Entdeck die Bucklige Welt 2/22

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Entdeck die Bucklige Welt HERBST /WINTER 2022/23AUSGABE 10 in den Wiener Alpen Äpfel aus BuckligenderWelt für eine Herbstreise zum Most

2 ENTDECK DIE BUCKLIGE WELT BodensteinArturKarte:Hlavka;FranzBrix,YannisGuntrams),Gut(BetriebsleiterAdelsbergerReinhardAdelsberger,Sigridr.:n.l.v.abgebildetKnittel;StefanCover:HerausgeberIMPRESSUMund Medieninhaber: Verein Tourismus Bucklige Welt, Hauptstraße 22, 2813 Druck:www.buckligewelt.inforegion@buckligewelt.atLichteneggDruckereiFerdinandBerger & Söhne GmbH, 3580 Horn Alle Angaben wurden mit großer Sorgfalt erhoben, erfolgen jedoch ohne Gewähr und erheben nicht den Anspruch auf Vollständigkeit Bunt ist die Landschaft im Herbst, so bunt wie die Bucklige Welt mit ihren Menschen und deren Tätigkeiten, mit ihren Hügeln und Tälern, ihren Gasthöfen, Thermen und Handwerksbetrieben, mit ihrer Kulinarik und ihrem Sportangebot. Der Herbst ist die Zeit für einen gemütlichen Ausflug oder eine unterhalt same Reise in die Vielfalt dieser Welt der tausend Buckel. Editorial 4 – 5„ Meine Buckel“ von Josef Kleinrath 6 – 19 Eine Best-Ager-Reise 20 – 21 Kraftplätze in der Rosalia 22 – 23 Mountainbiken mit Guides 24 – 25 Süßes Krumbach: die „Buckelade“ 26 – 27 Der Weingemeinschaftswein „GK“ 28 – 29 Neues Lokal am Fluss Pitten 30 – 31 „Bucklkistl“: Biogemüse aus Zöbern 32 – 35 Wie der Apfelmost entsteht 36 – 37 Rezept aus dem Gasthof Pichler in Petersbaumgarten 38 – 39 Lokalkultur in Büchereien 40 – 41 Männergesangsverein Haßbachtal 42 – 43 Kunsttischlerei Walli in Thernberg 44 – 45 Biochristbäume bei Familie Spenger 46 – 47 Langlaufen in der Buckligen Welt 48 – 49 Krippenbauen in Scheiblingkirchen 50 – 51 Eislaufen in Kirchschlag Inhalt

GEWINNSPIEL Karte abnehmen, ausfüllen, einsenden und am Gewinnspiel teilnehmen. Zu gewinnen: 2 Nächte für 2 Personen im Gasthof Pichler in Petersbaumgarten gewinnen!Jetzt HERBST / WINTER 2022/23

Aus KräuterhexengartenMutters

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Eine besonders wohlige Erinnerung: der Hustensaft aus den Fichtenwipferln im Früh jahr. Im Winter dann gab es den wärmenden Tee aus klein geschnittenen Fichtennadeln. Den lass ich mir heuer wieder machen.

Viele der Heilkräuter sind am Bromberger Hexenweg oder beim Hexenbründl oberhalb der „oberen“ Kirche zu finden. Und natürlich in Mutters Kräuterspirale.

Wein gedeiht auf den Hügeln der Buckligen Welt

Meine Buckel

Josef Kleinrath, auf einem Bauernhof in der Buckligen Welt aufgewachsen und heute Publizist, schreibt über seine alte Heimat

JOSEF KLEINRATH

Es war eine erste Mutprobe für uns Kinder, die überall wuchernden Brennnesseln mit bloßen Händen auszureißen und über den Unterarm zu streichen. Oder die kleineren Geschwister damit zu jagen. Jagen konnte mich meine Mutter mit Tee und Spinat aus der Brennnessel, so hilfreich beides auch sein mochte. Heuer ist die Brennnessel Heilpflanze des Jahres, blutreinigend, wasserausleitend, kräftigend. Deshalb schätze ich Brennnesselsamen, die meine Mutter in ihr Kräutersalz gibt, das bei keiner Mahlzeit fehlt. In alter Tradition der in Wiener Neustadt verbrannten Bromberger „Kräuterhexe“ Afra Schickh spielten und spielen die vielen Heilkräuter der Buckligen Welt bei meiner Mutter eine große Rolle. Damit auch im Leben ihrer Kinder und Enkelkinder. Ringelblumensalbe etwa gehört dazu. Dank unserer persönlichen Kräuterfee versiegt diese nie im Tiegel am Nachtkästchen – ein Fall von moderner Hexerei? Oder die Beinwellsalbe, im Frühjahr aus den Blüten, im Herbst aus der gebratenen Beinwell Wurzel gewonnen. Gegen Kreuzweh ist seit jeher das Johanniskraut gewachsen. Das daraus selbst gemachte Öl lindert jeden Schmerz.

5 HERBST / WINTER 2022/23AUSBLICK LierzerFlorianAlpen,WienerFoto:

JOHANNES MÖRTH

6 ENTDECK DIE BUCKLIGE WELT Die 15.000 Schritte täglich, um gesund zu bleiben, machen in der Buckligen Welt einfach mehr Spaß

Mit Schrittjedemjünger

„Mama, was ist ein Best Ager?“, fragt mein Enkel seine Mutter. „Ein Wort aus dem Englischen, das meint, dass jemand, der jedes Jahr älter wird, um Jahre jünger aussieht“, erklärt sie. Dazu muss man vor allem eins: Gehen. 15.000 Schritte pro Tag ist ein guter Schnitt. Entweder beschäftigst du deinen Körper, oder er beschäftigt dich, lautet das Mantra eines Best Agers. Am besten in einer Umgebung, findet meine Frau, in der es Freude und Spaß macht, wie der Buckligen Welt.

Vor das Gehen hat der Herr die Bahn in die Bucklige Welt gestellt. Dann kommen wir mit einem Taxidienst weiter, der uns am Bahnhof von Edlitz-Grimmenstein erwartet.

Zunächst geht es nach Edlitz zum Wehrkirchenmuseum. Wir wollen mit dem beginnen, was die Bucklige Welt in Europa einzigartig macht, nämlich ihre „Wehrkirchenlandschaft“. Außer in Siebenbürgen und Frankreich gibt es nirgends so viele Wehrkirchen wie hier. So ist ihnen in Edlitz auch ein eigenes Museum gewidmet. Hier erfährt man, dass ein wesentlicher Grund für das Bestehen der Wehrkirchen die einstige Armut der Gegend war – man konnte sich Umbauten wie im Barock nicht leisten.

7 Ins Wehrkirchenmuseum

Ursprünglich hatte man sich in ihnen gegen Einfälle aus dem Osmanischen Reich oder aus Ungarn verschanzt. An den Wänden des Museums lesen wir vom „Gemetzel türkischer Horden“ , um 1700 dann von „Kuruzzenhorden“. Kernige Worte, vielleicht nicht mehr ganz political correct, wie man das heute nennt. Letztere Kuruzzen, Aufständische in Ungarn gegen die Habsburger, von Wienern auch „Kruzitürken“

genannt, kamen Eine Best-Ager-Reise durch die Bucklige Welt mit vielen Schritten, unterschiedlichen Stationen, passionierten Menschen und ihren Aktivitäten – folgen Sie uns einfach, es ist weitgehend barrierefrei HERBST / WINTER 2022/23BEST-AGER-REISE KnittelStefanFoto: Wehrkirchendokumentation Edlitz und Wehrkirchenstraße Herr Pfarrer Ulrich Dambeck 2842 Edlitz T 0676 964 29 85 wehrkirchenstrassewww.buckligewelt.info/

8 ENTDECK DIE BUCKLIGE WELT Der Bahnhof einenaberinhierGrimmenstein.Edlitz-VonfahrenBussedieRegionodermanbestelltTaxidienst Außer in Siebenbürgen und Frankreich gibt es nirgends so viele Wehrkirchen wie in der Buckligen Welt KnittelStefanFotos: Gleich neben dem Museum liegt eine besonders beein druckende Wehr kirche, nämlich die von Edlitz

Unterwegs schwärmt der Fahrer von der neuesten Attraktion der Gemeinde, dem Sconarium. Klingt wie ein Wellnesstempel, ist aber ein Schauraum für eine Dauerausstellung und das neue Kulturzentrum von Bad Schönau. Wir kommen gerade noch rechtzeitig für den Besuch der Dauerausstellung über Kohlensäuregas. Es strömt zusammen mit dem Mineralwasser aus der örtlichen Heilquelle, und im Sconarium erfährt man alles darüber, was zu fragen einem niemals eingefallen wäre.

Blick in einen der Ausstellungsräume Wehrkirchenmuseumsdes

1704 unter ihrem Führer Ferenc II. Rákoczi Wien gefährlich nahe. Prinz Eugen empfahl den Bau des „Linienwalls“. An Rákoczi erinnert eine Gedenktafel in der Wiener Himmelpfortgasse, dort heißen die „Horden“ „ungarische Freiheitskämpfer“. Was einen heute an den Wehrkirchen beeindruckt, ist ihre trutzige Bauweise. Neben dem Museum in Edlitz kann man eine der besterhaltenen bewundern. Sie macht uns Lust auf mehr, das nächste Mal werden wir die „Wehrkirchenstraße“ in der Buckligen Welt entlangreisen.Diesmalaber sind wir zu einer Best-Ager-Reise hier. Manche von uns glauben so wie ich, dass wir täglich 15.000 Schritte Auslauf brauchen. Dafür eignet sich der Kurpark von Bad Schönau bestens. Der Taxidienst bringt uns dorthin.

9 HERBST / WINTER 2022/23BEST-AGER-REISE

Meine Frau möchte das praktisch ausprobieren, also checken wir in einen der drei örtlichen Kurbetriebe ein, sie hat sich für das Gesundheitsresort Königsberg entschieden.

Die Taxidienste in der Buckligen Welt kommen auf Vorbestellung. Sie sind hier zu finden: www.buckligewelt.info/taxi

Das Sconarium in Bad Schönau zeigt eine Dauerausstellung über die Heilquelle der Gemeinde, und dient ihr als Veranstaltungsort

Nicht auf unsere 15.000 Schritte vergessen! Und dafür ist der Kurpark geradezu ideal. Wunderbar. Das Gehen macht hier noch mehr Freude auf das Abendessen – und der Schlaf ist dann auch prächtig.

Der „Weg der Blicke“ beginnt im Kurpark von Bad Schönau

Passionsspiele in Kirchschlag

Dry aged Beef beim BestGeradezuHönigwirt:idealfürAger 10 ENTDECK DIE BUCKLIGE WELT

Günser Straße 2 2860 Kirchschlag T 02646 22 16 www.hotel-post-hoenig.at

Nach Frühstück und kurzer Morgenkur im Wellnessbereich des „Königsberg“ stehen die nächsten Schritte an: diesmal am „Weg der Blicke“, der im Kurpark beginnt und nach einer Runde auch wieder hier endet. Wir gehen den Erlenbach entlang vorbei an der Rosalienkapelle durch die Ortsteile Ortbauer und Maierhöfen, rund anderthalb Stunden, da bleibt auf die 15.000 Schritte noch was für den Nachmittag übrig. Den aber werden wir in KirchschlagPerverbringen.Buserreichen wir gegen Mittag das Hotel Post, auch Hönigwirt genannt, für ein „Dry aged Beef“. Ich meine, was sollten Best Ager Besseres zum Essen finden? Danach der Verdauungsspaziergang, um die ausstehenden der 15.000 Schritte abzuarbeiten. Der Weg führt uns durch den Rosengarten, und

Hotel Post Hönigwirt

die Burgruine scha en wir dann auch noch, so steil und hoch ist es gar nicht „Barrierefrei“,hinauf.gut, das brauchen wir zum Glück noch nicht, aber barrierefrei ist immer gut – also so präsentiert sich der Zugang zu dem, weswegen wir hier sind: zu den Passionsspielen Kirchschlag. Alle im Ort freuen sich darauf, immerhin sind es die neunzigsten Spiele in der Geschichte Kirchschlags, kein Wunder, dass da viel Passion dabei ist.

Die stattneunzigstenfindenKirchschlag.PassionsszeneKreuzigungs-ausdenspieleninHeuersiezumMal 11 HERBST / WINTER 2022/23BEST-AGER-REISE

Auf der Bühne klagt der Erlöser: „Ihr kennt’s weder mich noch meinen Vater“, was ich angesichts der Tatsache, dass so viele Kirchschlagerinnen und Kirchschlager auf der Bühne versammelt sind, nicht glauben kann. Bin halt bloß ein Ungläubiger aus Wien im Herrgottswinkel der Erzdiözese – und genieße das Passionsspiel doch sehr. Außerdem bietet es viel Unterhaltungssto für die Fahrt im Shuttle zurück nach Bad Schönau ins „Königsberg“.

