10
»Auf gute Nachbarschaft«
Eine sichere Bank
Lina und Lillian sitzen im Klassenzimmer nebeneinander ■ Man sieht sich fast jeden Tag, tauscht Neuigkeiten aus, schreibt kleine Botschaften, regt sich gemeinsam über schlechte Noten und nervige Mitschüler auf, verbringt die Pausen miteinander und kennt sich ziemlich genau: Banknachbarn in der Schule sind weit mehr als Zweckgemeinschaft und gerade deshalb oft ein Musterbeispiel für gute Nachbarschaft.
Lina Klingler (8) und Lillian Ermann (7) besuchen beide die zweite Klasse der Wahlerschule in Schniegling. Seit der ersten Klasse sitzen die beiden, wann immer es möglich ist, nebeneinander. Es war Sympathie auf den ersten Blick, als sich die beiden Mädchen am ersten Schultag kennengelernt haben. „Mir gefällt an Lina, dass sie so nett ist“, meint Lillian. Und Lina
Ausgabe 2 | 2012
findet Lillian „immer sehr lustig“. Beide können genau sagen, was eine gute Banknachbarin ausmacht: „Man kann es gut aushalten, wenn sie nicht kleinlich ist, sie muss zum Beispiel Stifte und Radiergummi verleihen.“ Lillian lobt: „Von der Lina darf ich alles benutzen, sie hilft immer.“ „Nervig“ finden die Freundinnen dagegen Nebenleute, „die ständig zappeln, streiten oder zu oft spicken“. Unverzeihlich sei vor allem eines: „Wenn man jemandem ein Geheimnis erzählt und der es dann weitertratscht.“ Mit dem Abschreiben gibt es bei Lina und Lillian keine Probleme. Beide gehen gerne zur Schule und haben gute Noten. Auch teilen sie gemeinsame Vorlieben, was ihre Lieblingsfächer angeht: „Handarbeit, Sport und Mathe machen am meisten Spaß.“ In der Pause bleiben Lina und Lillian ebenfalls meistens zusammen und spielen mit anderen Kindern am liebsten „Zebrastreifen“ – ein Hüpfspiel, „bei dem man aufpassen muss, dass man nicht getatscht wird, sonst muss man in die Mitte“, sagen sie. Dass eine von ihnen mal in der Mitte landen, passiere nie: „Wir sind beide schnell.“ Obwohl Lina und Lillian von sich behaupten, „ganz lieb“ zu sein, geben sie zu, dass sie manchmal auch Quatsch machen. Zum Beispiel? „Wir haben unserer Klassenlehrerin Frau Weniger schon mal auf den Po gehauen“, kichern die beiden. „Sie hat aber darüber gelacht.“ Christa Weniger ist seit 1972 mit Begeisterung Lehrerin. Eines ist ihr über die Jahre immer wieder aufgefallen: „Für besonders gute Freundschaften ist es oftmals gar nicht so gut, ständig nebeneinander zu hocken. Die andauernde Nähe kann manchmal zu Streit führen.“ Deswegen bietet sie den Kindern an, alle paar Wochen den Sitznachbarn zu wechseln: „So entstehen ganz neue Kameradschaften.“ Auch Lina und Lillian haben sich kürzlich probehalber umgesetzt und versuchen ihr Glück nun mit neuen Banknachbarn. Ihrer Freundschaft hat das bisher nicht geschadet. Und es kann gut sein, dass sie nach den Sommerferien wieder nebeneinander sitzen.
Text: Gilda Goharian, Foto: Christof Heinze
»Beim Spielen lernt man sich kennen« In der Tillystraße 5 und 5a wird seit sechs Jahren ein Hausfest gefeiert ■ Mehrfamilienhäuser sind oft ein ziemlich zusammengewürfelter Haufen an Familien, die sich kaum kennen. Es gibt einen Kunstgriff, um dies zu ändern: einfach mal zusammen feiern! Es war einmal eine ausrangierte Kaserne, die wurde zu chicen Wohnungen umgebaut. Von überall zogen Familien, Alleinstehende oder Paare ein, zwischen 30 und
70 Jahren - eine bunt gemischte Truppe. Bald waren die mehr als 40 Wohnungen mit den Hausnummern 5 und 5a der Tillystraße in Schweinau belegt. Doch die Neuzugezogenen kannten sich kaum. Bei einer der ersten Eigentümerversammlungen fragte Thomas Wittmann, einer der letzten, der mit seiner Frau Alexandra eingezogen war: „Sollen wir nicht mal ein Hausfest machen?" Das