FACES Magazin Schweiz, November 24

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WILD

LONGINES SPIRIT

ZULU TIME

N°11/2023

S.20

The Faces

Ella Purnell, Father John Misty, Mina Le, Endrick, Isamaya Ffrench, Salehe Bembury, Verifiziert, Calum Harper, Fei-Fei Li, Aaron Altaras, Sally Rooney

S.36

The Hype

Fashion, Beauty, Travel, Living&Design

S.54 CEO

Photography: Alex Seifert

S.68

Model Citizen

Interview: Ronja Furrer & Jenny Bachmann

S.80

Fashion Frames

Photography: Viviane Sassen

CEO of Fashion: Diese Looks verwandeln jeden BĂŒrokorridor in einen Catwalk. S.54
Womit wir unser Sweet Home nebst diesem Couchtisch noch verschönern, verraten wir in unserem Living & Design Special. S.50
Bei Viviane Sassen verschwimmen die Grenzen zwischen Kunst und Mode. S.80

Lederkreationen, die rote Teppiche erobern: Yvonne Reichmuths Label YVY ist auf der Überholspur. S.104

S.90

Eco Future Trends

Interview: W1P Studios

S.96

Overhead Expenses

Photography: Nathalie Zimmermann

S.104

Skin in the Game

Interview: YVY

S.120 Monumental

A+A Architizer Awards

S.134

Where History Lives

Conservatorium Hotel Amsterdam

Stylish und warm geht’s auf in den Winter.
S.98
Der perfekte Ort fĂŒr einen Kurztrip nach Amsterdam. S.134

SPORT CLASSIC

Die EBEL Sport Classic ist die sportlich-schicke Ikone aus den 70er Jahren.

Ihr legendĂ€res Wellengliederarmband, das nahtlos in das ikonische sechseckige GehĂ€use ĂŒbergeht, begeistert durch eine markante Ästhetik und außergewöhnlichen Tragekomfort.

BerĂŒhmt fĂŒr ihr unverkennbares, zeitloses Design, verkörpert die EBEL Sport Classic die perfekte Verbindung von Schönheit und FunktionalitĂ€t.

Ein unvergĂ€ngliches Symbol fĂŒr Eleganz und ein Klassiker der Schweizer Uhrmacherkunst.

S.138

On the Road Again

Photography: Austin Augie

S.156

Dreams in Technicolor

Photography: Basile Crespin

S.178

WTF

Gummi S.14 Impressum

S.16

Contributors

Farbenfroh trotzen wir der KĂ€lte. S.156
Fotograf und YouTuber Austin Augie nimmt uns mit auf eine Reise in seinen kreativen Kopf. S.138
Photography: Alex Seifert
Styling & Production: Oliver Rauh
Styling Assistance: Samir Abou-Suede Hair & Make-up: Sigi KumpfmĂŒller using Mac Cosmetics / Ghd
Model: Jasmin Beyr

IMPRESSUM

HERAUSGEBER

Stefan Berger – berger@faces.ch

Patrick Pierazzoli – pierazzoli@faces.ch

CHEFREDAKTEUR

Patrick Pierazzoli

VERLAGSLEITUNG

Stefan Berger

Stellvertretung: Mirco Ludolini

CREATIVE CONSULTANTS

Florian Ribisch

Alex Wiederin

REDAKTION

Michael Rechsteiner

Josefine ZĂŒrcher

Livia Schneckenburger

FASHION DIRECTOR

Nadia Hartzer

GRAFIKLEITUNG

Bianca Ugas – grafik@faces.ch

DESIGN/LAYOUT

Gian Ganter

FACES, Bertastrasse 1, CH-8003 ZĂŒrich

AUTORINNEN

Julia Gelau, Michael Rechsteiner, Livia Schneckenburger, Ilija Trojanow, Helge Timmerberg, Josefine ZĂŒrcher

FOTOS & ILLUSTRATIONEN

Austin Augie, Basile Crespin, Viviane Sassen, Alex Seifert, Nathalie Zimmermann, pa picture alliance (dpa), Launchmetrics SpotlightSM

TYPEFACES

Synt (Dinamo)

Salt Lake (Florian Ribisch)

ANZEIGEN & KOOPERATIONEN SCHWEIZ

Mirco Ludolini, Sales Director – ludolini@faces.ch

Monika BrĂ€ndli – monika.braendli@faces.ch

Pascal Konrad – pascal.konrad@faces.ch +41 (0) 43 322 05 37

ANZEIGEN & KOOPERATIONEN DEUTSCHLAND & ÖSTERREICH

FACES Deutschland, Straßburger Straße 6D, D-10405 Berlin Julia Gelau, Managing Director Germany & Austria – julia@faces.ch; +49 (0) 30 552 02 383

ANZEIGEN & KOOPERATIONEN ITALIEN EDICONSULT INTERNAZIONALE srl, Piazza Fontane Marose 3, I-16123 Genova milano@ediconsult.com; +39 (0) 010 583 684

ANZEIGEN & KOOPERATIONEN FRANKREICH & GROSSBRITANNIEN Helena Kawalec – helena@faces.ch; +33 (0) 6 62 53 72 00

ABONNEMENTSPREISE

FACES erscheint 8 Mal im Jahr. Einzelverkaufspreis CHF 12.– ; Jahresabo CHF 68.–

© Copyright 2024 Fairlane Consulting GmbH

Der FACES-Schriftzug/-Stern sind eingetragene Markenzeichen der Fairlane Consulting GmbH und dĂŒrfen nicht ohne deren Zustimmung verwendet werden. Nachdrucke, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlags.

MASTER OF MATERIALS

TRUE SQUARE OPEN HEART

Basile Crespin

Es gibt viele Wege in die Modefotografie. Basile Crespin setzte sich in seinen AnfĂ€ngen nicht etwa mit der Textilwelt auseinander, sondern bereiste Asien, Afrika und den Mittleren Osten als Reportagefotograf. Auf diesen Abenteuern entdeckte er seine Leidenschaft fĂŒr PortrĂ€tfotografie. Nun ist er in der Modefotografie zuhause, ein Feld, wo Design, PortrĂ€t, Bewegung und Energie zu einem Gesamtwerk zusammenfließen.

MERCI

Connecting beautiful people and things.

Marie Revelut

In ihren Adern fließt Mode:

Diese diente als Inspirationsquelle und Antrieb gleichermaßen, und so studierte Marie Revelut Modedesign in Perpignan und Narbonne, um dann endlich nach Paris zu gehen, der Modemetropole schlechthin. Dort lĂ€uft es auch gleich rund mit der Karriere. FĂŒr verschiedene Magazine hat sie ihren ganz eigenen Stil als Stylistin einfließen lassen. Als Inspiration zitiert sie die gesamte Palette der Ästhetik: Poesie, Kunst, Frauen und Schönheit.

Oliver Rauh

Public Relations und Marketing-Jobs fĂŒllen das Konto, wĂ€rmen jedoch nicht das Herz. Deshalb setzt Oliver Rauh auf ein anderes Gespann, nĂ€mlich auf Styling und Fotografie. DafĂŒr hat er so viel Talent, dass er schon Lady Gaga stylte und fĂŒr BMW, HermĂšs und CondĂ© Nast arbeitete. Und zum GlĂŒck auch immer wieder fĂŒr uns. TVShow-Affine haben ihn vielleicht sogar auf dem Bildschirm als Gastjuror bei Pro7 erspĂ€ht.

Alex Seifert

„If they say you can’t do it, do it twice and take pictures“ – wer nach diesem Motto lebt, kann ja nur auf der Überholspur sein. Alex Seifert hat in MĂŒnchen Fotografie studiert und sich danach in New York niedergelassen, wo sie vor und hinter der Kamera fĂŒr Magie sorgt. Dieser Meinung sind unter anderem auch die italienische Vogue, die deutsche Instyle – und natĂŒrlich wir. In unserem Editorial hat Alex einmal mehr gezeigt, dass Modefotografie eine ihrer StĂ€rken ist.

Das ist keine gewöhnliche Waschmaschine.

Das ist Marco Odermatts Waschmaschine.

Unsere Waschmaschine mit der besten schnellen Fleckenentfernung auf dem Markt bei 30 °C.1 Saubere WĂ€sche in nur 49 Minuten – mit bis zu 30 % weniger Energie. 2 Schnell, supereffizient und sanft. Genau wie Marco. 1

Nathalie Zimmermann

Andere genießen mit 14 noch die Unbeschwertheit der Jugend, doch Nathalie legte dann bereits die Weichen fĂŒr ihre Zukunft: Sie entdeckte ihre Leidenschaft zur Fotografie. Das hat sich gelohnt, denn heute ist sie als Mode- und Portraitfotografin tĂ€tig. Zuhause ist sie im multikulturellen Frankfurt – und im Rest der Welt, denn sie liebt es, zu reisen. Mit ihrem winterlichen Editorial, das uns die schönsten und wĂ€rmsten HĂŒte fĂŒr die kalte Saison zeigt, macht sie uns Laune auf Schnee.

Saskia Schnelle

Wir liebten es doch alle, als Kind Puppen in verschiedenen Outfits einzukleiden. Saskia hat nie damit aufgehört, denn sie kleidet als Stylistin mit ihrem guten Fashion-Auge jeden Tag Menschen ein und lebt so ihre Leidenschaft fĂŒr Mode, die sie seit der Kindheit begleitet, beruflich aus. Sie und Fotografin Nathalie Zimmermann bilden ein Dreamteam, da sie sich seit der gemeinsamen Zeit auf einer Modeschule kennen. Klar, resultieren daraus die tollsten Shootings.

Creativity is the key to everything.

Bianca Ugas

Niemand erspĂ€ht VintageSchnĂ€ppchen besser als unsere Grafikleiterin. Ihr gutes Auge nutzt Bianca nĂ€mlich nicht nur, um bei uns ein kreatives Layout nach dem anderen zu zaubern, sondern auch, um die besten Secondhand-Pieces on- und offline zu schnappen. Wir wissen gar nicht, worauf wir neidischer sind: Ihre Taschensammlung oder ihre extravaganten NĂ€gel, die sie, wie es sich fĂŒr eine Kreativschaffende gehört, natĂŒrlich selbst macht.

Michael Rechsteiner

Gut Ding will Weile haben. Deshalb dauerte es etwa 20 Jahre, bis Michael fĂŒr uns nicht mehr nur als freischaffender Autor in die Tasten haute, sondern zum festen Bestandteil unserer Redaktion wurde. Nun schĂ€tzen wir uns glĂŒcklich, sein beneidenswertes Schreibtalent ganz fĂŒr uns allein zu haben und das eifrige Klicken der Tastatur tagtĂ€glich zu hören. Dabei heraus kommen nicht nur spannende Storys, sondern auch die allerbesten Wortspiele.

THE FACES

„WE GON’ RUN

THIS TOWN TONIGHT.“

ZUCKERSCHOCK

Ihre erste Hauptrolle hatte Ella Purnell in der Serie „Sweetbitter“, im Film „Kick-Ass 2“ spielte sie eine Figur namens Dolce, jetzt begeistert sie in „Sweetpea“. Hat die EnglĂ€nderin etwa die sĂŒĂŸeste Karriere Hollywoods? Nun, wer ihr tief in die Augen schaut, glaubt, darin einen Korb brauner Hundewelpen zu erkennen. Doch bitte nicht tĂ€uschen lassen. Meist dauert es nicht lange, und die entzĂŒckende Fassade kriegt Blutspritzer ab – ob aktuell als mauerblumige Serienkillerin oder postapokalyptische Überlebende in „Fallout“. SubversĂŒĂŸ, sozusagen.

Er nennt diesen Tanzmove: „Verdammte Bienen, geht weg!“

FATHER JOHN MISTY

CHORKNABE

Die Kirche ist unser Plattenspieler. Zumindest wenn Father John Misty darauf rotiert. Der elegante Songwriter predigt Pop, der so sakral und sexy ist, wie ein Priester, der sich den Talar bis zu den Brustmuskeln aufreißt. Oder, um nicht noch so ein Bild von Strippern im Polyester-KostĂŒm heraufzubeschwören: wie ein Leonard Cohen in seinen dunkelsten Sternstunden. Jetzt bitte die Freudenglocken lĂ€uten: Bald erscheint FJMs neues Album „Mahashmashana“. Wir sind bereit, auch diese Vinyl-Hostie mit gefalteten HĂ€nden und offenem Herzen zu empfangen.

Ein Portrait, das man sich ins Schloss hÀngen will.

MINA LE

CRITICAL MISS

„The Great Gatsby“ beginnt bekanntlich mit dem Satz: „In meinen jungen und verletzlichern Jahren gab mir mein Vater einen Rat, mehr Mina Le auf YouTube zu schauen.“ Oder so Ă€hnlich. Ist schon eine Weile her, als wir ihn das letzte Mal gelesen haben. Doch auf die Video Essays von Mina Le können wir gar nicht schnell genug klicken. Ihr Styling bringt die Roaring Twenties auch 100 Jahre spĂ€ter zum Fauchen. Und dank ihren Thesen zu Mode, Popkultur und Konsum wĂ€re sie der spannendste Partygast, wenn Jay Gatsby zum Krabbencocktail-GlĂ€serturm einlĂ€dt.

Wurde zur Fussball-Legende, noch bevor er harten Alkohol bestellen durfte.

SHOOTING STAR

Vertrag bei Real Madrid, Teil der brasilianischen Nationalmannschaft, Supermodel-Ehefrau
 Wie alt ist Endrick noch gleich? 18 Jahre? Oh. Okay. In diesem Alter klopften wir uns auf die Schulter, weil wir uns vom eigenen Geld eine Pizza nach Hause bestellen konnten. 2024 legte der Fußballer auf der Erfolgsleiter beruflich und privat einen Speed Run hin. Doch gemessen am Talent hat der Teenager noch lĂ€ngst nicht die oberste Sprosse erreicht. Vielleicht wird Endrick in zwei Jahren den WM-Pokal hochhalten – zwei Tage vor seinem 20. Geburtstag.

ISAMAYA FFRENCH

STARPAINT

Ihre Leinwand ist das menschliche Gesicht. Und mĂŒsste dieses nicht so Sachen machen wie essen und schlafen, sollten die Kunstwerke von Isamaya Ffrench im Museum hĂ€ngen. Die EnglĂ€nderin als Make-up-Artist zu definieren, ist etwa so, als wĂŒrde man Basquiat als Farbkasten-Besitzer bezeichnen. Sie verwandelt Visagen in surrealistische Visionen oder lĂ€sst Stars wie Rihanna und Gigi Hadid noch ein StĂŒck besser aussehen. Und dank der eigenen Produktlinie Isamaya Beauty können wir uns ein StĂŒck der Magie jetzt auch in den eigenen Spiegelschrank holen.

Bitte nicht tÀuschen lassen: Ihre Welt ist knallbunt.

SALEHE BEMBURY

SOLE MAN

Sind wir auch ganz sicher, dass es sich hierbei um die Zusammenarbeit von Salehe Bembury und Crocs handelt, und nicht um eine Alienrasse, die sich fĂŒr die WeltĂŒbernahme clever als Sneakers tarnen? Egal, fĂŒr welche Marke der Designer seinen Stift schwingt, das Resultat schaut aus wie von einem anderen Planeten. Und zwar einem, dessen AtmosphĂ€re zu 15% Stickstoff, 5% Sauerstoff und 80% Style besteht. Vom Plastik-Clog bis zum Versace-Boot verwandelt der New Yorker Schuhwerk in Kunstwerk fĂŒr alle, die gerne auf großem und buntem Fuß leben.

Legt die beste Sohle hin, egal wer ihn danach fragt.
CAPTURED BY JOE CLARKE

VERIFIZIERT

FREUD & LIGHT

Das Ding mit Wolken ist: Irgendwann lösen sie sich auf. Und so ist auch der Cloud Rap nach einem Moment in der Sonne inzwischen verpufft. Die österreichische KĂŒnstlerin Verifiziert zĂ€hlte zu den spannendsten deutschsprachigen Stimmen des Genres. Doch jetzt zeigt sich: Ihre Musik schwebt ĂŒber den Hypes, gerade weil sie in die Tiefe geht. Im Dunst aus Electro, House und R&B tastet sich die SĂ€ngerin an Themen wie ADHS und Essstörungen. Dazu poppt man zwar keinen Sekt in der Lounge, doch fĂŒhlt man sich in den dunkelsten Stunden verstanden.

Braucht keinen blauen Haken, um glaubwĂŒrdig zu sein.

MEINE WELT, WIE SIE MIR GEFÄLLT.

ÜBER 150 SHOPS & RESTAURANTS

Montag bis Samstag, immer von 9 bis 20 Uhr shoppitivoli.ch

BACKSTAGE PASS

Ein Zauberer verrĂ€t nie seine Tricks. Ein SchinkenverkĂ€ufer schon gar nicht. Sonst verpufft die Magie. Und der Appetit erst recht. Doch manchmal ist ein Blick hinter die Kulissen spannender, als was auf der BĂŒhne abgeht – oder im Fall von Calum Harper: dem Laufsteg. Der EnglĂ€nder ist zum Top-Model fĂŒr Gucci und Karl Lagerfeld geworden, auch weil er seinen irren Alltag charmant auf Tiktok dokumentiert. Doch sobald er vor der professionellen Fotokamera steht, ist der Spass vorbei und Calum fĂ€hrt die Wangenknochen aus wie ein Adler seine Schwingen.

CALUM HARPER

FEI-FEI LI

TECH TO THE FUTURE

Sollten uns in fĂŒnf Jahren die intelligenten Maschinen versklavt haben und die Menschheit nur noch als Biobatterien zĂŒchten, damit die KI Videoclips von tanzenden Hotdogs generieren kann, nehmen wir das Lob eventuell zurĂŒck. Doch bis dahin gilt Fei-Fei Li als eine der wichtigsten VisionĂ€rinnen in der Tech-Branche. Bei Google trieb sie als „Godmother of AI“ die Entwicklung kĂŒnstlicher Intelligenz entscheidend voran, jetzt ĂŒberfĂŒhrt ihr neues Unternehmen World Labs jene digitale Revolution in die dritte Dimension und setzt ethische Leitlinien.

AARON ALTARAS

NO DOUBT

Sein Abschlussdiplom in Philosophie hĂ€ngt angeblich bei seiner Mutter auf der Toilette. Ohnehin hat Aaron Altaras inzwischen Wichtigeres, das er sich an die Wand hĂ€ngen kann. Als Hauptdarsteller der Dramaserie „Die Zweiflers“ wird der Berliner mit Auszeichnungen ĂŒberhĂ€uft. Dass er die Preise meist abholt und dabei das Hemd unter dem Sakko vergisst? LĂ€sst sich verzeihen, sehr sogar. Vielleicht, weil er gerade von einem verschwitzten Club-Gig kommt. Mit Bruder und Schauspielkollege Leo bildet der 28-JĂ€hrige nĂ€mlich außerdem das DJ-Duo Alcatraz.

Zum Verzweiflers talentiert.

SALLY ROONEY

NEED FOR READ

Das einzige, womit Sally Rooney nicht ĂŒberrascht, ist mit ihrem Erfolg. Vier Romane, vier Bestseller. Zuletzt „Intermezzo“, womit im Schach ein unerwarteter Zug bezeichnet wird. Im Buch verarbeiten zwei ungleiche BrĂŒder ihre Trauer. Es passiert nicht viel, doch schöpft die 33-JĂ€hrige aus einer ErzĂ€hlkraft, die ihr Vergleiche zum irischen Landsmann James Joyce und dessen Epos „Ulysses“ einbringt. Doch anders als „Ulysses“, den wir nur im Regal haben, um intelligent auszusehen, verschlingen wir die Werke der Autorin schneller als ein Glas Guinness.

THE HYPE

„THIS IS WHAT YOU CAME FOR.“

FASHION

Trend

Ein Winter ohne gedĂ€mpfte, dunkle Farben ist wie ein Sommer ohne Hitzetage. Manchmal langweilt es uns aber doch, ganz in braun, schwarz und grau mit der tristen Umgebung zu verschmelzen. Zum GlĂŒck wird knalliges Rot als Trendfarbe der Saison gefeiert. Von Kopf bis Fuß in die feurige Farbe gehĂŒllt, kann uns auch ein trĂŒb-grauer Tag nicht die Laune vermiesen.

After all, the wool of a black sheep is just as warm.

Nice to Have SHINY

Nach einigen Jahren in der Uhrenindustrie grĂŒndete Yan Jiang 2019 ihr eigenes Schmucklabel. Eine gute Entscheidung, denn ihre einzigartigen SchmuckstĂŒcke verkörpern Jiangs Wissen ĂŒber Design, Kunst und traditionelle Handarbeit. Die Kultur ihrer Heimat China

sowie das spielerische GegenĂŒberstellen von Perfektion und Imperfektion widerspiegeln sich in jedem StĂŒck. Die Designerin hĂ€lt wenig von Saisons und Geschlechtern: Ihre Kreationen sind fĂŒr alle und fĂŒr jederzeit gedacht. yanjiangstudio.com

„I love women

Book

ANTHOLOGY

Sieben Jahre nach dem ersten Band hat Mats Gustafson erneut die Aquarellfarben ausgepackt, um die Designs von Dior der letzten Jahre abzubilden. Der zweite Band widmet sich den EntwĂŒrfen von Kreativdirektorin Maria Grazia Chiuri. Saison um Saison skizziert der schwedische Illustrator die Kollektionen von Haute Couture bis Ready-to-Wear. Model-

portraits und Details von Mustern vervollstĂ€ndigen das Werk. Zwischen den Buchdeckeln befindet sich so die gesamte kreative Schöpfungskraft des Modehauses, eingefangen in sanften Farbtönen und prĂ€zisiert bis ins letzte Detail. Rizzoli, „Dior by Mats Gustafson, Vol. II“, Text von Holly Brubach, Illustrationen von Mats Gustafson, ca. 120.–, dior.com

Der Vorteil rapide sinkender Temperaturen? Jacken und MĂ€ntel dĂŒrfen absurd voluminös sein. Je mehr Ähnlichkeit wir dank dem It-Piece mit einem ungeschorenen Schaf haben, desto besser. Farben und Formen kommen diese Saison kreativ daher. Ob bodenlanger Mantel, Naturfarben oder Mustermix spielt keine Rolle. Hauptsache flauschig.

It-Piece
COCOON

Unfuck the World

GO VEGAN

Luxus geht auch ohne Leder und Wolle. Das beweist die deutsche Marke Giulia und Romeo seit 2017. Warum das Luxuslabel gerade jetzt mit einer neuen Kampagne auftaucht?

Um den World Vegan Day am 1. November zu feiern. Dieser wurde vor exakt dreißig Jahren ins Leben gerufen. Ist also doch nicht bloß eine Trenderscheinung, ohne Tierleid verursachen leben zu wollen. Stylish und luxuriös geht das Ganze zum GlĂŒck auch noch. giuliaandromeo.com

New Collection

COZY UP

Die zwischen Stockholm und Peking lebende Designerin Lisa Yang hat Kaschmir ĂŒber die Jahre zu ihrem Merkmal gemacht. Kein Wunder also, dominiert das ultraweiche Material auch in ihrer neuen Kollektion. „Midnight in Paris“ hat sie diese getauft. Eingekuschelt im Schichtenlook mit warmem Pullover können wir uns bestens vorstellen, zu einem Mitternachtsspaziergang an der Seine aufzubrechen. lisa-yang.com

We Love

Was fĂŒr ein Trio. Legende 1: Debbie Harry, Modeund Musikikone. Legende 2: Die Blondie Bag von Gucci. Legende 3: Nan Goldin, einfĂŒhlsame und fĂŒr Eskapaden bekannte Fotografin, die hinter der Kamera dafĂŒr sorgt, dass davor Magie entsteht. Diese wilde Kombination resultierte in einer

Kampagne, mit deren Bildern sich Musikfans und Fashionistas gleichermaßen die WĂ€nde tapezieren wollen. gucci.com

BEAUTY

Hair Trend

CRIMP IT

Manche Trends können wir einfach nicht loslassen. Wer in den Neunzigern bereits sein Haar gekreppt – und dabei stark geschĂ€digt hat –, mag ein Trauma-Flashback haben. Wir sind aber mittlerweile (fast) erwachsen und verantwortungsbewusst geworden: Mit diesem Trend legen wir nĂ€mlich nur den unteren Teil unserer Haarpracht zwischen das Eisen. An der Wurzel bleibt das Haar gesund und stark.

New Product

CHERRY KISS

PĂŒnktlich zum Herbst erscheint das beliebte Lippenöl von Typology in einer neuen Farbe. Das dunkle Kirschrot könnte nicht besser zur Jahreszeit passen. Und die

Formulierung des Öls sowieso, denn diese sorgt dafĂŒr, dass die Lippen in der KĂ€lte nicht austrocknen.

Typology, Lippenöl, 15 ml, ca. 20.–, typology.com

Make-up Trend BYEBROWS

Buschige Brauen sind noch immer toll, das ist klar. Aber gegen ein bisschen Bleichen haben wir auch nichts. Der Look ist erst dann komplett, wenn die hellen Brauen mit weißem Puder abgedeckt werden – wenn schon, denn schon. Der Puder kann auch gleich noch als Lidschatten verwendet werden. Die bleichen Brauen passen zu gebrĂ€unter Haut genauso wie sie WinterblĂ€sse komplementieren.

Liebling

KLASSIKER

GefĂŒhlt jede Woche taucht ein neuer Make-upTrend auf. Wer eine kurze Verschnaufpause vom Wechseln zwischen Clean-Girl-Look und Farbexplosion braucht, ist mit roten Lippen gut bedient, denn die sind immer im Trend. Simples Design in knalligem GrĂŒn ĂŒberzeugen beim Pariser

Label MagnifaĂŻk genauso wie die Auswahl an Rottönen. MagnifaĂŻk, Hydrating Glow Lipstick, ca. 30.–, magnifaik.com

„If I walk outside without lipstick, I feel naked.“
SoïŹa Vergara

Collaboration

SWIRL

Wenn knalliges italienisches Design auf zeitlose französische Eleganz trifft
 Dann entstehen im Fall der Kollaboration zwischen Guerlain und Pucci Make-up-Produkte, die man nicht nur tĂ€glich benutzen, sondern in mehrfacher AusfĂŒhrung sammeln und im Badezimmer ausstellen möchte.

