion gesteckt werden. Denn 10% des bisherigen Produktionsvolumens würden absolut ausreichen, um uns alle weiterhin glücklich und die Welt ein Stück nachhaltiger zu machen.
Wir sind über Instagram auf das Konzept um Leuthe aufmerksam geworden und haben uns zum gemeinsamen Telefoninterview verabredet. Schon nach den ersten Minuten wird Leuthe’s radikale Haltung zum Thema klar. Wobei es vermutlich mehr eine komplette Lebenseinstellung ist, als reiner Aktivismus.
Leuthe selbst engagiert sich bereits seit knapp 10 Jahren für nachhaltige Themen und bewegt sich in dieser „Bubble“, wie sie selbst sagt. Mit Ihrer Schwester und einer Freundin hatte sie ein eigenes nachhaltiges Modelabel „YAR“, was primär aufgrund von Corona at acta gelegt werden musste. Außerdem geriet Leuthe in einen Gewissenskonflikt und ethischen Clash mit sich und ihren Prinzipien. Trotz nachhaltiger Produktionsweisen und ökologischer Standards, konnte sie es nicht mehr mit sich vereinbaren, überhaupt irgendeine Art von Neuware zu produzieren: „Unser Label war auch ZU VIEL.“Vielmehr wollte sie ihre Zeit in Konzepte investieren, die das wirkliche Problem an der Wurzel packen und langfristige Lösungsansätze liefern.
Vor drei Jahren reichte Leuthe ihr Konzept bereits bei einem Start-Up-Programm ein, gewann den Förderpreis und es schien, als könne sie ihre einstige Idee nun in die Tat umsetzen. Bis Corona kam. Zwei Lockdowns später zog sie erneut die Notbremse und alles schien auf der Kippe zu stehen. Leuthe war kurz davor alles hinzuschmeißen, als sie auf Kristina Zovko-Smith traf, die sie ermutigte weiterzumachen, da Sie selbst großes Potential sah, stieg Kristina Zovko- Smith in das Konzept mit ein. Zovko-Smith arbeitete selbst 17 Jahre lang in der Fast Fahion Industrie und kennt daher auch alle Negativaspekte der Branche. Auch für sie war die Arbeit dort nicht mehr mit ihren Prinzipien und dem weltpolitischen Geschehen zu vereinbaren.

Da die Coronalage weiterhin nicht absehbar war, mussten neue Lösungsansätze her, die auch ohne Berücksichtigung eines weiteren Lockdowns umgesetzt werden konnten. Dank der Kulanz der Fördergeldgeber, konnte das Geld glücklicherweise umgeleitet und in eine Wanderausstellung investiert werden. Die Wanderausstellung entstand in Zusammenarbeit mit einem Berliner Grafikbüro und umfasste 23 Shirts, über deren Aufdrucke Aufklärungsarbeit geleistet wurde. Auf den Shirts befanden sich Fakten über die Fast Fashion und alternative Ansätze, die bewusst machen, dass der gesellschaftliche Kaufrausch nichts mit Notwendigkeit zu tun hat, sondern nur das kurzfristige Stillen von Bedürfnissen ist. Und das geht eben auch anders. Oder muss
vielmehr anders laufen. Die Ausstellung war bis vor einigen Wochen in verschiedenen Nürnberger Concept Stores, Unverpackt- und Vintageläden vorzufinden. Der Krimi um die Eröffnung eines ersten potenziellen GENTLEMACHINE Stores sollte aber weitergehen. Leuthe und Zovko-Smith riefen ein Crowdfunding ins Leben, um ihre Vision doch noch real werden zu lassen.
Am 15. August war es dann so weit – kurz vor knapp wurde das anvisierte Spendenziel erreicht und einem Store, der die Fast Fashion in den Schonwaschgang schickt, scheint nichts mehr im Wege zu stehen. Jetzt muss nur noch das passende Ladenlokal in der Nürnberger Innenstadt her.
Aber wie genau soll das Konzept denn jetzt tatsächlich aussehen? „Viele Leute schreckt der Geruch und die Aufmachung von Second Hand Läden ab – dagegen wollen wir angehen“, so Leuthe im Interview. Daher sollen die GENTLEMACHINE Stores einer Boutique mit Wohlfühlatmosphäre in nichts nachstehen. Zudem sollen die Konsument*innen kein Gefühl des Verzichts vermittelt bekommen, welches durch Resterampe Vibes und muffigen Trödelgeruch verstärkt wird, sondern neue, andere Shoppingmöglichkeiten eröffnet bekommen.
Künftig soll alles über eine App und mithilfe einer Art eigenen Währung laufen. Die Kleidung, welche Kund*innen mitbringen, wird von den Mitarbeiter*innen kategorisiert und geschätzt. Wie viel ist ein Kleidungsstück aktuell noch wert? Hierbei wird in 5€-Schritten vorgegangen. Für eine Jacke, die schätzungsweise noch 80€ wert ist, erhält der*die Kund*in dementsprechend 16 Coins auf die App, mit der dann wiederum ein neues, altes Teil gekauft werden kann. Außerdem wird es eine Option für eine Mitgliedschaft geben, mit der eine Servicepauschale, die für die Aufbereitung abgegebener Kleidung anfällt, entfällt. Zudem gibt es die Möglichkeit, eigene, beschädigte Kleidung selbst zu reparieren oder für einen Aufpreis re„Viele Leute schreckt der Geruch und die Aufmachung von Second Hand Läden ab – dagegen wollen wir angehen, daher sollen die Gentle Machine Stores einer Boutique mit Wohlfühlatmosphäre in nichts nachstehen. “
parieren zu lassen. Da GENTLEMACHINE die Möglichkeit bieten will, sich von Kopf bis Fuß und für jeden Anlass einzukleiden, wird es außerdem ein kleines Angebot an Neuware geben, welches aus Unterwäsche und Socken besteht. Diese werden entweder inhouse selbst produziert oder von nachhaltigen, fairen Brands bezogen.
Wir finden, dass es höchste Zeit für mehr solcher progressiven, unkonventionellen Konzepte ist und sind schon ganz gespannt auf die weitere Entwicklung.
VIEL ERFOLG FÜRS OPENING UND BIS BALD IN NÜRNBERG!

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20% DER WERBEEINNAHMEN WERDEN AN DIE HILFSORGANISATION SAVE THE CHILDREN UND TERRE DES FEMMES (TEIL DES DEUTSCHEN CCC-NETZWERKS - CLEAN CLOTHES CAMPAIGN) GESPENDET. DIE ERZIELTE SPENDENSUMME WIRD IN DER LETZTEN AUSGABE DES JAHRES BEKANNTGEGEBEN. VORAB SCHON EINMAL VIELEN DANK AN ALL UNSERE PARTNER*INNEN.