(1)KirchschlagPfarreKnittel,StefanFotos:

Christoph Hönig in seinem Wirtshaus in Kirchschlag

Bei Kaiser, König und Bauern

Der BecherCorvinus-imPIZ1000erinnertandenKönigMatthiasCorvinus,derdenKaiserFriedrichIII.inderBurgWienerNeustadtbelagerthat

findet.Rund

Wiener

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Per Bus und Bahn erreichen wir am nächsten Vormittag Pitten. Dort gehen wir schnurstracks ins PIZ 1000, das Regionalmuseum, und damit gleich einmal 3.500 Jahre zurück. Dabei fühlt man sich plötzlich wieder jung.

Der fast 300 Jahre alte Getreidespeicher, „Troadkasten“ genannt, ist mit Stroh gedeckt, ein großartiger Bausto , der allmählich „wiederentdeckt“ wird, weil man ihn nicht im Baumarkt

6.000 Exponate des bäuerlichen Lebens bezeugen eine Qualität, die heutige Baumarktbetreiber schamhaft erröten lassen müsste – wahrhaftige Best Ager.

In den alten Zeiten der Pittener Bronzeepoche wurden nur wenige so alt, wie wir beide heute sind. Komischerweise gibt einem das ein gutes Gefühl, mir zumindest.

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Käsefondue wäre das dazu passende Mittagsmahl, aber das gibt es im Gasthaus Unger nicht. So halten wir uns an „Des Kaisers überbackene Schinkenfleckerl“. So etwas Feines hat Kaiser Friedrich dazumal auch nicht vorgesetzt bekommen.

Restaurant Vinothek Unger Pitten

Im Restaurant Unger in Pitten werden neben guter Küche auch sü ge Drinks serviert

Herr Gerhard Kattinger Neustädter Straße 24 Pitten, T 0664 166 80 97

www.unger-pitten.at

Wiener Neustädter Straße 167 Pitten T 02627 822 61

Meine Bewunderung gilt dem Corvinus-Becher. Matthias Hunyadi, ein gebürtiger Siebenbürger, nannte sich selbst „Rabe“, also „Corvinus“, und residierte als König von 1485 bis 1490 in Wien.Währenddessen musste sich sein Gegner, der Habsburger Kaiser Friedrich III., in Wiener Neustadt verschanzen. So war die Bucklige Welt beinahe einmal die Hauptstadt des Habsburgerreiches, dieses Schweizer Käses in Staatsform.

Von Königen und Kaisern machen wir uns zu den Bauern auf, genauer ins Bauernmuseum Lanzenkirchen. Ich liebe diese Freilichtmuseen aus alten Gebäuden, meist aus Holz.

www.pitten.gv.at/piz1000

Regionalmuseum PIZ 1000

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Rund 6.000 Exponate des bäuerlichen Lebens bezeugen eine Qualität, die heutige Baumarktbetreiber schamhaft erröten lassen müsste – wahrhaftige Best Ager

Das Bauernmuseum in Lanzenkirchen

13 HERBST / WINTER 2022/23BEST-AGER-REISE KnittelStefanFotos: Bauernmuseum Lanzenkirchen Hauptstraße 83, 2821 Lanzenkirchen T 02627 454 17 lanzenkirchen.atwww.bauernmuseum-

„Kein

Zum Entspannen der Beine nach 15.000 Schritten wählen wir die Therme Linsberg Asia

Im asiatischen Teil des Gartens der Therme Linsberg Asia

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„Horch!“, sagt meine Frau. hörst du?“ – „Nichts“, sage ich. „Genau“, sagt sie. Kindergeschrei“

Das Museum zeigt Exponate aus allen bäuerlichen Lebensbereichen, auch aus der „Kinderstube“

„Was

Am Abend verspricht die Therme Linsberg unseren müden Knochen Labsal und Linderung. Und – wie wundervoll für unsere Ohren und unser Gemüt: „Horch!“, sagt meine Frau. „Was hörst du?“ – „Nichts“, sage ich. „Genau“, sagt sie. „Kein Kindergeschrei im Wasser oder am Beckenrand.“ Oh, wie kann man das Leben als Best Ager doch genießen, wenn man an den richtigen Orten eincheckt!Völligentspannt beginnt unser nächster Tag nach ausgiebigem Frühstück und einer Wellnessbehandlung mit den ersten der obligaten 15.000 Schritte. Diesmal scha en wir sie schon bis Mittag, schließlich wollen wir in der Therme auch das feine Mittagessen genießen.

Entspannung in der Therme

15 HERBST / WINTER 2022/23BEST-AGER-REISE

(1)AsiaLinsbergKnittel,StefanFotos: Hotel Therme & Spa Linsberg Asia Thermenplatz 1 2822 Bad Erlach T 02627 48 00 03 30 www.linsbergasia.at

Im derwirLinsberg“RestaurantÀ-la-carte-„dasgenießendasMittagessenHauben-Küche 16 ENTDECK DIE BUCKLIGE WELT Meine Frau begeistert sich für das Keramikmuseum. Mein Herz aber schlägt für die Modelleisenbahn Er sorgt mit seinem Team und seinen Kreationen für kulinarische Erlebnisse: Michael Suttner, Küchenchef im „das Linsberg“

Peter Michalek präsentiert uns in Walpersbach voller Stolz die Modelleisenbahn. „Can’t get you out of my head“, singen die beiden Bands „AnnenMayKantereit“ & „Parcels“ in meinem Kopf, während ein Frachtzug sich am Felsviadukt entlangquält – und erst der Sound seines Horns, wenn er in den Tunnel einfährt! „Won’t you stay? Stay for ever and ever and ever and ever …“

Peter Michalek begeistert mit seiner Modelleisenbahn mein Eisenbahnerherz

Modelleisenbahn Walpersbach

Herr Peter Michalek T 0664 211 09 09 Walpersbach 108 2822 Walpersbach

Am Nachmittag darf ich dann in meine Kindheit zurückreisen und eine große Modelleisenbahn betrachten. Leider habe ich es nie zum Lokomotivführer gebracht wie der Vater meiner Frau. Aber Eisenbahner gab es auch in meiner Familie.

In der vielWalpersbachLandschaftModelleisenbahn-verspieltenvongibteszuentdecken 17 HERBST / WINTER 2022 / 23BEST-AGER-REISE

KnittelStefanFotos:

Modelleisenbahn und Keramik

Josef Ertl präsentiert seine Keramiken in seinem Atelier in Katzelsdorf

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Geht aber nicht, weil meine Frau noch das Keramik Atelier von Josef Ertl in Katzelsdorf besichtigen möchte. Allein, was da schon im Garten an unterschiedlichen Stücken steht – Herr Ertl ist darauf mindestens so stolz wie Herr Michalek auf die Lokomotiven. Seit bald 30 Jahren werkt Josef Ertl hier und kreiert schöne Dinge für Küche und Garten. Er formt Vasen und Krüge, Geschirr und sogar Fliesen für Swimmingpools. Auch Vogelhäuschen und Bienenhotels aus Keramik haben seine Werkstatt bereits verlassen. Sein Wissen teilt er gerne und hilft Hobbytöpfern bei der Fertigung ihrer Stücke. Aber wie soll ich sagen, mein Herz schlägt halt auf der Seite von Michalek. Meine Frau hingegen – aber sie soll Ihnen selbst erzählen, welche Stücke im Keramik Atelier besonders bewundernswert sind. Oder noch besser, Sie schauen selbst vorbei. Bei Ihrer eigenen Best-AgerReise durch die Bucklige Welt.|

VIKTORIA KORNFELD

Schlittenfahren

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Kornfeld lebt in der Buckligen Welt und liebt

Wir in der Buckligen Welt haben dank unserer Hügel nahezu überall die Möglichkeit, Schlitten zu fahren. Wie man weiß, ist bergabwärts fahren unheimlich lustig, aber immer viel zu schnell vorbei. Der Anstieg dagegen scheint endlos lang. Deshalb war es ein absolutes Highlight, wenn sich unser Papa an einem Sonntag Zeit genommen und uns beim Schlittenfahren mit dem Traktor begleitet hat. Wir konnten so die längsten Strecken bestreiten, denn er wartete im Ziel bereits mit dem Traktor auf uns. Samt dem Schlitten hingen wir uns am Traktor an, und schon ging die Fahrt los. Stundenlange Fahrten, ohne dabei zu ermüden.

Selten, aber doch gibt es auch heute noch solche „Events“ bei uns zu Hause. Mittlerweile ist unsere Familie um einige Mitglieder gewachsen. Da drängen sich neben den kindischen Töchtern auch noch die kindischen Schwiegersöhne und Enkelkinder zum Mitfahren am Schlitten hinter dem Traktor auf. Auch wenn unser Durchhaltevermögen heute nicht mehr ganz so stark ausgeprägt ist, genießen wir alle es immer noch, Groß wie Klein.

sie euch gern hierher ein KnittelStefanFotos: HERBST / WINTER 2022/23BEST-AGER-REISE Keramik Atelier Ertl Herr Josef Ertl T 0676 612 13 49 Lazarettgasse 3 2801 Katzelsdorf

Wenn ich an die Winter meiner Kindheit denke, dann waren das noch „richtige“ Winter. Mit meterhohem Schnee und gefühlten minus zwanzig Grad. Auch weiße Weihnachten waren die Regel und nicht die Ausnahme. Ich erinnere mich noch an Momente, als mich meine Mama morgens mit den leisen Worten „Es hat geschneit“ aufgeweckt hat. An durchnässte Overalls, eiskalte Hände und den warmen Kakao und heißen Heizkörper bei meiner Oma.

Viktoria sie lädt

wirklich. Daher

Gratis-Energiegefällig?

Für die Initiatoren des Rosalia Rundwanderwegs hat Fürpass die achtzig Kilometer lange Wanderstrecke mit ihrem Pendel auf einer Karte geprüft. Dabei habe sie zehn Kraftpunkte entdeckt. Der stärkste liege in Eichbüchl, wo sie auch einen „Kraftkegel“ ausgemacht habe: „Dort spüre ich Losgelassenheit und Stärke. Man kann durchatmen, sich auf Wesentliches fokussieren, seine Lebensfreude stärken.“ In Katzelsdorf gebe es auf einer Anhöhe einen besonderen „Kraftspender-Baum“. Dieser wolle umarmt werden, um seine Kraft, Stabilität und Ausdauer weitergeben und Gelassenheit und Ruhe vermitteln zu können.

Der Rosalia Rundwanderweg hält einige Kraftorte bereit

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JOSEF KLEINRATH

Mitten in Frohsdorf habe sie einen Kommunikationsort entdeckt: Er diene dem Zurückkommen, Innehalten, ErfahrungenAustauschen. „Jeder Kraftort erfüllt unterschiedliche Aufgaben“, erklärt Fürpass. Viele sind mit Wasser verbunden. Wie beim Leitha-Ursprung, wo sie einen hohen Bovis-Wert ausgemacht habe: „Wasser ist ganz wichtig für uns, scha t Klarheit und ermöglicht einen Perspektivenwechsel. Der Leitha-Ursprung ist ein guter Tre punkt, um Neues entstehen zu lassen.“

Energie tanken – und gratis dazu? Ja, das geht. Sagt die Humanenergetikerin Petra Fürpass. Sie stammt aus einer Technikerfamilie in Katzelsdorf, ist Soziologin und Gemeinderätin. Außerdem könne sie Energie spüren, sagt sie. Als Neunjährige war Fürpass erstmals dabei, als jemand mit einer Wünschelrute gegangen ist. „Ich habe das als Kind intuitiv gelernt“, erinnert sie sich. „Ich kann mich in Orte, in Räume hineinfühlen und ihre EnergieDieseerkunden.“Fähigkeit sei ihr geblieben. „Es gibt Orte, an denen fühlst du dich wohl. Es geht dir dort gut, und du gehst gern hin.“ Das seien Orte mit einer positiven Energie. Es gebe aber auch Plätze, die einem die Kraft rauben. In der Radiästhesie, der Lehre von der Strahlenwirkung auf Organismen, komme, so Fürpass, die nach André Bovis benannte Bovis-Einheit (eine Messeinheit für die Lebensenergie) zur Anwendung. Je höher dieser Wert, desto mehr Energie stehe zur Verfügung. Wo sie „über 10.000 Bovis messe, dort sind Kraftorte, die Energie und Ruhe“ geben.

Beim Gläsernen Kreuzweg in Bad Erlach lässt sich nach Einschätzung der Humanenergetikerin innerlich Frieden finden, in der Pfarrkirche Walpersbach sei emotionale Stärke zu gewinnen: „Der Ort hilft dir, Sorgenfreiheit zu erlangen, loszulassen.“ Auch den Aussichtsplatz am Bener in Klingfurth, den der Mitinitiator des Rosalia Rundwanderwegs, Markus Schwendenwein, als schönsten Ort der Strecke bezeichnet, hat Fürpass als Kraftort definiert: „Der Platz ö net sich stark, die Kraft der Blicke sorgt

für Ideenreichtum.“ Einen weiteren Kraftplatz habe Fürpass in der Nähe der „Türkeneiche“ ausgemacht: „Dort kann man Schutz und Einkehr finden und innerliche Harmonie erreichen.“

Mag. Petra

www.rosaliatrailchallenge.atwww.rosalia-rundwanderweg.atwww.schwungvoll-sein.atFürpass KnittelFotos:Stefan

Sie erklärt hier, was es damit auf sich hat und welche Energie davon ausgeht

Einen stark kommunikativen Ort sieht die Energetikerin bei der Leidinger Kirche. Kreativität, O enheit, eine Ö nung des Geistes würden an diesem Ort der Begegnung unterstützt. „Ein guter Platz für schüchterne Kinder, dort können sie sich ö nen und alle Sorgen wegschicken.“ Im Schagerer-Park in Pitten lasse sich bei Wasser und Steinen die berauschende Kraft der Bodenständigkeit und Verwurzelung holen. Ein Kraftpunkt bei Wiener Neustadt werde derzeit erhoben.