New Perfume (IM)PERFECTION

Bottega Veneta lĂ€dt zu einer olfaktorischen Reise um den Globus. Die fĂŒnf neuen DĂŒfte, die der Fantasie von Kreativdirektor Matthieu Blazy entsprungen sind, vereinen Zutaten aus verschiedenen Kontinenten in harmonische Essenzen und tragen poetische Namen wie „Alchemie“ oder „DĂ©ja Minuit“. So trifft marrokanische OrangenblĂŒte auf französisches Angelikaöl in der einen Kreation, wĂ€hrend eine andere brasilianischen pinken Pfeffer mit Myrrhe aus Somalia vermĂ€hlt. Die fluide Form der FlĂ€schchen ist eine Anspielung auf die Landschaft Venedigs. Die LuftblĂ€schen im Glas sind ĂŒbrigens keine Fehler, sondern eine Hommage an das jahrhundertealte, traditionelle Murano-Glas. Ist der Duft einmal ausgegangen, kann man die hĂŒbsche Flasche aufstellen – oder auffĂŒllen lassen, denn Nachhaltigkeit floss ebenfalls in die Kreation. bottegaveneta.com

TRAVEL

New Collection

FLUGMODUS

FlughĂ€fen sind eine Dimension fĂŒr sich, in der outfittechnisch alles erlaubt ist. Im Pyjama auf der Suche nach Snacks und Duty-Free-SchnĂ€ppchen durch die GĂ€nge irren? Kein Problem. Wir wollen aber auch vor und wĂ€hrend eines Überseeflugs stylish aussehen. Louis Vuitton ist derselben Meinung, wie man der neuen Flight Mode Collection ansieht. Von Koffern und Taschen bis bequemen Pullovern und Jogginghosen gibt es alles, was man fĂŒr einen gemĂŒtlichen Reisetag mit Stil braucht. louisvuitton.com

Exhibition

MEMORIES

Warum reisen wir eigentlich? Und was fotografieren wir, wenn wir unterwegs sind? Diese Fragen tauchen unweigerlich auf, wenn man durch die Ausstellung „Luigi Ghirri. Viaggi“ im MASI Lugano schlendert. Der italienische Fotograf hat sich in den Siebzigerund Achtzigern intensiv mit der Fotografie als

Medium auseinandergesetzt. Seine Faszination fĂŒr das Reisen ist in jedem seiner Bilder klar ersichtlich. 140 Farbfotografien laden zu imaginĂ€ren Exkursionen in die Vergangenheit ein. „Luigi Ghirri. Viaggi“ im Museo d’arte della Svizzera italiana, Lugano, bis 26. 01. 2025, masilugano.ch

RESCUE SAFARI

2022 lebten nur noch etwa 6' 500 Spitzmaulnashörner in Afrika. 2023 fielen 499 davon Wilderern zum Opfer. Wen diese Zahlen ebenso zum Brodeln bringen wie uns, der kann Ferien nun mit Tierschutz verbinden: Statt nur auf

Safari zu gehen –oder noch schlimmer, irgendwo sedierte Wildtiere zu streicheln –wird man im andBeyond Phinda Private Game Reserve Teil einer Rettungsmission. Eine Woche lang begleitet

man RangerInnen und VeterinĂ€rteams in der Provinz KwaZuluNatal an der OstkĂŒste SĂŒdafrikas auf der Suche nach Nashörnern, um diese vor der Wilderei zu bewahren. andBeyond.com

Nice to Have

EQUIPPED

Eine traditionelle britische Outerwear-Brand und ein farbenfrohes japanisches Sneaker-Label machen gemeinsame Sache. Entstanden ist eine Capsule-Kollektion von Barbour und Flower Mountain, deren Schuhe und Jacken das Beste der beiden Welten vereinen: klassische Schnitte treffen auf moderne Farbtupfer. barbour.com

„I think getting drunk is the key to flying comfortably.“ Amanda Peet
Traumferien machen und Tiere retten –unser nĂ€chster Flug ist so gut wie gebucht.

LIVING&DESIGN

Special Edition

AdventskrĂ€nze und Lichterketten fĂŒr die festliche Zeit? Langweilig. Wir stellen uns lieber die Spezialedition des D.154.2 Sessels von Molteni neben den Weihnachtsbaum. Diese glĂ€nzt in Gold und ist auch nach der Weihnachtszeit der Hingucker in jedem Wohnzimmer. molteni.it

„There are three responses to a piece of design – yes, no, and WOW!
Wow is the one to aim for.“
Milton Glaser

Liebling

PLAYGROUND

Einst war es verpönt, sich Möbel zu holen, die man dann mĂŒhsam zusammenbauen muss. Fehlende Schrauben und ein mangelndes LeseverstĂ€ndnis der Bedienungsanleitung sorgen auch gerne fĂŒr ein wenig befriedigendes

Resultat. In Zeiten von DIY wollen plötzlich alle doch selbst Hand anlegen. FĂŒr solche, denen Stil am wichtigsten ist und die ihren handwerklichen FĂ€higkeiten nicht ganz trauen, wurden modulare Sofas geschaffen. Die Serie „Ernest“

von Poliform lĂ€sst sich verbiegen, schieben, umbauen und das ganz ohne Malheur. Aussehen tut es in jeder Form großartig. Und hat man einmal alle Versionen durchgespielt, holt man sich einen neuen Bezug und fĂ€ngt von vorne an. poliform.it

Storage GLASKLAR

Wer einen Hang zum Chaos hat, muss jetzt entweder darĂŒber stehen oder sofort einen AufrĂ€umkurs besuchen. Der „Aliante“ Schrank von Rimadesio will mit seinen GlastĂŒren nĂ€mlich nichts verstecken, sondern fordert seine BesitzerInnen dazu auf, ihr Hab und Gut hĂŒbsch auszustellen. rimadesio.it

It-Piece

KAFFEEPAUSE

BĂŒcher, GetrĂ€nke, wahrscheinlich auch das Abendessen – alles muss Platz finden auf dem perfekten Couchtisch. Reicht ein einziges Tischlein doch nicht, um alles darauf zu versammeln, was man fĂŒr einen gemĂŒtlichen Abend auf der Couch braucht, muss man sich halt mehrere StĂŒcke aus der „Allure O’Dot“ Kollektion

von B&B Italia gönnen. Dank verschiedener Höhen lassen sich diese auch wunderbar kunstvoll ĂŒber- und untereinanderschichten. bebitalia.com

We Love

LANDSCAPING

Das charmante Wort Wohnlandschaft wurde wohl eigens fĂŒr Flexform kreiert. Das von Antonio Citterio kreierte Sofasystem „Camelot“ macht aus jedem Wohnzimmer einen auf die BewohnerInnen abgestimmten Komfort-Kosmos. Dank zahlreicher Sofaelemente unterschiedlicher Breiten und Tiefen passt sich das Sofa nĂ€mlich nicht nur an die Person, sondern auch an die Umgebung an. Schon wieder ein neues Möbel gekauft oder spĂ€tabends in einem

Wahn von UmstellInspiration die gesamte Wohnung auf den Kopf gestellt? Kein Problem fĂŒr „Camelot“, denn das modulare StĂŒck lĂ€sst sich nach Belieben umbauen. Und um den IndividualitĂ€tsausdruck auf die Spitze zu treiben, kann man auch Stoff- und LederbezĂŒge sowie metallische OberflĂ€chen und Edelhölzer selbst wĂ€hlen. Wir wollen ja nicht, dass jemand anderes plötzlich das exakt selbe Sofa in der guten Stube stehen hat. flexform.it

Collection

FAMILY

Wir wissen zwar nicht, wer Vivienne ist, aber wenn man wie im Hause Minotti eine gesamte Sitzfamilie nach ihr benennt, dann muss sie schon speziell sein. Die voluminösen StĂŒhle, Sessel und Sitzpoufs strahlen eine solche GemĂŒtlichkeit aus, dass man sogleich hinsitzen und stundenlang mit dem GegenĂŒber ĂŒber das Leben philosophieren möchte. minotti.it

CRASH EVERY OFFICE

Photography: Alex Seifert represented by Isabel Scharenberg
Styling & Production: Oliver Rauh
Styling Assistance: Samir Abou-Suede
Photography Assistance: Constanze Ulreich
Hair & Make-up: Sigi KumpfmĂŒller using Mac Cosmetics / Ghd
Model: Jasmin Beyr
Location: M-Yard by FidCap
Look von BRUNELLO CUCINELLI. Stiefel von INUIKII. Uhr von ICEWATCH.
Look von DIOR. Ohrringe und Halskette von POMELLATO.

Look von WINDSOR. Schuhe von FERRAGAMO.

Sonnenbrille von ALEXANDER MCQUEEN. Tasche von GIANNI CHIARINI.

von LE

BY

Kleid
SOIR
MOLLY BRACKEN. Jacke von COLMAR. Stiefel von FABIENNE CHAPOT. Tasche von VALENTINO. Sonnenbrille von GUCCI.
Shirt und Jacke von GANT. Weste und Rock von HERRLICHER. StrĂŒmpfe von FALKE. Schal von ANTONIA ZANDER. Schuhe von TIMBERLAND. Brille von ETRO.
Bluse
Look von TIGER OF SWEDEN. Sonnenbrille von ETRO.
Look von MICHAEL KORS. Socken von HAPPY SOCKS. Schuhe von HÖGL.
Top, Rock und GĂŒrtel von CIVIDINI. Cardigan von ALLUDE. StrĂŒmpfe von FALKE. Stiefel von BOGNER. Tasche von AIGNER.

MODEL AGENCY

CITIZEN

Neue Agentur, neue Gesichter: Die Modeltalente bei The Kinship.

Das Interview ohne Platzreservation in einem von ZĂŒrichs hippsten CafĂ©s zu vereinbaren, ist ganz schön wagemutig. Noch couragierter ist es, wie Ronja Furrer und Jenny Bachmann im Teenageralter in einer fremden Stadt als Model durchzustarten. Im Kunstviertel Montmartre teilten sich die beiden 2007 zu Beginn ihrer Karriere ein Apartment. Inzwischen hat Ronja ihren Hauptwohnsitz in New York und zĂ€hlt zu den international erfolgreichsten Schweizer Topmodels mit AuftrĂ€gen fĂŒr Marken wie Ralph Lauren und Chanel. So wie damals in Paris haben sich die beiden WeggefĂ€hrtinnen auch im ĂŒbervollen CafĂ© erfolgreich einen Platz erkĂ€mpft und erwarten uns zum GesprĂ€ch. Anlass ist das erste offene Casting von The Kinship. Jenny und Ronja haben die Modelagentur gegrĂŒndet mit dem Ziel, neuen Talenten jene einfĂŒhlsame UnterstĂŒtzung zu bieten, die ihnen im Verlauf ihrer Laufbahn oft verwehrt blieb. Die gute Nachricht: Vieles hat sich im ModelgeschĂ€ft inzwischen verbessert. Die schlechte Nachricht: LĂ€ngst noch nicht alles.

Text: Michael Rechsteiner

Fotos: The Kinship

Jenny Bachmann und Ronja Furrer coachen die nÀchste Generation.

FACES: Das erste offene Casting liegt hinter euch. Seid ihr zufrieden?

Ronja Furrer: Ja, es war eine mega Erfahrung. Wir wussten nicht, wie viele Frauen kommen werden. Doch dann sind sie ums Haus angestanden.

Jenny Bachmann: Wir sind ohne Erwartungen in diesen Tag gegangen und wussten nicht: Kommen fĂŒnf? Kommen nur unsere FreundInnen? Aber es hat mich ĂŒberwĂ€ltigt, wie viele sich fĂŒr das Casting interessiert haben. Es war uns wichtig, dass die Veranstaltung nicht als Wettbewerb ablief. Sondern mehr im Sinne von: Hey, komm vorbei, wir informieren dich.

RF: Weil wir beide Erfahrungen im Modelbusiness haben, war es einfacher fĂŒr die Leute, Fragen zu stellen. Normalerweise sind die Menschen in der Schweiz eher zurĂŒckhaltend, scheu. Aber wir haben gemerkt, dass sich die Frauen trauten, nachzufragen. Unser Ziel ist schließlich auch, die Leute ĂŒber das Modelbusiness aufzuklĂ€ren.

F: Was fĂŒr Fragen wurden hĂ€ufig gestellt?

JB: Bei den JĂŒngeren war es oft: Kann ich den Modelberuf irgendwie vereinbaren mit meinem Studium oder meiner Ausbildung? Muss ich meine Schule absagen, wenn ich modeln will? Aber auch viele finanzielle Themen, was uns gefreut hat. Denn das Finanzielle in dieser Branche ist etwas, das viele etwas zwielichtig finden. Wir möchten das Ă€ndern und dabei sehr transparent sein.

F: Gehen junge Frauen heute weniger blauĂ€ugig in dieses Business, verglichen mit frĂŒheren Generationen?

JB: Ja. Ich glaube, da hat eine gute Entwicklung stattgefunden. Junge Frauen kommen und fragen: Was heißt das fĂŒr meine Ausbildung, meine Finanzen? Als ich mit Modeln anfing, bekam man von den Agenturen meist das GefĂŒhl, du seist jetzt quasi auserwĂ€hlt worden, diesen coolen Job zu machen. Sag besser nicht, was dich so umtreibt oder dir Sorgen macht. Nimm den Job und gut ist. Sei froh, dass du ihn machen darfst. Aber es ist gesund, wenn da ein Gegenpol entsteht und sich die Talente fragen: Was heißt das jetzt finanziell und fĂŒr meine Entwicklung allgemein?

RF: Zum Casting sind auch viele Eltern mitgekommen. Es ist wichtig fĂŒr uns, dass wenn die Tochter minderjĂ€hrig ist, wir den Kontakt mit den Eltern haben. Gerade wenn es um Finanzielles geht oder um VertrĂ€ge im Ausland, von denen die Eltern vielleicht nichts verstehen.

F: Welche Herausforderungen sind seit der GrĂŒndung von The Kinship aufgetaucht, mit denen ihr anfangs nicht gerechnet habt?

JB: Was ich unterschĂ€tzte, war der rechtliche Teil betreffend Arbeitsvermittlungsgesetz, unter das man als Modelagentur fĂ€llt. Aber klar geregelt wird dort auch nicht alles. Es gibt viele rechtliche Weisungen, aber keine Gesetze. Es hat viel Zeit gekostet, die seltsamsten Auflagen zu erfĂŒllen (lacht). Aber wir hatten von Anfang an Sany, eines unserer Models, mit an Bord und konnten schnell starten. Es braucht in dieser Branche jedoch meist mehr Zeit, als man denkt. Klar, es kann sein, dass du the one in a million bist und von heute auf morgen berĂŒhmt wirst. Aber in der RealitĂ€t dauert es oft lĂ€nger, jemanden aufzubauen wie in diesen ÜberNacht-MĂ€rchen. Und eine weitere Herausforderung ist selbstverstĂ€ndlich, Models zu finden.

„Die GrĂ¶ĂŸe allein reicht nicht. Nur gut auszusehen, reicht nicht.“

RF: Wir wÀhlen unsere Models sorgfÀltig aus, eben weil wir unsere Agentur ausgewÀhlt halten wollen.

JB: Wir sind oft auf Street-Castings gegangen, an Festivals oder Schulen. Oft habe ich das GefĂŒhl, dass jene, die es so richtig wollen, oft nicht jene sind, die wir auswĂ€hlen wĂŒrden. Beim Casting waren es zum Beispiel eher jene, die ganz am Schluss gekommen sind und sich fast nicht getraut haben.

RF: Eine war gar nicht fĂŒr das Casting dort, sondern hat eine Freundin im Restaurant nebenan zum Mittagessen begleitet.

JB: Ich hÀtte mich damals auch nie im Leben selbst angemeldet.

RF: Ich auch nicht. Es braucht viel, dass es stimmt. Die GrĂ¶ĂŸe allein reicht nicht. Nur gut auszusehen, reicht nicht. Es sind nicht nur OberflĂ€chlichkeiten, sondern Herausforderungen, denen du dir bewusst sein musst. Sei es, allein zu reisen. Oder private PlĂ€ne, Ferien, sonstige Termine, die du kurzfristig absagen musst, sobald spontan ein neuer Job reinkommt.

JB: Es ist wie bei der SelbststĂ€ndigkeit. Du bekommst zwar viele Freiheiten, deine Auftragslage ist aber nie ganz klar. Es kann sein, dass du einen Monat gut arbeitest und dann zwei, drei Monate nicht. Das muss man aushalten können. Es braucht einen gewissen Charakter, der diese Sicherheit von einem regelmĂ€ĂŸigen Gehalt nicht haben muss.

F: Gibt es einen Ratschlag, den ihr euren Models vor dem ersten Auftrag mit auf den Weg gibt?

JB: Es ist mittlerweile wichtig, was fĂŒr eine Persönlichkeit du mitbringst. Viele tendieren, auch weil sie jung sind, ans Set zu kommen und nicht viel zu sagen. Um sich wohlzufĂŒhlen, hilft es aber auch, Interesse zu zeigen an den Leuten, die da arbeiten. Das hinterlĂ€sst einen guten Eindruck. Schön auszusehen und auf den Bildern gut rĂŒberkommen, tun viele.

RF: Aber eine gewisse Energie mitzubringen, liegt auch am Model. Du kannst dir ein Set mit einem Team von vielleicht 30 Leuten vorstellen. Da hÀngt viel vom Model ab. Wenn du gut drauf bist, ist auch das Team um dich gut drauf und umgekehrt. Deshalb ist es wichtig, dass du eine gute Energie hast und mit allen gleich respektvoll umgehst. Sei das FotografIn, Assistenz, oder Hair- und Make-up-Verantwortliche.

JB: Das Schöne an diesem Job ist, dass du so viele Leute kennenlernst. Du wirst in so viele Teams reingeworfen. Das sollte man versuchen, zu genießen.

F: Was ist der schlechteste Ratschlag, den ihr in eurer Karriere erhalten habt?

RF: Es ist vielmehr, dass wir oft keine RatschlĂ€ge erhalten haben, sondern ins kalte Wasser geworfen wurden. Das war fĂŒr mich die schwierigste Herausforderung, weil du nicht wusstest, was jetzt eigentlich mit dir passiert. Du bist 14 Jahre alt, kommst nach Paris, wirst an ein Testshooting geschickt. Ich hĂ€tte mir gewĂŒnscht, dass mich jemand ĂŒber gewisse Insides aufgeklĂ€rt hĂ€tte. Was es heißt, an dieses Testshooting zu gehen, ein Casting zu machen. Dort hĂ€tte ich mir mehr UnterstĂŒtzung gewĂŒnscht.

JB: Meine Weisung war so: Wir schicken dich jetzt irgendwohin. Also bin ich in Mailand gelandet und Mailand war ĂŒberhaupt nicht der Markt, der zu mir gepasst hat. Dort hattest du viele Curvy-Geschichten, viel

Bademode, die ĂŒberhaupt nicht zu meinem Körperbau gepasst haben. Ich wurde nicht richtig platziert. Ich sehe es kritisch, wenn man einfach losgeschickt wird. Mach einfach mal das. Da könnte man gezielter und mehr auf das Model zugeschnitten vorgehen.

F: Ganz alleine in einer fremden großen Stadt angekommen, erst 14 oder 15 Jahre alt: Wie habt ihr euch damals gefĂŒhlt?

RF: RĂŒckblickend ist es ein schöner Moment. Aber mit 14 Jahren war es schwierig. Ich kannte damals ja nichts anderes als mein Dorf in Solothurn. Ich hatte kein Handy, hatte kein Geld. Aber ich habe viel daraus gelernt und bin sehr dankbar, dass ich das erleben durfte. Es hat mir nicht nur fĂŒr meine Karriere geholfen, sondern auch im Privatleben. Ich weiß, was ich alleine schaffen kann. Und wenn du dranbleibst und kĂ€mpfst, wirst du deine Ziele auch erreichen.

JB: Als ich in Paris ankam, hatte ich vor allem Respekt. Ich dachte: Kann ich das wirklich, wieso bin ich hier? Ich glaubte nicht, dass mein Typ gefragt sei. Meine Mutter ist oft nach Paris gereist, also war ich nicht immer komplett alleine. Nur wenn es dann ans Modeln ging, eben schon. Und ich war zunÀchst unsicher. Doch mit der Zeit bekommt man Selbstvertrauen. Man weiss, was man kann. Wie man sich in einer solchen Stadt durchschlÀgt.

F: Mit The Kinship bereitet ihr euch auch auf eine Karriere nach dem professionellen Modeln vor. Wie beobachtet ihr diesen Schritt bei euren Kolleginnen? Denken sie bereits frĂŒh darĂŒber nach, was als NĂ€chstes kommen könnte?

RF: Das ist sehr individuell. Aber ich kenne viele Models, die studieren oder sich weiterbilden.

JB: Ja, das ist zu einer normalen Entwicklung geworden. Es ist auch fĂŒr Kunden spannend, mit jemandem zu arbeiten, der nebenbei noch etwas anderes tut. Viele Models machen Kunst oder studieren etwas komplett außerhalb der Modeindustrie. Es ist gefragt, wenn du Persönlichkeit hast. Dass du nicht nur ein gutaussehendes Model bist, sondern etwas zu erzĂ€hlen hast.

F: Als The Kinship seht ihr euch auch als Teil einer Bewegung, um junge Models besser zu schĂŒtzen. RĂŒckblickend auf die letzten Jahre, bemĂŒht sich die Industrie allgemein mehr darum?

RF: Die Dinge, die wir erlebt haben, passieren heute praktisch nicht mehr. Sei das, wie Agenten mit uns umgegangen sind, das Verurteilen des Körpers, Fotografen am Set, die noch einen Kommentar machen mussten. Seit dem MeToo-Movement arbeitet niemand mehr mit diesen Leuten zusammen. Heutzutage ist es klar, wie man sich an einem Set benimmt und wie nicht.

F: Ergab sich das aus einem allgemeinen Gesinnungswandel der Beteiligten oder waren dazu auch Richtlinien von außen nötig?

JB: Es gibt jetzt gewisse Richtlinien. Beispielsweise, dass du mit CondĂ© Nast erst ab 18 Jahren arbeiten kannst. Auch sonst hat sich viel bewegt. Speziell auf Social Media, was noch gar kein Thema war, als Ronja und ich mit dem Modeln begannen. Jetzt gibt es dort zahlreiche Accounts, die sich fĂŒr Models einsetzen und vieles ans Licht bringen.

F: Was haltet ihr von einem gesetzlich vorgeschriebenen Mindestalter von 18 Jahren fĂŒr Models?

„Es braucht in dieser Branche meist mehr Zeit, als man denkt.“

JB: Ich wĂŒrde es nicht auf eine Zahl festlegen. Es ist schon wichtig, relativ frĂŒh ins Business zu kommen, weil der Aufbau einer Karriere Zeit braucht. Mit 16 Jahren Testshootings zu machen, kann ich mir deshalb gut vorstellen. Aber gewisse Regeln aufzustellen, beispielsweise nicht allein eine Wohnung mieten zu dĂŒrfen, wĂŒrde dem Schutz von Jugendlichen dienen.

RF: Ich hÀtte gerne mehr Regeln, was Zahlungen anbelangt.

JB: Ja, das ist ein guter Punkt. Das Alter ist das eine. Bis du 18 Jahre alt bist, gibt es noch immer die elterliche Instanz, die dir hilft oder mitbestimmen darf. Das andere sind die finanziellen Themen. Und dort passiert oft nichts Gutes oder auch nichts Legales. Ich sehe das im Ausland oder auch in der Schweiz, dass Zahlungen des Kunden direkt an die Agentur gehen und die Agentur dann weiter an das Model vergĂŒtet – oft mit null Transparenz. Als Model musst du dann der Agentur glauben, dass sie dir den richtigen Betrag nennen und nicht noch dort und da etwas abzwacken. Das wollen wir anders machen und wirklich separate Rechnungen ausstellen. Damit unser Model sieht, was beide Parteien – Model und Management – effektiv ausbezahlt bekommen. Da gibt es in der Branche noch viel Ausbaubedarf. Auch, dass Models nicht immer nach ihren Honoraren nachfragen mĂŒssen.

RF: Es gibt Kunden, die Monate lang nicht bezahlen. Und das Einzige, was man dann machen kann, ist dem Agenten zu schreiben, der den Job gebucht hat.

JB: Irgendwann entsteht ein Misstrauen gegenĂŒber den Agenturen. Ich erlebe oft, dass Models ihren Agenten oder Agenturen nicht mehr getraut haben, was das Finanzielle angeht.

F: Kommen wir nochmals kurz zurĂŒck auf Social Media. Ein Thema, mit dem sich inzwischen jedes Model intensiv auseinandersetzen muss. Sind Instagram und Co. eine Belastung oder zusĂ€tzliche Chance?

RF: Beides. Und es ist auch individuell. Es gibt Models, die es gerne machen und solche, die es eher weniger gerne nutzen.

JB: Wenn du an Castings oder zu Shows gehst, steht auf deiner Sedcard eigentlich immer, wie viele Follower du hast.

THE KINSHIP

Zu Beginn ihrer Modelkarrieren wurden Ronja Furrer und Jenny Bachmann ins kalte Wasser geworfen. Jetzt brechen sie mit The Kinship auf zu neuen Ufern. Die Agentur mit Sitz in ZĂŒrich versteht sich nicht nur als Management, sondern auch als Mentoring fĂŒr zukĂŒnftige Models. Da die GrĂŒnderinnen großen Wert auf eine individuelle Betreuung legen, wird nur eine Handvoll von Talenten unter Vertrag genommen. Denn auch wer nicht im kalten Wasser schwimmen lernt, kann eines Tages hohe Wellen schlagen. thekinship.ch

RF: Du musst nicht mehr wie frĂŒher mit deinem Portfolio ans Casting. Damals hatten wir noch ein Buch mit unseren Bildern drin. Heute ist es die Sedcard und den Rest gibt es auf Instagram zu sehen. Instagram ist super wichtig fĂŒr ein Model. Leider, ich bin auch kein allzu großer Fan davon (lacht).

JB: Es dient dem Kunden auch als zusĂ€tzliche Werbung. Du nimmst das Model, das eine große Reichweite auf Social Media hat und kaufst diese mit ein, wenn du das Model buchst.

F: Bevor wir uns verabschieden: Was ist der nÀchste Termin, auf den ihr euch freut?

