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Das Workshop-Programm von ImPulsTanz spricht nicht nur die Profis an. Allein 100 von 260 Kursen im Workshopzentrum Arsenal sind für Anfängerinnen und Anfänger jeden Alters – vom Kind bis zu den „Golden Agers“

Ballett-Workshops für Zeitgenossen? Klar, findet Janet Panetta und „­ Investigating Ballet“ heißen die Kurse, die Janet Panetta im Workshop-Programm von ImPulsTanz anbietet. Balletttraining und zeitgenössischer Tanz? Man mag glauben, dass diese beiden Tanz-Universen eher wenig gemeinsame Schnittstellen aufweisen. Tänzerin Panetta hat den Sprung aus dem eng geschnürten Korsett des klassischen Balletts zu den Freiheiten des zeitgenössischen Tanzes gewagt. Mit einem Timbre wie Janis Joplin unterrichtet die mondäne Dame Ballett für zeitgenössisch Tanzende. Seit nunmehr 18 Jahren auch bei ImPulsTanz. Angeblich, so geht die Mär, hat sie ein Jérôme-Bel-Stück choreografiert, bevor es ihn gab, und kennt Pole-Dance-Stangen der Tanzwelt! Der Falter hat nachgefragt. Foto: K arolina Miernik (2), Elisabeth Stöckl, privat

::  „Ballet for Contemporary Dancers“

Falter: Madame Panetta, was hat Sie vom klassischen Ballett zum zeitgenössischen Tanz verschlagen? Janet Panetta: Ich habe vor fast 40 Jahren angefangen, Ballett für zeitgenössisch Tanzende zu unterrichten. Damals hieß es natürlich nicht „zeitgenössisch“, sondern „modern“. Ich bin klassisch ausgebildete Tänzerin, mit einer kurzen Karriere am American Ballet Theater. Zu der Zeit gab es einen interessanten Wechsel im Downtown-Sektor der Tanzwelt. Viele der Leute, die darin involviert waren, besuchten die gleichen Ballettstunden wie ich: berühmte CunninghamTänzer wie Carolyn Brown, Viola Farber, Betty Jones, Paul Taylor und Jüngere wie Lar Lubovitch und Jennifer Muller. Als ich das American Ballet Theater verließ, wollte

Janet Panetta ist klassisch ausgebildete Tänzerin und hat in vielen wichtigen Compagnien getanzt. Vor 40 Jahren begann sie, Ballett für zeitgenössisch Tanzende zu unterrichten

ich investigativer arbeiten. Ich wollte mehr ich selbst sein können, die Freiheiten verlockten mich. Als ich anfing zu unterrichten, wollte ich sicherstellen, dass ich etwas lehren würde, das vermittelbar ist. Etwas, das Dauer hat. Ich wusste, ich habe die Fähigkeit, Ballett zu entmystifizieren – indem ich nur die physische Funktionalität, nicht aber die ästhetische Position pflegen würde. Ich wusste, ich könnte talentierten Tänzern helfen, sich mithilfe technischer Grundlagen zu verbessern, ohne dominierende Bilder zu strapazieren, wie Balletttänzer auszusehen haben. Das war und ist das Prinzip meines Unterrichts bis heute. Welche Verbindung hatten Sie zu Jérôme Bel? Und Sie waren auch bei einigen der wichtigsten zeitgenössischen Tanz-Compagnien tätig …

Grande Dame mit Hündchen: Janet Panetta unterrichtet seit 18 Jahren bei ImPulsTanz

Panetta: 1983 sollte ich die französischen

Nachwuchstänzer und -choreografen in Angers unterrichten. Zu der Zeit war dort auch Jérôme Bel Student. Einige Jahre habe ich auch mit Pina Bauschs Compagnie gearbeitet. Auch für Rosas war ich tätig, jetzt unterrichte ich in der Schule, aus der viele Tänzer der Compagnie gekommen sind. Über die Jahre hatte ich auch Verbindungen zu zahlreichen Compagnien wie Ballet Preljocaj, Cullberg Ballet, Mathilde Monnier, Cunningham und Trisha Brown. Bekommen Sie Feedback in Ihren Ballettklassen? Panetta: Einmal gab es eine Diskussion über die Relevanz von Balletttraining für zeitgenössisch Tanzende. Eine Studentin meinte, Ballett sei eine elitäre Disziplin, und ­Ballettlehrer seien Faschisten. Der Choreograf Hooman Sharifi verteidigte mich, er sei noch nie in einer Klasse gewesen, die demokratischer gewesen sei, denn das Ziel sei die Funktionalität der Bewegung, nicht ein bestimmter Körpertyp. Jeder könne in meiner Stunde an dieser Funktionalität arbeiten. Was war für Sie das Wichtigste in Ihrem persönlichen Tanztraining? Panetta: Es ist schwer zu sagen, was das Wichtigste war. Es gab so viele Aspekte. Aber ich würde sagen: Ganz bei der Sache zu bleiben und sich nicht von inneren oder äußeren Stimmen beeinflussen zu lassen. INTERVIE W: VERONIK A K RENN


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