Petra Fürpass hat Kraftorte auf dem Rosalia Rundwanderweg ermittelt.

„Nicht jeder Ort ist für jeden Menschen passend“, erklärt Fürpass. „Das hängt immer von den aktuellen Bedürfnissen ab.“ Die Plätze und ihre jeweiligen Besonderheiten werden ausgeschildert, und da ist sich Fürpass sicher, für jeden und jede sei „am Rosalia Rundwanderweg ein Kraftort dabei, um kostenlos Energie aus der Natur zu tanken“. |

„Ich

habe das als Kind intuitiv gelernt“, erinnert sich Petra Fürpass. „Ich kann mich in Orte, in Räume hineinfühlen und ihre Energie erkunden“

21 HERBST / WINTER 2022/23WANDERN

Viele der Guides kennen sich aus Jugendtagen, sie teilen Radabenteuer und -kilometer. Jeder hat sein Spezialgebiet. Bork Schützenhofer ist Meister im Downhill und gern in den Bikeparks am Wechsel unterwegs. Sein Kollege Thomas Breitenecker hat in den letzten Jahren Enduro für sich entdeckt, Christoph Kogelbauer ist Pumptrack-Spezialist. Mein Guide Markus fährt gerade am liebsten mit dem Gravelbike, ebenso straßen- wie geländetauglich.„DieBucklige Welt kennen wir in- und auswendig.“ Mit zwei Jahren trat Markus Artner das erste Mal in die Pedale – und hat seitdem nie aufgehört. In den 1980ern saß er mit Freunden jede freie Minute am BMX , seine Zwanziger verbrachte er erfolgreich bei Wettkämpfen. Seit 2019 ist er staatlich geprüfter MTB-Ins truktor und freut sich, anderen Sattelerlebnisse zu ermöglichen. „Wir leben hier in einem der schönsten Radfahrgebiete Öster-

„Und jetzt lass los!“ Markus Artner steht mit dem Helm in der einen und einem Ball in der anderen Hand lässig neben seinem Rad. Er ist einer von fünf Mountainbike-Guides, die Menschen wie mich für ihre Leidenschaft begeistern wollen. Egal, ob am E-, Mountain-, Gravelbike oder Rennrad – womit sie unterwegs sind, bestimmen die Tourteilnehmenden. Die Guides finden dafür die passende Tour und ideale Strecke. Sie sorgen, falls notwendig, auch für das entsprechende Gefährt. Vor dem Start absolviert man ein Fahrtechniktraining. Deshalb will Markus, dass ich mit einer Hand einen Ball hochwerfe und mit nur einer Hand an der Lenkstange einen Slalom zwischen Hütchen absolviere. Hätte ich noch eine Hand frei, würde ich mir an die schweißnasse Stirn tippen und ihm lachend den Vogel zeigen.

Am Sattel über den Sattel

KARIN WASNER

Die Mountainbike-Guides Markus Artner und Gregor Bartl bei ihrer

Gregor Bartl hat die Guides 2001 gegründet. Er wollte Fahrradwege, Strecken und Trails seiner Heimat mit anderen Fahrradbegeisterten teilen. „Ich bin immer wieder begeistert, wie facettenreich Fahrradfahren ist.“ In seiner Jugend war er

erfolgreicher Straßenrennradfahrer, seit zwanzig Jahren ist er leidenschaftlicher Mountainbiker.

ENTDECK DIE BUCKLIGE WELT

Lieblingsbeschäftigung22

reichs, das wollen wir mit anderen teilen.“ Die Wiener Voralpen vom Wechsel über Semmering, Rax und Schneeberggebiet bis zum Wienerwald bieten für Profis wie Einsteigende, besser Aufsteigende, perfekte Bedingungen: hohe Berge, Ebenen und sanfte Hügel. „Es gibt keinen Grund, hier nicht aufs Rad zu steigen!“

23 HERBST / WINTER 2022/23MOUNTAINBIKEN

Außerzu.

Gehen ist keine Art der Fortbewegung so gesund. Herz, Lunge und der gesamte Bewegungsapparat profitieren von der Bewegung an der frischen Luft. „Radfahren macht den Kopf frei.“ Wer häufig radelt, ist resistenter gegen Stress. Die Mountainbike-Guides wollen ihre Begeisterung an alle Generationen weitergeben. Sie veranstalten daher auch regelmäßig Fahrtech-

KnittelStefanFotos:

„Es gibt keinen Grund, in der Buckligen Welt nicht aufs Rad zu steigen!“ Markus Artner und Gregor Bartl

niktrainings an Schulen sowie Kinder- und Jugendkurse. „Fahrradfahren kannst du vom Kleinkind bis ins hohe Alter! Kinder zum Radsport zu motivieren ist eine unserer Visionen.“ Um Höhe geht es auch bei unserer Tour. Über Wald- und Forstwege radeln wir bergauf, den Sendemast am höchsten Punkt im Rosaliengebirge immer wieder im Blick. 670 Höhenmeter später sitzen wir auf einem Bankerl und genießen den Blick bis nach Sopron, zum Neusiedler See und darüber hinaus. „Das nächste Mal nehme ich dich mit auf den Feistritzsattel,“ motiviert mich Markus zur Wiederholung. Jetzt aber schwinge ich mich in meinen Sattel und genieße den besten Part am Mountainbiken: bergabfahren. Die Lenkstange lasse ich dabei garantiert nicht los. |

In einem der schönsten Radfahrgebiete Österreichs wollen erfahrene Guides ihre Freude am Fahrrad mit anderen teilen und bieten Radtouren an

Infos und Anmeldung: mountainbikeguides.com

Trotz des Einhand-Desasters in der Vorbereitung fällt auch mir keiner ein, also machen wir uns auf den Weg und strampeln von Katzelsdorf auf die Rosalia. Ich werde dabei mit Saft aus dem Akku unterstützt, Markus verlässt sich auf das Muskelschmalz seiner Wadeln. „Jetzt pumpen wir uns mit Sauersto voll!“, ruft er mir

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Leiter der Tagesstätte ist Peter Rotheneder, ein Caritas-Urgestein. Hört man ihm zu, scheint seine Begeisterung auch nach vielen engagierten Jahren in der Sozialarbeit ungebrochen. „Wir bieten Arbeiten mit Sinn“, erklärt er, während er uns durch das Haus führt. Das gemeinsame Frühstück ist noch in vollem Gange. Hinterher geht es in die verschiedenen Betätigungsbereiche.

In der „Dorfschmiede“ werden Metallarbeiten erledigt, die andere Schmiede meist nicht mehr leisten: kleinere Reparaturen oder Sonderanfertigungen, auch im künstlerischen Bereich. Die „Holzgruppe“ produziert schöne Werkstücke, oft auf Bestellung. „Wir haben schon sehr spezielle Möbelstücke hergestellt, etwa

Krumbach von der Schokoladenseite

Die stolze Schokogruppe mit ihrer „Buckelade“

ein Regal aus einem einzigen Baum oder Siegerpokale für ein Oldtimer-Rennen“, erzählt Peter Rotheneder von den Anfragen der Kundschaft. Ein weiterer kreativer Bereich ist das Tonstudio, das vom eigenen Musik-Label „join records“ betrieben wird. Produziert wird Musik von lokalen Bands, Chören und Musikern, so will man sich auch musikalisch mit der Umgebung vernetzen. Lokale Berühmtheit genießt die „Schokogruppe“ aus zehn Personen. Von Montag bis Donnerstag stellt sie feinste Schokoladen nach einer exklusiven Rezeptur her. Als Mentor brachte sich der Schokoladenmacher und Visionär Josef Zotter ein. Er hat die Beteiligten der Gruppe zu „Chocolatiers“ ausgebildet und in der Anfangsphase beraten. „Heute noch steht uns die Firma Zotter mit Rat und Tat zur Seite, wenn Fragen auftauchen“, sagt Peter Rotheneder. Auch das Ausgangsmaterial für die Schokolade kommt von Zotter. „Die Rohmassen sind dunkle und helle Schokoladen- sowie Nougatmasse, dazu Krokant. Mehr darf ich vom Geheimrezept nicht verraten!“, lacht er. Essenziell sei bei

ENTDECK DIE BUCKLIGE WELT

derknopfdrückerKnittel,Fotos:Stefan verein-lebenslicht.at AT76Spendenkonto:20205087 0000 3695 IBAN: SPBDAT21XXX

Haus Lebenslicht. So heißt die Tagesstätte mitten in der Marktgemeinde Krumbach. 2006 auf Initiative des lokalen Elternvereins errichtet, wird sie von der Caritas betrieben. Das lichtgelbe Gebäude wirkt freundlich und einladend wie die vierzig Menschen, die hier wirken. Sie finden im Haus täglich von Montag bis Freitag Arbeit, Freude, Erfüllung und Zusammenhalt.

NINI TSCHAVOLL

der Schokoladenherstellung der Temperaturverlauf. „Der muss genau beobachtet und in der richtigen Relation zur Raumtemperatur konstant gehalten werden. Nur so bekommt die Schokolade richtigen Glanz und Struktur.“ Nicht alle Mitglieder der Schokogruppe sind bei unserem Besuch anwesend. Ferienzeit. Trotzdem wird produziert. Zunächst bespricht man die Aufgabenteilung, alle wissen, was zu tun ist. Unter Einhaltung der strengen Hygienevorschriften und unter Aufsicht der beiden Betreuerinnen Silvia und Margarete beginnt ein junger Mann namens Peter die vorher verflüssigte Schokomasse in Tafelformen zu gießen. Nun ist Lisa-Marie an der Reihe: Sie gestaltet das Muster auf der Schokolade, dann streut Florian den Krokant darüber. Ab in den Kühlschrank damit. Sobald die Schokoladetafeln ausgekühlt sind, werden sie aus den Formen gekippt, etwas zurechtgeschnitten und von Eva exakt verpackt.

25 HERBST / WINTER 2022/23HANDWERK

Sie machen möbelSchmiedehandwerkSchokolade.undHolz-auch.Dochdie„Buckelade“derSchokogruppeimHausLebenslichtinKrumbachistdasbekanntesteProdukt,dashierproduziertwird

In der Schokogruppe herrscht fröhliche Atmosphäre, es wird viel gelacht. „Ich kann es.“ steht auf den T-Shirts. „Bei uns rennt immer ein bissl der Schmäh“, sagt Peter Rotheneder. In den Pausen spielen sie gemeinsam eine Partie Karten.

Um 16 Uhr ist Feierabend in der Tagesstätte. Die Schokogruppe hat rund vierzig Tafeln produziert. „Die Nachfrage ist sehr viel höher, als das, was wir liefern können. „Aber wenn rechtzeitig bestellt wird, was vor allem Firmen gern machen, können wir auch größer Mengen bereitstellen.“ Die fabelhafte „Buckelade“ ist in lokalen Geschäften zu kaufen. Ladenhüter sind die hübschen Tafeln keine, gilt die hochwertige Schokolade doch längst als ein begehrtes Mitbringsel. |

SchwarzföhrenUnter

Die Schokogruppe bei der Arbeit an der „Buckelade“

Unweit des Bahnhofs und der Therme in Bad Erlach liegt der Waldfriedhof. Manche meinen, er gehöre zu den schönsten Friedhöfen in der Buckligen Welt. Kürzlich erfuhr ich von seiner außergewöhnlichen EntUnterstehungsgeschichte.Schwarzföhren fanden einst Angehörige der Roten Armee, die am Ende des Zweiten Weltkriegs gefallen waren, eine würdige letzte Ruhestätte. Dann wurde das Waldstück, von der Gemeinde aufgekauft, zum Friedhof „für alle“. Mittlerweile finden hier auch Naturbestattungen statt. Neben der im Mittelalter errichteten Ulrichskirche, einem in den Abendstunden beleuchteten „Gläsernen Kreuzweg“ und einer schmiedeeisernen Christusfigur lässt sich hier auch ein „russisches“ Soldatendenkmal besichtigen.

Über viele Jahre hinweg haben mehrere Bürgerinnen und Bürger der Gemeinde die Grabstätte der gefallenen „Russen“ gepflegt. Deren Namen konnten erst vor zwanzig Jahren nach Ö nung der sowjetischen Archive recherchiert werden. Sie sind nun auf einer Gedenktafel festgehalten.