JB: In den nĂ€chsten zehn Tagen gehen wir gemeinsam fĂŒr ein Wochenende weg. Wir wissen noch nicht, wohin. Wir hören uns zwar fast tĂ€glich, sehen uns aber sehr wenig. Deshalb haben wir uns entschieden, dass wir irgendwohin ans Meer reisen.

RF: Das buchen wir gleich noch heute (lacht).

„Es braucht einen gewissen Charakter, der diese Sicherheit von einem regelmĂ€ĂŸigen Gehalt nicht haben muss.“
Luisa Laemmel, Katharina von Koss und Sany Liriano Saldaña sind drei der Namen, die sich im Roster von The Kinship finden.

PLAYFUL

Pariser

Aus Kunststoff wird Kunst-Stoff, wenn Kevin Germanier seine Designs zu Couture werden lĂ€sst. Mit dem Label Germanier produziert der Modeschöpfer in Paris das spektakulĂ€rste Upcycling, seit aus ein paar Eisenstangen der Eiffelturm wurde. Im Auftrag von LVMH fungierte er zudem als Creative Director fĂŒr die frisch lancierte Kollektion The PrĂ©lude. Wer so alle HĂ€nde voll zu tun hat, behĂ€lt die Zeit am Handgelenk besser im Blick. Als neuer Markenbotschafter von Uhrenhersteller Omega tut Kevin Germanier dies besonders stilvoll. Worauf es ihm bei einer Uhr ankommt, was ihn als Kind inspirierte und wie er die Modebranche umkrempeln will, verrĂ€t uns Kevin im Interview.

Text: Michael Rechsteiner Fotos: Germanier, Omega

Kindliche Fantasie verwandelt Papier in Schmetterlinge und Holzklötze in Wolkenkratzer. Wenn wir klein sind, erschaffen wir Großes aus Dingen, die um uns herumliegen. Die Welt, irgendeine Welt, liegt uns dann zu FĂŒĂŸen und wer nicht aufpasst, tritt mit nackter Sohle auf einen Legostein, den wir irgendwann zum Raumschiff machen. In den Kreationen von Kevin Germanier ist dieser spielerische Ansatz nie verloren gegangen. Geboren im Schweizer Kanton Wallis, zog es ihn zunĂ€chst an die Haute Ă©cole d’art et de design in Genf. Mit 20 Jahren bewarb sich Germanier erfolgreich am Central Saint Martins College of Art and Design in London. Bereits dort verwendete er fĂŒr seine EntwĂŒrfe mehrheitlich Stoffe, die von sonstigen Projekten ĂŒbrig geblieben waren. Doch sein Markenzeichen entdeckte Kevin am anderen Ende der Welt – und hob einen Schatz, bevor dieser ĂŒberhaupt vergraben wurde.

Bei einem Aufenthalt in Hongkong beobachtete der junge Designer, wie ein Ladenbesitzer unverkaufte Glasperlen unter die Erde schaufeln wollte, statt sie fachgerecht zu entsorgen. Kevin schwatzte dem Mann den vermeintlichen Unrat ab und integrierte die bunten Klunker prominent in seiner ersten Kollektion. Seither steht der Name Germanier fĂŒr kaleidoskopische GewĂ€nder und Accessoires. Sein Upcycling von Ausschussware – bei dem oft die eigene Familie handwerklich mit anpackt – ist eine der Arzneien, mit denen das grassierende Fast-FashionFieber bekĂ€mpft werden kann. Das stĂ¶ĂŸt inzwischen auch bei den mĂ€chtigen Mode-Maisons auf Interesse und könnte somit die Industrie nachhaltig verĂ€ndern.

Trotzdem bleibt der Designer im Interview auf dem Boden der Tatsachen – oder dem Stuhl der Selbstironie: „Wir hoffen, mit dem Upcycling die Welt ein bisschen zu verĂ€ndern. Aber es ist auch nicht so, dass wir ein Heilmittel gegen Krebs finden.“ Im Gegensatz zu seinen Kollektionen ist Kevin Germanier wie immer komplett in Schwarz gekleidet und lĂ€sst auch im GesprĂ€ch nicht von seiner Arbeit ab. Ein charmanter Multitasker, der Großes schafft aus Dingen, die andere herumliegen lassen.

FACES: Ein Markenzeichen deiner Designs sind die knallbunten Farbperlen. Als wir klein waren, kreierten wir damit unsere eigenen Accessoires. Wie war dein kreativer Output als Kind? Was hat dich inspiriert?

Kevin Germanier: Oh, wow. Das ist eine gute Frage. Die Hauptinspiration waren die Frauen in meinem Leben, wie meine Schwester. Die Art, wie sie sich kleideten. Ich dachte mir: Oh, wie interessant. Sie hat dieses Muster mit diesen Farben kombiniert. Außerdem haben mich Videospiele sehr inspiriert. Wenn man sie spielt, muss man oft eine Figur erstellen. Der erste Schritt in einem

It’s his time now! Omega-Markenbotschafter Kevin Germanier.

Videospiel ist zu entscheiden, ob du ein Mann bist oder eine Frau, eine Elfe oder Hexe. Was fĂŒr eine RĂŒstung du trĂ€gst. Bei einem Spiel wie „Die Sims“ musst du einen Charakter erstellen und das war immer meine LieblingsbeschĂ€ftigung. Die Erschaffung eines Charakters, dem Helden der Geschichte.

F: Wann wurde dir bewusst, dass Mode und Styling nicht nur Anziehsachen sind, sondern ein Ausdruck der eigenen Persönlichkeit?

KG: Wie Lady Gaga vielleicht sagen wĂŒrde: Ich bin so geboren. Es gibt dieses Foto von mir am Strand von Rimini. Ich bin vielleicht drei Jahre alt und hatte mir aus Meeresalgen eine PerĂŒcke gemacht. So war ich schon immer. Ich habe großes GlĂŒck. Denn ich wusste frĂŒh, was ich will. Und ich bin sehr glĂŒcklich damit.

F: Du hast inzwischen deine kreative Heimat in Paris gefunden und bist dort sehr erfolgreich. Welche charakterlichen Eigenschaften haben dir dabei geholfen, in der Pariser Modeszene herauszustechen?

KG: Freundlichkeit. Freundlichkeit ist die Nummer eins. Außerdem: Entschlossenheit und Ehrgeiz. Und ein kleines bisschen VerrĂŒcktheit, sonst schafft man es nicht. Als ich in der Szene ankam, war Demna noch bei Vetements, also war die Mode sehr von Streetstyle, Kapuzenpullis und lĂ€ssiger Kleidung geprĂ€gt. Und ich kam plötzlich mit einem perlenbesetzten, upgecycelten Kleid. Ich war damals vielleicht zur richtigen Zeit mit der richtigen DNA da, und es fĂŒhlte sich frisch an. Eines der SchlĂŒsselelemente ist die Storyline. In der Schweiz wurde ich bekannt, weil ich die Strickarbeiten meiner Oma und meiner Mutter in die Designs integrierte. Dabei fing alles damit an, dass meine Mutter manchmal vor dem Fernseher einschlief und deshalb etwas mit ihren HĂ€nden machen musste. Es gab keinen Plan, meine Mutter oder Großmutter als Marketinginstrument zu nutzen. Es ergab sich einfach. Und so merkten die Leute, dass wir echt sind. Das ist vielleicht der Grund, warum sich die Menschen mit uns identifizieren können. Weil wir versuchen, aus Unvollkommenheit Perfektion zu machen.

F: Wie nimmt dich dein professionelles Umfeld wahr?

KG: Wie einen braven SchĂŒler. Und das liebe ich. Ich möchte lieber als ein braver SchĂŒler gesehen werden, als jemand, der wĂ€hrend einer Presseveranstaltung auf der Toilette schlimme Dinge tut. Ich bin kein cooles Kid. Ich werde nie ein cooles Kid sein. Es ist mir egal, ein cooles Kid zu sein. Neulich war ich auf einer Veranstaltung und die GĂ€ste fragten mich stĂ€ndig nach Champagner. Weil sie dachten, dass ich ein Barkeeper oder Kellner bin. Aber das ist völlig in Ordnung.

„Die meiste Zeit schreibe ich E-Mails. Ich bin im Grunde genommen ein Manager.“

F: Was sind ĂŒberholte Gewohnheiten in der Modebranche, die du mit deiner Arbeit aufbrechen willst?

KG: Unhöflich zu sein, egoistisch zu sein. Zu denken, dass ein Creative Director ein Gott ist, der aus dem Himmel des Designs kommt. Nein, das sind wir nicht. Man macht nichts allein. Diese Vorstellung, dass der Creative Director ein Superstar ist, ist so veraltet. Es sind die ganzen Leute, die dahinter stehen. Das reicht von der Buchhaltung ĂŒber die Studioleitung bis hin zur Personalabteilung und all den Feen, die die Handstickerei machen. Die Idee, dass man in der Modebranche arbeiten will, weil man ein Star sein will, ist ein falscher Ansatz. Es gibt eine Menge sehr, sehr netter Leute in der Modebranche. Diese Vorstellung, dass wir alle unhöflich und arrogant sind, ist völlig ĂŒberholt.

F: Ist das etwas, das du selbst erlebt hast und jetzt fĂŒr die nĂ€chste Generation verbessern willst?

KG: Meine Mutter und mein Vater arbeiten mit mir zusammen. Ich weiß also, dass sie mich immer wieder dorthin zurĂŒckbringen, wo ich hingehöre. Wir hoffen, mit dem Upcycling die Welt ein bisschen zu verĂ€ndern. Aber es ist auch nicht so, dass wir ein Heilmittel gegen Krebs finden. Meine Mutter meint, dass wir Licht spenden, und das gefĂ€llt mir. Wir geben den Menschen Licht, wir schaffen eine Fantasie. Es ist Teil meiner Aufgabe, die Menschen zum TrĂ€umen zu bringen. Aber ich heile keine Krankheiten. Wir mĂŒssen also etwas herunterkommen. Manchmal ist es zu ernst. Mode ist nicht ernst. Mode macht Spaß. Das sollten wir nicht vergessen.

F: Du hast das Upcycling erwĂ€hnt. Dieses Konzept betreibst du seit Beginn deiner Karriere. Auch viele große Marken verfolgen inzwischen einen solchen Ansatz. Welche Fehler sollte man vermeiden, wenn man nachhaltige Mode fĂŒr ein großes Publikum entwirft und produziert?

KG: Man kann nicht alles kontrollieren. Wenn wir an einer neuen Kollektion arbeiten, habe ich meistens ein Lieblingsmotiv im Kopf. Aber wenn wir das Material erhalten, wissen wir nie, was genau ankommen wird. Die Fabrik sagt: „Wir haben das, ihr könnt es verwenden.“ Aber dann ist es zum Beispiel nicht dieses Gelb, das ich mir gewĂŒnscht habe, sondern ein anderes. Was mache ich nun? Soll ich mich heulend in die Ecke stellen? Oder bringe ich es einfach zum Funktionieren? Ich bringe es einfach zum Funktionieren. Das ist ein Teil des Prozesses. Es ist sehr wichtig, sich an das Material anzupassen und nicht zu denken, dass ich ein Designgott bin, der vom Himmel kommt. Ich bin nur hier, um Lösungen zu finden.

GERMANIER

Bunter als ein Flipperkasten mitten in der Rue CrĂ©mieux haben die Designs von Kevin Germanier die Pariser Modewelt erobert. Aus Materialien, in denen andere keinen Wert mehr sehen, schöpft der Schweizer Inspiration und kreiert daraus Kleider, Taschen, Jacken und Schmuck. 2018 grĂŒndete der studierte Modeschöpfer das nach ihm benannte Label und macht seither das Upcycling nicht nur salon-, sondern laufstegfĂ€hig. Lady Gaga, Taylor Swift und Björk haben bereits in Outfits von Germanier jeden Regenbogen ĂŒberstrahlt. Musik in den Ohren von allen, die schon immer wussten, dass sich in der Mode Glamour und Nachhaltigkeit nicht ausschließen. kevingermanier.com

F: Was wĂŒrdest du jemandem raten, der selbst Teile der eigenen Garderobe upcyceln möchte?

KG: Sei kreativ. Mach nicht einfach nur einen Patch auf den Jeansstoff. Es gibt so viele Möglichkeiten, alles zu verwenden. Sei einfach mutig. Ich sage das, und dabei trage ich immer Schwarz (lacht). Aber habe einfach Spaß daran und nimm es nicht zu ernst.

F: Du bist kĂŒrzlich eine Partnerschaft mit Omega eingegangen. Worauf achtest du als Designer bei der Auswahl einer Uhr? Nur auf das Aussehen? Oder spielt auch technische Raffinesse eine Rolle?

KG: Es kommt auf meinen persönlichen Geschmack an, denn wenn ich die Uhr trage, ist es sehr wichtig, dass sie zu mir passt. Als ich das erste Mal zum Fotoshooting fĂŒr Omega ging, konnte ich zwischen zwei herausragenden Modellen auswĂ€hlen, der Tresor und der Speedmaster. Ich liebe die Geschichte der Speedmaster, weil sie auch mit dem Mond in Verbindung gebracht wird. Aber als ich die Tresor probierte, war ich begeistert. Diese Uhren sind etwas, das man hoffentlich seinem Sohn oder seiner Tochter schenken wird. So werden sie zu etwas, das nicht nur zeitlos, sondern sozusagen geschlechtslos ist.

F: Womit wir wieder bei diesem FamiliĂ€ren sind, das bei deiner eigenen Arbeit eine große Rolle spielt. Gibt es sonst noch Werte, die deine Marke mit der von Omega verbindet?

KG: Wir wollen die Leute unsere AuthentizitĂ€t und die Liebe zum Detail spĂŒren lassen.Das ist sehr wichtig fĂŒr mich, und ich habe diese SensibilitĂ€t auch bei Omega herausgespĂŒrt. Wie wir uns prĂ€sentieren, ist einfach, aber wahrhaftig: Das ist unsere Vision und sie ist zeitlos. Wir versuchen nicht, einem Trend zu folgen. Wir versuchen nicht, einen Stil aufzuzwingen.

F: WofĂŒr hĂ€ttest du gerne mehr Zeit in deinem Leben?

KG: Meine Kleidermarke beansprucht praktisch meine ganze Zeit. Aber es ist nicht auf eine schlechte Art. Die Leute denken vielleicht „Oh, er ist diese außergewöhnliche Person, er hat bestimmt immer nur Spaß“. Nein, die meiste Zeit schreibe ich E-Mails. Ich bin im Grunde genommen ein Manager.

F: WĂŒrdest du gerne mehr Zeit mit dem Design verbringen oder bei der Produktion mehr mit anpacken?

KG: Bei der Produktion, nein. Ich bin so froh, dass ich nicht mehr produziere. Und ich lasse mich gerne von meinem Team ĂŒberraschen, wenn sie mir beispielsweise eine endgĂŒltige Skizze von einem meiner Designs schicken, die meist noch Raum fĂŒr weitere KreativitĂ€t lassen. Dann denke ich: „Oh, ich hĂ€tte es gerne so gemacht, aber es sieht eigentlich auch anders ganz gut aus.“ Das gefĂ€llt mir. Etwas, das ich gelernt habe, ist das Delegieren. Du musst den Leuten vertrauen, die du bezahlst.

SURREAL FASHION FRAMES

DNA, from the series Lexicon, 2007 © Viviane Sassen and Stevenson
HCG, from the series Of Mud and Lotus, 2017 © Viviane Sassen and Stevenson

Kunst und Mode sind seit jeher beste Freundinnen. Bei der Fotografin Viviane Sassen sind sie Familie, verschmolzen zum unzertrennlichen Powerduo. Denn die NiederlĂ€nderin fĂŒhlt sich in der Welt der kommerziellen

Modefotografie genauso wohl, wie wenn sie eine abstrakte multimaterielle Collage anfertigt. Im FOAM in Amsterdam zeigt die Ausstellung „Phosphor: Art & Fashion“ eine umfassende Retrospektive ihrer Arbeit.

Text: Josefine ZĂŒrcher Fotos: Viviane Sassen
Adidas x Pharrell, 2017 © Viviane Sassen and Stevenson
Blue Alchemy, from the series Modern Alchemy, 2022 © Viviane Sassen and Stevenson
Viviane Sassen and Stevenson
Dior, 2019 © Viviane Sassen and Stevenson

FOAM: VIVIANE SASSEN – PHOSPHOR: ART & FASHION

PortrĂ€t, Collage oder Modefotografie? Alles und zwar aufs Mal und von derselben KĂŒnstlerin, bitte. Genau das gibt es im FOAM in Amsterdam zu sehen. „Phosphor: Art & Fashion“ zeigt eine mitreißende Mischung aus Viviane Sassens persönlichen und kommerziellen Projekten der letzten dreißig Jahre.

FOAM: Viviane Sassen – Phosphor: Art & Fashion 21. September 2024 – 12. Januar 2025, FOAM, Keizersgracht 609, Amsterdam, foam.org, vivianesassen.com

Eudocimus Ruber,
Viviane Sassen and Stevenson

Körper verformen sich, schmelzen ineinander, ragen in ÜbergrĂ¶ĂŸe empor. Scharf gezogene Schatten wechseln sich mit leuchtenden Farben ab. Und zwischendurch ĂŒbermittelt das simpelste PortrĂ€t das höchste Maß an IntimitĂ€t. Wenn man von der Videoinstallation zur Fotografie spaziert und dabei an der multidisziplinĂ€ren Collage vorbeikommt, könnte man meinen, man habe soeben die Arbeiten unterschiedlicher KĂŒnstlerInnen gesehen. Nicht im Fall der Ausstellung „Phosphor: Art & Fashion“. Die Werke, so verschieden sie auch sein mögen, tragen doch alle die Handschrift der niederlĂ€ndischen Fotografin und KĂŒnstlerin Viviane Sassen. MehrdimensionalitĂ€t ist die Essenz ihres Schaffens. Filme laufen, Töne erklingen, Pinsel, Kamera und Schere waren alle am Werk. Sie hat sich einen Namen als Modefotografin gemacht, darf – und soll – sich aber auch KĂŒnstlerin in den CV schreiben.

Ihre Klientenliste liest sich wie die Einkaufsliste des angesagtesten It-Girls – Bottega Veneta, Jacquemus und Dior sind nur ein winziger Auszug. Auch Magazine wie i-D, Dazed oder Purple stehen bei ihr Schlange. Und doch bietet Sassens Werk auch reichlich IdentifikationsflĂ€che fĂŒr alle, die Abstraktes und Abseitiges mehr mögen als Mode. Eigentlich ging es fĂŒr Sassen von Anfang an in Richtung Fashion. Das Modestudium kam nĂ€mlich zuerst, und erst danach hat sie sich an der Utrecht School of the Arts in der Fotografie ausbilden lassen. Bis heute halten sich die beiden Leidenschaften fĂŒr Mode und Kunst gekonnt die Balance. Persönlichen Projekten schwingt die Ästhetik eines Modeeditorials mit, bei kommerziellen AuftrĂ€gen dringt die kĂŒnstlerische Ader durch.

Nach mehr als drei Jahrzehnten ist es höchste Zeit, Sassens umfassendes Schaffen in einer Retrospektive abzubilden. Nachdem letztes Jahr das MEP – maison europĂ©enne de la photographie in Paris sich mit Kunst und Mode schmĂŒckte, zeigt nun das FOAM in Amsterdam in einer umfassenden Retrospektive ĂŒber 200 Werke der KĂŒnstlerin.

Sassen selbst sucht die Aufmerksamkeit nicht – lieber lĂ€sst sie ihre Kreationen sprechen. Und die haben einiges zu sagen. Mit SelbstportrĂ€ts handelte sie schon frĂŒh ihr eigenes Körperimage ab. „Are we ever able to truly know someone, to truly know ourselves?“, fragt sie in ihrer Serie „Etan & Me“. Eine Antwort darauf gibt es nicht. Am meisten findet man ĂŒber die KĂŒnstlerin heraus, wenn man die enigmatischen Beschreibungen ihrer zahlreichen Projekte liest. Oder wenn man einfach schaut. Und wartet, was die abgebildete IntimitĂ€t, die leuchtenden Farben und die durchdacht-spontanen Kompositionen in einem auslösen.

„Persönlichen Projekten schwingt die Ästhetik eines Modeeditorials mit, bei kommerziellen AuftrĂ€gen dringt die kĂŒnstlerische Ader durch.“

KRITIK, KONTROVERSE, KUNST?

Kontroversen findet man ĂŒberall, wenn man nur lange genug sucht. Ob man das tun sollte, ist eine ganz andere Frage. So wurden ab und zu Stimmen laut, die Sassens Darstellung afrikanischer Menschen kritisieren. TatsĂ€chlich tauchen vorwiegend schwarze Personen in Sassens Arbeit auf, vor allem in persönlichen Projekten. Hat sie zu viel Macht und Kontrolle, weil sie als Weiße diejenige ist, die die Kamera in der Hand hĂ€lt? Angesichts der Tatsache, dass es nicht selten vorkommt, dass weiße FotografInnen nicht wissen, wie sie schwarze Haut richtig inszenieren und belichten sollen, scheinen die Fragen berechtigt. Aber nicht immer ist alles so, wie es auf den ersten Blick scheint – damit ist nicht nur Sassens Arbeit gemeint, sondern auch der Grund, warum sie afrikanische Menschen vor der Kamera mag. Als Kleinkind lebte Sassen drei Jahre lang in Kenia. Ihr Vater war Arzt in einer PolioKlinik. Abgelegen im Nirgendwo fĂŒhlte sich Sassen fremd und heimisch zugleich im fernen Kontinent. Bis heute ist sie irgendwo zwischen Touristin und Local, wenn sie zurĂŒckkehrt in die fremde Heimat. Und das spiegelt sich in ihrer Arbeit. Wenn Sassen sich doch einmal dazu Ă€ußert, stellt sie das Private in den Vordergrund. Ihr gehe es um ihre einzigartige private Verbindung zu Afrika, die direkt ihrer Kindheit entstammt. Sie könne sich ihr Leben ohne Afrika nicht vorstellen, sagte sie einst gegenĂŒber dem blind Magazin. So findet man auch keine stereotypische Darstellung Afrikas in ihren Bildern. Ihre Subjekte sind alltĂ€glich, inszeniert auf kĂŒnstlerische Art und Weise. Selbst wenn man nichts ĂŒber die Fotografien weiß, spĂŒrt man, dass eine persönliche Verbindung zwischen Fotografin und Subjekt existiert.

Sassen bringt eigene Emotionen in jedes ihrer Werke und schafft es doch, ein bisschen mystisch, ein bisschen unerreichbar zu bleiben. In der Kunst- und Fotografiewelt wird gerne aufgeteilt, und sauber in Kategorien gesteckt. Wer Werbung fotografiert, gilt nicht mehr als KĂŒnstlerIn, wer zu abstrakt kreiert, passt nicht mehr in den Mainstream. „The ordinary and the magical merge“, beschreibt Sassen ihre Serie „Heliotrope“. Damit beschreibt sie eigentlich ihr gesamtes Schaffen. Gewöhnlichen Alltagsmomenten und Objekten haucht sie Magie ein. Wer sich durch die 200 ausgestellten Werke arbeitet, versteht danach, was sie gegenĂŒber dem British Journal of Photography betonte: Sie möge es gar nicht, sich zu wiederholen. Und genau darum vereint Viviane Sassen alle: Kunsthungrige auf der Suche nach Abstraktem, pinselschwenkende MalerInnen, Fashionistas, FotografInnen. Das Beste daran? Alle sehen etwas anderes.

Self Portrait, 1990 © Viviane Sassen and Stevenson

ECO FUTURE TRENDS SUSTAINABLE

Mit ansteckendem Optimismus und klar definierten Werten designen

Anaëlle Delassus und Charlotte Westphal angesagte Teile, ohne sich von aktuellen Trends diktieren lassen.

Nachhaltigkeit ist bei ihrem

Label W1P Studios kein leeres Buzzword.

Im Interview erzÀhlen sie, wie sie

DiversitÀt und Inklusion umsetzen, warum sie genderfluide Kleidung kreieren und es nicht mehr als zwei Kollektionen pro Jahr braucht. Und warum sie trotz allem die Hoffnung in die Modeindustrie nicht verloren haben.

Interview: Josefine ZĂŒrcher
Fotos: Tilo Wandelt
Legende: Wie man ein bild beschreiben kann. Oder einfach ein guten Satz dazu einfÀllt.
Nachhaltig, Slow, Stylish: Nach diesen Prinzipien arbeitet W1P Studios.

Das Label unterscheidet nicht nach Geschlechtern, denn Mode ist fĂŒr alle da.

FACES: Wie habt ihr euren Weg in die Modeindustrie gefunden? Wolltet ihr schon immer Mode designen?

AnaĂ«lle Delassus: Bei mir hat sich der Wunsch schon wĂ€hrend der Schulzeit herauskristallisiert. Ich habe angefangen, NĂ€hen zu lernen und habe erste Praktika bei Schneidereien und Modelabels gemacht. Nach dem Schulabschluss habe ich dann eine Ausbildung zur Maßschneiderin absolviert und schließlich Modedesign studiert. Dort habe ich dann auch Charlotte kennengelernt.

Charlotte Westphal: Bei mir war es Ă€hnlich. Ich hatte auch als Teenagerin schon den Traum, in der Mode zu arbeiten und Modedesignerin zu werden. Nach dem Abi habe ich ein UAL-Vorstudium in England gemacht und bin dort auch relativ schnell wieder in der Mode und Textilvertiefung gelandet. Nach verschiedenen Praktika war fĂŒr mich klar, wenn Mode, dann nur in Berlin. Neben dem Modedesignstudium gemeinsam mit AnaĂ«lle habe ich außerdem als Modejournalistin gearbeitet.

F: WofĂŒr steht der Name W1P Studios? Und wofĂŒr wollt ihr als Label stehen?

AD: Unseren Brandnamen haben wir von „work in progress“ abgeleitet. Diesen Ausdruck verbinden wir ganz stark mit unserer Arbeit, da wir besonders auf Nachhaltigkeit, DiversitĂ€t und Inklusion achten und man hier nie fertig mit der Entwicklung ist, sondern es ein stetiger Prozess ist. Außerdem greifen wir mit unseren Kollektionen oft gesellschaftlich relevante Themen auf, wie zum Beispiel Toxic Masculinity, Burn-Out oder auch Mental Health. Dabei ist unser Anspruch, dass wir selbst zuhören, lernen, uns weiterentwickeln und dann auch Wissen weitertragen.

F: Welche unerwarteten HĂŒrden musstet ihr ĂŒberwinden, als ihr euer Label gegrĂŒndet habt?

Arbeitsbedingungen festlegen, die mit unseren Werten ĂŒbereinstimmen. Ansonsten arbeiten wir mit FreelancerInnen und kleinen Produktionen in Deutschland. Bei den Materialien haben wir drei Quellen. Wir nutzen zum einen Second-Hand-Kleidung, die wir upcyclen. So entstehen unsere Unikate. Unsere aktuelle Kollektion „CANVAS“, die wir bei der Berlin Fashion Week prĂ€sentiert haben, war zum Beispiel ausschließlich Upcycling. Als weitere Quelle nutzen wir Deadstock von grĂ¶ĂŸeren Firmen, daraus entstehen dann unsere limitierten Pieces. Wenn wir wirklich neues Material nutzen, dann achten wir streng auf die Quellen und bevorzugen BioMaterialien und solche, die sonst auch mit Nachhaltigkeitssiegeln versehen sind. Bei allen Materialien, die wir beziehen, verzichten wir inzwischen auf jegliche Synthetik. F: Beim Browsen auf eurem Shop stĂ¶ĂŸt man auf allerlei Unikate, so zum Beispiel den Zero Waste Bag. Dieser ist aus Deadstockmaterial gefertigt. Was lĂ€sst sich sonst noch Tolles aus ĂŒbrig gebliebenem Material machen, und wie viele eurer StĂŒcke sind aus solchem Deadstock kreiert?

„Wir sind der festen Überzeugung, dass Kleidung kein Geschlecht hat.“

CW: Wir haben schon im Studium die Idee in Richtung des Labels entwickelt. Als wir gegrĂŒndet haben, haben wir definitiv den Umfang an BĂŒrokratie unterschĂ€tzt. Vor allem auch, wie lange es dauert, interne Strukturen und AblĂ€ufe zu entwickeln.

F: Gab es einen ausschlaggebenden Moment, der euch dazu gebracht hat, auf Slow Fashion zu setzen?

AD: Wir haben das GefĂŒhl, dass oft ein totaler Overload entsteht. Brands bringen unzĂ€hlige Kollektionen im Jahr heraus, insbesondere in der Fast Fashion, allermeistens ohne jegliche RĂŒcksicht auf QualitĂ€t, Materialien, Umwelt und die Menschen, die die Kleidung produzieren. Uns ist es daher sehr wichtig, lieber deutlich weniger zu designen, uns Zeit fĂŒr die Produktentwicklung zu nehmen, das Materialsourcing und auch fĂŒr den Designprozess selbst. Denn abgesehen von den genannten GrĂŒnden, ist es kein Geheimnis, dass viele DesignerInnen Burn-Out bekommen, den Anforderungen an die vielen Kollektionen nicht mehr gerecht werden können und die KreativitĂ€t unter dem permanenten Druck leidet. Dieses GefĂŒhl hatten wir schon vor der GrĂŒndung und haben uns von Anfang an kritisch damit auseinandergesetzt.

F: Wo produziert ihr und woher habt ihr die Materialien, die ihr nutzt?

CW: Wir produzieren aktuell die meisten Teile bei uns im Studio, so können wir am besten die QualitÀt und

AD: Stoffreste eignen sich im Grunde genommen fĂŒr alles. Oft haben Deadstockmaterialien nur kleine Fehler. Durch unsere Produktionsweise schneiden wir aber einfach drum herum und können so unsere limitierten Pieces daraus herstellen. Wenn es wirklich nur noch Kleinstreste sind, dann eignen sie sich besonders fĂŒr Accessoires, aber auch fĂŒr kleine Details in den großen KleidungsstĂŒcken. Mal ist das Taschenfutter unserer MĂ€ntel aus der Print-Seide, die bei einem anderen Teil ĂŒbrig geblieben ist. Oder die Kanten der Innenverarbeitung werden mit solchen StĂŒcken eingefasst und bekommen so ihren ganz besonderen und einzigartigen Look.

F: Wie viele Leute sind in W1P Studios involviert?

CW: Aktuell sind das Kern-Team wir beide. Seit etwa einem Jahr haben wir darĂŒber hinaus ganz tolle Praktikantinnen, die uns unterstĂŒtzen. Ansonsten arbeiten wir immer projektbasiert mit FreelancerInnen und verschiedenen Agenturen zusammen.

F: Ihr dĂŒrft so ehrlich sein, wie ihr wollt: Was lĂ€uft so richtig falsch in der Modeindustrie?

AD: Ganz klar: Dass es sich aktuell von Fast Fashion, was schon schlimm genug ist, jetzt sogar noch zu Ultra Fast Fashion entwickelt. Bei beidem lÀuft so viel schief in den Lieferketten, es wird brutal ausgebeutet, ob Mensch oder Natur. Und am Ende wird vor den EndkonsumentInnen noch Greenwashing betrieben. Durch diese Desinformationen entsteht ein völlig verzerrtes Bild, was Mode eigentlich bedeutet und auch kostet.

F: ZurĂŒck zu euren drei Grundwerten: Nachhaltigkeit, DiversitĂ€t und Inklusion. Wie setzt ihr diese konkret um, und was ist am schwierigsten in die RealitĂ€t umzusetzen?

CW: Nachhaltigkeit wird besonders in jedem einzelnen KleidungsstĂŒck umgesetzt, unter anderem durch Materialauswahl und Produktionsweisen. DiversitĂ€t und Inklusion versuchen wir umzusetzen, indem wir unsere Kleidung keinem bestimmten Geschlecht zuordnen. Wir sind der festen Überzeugung, dass Kleidung kein Geschlecht hat und alle das tragen sollen, was sie glĂŒck-

lich macht. Dann versuchen wir auch, unsere Designs so zu denken, dass man sie durch Verstellmöglichkeiten immer etwas an den individuellen Körper anpassen kann und das auch ĂŒber verschiedene Lebensphasen hinweg. Aber: Kleidung fĂŒr viele verschiedene Personen tragbar zu machen ist auch die grĂ¶ĂŸte Herausforderung. GrĂ¶ĂŸeninklusiv zu arbeiten bedeutet fĂŒr uns immer noch eine sehr lange Entwicklungs- und Prototypingphase. Leider bekommt man das nötige Wissen dazu kaum im Studium oder in der Ausbildung vermittelt, sondern arbeitet meist in den StandardgrĂ¶ĂŸen.

F: Tut sich wirklich etwas in Sachen Nachhaltigkeit in der Modeindustrie oder ist vieles nur leeres GeschwÀtz?

AD: Sowohl als auch. Es gibt immer mehr tolle Brands, die Nachhaltigkeit umsetzen und zu einem Wandel beitragen. Es werden auch immer bessere Techniken, Materialien und Recycling-Methoden entwickelt. Auf der wissenschaftlichen und innovativen Ebene gibt es sehr viel Fortschritt. Nichtsdestotrotz ist das Greenwashing enorm. Und es wird auch viel Desinformation betrieben. Ein klassisches Beispiel dafĂŒr ist, dass ein Teil als nachhaltig angepriesen ist, da es aus recyceltem Polyester besteht. Recycling klingt natĂŒrlich immer erstmal toll, aber am Ende des Tages ist es trotzdem eine aus Erdöl bestehende Faser, die, sobald sie im MĂŒll landet, Jahrzehnte, wenn nicht sogar lĂ€nger braucht, um sich zu zersetzen. Dann wird oft dieses recycelte Polyester noch mit anderen Fasern vermischt, zum Beispiel 50% Polyester, 47% Baumwolle und 3% Elastan. Sobald solche Mischungen stattfinden und es kein Monomaterial mehr ist, ist ein Recyceln so gut wie unmöglich. Das weiß die Allgemeinheit in der Regel nicht und sieht nur die Bewerbung des Recycling.

F: Dasselbe mit Inklusion und DiversitÀt: Werden wir da endlich besser, oder geht es zu langsam voran?

AD: Wieder sowohl als auch. Wir können da fast die gleiche Antwort geben. Immer mehr Brands setzen auf mehr DiversitĂ€t, die Runway-Models sehen endlich nicht mehr alle Ă€hnlich aus, mehr Altersgruppen, Körperformen, Geschlechter und Typen werden sichtbar. Aber leider findet auf der anderen Seite bei manchen Brands ĂŒberhaupt kein Wandel statt, obwohl die Ressourcen dafĂŒr da sind. Insbesondere in der High-Fashion wĂŒrden wir uns das noch mehr wĂŒnschen.

F: Wie erklÀrt ihr euch, dass Nachhaltigkeit immer wichtiger wird, gleichzeitig aber Temu, Shein und Co. durch die Decke gehen?

CW: Wir können es uns dadurch erklĂ€ren, dass viel besitzen fĂŒr sehr wenig Geld erstmal sehr attraktiv fĂŒr viele klingt. Vor allem in der aktuellen Wirtschaftslage: Gerade sind die Lebenshaltungskosten sehr hoch, da möchte man natĂŒrlich gerne gĂŒnstig einkaufen. Außerdem sind diese Riesenhauls auf Social Media total ein Ding, die können dann als Vorbild dienen. Gerade fĂŒr jĂŒngere Menschen, die vielleicht nicht so viele finanzielle Mittel zur VerfĂŒgung haben oder wenig ĂŒber den tatsĂ€chlichen Preis wissen – die QualitĂ€t, die Produktionsbedingungen sowie den Einfluss auf die Umwelt.

F: Viele Leute halten nachhaltige Mode fĂŒr zu teuer. Haben wir ein völlig falsches VerstĂ€ndnis davon, was Mode wirklich wert ist? Was wollt ihr den Leuten hinsichtlich dieser Thematik mitgeben?

AD: Absolut! Gerade Unternehmen wie Temu, aber auch die

ganzen Fast Fashion LĂ€den, die man in jeder FußgĂ€ngerzone findet, tragen enorm dazu bei, dass ein falsches Bild entstanden ist, was Mode kostet. Dass KleidungsstĂŒcke zum Teil nur fĂŒr wenige Euro verkauft werden, ist schockierend. Dabei sollte doch sofort klar sein, dass solche Preise nicht zustande kommen können, wenn nicht irgendwo massive Ausbeutung stattfindet. In jedes Teil fließen Design, Prototyping, Materialkosten, Arbeitsstunden, Transport, Vertrieb, Verpackung, Marketing und vieles mehr. Alleine bei dieser Menge an Positionen – und es sind in der RealitĂ€t noch einige mehr –kann es vorne und hinten nicht passen, dass Teile so billig verkauft werden. Uns ist es wichtig, darĂŒber aufzuklĂ€ren und zu veranschaulichen, was realistische Preise fĂŒr Kleidung aus Deutschland beziehungsweise Europa sind. Das machen wir sowohl auf Social Media als auch auf unserer Website.

F: Bei großen Problemen wie Nachhaltigkeit ist es immer schwierig, das Individuum zu „beschuldigen“, da ja vieles systematisch falsch lĂ€uft. Wer beispielsweise am Existenzminimum lebt, muss fast auf Fast Fashion zurĂŒckgreifen. Was rĂ€t ihr dennoch der Einzelperson, um ihre Leidenschaft fĂŒr Mode mit so wenig Schaden wie möglich auszuleben?

CW: Wir raten Leuten immer erstmal grundsĂ€tzlich weniger zu kaufen – dafĂŒr aber Teile, die man vielseitig stylen kann, die ĂŒber viele Jahre hinweg funktionieren und qualitativ mithalten. Dann gibt es inzwischen viele Plattformen, bei denen man dann zum Beispiel ausgefallene Styles leihen kann anstatt zu kaufen. Auch einige unserer Teile findet man zum Beispiel bei WeDress-Collective. Dann ist natĂŒrlich Second Hand immer eine gute Alternative oder auch Kleidertauschpartys. Schnappt euch eure Freunde und tauscht untereinander eure aussortierte Kleidung. Das kostet nichts und alle haben hinterher tolle neue Teile.

F: Wo findet ihr Inspiration fĂŒr neue Designs?

AD: Wir haben viele gesellschaftliche Themen, die uns beide beschĂ€ftigen und zum Teil auch aufwĂŒhlen. Diese greifen wir oft als Inspiration fĂŒr unsere Kollektionen auf und ĂŒbersetzen sie in Designelemente. Ansonsten finden wir auch in unserem Alltag Inspirationen. Wenn man mit offenen Augen durch die Welt lĂ€uft, dann findet man eigentlich an jeder Ecke Inspiration. Aber auch die Natur ist eine große Inspirationsquelle fĂŒr uns, gerade fĂŒr Farbkombinationen.

F: Wie wĂŒrdet ihr euren eigenen Stil beschreiben?

AD: Ein Mix aus sportlich und elegant. Ich liebe es, wenn ich die meist eher schlichten Outfits durch ungewöhnliche Accessoires oder auffÀllige Einzelpieces aufbreche.

CW: FĂŒr mich ebenso: sportlich, bequem, elegant. Mit einer Prise Scandi-Style. Und oversized darf es auch gerne mal sein.

F: Was hÀlt ihr von Social Media? Ruiniert es uns, hilft es uns, oder passiert beides gleichzeitig? Helfen die Plattformen dem Wachstum eures Labels?

AD: Wenn man am Anfang steht und noch ein kleines Label ist, ist Social Media toll, um sich eine Plattform zu schaffen und entdeckt zu werden. Auch fĂŒr das berufliche Netzwerk ist es super. Fast alle Kontakte, mit denen wir zusammenarbeiten, von StylistInnen ĂŒber FotografInnen oder Make-Up Artists, haben wir ĂŒber Social Media kennengelernt. Auf der anderen Seite ist

Das halten Anaëlle Delassus & Charlotte Westphal von 


FAST FASHION: Furchtbar, bitte verbieten!

FASHION WEEK: So viel geballte KreativitĂ€t –we love it!

TIKTOK, INSTAGRAM & CO.: Hass-Liebe.

FASHION INFLUENCERINNEN: Finde deine Bubble und du findest die volle Inspiration. VINTAGE/SECONDHAND: Lieben wir!

MICRO-TRENDS: Lieber sein lassen. Oder nur mitgehen, wenn man die entsprechenden KleidungsstĂŒcke sowieso schon hat. Aber niemals sich selbst fĂŒr Trends verstellen –sich treu bleiben ist wichtiger.

NACHHALTIGKEIT: Wir sind auf einem guten Weg – nicht unterkriegen lassen. MAßGESCHNEIDERTER KLEIDUNG: Es gibt nichts besseres als Kleidung, die wie angegossen sitzt. Ist jeden Cent wert. CAPSULE WARDROBES: Zeitlos. Unbedingt mit QualitĂ€tspieces aufbauen.

UNISEX MODE: Lieber genderfluide Mode. ECHTES LEDER VS. KUNSTLEDER: Beides nicht wirklich toll, außer das Kunstleder ist aus natĂŒrlichen Materialien gefertigt.

FUNKTIONSKLEIDUNG: Inspirierend und vielseitig –da kann man sich einiges davon abschauen.

MET GALA: Aus Design-Perspektive, einfach atemberaubend, welche Kunstwerke geschaffen werden und wie viel Liebe in das Handwerk geht. Aus NachhaltigkeitsPerspektive natĂŒrlich eine eher schwierige und opulente Veranstaltung.

PARTNERLOOK: Da muss man der Typ dafĂŒr sein, aber dann ist es so cool!

W1P STUDIOS

Mode lieben und ein nachhaltiges Leben fĂŒhren –das muss sich nicht gegenseitig ausschließen. Das Berliner Label W1P Studios setzt Werte wie Nachhaltigkeit, DiversitĂ€t und Inklusion in die RealitĂ€t um – und passt sie immer wieder an, denn Lernen und sich weiterentwickeln wird bei GrĂŒnderinnen AnaĂ«lle Delassus und Charlotte Westphal großgeschrieben. Mit Deadstockmaterialien, genderfluiden Unikaten und einer satten Portion Optimismus und Mut wollen die beiden die Modeindustrie aufmischen. w1pstudios.com

es natĂŒrlich ein weiterer Job, der eigentlich Vollzeit betreut werden mĂŒsste. Gerade fĂŒr junge Unternehmen ist es schwierig, so viel Content zu produzieren und Zeit zu investieren, die auch an anderen Stellen benötigt wird.

F: Was hÀlt ihr von Fashion-InfluencerInnen?

CW: Es gibt so tolle InfluencerInnen fĂŒr so viele Nischen der Mode. Wenn man seine Bubble findet, macht es sehr viel Spaß zu sehen, wie die Personen unsere Designs stylen und prĂ€sentieren. Und auch im Privaten, also aus Konsumentenperspektive, kann es sehr inspirierend sein. Allerdings legen wir auch da viel Wert auf die Inhalte von Menschen, die unsere drei Grundwerte teilen, arbeiten weniger mit und schauen uns seltener solche an, die viel Fast Fashion verwenden und bewerben.

F: TikTok und Co. sind voll von Shein-Hauls und Ă€hnlichen Explosionen des billigen Konsums. Wie kann man die Menschen dazu sensibilisieren, dass es eben nicht normal ist, sich 20 neue KleidungsstĂŒcke aufs Mal zu kaufen?

AD: Das ist wirklich eine unfassbar große Herausforderung. Wir haben das GefĂŒhl, dass man das Problem ĂŒber zwei Arten angehen muss: Zum einen muss man die Menschen sensibilisieren, dass man bei Fast-Fashion in der Regel schlechtere QualitĂ€t kauft und quasi sein Geld zum Fenster rausschmeißt. Zum anderen muss vermittelt werden, wie viel Aufwand hinter der Produktion von Kleidung steckt und mehr Einblicke in den Prozess geben. Alle, die schon mal selbst versucht haben etwas zu nĂ€hen, wissen, wie viel Zeit und Geduld es kostet.

F: Sollten wir nicht mehr nach Saison und Trends produzieren? Nach welchen Kriterien produziert ihr hauptsÀchlich? Inspiration, Nachfrage oder Jahreszeit?

dergrund stehen. In der Regel arbeitet am Vormittag jede fĂŒr sich die anstehenden Projekte ab. Gegen Mittags gibt es dann einen erneuten Team Check-In und wir zeigen einander zum Beispiel die Entwicklung der neuen Prototypen, neue Designs oder auch einen Social-Media-Posting Plan. Den Rest des Tages steht dann meistens mehr Teamarbeit an, zum Beispiel das gemeinsame Arbeiten an den Projekten oder auch gemeinsam Lösungen fĂŒr grĂ¶ĂŸere Herausforderungen zu finden. Viele Meetings mit externen PartnerInnen stehen da meist auch im Kalender. Gerade im Sommer versuchen wir außerdem, unsere Arbeit so gut es geht immer nach draußen zu verlegen und das Beste aus dem Arbeitsalltag rauszuholen.

F: Sind eure eigenen KleiderschrÀnke eher voll oder minimalistisch?

AD: TatsÀchlich eher voll, aber einfach, weil ich viele Teile schon sehr sehr lang habe, da die QualitÀt noch stimmt und sie nach wie vor gut passen und zeitlos sind.

CW: Bei mir auch! Ich habe zum Beispiel noch richtig viele T-Shirts aus meiner Teenie-Zeit, die immer noch top sind, aber auch viele StĂŒcke, die mir von Familienmitgliedern vererbt wurden. Je nach Trendzyklus habe ich richtig Freude daran, diese Teile dann wiederzuentdecken.

„Wir versuchen, uns nicht zu sehr von kurzlebigen Trends beeinflussen zu lassen.“

CW: Wir produzieren maximal zwei Kollektionen pro Jahr. Wenn alle wieder dahin zurĂŒckgehen wĂŒrden, wĂ€re das ein enormer Schritt nach vorne. Ansonsten ist unser Anspruch, dass wir Kollektionen entwerfen, die nicht strikt voneinander getrennt sind, sondern ineinander ĂŒbergreifen. So bleiben sie zeitloser. Ansonsten versuchen wir auch, uns nicht zu sehr von kurzlebigen Trends beeinflussen zu lassen.

F: Ihr habt erwÀhnt, dass es euch wichtig ist, genderfluide Mode zu entwerfen. Warum teilen wir Mode eigentlich immer noch nach Geschlecht auf? Sollten wir MÀnnerund Frauenkollektionen abschaffen?

CW: MĂ€nner- und Frauenmode war so lange nach Geschlecht getrennt, das wird man nicht von heute auf morgen abschaffen können. Aber es weicht immer mehr auf und wir sind auch der Meinung, langfristig sollte man die Kategorisierung abschaffen. Man sollte einfach das tragen, was einem Freude bereitet und worin man sich selbstbewusst fĂŒhlt.

F: FĂŒhrt uns durch einen klassischen Arbeitstag bei W1P Studios.

AD: Erstmal Kaffee! Sonst gibt es immer eine kleine Teambesprechung, ob virtuell oder bei uns im BĂŒro, was am Tag so ansteht und wer fĂŒr welche Aufgaben verantwortlich ist. Dann ist es immer sehr unterschiedlich, in welcher Phase der Kollektion wir sind und ob Design, Produktion oder Marketing und Vertrieb gerade im Vor-

F: Was ist euer liebstes KleidungsstĂŒck? Und welches StĂŒck fehlt noch in eurem Schrank?

AD: Ich liebe Blazer! Davon kann ich nicht genug besitzen, insbesondere in guter Vintage-QualitÀt. Ansonsten fÀllt mir so spontan nichts ein, das mir fehlt.

CW: Ich habe ein perfektes kleines Schwarzes, das eigentlich immer geht – ob lĂ€ssig mit Sneakern, cool mit schweren Boots oder elegant in Heels, einfach super vielseitig. F: Wen möchtet ihr einmal von Kopf bis Fuß in W1P Studios gekleidet sehen?

AD: Das ist eine wirklich schwierige Frage! Es gibt so viele coole Menschen, mit denen wir gerne mal arbeiten wĂŒrden, das lĂ€sst sich auf keinen Fall auf eine Person beschrĂ€nken. Aber was sich mit Sicherheit sagen lĂ€sst: Jede Person, die in der Öffentlichkeit steht und sich fĂŒr die gleichen Werte stark macht wie wir und schon mal ein Piece von uns getragen hat – das war immer ein tolles GefĂŒhl!

F: Wo seht ihr euer Label in ein paar Jahren?

CW: Wenn wir trĂ€umen, möchten wir gerne in den bedeutenden europĂ€ischen Modemetropolen etabliert sein. Gleich gefolgt von dem Wunsch, dass wenn Menschen an nachhaltige Modebrands denken, direkt unser Name aufploppt. Aber neben diesen großen Zielen, wollen wir uns in den nĂ€chsten Jahren auf jeden Fall vergrĂ¶ĂŸern und ein noch stĂ€rkeres Team aufbauen, bei dem DiversitĂ€t und Inklusion gelebt wird, in dem gefördert und unterstĂŒtzt wird. Das ist uns ein ganz großes Anliegen.

F: Blickt ihr optimistisch in die Zukunft? Falls ja, wer oder was verhilft euch zum Optimismus?

AD: Ja, auf jeden Fall sind wir optimistisch. Wir haben das GefĂŒhl, dass sich Nachhaltigkeit, DiversitĂ€t und Inklusion immer mehr durchsetzen und langfristig unumgĂ€nglich sind. Das gibt uns Hoffnung fĂŒr die Entwicklung der Branche.

Top

OVERHEAD EXPENSES

COLD GAME PRIVATE EQUITY

Photography:
Styling: Saskia Schnelle, Style DeïŹnery Frankfurt
Hair & Make-up: Jessica Machnik
Model: Philippa K., Louisa Models
Jacke von JIL SANDER
Schal und Stirnband von
Pullover von LOULOU STUDIO. Hut

INTIMATE SKIN IN THE GAME

Text: Michael Rechsteiner
Fotos: Adrian Bretscher, Alex Urosevic
YVY trifft immer ins Schwarze: Leather Curve Top.
Zeitloses im Uhrzeigersinn: Uni Vest, Snake Bustier, Round Crossbody Bag, Uni Harness.

FĂŒr die Zukunft von YVY sehen wir

schwarz. Und das ist gut so. Denn die dunkel schimmernden Lederkreationen des Labels sind gefragter denn je. Auch, weil GrĂŒnderin Yvonne Reichmuth jetzt in das erste LadengeschĂ€ft expandiert hat. Wir haben fĂŒrs Interview vorbeigeschaut.

Du bist Kate Winslet. Am Abend wird dir an einem Filmfestival der Preis fĂŒr dein Lebenswerk verliehen. Die Fotos von deinem Outfit werden um die Welt gehen. Doch deinem roten Overall fehlt es noch am passenden GĂŒrtel. Du bist Kate Winslet und tippst jetzt ganz sicher nicht „black leather belt“ in die Suchleiste von Amazon. Stattdessen erinnerst du dich, vor einiger Zeit eine Designerin kennengelernt zu haben. Ihr Label hat sich auf luxuriöse Lederteile spezialisiert, die ebenso elegant wie verrucht aussehen. Der Zufall will es, dass sie erst kĂŒrzlich expandiert hat und das Angebot nicht mehr nur im Internet oder auf Terminvereinbarung im Atelier erhĂ€ltlich ist, sondern in einem neu eröffneten Verkaufsladen. Doch dieser hat montags geschlossen. (Heute ist Montag ĂŒbri-

gens.) Egal. Du bist Kate Winslet, Yvonne Reichmuth ist die Designerin, YVY ist das Label und ZĂŒrich ist die Stadt. Ein Telefonanruf und wenige Stunden spĂ€ter trĂ€gst du Lederaccessoires und einen extra fĂŒr den Anlass mit Goldschnalle modifizierten GĂŒrtel auf dem GrĂŒnen Teppich vom ZĂŒrich Film Festival. Du bist Kate Winslet. Du siehst fantastisch aus. Happy End made by YVY. Und das mitten in den New Beginnings made by YVY. Denn mit der Ladeneröffnung im ZĂŒrcher Seefeldquartier startet fĂŒr die Marke eine neue Ära. Diese zieht eine völlig neue Kundschaft an und verĂ€ndert den Blick von GrĂŒnderin Yvonne Reichmuth auf ihre eigenen Kreationen. Auch darĂŒber haben wir uns beim Besuch mit ihr unterhalten.

FACES: Wir sind vor dem Interview durch unser Archiv gegangen. Im FrĂŒhjahr 2020 hast du in einem GesprĂ€ch mit FACES gesagt, ein eigenes LadengeschĂ€ft wĂ€re dir zu viel. Jetzt besuchen wir dich darin. Was hat sich geĂ€ndert?