Ob die hier begrabenen „Russen“ Kasachen oder Tschetschenen, Tataren oder Baschkiren, Tschuwaschen oder Georgier waren, Russen oder Ukrainer: Das war und ist den engagierten Grabpflegerinnen eins. Mir übrigens auch. Ob Russen, Ukrainer oder welcher Zugehörigkeit auch immer – es sind Menschen, um die Angehörige getrauert haben. GERT

DRESSELGertDressel,Historikeran der Universität Wien, über Erinnerung und Geschichtliches in der Buckligen Welt

ENTDECK DIE BUCKLIGE WELT 26 unterGemeinschaftsweinBlasmusikklang JOSEF KLEINRATH Der Obmann des Weinbauvereins Katzelsdorf, Lukas Döller, in einer Riede Heurigenschenke Döller Eichbüchlerstraße 43 2801 Katzelsdorf T 02622 784 05 www.weinbau-doeller.at Termine: 12.–23. 10., 9.–20. 11., 7.–18. 12. 2022 Weinbauverein Katzelsdorf Familie HauptstraßeBöhm86 www.heuriger-boehm.at Familie EichbüchlerstraßeFamilieEichbüchlBrix20Döller 43 www.weinbau-doeller.at Fam. Frohsdorf-AmselgasseFamilieEichbüchlFam.BuchenwegFam.EichbüchlFlatischler4Schadl6Woltran13Fingerlos 4 2821 Lanzenkirchen www.buschenschank-fingerlos.com Alter Stadtheuriger Fucik Baumgartgasse 9 2700 Wiener Neustadt www.alterstadtheuriger.at

Beim Laurenzikirtag finden sich die Katzelsdorfer Weinbauern zum „Heurigendorf“ zusammen. Die Riege der insgesamt acht Weinbauern führt der junge Winzer Lukas Döller seit knapp zwei Jahren als Obmann des Weinbauvereins an. „Eine Initiative

KnittelStefanFotos:

Zwölf Hektar bewirtschaften die acht Winzer in Katzelsdorf. Allesamt im Familienbetrieb, bei dem Zusammenhalt, Einklang mit der Natur und Augenmerk auf die Qualität im Vordergrund stehen. Darauf stoßen wir mit den Winzern und mit ihren Weinen an. Zum Wohl!|

Katzelsdorf mit ihrem Obmann Lukas Döller produzieren seit zehn Jahren gemeinsam „GK“: in Weiß und Rot, als Rosé und als Frizzante, aber auch als Tresternbrand und als Weinbrand im Eichenfass. Die Katzelsdorfer Blasmusik spielt bei der Weinproduktion zum guten Gelingen

27 HERBST / WINTER 2022/23WEINBAU

Die Arbeit im Weingarten beginnt mit dem Rebschnitt im Dezember. Im Februar folgt das „Binden“, dann die Unterstockbearbeitung. Da wird an jedem Rebstock Hand angelegt, das sei wichtig. Mit der „grünen Ernte“, dem Wegschneiden der grünen Trauben, legt Döller den Grundstock für die Qualität seines Weins: „Das geht vor Quantität.“

Eine alte Weinpresse ziert das Logo des jungen Katzelsdorfer Weinbauern Lukas Döller. Mit dem Weinbau, diesem alten Handwerk, lebt der 27-jährige Winzer und Heurigenwirt tagein, tagaus. Der Wein bestimmt den Alltag, seit Lukas Döller als 18-Jähriger den Familienbetrieb übernommen hat. Mit 4,5 Hektar Anbaufläche. „Jetzt sind es neun“, erzählt er. Teils im Weinland Thermenregion, teils im angrenzenden Rosalia-Gebiet. Die Rosalia, ein waldreicher Berg, der die Bucklige Welt mit dem Burgenland verbindet, sei gut für die Weine der Region, meint Döller: „Wir haben warme Tage, aber von der Rosalia wird es in den Nächten kühl. Das mögen die Trauben, das nimmt ihnen den VieleStress.“Winzer schwören auf alte Weinstöcke. Döller hat viele neue gesetzt. „So bin ich von Anfang an dabei, bis sie das erste Mal tragen.“ Das ist frühestens nach drei Jahren. „Bis dahin habe ich viele schöne Stunden im Weingarten verbracht.“ Eine Liebe für jeden einzelnen Handgri im Weingarten schwingt bei Lukas Döller mit, wenn er über sein Handwerk spricht. „Jetzt, im September, sind wir beim Lesen.“ Ein Monat dauere das bei ihm. Lesen, rebeln, pressen. Oder vergären lassen.

Seine Lieblingsweine aus dem eigenen Haus: der Grüne Veltliner privat, ein schwerer, im Holzfass gereifter Weißwein. Und der Copus D. Merlot. Cabernet. Zweigelt. Beim Heurigen, der bei den Katzelsdorfer Weinbauern einfach dazugehört, lassen sich die Gäste am liebsten Sauvignon Blanc oder einen klassischen Blaufränkischen bringen. Besonders stolz ist Döller auf seinen Blütenmuskateller: „Eine sehr resistente Traube. Den habe ich als Erster in Österreich als Qualitätswein herausgebracht.“

Fünf Winzer des achtköpfigen Weinbauvereins

meines Vorgängers Fritz Schadl. Er hat gesagt: Die Jugend voran“, schmunzelt Döller bei einem Spritzer.

Beim Weinbauverein stehen der fachliche Austausch und die Gemeinsamkeit im Vordergrund: „Uns geht es darum, unsere Stärken gemeinsam auszuspielen. Wir helfen uns gegenseitig, das bringt uns alle weiter.“ Was deutlich beim Gemeinschaftswein der Katzelsdorfer Weinbauern sichtbar wird. Den „GK “ gibt es in den Auflagen eins bis sechs seit zehn Jahren. „2014 fehlt, da hat das Ergebnis unseren Qualitätsansprüchen nicht genügt.“ Fünf der acht Weinbauern machen beim „GK “ mit. „Wir arbeiten gemeinsam im Weingarten, lesen und verarbeiten die Trauben miteinander. Die Blasmusik bespielt den Wein, bis die Trauben in der Presse sind“, verrät Döller das Geheimnis des Gemeinschaftsweins. Auf die gemeinsame Arbeit im Keller erfolgt das Abfüllen wieder unter Klängen der Blasmusik. „GK “ gibt es in Weiß und Rot, als Rosé und als Frizzante, aber auch als Tresternbrand und als Weinbrand im Eichenfass gelagert.

„GK “ nennen die Weinbauern GemeinschaftweinKatzelsdorfWeinbauvereinsdesihren

28

„Jetzt kannst du bei einem Eisbecher oder Aperol Spritz in Bad Erlach auf einer Brücke sitzen und aufs Wasser schauen.“ Gerade erst wurde die Stahlbrücke über die Pitten aufgestellt. Auf Zweiertischen sitzt man auf ihr über einem plätschernden Wasserfall. „Abends wird die Brücke beleuchtet, das ist romantisch.“ Venedig Bad Erlach

für

„Das wird das Venedig der Buckligen Welt!“ Jürgen Höfler hat gerade erst ein sauberes T-Shirt übergestreift. Noch vor wenigen Minuten hat der gelernte Installateur Fliesen verlegt. Jürgen Höfler ist ein Anpacker, ein Macher. Einer, der nicht stillsitzen kann, der die Ärmel hochkrempelt und etwas scha t: etwa die Pizzeria zum Spitz in Seebenstein, den Piestingerhof in Markt Piesting oder das Café Bernhart in Wiener Neustadt. Er arbeitet, um seine Heimat lebenswerter zu machen, damit andere eine Freude haben. „Die Menschen sollen sich hier wohlfühlen. Man muss nicht wegfahren, um eine gute Zeit zu erleben.“ Gerade erö net sein Herzensprojekt, das seinen Namen trägt: das „Höfler am Fluss“ in Bad Erlach.

Jürgen Höfler arbeitet an so vielen Projekten, dass er eine eigene Holding braucht, um sie zu managen

Ein

KARIN WASNER

ENTDECK DIE BUCKLIGE WELT

JokinenPaulKnittel,StefanFotos: Höfler am www.facebook.com/hoefleramflussFluss So sieht das Modell des neuen Lokals an der Pitten in Bad Erlach aus

kann das auch beim Eintritt in den Ehestand in tiefer gelegenen Gotteshäusern passieren. Allerdings muss ich der weit verbreiteten Meinung entgegentreten, „Maria Schnee“ hätte mit rauem Klima in der Gemeinde Lichtenegg zu tun.

29 HERBST / WINTER 2022/23LOKAL

Wenn sich das Speiseeis – vertrieben durch Greißler oder auch andere Betriebe – zurückzieht und den natürlichen Eiskristallen Platz macht, dann wird es Winter. Ein sogenannter Sommergast in der Pension meiner Großeltern hieß Winter und war auch im Winter zu Gast, nicht nur im Sommer. Sogar einen „Winterhof“ gibt es in der Buckligen Welt. Diese Rotte liegt auf 790 m Höhe, gar nicht weit davon entfernt befindet sich der „Schneeweißhof“, in die andere Richtung die Wallfahrtskirche „Maria Schnee“ in Kaltenberg. Klingt alles frostig. Bei so mancher Hochzeit soll man hier tatsächlich gefroren Meteorologenhaben.

Kaltenberg

ALOIS M. HOLZER

Alois M. inORF,MeteorologeHolzer,beimüberdasWetterderBuckligenWelt

Nein, er baut keine versinkende Stadt, sondern ein „Höfler am Fluss“, das für Romantik an der Pitten sorgen soll. Jürgen Höfler und sein neues Projekt in der Buckligen Welt

Ein Mix zwischen Restaurant, Café und Bar. Viel Glas und Beton, originelle Inneneinrichtung und stylische Möbel. Im Keller, den man für private Feste mieten kann, eine Panoramascheibe für den Blick auf das Wasser der Pitten. Das ist das „Höfler am Fluss“. Jürgen Höfler liebt es zu gestalten, zu entwickeln, zu scha en. „Die Decke bleibt im Baustellen-Look, die Spraydosen-Markierungen vom Baumeister behalten wir.“ Stolz präsentiert er den Spiralweinkeller. Unter einer Panzerglasplatte im Boden verbirgt sich ein begehbarer runder Raum mit 1.800 Weinflaschen. Für die Jugend gibt es eine Selfie-Wand, die Toiletten sind ganz in Gold. Aber keine Spur von Abgehobenheit. „Bei uns soll sich jeder hereintrauen, ganz egal, ob im Blaumann oder im Anzug!“

Romantisch könnte es auch am gegenüberliegenden Flussufer werden: Auf der Wiese entspannen die Gäste auf Decken oder lassen vom zehn Meter langen Holzsteg die Füße ins Wasser baumeln. Im Sommer sorgt Live-Klaviermusik am Fluss für Stimmung. Ganz Verträumte schweben auf Schaukeln für Erwachsene – „mit dem Gefühl, dass du über die Pitten fliegst“.

Und das Montag bis Sonntag, frühmorgens bis abends. Frühstück, Brunch, Mittagsmenüs, Dinner und Cocktails. Zum Küchenchef hat Jürgen einen guten Draht – es ist sein Schwiegersohn. Er zaubert Burger und Pasta ebenso wie Vegetarisches oder Veganes auf die Teller. Die Zutaten dafür kommen möglichst aus der Region: Milch aus Seebenstein, Eier aus Bad Erlach. „Bei uns bringt der Fleischhacker noch im weißen Mantel persönlich das Fleisch. Da weiß ich, woher es kommt.“ Beim sonntäglichen Frühstücksbrunch stehen Schnittlauchbrot und selbstgemachte Aufstriche ebenso auf dem Tisch wie Eggs Benedict.„Eismachen wir schon lange selber!“ Während der Bauphase stand sein Eis-Truck zur großen Freude von Groß und Klein in Bad Erlach. Rafael, Jürgen, Emily und Vanessa heißen die unterschiedlichen Eisbecher nach seinen Kindern – vom Kleinsten bis zum Größten. Sie sind Jürgen Höfler das Wichtigste. „Die vier hellen Sterne im ,Höfler am Fluss‘-Logo, das sind meine Kinder. Die strahlen mit den Lichtern auf unserer Brücke um die Wette.“ |

Der Name bezieht sich auf das Patronatsfest „Unsere Liebe Frau vom Schnee“. Es hat seinen Ursprung in einem „Schneewunder“, das sich am 5. August 358 auf dem EsquilinHügel von Rom zugetragen haben soll. Vielleicht war es mitten im römischen Sommer auch Hagel, merkt hier der Meteorologe an.

Nicht genug der scheinbaren Widersprüche: Unser „Maria Schnee“ in der Buckligen Welt war ursprünglich gar nicht der Gottesmutter Maria, sondern den Heiligen Radegund und Oswald geweiht. Oswald wiederum herrsch te als König in Northumbria, wo heute England in Schottland übergeht. Das passt doch klimatisch ganz gut zu Kaltenberg.