Yvonne Reichmuth: Wir sind weiter gewachsen und irgendwann kommt man an eine Grenze, wie viel man mit word of mouth erreichen kann. Da habe ich angefangen mit dem Gedanken zu spielen, dass wir einen eigenen Store haben könnten. Ich hatte auch etwas Respekt davor, wie es wĂ€re, wenn ich selber im Laden bin. Wie konzentriert ich dann noch arbeiten kann an all dem, was man sonst noch macht. Doch ich habe immer mehr daran gedacht, dass ich es ausprobieren möchte. Weil es mich wunder nahm, was passieren wĂŒrde, wenn wir diese Exposure haben von Schaufensterfronten und wie es wĂ€re, wenn wir die Barriere runternehmen. Vorher konnten die Leute zwar ins Atelier kommen, aber man musste einen Termin vereinbaren.

F: Was war dir bei der Lancierung des YVY-Ladens wichtig?

YR: Mein Traum war es, dass wir neben dem Store weiterhin ein kleines Atelier haben können, plus Office, alles in einem. Und das an einer guten Lage und bezahlbar (lacht). Darum hat die Suche einen Moment gedauert. Doch ich bin sehr glĂŒcklich, dass wir es gewagt haben. Wir sind hier nicht an einer typischen Einkaufsstrasse, wo die Leute bewusst shoppen gehen. Sondern mehr per Zufall hier vorbeilaufen und uns entdecken. Und Leute, die YVY bereits kennen, haben jetzt einen Ort, wo sie direkt hingehen können. Wir konnten schon viele neue KundInnen gewinnen. Man hat unterschiedliche Leute, von TourstInnen bis zu den Leuten, die hier arbeiten, Anwaltskanzleien, Beauty Centers, Medien. Die Mischung der Leute ist sehr spannend.

F: Dadurch, dass eine völlig neue Sparte von KundInnen mit YVY interagiert, siehst du auch deine eigenen Kreationen in einem neuen Licht?

YR: Absolut. Anfangs haben wir gesehen, wie die Leute vor dem Laden stehen blieben, hinein schauten, zum Teil sogar durch die Scheiben hindurch fotografiert haben – aber nicht reinkamen, weil sie sich nicht trauten. Wir haben dann vor dem Eingang eine Box mit Infokarten hingestellt, die extrem schnell weg gingen. Du merkst also, die Leute sind interessiert, aber sie mĂŒssen oft ein-, zweimal vorbeigehen, bis sie reinkommen. Eben weil wir nicht wie ein klassischer Kleiderladen aussehen und die Leute sich nicht trauen oder mich erst fragen, ob sie etwas anprobieren oder anschauen dĂŒrfen. Das machst du sonst in einem Kleiderladen nicht. Da nimmst du dir einfach etwas und gehst damit in die Kabine. Am Anfang hatte ich viel mehr Lederpieces aufgehĂ€ngt. Aber die Leute fragten sich, ob da jetzt ein Fetisch-Store eingezogen sei. Darum haben wir recht schnell angefangen, Schaufensterpuppen in Kleidern und den Lederpieces darĂŒber ins Schaufenster zu stellen. Sobald wir ein PlissĂ©e-Kleid mit einem schönen Gurt im Schaufenster hatten, kamen die Leute rein und wollten genau das. Deshalb machen wir auch wieder viel mehr Kleider. Es macht Spaß, diese Kollektion jetzt zu erweitern und die kompletten Looks anzubieten. Es kommen neue textile Designs dazu und gewisse Pieces aus der Vergangenheit, die lĂ€nger ausverkauft waren, bringen wir auf eine neue Art zurĂŒck, wie das Suit Jacket und den Suit Coat. Eben weil wir an den Reak-

tionen der Leute bemerkt haben, dass wir wieder anfangen mĂŒssen, ganze Looks anzubieten, die man tagsĂŒber auf der Straße tragen kann.

F: Gab es bereits denkwĂŒrdige Momente in deinem Laden?

„Ich möchte etwas Zeitloses kreieren, dessen Wert besteht oder sogar zunimmt.“

YR: Ja, ich habe sehr viele solcher Momente, die mich flashen, bei denen ich danach wirklich völlig glĂŒcklich bin. Weil du die RĂŒckmeldungen auch direkt bekommst und nicht nur Ende Monat deine Zahlen anschaust. Ich kriege es eins zu eins mit, weil ich ja meistens auch hier bin. Es ist extrem, wie viele Leute kommen, eben nicht einfach um etwas zu kaufen und wieder zu gehen, sondern um sich wirklich damit auseinanderzusetzen. KĂŒrzlich war jemand mehrere Stunden im Laden und hat fast alle BĂŒcher, die ich gemacht habe, durchgeschaut. Ich finde es schön, dass das hier auch wie ein Wohnzimmer sein kann. Und dann hatten wir natĂŒrlich auch KundInnen, die zum ersten Mal gekommen sind und gleich mehrere tausend Franken ausgegeben haben, was natĂŒrlich auch ein super Feeling ist. Auch spannend finde ich, wie viele TouristInnen kommen und du dadurch spĂŒrst, wie deine Teile in die Welt hinausgehen, nach New York oder in die Philippinen.

F: Wird dir das mehr bewusst, als wenn die Leute irgendwo auf der Welt im Internet bestellen?

YR: Genau, eben weil es physisch im Laden verkauft wird und die Leute es toll finden, dass sie etwas aus der Schweiz nach Hause nehmen. Einen GĂŒrtel von Gucci können sie auch in New York oder Malaysia kaufen. Aber ein Piece von einer Designerin aus ZĂŒrich hat fĂŒr diese Leute nochmals einen besonderen Wert. Erst recht, wenn sie diese dann auch noch kennenlernen.

F: Ist es diese Bildung einer Community, die es braucht, um Menschen weg vom Online-Shopping an den Bildschirmen und zurĂŒck in die physischen LĂ€den zu locken?

YR: Absolut. Wir haben am Anfang lange ĂŒberlegt, wie wir den Ort nennen und haben es eigentlich immer Space genannt. Weil es eben nicht nur ein Laden ist. Sondern auch ein Studio, eine Event-Location, ein Ausstellungsraum. Und manchmal eben auch ein Wohnzimmer.

F: Was ist dein persönlicher Lieblingsladen?

YR: Abgesehen von unserem? (lacht) Vorletzte Woche war ich in London. Dort bin ich am Dover Street Market vorbei, der immer schön anzuschauen ist, weil es auch so eine Art Installation ist, ein eigenes Universum.

F: Shopping bei regionalen DesigerInnen ist auch eine Art, als TouristIn eine fremde Stadt und ihre Menschen kennenzulernen.

YR: Absolut. Vor ein paar Monaten habe ich in Amsterdam per Zufall einen Store entdeckt. Schöne Ästhetik, super nettes Personal, ich bin auf einen Brand gestoßen, den ich vorher nicht gekannt habe und seither Fan bin. Das ist etwas, das physische Stores auslösen können auf einem Level, den du beim Online-Shoppen nicht hast. Vor allem jetzt, wo jede High Street auf der Welt gleich aussieht, sei es die Champs ElysĂ©e oder die ZĂŒrcher Bahnhofstrasse. Wo du hingehst, gehört alles Inditex, LVMH und H&M. Da geht eine gewisse Spannung verloren.

F: Was hast du ĂŒber den Werkstoff Leder in all diesen Jahren gelernt und was möchtest du davon deinen MitarbeiterInnen und KundInnen weitergeben?

YR: Mein Ziel war immer zu zeigen, was mit dem Material alles möglich ist. Als ich begann, empfand ich das meiste auf dem Markt generisch. Immer die gleiche Art

Bitte anschnallen: Buckle Belt 5.
Herausgeputzt, hereinspaziert: Atelier und Shop von YVY.

von Handtaschen, GĂŒrtel, vielleicht noch ein Portemonnaie. Es gibt noch so viele spannende Dinge, die man mit Leder machen kann und auch wie sich die verschiedenen Verarbeitungen mischen lassen. Ein Lederetuis oder eine kleine Tasche scheinen schlicht. Doch wenn du auf die Details achtest, gibt es so viele Variationen. Eine kleine Abwandlung in der Verarbeitung kann den ganzen Look verĂ€ndern.

F: Seit Jahrhunderten sind Menschen fasziniert von Leder. Warum?

YR: Leder ist etwas, das einem ein gutes GefĂŒhl gibt, wenn du es anfasst. Man kann es gar nicht richtig erklĂ€ren. Du kannst die verschiedensten Leute fragen und die meisten haben irgendein Lederpiece, das ihnen am Herzen liegt. Die Schuhe, die ich gerade trage, habe ich schon x-mal besohlen lassen. Man pflegt eine persönlichere Beziehung dazu. Schließlich ist es ja Haut. Das hat etwas sehr Sinnliches und Intimes.

F: Wie bereits angetönt, lanciert YVY auch vermehrt KleidungsstĂŒcke, die nicht aus Leder sind. Mit welchen Gedanken gehst du an deren Design? Verstehst du sie primĂ€r als ErgĂ€nzung zu den Lederpieces oder eine davon komplett unabhĂ€ngige Vision?

YR: FĂŒr mich sind die Kleider eine Art Leinwand fĂŒr die Lederpieces. Klar, man kann sie auch einfach so tragen, das ist auch schön. Aber es ist nochmals spezieller, wenn du das Piece darĂŒber anziehen kannst. Bei den meisten StĂŒcken ist das die eigentliche Idee. Bei vielen Brands hast du das Kleid, welches durch Accessoires ergĂ€nzt wird. Bei uns verhĂ€lt es sich umgekehrt. Die Accessoires sind die Hauptdarsteller und die Kleider ergĂ€nzen das Bild.

F: Was inspiriert deine Designs?

YR: FrĂŒher habe ich ein Thema gesucht und auf diesem eine Kollektion aufgebaut. Aber seit einigen Jahren ist es mehr eine Mischung aus allem, was einen bewusst und unbewusst inspiriert. Irgendwann beginnst du auch dein eigenes Archiv wieder anzuschauen und findest dort wieder Inspiration.

F: YVY hat inzwischen den Punkt erreicht, wo man aus der eigenen Geschichte schöpfen kann.

YR: Genau. Es gibt manchmal Pieces, die du vielleicht vergessen hast. Ich hatte dieses Jahr eine Designerin im Team und ihr gezeigt: Schau, das sind alle Pieces, die ich bisher gemacht habe. Wir haben sie ausgedruckt und an die Wand gehĂ€ngt. Einerseits, um den „roten Faden“ zu sehen und andererseits, um spannende Elemente zu finden, die man wieder aufnehmen möchte.

F: Wie viele sind das?

YR: Über 200 StĂŒck. Und dann hat die Designerin erst diese Teile studiert, um ein eigenes Design zu machen, welches trotzdem die DNA des Brands aufnimmt. Man lernt mit den Jahren, welche Teile funktioniert haben und nimmt das Feedback der KundInnen auf.

F: Wie schÀtzt du die Modeszene in der Schweiz ein? Könnten hiesige Labels international selbstbewusster auftreten?

YR: Wir können definitiv selbstbewusster auftreten. In der Schweiz ist man generell zurĂŒckhaltend. Man kann ein wenig stolzer darauf sein, was man macht. Wir mĂŒssen uns nicht verstecken und sollten uns mehr trauen. Das ist auch etwas, was ich bei den KundInnen immer wieder merke. Die Leute wollen eigentlich, aber viele trauen sich nicht, gewisse Teile zu

tragen. Das finde ich schade, wenn man sich im eigenen Kleidungsstil zurĂŒckhĂ€lt, weil man sich zu viel daraus macht, was jemand anderes denken könnte oder ob man damit zu sehr heraussticht.

F: Mit einer eigenen Marke wird man auch von der Designerin zur Unternehmerin. Ist dir dieser Übergang leicht gefallen?

YR: Ja, es ist ein fließender Übergang, der mir zum GlĂŒck auch Spass macht. Sonst könntest du nicht deine eigene Firma haben. Ich finde alles, was strategisch ist, extrem spannend. Ich mag auch Zahlen und was sie dir sagen können. Es ist aber definitiv auch eine Herausforderung, wenn du von einer Ausbildung im kreativen Bereich kommst und du das alles lernen musst. Ich habe aber zum GlĂŒck gute Leute um mich herum, die mich unterstĂŒtzen. Du kannst auch eine bessere Designerin sein, wenn du andere Dinge verstehst und triffst bessere Entscheidungen, wenn du dich geschĂ€ftlich ein wenig auskennst und ein paar Excellisten machst.

F: Vermisst du ab und zu das Handwerkliche aus frĂŒheren Tagen? Oder nimmst du dir dafĂŒr noch immer regelmĂ€ĂŸig Zeit, damit du nicht nur an den Schreibtisch gefesselt bist?

YVY

Seit mindestens 5 500 Jahren tragen Menschen Kleidung aus Leder. Seit bald 10 Jahren kleiden sie sich in Leder von YVY. Die Marke aus ZĂŒrich hebt mit GĂŒrtel, Harness oder Choker jedes Outfit auf ein neues Level. Die minimalistischen Designs und hochwertige Verarbeitung fesseln unter anderem Stars wie Billie Eilish, Monica Bellucci und Ricky Martin. Inzwischen designt YVY auch Non-Lederkleidung, auf denen die Accessoires perfekt zur Geltung kommen. Und wer das Angebot nicht nur browsen, sondern fĂŒhlen will, kann das neu im Verkaufsladen an der Dufourstrasse 31 in ZĂŒrich tun.

yvy.ch

YR: Nein, ich bin tatsÀchlich an den Schreibtisch gefesselt. Ab und zu gehe ich noch einen Kaffee holen (lacht). Ich mache handwerklich nicht mehr viel und vermisse es auch nicht, obwohl ich eigentlich mit der Liebe zum Handwerk gestartet und anfangs jedes Teil selber gemacht habe. Es ist eine Evolution von mir als Person, dass ich es jetzt spannender finde, die Marke und die Firma aufzubauen und alles was dazu gehört. Vom Design zur Produktion, Vermarktung und Distribution, zu verstehen, wie alles zusammenspielt und wie wir es konstant optimieren können.

F: YVY wird nĂ€chstes Jahr 10 Jahre alt. Was sind Momente, GefĂŒhle, Errungenschaften und Krisen, die in diesem vergangenen Jahrzehnt besonders herausstechen?

YR: Wie lange haben wir Zeit? (lacht) Es sind viele kleine Momente, die sich zusammensammeln. Aber auch einige große, die Kollaboration mit Longines war ein tolles Erlebnis. Designpreise zu gewinnen natĂŒrlich auch, wie zum Beispiel letztes Jahr vom Schweizer Bundesamt fĂŒr Kunst und Kultur. Worauf ich auch stolz bin, ist, dass wir von zwei Museen eingekauft worden sind. Das ist fĂŒr mich ein Zeichen, dass ich mein höchstes Ziel erreicht habe. NĂ€mlich ikonische Designs zu machen. Das interessiert mich mehr als der Hype und Trend von dieser Saison zu sein. Ich möchte etwas Zeitloses kreieren, dessen Wert besteht oder sogar zunimmt.

F: Welche zwei Museen sind das?

YR: Das Museum fĂŒr Gestaltung und das Landesmuseum in ZĂŒrich. RĂŒckblickend gab es auch Celebrity Momente, die immer wieder toll waren. Im Teenageralter war Gwen Stefani mein Idol und jetzt trĂ€gt sie meine Designs. Was die Herausforderungen anbelangt, die grĂ¶ĂŸte ist, dass du immer weitermachen magst und dass du Freude daran hast, egal was rundherum ist. Du kannst nie still stehen, egal ob du jetzt einen Preis gewinnst oder einen neuen Store hast oder die VerkĂ€ufe dieses Monats super waren. NĂ€chsten Monat beginnt alles wieder von vorne. Ich hatte Momente, als ich gefunden habe: Boah, jetzt bin ich mĂŒde. Aber dann gehe ich etwas Schwimmen und Schlafen und dann ist wieder gut.

AUF DER FLUCHT

Wer sich in Wien versteckt, beschert dem Ermittler Heimvorteil.

Tommy kriegt sie alle. Der Zielfahnder hat in seiner jahrzehntelangen Karriere FlĂŒchtige um den ganzen Globus gejagt.

Jetzt ist es aber Tommy, der erwischt wurde. Von Autor

Helge Timmerberg, der die spannendsten Berufsgeschichten des Wieners im Buch „Einer kriegt sie alle“ versammelt.

Tolle LektĂŒre, ob du jetzt im GefĂ€ngnis sitzt –und dich fragst, was du hĂ€ttest besser machen können –oder einfach zuhause auf der Couch. In diesem Kapitel geht es um GlĂŒhwein und Autobomben.

Text: Helge Timmerberg

Foto: Erich Reismann

SCHÖNER BULLE

Alle Jahre wieder nimmt Wien ein vierwöchiges GlĂŒhweinbad, und die Saufgelage nennen sich Weihnachtsmarkt. Auch Tommy steht zwischen den Christenseelen und will seine mitbaumeln lassen, aber noch bevor er ein KrĂŒgerl leeren kann, ruft ihn Andi an.

„Wo bist du, Tommy? Das FBI braucht uns.“

„Ich hab frei.“

„Wer nicht?“

Wenn die Amerikaner um Amtshilfe anfragen und das österreichische BKA zeitgleich einen hohen Krankenstand beklagt, kann Tommy zwar nein sagen, aber er tut es nicht.Zum einen aus PflichtgefĂŒhl, zum anderen, weil Andi einem wirklich jeden Scheiß schmackhaft machen kann.

„Eh nur einen Spaziergang, Tommy. Wenig Aufwand, fette Beute, quasi ein Most-Wanted-AdventschnĂ€ppchen. Und frieren muss auch niemand. Die Zielperson ist in einem hĂŒbschen Hotel abgestiegen. Aber es eilt halt a bisserl.“

„Warum? Ist es ein Stundenhotel?“ »Leider nein.«

Tommys Fahndungsblockade ist nicht nur urlaubsbedingt, sondern auch saisonal erklĂ€rbar. Ein Jahr des Verbrechens neigt sich zu Ende, er ist der Mörder und Mörderinnen mĂŒde. Und die Weihnachtsfeiern geben ihm den Rest. Sie wurden vom Teufel erfunden. Weihnachtsfeier beim BKA mit seinen Zielfahndern, Weihnachtsfeier bei der Kripo und den Ex-Kollegen, Weihnachtsfeier in Freundes- und Familienkreisen, Weihnachtsfeier hier und Weihnachtsfeier da. Und jedes Mal lĂ€sst es Tommy weihnachten, als ob es kein Morgen gĂ€be. Zu Recht. Es gibt ihn nicht. Morgen hat frei. Eigentlich. Es finden sich gewiss noch mehr „Eigentlich“ in Tommys Leben, und Andi steuert gleich noch eins bei. Ob Stundenoder Grandhotel sei doch eigentlich ganz egal. Wenn Betten reden könnten, hĂ€tten sie in beiden Etablissements viel zu erzĂ€hlen.

Gesucht wird eine Blondine im Grandhotel, die ihren Mann betrog, obwohl der Geliebte nicht nur hĂ€sslicher, sondern auch Ă€rmer war als der Gatte. Vielleicht hatte er ein HĂ€ndchen fĂŒr Frauen, ganz sicher aber eins fĂŒr Sprengstoffe. Die romantischen Aspekte der AffĂ€re hatten sich bald erschöpft, die geschĂ€ftlichen nicht, denn die Blondine entschloss sich, 400’ 000 Dollar in seine Talente zu investieren. Das fĂŒhrte dazu, dass an einem Novembertag, der aber in einem Kaktusstaat wie Arizona durchaus noch ein sonniger war, sich der ImmobilienhĂ€ndler Gary Triano vor dem Golfclub La Palo in seinen blauen Lincoln setzte und auf dem Beifahrersitz ein Zigarrenkistchen fand, das dort vorher nicht gelegen hatte. Der MillionĂ€r sah darin keinen Grund zur Sorge. Sein Wagen war nie verschlossen. Und er hatte Geburtstag. Ein Geschenk lag da, ganz klar, und als er es öffnete, machte es bumm. Abgesehen davon, dass Gary Triano im Alter von 52 Jahren natĂŒrlich zu frĂŒh aus dem Leben gerissen wurde, handelte es sich hier um einen gnĂ€digen Tod. Ohne Vorwarnung, ohne Vorahnung, ohne Ängste und sofort final, das heißt auch ohne

„Das Letzte, was Gary Triano in seinem glĂŒcklichen Leben sah, war das Kistchen seiner Lieblings-Havannas aus Kuba.“

Schmerzen, die lĂ€nger als den Bruchteil einer Sekunde wĂ€hrten, selbst fĂŒrs Erschrecken blieb keine Zeit, und das Letzte, was Gary Triano in seinem glĂŒcklichen Leben sah, war das Kistchen seiner Lieblings-Havannas aus Kuba.

Gesucht wird also eine US-Blondine, die ihrem Mann zum Geburtstag eine Autobombe geschenkt hat und seine Millionen seit dem fĂŒr StĂ€dtereisen durch Europa ausgibt. Und natĂŒrlich liebt sie Wien. Tommy kann das nachvollziehen. Wien ist zwar fĂŒr blonde MillionĂ€rinnen zu jeder Zeit zu jedem Scheiß bereit, aber wenn die Zwei-PS-Kutschen durch eine Art urbanen Lebkuchen traben und sich rote BĂ€ckchen unter PelzmĂŒtzen auf die Eisbahn wagen, ist die Stadt fĂŒr Adventsjunkies die erste Wahl. Adresse: egal. Hauptsache, fĂŒnf Sterne.

Der Klavierspieler vom Dienst rollt aus der Bar einen akustischen Teppichboden in die Lobby aus, ein KoffertrĂ€ger schleppt seinen FranzJosef-Bart rein und raus, Touristinnen in allen Farben und GrĂ¶ĂŸen balancieren ihre Champagnerlaune auf den AbsĂ€tzen ihrer Stiefel und Stiefeletten in Richtung Kokaintoiletten, und uniformierte, fast möchte man sagen kostĂŒmierte Rezeptionisten rĂŒcken sofort mit der Zimmernummer und dem ZweitschlĂŒssel von unkoscheren GĂ€sten raus, wenn die Polizei sie darum bittet.

Sie tun’s aber auch, wenn das nicht als Bitte, sondern als Befehl vorgetragen wird, denn die Diskretion der Direktion wandelt sich bei ausbleibender Kooperation umgehend in die strafbare Behinderung einer Bundesbehörde. Noch dazu weiß die Gesuchte nicht, dass sie gesucht wird. Das FBI hat zehn Jahre lang nicht herausgefunden, wer die Auftraggeberin fĂŒr den Mord gewesen ist. Dass es ihnen im elften Jahr gelingen wird, wĂŒrde die Blondine leider erst erfahren, wenn Tommy durch ihre TĂŒre gestĂŒrmt ist.

Andi behĂ€lt also recht. Das Ganze wird ein Spaziergang vorbei an Seidentapeten, SamtvorhĂ€ngen und ÖlgemĂ€lden, die das Abschlachten von Rotwild romantisieren, ein Mahagoni-Fahrstuhl bringt sie nach oben, wo es nicht anders als unten aussieht, und vor dem Fluchtgemach holt Tommy endlich seine Pistole aus dem Hosenbund und Andi den Pfefferspray, denn nicht jede kritische Situation erlaubt dasSchießen.

Die Wahl der Waffe war einer ihrer ewigen ZankĂ€pfel, bis sie sich entschlossen, ihren Streit durch MĂŒnzenwerfen zu schlichten.

Kopf fĂŒr Knarre, Zahl fĂŒr Spray, und Andi verliert diesmal.

Er schĂŒttelt die Dose, damit sich das Reizgas im Wasser verteilen kann, tut er es nicht, entfaltet diese Waffe die Wirkungskraft einer Wasserpistole. Auch wichtig: Man steht bei all diesen AktivitĂ€ten immer neben der TĂŒr, nicht davor, so kann der Kriminelle sein Schicksal weder durch den TĂŒrspion erblicken noch ihm eine Kugel durchs Holz entgegenschicken. Auch geöffnet wird die TĂŒr von der Seite her, und der Rest ist ein beherzter Sturmangriff. Je ĂŒberraschender und erschreckender der Zugriff verlĂ€uft, desto eingeschĂŒchterter reagiert die Zielperson. Aber in diesem Fall nĂŒtzt es leider nichts, denn ein leeres Zimmer erschrickt sich nicht.

„Verflucht sei das Geld, wenn es sein Versprechen nicht hĂ€lt. Reichtum durch Autobombe.“

Die Zielfahnder sehen sich an, wie es MĂ€nner gerne tun, wenn aus einem Spaziergang doch noch eine Jagd werden kann. Haben ihre Instinkte die Zielperson gewarnt, hat sie die Gefahr gespĂŒrt, ist sie im letzten Moment ĂŒber alle Berge getĂŒrmt, oder ist sie eh in der Bar, wie wenig spĂ€ter der Rezeptionist annimmt?

Das Hotel verlassen habe sie jedenfalls nicht, das hĂ€tte er gesehen, zumindest was den Hauptausgang betreffe. Die HintertĂŒren habe er natĂŒrlich nicht im Blick, aber die Dame wohne nun schon ein paar Tage bei ihnen, man kenne sich ein bisschen. Dieser Kenntnisstand lasse in ihm die Hoffnung walten, die Herren nicht ein zweites Mal ins Leere laufen zu lassen, denn zu dieser Stunde nehme die besagte Amerikanerin gern einen betreuten Ladydrink. Und wenn sie schon dabei seien, könnten sie auch gern den Barpianisten verhaften. Der habe es immer verdient.

In der Bar probiert der Pianist weniger verboten wie angekĂŒndigt eine Jazzmeditation, die umgehend zur Wolkesieben wird, wenn man sie mit gepflegten Alkoholika kombiniert. Er spielt mit mehr Talent, als er praktisch umsetzen kann. Seine Finger halten mit seiner MusikalitĂ€t nicht Schritt. Das gibt seinem Anschlag etwas zu viel Wut und seinen Melodien zu viel Wehmut, aber er ist trotzdem nicht schlecht und außerdem ein Gesamtkunstwerk. Von den Budapester Schuhen bis zum kurz gestutzten Silberbart passt jedes seiner Details in das Design, als wĂ€re er in die Bar hineingemalt, nur die Blondine fehlt in dem Bild.

Wo ist sie dann? Vielleicht bei dem jungen Mann, mit dem sie reingekommen und vor etwa zehn Minuten auch wieder rausgegangen ist, verrĂ€t der Barkeeper auf Verlangen. Und weil der Gast die Rechnung anschreiben ließ, hat er auch seine Zimmernummer parat.

Wieder schwebt mit ihnen ein Edelholzfahrstuhl der Zielperson entgegen, wieder mĂŒssen sie ĂŒber (sieben?) TeppichbrĂŒcken gehen, wieder öffnet ein ZweitschlĂŒssel die TĂŒr zum eigentlich Privaten, wieder fliegt sie auf, als hĂ€tte man sie nicht geöffnet, sondern eingetreten, und wieder stĂŒrzen sie herein, einer mit der Pistole, der andere mit Pfefferspray in der Hand, doch dieses Mal lohnt sich die Show.

Die Blondine hat sich zwar noch nicht ausgezogen, aber sie kuschelt schon. Und macht auch im Folgenden keinerlei Zicken, im Gegenteil, sie ist ĂŒberkooperativ und flirtet heftig mit Tommy wĂ€hrend der Verhaftung. Auf seine Handschellen reagiert sie, als sei’s ein Liebesspiel.

Hat die Blondine einen Schuss? Weiß sie nicht, was sie erwartet? Glaubt sie, dass Österreich niemanden in die USA ausliefert, dem die Todesstrafe blĂŒht? Damit hĂ€tte sie sogar recht, aber wenn die Amerikaner garantieren, dass die Todesstrafe in lebenslĂ€nglich umgewandelt wird, stimmt es nicht mehr. Verflucht sei das Geld, wenn es sein Versprechen nicht hĂ€lt. Reichtum durch Autobombe. Hat sie es sich so vorgestellt, als K.-u.-k.-Operette, letzter Akt: Grandhotel? Oder leidet die Frau unter Gefallsucht? Alles Spekulationen, gewiss, aber natĂŒrlich fragt sich Tommy, warum sie auch wĂ€hrend der erkennungsdienstlichen Behand-

„Schönheit ist Karma, sagt der Hinduismus, und zwar gutes. Wer im vorherigen Leben Gutes getan hat, wird schön wiedergeboren, und schöner noch, wenn er viel Gutes tat.“

lung fĂŒr den Polizeifotografen posiert, als ginge es nicht um die Verbrecherkartei, sondern um ein Cover der Vogue. Der Fotograf sagt ihr mehrmals, sie solle ernster gucken, aber fĂŒr die Blondine ist es fast unmöglich, in eine Kamera zu sehen und dabei nicht zu lĂ€cheln.

Nur wenig spĂ€ter steht Tommy wieder auf dem Weihnachtsmarkt zwischen all den roten BĂ€ckchen und zu Boden taumelnden Schneeflöckchen, diesmal aber trinkt er den wirkungsmĂ€chtigen Wiener GlĂŒhwein nicht allein. Sein Kollege will ebenfalls recht bald besoffen sein.

„Bei Mörderinnen hast du echt einen Schlag“, sagt Andi,

„das war nun schon die zweite in nur einer Woche, die sich widerstandslos ergab, weil sie dich so schön fand.“

„Ich bin nicht schön.“

„Hat sie aber gesagt.“

„Und ich geb dir einen Rat. Glaub nie einer Blondine.“

„Die RumĂ€nin neulich war aber eine BrĂŒnette.«

Tommy reagiert entweder ein wenig irritiert oder ein wenig geziert auf das Thema und wird nun professoral.

„Hör zu, Andi, Schönheit ist schon mal generell kein Attribut, das einem Mann gut steht. Die Attraktion des Testosterons auf das andere Hormon hat mit Humor, Charisma, Mut und Intelligenz zu tun.“

„Und mit Geld.“

„Geld und Geist. Das eine gibt ihnen die Sicherheit, das andere die gute Unterhaltung.“

Bullenmund tut Wahrheit kund. Die ÜberschĂ€tzung der Sicherheit gilt in Frauenkreisen als ein Fluch der Evolution. Ein Geschlecht fĂŒrs Kinderkriegen, eins fĂŒr den Kampf. Eins fĂŒrs FĂŒttern, eins fĂŒrs Jagen, eins fĂŒrs Geldausgeben, eins fĂŒrs Zahlen. Mittlerweile gibt es Vaterschaftsurlaub und Frauenquote, aber Steinzeit bleibt Steinzeit, wenn die Wahl zwischen SelbststĂ€ndigkeit oder Sicherheit ansteht.

Irren tut sich Tommy dagegen, was die Wirkung von schönen Polizisten auf blonde Mörderinnen angeht, auch auf brĂŒnette, und selbst auf Frauen, die nicht morden, also auf alle. Aber mit diesem Irrtum ist er nicht allein. Schönheit wird generell unterschĂ€tzt, weil sie als oberflĂ€chlich gilt, aber die der MĂ€nner wird zusĂ€tzlich noch diskriminiert und als unmĂ€nnlich diffamiert. Bei Frauen spricht man von einer Schönheit. Bei MĂ€nnern von einem Schönling. Schwul, schwach, eitel, unzuverlĂ€ssig, all das schwingt dabei mit, und all das ist natĂŒrlich grober Unfug.

Denn was ist Schönheit?

Schönheit ist Karma, sagt der Hinduismus, und zwar gutes. Wer im vorherigen Leben Gutes getan hat, wird schön wiedergeboren, und schöner noch, wenn er viel Gutes tat. Ein Mensch, der sein letztes Leben quasi als Heiliger verließ, reinkarniert bildschön beim nĂ€chsten Mal.

Was sagen die Christen? Schönheit ist ein Gottesgeschenk.

Was sagt Coco Chanel? Ab vierzig ist der Mensch fĂŒr sein Gesicht selbst verantwortlich.

Und die Soziologen sagen, Schönheit ist das harmonische Miteinander des MittelmĂ€ĂŸigen. Wenn nichts zu groß oder zu klein ist, zu eckig oder zu rund, weder die Nase noch die Ohren, weder die Augen noch der Mund, spricht man von einem anmutigen Antlitz, und wenn nicht, von einem Charaktergesicht. Warum? Hat Schönheit keinen Charakter? Nicht zwingend.

Geld muss sie auch nicht haben und die Personalunion von Schönheit und Geist ist genauso wenig vorprogrammiert. Die Schönheit der MÀnner bringt den Frauen also weder Sicherheit noch ein Lachen. Aber sie schenkt ihnen TrÀume.

Und wenn dann, ob mit oder ohne Pistole, so ein Traumbulle plötzlich vor ihnen steht, versagt bei den kriminellen wie bei den nichtkriminellen Frauen auch schon einmal der Fluchtinstinkt.

Als Zielfahnder ist ihm das von Nutzen, als Privatmann leider nicht. DafĂŒr ist Tommy zu treu. Nicht unbedingt freiwillig, er muss es sein, weil er seine Frau nicht anlĂŒgen kann, ohne dass sie es sofort mitbekommt. Sie ist Gruppenleiterin der Wiener Mordkommission und hat es dort nur mit LĂŒgnern zu tun.

EINER KRIEGT SIE ALLE

„Das Böse ist immer und ĂŒberall“, sagte einst ein großer österreichischer Denker. Deswegen ist das Böse aber nicht unbedingt einfacher zu finden. Tommy tut es trotzdem. Als Zielfahnder jagte der Wiener Hunderte FlĂŒchtige bis in die entlegensten Ecken der Welt. Die spektakulĂ€rsten FĂ€lle hat Autor Helge Timmerberg in einem neuen Buch verewigt. Die LektĂŒre ist spannender als ein „Tatort“, bei dem sich Hitchcock und Tarantino die Regie teilen, und vermittelt interessante Einblicke in die internationale Strafverfolgung.

Helge Timmerberg, „Einer kriegt sie alle“, ecoWing, ca. 33.–, beneventopublishing.com

Materialien, Farben und Formen ausgetobt wird, desto schöner wird die Welt.

Übersicht ĂŒber Finalisten und Gewinner wird klar: Je mehr sich mit

ArchitektIn. Sie haben es schließlich in der Hand, wie unsere Umgebung aussieht. Um das zu feiern, werden die tollsten Bauten jĂ€hrlich an den A+Awards von Architize r geehrt. Da geht es aber nicht nur um Ästhetik und KreativitĂ€t, sondern auch darum, wer Probleme wie fehlenden Wohnraum und Umweltbelastung am elegantesten löst. Nach einer

Die wichtigsten Berufe fangen mit A an: ÄrztIn, AnwĂ€ltIn –und natĂŒrlich

HOUSE OF COURTYARDS BY STUDIO VDGA Popular Choice Winner, Architecture + Photography and Video In Dubai residiert man exklusiv. Das fĂŒhrt dazu, dass FotografInnen das Exterieur festhalten wollen. Wenn es dafĂŒr einen Architizer Award gibt, warum nicht? Ganz dem Namen treu stehen in diesem Wohnhaus lichtdurchflutete Innenhöfe im Mittelpunkt, so dass es einen fließenden Übergang zwischen Drinnen und Draußen gibt.

CONCRETE MONUMENTAL

Meerblick seinen Koffeinkick.

diesem weitlÀufigen Bauwerk komplett, das in Zusammenarbeit mit Nana Coffee Roasters entstanden ist. Man braucht eben auch bei

es an nichts. Doch das Strandparadies Chonburi ist erst jetzt mit

Man könnte meinen, in einem beliebten Stranddorf in Thailand fehlt

Jury Winner and Popular Choice Winner, Restaurants

HARUDOT CHONBURI BY IDIN ARCHITECTS

Durell Stone entworfene Monument seinen Ikonenstatus. Aber auch Legenden kommen in die Jahre, und so musste letztes Jahr mehr als nur ein Neuanstrich her: Die Umgestaltung beinhaltet unter anderem einen versunkenen Garten mit eigens dafĂŒr angefertigter Skulptur.

Jury Winner and Popular Choice Winner, Commercial Renovations and Additions Ein legendÀres GebÀude umzugestalten, ist immer riskant. Seit seiner Fertigstellung 1962 genoss das vom Meisterarchitekten Edward

WILSHIRE BLVD BY MONTALBA

ARCHITECTS

9720

Popular Choice Winner, Multi Unit Housing, High Rise 188 Wohnungen, 33 Stockwerke –da entsteht ein ganz eigenes Universum zwischen dem Beton. Die Form des gigantischen Wohnturms ist inspiriert vom in Brisbane heimischen Feigenbaum. Mit Wellnessbereich, Kino und Weinbar inklusive brauchen die Bewohnenden ihren Mikrokosmos kaum mehr zu verlassen.

UPPER HOUSE BY KOICHI

ARCHITECTS

nun ein brodelnder Filmund Community-Impact Campus. Adaptive Arbeitsund BesprechungsrÀume sowie ein Café laden dazu ein, den ganzen Tag im sonnengelben Bau zu verbringen.

wohl gut, denn was einst ein verstaubter BĂŒrokomplex war, ist

Grelle Farben im sonst so monochromen Berlin? Das tut der KreativitÀt

Finalist, Architecture + Color

BY MVRDV

Jury Winner, Architecture + Environment FrĂŒher wurde im norwegischen Steigen Kohle gelagert. Heute erinnert einzig die pechschwarze Holzverkleidung der zwei futuristischen Bauten daran. Mit Solarpanels und den schrĂ€gen WĂ€nden sind die Kreationen energieunabhĂ€ngig. Mindestens so beeindruckend: der Blick aufs Meer und mit etwas GlĂŒck die Sicht auf die Nordlichter.

TWO TOWERS AT MANSHAUSEN BY SNORRE STINESSEN

ARCHITECTURE

THE REFINERY AT DOMINO BY PAU Jury Winner and Popular Choice Winner, Commercial Adaptive Reuse Projects Ein etwas anderer New-York-Skyscraper: Mitten im brodelnden Brooklyn wurde in diesem monumentalen Bau einst Zucker hergestellt. Zeiten Ă€ndern sich. Obwohl der Zuckerkonsum seit dem 19. Jahrhundert rapide angestiegen ist, wird das sĂŒĂŸe Gold nicht mehr im backsteinfarbenen GebĂ€ude hergestellt. DafĂŒr hausen nach zahlreichen Umbauten nun kreative BĂŒroangestellte darin. ©

Aus eckigen Ziegelsteinen etwas so weich fließendes zu kreieren wie diese spiralförmige Bibliothek im lĂ€ndlichen China verdient allewei l

Jury Winner, Architecture + Brick

BRICK SHELL CONCEPT LIBRARY BY HCCH STUDIO

TWISTED

einen Award. Im Innern der etwa zehn Meter breiten Muschel lÀsst sich wunderbar abgeschieden von der Welt lesen, wÀhrend dank geschick t konzipierter Struktur Tageslicht von oben hinein strahlt.. ©

ARCHITECTS Popular Choice Winner, Architecture + Adaptive Reuses Alt und neu vermischen ist immer eine gute Idee. Zwei HĂ€uschen aus den Dreißigerjahren werden von einem hochmodernen, einseitig verglasten Korridor verbunden. Das gesamte Projekt ist als Teehaus fĂŒr TouristInnen gedacht. Die fabelhafte Aussicht wird Einheimische wohl ebenso anlocken.

LAKESIDE TEAHOUSE BY DOMAIN

CANVAS HOUSE BY PARTISANS Jury Winner, Architecture + Facades Durchschnittliche rote Ziegel? Kennt man. Wie wĂ€r’s mal mit Kurven und Muster in den sonst so starren Steinschichten? Was von außen so sehr hypnotisiert, ist nicht einfach ein Wohnhaus, sondern –wie der Name suggeriert –auch Heimat einer kontemporĂ€ren Kunstsammlung.

© DOUBLESPACE PHOTOGRAPHY

TIMELESS

WHERE HISTORY LIVES

Schmal, eng, dafĂŒr umso gemĂŒtlicher: Hier kann sich ein Dinner gerne in die LĂ€nge ziehen.

In

Amsterdam vergisst

man dank den historischen GebĂ€uden mit Charme nie, dass man gerade durch eine geschichtstrĂ€chtige Stadt spaziert. Das heißt

aber nicht, dass moderne Ideen keinen Platz haben: Das Conservatorium Hotel ist die perfekte Symbiose aus alt und neu.

Text: Julia Gelau

Fotos: Conservatorium Hotel

Mitten im pulsierenden Herzen Amsterdams, umgeben von kulturellen SchĂ€tzen wie dem Van-Gogh-Museum und dem Rijksmuseum, liegt das Conservatorium Hotel – ein Ort, der auf faszinierende Weise Vergangenheit und Moderne vereint. UrsprĂŒnglich als Sitz der Rijkspostspaarbank von Daniel Knuttel entworfen und spĂ€ter als Konservatorium genutzt, hat das historische GebĂ€ude eine beeindruckende Transformation durchlebt. 2008 hauchte der renommierte Designer Piero Lissoni dem Bauwerk neues Leben ein und schuf ein Hotel, das Eleganz und ModernitĂ€t verkörpert, ohne seine Wurzeln zu vergessen. Heute ist das Conservatorium ein Treffpunkt fĂŒr Reisende, die nicht nur auf der Suche nach Luxus sind, sondern auch nach einem Ort, der Geschichten erzĂ€hlt.

Bereits beim Betreten des Hotels spĂŒrt man den Dialog zwischen Tradition und Gegenwart. Im Eingangsbereich hĂ€ngen Violinen, die an die musikalische Vergangenheit des Hauses erinnern, wĂ€hrend die Brasserie im lichtdurchfluteten Innenhof mit raumhohen Fenstern zeitgenössische Architektur perfekt inszeniert. Besonders eindrucksvoll sind die Signature Suiten – jede davon ein Unikat. Die „Concerto Suite“ greift die musikalische Geschichte auf, wĂ€hrend die „I love Amsterdam Suite“ mit ihrer spektakulĂ€ren Dachterrasse den Blick auf die Stadt feiert. DesignliebhaberInnen werden auch die Penthouse Suite schĂ€tzen, in der neugotische Details auf modernes Interieur treffen.

VOM FINE DINING INS SPA UND ZURÜCK

Das kulinarische Angebot des Hotels ist ebenso vielfĂ€ltig wie die Stadt selbst. Im preisgekrönten Restaurant Taiko, geleitet von Schilo van Coevorden, treffen Aromen aus Fernost auf niederlĂ€ndische KreativitĂ€t. Hier werden traditionelle asiatische Gerichte wie Wagyu-Entrecote oder Sushi neu interpretiert und mit Raffinesse prĂ€sentiert. Wer mediterrane KĂŒche bevorzugt, sollte das Barbounia besuchen. Inspiriert von Griechenland, Italien und SĂŒdfrankreich ist das Restaurant eine Hommage an die Leichtigkeit der Mittelmeerregion. Das Signature-Gericht, eine frittierte Rotbarbe mit Tahini-Sauce, ist nur eines von vielen Highlights, die hier serviert werden.

FĂŒr alle, die Ruhe suchen, bietet das Akasha Holistic Wellbeing Spa den perfekten RĂŒckzugsort. Ob in den BehandlungsrĂ€umen, im Pool oder in der Sauna – hier steht das Wohlbefinden im Mittelpunkt. Massagen und Treatments, wie die „Seven Chakra Experience“, sorgen fĂŒr Tiefenentspannung. Ein besonderes Highlight ist die Therabody-Technologie, die durch gezielte perkussive Therapie Verspannungen löst und das Spa-Erlebnis auf ein neues Level hebt.

MĂŒsste man die harmonische Verschmelzung von Tradition und moderner Architektur in einem Bild zusammenfassen, wĂ€re es dieses hier.

CONSERVATORIUM HOTEL AMSTERDAM

Dieses Hotel ist mehr als nur ein Ort zum Übernachten. Es ist ein Symbol der Verschmelzung von niederlĂ€ndischer Geschichte, internationalem Design und moderner Gastfreundschaft. FĂŒr Reisende, die eine luxuriöse Erfahrung inmitten der kulturellen SchĂ€tze Amsterdams suchen, bietet das Conservatorium ein unvergleichliches Erlebnis –eine harmonische Balance zwischen Tradition, Innovation und dem „Joie de Vivre“, dem Sinn fĂŒr Lebensfreude, der die Philosophie der The Set Collection prĂ€gt.

Conservatorium

Paulus Potterstraat 50 1071 DB Amsterdam Netherlands reservation@thesetcollection.com www.conservatoriumhotel.com @conservatoriumhotel

Mal historisch, mal ultramodern: Im Conservatorium Hotel geht beides.

MULTITALENT

Austin Augie macht alles spannend und kreativ – auch SelbstportrĂ€ts.

Mal flitzt er auf dem BMX durch die Stadt, mal filmt er einen Dokumentarfilm ĂŒber das Leben bei den Amischen, und eigentlich war er einmal Model: Austin Aughinbaugh, dem Internet besser bekannt als Austin Augie, lĂ€sst sich nicht so einfach in eine Kategorie stecken. Auf seinem YouTube-Kanal hĂ€lt er sein Leben seit Jahren fest. Aus den Alltagsvideos sind kĂŒnstlerische Dokumentarfilme geworden, die man eigentlich auf der großen Leinwand anschauen mĂŒsste.

Fotos: Austin Augie
Back to the past: Austin lebte eine Weile bei dem Amischen.

Homebase: In New York brodelt die KreativitÀt. Klar, hat der

Fotograf dort sein Studio.

Zeitlos und wie ein GemÀlde komponiert.

The Amish life, the simple life.

–

Ein stiller Beobachter sammelt Alltagsmomente.

Gemeinschaft
ein SchlĂŒsselwort in Austin Augies Arbeit.

Immer wieder zieht es den Amerikaner nach Indien, wo er mitten in das bunte Treiben eintaucht – natĂŒrlich nie ohne Kamera.

SELF SEEKING

Mitten in seinem hektischen, von KreativitĂ€t getriebenen Alltag fand Austin Augie die Zeit, sich unseren Fragen zu stellen. Er verriet uns, warum er sich nie als „Vlogger“ sah, obwohl er sein Leben auf YouTube teilt, welche seine liebste Kunstform ist und warum er der Modeindustrie den RĂŒcken gekehrt hat.

Der BMX-Profi in seinem Element.

FACES: In deinen AnfĂ€ngen kannte man dich als YouTuber und BMX-Profi. Dann folgte ein Exkurs in die Modewelt und jetzt arbeitest du als Fotograf und Filmemacher. Wie wĂŒrdest du dich jemandem vorstellen, der noch nichts ĂŒber dich weiß?

Austin Augie: Als ich hauptberuflich auf YouTube unterwegs war, habe ich mich lustigerweise nie als YouTuber gesehen, sondern eher als BMX-Profi. Der Kontrast zwischen diesen beiden IdentitĂ€ten hat mich immer amĂŒsiert. Obwohl ich so viel Zeit auf YouTube verbracht habe, lag mein eigentlicher Ehrgeiz immer im Filmemachen und darin, die Kunst der Dokumentation zu erlernen. Meine Zeit als Model erscheint mir wie ein weit zurĂŒckliegendes Kapitel in meinem Leben. Es war in erster Linie ein Weg, um ĂŒber die Runden zu kommen. Leidenschaft war nicht wirklich Teil davon. Aber die Erfahrung war wertvoll und hat mich einiges gelehrt. Wenn mich jetzt jemand fragt, wĂŒrde ich mich als Augie vorstellen, ein Chronist, der das Leben in Form von Filmen und Fotografien festhĂ€lt. Ich konzentriere mich darauf, die unzĂ€hligen Geschichten einzufangen, die sich durch alle Bereiche des Lebens ziehen.

F: Wie verlief der Übergang vom BMX-ing, YouTube, zum Modeln und zur Fotografie? Gab es da Überschneidungen?

AA: Ich wĂŒrde sagen, dass sie alle miteinander verwoben sind. BMX zum Beispiel war schon immer ein Teil von mir und wird es auch weiterhin sein. Das Reisen mit dem alleinigen Ziel, mit dem BMX herumzufahren und die Welt zu erkunden, war eine außergewöhnliche Erfahrung. Es hat mir die Augen fĂŒr andere Perspektiven geöffnet und mir eine UnverwĂŒstlichkeit eingeflĂ¶ĂŸt, die bis heute anhĂ€lt. Was das Vlogging angeht, so gefĂ€llt mir der Begriff zwar nicht, aber meine Zeit bei YouTube hat mich hinter der Linse gehalten, wo ich mir Komposition und GeschichtenerzĂ€hlen beigebracht habe.

F: Und welche Art von Arbeit machst du am liebsten? Wie verbringst du heutzutage die meiste Zeit?

AA: Mein Tagesablauf variiert je nachdem, wo ich bin und was ich tue. In New York verbringe ich meine Tage im Studio – ich fotografiere, male und arbeite an neuen Ideen. Freie Zeit verbringe ich am liebsten mit Kanufahren und Tischtennis. Und wenn ich auf Reisen bin, liegt mein Hauptaugenmerk auf der Dokumentation der Erlebnisse.

F: Du gibst auf YouTube viel ĂŒber dein Privatleben preis. Hast du es jemals bereut, so offen zu sein, oder fĂŒhlt es sich kathartisch an?

AA: Das ist eine gute Frage. YouTube war fĂŒr mich einerseits ein Fels in der Brandung, andererseits auf eine Weise trotzdem schwierig, die viele Leute vielleicht nicht ganz verstehen. Ich teile mein Leben, weil ich glaube, dass die AuthentizitĂ€t des Lebens es verdient, geteilt zu werden, und dass sogar das AlltĂ€gliche schön sein und zum Nachdenken anregen kann. Mein Leben auf YouTube preiszugeben, brachte jedoch zu Beginn meiner Karriere eine Reihe von Herausforderungen mit sich.

F: Wer oder was hat dich dazu inspiriert, dein Leben auf Video festzuhalten – zu „vloggen“?

AA: Das Wort „Vlog“ mochte ich wirklich noch nie – „Videolog“ oder „Videotagebuch“ klingen fĂŒr mich ein bisschen besser. Ich habe damals Casey Neistats YouTube-Kanal entdeckt und seine Art und Weise, wie er Geschichten aus dem alltĂ€glichen Leben aufzeichnete, hat mich inspiriert. Zur selben Zeit zog ich gerade von Kalifornien nach New York, um eine BMX- und Modelkarriere zu starten. Ich dachte, meine Reise zu dokumentieren wĂ€re eine gute Möglichkeit, mich hinter der Linse zurechtzufinden. Ich ahnte jedoch nicht, wie anstrengend das Ganze sein wĂŒrde, sowohl geistig als auch körperlich.

F: Schaust du dir viel an auf YouTube? Wie hat sich die Plattform in den letzten Jahren verÀndert?

AA: Außer Live-Performances schaue ich mir nicht mehr allzu viel an. Allerdings lade ich recht hĂ€ufig Videos

In den Straßen von New York tummeln sich unendlich viele Geschichten.
Wo etwas los ist, da sind auch Austin Augie und seine Kamera.

hoch. In letzter Zeit habe ich mich darauf konzentriert, mehr kĂŒnstlerische VideotagebĂŒcher zu erstellen. Es ist auf jeden Fall schwieriger geworden, Aufmerksamkeit zu erlangen.

F: Kannst du uns mehr ĂŒber deine Erfahrungen als Model erzĂ€hlen? Was gefĂ€llt dir an der Modeindustrie und wie hast du dir einen Weg in die Branche gebahnt?

AA: Anfangs war es eine unglaubliche Erfahrung – und das Geld war großartig. Mit der Zeit wurde ich jedoch von der unterschwelligen Eitelkeit und SelbstgefĂ€lligkeit, die die Szene zu durchdringen schienen, desillusioniert. Meine Leidenschaft fĂŒr Kunst und Mode war schon immer sehr ausgeprĂ€gt, aber ich habe eine beunruhigende VerĂ€nderung in der Branche festgestellt. Was sich einst wie eine lebendige Feier der KreativitĂ€t anfĂŒhlte, stellt heute zunehmend den Profit ĂŒber den echten kĂŒnstlerischen Ausdruck. Mein Einstieg in diese Welt war ganz einfach: Ich ging zu einem Casting, bekam einen großen Job und nutzte dann die Gelegenheit, um mir einen anderen Agenten in New York zu sichern.

F: Mit welchen Modemarken hast du am liebsten zusammengearbeitet?