Einen guten Teil ihrer Inspiration holten sie sich anfangs aus dem Internet: Das Onlineprogramm der kanadischen Plattform „The Market Gardener Institute“ schlug sie in ihren Bann. „Wir haben uns dort eingeschrieben und über hundert Stunden Videomaterial, Austausch und Kurse erhalten. Der Gründer Jean Martin Fortier gibt hier sein Wissen weiter, das er seit über zwanzig Jahren im Biolandbau erworben hat. Wir haben von ihm sehr viel gelernt und auch weiterhin jederzeit Zugri auf sein Wissen, seine Tipps und Erkenntnisse“, erzählt Josef. Auch Eliot Coleman, ein US-amerikanischer Pionier der Biolandwirtschaft, diente als Vorbild. Die beiden wollen mit ihrer Art des Gärtnerns

Vom Computer auf den Acker

als Kind gern im Garten gearbeitet. „Ich wusste, dass ich mein Leben nicht am Bildschirm verbringen

Sechs Uhr früh an einem ruhigen, friedlichen Augustmorgen. Von Zöbern geht es ein steiles Stück durch den Wald hinauf, bevor wir auf einer idyllischen Anhöhe mit Blick auf den Wechsel ankommen. Die ersten Sonnenstrahlen blitzen über den bewaldeten Kamm. Der Fotograf springt aus dem Auto, um die Lichtstimmung einzufangen. Vom Acker herüber winken Josef Heissenberger und Stefan Weninger. Sie haben um diese Zeit schon einige Kisten Salat, bunte Cocktailparadeiser und Gartengurken geerntet. Zusammen mit Zwiebeln, Paprika und verschiedenen Kräutern wird das Gemüse später in Ernteanteilkisten, die „Buckl kistl“, aufgeteilt und an Abonnentinnen und Abonennten ausgeliefert. Das Feld mit den knackigen und gesunden Produkten gehört zum Wiedenhof. Dort käuen die Alpakas des Verpächters Franz gemütlich auf den Wiesen wieder.

Die Morgensonne taucht den Wiedenhof in goldenes Licht für 2023:

will.“ Gemeinsam mit Josef suchte er ein geeignetes Grundstück und fand bald den idealen Platz. „Franz ist unser dritter Partner. Er ist in Pichl, das ist eine Rotte von Zöbern, aufgewachsen und nach seinem Berufsleben aus dem Marchfeld zurückgekehrt. Er unterstützt uns in allem. Seine Alpakas liefern einen Teil des Düngers für unseren Gemüseanbau“, erklärt Josef.

Anmeldungen

Den Weg in ihre „Marktgärtnerei“ fanden die beiden Freunde über Umwege, nachdem sie ab der gemeinsamen Volksschulzeit verschiedene Richtungen eingeschlagen hatten. Stefan machte seinen Abschluss in Elektrotechnik an der HTL Pinkafeld und arbeitete in der Industrie und Automatisierungstechnik. Josef studierte Agrarwissenschaften auf der BOKU. Nach zwei Jahren im Landwirtschaftsministerium spürte er, dass es ihn in die NaturStefanhinauszog.hatschon

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Die beiden Marktgärtner Stefan Weninger und Josef Heissenberger bauen ihr Gemüse nach biologischen Richtlinien an

www.bucklkistl.at/gemuesekistl

NINI TSCHAVOLL

Die zwei jungen Marktgärtner Josef Heissenberger und Stefan Weninger haben kein Vieh zu versorgen und kümmern sich daher um feines Gemüse

haft fruchtbaren Böden am Nil und am Amazonas.“ Auch die mit Millionen von Mikroorganismen angereicherte Pflanzenkohle der Firma „Sonnenerde“ trägt zur guten Humusstruktur bei.

„Wir liegen auf 740 m Seehöhe in vollsonniger Lage. In der Nacht sinkt die kalte Luft ins Tal ab, oben bleibt es warm. Das ist vor allem im Frühling, bei drohenden Spätfrösten, sehr wichtig“, erklären sie einen Teil des Erfolgskonzepts. „Gemüsekulturen vertragen nur geringe Schwankungen der Tag- und Nachttemperatur.“ Hinzu kommt das Wissen um die Bodengesundheit, „guter Humus ist die Königsklasse“, lachen sie. „Wir bekommen zusätzlich Schlicker, das ist Urgesteinsmehl, aus einem Bergwerk in der Nähe. Dieses silikathaltige Material entspricht dem aus natürlichen Flussüberschwemmungen wie auf den dauer-

Um den Absatz ihrer Produkte brauchen sich die beiden Marktgärtner keine Sorgen zu machen: Alle Ernteanteile, sie nennen sie „Bucklkistl“-Abos, sind bereits vergeben. Rund die Hälfte der Ernte geht an die gehobene Gastronomie der Region. Bleibt etwas, dann werden Interessentinnen und Interessenten per SMS verständigt und auf Wunsch in einem Radius von dreißig Kilometern beliefert. Das Konzept der regenerativen Bodenbewirtschaftung scheint aufzugehen. Gut, dass die beiden Visionäre den Computer gegen den Acker getauscht haben. |

und Gemüseanbauens vor allem eines: die Verbindung zwischen Produzenten und Konsumenten wiederherstellen. So entschlossen sie sich nach einer kurzen Anlaufphase dazu, voll in die biointensive Marktgärtnerei einzusteigen. Seit 2020 bauen sie neunzig verschiedene Kulturen an, neben bekannten Gemüsesorten auch Wasser- und Zuckermelonen, Artischocken, Puntarelle, Khaki, Indianerbananen und Russische Granatäpfel.

31 HERBST / WINTER 2022/23LANDWIRTSCHAFT

KnittelStefanFotos:

Umgeackert wird bei den beiden nicht. „Damit würde nur die komplexe Struktur der Bodenorganismen durcheinanderkommen“, erklärt Stefan. Auch mit Permakultur, Mischkulturen, Fruchtfolge, Mulchen, nützlingsfördernden Blumenwiesen und vielem mehr befassen sie sich am Wiedenhof.

32 ENTDECK DIE BUCKLIGE WELT DievomFeinstenHof NINI TSCHAVOLL Sabine Ungerböck im Streuobstgarten ihres Stegbauer-Hofes. Beim Ernten helfen auch ihre beiden Töchter mit

das reife Obst viel Arbeit am Stegbauer-Hof.

Mostwirtshaus Stegbauer Odhofen Berg 120 2853 Krumbach T 02646 83 01 Gutwww.mostwirtshaus.atGuntrams Guntrams 11 2625 Schwarzau am Steinfeld T 02627 833 33 Obstlehrpfadwww.hollenthon.at/Obstlehrpfadwww.guntrams11.atHollenthon_Hollenthon_1

33 HERBST / WINTER 2022/23OBSTBAU

Die ganze Familie hilft: auch Rebecca (18), die die Landwirtschaftliche Fachschule abgeschlossen hat, und Tanja (16), die in Manfred, Tanja, Rebecca und Sabine

„Obst-Most Gemeinschaft Bucklige Welt“ heißen sie. Klingt ein wenig gepresst. Und darum geht es ihnen auch: Aus saftigen Äpfeln und Birnen hervorragenden Most zu keltern, um ihn ab Hof oder über andere Vermarktende zu vertreiben. Dazu haben sich die Mostbauern und -bäuerinnen der Buckligen Welt vor einigen Jahren zusammengeschlossen.

Imgeboten.Herbstgibt

Berlepsch, Steirischer Maschansker, Brünnerling, Gravensteiner und Renetten –was nach höfischem Personal am kaiserlichen Hof klingt, sind alte Apfelsorten. Sie reifen in der Buckligen Welt, um zu süßen Säften und spritzigem Most zu werden Familie Ungerböck-Handler am Stegbauer-Hof:

Ihre Streuobstgärten prägen die Landschaft aus Buckeln, Tälern und dichtem Wald. Auf den Obstbäumen wachsen vorwiegend Äpfel, auch Birnen und vereinzelt Steinobst. Ihre Produkte machen die Produzenten auf einer gemeinsamen Plattform bekannt. Der kürzeste Transportweg führt Saft und Most direkt zum Mostheurigen. Einer davon ist der Heurige von Sabine Ungerböck am Stegbauer-Hof. Sie kennt sich mit Obstbäumen hervorragend aus und ist begeisterte Heurigenwirtin. Sechsmal jährlich wird beim Stegbauer ausg’steckt, Sü ges aus dem Mostkeller sowie allerlei Schmankerln und Deftiges aus der Küche

Nach Setzung der Schwebeteilchen geht es am nächsten Tag weiter in die Pasteurisierung: Der Saft wird noch heiß abgefüllt, verschraubt und so für mindestens ein Jahr haltbar gemacht.

Welche Obstbäume wachsen bei uns am besten? Was ist für gesunde und ertragreiche Bäume wichtig? Antworten auf solche Fragen findet man bei einem Ausflug zum Obstlehrpfad in Hollenthon. 2006 vom Dorferneuerungsverein angelegt, führt er vom Gemeindepark über 2,5 Kilometer recht gemütlich vorbei an verschiedenen Obstbaumsorten. Weg und Bäume sind gut beschildert, so erfährt man vieles über die Herkunft der 51 alten Obstsorten aus Apfel, Birne, Kirsche, Zwetschke, Ringlotte, Quitte, Marille und mehr. Damit sie gut gedeihen, kümmert sich der Obmann des Dorferneuerungsvereins, Martin Mayerhofer, fachmännisch um Betreuung und Schnitt. Wer den Pfad zur Genussreife der Früchte besucht, darf von den Bäumen pflücken und naschen, wobei gilt: Die süßesten Früchte sind hier ausdrücklich nicht nur für die Großen! |

Auch Reinhard Adelsberger ist ein ausgewiesener Fachmann auf dem Gebiet des Obstanbaus. Er führt und bewirtschaftet das am Rande der Buckligen Welt liegende Gut Guntrams. Auf zwei Hektar kultiviert er 200 Apfelbäume mit rund hundert verschiedenen Sorten. Alle gedeihen prächtig. Er hat sich auf die aromatischen Renetten und Rubinettensorten spezialisiert. Jährlich füllt er im Schnitt 7.000 Liter naturtrüben Saft ab. Nach der Ernte handverlesen und gewaschen, werden die Äpfel dann von faulen Teilen befreit und durch eine Mühle in eine Korbpresse geschickt. Über eine Filteranlage läuft der Saft in die Tanks.

Wien zur Schule geht. Nach dem „Klauben“ wird das Obst gewaschen und in der hauseigenen Bandpresse gepresst. Der goldene Saft fließt dann durch Filter in große Behälter, bleibt dort über Nacht, bis sich der „Trub“, also die Schwebeteilchen, gesenkt hat. Danach wird ein Teil „geschönt“, das heißt zu klarem Saft und Most weiterverarbeitet. Der Rest bleibt naturtrüb und wird bei rund siebzig Grad Celsius pasteurisiert.

34 ENTDECK DIE BUCKLIGE WELT

Der Most ist ein demokratisches Getränk und hatte immer schon auch etwas Subversives. Die „Herrschaft“ trank Wein, das Volk hielt sich an den vergorenen Apfel. Die Trennung in „Süßmost“ und „richtigen“ Most sorgte dafür, dass auch die Kinder ihren Spaß mit Produkten von den Streuobstwiesen hatten und nicht am Cola zuzelten, das eh nur „wurlat“ macht. Nach dem Most schläft man hingegen gut, das wussten die Mütter.

Weltgeschmack

Da geht der Most ab!

Damals kam sogar ein Most-Telefon auf, das per Tonband den Weg zur nächsten o enen Schank wies. Ein erster Schritt zur Modernisierung des Mostes. In den Kellern zog allmählich Edelstahl ein, die blauen Gärtonnen wurden zu Auslaufmodellen. So wird heute zwischen Wartmannstetten und Schwarzenbach der Apfelmost im Stil von Winzerbetrieben und mit Prüfnummer kredenzt. Das Most-Telefon ist mittlerweile vom Internet abgelöst worden. Ein Blick hinein reicht, um zu wissen, wo man dieser Tage kulinarisch seinen „Schnitt“ machen kann. G‘sundheit!

GRAFRoland

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Man muss kein großer Nostalgiker sein –aber das kulinarische Leben im Takt der Natur geht zunehmend verloren. Erdbeeren im Oktober beispielsweise – Sie kennen das. Umso lieber ist mir daher der Herbst daheim in der Buckligen Welt. Dann gibt es den frischen Most. Womit es hier doch ein wenig elegisch wird, denn in den 1980erJahren wurden noch ganze Wochenenden am „Ausgesteckt“-Kalender geplant. Selbst Mosttempel wie der „Himmelhof“ in Lanzenkirchen wurden schnell zu klein, wenn der kollektive Durst ausbrach.