AA: Michael Kors hat mich am besten bezahlt und mich um die Welt gebracht, das war unglaublich. Ich schÀtze jedoch alle Erfahrungen, die ich gemacht habe, auch wenn viele davon in erster Linie von finanziellen Motiven angetrieben waren.

F: Wie wĂŒrdest du deinen persönlichen Stil beschreiben? Spielt Mode eine große Rolle in deinem Alltag?

AA: Mein persönlicher Stil ist stark von meinen Reisen und Erfahrungen auf der ganzen Welt beeinflusst. Ich bevorzuge Schlichtheit und vermeide, wenn möglich, Logos. Mein Stil spielt eigentlich keine große Rolle in meinem Leben, aber es ist mir trotzdem wichtig, wie ich mich in der Öffentlichkeit prĂ€sentiere.

F: In einem deiner aktuellen Dokumentarfilmen hast du

„Soziale Medien können ein echter mind killer sein.“

einige Wochen lang bei einer amischen Familie gelebt. Wie kam es dazu, und was waren die wichtigsten Erfahrungen, die du aus dieser Zeit mitgenommen hast?

AA: Die Familie kenne ich schon seit Jahren. Als ich 13 war, lebte ich bereits einmal fĂŒr drei Monate bei ihnen. FĂŒr den Dokumentarfilm habe ich einen Monat bei ihnen verbracht. Ich musste im Oktober letzten Jahres den Verlust meines Stiefvaters verkraften. Er war einer der wichtigsten Menschen in meinem Leben. Dann ging die Beziehung zu meiner Freundin in die BrĂŒche. WĂ€hrend dieser Zeit gerieten mein Alkohol- und Drogenkonsum außer Kontrolle, und ich wusste, dass ich einen Neustart brauchte. Ich nannte es „Amish Rehab“, aber es stellte sich heraus, dass es so viel mehr als das war. Zum ersten Mal begann ich, mich wirklich auf die Selbstliebe zu konzentrieren. Diese Reise hat mich dorthin gebracht, wo ich heute bin.

F: WĂŒrdest du etwas Ähnliches noch einmal machen? In welche anderen Kulturen wĂŒrdest du gerne einmal eintauchen?

AA: Ich arbeite tatsĂ€chlich an einer Serie, in der ich fĂŒr lĂ€ngere Zeit in verschiedene Kulturen eintauche. Mein Ziel ist es, eine tiefere Perspektive und ein besseres VerstĂ€ndnis fĂŒr Kulturen zu erlangen, mit denen ich nicht vertraut bin. Indem ich diese Kulturen aus nĂ€chster NĂ€he erlebe und erforsche, hoffe ich, Einblicke und Geschichten zu entdecken, die ĂŒber oberflĂ€chliche Beobachtungen hinausgehen. Derzeit interessieren mich RumĂ€nien und Afrika.

F: Wo auf der Welt fĂŒhlst du dich am meisten zuhause?

AA: Am wohlsten fĂŒhle ich mich in meinem Studio mit meinem Hund, Tonka Truck. Im Sommer bemĂŒhte ich mich, fĂŒr einmal an Ort und Stelle zu bleiben und nicht zu reisen, wie ich es normalerweise tue, damit ich mehr Zeit mit ihm verbringen und diese wirklich genießen kann.

F: Du bist auch ein begeisterter Straßenfotograf. Welches

ist der beste Ort fĂŒr Straßenfotografie?

AA: Es ist schon komisch – frĂŒher habe ich die Straßenfotografie geliebt, aber da ich mich als KĂŒnstler weiterentwickelt habe, ziehe ich es jetzt vor, die Straßen zu dokumentieren, anstatt aktiv nach Bildern zu suchen. Ich glaube, viele FotografInnen sind wie Geparden auf der Jagd nach der perfekten Aufnahme, wĂ€hrend ich mehr Wert darauf lege, in die Szenen um mich herum einzutauchen und die Bilder natĂŒrlich entstehen zu lassen. Ich liebe es, in New York zu fotografieren, aber Indien ist wahrscheinlich das ultimative Foto-Mekka.

F: Du scheinst ununterbrochen unterwegs zu sein. Machst du auch mal Pause? Und was tust du, wenn du gerade nicht an etwas Kreativem arbeitest?

AA: KĂŒrzlich habe ich in mein Tagebuch geschrieben, dass ich es langsamer angehen lassen muss. Als selbstĂ€ndiger KĂŒnstler ist es Fluch und Segen zugleich, dass mein Leben nahtlos in meine Arbeit ĂŒbergeht und wenig Raum fĂŒr Pausen lĂ€sst. Ehrlich gesagt, genieße ich das aber. Ich habe so viel Energie. Und wenn ich dieses kreative Ventil nicht hĂ€tte, wĂŒrde ich mich wahrscheinlich verloren fĂŒhlen. In meinen Pausen schreibe ich normalerweise Musik, spiele Tischtennis oder verbringe den Abend in einer Bar.

F: Und wie schaffst du es, einmal ganz von der Welt abzuschalten?

AA: Ich liebe es, mit meinem Kanu hier in Red Hook, Brooklyn, aufs Wasser hinauszufahren. Ich lehne mich zurĂŒck, beobachte die vorbeifahrenden Boote und verspĂŒre völligen Frieden.

F: Was hÀltst du von den sozialen Medien?

AA: Die können ein echter mind killer sein. Ich wĂŒnsche mir oft, dass ich gar nicht daran teilhaben mĂŒsste, aber leider ist es ein entscheidender Teil meiner Arbeit. Wie bei allem ist die Balance der SchlĂŒssel. Viele Menschen haben Probleme damit, mit sich selbst allein zu

AUSTIN AUGIE

Ihn kann man nicht in nur einem Satz beschreiben: Austin Augie ist Fotograf, Filmemacher, BMX-Profi und hat einen Abstecher in die Modeindustrie hinter sich. Wenn er nicht gerade auf Reisen ist, tĂŒftelt er in seinem Studio in New York an neuen Ideen, beweist bei Fotoshootings sein Talent oder steigt in sein Kanu. Nur eines bleibt immer gleich: Seine Energie und KreativitĂ€t versiegen nie.

austinaugie.nyc, studio.augie.com

sein, was den Umgang mit den sozialen Medien noch schwieriger macht.

F: Ist es manchmal anstrengend, immer neuen Content zu kreieren?

AA: Ich sehe das, was ich tue, nicht wirklich als Content an; ich ziehe es vor, es als das Produzieren von Werken zu betrachten. Einige Arbeiten sind stĂ€rker als andere, aber der Begriff Content passt nicht zu mir. Normalerweise jongliere ich mehrere Projekte gleichzeitig, und wenn eines zu anstrengend wird, schalte ich einen Gang zurĂŒck und komme spĂ€ter darauf zurĂŒck.

F: In welchem Jahrzehnt wĂŒrdest du gerne leben?

AA: Ich fĂŒhle mich zu den Vierziger- und FĂŒnfzigerjahren hingezogen – die Autos, der Stil, die Bildsprache. Möglicherweise spielt aber auch Nostalgie eine große Rolle, denn ich liebe es, wo ich jetzt lebe und wie praktisch alles ist.

F: Was bereitet dir am meisten Sorgen?

AA: Meine grĂ¶ĂŸte Sorge ist Stagnation – an einem Ort zu bleiben, ohne als Person zu wachsen oder aus meinen Fehlern zu lernen. Ich habe Angst, mein Potenzial nicht auszuschöpfen und nicht genug Geld zu verdienen, um die Menschen zu unterstĂŒtzen, die mir wichtig sind.

F: Wie weit in die Zukunft planst du?

AA: Ich konzentriere mich eher darauf, in der Gegenwart zu leben, als mir zu viele Gedanken ĂŒber die Zukunft zu machen. Abgesehen von grĂ¶ĂŸeren Projekten fĂŒhlt sich die Zukunft wie eine Unbekannte an, und ich ziehe es vor, im Hier und Jetzt zu bleiben.

F: Kannst du uns etwas ĂŒber dich verraten, das viele Leute noch nicht wissen?

AA: Ich bin mir nicht sicher, ob es vieles gibt, was die Leute nicht schon ĂŒber mich wissen. AuthentizitĂ€t ist eine meiner grĂ¶ĂŸten StĂ€rken. Das schĂ€tze ich auch bei anderen sehr.

Einfach mal in die Weite schauen und trÀumen.

CÓMO SE DICE?

Text: Ilija Trojanow

Berlin, 1965: Hostessen stehen fĂŒr TouristInnen mit Informationen und FĂŒhrungen bereit. © picture alliance / ZB | Berliner Verlag/Archiv

Muss man vor einer Reise eigentlich die Sprache der Einheimischen lernen? Ein paar Phrasen sollte man sich schon aneignen, um den EinwohnerInnen der gewĂ€hlten Destination Respekt und Offenheit zu zeigen. Da stört auch die völlig falsche Betonung nicht –im Gegenteil, sie sorgt fĂŒr Charme. Und im Notfall gibt es ja noch HĂ€nde und FĂŒĂŸe, um sich zu verstĂ€ndigen.

Wo soll‘s hingehen? TouristInnen holen sich Berlin anno 1972 Rat bei der Touristeninformation. © picture alliance / Caro | Sorge

Irgendwo zwischen Tonka und Timbuktu steuern wir unsere Pinasse ans Ufer und spazieren in ein nahes Dorf. Die Sonne rollt ĂŒber die DĂŒnen davon. Die MĂ€nner des Dorfes sitzen auf Matten im Sand und lauschen –erschöpft nach einem langen Arbeitstag – einem Lehrer, der mit einem Bambusstock auf eine Schiefertafel zeigt. Der Lehrer bedeutet uns, wir mögen uns dazusetzen. Die MĂ€nner, darunter einige mit spitzen weißen BĂ€rten, sprechen das angeschriebene Wort nach, zerlegen es in seine Silben, sprechen die Silben nach, zerlegen sie in die einzelnen Buchstaben, sprechen die Buchstaben nach, bevor sie diese wieder zu Silben und Wörtern zusammensetzen.

Die MĂ€nner, allesamt Kleinbauern, bestimmen selbst, wann sie lernen wollen. Sie treffen sich mehrmals die Woche, meist in der Stunde des Sonnenuntergangs, und geben sich alle MĂŒhe Es ist schwer, im fortgeschrittenen Alter das Alphabet zu pauken, um einiges schwerer, als einige Wörter und Phrasen einer unbekannten Sprache zu erlernen. Das kann man schon wĂ€hrend der Anreise erledigen: Sich auf dem Weg zum Flughafen mit der BegrĂŒĂŸung bekannt machen, dann „danke“, „bitte“, „ja“ und „nein“ beim Warten am Gate einstudieren, ein Dutzend Höflichkeiten und NĂŒtzlichkeiten auf dem Flug ĂŒben, die Floskeln der Verabschiedung in der langen Warteschlange vor der Passkontrolle wiederholen. Man muss sich hierfĂŒr nicht einmal ein BĂŒchlein kaufen, obwohl es derer viele und viele gute gibt, man kann sich das Gerippe jeder Sprache der Welt aus dem Internet ausdrucken. Einige DIN-A4-Seiten lesen, memorieren, schon ist die Reise anders aufgehĂ€ngt.

IN DIE FREMDE EINTAUCHEN

Wie unterschiedlich verlaufen daraufhin die Begegnungen mit den Einheimischen. Selbst falsch betont und schief ausgesprochen, drĂŒcken schon einige wenige SĂ€tze in der Sprache der GastgeberInnen Neugier, Offenheit und Respekt aus. All das somit, was von einer BesucherIn erwartet oder zumindest erhofft wird. Wer seiner Zunge fremde Laute abverlangt, der zeigt seine Bereitschaft, in die Fremde einzutreten, sich ihr auszusetzen. Es ist die verbale Entsprechung des Ausziehens der Schuhe, bevor man das Haus oder die Wohnung, den Tempel oder die Moschee betritt. Wer aber meint, sich achttausend Kilometer von zu Hause entfernt auf Deutsch bedanken zu können (zuletzt auf Barbados gehört – dem norddeutschen Herrn war selbst ein „thank you“ zu viel der Anstrengung), der verkĂŒndet weithin: „Ich bin ich, und ihr seid ihr, und nichts wird uns zusammenfĂŒhren.“ Man muss sich als Gast gebĂ€rden, um Gastfreundschaft zu erfahren.

I„Eine Sprache zu sprechen“, hat Frantz Fanon einmal geschrieben, „bedeutet eine Welt, eine Kultur zu ĂŒbernehmen.“ Das gilt in AnsĂ€tzen auch, wenn man sich ein Kauderwelsch angeeignet hat, einige Brocken nur, wenn man radebrechend und silbenstolpernd ĂŒber die ferne Schwelle tritt.

Kein Grund ĂŒbrigens, Hemmungen zu haben oder sich zu schĂ€men. Die Freude ĂŒber die MĂŒhe, die man sich als Fremder gemacht hat, stimmt das kritische Ohr der MuttersprachlerInnen gnĂ€dig. Es ist besser, mangelhaft zu reden, als fehlerfrei zu schweigen. Kinder wissen das instinktiv.

Leider hat die Tourismusindustrie dazu gefĂŒhrt, dass vielerorts ein Englisch, und mancherorts auch ein Deutsch, gesprochen wird, das die linguistische Entsprechung von SchniPoSa darstellt. KellnerInnen und TauchlehrerInnen beherrschen das Einmaleins von sieben oder neun Sprachen und traktieren einen immerzu mit ihren Grundkenntnissen. Da ist es hilfreich, sich als Mitglied einer wenig reisenden Nation auszugeben (als Bulgare etwa), um nicht in den Tropen im schlecht gemachten Bett der eigenen Sprache zu landen. Je touristisch erschlossener ein Ort, desto seltener vernimmt man die fremde Sprache. In Positano hört man kaum ein Wort Italienisch, durch die CĂŽte d’Azur kommt man am besten mit Amerikanisch, und die Amtssprache der Costa del Sol ist Englisch. Es wĂŒrde mich nicht wundern, in Marbella oder Puerto BanĂșs ein Schild zu lesen: AquĂ­ se habla español – „Hier spricht man (auch) Spanisch“.

NEUE SPRACHE, NEUE DENKWEISE

Durch fremde Sprachen lernt man einiges ĂŒber andere Denksysteme und kommunikative LösungsansĂ€tze. Die Verkehrssprache in Liberia etwa, das Krio, erscheint der BesucherIn zunĂ€chst etwas eigenartig. So dient das Affix bad bad wan („schlecht schlecht einer“), um eine Bewertung zu unterstreichen, fast als Superlativ, egal, ob diese positiv oder negativ ausfĂ€llt. Über einen besonders guten Menschen wĂŒrde man zum Beispiel sagen: Di man fayn bad bad wan (fĂŒr jene, die des Krio nicht mĂ€chtig sein sollten: „Der Mann gut schlecht schlecht einer“), ĂŒber die Polizei wĂŒrde man fluchen: Di polis korupt bad bad wan („Die Polizei korrupt schlecht schlecht eine“). Es braucht einige Zeit, dies zu begreifen und zu verinnerlichen, doch dann freundet man sich mit dieser eigenwilligen, aber charmanten Besonderheit an und setzt sie immer wieder ein, viel öfter als die Einheimischen. Zudem ist Krio eine tonale Sprache, Ă€hnlich und doch anders als das Mandarin, und insofern fĂŒr den Euro-

„Es ist besser, mangelhaft zu reden, als fehlerfrei zu schweigen.“

pĂ€er eine geistige und akustische Herausforderung. Bei manchen Wörtern wird unterschieden zwischen hoher und tiefer Stimmlage. Bei fufafu zum Beispiel („nichts“, „vergeblich“) ist die Tonabfolge der drei Silben hoch, niedrig, hoch (–_–). Selbst eine flĂŒchtige BeschĂ€ftigung mit der Frage, wieso Sprachen seit dem Turmbau zu Babel fĂŒr Ă€hnliche Aufgaben so unterschiedliche Lösungen entwickelt haben, entrĂŒckt einen dem Vertrauten und SelbstverstĂ€ndlichen, entfĂŒhrt einen in das weite Land der unbegrenzten Alternativen und Varianten. Wer einen SprachfĂŒhrer aufschlĂ€gt, geht schon auf Reisen.

MAN LERNT NIE AUS

Solche geistige Anstrengung tut uns gut. Wie der NobelpreistrĂ€ger Daniel Kahnemann beschrieben hat, tragen wir zwei Lernsysteme in uns: Das eine ist automatisch intuitiv, geeignet fĂŒr grundlegende mentale AktivitĂ€ten wie Wahrnehmung, fĂŒr simple Arithmetik und die Erkennung einfacher Wörter. Das zweite hingegen fördert das bewusste und mĂŒhevolle Denken, das wir gemeinhin mit RationalitĂ€t verbinden. Es ist notwendig fĂŒr das Erlernen einer Fremdsprache. Anders gesagt: System eins ist bestens geeignet fĂŒr die vertraute Welt, System zwei ist zustĂ€ndig fĂŒr das Unbekannte.

Wer sich also die MĂŒhe macht, sich in eine fremde Sprache hineinzudenken, der fördert jenen Teil in sich, der fĂ€hig ist, dem UnverstĂ€ndlichen gewinnbringend zu begegnen.

Sogar Jahrzehnte nach der Lernphase. Meine Frau, in ihren Teenagerjahren vom Indianervirus infziert, versuchte, als SchĂŒlerin im Selbststudium Lakota zu erlernen, von ĂŒbersichtlichem Erfolg gekrönt. Völlig verzĂŒckt berauschte sie sich fĂŒnfundzwanzig Jahre spĂ€ter auf der Fahrt durch die Pine Ridge Reservation an den wenigen Vokabeln, die ihr im GedĂ€chtnis geblieben waren. Hier ein Wort auf einer Tafel, dort ein GesprĂ€chsfetzen. Einer der wenigen Lichtblicke in der dortigen Tristesse. Sie interagierte anders mit der Welt der Sioux als ich. Dieses Verfahren funktioniert selbst angesichts imaginierter Welten, wenn etwa Fans die GrundzĂŒge der von J. R. R. Tolkien oder George R. R. Martin erfundenen Sprachen zu entrĂ€tseln suchen und mit einigen SĂ€tzen Sindarin oder Dothraki auf Fantasiereise gehen.

GEDULD UND GESTIK

Wie fatal die Wahrnehmung der Fremde ausfallen kann, wenn man die jeweilige Sprache nicht versteht, zeigt das Beispiel des Kosmopoliten Richard Francis Bur-

ton, der sich zwar in knapp dreißig Sprachen verstĂ€ndigen konnte, nicht aber auf Deutsch. Nachdem seine katholische Frau ihn zu den Passionsspielen nach Oberammergau geschleppt hatte, eine jahrhundertealte und weiterhin sehr lebendige Tradition, resĂŒmierte er griesgrĂ€mig: „Ich verließ das Dorf mit dem Eindruck, dass Ort und Menschen uninteressant und Letztere, wie die IslĂ€nder, durch Lob und HĂ€tschelei vollstĂ€ndig verdorben sind.“ Sein gesamter Reisebericht ist einseitig und ĂŒbellaunig, die Bayern wĂŒrden „grantig“ sagen. Da Burton dem einheimischen Dialekt nichts entnehmen konnte, schritt er mit englischem Imperialgehabe durch das Dorf. SprachohnmĂ€chtig machen wir uns einen Reim auf die Fremde, indem wir schneller urteilen.

In manchen Weltecken sind wir auf GesprĂ€che mit HĂ€nden und FĂŒĂŸen angewiesen, auf Mimik und GebĂ€rden. Kommunikation beginnt mit den kleinsten Gesten. Wie man hineinlĂ€chelt, so lacht es heraus. Vor allem in Regionen, wo Freundlichkeit, Höflichkeit, Offenheit im Umgang miteinander weiterhin geschĂ€tzte Werte sind.

Ebenso wie auch Geduld. Man fĂ€llt nicht gleich mit seinem Begehren ins GesprĂ€ch, selbst wenn man nur eine Handvoll ErdnĂŒsse kaufen möchte.

Allerdings können selbst einfache Gesten missverstĂ€ndlich sein, weil sie in einem anderen Kulturkreis eine gegensĂ€tzliche Bedeutung annehmen. Wo der Deutsche vehement nickt, schĂŒttelt der Inder versonnen den Kopf (der Bulgare ĂŒbrigens auch), was durchaus zu Differenzen fĂŒhren kann. WĂ€hrend der Deutsche sich im Theater oder in der Oper an anderen BesucherInnen bĂ€uchlings zu seinem Platz vorbeidrĂŒckt, wendet der Australier ihnen den Po zu – vertauschte Höflichkeit.

SPIELEND SPRECHEN

Selbst wenn man eine gemeinsame Sprache hat, muss man sich nicht gleich verstehen. Ich war mit dem somalischen Schriftsteller Nuruddin Farah in Namibia unterwegs. Schon am ersten Abend ergab sich ein Problem, das uns auf der gesamten Reise begleiten sollte. Nuruddin sagte: „Ich bin Vegetarier.“ Der Kellner schaute verwirrt drein, schlich in die KĂŒche, kam nach einigen Minuten zurĂŒck und verkĂŒndete: „Kein Problem, ich habe mit dem Koch gesprochen, wir haben frisches HĂŒhnchen.“ Beide sprachen ausgezeichnet Englisch. Statt Reden bietet sich manchmal Spielen an. Einfach sich an den Rand des Spielfelds stellen und mit leicht verstĂ€ndlicher Geste fragen, ob man mitmachen dĂŒrfe. Oder im CafĂ© den Fremden ĂŒber Karten oder WĂŒrfel nĂ€herkommen. Ich habe einen Monat in Kairo verbracht,

„Man kann sich das Gerippe jeder Sprache der Welt aus dem Internet ausdrucken.“

teilweise in CafĂ©s, in denen Backgammon gespielt wird, ein orientalisches Brettspiel, das auch auf dem Balkan sehr populĂ€r ist und das ich leidenschaftlich gern spiele, seitdem ich auf zwei Beinen stehe. Die Ă€gyptischen MĂ€nner waren offensichtlich der Ansicht, sie hĂ€tten die strategische Weisheit mit Löffeln gegessen, insofern waren sie bass erstaunt, dass ich viel mehr Spiele gewann, als sie mir zugetraut hĂ€tten, worauf wir in schier endlose Schleifen der Revanche und Gegenrevanche gerieten, der Nachmittag mit dem Klacken der WĂŒrfel verging. Sie brachten mir einheimische Varianten bei, um mich in die Lage eines AnfĂ€ngers zu versetzen. Ich konnte beobachten, wie sie die unterschiedlichen Pasche benennen, wie sie auf die WĂŒrfel blasen, wie sie sich ĂŒber einen Gewinn freuen. Als wir auseinandergingen, hatten wir zwar nicht mehr ausgetauscht als unsere Namen, waren aber zu handfesten Spielkumpeln geworden.

Sprachreisen sind eine gute Möglichkeit, das Angenehme mit dem NĂŒtzlichen zu verbinden. NatĂŒrlich nur, wenn man nicht umgeben ist von Landsleuten, die nach den Kursen eifrig in die Muttersprache zurĂŒckfallen oder das universelle Englisch bevorzugen. Gut zu bedenken ist, wo man eine Weltsprache erlernen möchte. Das Kastilische unterscheidet sich erheblich, vor allem in der Aussprache, von jenem Spanisch, das man in Antigua (Guatemala) oder Cartageña (Kolumbien) beigebracht bekommt (beides Orte ĂŒbrigens, die einen hervorragend vom Pauken ablenken können).

Über eines sind sich alle Spanischsprechenden jedoch einig: Niemals einen Sprachkurs auf Kuba buchen – nicht aus politischen, sondern aus linguistischen GrĂŒnden. Ähnlich unterschiedlich fallen die Kurse in England und Australien aus, in Frankreich oder auf Martinique. Und ob man Portugal oder Brasilien auswĂ€hlt, hĂ€ngt nicht zuletzt von den eigenen musikalischen Vorlieben ab.

SPRACHE SCHÄRFT DEN BLICK

Wer sich fĂŒr so etwas zu alt glaubt, den möchte ich an das Konzept des lebenslangen Lernens erinnern. Eine bayerische Freundin begann mit etwa sechzig Englisch zu lernen, beharrlich und mit Verve. Sie bedauerte es zutiefst, als Mitglied der Kriegsgeneration die Sprache des einstigen Feinds nie gelernt zu haben. Sie besuchte Kurse an der Volkshochschule Freising, sie hörte sich zu Hause Kassetten an und las einfache Krimis aus der StadtbĂŒcherei. Das ermöglichte ihr und ihrem weniger polyglotten Ehemann lange Reisen durch die USA, mit vielfĂ€ltigen Begegnungen, bei denen gewisse, fĂŒr ihre Generation nicht

GEBRAUCHSANWEISUNG FÜRS REISEN

Reisen hat viele Gesichter – und die bekanntesten davon dreht Ilija Trojanow in seinem Buch „Gebrauchsanweisung fĂŒrs Reisen“ zum Licht. So schreibt erÂ ĂŒber GepĂ€ck genauso fröhlich wie ĂŒber die Unnötigkeit von Souvenirs, ĂŒber das Reisen als Eremit und in der Gruppe, ĂŒber Proviant und Durststrecken und ĂŒber Zimmer mit und ohne Aussicht. Sein Werk ist etwas fĂŒr alle, deren Puls in die Höhe prescht, sobald Flug, Zug oder auch nur das Hotel um die Ecke gebucht sind und es daran geht, Rucksack oder Koffer fĂŒrs große Abenteuer bereit zu machen.

Ilija Trojanow, „Gebrauchsanweisung fĂŒrs Reisen. Auch Reisen will gelernt sein.“, Piper, ca. 15.–, piper.de

unĂŒbliche Vorurteile abfielen wie eine alte Haut. Des amerikanischen Englisch halbwegs kundig, sprach sie in der Folge anders ĂŒber die US-AmerikanerInnen. Denn auch die eigene Sprache Ă€ndert sich durch das Reisen, nicht nur, weil die Verwendung einer weiteren Sprache den Blick auf die eigene schĂ€rft, sondern auch, weil man die persönlichen Sprechgewohnheiten einer Selbstkritik unterzieht. Verallgemeinerungen werden stets Opfer der eigenen Anschauung. Platte Vergleiche fliegen zum offenen Fenster hinaus und mit dem Fahrtwind davon. Die WorthĂŒlsen der Reisebranche werden einer PrĂŒfung unterzogen. Nichts an dem zauberhaften Ort DjennĂ© in Mali ist erklĂ€rt durch das Attribut „das Venedig Afrikas“ (ĂŒberhaupt gibt es erstaunlich viele angebliche Venedigs auf der Welt, wenn man den Katalogen und ReisefĂŒhrern glauben wollte). Nicht ĂŒberall, wo eine kurvenreiche Straße eine felsige KĂŒste entlangfĂŒhrt, handelt es sich um eine „Riviera“ oder eine „Corniche“. Schiefe Vergleiche sind kommunikative Werkzeuge fĂŒr diejenigen, die nicht genau hinschauen.

SPUREN HINTERLASSEN

Eine besonders merkwĂŒrdige Art, als Reisender der Welt seinen sprachlichen Stempel aufzudrĂŒcken, sie nach eigenem GutdĂŒnken zu beschriften, sie zu tĂ€towieren wie einen fremden Körper, der einem ausgeliefert ist, sind die vielen Graffiti oder Kritzeleien, die weltweit auf Ruinen und wehrlosen Mauern prangen. GemĂ€uer, das zweitausend Jahre Krieg und Unwetter ĂŒberlebt hat, muss erdulden, dass Heinz oder Jacques oder Tommy sich an ihm verewigen wollen. Auch dies ist kein neues PhĂ€nomen. Gustave Flaubert, der auf seiner Ägyptenreise ein ausfĂŒhrliches Tagebuch geschrieben hat, vermerkte Mitte des 19. Jahrhunderts: „Die Dummheit ist etwas UnerschĂŒtterliches; alles, was versucht, sie anzugreifen, zerbricht an ihr. Sie ist wie Granit, hart und bestĂ€ndig. In Alexandria hat ein gewisser Thompson aus Sunderland seinen Namen in sechs Fuß hohen Buchstaben auf die PompeiussĂ€ule geschrieben. Er ist noch aus einer Viertelmeile Entfernung zu lesen. Es ist nicht möglich, die PompeiussĂ€ule zu sehen, ohne den Namen Thompson zu sehen und folglich auch an Thompson zu denken. Dieser Kretin ist eins geworden mit dem Monument und besteht mit ihm fort. Was sage ich? Er erschlĂ€gt es mit seinen prĂ€chtigen Lettern. Ist es nicht ein starkes StĂŒck, kĂŒnftige Reisende zu zwingen, an einen zu denken und sich seiner zu erinnern?“

Reisende sollten wenn möglich keine Spuren hinterlassen und ihre Unterschrift einzig unten auf den Kreditkartenausdruck setzen – oder in ein GĂ€ste- oder HĂŒttenbuch.

COLORFUL WHIMSICAL ELEGANT CANVAS DREAMS IN TECHNICOLOR

Photography: Basile Crespin
Styling: Marie Revelut
Hair & Make-up: Rafael Pita
Agency: Titanium Management

Shirt von PRUNE GOLDSCHMIDT.

Top, Hose und Rock von KENZO. HosentrÀger von ZANA

BAYNE. Handschuhe von GILLES ASQUIN.

Links: Mantel von PRUNE GOLDSCHMIDT. Krawatte und Hose von DIOR

Rechts: Mantel von PRUNE GOLDSCHMIDT. Halskette von DIOR.

Links: Jacke und Kleid von FENDI. Stiefel von AMBER AMBROSE AURÈLE. Halskette von PASCAL BRUNI.

Rechts:

Kleid und Mantel von ISSEY MIYAKE. Schuhe von DIOR. Kopfbedeckung von FALKE. Sonnenbrille von IRON.

Links: Mantel von ON AURA TOUT VU. Leggings von ERES. Schuhe von CHRISTIAN LOUBOUTIN.

Rechts:

von

Jacke
HIGHLIGHT STUDIO. Top und Rock von ELIE SAAB. Broche von KENZO.

PLANT POWER

Nach einem Blick in den Spiegel fragen wir uns alle ab und zu, wie die Zeit so schnell voranschreitet. Dann lohnt es sich, statt an FĂ€ltchen zu verzweifeln, in gute Pflege zu investieren – zu altern ist schließlich ein

Privileg. DafĂŒr muss man sich aber zuerst einmal im Dschungel der gehypten Wirkstoffe zurechtfinden. Dr. Henrike Neuhoff, wissenschaftliche Leiterin von lavera Naturkosmetik, fĂŒhrt uns durch das Dickicht der Begriffe.

Fotos: Lavera

Die Anti-Aging-Wirkstoffe auf dem Beautymarkt stehen unter stĂ€rkerem Konkurrenzdruck als StudienabgĂ€ngerInnen, die sich erstmals auf dem Arbeitsmarkt durchsetzen mĂŒssen. Irgendjemand ist immer an der Spitze, nur um kurz danach vom nĂ€chsten Hype abgelöst zu werden. Gibt es ĂŒberhaupt einen Gewinner unter den vielen Stoffen? Soll man sich nun Retinol oder die natĂŒrliche Alternative Bakuchiol um die Augen cremen, wie wichtig ist HyaluronsĂ€ure und Vitamin C, und was ist eigentlich Q10? Die kurze Antwort dazu ist: Alle diese Stoffe verdienen den Rummel, denn sie alle sind die kleinen, aber feinen Helferlein, die Anzeichen von MĂŒdigkeit und Hautalterung sichtbar reduzieren können. Aber: Sie alle haben verschiedene Eigenschaften, und um die BedĂŒrfnisse der eigenen Haut optimal abzudecken, sollte man diese kennen.

FACES: Um uns einen kleinen Überblick zu verschaffen: Welche Wirkstoffe stehen momentan zurecht hoch im Kurs?

Dr. Henrike Neuhoff: NatĂŒrliche Wirkstoffe, wie fermentierte HyaluronsĂ€uren, natĂŒrliches Q10, die natĂŒrliche und sanfte Retinol-Alternative Bakuchiol, Ceramide und Peptide sind unter anderem durch ihre hervorragenden Anti-Age-Wirkung sogenannte „all-time-Favoriten“. Auch Vitamin C ist ein innovativer Wirkstoff.

F: Starten wir mit Q10. Wie erklÀren Sie diesen Wirkstoff jemandem, der noch nie davon gehört hat?

HN: Q10 ist ein körpereigenes Coenzym, das eine wichtige Rolle bei der Zellversorgung spielt. Es tritt in der Körperzelle als Biokatalysator auf und ist ein lebenswichtiger Bestandteil fĂŒr funktionierende Stoffwechselvor-

„Wie Retinol besitzt auch Bakuchiol eine Reihe von Anti-Aging QualitĂ€ten.“

gĂ€nge. Mit steigendem Alter lĂ€sst die körpereigene Produktion von Q10 nach, sodass es hier irgendwann an pflegender UnterstĂŒtzung bedarf.

F: Was ist das Besondere an dem Q10, das Bestandteil der basis sensitiv Anti-Falten Serie ist?

HN: Es handelt sich hierbei um natĂŒrlich gewonnenes „grĂŒnes“ Q10 – also kein synthetisch hergestelltes. Das Q10 wird mittels Fermentation aus MaisstĂ€rke gewonnen und entspricht den strengen Vorgaben der Naturkosmetik.

F: Wie genau wirkt Q10 auf der Haut?

HN: In der Haut versorgt das Coenzym Q10 die Zellen mit Energie, wodurch die RegenerationsfĂ€higkeit „aufgeladen“ wird und die Zellen besser funktionieren können. Leider lĂ€sst auch die körpereigene Produktion von Coenzym Q10 mit steigendem Alter immer mehr nach, sodass RegenerationsfĂ€higkeit und Abwehr schwinden. Dadurch altert die Haut vorzeitig und neigt stĂ€rker zu FĂ€ltchen und Falten. Eine ausreichende Q10 Versorgung kann den Prozess herauszögern.

F: Was ist Bakuchiol und wie wirkt es?

HN: Bakuchiol ist ein natĂŒrlicher Wirkstoff, der die Kollagensynthese nachweislich anregt und so dem Bindegewebe wieder mehr ElastizitĂ€t und Festigkeit verleiht. Bakuchiol, der aus den Samen der indischen Babchi-Pflanze gewonnen wird, kommt in der traditionellen Chinesischen Medizin und in der Ayurveda bereits seit Jahrhunderten als Heilmittel bei Hauterkrankungen zum Einsatz. Bakuchiol ist in der Naturkosmetik die natĂŒrliche und sanfte Alternative zum synthetischen Retinol.

F: Kann man die Wirkung von Bakuchiol tatsÀchlich mit dem viel gelobten Retinol vergleichen?

HN: Ja, denn obwohl sich die chemischen Strukturen unterscheiden, ist die Wirkweise von Bakuchiol mit der

Seit 2015 verantwortet

Dr. Henrike Neuhoff die wissenschaftliche Abteilung, in der alle Produkte von lavera Naturkosmetik entstehen. Dessen Unternehmen, die Laverana, wurde 1987 von Thomas Haase gegrĂŒndet. Als eine der ersten setzte lavera auf die Kraft der Natur und sorgt mit rein natĂŒrlichen Inhaltsstoffen teils aus eigener Produktion fĂŒr eine gepflegte, verjĂŒngte und gesunde Haut.

von Retinol vergleichbar. Wie Retinol besitzt auch Bakuchiol eine Reihe von Anti-Aging QualitĂ€ten: Es stimuliert nachweislich die hauteigene Kollagensynthese, verringert signifikant die Faltentiefe und verbessert das Hautbild. Bakuchiol hat gegenĂŒber dem synthetischen Retinol zusĂ€tzlich den großen Vorteil, dass es sehr gut hautvertrĂ€glich ist und keine photosensibilisierenden Eigenschaften hat. Somit ist es auch fĂŒr sensible Haut geeignet und kann auch tagsĂŒber angewendet werden.

F: Etwas, das wahrscheinlich alle kennen, ist Hyaluron. Warum hilft HyaluronsÀure beim Reduzieren der Hautalterung?

HN: HyaluronsĂ€ure ist ein wichtiger Bestandteil des körpereigenen Bindegewebes und ein wesentlicher Faktor bei der optimalen Feuchtigkeitsversorgung der Haut. Mit zunehmendem Alter nimmt der Hyalurongehalt jedoch ab. FĂŒr unsere lavera Straffende Pflegelinie ist natĂŒrliche HyaluronsĂ€ure ein wesentlicher Bestandteil. So kann nur ein Gramm HyaluronsĂ€ure bis zu sechs Liter Wasser binden. Durch dieses enorme Speichervermögen entstehen wertvolle Feuchtigkeitsdepots in der Haut, die fĂŒr mehr ElastizitĂ€t und eine Minderung der Faltentiefe sorgen können.

F: Vitamin C wird lĂ€ngst nicht mehr nur mit ZitrusfrĂŒchten in Verbindung gebracht. Was kann es Ă€ußerlich auf unserer Haut bewirken?

HN: Auch Vitamin C wirkt der Hautalterung entgegen und verleiht der Haut einen natĂŒrlichen, frischen Glow. Vitamin C ist wichtig fĂŒr den Aufbau von Kollagen und unerlĂ€sslich fĂŒr die Ausbildung straffer und stabiler Kollagenfasern. Kollagenfasern sind wichtige EiweißmolekĂŒle, die das Bindegewebe der Haut bilden und stĂŒtzen. Außerdem kann Vitamin C dank seiner entzĂŒndungshemmenden Wirkung bei der Wundheilung sowie bei Hautunreinheiten und Akne helfen.

FACES’ FAVOURITES

THINKING AHEAD

Wir tippen tagtĂ€glich auf der Tastatur und scrollen Kilometer auf dem Handy ab. Das GefĂŒhl vom Stift, der unsere Gedanken aufs Papier kritzelt, ist fĂŒr viele aus dem Alltag verschwunden. Dabei gibt es kaum eine therapeutischere Methode, um das Chaos im Kopf aufzurĂ€umen, als es sich von Hand von der Seele zu schreiben. Schließlich pflastert alles,

was wir machen und denken den Weg in unsere Zukunft. Ohne Vorausdenken und Planen geht vieles nicht in unserer schnelllebigen Welt. Und auch wenn man sich die Zukunft digital verplanen kann –Gedanken und Ziele auf Papier zu bringen, lohnt sich. Vor allem dann, wenn man ein so schönes Notizbuch hat, dass man es immer dabeihaben will.

Die hĂŒbschen Leuchtturm1917-NotizbĂŒcher kommen im Herbst in vier neuen Farben daher: Im sanften und eleganten Dusty Rose, im frischen und belebenden Spring Leaf, im mystischen und beruhigenden Deep Sea, sowie im warmen und natĂŒrlichen Spice Brown. Zwischen dem farbigen Umschlag hat alles Platz: Dein Lebensplan fĂŒr die nĂ€chsten zehn

Jahre, Poesie, dunkle Geheimnisse, LiebeserklĂ€rungen, Skizzen
 Den wilden Inhalt des Gehirns auf Papier zu bringen, wird schnell zu deiner Tagesroutine gehören. Was im Kopf noch wenig Sinn macht, kann, einmal auf Papier gebracht, zum strukturierten Plan werden und dich motivieren, diesen zu verfolgen. leuchtturm1917.de

ETHEREAL ELIXIR

Model, Schauspielerin und Influencerin ZoĂ« Pastelle weilte fĂŒr Dreharbeiten in Wien, wĂ€hrend sie die beiden DĂŒfte „Born for Eternity“ und „Shine Despite Everything“ von Atkinsons testet. Einen passenderen Ort gibt es kaum, denn die Parfums sind genauso klassisch und geschichtstrĂ€chtig wie die österreichische Großstadt.

FACES: Wenn du das Atkinsons Parfum als Objektbeschreiben mĂŒsstest, was wĂ€re es und warum?

Zoë Pastelle: Es erinnert mich an ein goldenes Monument wegen seiner robusten Eleganz, oder auch an einen luxuriösen Flachmann wegen sener geschmeidigen Form. Auf jeden Fall etwas Wertvolles und vielleicht sogar Antikes.

F: An welchen Ort erinnert dich der Atkinsons Duft?

ZP: TatsÀchlich an den Ort, wo ich gerade bin: Wien. Die Stadt hat unglaublich viel Geschichte, alte Schlösser und antike

SchÀtze. Sie scheut nicht vor Ruhm und Glanz, ist sehr klassisch und zeitlos und lebt von der ewigen Schönheit. Das spiegelt sich im Duft und Design wider.

F: Welche Gedanken und GefĂŒhle hat ein erstes Riechen am Duft in dir ausgelöst?

ZP: Ein berauschendes GefĂŒhl, begleitet von Lust und StĂ€rke in die große Welt raus zu gehen. Mir gingen folgende Worte sofort durch den Kopf: mĂ€chtig, sinnlich, mutig, selbstbewusst, inspirierend, reizvoll, glamourös. Beide DĂŒfte sind sehr stark und gleichzeitig verfĂŒhrerisch.

F: TrÀgst du jeden Tag Parfum? Hat sich das geÀndert, seit du Mutter geworden bist?

ZP: In den ersten Monaten habe ich keine Parfums getragen, da Babys den Duft sehr schnell annehmen und ich doch den Babyduft so sehr liebe! Mittlerweile trage ich aber

wieder meine Lieblingsparfums zu speziellen AnlÀssen und rieche auch so gerne an Flakons oder Duftölen im Alltag. Ich bin ein totaler Duftmensch, es setzt komplett meinen Mood.

F: Welcher Duft erinnert dich an deine Kindheit?

ZP: Vanillepudding und Sommerregen.

F: Welche Charaktereigenschaften verkörpert Atkinsons fĂŒr dich? Wie fĂŒhlst du dich, wenn du das Parfum trĂ€gst?

ZP: Atkinsons verkörpert fĂŒr mich zeitlose Schönheit, QualitĂ€t, Eleganz und einen individuellen Stil. Die DĂŒfte geben einem ein GefĂŒhl von etwas Göttlichem, fast Unerreichbarem.

F: Wann möchtest du nach dem Duft riechen? Im Alltag oder an besonderen AnlÀssen?

ZP: Ich möchte den Duft fĂŒr besondere Momente aufbewahren, speziell finde ich ihn sehr passend fĂŒr die kommende festive Zeit.

ATKINSONS

„BORN FOR ETERNITY“, ATKINSONS „SHINE DESPITE EVERYHING“

Klare Statements schimmern auf den goldigen Flakons von Atkinsons: Wir sind fĂŒr die Ewigkeit geboren und sollen scheinen, trotz allem, was gerade so abgeht. EingehĂŒllt in einen umwerfenden Duft lĂ€sst sich das leicht umsetzen. „Shine Despite Everything“ ĂŒberzeugt mit warmem Weihrauch, Karamell und Vanille, wĂ€hrend „Born for Eternity“ als mutige Mischung aus Koriander, Safran und Leder betört.

REBEL, REBEL

40 Jahre muss man feiern! Im Hause Thomas Sabo herrscht das ganze Jahr schon Feierlaune, um die vier Dekaden im Schmuckbusiness zu zelebrieren. Das grĂ¶ĂŸte Geschenk geht an KundInnen: Die neue Rebellious Glam Kollektion beinhaltet 65 SchmuckstĂŒcke, die Sabo-Superfans

sammeln wollen. Mit dabei sind unter anderem der fĂŒr Thomas Sabo unverkennbare Drache, ein Ring mit dem allsehenden Auge und neu gestaltete Kreuze. Die einzelnen Pieces warten nur so darauf, wild kombiniert getragen zu werden. Ein neuer Slogan, „Ballads of the heart.

Songs on the skin. Designed for you, written by you”, unterstreicht fortan die Bedeutung der Symbole als Hommage an Liebe, Sehnsucht, Abenteuer und das Gehen neuer Wege. Thomas Sabo, Rebellious Glam Kollektion, thomassabo.com

„Style is knowing who you are, what you want to say, and not giving a damn.“
Gore Vidal

BIG NIGHT OUT

Egal, ob du an Heiligabend den Großeltern deine vegane Weihnachtsgans erklĂ€rst oder dich an Silvester fĂŒnf Minuten vor Mitternacht trauen

lĂ€sst: Die H&M Studio’s Holiday Capsule Collection liefert das perfekte Outfit. Yuki hat sich fĂŒr uns schon mal in Schale geworfen.

Falls auch du in den kommenden Wochen an der Abteilungsparty Sekt neben dem BĂŒrodrucker trinkst oder dir unter dem Weihnachtsbaum von deinem Neffen ein Ohr ĂŒber „Roblox“ abkauen lĂ€sst, bis du endlich mit deinen FreundInnen um die HĂ€user ziehen

kannst: Im festlichen Dress geht an den Feiertagen gleich alles besser. Die Holiday Capsule Collection von H&M Studio liefert dir dazu die perfekte Auswahl von opulenten Looks. Asymmetrische Blazer, Crop Tops in Metallic und goldene Ledertaschen bescheren dir garan-

Am 21. November beginnt es zu schneien. Und zwar die festlichsten Designs des Jahres von H&M Studio, lanciert im Onlineshop des ModehĂ€ndlers. Acht Outfits der Kollektion – darunter auch die von Yuki getragene Kombination – lassen sich zudem bei ausgewĂ€hlten Filialen in Berlin, Amsterdam, Stockholm und London ausleihen. So bleibt deine Partynacht garantiert einzigartig. hm.com

tiert einen schillernden Auftritt. Den grĂ¶ĂŸten Hingucker der Kollektion trĂ€gt fĂŒr uns Yuki. Im Two Piece Top und Bubble Hem Skirt verwandelt die visuelle Designerin jede U-Bahn-Station ihrer Heimat Berlin in eine Solo-Gala. NĂ€chster Halt: Glamour Kiez.

Foto: © Linus Bennett

24.10., LAUNCH EVENT

BENTLEY NEW CONTINENTAL GT SPEED, ZUG

LIGHT SPEED

Text: Josefine ZĂŒrcher Fotos: Echoes Studio, Florian van Dusseldorp

Einen neuen Flitzer mĂŒsste man eigentlich sofort auf der Straße testen. Aber zu einem exklusiven LaunchEvent bei Bentley in Zug sagen wir natĂŒrlich auch nicht nein. Eine auserlesene Runde geladener GĂ€ste durfte sich glĂŒcklich schĂ€tzen, den neuen Bentley Continental GT Speed als allererste zu Gesicht zu bekommen. Luxus, neueste Technologie und ein Fokus auf Nachhaltigkeit zeichnen diesen aus. Auch wenn der Wagen zu Recht alle Aufmerksamkeit auf sich zog, wartete der Launch-Event noch mit anderen Highlights auf: Es gab unter anderem exquisite Schmuck- und Uhrenkreationen der Manufaktur Embassy und Maulbeer-Seidenkissen von VBeauty zu entdecken. Traumautos bestaunen macht hungrig, und so durfte auch ein stilvolles Dinner nicht fehlen – abgerundet mit fruchtigen Drinks von Frakmont –Lucerne Dry Gin.

Highlight: Der neue Bentley natĂŒrlich. Fazit: Jetzt wollen wir auch einmal so richtig aufs Gaspedal drĂŒcken.

1 Beim atmosphĂ€rischen Dinner blieb Zeit, ĂŒber Autos und die Welt zu diskutieren.

2 Oliver Girstmair, Co-Founder Aramis

3 Stefan Berger, Inhaber FACES

4 Mariam Nemati, @ ZĂŒrichfoodadvisor

5 Die GĂ€ste mussten nicht mit leeren HĂ€nden gehen.

6 Auf TuchfĂŒhlung mit dem neuen Flitzer.

7 Erich KĂŒndig, Markenverantwortlicher / Verkaufsleiter Bentley Zug

8 Mirco Ludolini, FACES Head of Partnerships & Fabio Sileno, Head ZĂŒrich & Middle East, Atlantic Financial Group

9 Test drive, anyone?

10 Klaus Fiala, Forbes Chefredakteur & Valentina Pichler Marketing & Communications Manager

11 Ein bisschen Networking schadet nie.

12 Anto Kaurinovic, General Manager bei Bentley ZUG

13 Handy bereit machen, einsteigen und los.

3.10., WOMEN’S SUMMIT 2024

GIRL BOSSES UNITED

Livia Schneckenburger

Wer sagt, dass Konferenzen langweilig sein mĂŒssen? Beim Women’s Summit im Park Hyatt Hotel in ZĂŒrich war das Gegenteil der Fall. Statt mĂŒder Gesichter und endloser PrĂ€sentationen gab es eine Explosion an Ideen, Empowerment und einen Haufen inspirierender Frauen, die bereit waren, die Welt zu verĂ€ndern. Die Teilnehmerinnen kamen aus allen Ecken der GeschĂ€ftswelt. Und die Networking-Sessions? Glichen eher einem Speed-Dating fĂŒr Powerfrauen, nur ohne peinliche Schweigeminuten. Der anschließende ApĂ©ro war die Kirsche auf der Sahnetorte: Champagner floss in Strömen und die GesprĂ€che sprudelten wie eine gut gekĂŒhlte Flasche Prosecco.

Highlight: Alle Momente, in denen eine Rednerin das Wort ergriff.

Fazit: Starker Auftritt, starke Frauen. Wir sind bereit fĂŒr die nĂ€chste Revolution!

Text:
Fotos: Svitlana Mazina

1 Diana Markaki-Bartholdi

2 Von weit her angereist.

3 Valérie Berger, Carla Vilela Gonzaga HÀnny, Laura Stocco, Nielufar Saffari, Lela Thun, Redakteurin Forbes

4 Olivia Kinghorst

5 Breakout-Session: Making, Investing and Spending Money by Gzim Hasani

6 Dorothy Khadem-Missagh

7 Frauenpower en masse.

8 Klaus Fiala, Forbes Chefredakteur & Anja Graf

9 Forbes auf den StĂŒhlen: Die entspannte Art, sich zu informieren.

10 Ohren gespitzt und bereit fĂŒr Inspiration.

11 Yaël Meier

12 Eine StĂ€rkung fĂŒr zwischendurch.

13 Fragen, die im Rampenlicht stehen.

PRICKELNDE KUNST

Text: Josefine ZĂŒrcher Fotos: Clemens Porikys

Es gibt viele Traumpaare: Romeo und Julia, Jack und Rose, oder doch Kylie Jenner und TimothĂ©e Chalamet? Egal, das neueste ist soeben auf der BildflĂ€che erschienen: KĂŒnstler Jean-Michel Basquiat und Champagner-Ikone

Dom PĂ©rignon. Aus dem Powerduo entstanden ist die Special Edition Vintage 2015, die wohl kĂŒnstlerischste Champagnerflasche – ganz im Stil Basquiats gestaltet. Und weil Kunst gesehen und Champagner getrunken werden muss, feierten eine auserlesene Mischung GĂ€ste aus Kunst, Kultur und Showbusiness ausgelassen im Penthouse der Sammlung Boros in BerlinMitte. Ohne Musik entfaltet der Champagner nicht seine volle Wirkung, darum krönte der britische Musiker Benjamin Clementine den Abend mit einer Performance am Klavier. Und DJ Lary brachte Bewegung in die prominente Runde, in der unter anderem Schauspieltalente wie David SchĂŒtter und Luise von Finckh fĂŒr Stimmung sorgten.

Highlight: Eine Kunstsammlung als Partylocation? Yes please. Fazit: Auf unserer Weihnachtswunschliste steht vieles, allem voran aber die Basquiat-SpecialEdition.

WTF 93

Barbie, nein! Life in plastic ist nicht fantastic. Mikroplastik beispielsweise ist eine Belastung fĂŒr Mensch und Natur. Und hat seinen Ursprung unter anderem aus einer Quelle, die wir lange nicht auf dem Schadstoff-Navi hatten. GemĂ€ĂŸ einer Studie von Greenpeace stammen in der Schweiz bis zu 93 Prozent des Mikroplastiks in der Umwelt vom Reifenabrieb. In der EU entstehen jĂ€hrlich 500’000 Tonnen davon aus synthetischem Kautschuk. Ganz schön abgefahren, leider.

Zwar atmen wir die Flitzerfusseln nicht in unsere Lungen wie sonstigen Mikroplastik. Dieser versickert aber im Boden oder landet im GewÀsser. Und ist deshalb vielleicht der Grund, warum dein Kopfsalat heute nach Subaru geschmeckt hat. Die gesundheitlichen SchÀden werden zurzeit noch erforscht. Denn ein Autoreifen besteht zur HÀlfte aus Additiven, die unter krankheitserregendem Verdacht stehen. Gib Gummi? Besser nicht.

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