ROLAND

Kultivieren AdelsbergerReinhardSortenverschiedenenbäumezweihundertrundApfelmithundertinGuntrams:undSigrid Auf dem Obstlehrpfad in Hollenthon erfährt man allerhand Wissenswertes über den Obstbau

Graf stammt aus der Buckligen Welt und schreibt Gastround Bar-Geschichten für den www.trinkprotokoll.atSprachraum.deutschen

36 ENTDECK DIE BUCKLIGE WELT

„Unsere Gäste kommen als Fremde und gehen als gute Bekannte.“ Oft auch als Freunde. Das erlebt Peter Pichler fast täglich in seinem gastfreundlichen Haus. Es ist trotz mancher Vergrößerung ein Familienbetrieb geblieben. So hat die nächste Generation bei der jüngsten Erweiterung des Betriebes entscheidend mitgeredet. Peters Tochter Katharina (28), sie wird im Oktober zum zweiten Mal Mutter, hat sich für den großzügigen Spielplatz stark gemacht. Ein wenig erinnert er an die Burg oberhalb des SchwiegersohnGasthauses.Christoph Schwarz hat selbst in der Kindheit im Wirtshaus seiner Oma in der Buckligen Welt das Wirtsleben erfahren. Von ihm wurde der Ausbau des „Pichler“ von 14 auf 22 Zimmer mit insgesamt dreißig Betten orchestriert. Ein gelungenes Beispiel für die oft schwierige Vorbereitung einer

Beim Wirt unter der Burg

Über dem Gasthaus thront die Burg Grimmenstein. Im Wirtshaus geht es bodenständig und authentisch zu. Am Stammtisch sitzen die Schnapser. Ein Teil der fein gedeckten 250 Sitzplätze erhält am Sonntagvormittag den letzten Schli für eine Geburtstagsfeier.DerWirt

Peter Pichler (58) ist ein echtes Kind der Buckligen Welt, stammt aus Kühbach in Lichtenegg. 1960 haben seine Eltern Peter und Ilse das seit über hundert Jahren bestehende Wirtshaus übernommen – von der Tante Anna. Die Lage könnte besser nicht sein. Autobahnabfahrt, direkt an der Wechselbundesstraße, gegenüber der Bahnhof der Aspang-Bahn, eine Bushaltestelle vor der Tür, sechs Tankmöglichkeiten für E-Autos, und der Radweg Eurovelo 9 führt wenige Meter am ausgezeichneten „Bett and Bike“-Betrieb vorbei.

Das Rezept von Küchenchefin Anna Pichler: Schweinslungenbraten gegrillt mit Eierschwammerlsauce und selbstgemachten Kroketten

JOSEF KLEINRATH

Gasthaus Pichler Wechselbundesstraße 2 2840 Petersbaumgarten o ce@gasthof-pichler.at T 02644 73 13 www.gasthof-pichler.at

Eierschwammerlsauce

In Pfanne anbraten, ein bisschen aufgießen, wenn er noch rosa ist. Die Sauce dazu und mit den Kroketten anrichten. Guten Appetit!

ca. 600 g Karto eln, 1 Ei, 100 g Butter, etwas (50–100 g) Grieß, Ca. 100–200 g Mehl, Eiklar und Brösel zum Panieren Zuerst fangen wir mit dem Karto elteig an: Karto eln schälen (ca. 45 min), kochen. Danach durch Karto elpresse drücken und noch heiß weiterverarbeiten. Weiter kommt Ei, Butter, Grieß dazu. Mit Salz und Muskat würzen und zu einem Teig kneten. Mehl nach Bedarf dazugeben, sodass der Teig nicht kleben bleibt. Kroketten formen: Zuerst eine Rolle machen, dann in Stücke schneiden. Danach in Eiklar und Bröseln panieren. Öl erhitzen auf ca. 160 °C und herausbacken. Die Kroketten sind auch ideal zum Einfrieren. Wir verwenden nur Eiklar, damit die Kroketten durch und nicht zu dunkel werden.

Peter Pichler mit Tochter Katharina in ihrem Wirtshaus

Kroketten

Rezept von Küchenchefin Anna Pichler Ca. 4 Portionen

Betriebsübergabe auf die nächste Generation. Dass dies funktioniert, ist wohl auch der Freude geschuldet, mit der der Chef den Wirt vorlebt. Arbeiter, Vertreter oder Geschäftsreisende nutzen die modernen Zimmer mit Burgblick gern. Und die Rad fahrenden Gäste nehmen spürbar zu, erklärt Peter Pichler. Auch für Urlaubende liegt der Gasthof ideal. Petersbaumgarten ist ein guter Ausgangspunkt für Touren in die Bucklige Welt, ob mit Auto, Rad, E-Bike oder auch zu Fuß.

KnittelStefanFotos:

Beim Schweinslungenbraten Fett entfernen. Schneiden, salzen und pfe ern (wir geben auch ein Grillgewürz darauf beim Anrichten).

Schweinslungenbraten gegrillt mit Eierschwammerlsauce und selbstgemachten Kroketten

Zuallererst ist der Gasthof aber ein Wirtshaus. Hier lässt sich erkunden, wie gut die Bucklige Welt schmeckt. Bei Fleisch, Gemüse, Gebäck und Teigwaren setzen die Wirtsleute auf Regionalität. Auch bei den Getränken. Alles kommt vornehmlich von Produzenten und Lieferanten aus der Buckligen Welt. Die Küche ist außer am Mittwoch ganztägig bis 20 Uhr geö net, eine Besonderheit in der Region. „Das wollen wir auch beibehalten“, verspricht der leutselige Wirt.

Petersbaumgarten ist so bescheiden, dass sogar seine Autobahnabfahrt „Grimmenstein“ genannt wird. Genau dort geht es direkt in die Bucklige Welt hinein und zum Gasthaus Pichler

Rezept

Mit Mehl oder Maisstärke eindicken. Zuletzt mit fein gehackter Petersilie bestreuen.

37 HERBST / WINTER 2022/23KULINARIK

In der Küche wirkt die Chefin Anna Pichler, im Service arbeitet ihre Tochter Katharina. Es gibt klassische Wirtshausküche und traditionelle Hausmannskost. Wie den Schweinslungenbraten. Die Eierschwammerl dazu werden natürlich selbst gesammelt. Das hat sich herumgesprochen, bei den Einheimischen, bei Gästen und ganzen Reisebusgruppen. Topqualität beim Essen samt raschem, aber immer freundlichem und familiärem Service. „Wir brauchen keine Werbung mehr zu machen, die Reisegruppen erzählen es weiter“, schmunzelt Peter Pichler. „Diese Mundpropaganda ist die beste Werbung für uns.“ Und Petersbaumgarten unter der Burg Grimmenstein und der gleichnamigen Autobahnabfahrt. |

2 Zwiebeln (groß), 500 ml Rindsuppe (oder Fond), 0,125 l Sauerrahm, 1 kg Eierschwammerl (geputzt, gewaschen), eventuell Mehl oder Maisstärke (zum Stauben), 1 Prise Pfe er & Salz, 1 TL Petersilie (gehackt) Eierschwammerl putzen und zerschneiden. Zwiebeln schälen und fein zerhacken. Die Butter in einer Pfanne erhitzen, zuerst Zwiebeln, dann die Eierschwammerl dazugeben und anrösten, bis sie weich sind. Mit Rindsuppe aufgießen. Den Sauerrahm einrühren, aufkochen lassen und unter ständigem Rühren zu einer sämigen Sauce einkochen lassen. Mit Salz und Pfe er abschmecken, evtl. Zitronensaft dazugeben.

ENTDECK DIE BUCKLIGE WELT 38 Erlesenes auf kleinstem Raum CORNELIA REHBERGER Die Leiterinnen der Büchereien: Eva Maria Windbichler und Edith Schantl Bücherei im G’wölb Katzelsdorf Hauptstraße 47 (im Hof) 2801 Katzelsdorf Ö nungszeiten, Aktivitäten und Veranstaltungen unter LanzenkirchenPfarr-www.katzelsdorf.bvoe.atundGemeindebücherei Schulgasse 10 2821 Lanzenkirchen Alles AktuellesWissenswerte,undTermine unter noebib.atwww.buecherei-lanzenkirchen.

Das Engagement der ehrenamtlich Mitarbeitenden der Büchereien in Lanzenkirchen und Katzelsdorf trägt ganz entscheidend zur Kultur der Buckligen Welt bei

Auch für Erwachsene ist genug spannender Lesesto im Angebot. Neben Krimis, die bei den Besucherinnen und Besuchern besonders beliebt sind, gibt es seit zwei Jahren auch Sachbücher und Zeitschriften. Über soziale Medien wird auf Neuheiten und Besonderheiten aufmerksam gemacht. Momentan läuft der Versuch, gezielt Mütter zum Lesen anzuregen. Damit sich das alles auf den vierzig Quadratmetern ausgeht, wird laufend aktualisiert. „Wir schauen, dass Altes raus und Neues dazukommt. Und ho en in absehbarer Zukunft auf größere Räumlichkeiten für unsere Bücherei.“

Eva Maria Windbichler leitet die Bücherei Lanzenkirchen. Sie hat mit zehn weiteren ehrenamtlich Mitarbeitenden auf gerade einmal vierzig Quadratmetern Beeindruckendes gescha en. „Unsere Bücherei ist sehr gemütlich – und überschaubar. Bei über 4.500 Medien auf kleinstem Raum muss man erfinderisch sein“, erklärt sie. Gemeinsam mit ihrem Team organisiert sie regelmäßig Lesungen, auch von unbekannteren Autorinnen und Autoren, um diese bekannter zu machen. So bot man beim letzten Familienfest zwei jungen Autorinnen im Alter von 13 Jahren eine Bühne. Eine junge Mitarbeiterin betreibt eine Schreibwerkstatt für Kinder ab zehn Jahren. „Wir haben sehr viele Kinderbücher im Sortiment“, sagt Eva Maria Windbichler. „Und wir schauen etwa auch bei unseren Bücherflohmärkten, dass wir viele Kinderbücher im Angebot haben.“ Der nächste Bücherflohmarkt findet am 3. Dezember 2022 statt.

Etwas mehr Platz bei genauso viel Engagement: Das zeichnet die Bücherei in Katzelsdorf, besser gesagt, die „Bücherei im G’wölb“ aus. Unter den Rundbögen des Kulturgewölbes im Gemeindehof finden sich über 9.000 Medien, darunter viele Bücher für Kinder und Jugendliche, Belletristik und Sachbücher. Außerdem gibt es zwei „Außenstellen“ in der Gemeinde, die

Für den kommenden Herbst und Winter plant die Bücherei Veranstaltungen wie die Teilnahme am österreichweiten Literaturfestival „Österreich liest – Tre punkt Bibliothek“ vom 17. bis 23. Oktober oder einen Bücherflohmarkt im Rahmen des Katzelsdorfer Christkindlmarkts. Wenn es draußen allmählich kälter und das Bedürfnis nach einem Buch in der gemütlichen Stube größer wird, findet man in Katzelsdorf und Lanzenkirchen dank dem Engagement ihrer Büchereien ganz bestimmt etwas nach seinen Wünschen.|

Buch derAusleihverzeichnismitBücherei

laufend neu befüllt werden: eine ehemalige Telefonzelle und ein kleines„Das„Bücherhaus“.Besonderean unserer Bücherei sind das heimelige Ambiente des Gewölbes und das große Engagement der ehrenamtlich Mitarbeitenden“, erklärt die Leiterin der Bücherei, Edith Schantl. Das bestätigt ein Blick in den Veranstaltungskalender. Ob Schatzsuche, Ferien-Lesespaß oder die Suche nach den Lesemeisterinnen und Lesemeistern, hier wird Lesen als Abenteuer inszeniert. Unter dem Motto „Lese-Spaß auf 4 Pfoten“ bieten außerdem jeden letzten Donnerstag im Monat die ehrenamtliche Mitarbeiterin Brigitte Scheidl und ihre Border- Collie Hündin Ziva Leseförderung für Kinder. Die gutmütigen Hundedame, eine ausgebildete Therapiehündin, macht das Lesen für die Kinder jedesmal zum Erlebnis. Ziva begleitete auch schon begeisterte Jung-Bücherwürmer bei einer Rätseltour durch die Katzelsdorfer Leitha Au.

In den beiden Thermengemeinden Katzelsdorf und Lanzenkirchen lernen schon die Kleinsten die Faszination der nicht nur buckligen Welt der Bücher kennen. Zu verdanken ist das den beiden Büchereien. Ihre ehrenamtlichen Teams fördern mit großem Engagement das ganze Jahr über die Freude am Lesen und an Literatur für jedes Alter. Es gibt eine große Auswahl an Lesesto in gemütlichem Ambiente, außerdem werden Lesungen organisiert und Veranstaltungen vom Bücherflohmarkt bis zur Schatzsuche. So gelingt es den beiden Büchereien, ein unverzichtbarer Teil des Gemeindelebens und des Veranstaltungskalenders zu sein.

39 HERBST / WINTER 2022/23KULTUR

Ältere Kirchauerinnen und Kirchauer haben das Lied noch in der Schule gelernt – bis es irgendwann verloren gegangen und in Vergessenheit geraten ist“, erzählt der Obmann des MGV, Willi Baumgartner. Alois Scherz aber, fünfzig Jahre lang Chorleiter des Gesangsvereins, entdeckte vor rund dreißig Jahren das alte Lied wieder. Der Onkel des heutigen Chorleiters schrieb die Noten aus dem Gedächtnis nieder und setzte das Kirchauer Lied für den Gesangsverein neu. Seither wird es einmal im Jahr im Nachbarort zum Abschluss der Florianimesse gesungen.

Die Sänger sind gegenwärtig zwischen 22 und 92 Jahre alt, entsprechend ist auch die Bandbreite des musikalischen Repertoires. Woher rührt diese seit über hundert Jahren anhaltende Begeisterung für das gemeinsame Singen her? „Haßbachs große sängerische Tradition liegt nicht zuletzt daran, dass es hier wenig anderes Vereinsleben gab“, erklärt Chorleiter Johannes Scherz. „Keine Freiwillige Feuerwehr, kein Fußballverein. So wachsen die Jungen eben mit dem Singen auf, es wird in den Familien weitergegeben und gehört bei uns einfach dazu.“

So unsereklingtKultur

„Keine Freiwillige Feuerwehr, kein Fußballverein. So wachsen die Jungen eben mit dem Singen auf, es wird in den Familien weitergegeben und gehört bei uns einfach dazu“

40 ENTDECK DIE BUCKLIGE WELT

103 Jahre und kein bisschen leise: Der Männergesangsverein Haßbachtal tönt voller Begeisterung laut und vernehmlich und hält so die Volksliedtradition hoch. Er besteht heute aus 38 singenden Männern aus Haßbach sowie umliegenden Rotten und Ortsteilen. Vor wenigen Jahren konnten sechs junge Nachwuchssänger dazugewonnen werden.

Männergesangsverein und andere Gruppen beim Adventsingen in der Kirche weihnachtliche Stimmung.

Apropos Stimmung: Neben Messen, Volksliedern, ein wenig Klassik, aber auch moderneren Chorliedern haben die Sänger vom MGV ein ganz besonderes Lied im Repertoire. „Früher hatte jede Ortschaft ein eigenes Lied, so auch unser Nachbarort Kirchau. Text und Melodie wurden in den 1920er-Jahren vom damaligen Pfarrer Leopold Teufelsbauer komponiert.

Das lässt sich hören. Etwa bei Traditionsveranstaltungen wie dem Haßbacher Advent am 8. Dezember. Da verbreiten der

CORNELIA REHBERGER

Vor über hundert Jahren trafen sich in Haßbach, einem Ortsteil der Gemeinde Warth, Männer zum regelmäßigen, gemeinsamen Singen –der Auftakt des Männergesangsvereins Haßbachtal

Erhalt von Kulturgut und positive Stimmungen, die sie durch das gemeinsame Singen im Publikum erzeugen, treiben die Sänger des MGV Haßbachtal seit über hundert Jahren an. „Wir singen nicht nur gemeinsam, wir sehen uns auch als eine Art Kulturvermittler, der die Tradition am Leben erhält“, sagt Chorleiter Scherz. Darüber hinaus genießen die Vereinsmitglieder die gemeinsamen Tre en sowie den Austausch und musikalische Ausflüge zu befreundeten Vereinen.

Das Lied vereinsMännergesangsMitgesetztentdecktKirchau,Nachbargemeindederwiederundneuvongliederndes Männergesangsverein Haßbachtal Willibald Baumgartner T 0699 15 12 11 97 mgv-hassbachtal.at

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Wie der Männergesangsverein Haßbachtal klingt? Unter www.mgv-hassbachtal.at bekommt man einen Eindruck davon. Auf der Website des Vereins finden sich musikalische Glückwünsche als Video und die aktuellen Termine des Vereins für all jene, die singende Männer einmal live erleben wollen. |

KnittelStefanRigler,KerstinFotos:

Chorleiter Johannes Scherz und Obmann Willibald Baumgartner

ENTDECK DIE BUCKLIGE WELT 42 Der heimische Baum in der Bank KARIN WASNER „Unser Holz kommt aus einem Umkreis von 300 Kilometern, da weiß ich, wie gearbeitet wird.“ Siegfried Walli, Tischler KnittelStefanFotos:WALLI Wohnraum Garten Innerschildgraben 48 2832 Thernberg T 02629 33 11 www.walli.co.at

Im November feiert die Familie mit ihren Kundinnen und Kunden Candlelight-Evening. „Unsere 800 Quadratmeter Schauraum im Lichterzauber!“ Im Schein Tausender Kerzen sitzt man dann bei Glühmost, Feuerfleck, Sterz und Krautfleckerl auf der Gartenbank – und kann den nächsten Sommer kaum erwarten.|

„Wo dieses Bankerl demnächst steht, ist vielleicht der Baum gewachsen, aus dem es gemacht worden ist!“ Siegfried Walli führt in dritter Generation die Tischlerei Walli in Thernberg, südlich von Wiener Neustadt. Mit seinen Mitarbeitern fertigt er die „Wiener Alpen Picknickbank“ nach Entwürfen des Wiener Designstudios „Walking Chair“. Bei einer Rast am Schneeberg, Semmering oder bei den Myrafällen kann man die praktische Tisch-Bank-Kombination probesitzen. Ob Jausenbank, Gartenmöbel, Terrasse, Zaun, Sonnen- oder Sichtschutz – in seiner Werkstatt wird der Garten vom Lebensraum zum Lebenstraum.

Das Team der Tischlerei Walli in Thernberg

wirkt sie leicht, modern und edel. Auch Vater Josef hilft noch fleißig mit. „Mit über achtzig fährt er mit dem Lkw aus, wenn Not am Mann „Jedesist.“Stück ein Unikat!“ Die jungen Lehrlinge Max und Christopher schätzen sich glücklich, in der familiären Tischlerei im Schlattental ausschließlich mit hochwertigem Vollholz arbeiten zu können. „Das Plattenpicken interessiert uns nicht.“ Nur heimisches Holz aus nachhaltiger Forstwirtschaft landet bei Sigi auf der Hobelbank, tropische oder boreale Hölzer sind passé.

Sie bringen das Holz der Buckligen Welt in die Gärten der weiten Welt – in Gestalt von langlebigen Gartenmöbeln aus eigenem Betrieb. Die Tischlerei Walli gibt Bäumen und Lehrlingen eine neue Bestimmung

Beständigkeit ist im Werkstattbetrieb nicht nur bei Tischen und Bänken Thema. Der „Masta“, wie Tischlermeister Rudi liebevoll von den Lehrbuben genannt wird, hat bei Sigis Vater mit 15 als Lehrbub begonnen. Vierzig Jahre ist er schon dabei. Die Möbellinien der Tischlerei Walli heißen „Wartenstein“, „Kirchau“ und „Schönau“, Sigis Vater Josef hat sie nach Burgen und Schlössern der Gegend benannt. „Kranichberg“, eine der ersten Garnituren, die er entworfen hat, ist seit fünfzig Jahren Teil des Sortiments. „Früher war die Tischplatte aus einem einzigen Stamm. So etwas kriegst du heute gar nicht mehr.“ Sigi, für Design und Gestaltung zuständig, ist stolz auf die Langlebigkeit der Stücke, die seine Familie produziert. „Wir bekommen Möbel zum Ausbessern, die sind so alt wie ich! Wenn wir die au rischen, schauen sie aus wie neu!“

Im geräumigen Schauraum schaukelt ein Paar auf der Hängeliege „Wave“. Sie ist in Zusammenarbeit mit Studierenden der New Design University entstanden. Bis nach Deutschland kommen manche Stücke. „Wir bringen die Bucklige Welt in die Gärten der Welt.“ Mutter Anna erklärt der Kundschaft die Vorzüge der jüngsten Möbellinie „Tavola“. Mit schlichter Leistenoptik

Wer sich in seinem Zuhause für heimisches Holz entscheidet, entscheidet sich für Klimaschutz und sichert Arbeitsplätze in der Region. „Chemische Holzschutzmittel brauchen wir nicht, denn wir verwenden Hölzer, die von Natur aus wetterfest sind.“ Geheizt wird mit Holzabfällen, der Strom kommt aus der Fotovoltaik-Anlage.SolchesEngagement

für die Zukunft wird 2013 belohnt: Gartenmöbel der Tischlerei Walli sind landesweit die einzigen, die das Österreichische Umweltzeichen tragen dürfen.

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„Unser Holz wächst im Umkreis von 300 Kilomatern. Da weiß ich, wie gearbeitet wird.“ Regional ist derzeit gefragt, bei den Wallis war das aber immer schon so. Sigis Großvater hatte eine kleine Landwirtschaft und Fassbinderei. Er wählte die Bäume, mit denen er arbeiten wollte, noch selbst im Wald aus. „Seinem Material bin ich treu geblieben.“ Robinie, Eiche und Lärche. Aus Holz, aus dem sein Opa Fässer band, werden heute Pflanzgefäße, Pavillons oder Pergolen. Für Fässer geeignetes hartes, beständiges Holz ist auch für Gartenmöbel gut.

Ab Anfang Oktober kann man durch die Tannenkulturen der Familie Spenger spazieren: Feste Schuhe sind dafür empfohlen, denn es geht ständig bergauf und bergab. Dabei sucht man seinen künftigen Christbaum in seinem „natürlichen Lebensraum“ aus und markiert ihn. Danach erweist man bei einem Abstecher in den Schafstall den tierischen Kollegen und Kolleginnen die Ehre, indem man sie ausgiebig streichelt.

KnittelStefanFotos:

Rechtzeitig vor Weihnachten kann man den Baum dann abholen. Fertig verpackt von der Familie Spenger. Wer lieber durch den winterlichen Tann streifen will, um den künftigen Weihnachtsbaum selbst aus der Kultur zu holen, hat auch dazu den Segen der Spengers.

Sauerbichl 12 2840 Grimmenstein T 0664 163 88 Ab-Hof-Verkauf86ab 8. Dezember

Wald links und rechts. Die Straße führt zum Hof der Familie Spenger. Bei der Ankunft großes Erstaunen über den weiten Ausblick auf die Bucklige Welt. Beim Rundumblick bemerkt man dann die unglaubliche Fülle an Tannenbäumen hier. Sie gedeihen mit natürlichen Helfern in ihren Tannenkulturen: Shropshire-Schafe weiden und mähen das Gras zwischen den Baumreihen. Warum ausgerechnet diese alte englische Hausschafrasse am „Shropshire-SchafeHof?

Bäume mit einem gleichmäßigen Wuchs in unterschiedlichen Größen: von einem halben Meter bis zu fünf Metern Höhe.

Ab Maria Empfängnis am 8. Dezember beginnt jedes Jahr der Christbaumverkauf. Ab dann kann der eigene Baum schon abgeholt werden. „Eine Nordmanntanne hält die Zeit bis

Biobauernhof Familie Spenger

Ausflug durch die Christbaum-Kultur ab Anfang Oktober www.spenger.at

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sind die einzige Schafrasse, die das Gras fressen, ohne die Christbäume anzunagen“, erklärt Lukas Spenger. Für seinen Biobetrieb kommen auch giftige Spritzmittel natürlich nicht in Frage. Um die Schädlinge der Bäume in Schach zu halten, fördert er kleine, rote Wesen aus der Natur. „Wir arbeiten in einer Bewirtschaftungsweise, die dem Marienkäfer gefällt. Zwischen den Baumreihen lassen wir trotz der Schafe sogenannte Nützlingsstreifen aus hohem Gras stehen. Das Ergebnis dieser Art der biologischen Bewirtschaftung sind gesunde

Wo Schafe und Käfer schützenTannen

CORNELIA REHBERGER

Familie Spenger mit Shropshire-Schaf in ihrer Tannenbaumkultur

Weihnachten gut aus“, erklärt Lukas Spenger den frühen Schnitt. „Sie bleibt zum Weihnachtsabend und lange darüber hinaus schön.“Bei der Abholung sollte man sich Zeit lassen. Auch wenn man nicht in die rund 5.000 Tannen geht, um eine zu holen, lohnt sich ein Besuch des über 160 Jahre alten Schüttkastens. Hier wärmt man sich an Glühmost und Früchtetee und entdeckt dabei die eine oder andere zauberhaft-weihnachtliche Geschenk idee. Von handgemachten Deko-Artikeln bis zum regionalen Schnaps ist für jeden Geschmack etwas dabei. Und das Christkind freut sich auf seinen Baum. |

Helfern Die BaumreihenzwischenmähenShropshire-SchafeinnatürlichengedeihenChristbäumemitHelfernihrenKulturen:dasGrasden

O Tannenbaum, wie grün sind deine Nadeln, natürlich. Ganz natürlich wächst er mit rund 5.000 weiteren am der in der und ihren tierischen

Familie

Grimmenstein, gepflegt von

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Biobauernhof

Familie Spenger

Kranzmühle. Rodlmühle. Eislmühle. Trettlermühle. Kotmühle. Sie prägen mit einer weiteren Bauernmühle das idyllische Mühlental entlang des Hochneukirchenbaches vom Ursprung bis zur steirischen Grenze. Ihre Geschichte reicht bis ins 15. Jahrhundert zurück, auch wenn heute keine Mühle mehr klappert und der Hochneukirchenbach nicht rauscht. Eine mystische Stimmung liegt über den einst stolzen Mühlen, die heute verlassen stehen, ihre Geschichten auf Hinweisschildern.

Sie haben der Mühlenloipe den Namen gegeben. Schneesicher ist sie seit 1997, klein, aber fein. Ein Geheimtipp für Langlaufende im Winter. Fällt der Schnee, bleibt er im tiefen Tal beständig liegen. Der Tourismus- und Verschönerungsverein Hochneukirchen kümmert sich seit 25 Jahren mit einer Handvoll Freiwilliger wie dem Loipenwart Hans Ulrich darum, dass die Loipe ordentlich gespurt ist. Die Langläuferinnen und Langläufer danken es ihnen. „Aus dem Burgenland, der Steiermark kommen sie, aber auch aus Wiener Neustadt und Wien“, erzählt

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JOSEF KLEINRATH

Auch im Winter ist Bewegung an der frischen Luft gesund und soll vor allem Freude machen. Die Langlaufloipen in der Buckligen Welt sind dafür bestens geeignet

Schon aus Eigeninteresse, denn die Vereinsmitglieder sind oft unter den Ersten, die ihre Runden drehen. „Es gibt im Winter kaum etwas Schöneres, als zeitig in der Früh entlang des noch vereisten Baches entlangzugleiten und die Ruhe der Natur zu genießen“, schwärmt Ulrich über die Mühlenloipe.

die Obfrau Elisabeth Kager. Auch sie selbst genießt das Naturerlebnis beim Langlaufen sehr – und besonders auf der Mühlenloipe: „Dahingleiten mit den Gedanken bei sich und von den alten Gebäuden bezaubert.“

UnterlaufenMühlen

Die rund acht Kilometer lange Grundstrecke ist für Anfänger oder Anfängerinnen und Fortgeschrittene gleichermaßen attraktiv. Gelaufen wird im klassischen Stil, zwei Spuren ermöglichen auch das Überholen langsam Laufender. Liegt genug Schnee, wird die Loipe durch die Spanau-Runde um drei Kilometer verlängert. Die Nutzung ist gratis. „Das bleibt auch so“, versichern Ulrich und Kager, auch wenn Spenden erwünscht sind. Was auch bleibt: die Qualität der Loipe.

In Schlag bei Zöbern läuft man ganz klassisch durch Wald und Feld mit herrlichem Ausblick in eine wunderbare Winterlandschaft. Eine Labsal für die Seele, kräftigend für den Körper, kurz, ideal für den Winter. |

wechselndem Gelände. Auf der Fitnessrunde ermöglichen sanfte Geländeübergänge für ein variantenreiches Laufvergnügen, für die Einsteiger ist die flache, einen Kilometer lange Runde bestens geeignet. Auch bei Flutlicht – so lassen sich die kurzen Wintertage bis in den Abend hinein verlängern.

Als Ausgangspunkt empfiehlt sich das Loipenstüberl in Zöbersdorf-Au 6. Schon die Anfahrt ist ein Erlebnis: Bucklige Welt pur. Vor rund zwanzig Jahren vom Tourismus- und Verschönerungsverein in über 2.000 freiwilligen Arbeitsstunden errichtet, ist es seit heuer das ganze Jahr über jeweils vom 1. bis 21. jeden Monats geö net (Dienstag Ruhetag). Margret Hofstätter wirkt darin als Wirtin mit Leib und Seele. Sie setzt auf regionale Produkte und hohe Qualität, dies hat das Loipenstüberl zum Tre punkt für Einheimische, Radlerinnen, Radler und Wandernde gemacht. „Im Winter hält der Verein beim Langlaufbetrieb außerhalb der Ö nungstage das Stüberl o en.“ Obfrau Elisabeth Kager sorgt vor.

Auch im benachbarten Zöbern läuft es sich gut, versichert Franz Prenner, Obmann des dortigen Wintersportvereins. Fast direkt an der Autobahnabfahrt erwarten die Skating-, die Fitnessund vor allem die Grenzlandloipe lau reudige Gäste. Letztere ist fünf Kilometer lang, anspruchsvoll und sportlich bei ständig

Auf den Loipen Buckligen Winter

zum Erlebnis Hochneukirchen-Gschaidt: Loipeninfos beim Tourismusund THochneukirchen-GschaidtVerschönerungsverein0264820206oder0664 458 94 09 und unter Zöbern:www.hochneukirchen-gschaidt.at Informationen zu den Schneeverhältnissen unter T 02642 87 77 (Gemeinde Zöbern) und unter www.wsv-zoebern.at

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FülöpMartinAlpen,WienerFotos:

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Welt wird der

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Wo Josef und der Ochs hingehören

Beim Reisenbauer in Scheiblingkirchen-Thernberg, 2012. Im Keller des Gasthauses gründen drei begeisterte Krippenbauer um Otto Reisenbauer eine Krippenrunde. „In jedes Haus gehört eine Krippe“, finden sie, das wird zum Motto ihrer Tätigkeit. Seither haben sie Hunderte Krippen gescha en. Die Zahl der im Verein Tätigen ist laufend gewachsen, sie haben sich durch zahlreiche Kurse stetig verbessert, sogar die Räumlichkeiten sind größer geworden.Heutezählt die „Krippenrunde Scheiblingkirchen-Edelsee“ rund achtzig Mitglieder, darunter sind zehn aktive Kursleitende, die ihre Gruppen in vier Kursen pro Jahr dabei begleiten, eine ganz persönliche Krippe zu gestalten. Hinzu kommen einige Perfektionskurse zu verschiedenen Schwerpunkten. „Jeder, der eine Krippe bauen möchte, bekommt einen Profi an die Seite“, sagt Otto Reisenbauer. „So entstehen fünfzig bis sechzig einzigartige, große Weihnachtskrippen pro Jahr. Dazu einige kleinere Krippen oder Laternen.“ Auch die ein oder andere Auftragsarbeit

CORNELIA REHBERGER

Otto Reisenbauer hat die Krippenrun de gegründet und möchte die Bucklige Welt zum Krippen land machen

Krippenrunde Scheiblingkirchen Bundesstraße 62 2831 zum Krippenbaukurs bei Obmann Otto Reisenbauer T 0664

DauerausstellungTermineScheiblingkirchen-ThernbergundÖnungszeitenderunter scheiblingkirchen.atwww.krippenrundeAnmeldung

355 03 46

Um die Krippenbautechnik zu perfektionieren, haben die Vereinsmitglieder Kurse absolviert und laden immer wieder Experten zu sich ein. So kommt jedes Jahr Peter Riml, der Tiroler Krippenbaukünstler schlechthin, zu einem Malkurs für Hintergrundbilder hierher. Eine Künstlerin hilft beim Erstellen sogenannter Gschala-Mandln, das sind Figuren aus Maisstroh.

KnittelStefanFotos:

Jede und jeder kann hier seine Krippe bauen und dabei auf die Hilfe erfahrener Krippenbauerinnen und Krippenbauer zählen

wird von den Krippenbauprofis umgesetzt. Beim Eintritt in die Werkstatt der Krippenrunde steigt einem sogleich ein Duft in die Nase: eine Mischung aus Zirbenholz, Leim und Farbpigmenten. Er begleitet die Krippenbauer bei ihrer filigranen Arbeit. Sie führt zu unterschiedlichen Ergebnissen: orientalischen, klassischen alpenländischen oder Kasten-Krippen.

Figuren und Bauten haben auf Weihnachtskrippen eine bestimmte Bedeutung.

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Allerdings kann man dabei der Kreativität nicht ganz uneingeschränkt freien Lauf lassen. „Es gibt in der Krippensymbolik einige Vorgaben. Alles, was auf einer Krippe an welcher Stelle und auf welche Art zu sehen ist, hat einen Hintergrund. Etwa eine Brücke als verbindendes Element zwischen Altem und Neuem Testament, oder ein Zaun, der wiederum das Trennende hervorhebt. Fast alles, wie auch die Position von Josef und dem Ochsen, hat eine Bedeutung“, erklärt der Obmann der „Kripperler“ aus Scheiblingkirchen.

Die Krippenprofis geben nicht nur im Rahmen der Kurse ihr Wissen weiter, sie vermitteln das Besondere an ihrem Handwerk auch dem Nachwuchs. Seit zehn Jahren entsteht so mit Schülerinnen und Schüler der Neuen Mittelschule jeweils eine neue Krippe. Im Vereinslokal des Gasthauses Reisenbauer steht eine Krippen-Dauerausstellung, am zweiten Adventwochenende vom 1. bis 4. Dezember findet hier eine Weihnachtsausstellung statt, bei der Krippen zu bewundern sind. Im Rahmen der Adventmeile in Seebenstein am ersten Adventwochenende findet man in stimmungsvollem Rahmen des Schlossparks eine Krippenmeile. Eindrucksvolle Krippen zieren die Kirchen in Scheiblingkirchen und Thernberg: vom ersten Advent bis Maria Lichtmess jeweils eine Weihnachtskrippe, von Ostern bis Pfingsten eine Passionskrippe. Den „Kripperlern“ aus Scheiblingkirchen ist das aber noch lange nicht genug. Otto Reisenbauers Vision sieht nämlich vor, die Bucklige Welt als Krippenland zu etablieren, mit einer eigenen „Krippen-Roas“ – in Anlehnung an die kulinarische Schnidahahn- und die sportliche Radl-Roas. Wer sich selbst einmal im Bau einer Krippe versuchen möchte, nur zu: Der nächste Krippenbaukurs findet am 4., 5. und 6. sowie am 11., 12. und 13. November statt. Rechtzeitig also, um das heurige Weihnachtsfest mit einem ganz besonderen Stück zu schmücken. |

Welche, das erfahren alle, die am Krippenbau der „Krippenrunde ScheiblingkirchenEdelsee“ teilnehmen

ENTDECK DIE BUCKLIGE WELT 50 Wintersport in Kirchschlag in der Buckligen Welt: entspannt, fröhlich und mitten im Ort Eislaufplatz am Hauptplatz 2860 Kirchschlag in der Buckligen Welt Ö nungszeiten (ab dem 1. Adventsonntag): täglich 15–19 Uhr Schulferien 10–19 Uhr Eistelefon: 0664 541 99 88

Wer Ski fahren will, muss sich auf den Weg zum Semmering oder nach Mönichkirchen machen. Da sind die Eislaufschuhe näher!

Kirchschlag liegt im Einflussbereich des pannonischen Klimas, Schnee bleibt da nur selten liegen. Dafür gibt es Eis am Hauptplatz: zum Tanzen und Fahren natürlich

Eiszeit in Kirchschlag

FülöpMartinAlpen,WienerFotos:

kirchen und Zöbern. Wer Ski fahren will, muss sich auf den Weg zum Semmering oder nach Mönichkirchen und St. Corona machen. Da sind die Eislaufschuhe näher! Für gute Stimmung und die passenden Rhythmen auf dem Eis sorgt eine Übertragung aus dem Radio.

SABINE EDITH BRAUN

Der für das Kunsteis benötigte Strom wird in Kirchschlag selbst produziert – durch eine mit Holz betriebene Kraft-Wärme-Kopplungsanlage. Sie stellt gleichzeitig Strom und Wärme bereit, benötigt also für beides zusammen weniger Brennsto . Das verringert die Schadsto belastung. „Unsere Kraft-WärmeKopplungsanlage erzeugt pro Jahr etwa 2,7 Millionen Kilowattstunden“, sagt der Bürgermeister. Das entspricht dem Bedarf von 800 Haushalten, also dem von ganz Kirchschlag. Droht das Eislaufen auf Kunsteis durch die gestiegenen Energiepreise zu einer Luxussportart zu werden – oder wird es in absehbarer Zukunft überhaupt unleistbar sein? Auf rund 15.000 bis 20.000 Euro Stromkosten belief sich die Bereitstellung der Kunsteisbahn bisher jährlich. „Man weiß ja nicht, was noch alles passieren wird“, seufzt Josef Freiler. „Aber wenn auch alles teurer geworden ist, werden wir unsere Eintrittspreise zumindest in dieser Saison dennoch nicht erhöhen.“ |

Keine Sorge, selbst in der Buckligen Welt ist ein Eislaufplatz eine plane Fläche. 900 Quadratmeter stellt Kirchschlag zur Adventzeit zum Eislaufen bereit – auf dem Hauptplatz mitten im Zentrum. Wo während des restlichen Jahres Autos parken, kommt es in der kalten Jahreszeit zu Pirouetten.

Eine knappe Woche dauert es, bis die Eislaufbahn aus Kunsteis fertig ist. Begonnen wird mit dem Aufbau allerdings erst, wenn sich die Temperatur dem Gefrierpunkt nähert. Bis zu sechs Personen sind daran beteiligt, darunter auch Bürgermeister Josef Freiler, Obmann des Vereins „Wir sind Kirchschlag“. War es in früheren Zeiten ein Wirt, der für das Eis sorgte, übernahm das schließlich der Verein zusammen mit der Gemeinde. Seit einem Vierteljahrhundert ermöglichen sie die Kirchschlager „Eiszeit“. Der Eislaufplatz im Zentrum der 2.820-EinwohnerGemeinde ist als einziger in der Region stets gut besucht – auch aus den Nachbarorten. Denn erst Mattersburg und Wiener Neustadt bieten die nächsten Eisflächen. „Wintersport ist bei uns ein wenig problematisch“, sagt Bürgermeister Freiler. „Wir haben weder Lift noch Loipe. Wegen des pannonischen Einschlags herrscht in Kirchschlag im Winter meist Schneemangel.“ Die nächsten Loipen liegen rund 15 Kilometer entfernt in Hochneu-

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Zeit, die wir uns nehmen, ist Zeit, die uns was gibt. – Ernst Ferstl –WIENERALPEN.AT/ADVENT Alpen/KremslWiener©

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